Erbrecht: Testament: Erbunwürdigkeit durch Gebrauch einer unechten Urkunde

bei uns veröffentlicht am09.12.2008

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zu Familienrecht und Erbrecht durch die Rechtsanwälte S&K in Berlin Mitte

Der Gebrauch einer unechten Urkunde im Sinne des Strafgesetzbuchs rechtfertigt den Vorwurf der Erbunwürdigkeit. Schon deshalb kommt eine Verzeihung des Erblassers nicht in Betracht.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Ehefrau, die zusammen mit ihrem Mann ein gemeinschaftliches Testament mit wechselseitiger Erbeinsetzung errichtet hatte. Dabei hatte sie den Text geschrieben und für sich selbst und mit dem Namen ihres Mannes unterzeichnet. Dieses Testament zeigt der Ehemann einem Zeugen mit den Worten: "Das haben wir gemacht." Der Mann wollte das Testament noch beurkunden lassen, ist jedoch zuvor verstorben. Die Ehefrau legte im Erbscheinsverfahren dieses Testament vor. Sie wurde im Rahmen einer Anfechtungsklage für erbunwürdig erklärt. Die dagegen eingelegten Rechtsmittel blieben erfolglos.

Der BGH unterstellte in seiner Entscheidung zwar, dass der Ehemann mit der Fälschung seiner Unterschrift für die begrenzten Zwecke, denen das Schriftstück nach seiner Vorstellung dienen sollte, einverstanden war. Dies lasse sich aber nicht als Verzeihung im Sinne des Erbrechts werten. Der Ehemann wollte seinen letzten Willen noch notariell beurkunden lassen. Entsprechend habe es sich bei dem Schriftstück nur um einen Entwurf gehandelt. Als er das Schriftstück bei seinem Gespräch mit dem Zeugen verwendete, habe er nicht wissen können, dass es nicht mehr zur notariellen Protokollierung kommen werde. Dagegen seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Ehemann es gebilligt hätte, dass die Frau das Schriftstück nach seinem Tod als angeblich gültiges Testament im Erbscheinsverfahren vorlege. Dadurch habe sie von einer unechten Urkunde im Sinne des Strafgesetzbuchs Gebrauch gemacht. Dies rechtfertige den Vorwurf der Erbunwürdigkeit. Daher komme eine Verzeihung nicht in Betracht (BGH, IV ZR 138/07).
 

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2008 - IV ZR 138/07

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 138/07
vom
28. Mai 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Felsch und
Dr. Franke
am 28. Mai 2008

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 27. Februar 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Mit der rechtzeitig gemäß § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO eingegangenen Anhörungsrüge macht die Beklagte geltend, der Senat habe sich nicht mit dem Argument auseinander gesetzt, selbst wenn die (neben ihrer Unterschrift stehende) Unterschrift ihres Ehemannes, des Erblassers, unter dem Schriftstück vom 14. Oktober 1997 nicht von diesem selbst, sondern von ihr geleistet worden sein sollte, müsse aus dem Umstand, dass der Erblasser dieses Schriftstück den (im Erbscheinsverfahren vernommenen ) Zeugen S. , H. und G. mit der Bemerkung gezeigt habe, "das haben wir gemacht", der Schluss gezogen werden, dass er der Beklagten jedenfalls verziehen habe. Deshalb liege, auch wenn das Schriftstück kein wirksames gemeinschaftliches Ehegattentestament sei, keine Erbunwürdigkeit vor. Das Berufungsgericht habe nicht auf eine erneute Vernehmung der Zeugen verzichten dürfen.

2
Anhörungsrüge Die ist nicht begründet. Die Zeugen brauchten nicht noch einmal vernommen zu werden. Der Senat ist im Beschluss vom 27. Februar 2008 davon ausgegangen, dass die in ihr Wissen gestellte Behauptung zutrifft, das Schriftstück vom 14. Oktober 1997 habe, als es den Zeugen gezeigt wurde, nicht nur die Unterschrift der Beklagten getragen, sondern noch eine weitere Unterschrift, die sich für die Zeugen als diejenige des Erblassers darstellte. Zwar kann unterstellt werden, dass der Erblasser mit einer Fälschung seiner Unterschrift für die begrenzten Zwecke, denen das Schriftstück vom 14. Oktober 1997 nach seiner Vorstellung dienen sollte, einverstanden war. Dies Einverständnis lässt sich aber nicht als Verzeihung i.S. von § 2343 BGB werten. Nach Aussage des Zeugen Notar S. vor dem Nachlassgericht wollte der Erblasser, auch als er dem Zeugen das Schriftstück vom 14. Oktober 1997 am 1. Januar 1998 gezeigt und dazu bemerkt hat, "das haben wir gemacht", seinen letzten Willen noch notariell beurkunden lassen ("ja, das machen wir noch"). Danach hat es sich bei dem Schriftstück vom 14. Oktober 1997, mag es auch zwei Unterschriften getragen haben, nur um einen Entwurf gehandelt. Als der Erblasser das Schriftstück bei seinen Gesprächen mit den Zeugen verwendete, konnte er nicht wissen, dass es zu einer notariellen Protokollierung nicht mehr kommen würde. Anhaltspunkte dafür, dass er die Verwendung des Schriftstücks vom 14. Oktober 1997 nach seinem Tod durch die Beklagte gebilligt hätte, nämlich dessen Vorlage als angeblich gültiges Testament im Erbscheinsverfahren , sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dieses spätere Verhalten der Beklagten, das die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei als Gebrauchmachen von einer unechten Urkunde (§ 267 StGB) gewertet haben, rechtfertigt den Vorwurf der Erbunwürdigkeit (§ 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB).

3
Schon deshalb kommt eine Verzeihung nicht in Betracht. Damit erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, eine Verzeihungshandlung sei noch nicht vollzogen (Seite 7 des Berufungsurteils), im Ergebnis als zutreffend, auch wenn der Gedanke, dass der Erblasser mit der Fälschung seiner Unterschrift unter dem Schriftstück vom 14. Oktober 1997 einverstanden gewesen sein könnte, im Berufungsurteil nicht ausdrücklich erwogen wird.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 30.11.2004 - 10 O 308/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 27.04.2007 - 24 U 6/05 -