Arbeitsrecht: Tarifentgelterhöhung: Anrechnung auf tarifliche Ausgleichszulage und übertarifliche Zulage

published on 10/02/2010 15:29
Arbeitsrecht: Tarifentgelterhöhung: Anrechnung auf tarifliche Ausgleichszulage und übertarifliche Zulage
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BSP Rechtsanwälte - Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

Das BAG hat mit dem Urteil vom 23.9.2009 (Az: 5 AZR 973/08) folgendes entschieden:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. Oktober 2008 - 3 Sa 343/08 - wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.


Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

Der Kläger, Mitglied der IG-Metall, war zunächst bei der Y AG beschäftigt. Zwischen dem Betriebsrat und der Y AG wurde am 30. Mai 1994 eine Rahmenbetriebsvereinbarung über ein erfolgsorientiertes Arbeitszeit- und Einkommensmodell abgeschlossen. Diese enthielt auch eine Regelung über ein verstetigtes Monatseinkommen. Am 12. Dezember 1994 schlossen die Y AG und der Gesamtbetriebsrat eine Zusatzvereinbarung zur Rahmenbetriebsvereinbarung über die Einführung eines verstetigten Monatseinkommens . Danach setzte sich das Monatseinkommen aus gleichmäßigen Bestandteilen, wozu auch übertarifliche Zulagen gehörten (2.1.2 der Betriebsvereinbarung) und aus variablen Bestandteilen (leistungs- und arbeitszeitabhängig) zusammen.

Das Arbeitsverhältnis ging 1998 aufgrund eines Betriebsinhaberwechsels auf die M GmbH und letztlich auf die Beklagte über. Seit dem 1. August 1998 gilt eine Betriebsvereinbarung über die Durchführung der Zahlung von Monatslohn. Nach Ziff. 6 der Betriebsvereinbarung wird der Lohn nach Tarifentgeltbestandteilen (Tarifgruppe und tarifliche Leistungszulage) und übertariflichen Entgeltbestandteilen (freiwillige Zulage) aufgebaut. 1999 trat die Beklagte aus dem Arbeitgeberverband aus. Sie gewährte Tarifentgelterhöhungen in den Folgejahren entsprechend den Tarifentgelterhöhungen der Metallindustrie wechselnd, zum Teil verspätet und auch geringer.

Im Mai 2000 teilte die M GmbH dem Kläger die Zusammensetzung seines Monatslohns ab dem 1. Mai 2000 mit. Die Lohnmitteilung enthielt die Position: „Freiwillige Zulage *)“.

Die Fußnote zu dieser Position lautete:
             „Bei übertariflichen Verdienstbestandteilen handelt es sich um freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistungen, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch auf die Zukunft besteht. Diese Leistungen sind ganz oder teilweise auf tarifliche Veränderungen und tarifliche Umgruppierungen anrechenbar.“

Am 9. Juni 2000 kam im Betrieb folgende von der Personalreferentin unterschriebene Erklärung zum Aushang:
             „ Betrifft die Lohnmitteilungen zum 01.05.00.
             Der Satz, unten auf den Lohnmitteilungen, bezüglich der ‚freiwilligen Zulage’,
             trifft für die gewerblichen Mitarbeiter die von der Y AG zu M übernommen wurden, nicht zu.
             …“  

Seit März 2004 gelten bei der Beklagten Haustarifverträge. Am 9. Dezember 2004 schloss die Beklagte mit der IG-Metall die Einführung des Entgeltrahmenabkommens (ERA-ETV Decoma) ab.

§ 5 ERA-ETV Decoma lautet:
             „§ 5
             Besitzstandsregelung*
             (1)     Aus Anlass der erstmaligen Anwendung des Entgeltrahmenabkommens darf nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften für den einzelnen Beschäftigten keine Minderung seines bisherigen tariflichen Entgelts, bestehend aus tariflichem Grundlohn zuzüglich individueller Leistungszulage bzw. Akkordmehrverdienst oder Prämie oder tariflichem Gehalt zuzüglich individueller Leistungszulage, erfolgen.
             ...            
             (4)     Für den Fall, dass das bisherige tarifliche Entgelt ...
                                       d. h.: Grundlohn zuzüglich
                                       -            Leistungszulage oder
                                       -            Prämienmehrverdienst oder
                                       -            Akkordmehrverdienst
                          oder
                          Grundgehalt zuzüglich Leistungszulage
                          ... zum Stichtag der Ersteinführung des ERA das neue tarifliche ERA-Entgelt. …
                                       d. h.: Grundentgelt zuzüglich
                                       -            Leistungszulage oder
                                       -            Mehrverdienst nach Kennzahlenvergleich oder
                                       -            Zielerreichungszulage
                                       -            und Erschwerniszulage oder Zulage gem. § 5 Ziff. (2)
                          ... überschreitet, erfolgt die Sicherung des Einkommens durch Ausweisung einer Entgeltdifferenz in dieser Höhe.
                          Ein evtl. bestehender manteltarifvertraglicher Verdienstausgleich bleibt hiervon unberührt.
             (5)     Eine Entgeltdifferenz gem. Ziff. (4) in Höhe von
                          -            bis zu 10% des bisherigen tariflichen Entgeltes wird als Ausgleichszulage,
                          -            eine in Einzelfällen darüber hinausgehende Differenz als Überschreiterzulage
                          zuzüglich zum neuen tariflichen ERA-Entgelt gezahlt.
                          Die Überschreiterzulage nimmt an Tariferhöhungen teil.
                          ...
                          Die Ausgleichszulage nimmt nicht an Tariferhöhungen teil. Sie wird reduziert um die erste Erhöhung des Tarifentgelts in voller Höhe. Dies kann frühestens zwölf Monate nach der Mitteilung der Ersteingruppierung an den Beschäftigten durch den Arbeitgeber gem. § 3 Ziff. (10) erfolgen. Alle nachfolgenden Erhöhungen der Tarifentgelte werden bis auf 1%-Punkt des tariflichen Erhöhungsprozentsatzes auf die verbliebene Ausgleichszulage angerechnet.
             (6)     Auf die Ausgleichszulage und die Überschreiterzulage werden in voller Höhe angerechnet:
                          -            individuelle Erhöhungen des Grundentgeltanspruches zzgl. daraus resultierender Erhöhungen der Leistungszulage, des Mehrverdienstes bzw. der Zielerreichungszulage
                          -            Erhöhungen der Erschwerniszulage
             …“                            

Die Beklagte führte das ERA zum 1. Juli 2005 ein. Der Kläger wurde ersteingruppiert, erhielt die tarifliche Leistungszulage, eine Ausgleichszulage, eine Überschreiterzulage sowie - laut Lohnmitteilung - „eine freiwillige übertarifliche und auf Tariferhöhungen anrechenbare Zulage“.

Die Beklagte rechnete zum 1. Juni 2006 die Erhöhung der Tarifentgelte auf die tarifliche Ausgleichszulage an. Anlässlich der Tarifentgelterhöhung im Juni 2007 rechnete die Beklagte die tarifliche Einmalzahlung für April und Mai 2007 von jeweils 200,00 Euro gem. der Entgeltabrechnung für Juni 2007 auf die übertarifliche Zulage an. Ab Juni 2007 rechnete sie die Tarifentgelterhöhung zunächst auf die Ausgleichszulage und mit dem Restbetrag auf die freiwillige Zulage an.

Mit der Klage macht der Kläger für die Zeit von April bis November 2007 die prozentuale Erhöhung des bisherigen Gesamtverdienstes einschließlich „sozialversicherungs- und steuerlicher Zuschläge“ und sonstiger „Bruttovergütungsbestandteile“ sowie die vollständige Auszahlung der Einmalzahlungen 2007 und der angerechneten Beträge geltend.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte sei im Hinblick auf die Regelungen über das verstetigte Monatseinkommen verpflichtet, den monatlichen Gesamtverdienst effektiv zu erhöhen. Auch Anrechnungen seien deshalb unzulässig. Die Beklagte habe zudem mit dem Aushang vom 9. Juni 2000 auf eine Anrechnung verzichtet.


Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Differenzvergütung für die Zeit von April bis November 2007.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erhöhung seines monatlichen effektiven Gesamtverdienstes für die Zeit von April bis November 2007. Ein solcher Anspruch folgt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, weder aus einer betrieblichen Übung noch aus den Betriebsvereinbarungen über die Zahlung eines verstetigten Monatseinkommens. Dabei kann offenbleiben, ob die im Jahre 1994 bei der Betriebsveräußerin abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen gem. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien oder durch die Betriebsvereinbarung vom 9. Juli 1998 abgelöst wurden. Diese Betriebsvereinbarungen regeln lediglich die Zusammensetzung des verstetigten Monatseinkommens und die Auszahlung dieses Einkommens, beispielsweise bei Urlaub und Arbeitsunfähigkeit. Weitergehende Zwecke sind nicht geregelt, insbesondere verpflichten die Betriebsvereinbarungen die Beklagte nicht zu Entgelterhöhungen.

Damit war die Beklagte lediglich aufgrund von § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG verpflichtet, das tarifliche Entgelt zu zahlen. Dieser Verpflichtung ist sie sowohl hinsichtlich der Einmalzahlungen für April und Mai 2007 als auch hinsichtlich des in den Folgemonaten geschuldeten tariflichen Entgelts nachgekommen.

Die Beklagte war gem. § 5 Abs. 5 ERA-ETV Decoma berechtigt, die Erhöhungen des Grundentgelts, der tariflichen Leistungszulage und der Überschreiterzulage auf die tarifliche Ausgleichszulage anzurechnen. Nach § 5 Abs. 5 ERA-ETV Decoma nimmt die Ausgleichszulage nicht an Tariferhöhungen teil und kann (erstmals) nach zwölf Monaten voll angerechnet werden. Alle nachfolgenden Erhöhungen der Tarifentgelte werden bis auf einen Prozentpunkt des tariflichen Erhöhungsprozentsatzes auf die verbliebene Ausgleichszulage angerechnet. Die Beklagte führte zum 1. Juli 2005 ERA ein. Sie durfte damit die Tarifentgelterhöhungen nach einem Jahr in voller Höhe und sodann bis auf einen Prozentpunkt auf die tarifliche Ausgleichszulage anrechnen. Diese Vorgaben hat die Beklagte beachtet.

Die Anrechnung der nach Anwendung von § 5 Abs. 5 ERA-ETV Decoma verbleibenden Beträge der Tarifentgelterhöhung auf die übertarifliche Zulage des Klägers war wirksam. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anrechnung der Einmalzahlungen für April und Mai 2007 als auch der in den Folgemonaten geschuldeten Steigerungen der laufenden Tarifentgelte. Die übertarifliche Zulage stellte keinen Vergütungsbestandteil dar, den die Beklagte ungeschmälert neben dem jeweiligen Tariflohn zahlen musste.

Ob eine Tariflohnerhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien dazu eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt diese. Andernfalls ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist. Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden. Das gilt auch, wenn die Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit Tariflohnerhöhungen verrechnet worden ist. Eine neben dem Tarifentgelt gewährte übertarifliche Zulage greift künftigen Tariflohnerhöhungen vor. Für den Arbeitgeber ist regelmäßig nicht absehbar, ob er bei künftigen Tariflohnerhöhungen weiter in der Lage sein wird, eine bisher gewährte Zulage in unveränderter Höhe fortzuzahlen. Dies ist für den Arbeitnehmer erkennbar und Grundlage einer sog. freiwilligen übertariflichen Zulage. Der Anrechnungsvorbehalt ist demgemäß bereits mit der Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung oder Zulage hinreichend klar ersichtlich. Erhöht sich die tarifliche Vergütung, entspricht die Zulässigkeit der Anrechnung regelmäßig dem Parteiwillen, weil sich die Gesamtvergütung nicht verringert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der übertarifliche Vergütungsbestandteil als freiwillig oder anrechenbar bezeichnet worden ist. Es reicht aus, dass das Gesamtentgelt übertariflich ist. Der in diesem enthaltene übertarifliche Vergütungsbestandteil hängt von der Höhe des Tarifentgelts ab und ist deshalb variabel. Er entspricht in seiner rechtlichen Bedeutung weder einer anrechenbaren noch einer anrechnungsfesten übertariflichen Zulage. Will der Arbeitnehmer geltend machen, das vertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt setze sich in Wahrheit aus dem Tarifentgelt und einer anrechnungsfesten übertariflichen Zulage zusammen, hat er tatsächliche Umstände vorzutragen, die den Schluss auf eine solche Vereinbarung erlauben. Andernfalls kann die Erhöhung des Tarifentgelts nur dann zu einem effektiv erhöhten Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers führen, wenn das Tarifentgelt das vereinbarte Entgelt übersteigt.

Im Streitfall war die übertarifliche Zulage nicht anrechnungsfest.

Aus den betrieblichen Regelungen über die Zahlung eines verstetigten Monatseinkommens folgt entgegen der Auffassung des Klägers keine Anrechnungsfestigkeit des übertariflichen Entgeltbestandteils. Die Betriebsvereinbarungen lassen an keiner Stelle erkennen, dass individuelle übertarifliche Entgeltbestandteile anrechnungsfest sein sollen. Ein verstetigtes Monatseinkommen ändert nichts daran, dass sich dieses aus tariflichen und freiwilligen übertariflichen Entgeltbestandteilen zusammensetzen kann.

Entgegen der Auffassung der Revision hat die Beklagte mit dem Aushang vom 9. Juni 2000 nicht im Wege der Gesamtzusage den gewerblichen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse von der Y AG auf die M GmbH übergegangen waren, eine übertarifliche Zulage vertraglich als selbständigen Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt. Weder die im Mai 2000 erfolgte Mitteilung über die Zusammensetzung des Gehalts noch der Hinweis im Aushang vom 9. Juni 2000 stellten eine Willenserklärung dar, mit der die Beklagte den Inhalt des Arbeitsvertrags abändern wollte.

Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins liegt eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat.

Hiernach konnte und durfte der Kläger weder aus der Gehaltsmitteilung noch aus dem nachfolgenden Aushang schließen, die Beklagte wolle damit den Inhalt des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Anrechenbarkeit der übertariflichen Zulage ändern. Beide Mitteilungen stellten sich für die Adressaten erkennbar nicht als Äußerungen der Beklagten zur Neugestaltung der Vertragslage dar.

Eine Mitteilung über die Zusammensetzung des Gehalts dient in der Regel allein dem Mitteilungs- und Erläuterungszweck. Ein Wille, eine Rechtswirkung herbeizuführen, ist einer solchen Mitteilung regelmäßig nicht zu entnehmen. Im Streitfall wollte die Beklagte mit den Gehaltsmitteilungen erkennbar keine Vertragsänderung herbeiführen. Dies folgt insbesondere aus dem Umstand, dass sie den Arbeitnehmern entsprechende Vorgänge, wie beispielsweise Höhergruppierungen oder die Reduzierung der Arbeitszeit, in gesonderten Schreiben mitteilte und um deren Zustimmung bat. Soweit die Beklagte im Streitfall auf die Anrechenbarkeit der übertariflichen Zulage hinwies, war dieser Hinweis angesichts der oben dargestellten Rechtslage ohnehin nur deklaratorisch.

Auch der im Zusammenhang mit dem Inhalt und dem Zweck der Gehaltsmitteilung zu wertende Aushang vom 9. Juni 2000 hatte keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert. Hierbei handelte es sich lediglich um eine Erläuterung der bestehenden Rechtslage ohne erkennbaren Willen, diese zu gestalten. Es gab für die Erklärungsempfänger keinen Grund zu der Annahme, die Beklagte wolle die Rechtslage dahingehend ändern, dass sie die übertarifliche Zulage, die bis dahin lediglich einen anrechenbaren Entgeltbestandteil darstellte, zukünftig als selbständigen und damit anrechnungsfesten Entgeltbestandteil gewähren wolle.

Aus den unter III. 2. dargestellten Gründen war die Beklagte auch berechtigt, die tariflichen Einmalzahlungen für April und Mai 2007 auf die übertarifliche Zulage anzurechnen. Diese bestimmten Entgeltzahlungsperioden zurechenbaren Einmalzahlungen stellten pauschale Tarifentgelterhöhungen dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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published on 21/10/2008 00:00

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 01.04.2008 - 6 Ca 1571/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird (für den Kläger) zugelassen.
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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 01.04.2008 - 6 Ca 1571/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird (für den Kläger) zugelassen.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.654,85 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt restliches Entgelt für die Monate von Juni 2007 bis November 2007 sowie restliche Pauschalzahlungen für April 2007 und Mai 2007. Der Kläger ist seit dem 05.11.1984 in dem (nunmehr) von der Beklagten geführten Betrieb in C-Stadt beschäftigt. Mit dem Schreiben von Mai 2000 (s. dazu S. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 27.02.2008 = Bl. 18 d.A.) ließ die damalige Betriebsinhaberin/Arbeitgeberin (Rechtsvorgängerin der Beklagten) dem Kläger eine Lohnmitteilung zukommen, in der bezüglich der dort ausgewiesenen "freiwilligen Zulage" folgende *) Fußnote enthalten war:

2

"*) Bei übertariflichen Verdienstbestandteilen handelt es sich um freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistungen, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch auf die Zukunft besteht. Diese Leistungen sind ganz oder teilweise auf tarifliche Veränderungen und tarifliche Umgruppierungen anrechenbar".

3

Im Juni 2000 kam im Betrieb die von der (damaligen) Personalreferentin Sch. unterzeichnete Erklärung vom 09.06.2000 zum Aushang (Bl. 66 d.A.). In diesem Aushang heißt es:

4

"Aushang

Betrifft die Lohnmitteilungen zum 01.05.00.

Der Satz, unten auf den Lohnmitteilungen, bezüglich der "freiwilligen Zulage",

trifft für die gewerblichen Mitarbeiter die von der Y. AG zu M. übernommen wurden, nicht zu."  

5

Mit dem Schreiben vom 29.06.2006 (Bl. 29 f. d.A.) wandte sich die Beklagte wegen der dort erwähnten "Tätigkeits- und Entgeltänderung" an den Kläger. Der Kläger unterzeichnete dieses Schreiben (ganz a.E. unter dem Zusatz "einverstanden"; s. Bl. 30 d.A.).

6

Der vom Kläger mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachte Betrag von 904,71 EUR brutto setzt sich wie folgt zusammen:

7

- Unter Bezugnahme auf die Tariflohnerhöhung aus dem
Jahre 2006 beansprucht der Kläger für die Monate April 2007,
Mai 2007 und Juni 2007

 209,70 EUR

(3 % von 2.330,16 EUR = 69,90 EUR; 3 x 69,90 EUR =
209,70 EUR).

        

- An Differenzbeträgen hinsichtlich der tariflich im Frühjahr 2007

vereinbarten Pauschalzahlungen beansprucht der Kläger

 178,02 EUR

8

Der Kläger begehrt für April 2007 und Mai 2007 jeweils 89,01 EUR.

9

- Unter Bezugnahme auf die Tariflohnerhöhungen
(2006: 3 %; 2007: 4,1 %) beansprucht der Kläger für den
Juni 2007

 98,40 EUR

10

Rechnerisch ermittelt der Kläger den Betrag wie folgt:

11

2.330,16 EUR + 3 % = 2.400,06 EUR;

2.400,06 EUR x 4,1 % =   98,40 EUR.

12

- Für Juni 2007 beansprucht der Kläger hinsichtlich weiterer
"Bruttovergütungsbestandteile"

 31,33 EUR

13

Der Kläger errechnet den Betrag wie folgt:

14

433,70 EUR + 3 % = 446,71 EUR + 4,1 % = 465,03 EUR

        

465,03 EUR

- 433,70 EUR

= 31,33 EUR

15

- Für die Monate Juli und August 2007 beansprucht der Kläger
im Hinblick auf den "Gesamtverdienst"

 336,60 EUR

16

Den Betrag von jeweils 168,30 EUR errechnet sich der Kläger wie folgt:

17

2.330,16 EUR + 3 % = 2.400,06 EUR + 4,1 % = 2.498,46 EUR

  2.498,46 EUR

- 2.330,16 EUR

= 168,30 EUR (2 x 168,30 = 336,60)

18

- Als Differenzbetrag hinsichtlich der Erhöhung "weiterer
Bruttovergütungsbestandteile" beansprucht der Kläger für die
Monate Juli 2007 und August 2007 (28,89 EUR + 21,77 EUR =)

 50,66 EUR

19

Wegen der Berechnung wird auf die Seite 5 - unten - der Klageschrift verwiesen.

20

Der mit dem Klageantrag zu 2 hinsichtlich "sozialversicherungs- und steuerlicher Zuschläge" geltend gemachte Betrag von 28,12 EUR netto setzt sich wie folgt zusammen:

21

- Für Juni 2007 beansprucht der Kläger

 4,72 EUR

22

Der Kläger rechnet wie folgt:

23

65,33 EUR + 3 % = 67,29 EUR + 4,1 % = 70,05 EUR

        

70,05 EUR

- 65,33 EUR

= 4,72 EUR

24

- Für die Monate Juli 2007 und August 2007 fordert der Kläger
einen Differenzbetrag von

 23,40 EUR

netto.

        

25

Wegen der Berechnung wird auf die Seite 6 der Klageschrift verwiesen.

26

Der mit dem Klageantrag zu 3 geltend gemachte Betrag von 695,17 EUR brutto setzt sich wie folgt zusammen:

27

- Unter Bezugnahme auf die Tariflohnerhöhungen aus den
Jahren 2006 und 2007 beansprucht der Kläger als "Differenz
beim Grundverdienst" für die Monate von September 2007 bis
November 2007 (3 x 168,30 EUR =)

504,90 EUR

28

Wegen der Berechnung wird auf die Seite 2 - oben - des Schriftsatzes vom 21.01.2008 (= Bl. 12 d.A.) verwiesen.

29

- Als Differenzbetrag hinsichtlich "weiterer
Bruttovergütungsbestandteile" fordert der Kläger unter
Bezugnahme auf die Tariflohnerhöhungen der Jahre 2006 und
2007 für September, Oktober und November 2007
(53,75 EUR + 28,58 EUR + 107,94 EUR =)

190,27 EUR

30

Wegen der Berechnung wird auf die Seite 2 des Schriftsatzes vom 21.01.2008 = Bl. 12 d.A. verwiesen.

31

Der mit dem Klageantrag zu 4 geltend gemachte Betrag von 26,85 EUR netto setzt sich wie folgt zusammen:

32

- Der Kläger macht für den Monat September 2007
Tariflohnerhöhungen auf die "sozialversicherungs- und
steuerfreien Zuschläge" geltend in Höhe von

 8,51 EUR

33

Wegen der Berechnung wird auf die Seite 2 - unten - des Schriftsatzes vom 21.01.2008 verwiesen.

34

- Für Oktober 2007 fordert der Kläger insoweit

 8,84 EUR

- für November 2007 fordert der Kläger den entsprechenden
Betrag von

 9,50 EUR

35

Wegen der Berechnung wird jeweils auf die Seite 3 des Schriftsatzes vom 21.01.2008 verwiesen.

36

Unter Bezugnahme auf die auf den Seiten 13 f. des Schriftsatzes vom 28.03.2008 (= Bl. 45 f. d.A.) dargestellte Entwicklung des Gesamtverdienstes der Arbeitnehmerin B. (s. dazu auch deren Lohn- bzw. Entgeltabrechnungen, Bl. 81 bis 96 d.A. - wie im Schriftsatz vom 28.03.2008 zitiert -) berühmt sich der Kläger eines Anspruches auf prozentuale Erhöhung des Gesamtverdienstes und der sonstigen sozialversicherungspflichtigen und sozialversicherungsfreien Vergütungsbestandteile. Was für die Arbeitnehmerin Buch gelte, treffe auch - so meint der Kläger - auf ihn zu.

37

In ihrer erstinstanzlichen Klageerwiderung (s. dort S. 9 ff. = Bl. 23 ff. d.A.) hat sich die Beklagte u.a. auf folgende Zusammensetzungen des Entgelts des Klägers berufen:

38

- Stand 01.07.2005:

        
                 

Tarifliches Grundentgelt gemäß ERA/jeweiligem Entgelttarifvertrag

 1.611,17 €

Tarifliche Leistungszulage gemäß ERA

 161,12 €

Tarifentgelt insgesamt

 1.772,29 €

                 

Ausgleichszulage ERA-ETV

 224,12 €

Überschreiterzulage ERA-ETV

 244.74 €

Freiwillige übertarifliche und auf Tariferhöhungen anrechenbare
Zulage

 89, 01 €

                 

Gesamtentgelt

 2.330,16 €

39

- Stand 01.06.2006:

        
                 

Tarifliches Grundentgelt gemäß ERA/jeweiligem Entgelttarifvertrag

 1.658,70 €

Tarifliche Leistungszulage gemäß ERA

 165,87 €

Tarifentgelt insgesamt

 1.824,57 €

                 

Ausgleichszulage ERA-ETV

 164,50 €

Überschreiterzulage ERA-ETV

 252,90 €

                 

Freiwillige übertarifliche und auf Tariferhöhungen anrechenbare
Zulage

 89,01 €

Gesamtentgelt

 2.330,17 €

40

- Stand 01.06.2007:

        
                 

Tarifliches Grundentgelt gemäß ERA/jeweiligem Entgelttarifvertrag

 1.822,00 €

Tarifliche Leistungszulage gemäß ERA

 182,20 €

Tarifentgelt insgesamt

 2.004,20 €

                 

Ausgleichszulage ERA-ETV

 100,99 €

Überschreiterzulage ERA-ETV

 156,73 €

                 

Freiwillige übertarifliche und auf Tariferhöhungen anrechenbare
Zulage

 68,24 €

                 

Gesamtentgelt

 2.330,16 €

41

Die Beklagte hat sich weiter darauf berufen, dass in den Entgeltmitteilungen der Jahre 2003 bis 2005 auf die Anrechenbarkeit (von Tariflohnerhöhungen auf die freiwillige Zulage) hingewiesen worden ist (s. Schriftsatz vom 27.02.2008 S. 6 und 7 = Bl. 20 f. d.A.). Die Tarifentgelterhöhung (3 %) ab dem 01.06.2006 (= 52,28 EUR bei dem Tarifentgelt; 7,35 EUR bei der Überschreiterzulage) habe sie in zulässiger Weise mit der Ausgleichszulage des Klägers verrechnet. Die Beklagte rechnet wie folgt:

42

ursprüngliche Ausgleichszulage =

 224,12 EUR

        

 - 59,63 EUR

Ausgleichszulage neu =

 164,50 EUR

43

Die Tarifentgelterhöhung (4,1 %) ab dem 01.06.2007 (= monatlich 179,63 EUR; aufgrund der Höhergruppierung in die E 2 ab 29.06.2007)) habe sie in zulässiger Weise mit der Ausgleichszulage verrechnet (bis auf 1 %).

44

Zulässig sei auch die Anrechnung des (Rest-)Betrages von 20,77 EUR auf die übertarifliche Zulage.

45

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 01.04.2008 - 6 Ca 1571/07 - (dort S. 2 ff. = Bl. 114 ff. d.A.). Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

46

Gegen das ihm am 19.05.2008 zugestellte Urteil vom 01.04.2008 - 6 Ca 1571/07 - hat der Kläger am 17.06.2008 Berufung eingelegt und diese am 11.08.2008 - innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Beschluss vom 02.07.2008, Bl. 137 d.A.) - mit dem Schriftsatz vom 11.08.2008 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 11.08.2008 (Bl. 140 ff. d.A.) verwiesen.

47

Der Kläger bringt dort u.a. vor, dass die Annahme des Arbeitsgerichts, die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts des Klägers zum Zeitpunkt der Ersteingruppierung nach dem Entgeltrahmenabkommen (ERA) am 01.07.2005 sei unstreitig, unzutreffend sei. Der Kläger verweist auf seine Ausführungen im Schriftsatz vom 28.03.2008 (Bl. 34 ff. d.A.), auf die das Arbeitsgericht nicht hinreichend eingegangen sei. Der Kläger verweist weiter darauf, dass er stets geltend gemacht habe, dass insgesamt ein verstetigtes Monatseinkommen vorliege und dass lediglich zweckbestimmte Lohnbestandteile vorhanden seien und nicht etwa auch anrechenbare Bestandteile wie etwa eine übertarifliche Zulage. Der Kläger wirft dem Arbeitsgericht vor, vorschnell unter Hinweis auf § 5 Abs. 5 ERA-ETV angenommen zu haben, die Beklagte habe sich korrekt verhalten, als sie berücksichtigt habe, dass die Ausgleichszulage an der tariflichen Entwicklung nicht teilnehme und sich im übrigen eine tarifliche Verrechnungsbefugnis ergebe. Der Kläger hält dies vor dem Hintergrund des von ihm behaupteten Gesamtentgeltes für unzulässig. Deshalb sei er bei der Berechnung der Entgelterhöhungen auch immer von dem Gesamtverdienst in Höhe von ursprünglich 2.330,16 EUR brutto ausgegangen.

48

Der Kläger nimmt Bezug auf das Verfahren - 6 Ca 1578/07 - (Urteil vom 01.04.2008; Berufungsverfahren = 3 Sa 313/08 -).

49

Der Kläger wehrt sich weiter gegen die Verrechnung der Einmalzahlungen für April 2007 und Mai 2007 in Höhe von jeweils 89,01 EUR mit der übertariflichen Zulage. Der Aushang vom 09.06.2000 - so macht der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 08.03.2007 - 7 Ca 2057/06 - geltend - sei als vertragliche Gesamtzusage im Hinblick auf ein Anrechnungsverbot tariflicher Lohnerhöhungen auf die freiwillige Zulage auszulegen. Dies gelte auch für das vorliegende Verfahren. Der Kläger nimmt Bezug auf die Ausführungen unter Ziffer 2 des Schriftsatzes vom 28.03.2008 (dort S. 4 ff. = Bl. 37 ff. d.A.).

50

Soweit das Arbeitsgericht meine, die Vereinbarung vom 29.06.2006 (Bl. 29 f. d.A.) habe den ursprünglichen Rechtszustand wieder hergestellt (- die Anrechnungsbefugnis wieder erzeugt -), folgt dem der Kläger nicht. Bei der formularmäßigen Mitteilung der Zusammensetzung des Bruttomonatsentgelts in der Vereinbarung (" freiwillige, jederzeit widerrufbare und auf Tariferhöhungen anrechenbare Zulage ") - so argumentiert der Kläger weiter - handele es sich um eine überraschende und mehrdeutige Klausel. Der Kläger macht geltend, dass für ihn bei der Unterzeichnung der Vertragsänderung vom 29.06.2006 nach wie vor der Aushang (vom 09.06.2000) und damit die entsprechende Gesamtzusage gegolten habe. Er, der Kläger, habe nicht damit zu rechnen brauchen, dass die Beklagte nun individuell mit ihm etwas anderes vereinbaren und ihn damit anders habe behandeln wollen als die übrigen der seinerzeit ebenso wie er übernommenen Kollegen. Zumindest greife § 305c Abs. 2 BGB ein. Als juristischem Laien sei dem Kläger nicht zuzumuten, sich stets juristisch fundierte Vorstellungen darüber zu machen, welche Bedeutung etwa einer Gesamtzusage oder einer einzelvertraglichen Regelung zukomme und wie solche Regelungen jeweils durch einzelvertragliche oder sonstige Vereinbarungen abgeändert werden könnten. Angesichts der Klausel vom 29.06.2006 sei unklar gewesen, ob und wenn ja inwieweit die Gesamtzusage vom 09.06.2000 daneben noch habe gelten sollen oder nicht. Derartige Zweifel bei der Auslegung gingen zu Lasten der Beklagten.

51

Der Kläger beantragt,

52

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 01.04.2008 - 6 Ca 1571/07 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

53

1. an den Kläger 904,71 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 517,45 € seit dem 01.07.2007 und aus weiteren 387,26 € seit dem 01.09.2007 zu zahlen.

54

2. an den Kläger weitere 28,12 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4,72 € seit dem 01.07.2007 und aus weiteren 23,40 € seit dem 01.09.2007 zu zahlen.

55

3. an den Kläger 695,17 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 222,05 € seit dem 01.10.2007, aus weiteren 196,88 € seit dem 01.11.2007 und aus weiteren 276,24 € seit dem 01.12.2007 zu zahlen.

56

4. an den Kläger weitere 26,85 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8,51 € seit dem 01.10.2007, aus weiteren 8,84 € seit dem 01.11.2007 und aus weiteren 9,50 € seit dem 01.12.2007 zu zahlen.

57

Die Beklagte beantragt,

58

die Berufung zurückzuweisen.

59

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe der Berufungsbeantwortung vom 19.02.2008 (Bl. 162 ff. d.A.), auf die zwecks Darstellung aller Einzelheiten verwiesen wird. Die Beklagte weist dort u.a. darauf hin, dass das Vorliegen eines verstetigten Monatseinkommens nichts daran ändere, dass sich dieses aus tariflichen und freiwilligen übertariflichen Entgeltbestandteilen zusammensetze. Da die Zulage (in Höhe von 89,01 EUR) tarifvertraglich nicht geschuldet werde, sei sie schon alleine deshalb eine freiwillige und übertarifliche Zulage. Die von ihr - der Beklagten - vorgenommenen Verrechnungen der Tarifentgelterhöhungen der Jahre 2006 und 2007 mit der dem Kläger gewährten ERA-Ausgleichszulage hält die Beklagte unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 6 ERA-ETV (Bl. 70 f. d.A.) für rechtmäßig.

60

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

61

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich als unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage (jedenfalls) im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

II.

62

Die Klage ist unbegründet.

63

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die mit den Zahlungsanträgen geltend gemachten Beträge (nebst Zinsen) zu zahlen. Dazu im einzelnen:

64

1. Die Beklagte schuldet dem Kläger für die Zeit vom 01.04.2007 bis zum 30.06.2007 nicht die Zahlung von 3 x 69,90 EUR = 209,70 EUR brutto. Diese Verpflichtung wäre nur dann gegeben, wenn die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 01.06.2006 statt des bisherigen monatlichen Gesamtentgelts von 2.330,16 EUR ein um 69,90 EUR erhöhtes neues monatliches Gesamtentgelt von 2.400,06 EUR zahlen müsste. Eine Anspruchsgrundlage für eine derartige Verpflichtung der Beklagten ist jedoch nicht gegeben.

65

a) Zwar sind die zu Beginn der Klageschrift (dort S. 2 f.) erwähnten tariflichen Regelungen über die prozentuale Erhöhung des Tarifentgelts (Tarifentgelterhöhung) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar (§§ 3 und 4 TVG). Die Beklagte war deswegen gehalten, diese Tarifentgelterhöhung auch an den - in der IG Metall gewerkschaftlich organisierten - Kläger weiterzugeben. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte jedoch nachgekommen, denn sie hat ab dem 01.06.2006 das bisherige monatliche Tarifentgelt des Klägers von 1.772,29 EUR um 52,28 EUR auf 1.824,57 EUR brutto und die Überschreiterzulage von 244,74 EUR um 7,35 EUR auf 252,09 EUR brutto monatlich erhöht. Ebenso hat die Beklagte hinsichtlich der Tarifentgelterhöhung des Jahres 2007 mit Wirkung ab dem 01.06.2007 das monatliche Tarifentgelt des Klägers (von 1.824,57 EUR) auf 2.004,20 EUR brutto erhöht (s. dazu die vom Kläger insoweit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unwidersprochen gebliebenen Darlegungen der Beklagten auf den Seiten 9 ff. der Klageerwiderung vom 27.02.2008 = Bl. 23 ff. d.A.). Die Beklagte ist nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger die bis zum 31.05.2006 gezahlte Ausgleichs-Zulage von 224,12 EUR über den 31.05.2006 hinaus in unveränderter Höhe weiterzuzahlen. Vielmehr durfte die Beklagte die Tariferhöhung - wie geschehen - auf diese Zulage anrechnen, - d.h. die Beklagte durfte die Zulage von 224,12 EUR um 59,62 EUR auf den Betrag von 164,50 EUR brutto monatlich kürzen. Diese Kürzungsbefugnis ergibt sich aus § 5 Abs. 5 - letzter Unterabsatz - des ERA-ETV. (Auch) diese tarifliche Bestimmung ist kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Es ist nicht ersichtlich, dass das monatliche Gesamtentgelt des Klägers in einem größeren Umfang tariflich abgesichert gewesen wäre, als er sich aus der Besitzstandsregelung des § 5 ERA-ETV ergibt.

66

b) aa) Soweit der Kläger geltend macht, es gebe keine Lohnbestandteile, die einer Anrechnung zugänglich gewesen seien, - es gebe lediglich zweckbestimmte Lohnbestandteile, ist das entsprechende Vorbringen weder schlüssig, noch genügend substantiiert. Unabhängig davon, dass die vom Kläger in diesem Zusammenhang u.a. genannte Betriebsvereinbarung vom 12.12.1994 nach dem insoweit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten (= Schriftsatz vom 27.02.2008 S. 2 = Bl. 16 d.A.) durch die Betriebsvereinbarung vom 09.07.1998 abgelöst worden ist, ergibt sich aus der Zahlung eines verstetigten Monatseinkommens noch nicht, dass das entsprechende Entgelt insgesamt anrechnungsfest ist. Auch wenn ein bestimmter Betrag als monatliches Entgelt als vereinbart anzusehen ist, ist der Anspruch auf Tariferhöhung erfüllt, wenn und soweit der übertarifliche Anteil des einheitlich versprochenen Entgelts den Tariferhöhungsbetrag abdeckt.

67

bb) Ähnlich ist der Vortrag des Klägers zu bewerten, soweit dieser sich eines Anspruches des Inhalts berühmt, sein Gesamtverdienst und seine sonstigen Vergütungsbestandteile seien prozentual (im Umfang der Tariflohnerhöhung) zu erhöhen. Das diesbezügliche Vorbringen (s. dazu insbesondere die S. 12 ff. des Schriftsatzes vom 28.03.2008) rechtfertigt die Feststellung des Anspruches (= prozentuale Erhöhung des Gesamtverdienstes nebst sonstiger Vergütungsbestandteile), dessen sich der Kläger dort berühmt, nicht. Insbesondere rechtfertigt es alleine die tatsächliche Entgeltentwicklung in der Zeit vom Jahre 2000 bis zum Jahre 2005 nicht festzustellen, die Beklagte sei aufgrund der Tariflohnerhöhung des Jahres 2006 verpflichtet, das Entgelt des Klägers von 2.330,16 EUR um 3 % (= 69,90 EUR) auf 2.004,06 EUR brutto anzuheben.

68

Der Kläger durfte aus dieser tatsächlichen Entwicklung noch nicht den Schluss ziehen, sein (jeweiliger) Arbeitgeber habe auf Dauer von einer eigenen Entscheidung über Zeitpunkt und Höhe der Entgeltanpassung absehen wollen. Der Kläger durfte nicht annehmen, sein Gesamtentgelt würde sich künftig regelmäßig im Umfang der prozentualen Erhöhung des Tarifentgelts erhöhen.

69

2. Die Beklagte ist weiter nicht verpflichtet, dem Kläger für die für April 2007 und Mai 2007 zu zahlende tarifliche Pauschalzahlung jeweils restliche 89,01 EUR, insoweit zusammen also 178,02 EUR, zu zahlen.

70

a) Wie sich aus der Entgeltabrechnung für Juni 2007 ergibt (s. Bl. 97 d.A.), hat die Beklagte - ihrem Vortrag entsprechend - dem Kläger die Pauschalzahlungen für die beiden genannten Monate geleistet. Bei den Leistungspositionen der Abrechnung werden die beiden Einmalzahlungen ausdrücklich genannt:

71

"04/2007 … 200,00" und "05/2007 … 200,00".

72

Diese Beträge sind nicht mit einem Minuszeichen versehen. Das entsprechende Zahlungsbegehren des Klägers erweist sich als unbegründet. Zwar hat die Beklagte dem Kläger 2 x 89,01 EUR in der Entgeltabrechnung abgezogen. Dieser Abzug bezieht sich jedoch - was die Abrechnung ebenfalls belegt - auf die freiwillige Zulage, die die Beklagte dem Kläger für die beiden Monate "04/2007" und "05/2007" in Höhe von jeweils 89,01 EUR zunächst gezahlt hatte. Der Abzug in der Abrechnung für Juni 2007 (- frw. Zulage 04/2007 … 89,01 -" und "frw. Zulage 05/2007 … 89,01 -"-) stellt sich als Anrechnung (auf den übertariflichen Entgeltbestandteil) dar, zu der die Beklagte berechtigt gewesen ist. In einem Fall der vorliegenden Art kann - ausnahmsweise - auch noch nachträglich angerechnet werden. Die Beklagte hat die entsprechende Anrechnung erklärt (vgl. dazu das diesbezügliche Zitat in Abs. 2 des Schreibens der IG-Metall vom 28.06.2007, dort S. 1 = Bl. 26 d.A.).

73

b) aa) Nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der die Berufungskammer folgt, ist individualvertraglich eine Anrechnung in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich zulässig, da im Zweifel davon auszugehen ist, dass die Arbeitsvertragsparteien die Anrechnung von Tarifentgelterhöhungen auf übertariflichen Zulagen zulassen wollten (s. dazu Thüsing - mit Nachweisen auf die BAG-Rechtsprechung - in: Henssler u.a. 3. Aufl. Arbeitsrecht-Kommentar, dort S. 1573 Rz 539). Im Streitfall ist letztlich der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig für die Umstände, aus denen sich die von ihm begehrte Aufstockung des neuen Gesamtentgelts ergeben soll (vgl. Schaub 12. Aufl. Arbeitsrechtshandbuch § 204 Rz 44 = S. 1977).

74

Wendet man die einschlägigen Grundsätze der von Thüsing a.a.O. zitierten Rechtsprechung an, so ergibt sich folgendes:

75

bb) Schriftlich abgefassten oder mündlich getroffenen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien lässt sich nicht entnehmen, dass dem Kläger die übertarifliche Zulage, die als solche bereits in der Lohnmitteilung für Mai 2000 ausgewiesen war, als selbständiger Lohnbestandteil zum jeweiligen tariflichen Entgelt zu zahlen ist. Zu entsprechenden ausdrücklichen Vereinbarungen macht der Kläger keine (hinreichenden) Angaben. (Auch) zu etwaigen besonderen Umständen bei den Vertragsverhandlungen oder dazu, welchem Zweck die Zulage - bei der Erstellung bzw. im Zeitpunkt der erstmaligen Gewährung der Zulage oder später - gedient hat bzw. dient, macht der Kläger keine näheren Angaben. Es lässt sich deswegen (auch) nicht feststellen, dass die Zulage (etwa) wegen des Zwecks der Zulage oder aus sonstigen Gründen als selbständiger Lohnbestandteil zu qualifizieren ist.

76

Zwar stellt der Kläger (- s. Schriftsatz vom 28.03.2008 S. 2 = Bl. 35 d.A. -) sinngemäß die Rechtsbehauptungen auf, dass vor dem Jahre 1994 keine freiwilligen Zulagen gezahlt worden und lediglich zweckbestimmte Lohnbestandteile vorhanden gewesen seien, - nur nicht anrechenbare, zweckbestimmte Lohnbestandteile seien in das verstetigte Monatseinkommen eingeflossen. Für den vom Kläger in dieser Weise behaupteten "arbeitsvertraglichen Stand" hat der Kläger jedoch keinen ausreichenden Sachvortrag gebracht.

77

Jedenfalls für die Zeit bis zum Aushang vom 09.06.2000 bleibt es deswegen auch vorliegend dabei, dass dem Kläger die - in der Lohnmitteilung für Mai 2000 ausgewiesene - übertarifliche Zulage gezahlt worden ist und dass diese Zulage deswegen gewährt wurde, um die als zu niedrig angesehene tarifliche Vergütung aufzustocken. Ein derartiger Zweck der Zulage steht der Anrechenbarkeit der Zulage nicht entgegen.

78

Die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen reichen aber auch nicht aus, um feststellen zu können, aufgrund stillschweigender Vereinbarung und/oder aufgrund betrieblicher Übung sei die Zulage anrechnungsfest geworden. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Umständen sich im einzelnen der Abschluss einer konkludenten Vereinbarung ergeben könnte. Auf die jahrelange Nichtanrechnung der Zulage alleine lässt sich das Zustandekommen einer derartigen Vereinbarung jedenfalls nicht stützen. Die wiederholte bzw. dauerhafte Nichtanrechnung hat auch noch keine rechtserhebliche betriebliche Übung dahingehend erzeugt, dass künftig - also insbesondere in der Zeit ab dem Jahre 2006 - nicht sollte angerechnet werden dürfen. Selbst wenn die Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos zum Tariflohn gezahlt und bisher niemals mit Tariflohnerhöhungen verrechnet wurde, steht dies einer späteren Anrechnung nicht entgegen. Dies ist anerkanntes Recht. Freilich soll es sich vorliegend - nach dem insoweit zuletzt unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten - immerhin so verhalten, dass bereits im Jahre 1992 eine Anrechnung erfolgt ist.

79

Für eine die Unanrechenbarkeit begründende betriebliche Übung bedarf es zusätzlicher Anknüpfungspunkte, die hier fehlen.

80

Davon, dass die übertarifliche Zulage in der Zeit bis zum 09.06.2000 weder aufgrund betrieblicher Übung, noch aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung anrechnungsfest gewesen ist, geht ersichtlich auch das Urteil vom 01.04.2008 - 6 Ca 1571/07 - aus, - was sich daraus ergibt, dass das Arbeitsgericht dort auf Seite 9 der Entscheidungsgründe ausdrücklich davon spricht, die Vereinbarung vom 29.06.2006 habe den "ursprünglichen Rechtszustand wieder hergestellt". Damit meint das Arbeitsgericht erkennbar die Anrechnungsbefugnis der Beklagten, - also die Anrechenbarkeit von Tariflohnerhöhungen auf die übertarifliche Zulage. Von der eben beschriebenen Rechtslage geht erkennbar auch die 7. Kammer des Arbeitsgerichts im Urteil vom 08.07.2007 - 7 Ca 2057/06 - aus, - die dann aber nach näherer Maßgabe der Entscheidungsgründe angenommen hat, "die grundsätzliche Anrechenbarkeit der übertariflichen Zulage" sei durch den Aushang vom 09.06.2000, - aus dem sich ein Anrechnungsverbot ergebe -, ausgehebelt worden.

81

c) aa) Der 7. Kammer des Arbeitsgerichts (Urteil vom 08.03.2007 - 7 Ca 2057/06 -) ist insoweit zuzustimmen, dass es rechtlich möglich ist, dass sich (auch) aus einer Gesamtzusage des Arbeitgebers ergeben kann, dass eine übertarifliche Zulage anrechnungsfest zu gewähren ist. Allerdings enthält vorliegend der Aushang vom 09.06.2000 eine derartige Gesamtzusage nicht. Der im Urteil vom 08.03.2007 - 7 Ca 2057/06 - vorgenommenen Auslegung des Aushangs vom 09.06.2000 folgt die Berufungskammer für den vorliegenden Fall nicht. Zwar handelt es sich bei der im Aushang enthaltenen Mitteilung der Personalreferentin Sch. um eine - der Beklagten (wohl) zuzurechnende - Erklärung des Arbeitgebers an die Belegschaft bzw. hier speziell an die "von der Y. AG zu M." übernommenen gewerblichen Mitarbeiter, zu denen unstreitig der Kläger gehört.

82

Die Auslegung des Aushanges ergibt jedoch, dass die Arbeitgeberin darin keine Erklärung abgegeben hat, die als Verzicht auf die bis dahin bestehende Anrechnungsbefugnis gewertet werden könnte. Die Auslegung von Gesamtzusagen richten sich nach den §§ 133 und 157 BGB bzw. nach den Auslegungsgrundsätzen, die höchstrichterlich zu diesen Vorschriften entwickelt worden sind. Diese Grundsätze gelten anerkanntermaßen auch dann, wenn es darum geht, ob ein bestimmtes Verhalten, insbesondere eine bestimmte Mitteilung oder eine sonstige Erklärung, überhaupt die Qualität einer rechtgeschäftlichen Erklärung hat. Die in Betracht kommende Mitteilung des Arbeitgebers muss - sofern sie als Gesamtzusage wirken soll - anspruchsbegründend hinreichend konkret und annahmefähig formuliert sein.

83

Setzt man bei der Auslegung des Aushanges zunächst bei dem Wortlaut der Mitteilung an, ergibt sich, dass dort zum Ausdruck gebracht wird, dass "der Satz, unten auf den Lohnmitteilungen, bezüglich der "freiwilligen Zulage", … für die von der Y. AG zu M. übernommenen gewerblichen Mitarbeiter nicht" zutrifft, - d.h. nicht gilt. Da die entsprechende *)-Fußnote freilich aus zwei Sätzen besteht (von "Bei übertariflichen Verdienstbestandteilen …" bis "… anrechenbar"), ist bereits fraglich, ob sich der Aushang vom 09.06.2000 nur auf den ersten Satz der Fußnote oder auch auf deren zweiten Satz, - also auf die Fußnote insgesamt bezieht. Dafür, dass mit der im Aushang erfolgten Klarstellung wohl nur der erste Satz der Fußnote gemeint war, spricht immerhin, dass der Aushang insoweit nur im Singular ("der Satz …") formuliert ist und dass die im Aushang enthaltene Formulierung "freiwilligen" so eben nur im ersten Satz der Fußnote ("freiwillige") gebraucht wird. Hinzukommt - und dies führt dann zu einem eindeutigen Auslegungsergebnis -, dass nicht ersichtlich ist, aus welchen Gründen der Arbeitgeber im Juni 2000 auf die jedenfalls bis zum 09.06.2000 gegebene Möglichkeit der Anrechnung hätte verzichten sollen. Zu den Begleitumständen, die bei der Auslegung einer Erklärung von Bedeutung sein können, gehören anerkanntermaßen neben der Entstehungsgeschichte und der beiderseitigen Interessenlage (von Erklärenden und Erklärungsempfänger) gerade auch die Umstände, unter denen diese Erklärung abgegeben wurde. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang ausreichend dargelegt (bereits erstinstanzlich im Schriftsatz vom 27.02.2008, dort S. 4 ff.), wie die Zulage des Klägers in der Zeit bis einschließlich Mai 2000 ausgestaltet war. Demgemäß war die Zulage des Klägers, der früher als gewerblicher Arbeitnehmer bei der Y. AG beschäftigt war, zwar unwiderruflich ausgestaltet, - sie war jedoch einer Anrechnung zugänglich, - sie war nicht anrechnungsfest. Dem entsprechenden Tatsachenvortrag der Beklagten, aus dem sich diese rechtliche Ausgestaltung der Zulage ergibt, ist der Kläger nicht hinreichend entgegengetreten (§ 138 Abs. 3 ZPO).

84

Soweit der Kläger darauf abstellt, es liege insgesamt ein verstetigtes Monatseinkommen vor, - es gebe lediglich zweckbestimmte Lohnbestandteile, - anrechenbare Lohnbestandteile seien nicht vorhanden, steht dies - wie bereits oben ausgeführt - der Feststellung der Anrechenbarkeit von Tariflohnerhöhungen auf die Zulage nicht entgegen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, welchem besonderen Zweck der Lohnbestandteil ("Zulage", - wie sie in der Lohnmitteilung Mai 2000 ausgewiesen war) gedient haben könnte. Dazu - d.h. zu einem (- der Anrechnung möglicherweise entgegenstehenden -) Zweck dieses Lohnbestandteiles macht der Kläger die gebotenen näheren Angaben nicht.

85

War hiernach nach dem (- bis Anfang Juni 2000 gegebenen -) Inhalt des Arbeitsverhältnisses die Zulage nicht anrechnungsfest, dann ist nicht ersichtlich, weshalb von Arbeitgeberseite auf dieses Anrechnungsrecht verzichtet werden sollte. Unter den damals gegebenen und auch für den Kläger erkennbaren Umständen konnte nicht angenommen werden, der Arbeitgeber habe im Aushang vom 09.06.2000 sein bis dahin gegebenes Recht, Tariflohnerhöhungen auf die Zulage anrechnen zu können, einfach aufgegeben.

86

Selbst wenn man die im Aushang vom 09.06.2000 enthaltene Mitteilung auf beide Sätze der Fußnote zur vorangegangenen Lohnmitteilung zum 01.05.2000 zu beziehen hätte, besteht der objektive Erklärungswert des Aushanges nicht darin, dass darin den gewerblichen Mitarbeitern, die von der Y. AG übernommen worden waren, dort zugesagt würde, in Zukunft sei die Zulage, anders als bisher, anrechnungsfest.

87

Vielmehr beschränkt sich der objektive Erklärungswert des Aushanges dann darauf, dass die Lohnmitteilung zum 01.05.2000 so zu lesen ist, als enthalte sie hinsichtlich der "freiwilligen Zulage" überhaupt keine Fußnote. Dies bedeutet, dass die Zulage über den 09.06.2000 hinaus dem Kläger so zusteht, wie sie ihm bis zu diesem Zeitpunkt gewährt wurde, - d.h. zwar unwiderruflich, aber nicht anrechnungsfest.

88

bb) Die Richtigkeit dieser Auslegung des Aushanges wird durch das spätere Verhalten der (Arbeitsvertrags-)Parteien bestätigt. Es ist anerkanntes Recht, dass im Rahmen des § 133 BGB auch späteres Verhalten der Parteien zumindest als Indiz von Bedeutung sein kann. Insoweit hat die Beklagte unstreitig in den Entgeltmitteilungen für die Jahre 2003 bis 2005 auf die Anrechenbarkeit der Zulage hingewiesen, ohne dass der Kläger diesen Hinweisen zeitnah widersprochen hätte. Zu den diesbezüglichen Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom 27.02.2008 (dort S. 6 f. = Bl. 20 f. d.A.) hat sich der Kläger nicht ausreichend erklärt (§ 138 Abs. 3 ZPO; s. dazu auch unten bei Ziffer II. 5. a) a.E.).

89

d) Hiernach hat die Beklagte in individualvertragsrechtlicher Hinsicht in rechtmäßiger Weise für die Zeit ab dem 01.04.2007 die Tariflohnerhöhung (- hier: pauschale Einmalzahlung) auf die übertarifliche Zulage angerechnet. Soweit der Arbeitgeber - wie hier die Beklagte - berechtigt ist, Erhöhungen des tariflichen Entgelts auf eine übertarifliche Zulage anzurechnen, erstreckt sich diese Anrechnungsmöglichkeit nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch auf pauschale Einmalzahlungen der verfahrensgegenständlichen Art. Demgemäß kann - wie vorliegend der Fall - auch eine pauschalierte, auf mehrere Monate bezogene Erhöhung des Tarifentgelts rückwirkend für bereits vor Tarifabschluss abgerechnete Monate (- hier: "04/2007" und "05/2007" -) angerechnet werden.

90

3. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für den Monat Juni 2007 98,40 EUR brutto zu zahlen. Diesem Klagebegehren fehlt aus den Gründen, die unter Ziffer II. 1. und 2. der Entscheidungsgründe ausgeführt wurden, die notwendige Anspruchsgrundlage. Die erwähnten Teile der Entscheidungsgründe gelten hier entsprechend. Weder stand dem Kläger am 31.05.2007 ein Gesamtverdienst in Höhe von 2.400,06 EUR zu, noch war dieser zum 01.06.2007 um 4,1 % zu erhöhen. Soweit die Beklagte Anrechnungen vorgenommen hat, sind diese jeweils hinsichtlich der freiwilligen Zulage allgemeinen Grundsätzen entsprechend und hinsichtlich der Ausgleichszulage gemäß § 5 Abs. 5 ERA-ETV gerechtfertigt.

91

4. Die weiteren Klageforderungen erweisen sich ebenfalls aus den Gründen, die unter Ziffer II. 1. bis 3. ausgeführt wurden, als unbegründet. Auf die vorstehenden Entscheidungsgründe wird deswegen verwiesen.

92

5. a) Unabhängig davon wird ergänzend unter Bezugnahme auf § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts verwiesen. Dadurch, dass der Kläger das ihm von der Beklagten vorgelegte Schreiben vom 29.06.2006 unter dem Zusatz "einverstanden" unterzeichnet hat, hat er sich mit den im Schreiben enthaltenen Regelungen einverstanden erklärt. Demgemäß handelt es sich bei dem Entgeltbestandteil "89,01 EUR" um eine auf Tariferhöhungen anrechenbare Zulage. Damit hat sich der Kläger einverstanden erklärt. Unangemessen benachteiligt wird der Kläger dadurch nicht. Bei einer derartigen Anrechnung verändert sich die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht. Die im Schreiben vom 29.06.2006 enthaltene Regelung der Anrechenbarkeit ist (auch) klar und verständlich. Der Kläger konnte aufgrund des Anrechnungsvorbehalts unschwer erkennen, dass die Zulage nicht ohne Kürzungsmöglichkeit gewährt wird. Die Klausel ist weder mehrdeutig noch überraschend. Soweit es insbesondere um den Gesichtspunkt einer etwaigen "Überraschung" des Klägers geht, ist zu beachten, dass auf die Anrechenbarkeit der Zulage bereits zuvor in den Entgeltmitteilungen der Jahre 2003 bis 2005 hingewiesen worden war. Dass die entsprechenden Hinweise in den Jahren 2003 bis 2005 erfolgt sind, hat die Beklagte auf den Seiten 6 f. des Schriftsatzes vom 27.02.2008 (Bl. 20 f. d.A.) dargelegt, - ohne dass diese Darlegungen vom Kläger bestritten worden wären. Letzteres wirkt sich gemäß § 138 Abs. 3 ZPO dahin aus, dass die entsprechenden Hinweise in den Entgeltmitteilungen für 2003 bis 2005 als unstreitig anzusehen sind. Der Kläger hat sich zu dem entsprechenden Vortrag der Beklagten auf Seite 7 - oben - seines Schriftsatzes vom 28.03.2008 (dort unter Ziffer 3. = Bl. 40 d.A.) sinngemäß lediglich dahin geäußert, dass der entsprechende Vortrag der Beklagten letztlich dahingestellt bleiben könne. In dieser Erklärung des Klägers liegt kein erhebliches Bestreiten im Sinne des § 138 Abs. 1 und 2 ZPO.

93

b) Soweit der Kläger im eben zitierten Schriftsatz vom 28.03.2008 noch die etwaige Unwirksamkeit der Anrechnung im Hinblick auf § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in den Raum gestellt hat, hat er dazu weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren weiter ausgeführt. Insbesondere stützt sich kein Berufungsangriff auf dieses Argument. Im Hinblick darauf, wie die Beklagte die Anrechnungen jeweils vorgenommen hat (s. dazu S. 8 - unten - bis S. 11 des Schriftsatzes der Beklagten vom 27.02.2008 = Bl. 22 ff. d.A.; vgl. auch S. 1 Abs. 2 des Schreibens der IG Metall vom 28.06.2007 = Bl. 26 d.A.), ist nicht ersichtlich, dass hier noch Raum für eine Mitbestimmung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geblieben ist. So wie die Beklagte angerechnet hat, war die Anrechnung mitbestimmungsfrei, so dass auch unter dem betriebsverfassungsrechtlichen Aspekt die Unwirksamkeit der Anrechnung zu verneinen ist.

III.

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Die Kosten seiner hiernach erfolglosen Berufung muss gemäß § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger tragen. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung. Darauf beruht die Zulassung der Revision für den Kläger.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)