Amtsgericht Bonn Beschluss, 21. März 2014 - 408 F 99/13
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gegenstandswert: 2.000,- €
1
Gründe:
2I.
3Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch aus § 25 VersAusglG geltend.
4Sie und der am 04.12.2011 verstorbene Herr M K C waren Eheleute und wurden auf Grund des Urteils des Amtsgerichts Darmstadt vom 03.07.2006 rechtskräftig geschieden. Im Rahmen dieses Urteil wurde auch der Versorgungsausgleich zwischen den Parteien geregelt. Das Amtsgericht Darmstadt tenorierte insoweit:
5Von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Deutsche Rentenversicherung Bund Nr. ## ###### # ### ### ####, werden auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutsche Rentenversicherung Bund Nr. ## ###### # ###, Rentenanwartschaften, bezogen auf den 31.12.2005, in Höhe von monatlich 398,95 € übertragen, die in Entgeltpunkte umzurechnen sind.
6Außerdem werden im Wege des erweiterten Spittlings weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 48,30 € übertragen, die in Entgeltpunkte umzurechnen sind.
7Im Rahmen der Begründung führte das Amtsgericht Darmstadt die einzelnen Versorgungsträger der Eheleute auf, wobei seitens des Antragsgegners als Versorgungsträger neben der DRV Bund der Arbeitsgeber des verstorbenen Ehemannes, die U F, sowie der Pensionssicherungsverein Wien aufgeführt wurden.
8Im Wege des erweiterten Splittings konnten lediglich 48,30 € weitere Rentenanwartschaften des Ehemannes auf die Antragstellerin übertragen werden. Im Übrigen blieb der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten, insbesondere auch für die ausländischen Anwartschaften des Ehemannes.
9Die Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens war als Versorgungsträger des verstorbenen Ehemannes nicht am Verfahren beteiligt.
10Der verstorbene Ehemann hatte über seinen Arbeitsgeber eine betriebliche Altersvorsorge zugesagt bekommen, die teilweise bei dem Arbeitgeber unmittelbar und teilweise über die jetzige Antragsgegnerin in Form einer Direktversicherung erfolgte.
11Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin, die ausweislich ihrer Versorgungsordnung zugesagte Hinterbliebenenversorgung, verpflichtet sei nach dem Tod des geschiedenen Ehemannes gemäß § 25 VersAusglG an sie zu zahlen.
12Soweit das Anrecht in der Entscheidung des Amtsgerichts Darmstadt nicht aufgeführt werde, handele es sich um eine vergessene Anwartschaft, die bei dem Auffangtatbestand des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gleichwohl ausgeglichen werden könne.
13Sie beantragt sodann:
141. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin monatlich im Voraus ab dem 01.03.2013 eine monatliche verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente zu zahlen.
152. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin eine rückständige Hinterbliebenenversorgung für die Monate Januar 2012 bis einschließlich Februar 2013 zu zahlen.
163. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, 229,55 € vorgerichtlicher Anwaltskosten zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
174. Die Ausgleichsrente ist ab Fälligkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszins zu verzinsen, der Rückstand ab Rechtshängigkeit.
18Die Antragsgegnerin beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
19Diese weist daraufhin, dass mangels einer Beteiligung am Scheidungsverfahren und dem dort ausgeführten Versorgungsausgleichs die streitgegenständliche Rentenversicherung des verstorbenen nicht Gegenstand des Verfahrens war und daher nunmehr auch keine Ansprüche ihr gegenüber geltend gemacht werden könnten. Zumal die Frage der Realteilung vom Arbeitgeber verneint worden sei.
20Darüber hinaus behauptet sie, dass im Zeitpunkt des Ablebens des Versicherten ein anderer Vertragszustand bestanden habe, wonach keine Hinterbliebenenversorgung mehr bestanden habe.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
22II.
23Die Ansprüche der Antragstellerin sind unbegründet. Die Anträge waren daher zurückzuweisen.
24Die Antragstellerin hat keinen Anspruch aus § 25 VersAusglG in Verbindung mit dem §§ 20 ff. VersAusglG gegen die Antragsgegnerin.
25Nach dieser Vorschrift ist der sogenannte verlängerte schuldrechtliche Versorgungsausgleich dann geschuldet, wenn die ausgleichpflichtige Person stirbt und noch nicht ausgeglichene Anrechte bestehen. Vorliegend hatte der verstorbene, geschiedene Ehemann der Antragstellerin unstreitig Versorgungsanwartschaften und entsprechende Ansprüche auf Zahlung einer Rente gegen die Antragsgegnerin. Unstreitig ist weiter, dass diese bis zum Tod des geschiedenen Ehemannes entsprechende Rentenzahlungen erbracht hat. Grundlage der Rentenzahlungsverpflichtung war als Teil der Gesamtzusage des Arbeitgebers des Verstorbenen, die von diesem vorgenommene Direktversicherung bei der Antragsgegnerin.
26Da im Übrigen durch das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt Teile der Anwartschaften dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten blieben, sind die Voraussetzungen des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs grundsätzlich gegeben.
27Zurecht wendet die Antragsgegnerin allerdings ein, dass die streitgegenständliche Versorgung nicht Gegenstand der Entscheidung des Amtsgerichts Darmstadt war. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin, stellen die Vorschriften der §§ 20 ff und 25 VersAusglG gerade keine generelle Auffangfunktion für im Ausgangsverfahren zum Versorgungsausgleich übersehene, verschwiegene oder vergessene Anrechte dar (Vergleiche zum Gesamten BGH, 24.07.2013, Aktenzeichen: XII ZB 340 /11, Quelle JURIS). Ausweislich dieser Entscheidung und der am gleichen Tag vom Bundesgerichtshof getroffenen Entscheidung im Verfahren XII ZB 415/12 eröffnet ein solches übersehenes, verschwiegenes oder vergessenes Anrecht auch keine Abänderungsmöglichkeit nach § 51 VersAusglG.
28Da im Urteil des Amtsgerichts Darmstadt lediglich der Arbeitgeber als Versorgungsträger aufgeführt ist und auch lediglich ein ihm zugeordnetes Anrecht, Gegenstand des Versorgungsausgleichsverfahren war, ist ein Anspruch der Antragstellerin auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegen die Antragsgegnerin aufgrund dieses Urteils nicht festzustellen.
29Dies gilt selbst dann, wenn mal was nicht erkennbar ist, das angegebene Anrecht beim Arbeitgeber in Höhe von einer Jahresrente von 3.799,03 € die Gesamtzusage des Arbeitsgebers traf und damit auch den Teil der Direktversicherung bei der Antragsgegnerin mit umfasste. In diesem Fall wäre das Anrecht als solches zwar Gegenstand des Verfahrens gewesen. Allerdings ohne eine Zuordnung an den richtigen Versorgungsträger und ohne eine entsprechende Differenzierung. Daraus folgt, dass unterstellt, dass die Direktversicherung bei der Antragsgegnerin ein Teil der ausgewiesenen Gesamtjahresrente ist, nicht festzustellen ist, welcher Teil der Gesamtzusage des Arbeitsgebers im Wege des erweiterten Splittings bereits mit ausgeglichen ist und welcher Anteil noch dem schuldrechtlichen vorbehalten ist.
30Aus dem vorstehenden ergibt sich, dass auch in diesem Fall keine Anrechte gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht werden können im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs, Anspruchsgegner des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs kann nach der Entscheidung des Amtsgerichts Darmstadt (neben den Pensionsversicherungsverein Wien) allenfalls der damalige Arbeitsgeber des Verstorbenen die Firma U F sein. Ihr gegenüber erging die entsprechende Entscheidung. Die Entscheidung beruhte allein auf ihren Angaben, so auch hinsichtlich der Mitteilung, dass der Versorgungsträger die Realteilung nicht zulässt. Inwieweit hier Ansprüche gegen die U F aufgrund des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs oder andere Anspruchsgrundlagen gegeben sind, kann im vorliegenden Verfahren nicht geprüft werden.
31Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.
32Rechtsbehelfsbelehrung
33Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Soweit sich die Beschwerde nur gegen die Kostenentscheidung richtet, ist diese nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.
34Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Bonn eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
35Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Bonn Beschluss, 21. März 2014 - 408 F 99/13
Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Bonn Beschluss, 21. März 2014 - 408 F 99/13
Referenzen - Gesetze
(1) Stirbt die ausgleichspflichtige Person und besteht ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht, so kann die ausgleichsberechtigte Person vom Versorgungsträger die Hinterbliebenenversorgung verlangen, die sie erhielte, wenn die Ehe bis zum Tod der ausgleichspflichtigen Person fortbestanden hätte.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn das Anrecht wegen einer Vereinbarung der Ehegatten nach den §§ 6 bis 8 oder wegen fehlender Ausgleichsreife nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 oder Abs. 3 vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen worden war.
(3) Die Höhe des Anspruchs ist auf den Betrag beschränkt, den die ausgleichsberechtigte Person als schuldrechtliche Ausgleichsrente verlangen könnte. Leistungen, die sie von dem Versorgungsträger als Hinterbliebene erhält, sind anzurechnen.
(4) § 20 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(5) Eine Hinterbliebenenversorgung, die der Versorgungsträger an die Witwe oder den Witwer der ausgleichspflichtigen Person zahlt, ist um den nach den Absätzen 1 und 3 Satz 1 errechneten Betrag zu kürzen.
(1) Eine Entscheidung über einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, die nach dem Recht getroffen worden ist, das bis zum 31. August 2009 gegolten hat, ändert das Gericht bei einer wesentlichen Wertänderung auf Antrag ab, indem es die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 teilt.
(2) Die Wertänderung ist wesentlich, wenn die Voraussetzungen des § 225 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorliegen, wobei es genügt, dass sich der Ausgleichswert nur eines Anrechts geändert hat.
(3) Eine Abänderung nach Absatz 1 ist auch dann zulässig, wenn sich bei Anrechten der berufsständischen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge (§ 1587a Abs. 3 oder 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung) der vor der Umrechnung ermittelte Wert des Ehezeitanteils wesentlich von dem dynamisierten und aktualisierten Wert unterscheidet. Die Aktualisierung erfolgt mithilfe der aktuellen Rentenwerte der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Wertunterschied nach Satz 1 ist wesentlich, wenn er mindestens 2 Prozent der zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.
(4) Eine Abänderung nach Absatz 3 ist ausgeschlossen, wenn für das Anrecht nach einem Teilausgleich gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich noch Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 geltend gemacht werden können.
(5) § 225 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.