Amtsgericht Essen Beschluss, 25. März 2015 - 166 IN 22/15

ECLI:ECLI:DE:AGE1:2015:0325.166IN22.15.00
bei uns veröffentlicht am25.03.2015

Tenor

wird der Eröffnungsantrag der Schuldnerin vom 10.02.2015 als unzulässig abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Schuldnerin.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Essen Beschluss, 25. März 2015 - 166 IN 22/15

Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Essen Beschluss, 25. März 2015 - 166 IN 22/15

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Insolvenzordnung - InsO | § 34 Rechtsmittel


(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldne

Insolvenzordnung - InsO | § 26 Abweisung mangels Masse


(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geld

Insolvenzordnung - InsO | § 5 Verfahrensgrundsätze


(1) Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen. (2) Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldner

Insolvenzordnung - InsO | § 13 Eröffnungsantrag


(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Gesc

Insolvenzordnung - InsO | § 22a Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses


(1) Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat: 1. mindestens 6 000 000 Euro
Amtsgericht Essen Beschluss, 25. März 2015 - 166 IN 22/15 zitiert 6 §§.

Insolvenzordnung - InsO | § 34 Rechtsmittel


(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldne

Insolvenzordnung - InsO | § 26 Abweisung mangels Masse


(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geld

Insolvenzordnung - InsO | § 5 Verfahrensgrundsätze


(1) Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen. (2) Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldner

Insolvenzordnung - InsO | § 13 Eröffnungsantrag


(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Gesc

Insolvenzordnung - InsO | § 22a Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses


(1) Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat: 1. mindestens 6 000 000 Euro

Insolvenzordnung - InsO | § 56a Gläubigerbeteiligung bei der Verwalterbestellung


(1) Vor der Bestellung des Verwalters ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters zu äußern, soweit dies nicht innerhalb von zwei Werktage

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Amtsgericht Essen Beschluss, 25. März 2015 - 166 IN 22/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juli 2011 - IX ZB 207/10

bei uns veröffentlicht am 14.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 207/10 vom 14. Juli 2011 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fisc

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Dez. 2011 - IX ZB 232/10

bei uns veröffentlicht am 01.12.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 232/10 vom 1. Dezember 2011 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja EuInsVO Art. 3 Abs. 1 Die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung eines Insolvenzverfah

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(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden

1.
die höchsten Forderungen,
2.
die höchsten gesicherten Forderungen,
3.
die Forderungen der Finanzverwaltung,
4.
die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
5.
die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen. Die Angaben nach Satz 4 sind verpflichtend, wenn
1.
der Schuldner Eigenverwaltung beantragt,
2.
der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder
3.
die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde.
Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach den Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind.

(2) Der Antrag kann zurückgenommen werden, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen ist.

(3) Ist der Eröffnungsantrag unzulässig, so fordert das Insolvenzgericht den Antragsteller unverzüglich auf, den Mangel zu beheben und räumt ihm hierzu eine angemessene Frist ein.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Antragstellung durch den Schuldner ein Formular einzuführen. Soweit nach Satz 1 ein Formular eingeführt ist, muss der Schuldner dieses benutzen. Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell bearbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbeitet werden, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen.

(2) Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und ist die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering, wird das Verfahren schriftlich durchgeführt. Das Insolvenzgericht kann anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist. Es kann diese Anordnung jederzeit aufheben oder ändern. Die Anordnung, ihre Aufhebung oder Abänderung sind öffentlich bekannt zu machen.

(3) Die Entscheidungen des Gerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung nicht anzuwenden.

(4) Tabellen und Verzeichnisse können maschinell hergestellt und bearbeitet werden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Führung der Tabellen und Verzeichnisse, ihre elektronische Einreichung sowie die elektronische Einreichung der dazugehörigen Dokumente und deren Aufbewahrung zu treffen. Dabei können sie auch Vorgaben für die Datenformate der elektronischen Einreichung machen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(5) Insolvenzverwalter sollen ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten, mit dem jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte, welche nicht ausschließlich die Forderungen anderer Gläubiger betreffen, und alle die eigenen Forderungen betreffenden Unterlagen in einem gängigen Dateiformat zur Verfügung gestellt werden können. Hat der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Merkmale erfüllt, muss der Insolvenzverwalter ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten und die in Satz 1 genannten Dokumente unverzüglich zum elektronischen Abruf zur Verfügung stellen. Den Einsichtsberechtigten stellt der Verwalter die für den Zugang erforderlichen Daten unverzüglich zur Verfügung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 207/10
vom
14. Juli 2011
in dem Verfahren
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die
Richterin Möhring
am 14. Juli 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 24. September 2010 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der weitere Beteiligte (fortan: Gläubiger) beantragte am 11. September 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Zur Begründung verwies er auf Steuerrückstände in Höhe von 886.393,23 € und auf eine Niederlassung des Schuldners in R. , weshalb trotz eines am 11. August 2008 in London eröffneten Hauptinsolvenzverfahrens ein Sekundärinsolvenzverfahren in Deutschland möglich sei. Der Schuldner wandte sich gegen die Eröffnung des beantragten Verfahrens und trug vor, das Insolvenzverfahren in England sei am 11. August 2009 beendet worden. Wegen der damit verbundenen Restschuldbefreiung sei die Forderung des Gläubigers nicht mehr durchsetzbar.
2
Das Insolvenzgericht hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Zulässigkeit des Insolvenzantrags angeordnet. Es hat ausgeführt, die Zulässigkeit des Insolvenzantrags sei davon abhängig, ob die geltend gemachten Forderungen von der in England erteilten Restschuldbefreiung erfasst würden. Dies hänge maßgeblich davon ab, ob die Restschuldbefreiung in Deutschland Anerkennung beanspruchen könne. Die Anerkennung erfolge nach Art. 16 EuInsVO zwar grundsätzlich automatisch, es sei denn sie verstoße gegen den ordre public. Mit der Erstattung des Gutachtens wurde ein Rechtsanwalt beauftragt , dem aufgegeben wurde, sämtliche Tatsachen zu ermitteln, die für die Beurteilung der Frage der Anerkennung der Restschuldbefreiung von Bedeutung seien.
3
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen diesen Beschluss ist vom Landgericht als unstatthaft verworfen worden. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
5
1. Sie ist bereits nicht statthaft. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO nur eröffnet, wenn zuvor die sofortige Beschwerde statthaft war (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2009 - IX ZB 161/08, ZIP 2009, 1495 Rn. 5 mwN). Dies hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei verneint.

6
a) Grundsätzlich unterliegen die Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur in den Fällen der sofortigen Beschwerde, in denen dies vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist (§ 6 Abs. 1 InsO). Gegen die Anordnung eines Sachverständigengutachtens im Eröffnungsverfahren sieht die Insolvenzordnung keine Beschwerdemöglichkeit vor.
7
b) Der erkennende Senat hat allerdings entschieden, dass eine sofortige Beschwerde analog § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO statthaft sein kann, wenn das Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren eine Maßnahme anordnet, die von vorneherein außerhalb seiner gesetzlichen Befugnisse liegt und in den grundrechtlich geschützten räumlichen Bereich des Schuldners eingreift (BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 133/03, BGHZ 158, 212, 214 ff; ähnlich BGH, Beschluss vom 24. September 2009 - IX ZB 38/08, ZIP 2009, 2068 Rn. 9; vom 20. Mai 2010 - IX ZB 223/07, ZInsO 2010, 1225 Rn. 11 ff). Die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme liegen jedoch im Streitfall nicht vor. Die Anordnung eines Sachverständigengutachtens im Eröffnungsverfahren zur Beurteilung der Voraussetzungen der Verfahrenseröffnung liegt nicht generell außerhalb der Befugnisse des Insolvenzgerichts. Der Gesichtspunkt, dass die Pflicht des Insolvenzgerichts zur Amtsermittlung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 InsO) erst eingreift, wenn ein zulässiger Eröffnungsantrag vorliegt (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2007 - IX ZB 82/04, ZIP 2007, 1868 Rn. 8 mwN), rechtfertigt es nicht, in der Einholung des Gutachtens eine Maßnahme zu sehen, die jeder rechtlichen Grundlage entbehrt und sich damit als objektiv willkürliche Maßnahme darstellt. Der allgemein gehaltene Auftrag an den Sachverständigen, die für die Beurteilung der Anerkennung der in England erteilten Restschuldbefreiung bedeutsamen Tatsachen zu ermitteln, ermächtigt den Sachverständigen weder zu Be- http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ozc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=21&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ozc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=21&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067902301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ozc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=21&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309252005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ozc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=21&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309252005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - weiserhebungen im Ausland unter Missachtung der dafür geltenden Voraussetzungen noch zu Maßnahmen, die in Grundrechte des Schuldners eingreifen.
8
2. Die Rechtsbeschwerde wäre im Übrigen unzulässig, weil kein Zulässigkeitsgrund nach § 574 Abs. 2 ZPO eingreift.
9
a) Bei einer kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüft der Bundesgerichtshof nach § 574 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulassungsgründe, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 29. September 2005 - IX ZB 430/02, ZInsO 2005, 1162; vom 18. Mai 2006 - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647 Rn. 5; vom 18. Dezember 2008 - IX ZB 46/08, ZInsO 2009, 495 Rn. 4).
10
b) Die Rechtsbeschwerde hält eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich, weil das Beschwerdegericht mit der Beauftragung eines Sachverständigen zur Ermittlung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Insolvenzantrags grundlegend verkenne, dass die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts nach § 5 InsO erst eingreife, wenn ein zulässiger Insolvenzantrag vorliege. Ferner sei die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zulässig, weil bisher noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage vorliege, ob ein deutsches Gericht im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (EuBVO) ohne Mitwirkung des betroffenen Staates einen inländischen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens betrauen dürfe, wenn dieser dazu Handlungen im Ausland vornehmen müsse.
11
c) Beide Gesichtspunkte betreffen die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Insolvenzgerichts und sind für den mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Beschluss nicht entscheidungserheblich, weil das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde als unstatthaft erachtet und sie deshalb als unzulässig verworfen hat. Mit der Rechtmäßigkeit der vom Insolvenzgericht angeordneten Maßnahme hat es sich nicht befasst. In einem solchen Fall ist eine Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn Zulässigkeitsgründe nach § 574 Abs. 2 ZPO in Bezug auf die vom Beschwerdegericht verneinte Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde dargelegt werden können. Daran fehlt es.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Rostock, Entscheidung vom 15.04.2010 - 61 IN 347/09 -
LG Rostock, Entscheidung vom 24.09.2010 - 3 T 210/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 232/10
vom
1. Dezember 2011
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EuInsVO Art. 3 Abs. 1
Die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über
das Vermögen einer Gesellschaft mit Sitz im Ausland, die ihren Geschäftsbetrieb
eingestellt hat und nicht abgewickelt wird, richtet sich danach, wo sie bei Einstellung
ihrer Tätigkeit den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen hatte (im Anschluss
an EuGH, Urteil vom 20. Oktober 2011
- C-396/09 - Interedil).
BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - IX ZB 232/10 - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin
Möhring
am 1. Dezember 2011

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten werden die Beschlüsse der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. September 2010 und des Amtsgerichts Düsseldorf vom 5. August 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittel - an das Amtsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 400.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Im Jahr 1998 geriet die Umwelttechnologiegruppe der E. AG in finanzielle Schwierigkeiten. Zu dieser Gruppe gehörten auch die S. AG (fortan S. ) und die r. AG (fortan r. ). Die Firma T. GmbH (fortan T. ; Gesellschaftsvertrag vom 18. August 1999) investierte in diese Gruppe und erwarb Anteile an der S. und der r. ; letztere veräußerte sie weiter. Wegen dieser Geschäfte wurde die T. einerseits von dem Insolvenzverwalter der S. , dem weiteren Beteiligten, verklagt und durch Urteil vom 24. September 2009 zur Zahlung von fast 15 Mio. € nebst Zinsen und Kosten verurteilt; andererseits vereinbarte sie mit einem Geschäftspartner, dieser solle für sie den Kaufpreis für die r. -Aktien gegen den Käufer gerichtlich geltend machen; die Klage über 4 Mio. € ist seit 2002 beim Landgericht Duisburg anhängig.
2
Die Firma T. änderte nach mehreren Sitzverlegungen den Namen in C. GmbH (fortan C. ). Spätestens seit Dezember 2007 waren ihre Gesellschafter die Schuldnerin und die D. BV. Hierbei handelt es sich um Gesellschaften niederländischen Rechts (Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid) mit Sitz in V. . Mit Gesellschaftsvertrag vom 5. Dezember 2007 änderte die C. GmbH die Gesellschaftsform und wurde zu einer Kommanditgesellschaft. Komplementärin war die Schuldnerin und Kommanditistin die D. BV. Gleichzeitig änderte das Unternehmen den Namen inM. BV & Co. KG mit Sitz in K. . Am 9. Mai 2008 schied die einzige Kommanditistin aus. Die Auflösung der Kommanditgesellschaft und ihre Beendigung ohne Liquidation wurden am 26. Juni 2008 im Handelsregister vermerkt.
3
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 12. Mai 2009 teilte die Schuldnerin dem weiteren Beteiligten mit, wesentlicher und nahezu einziger Vermögensgegenstand der C. sei die Forderung auf Zahlung des Kaufpreises für die r. -Aktien gewesen. Nach ihrer Verurteilung bot sie ihm zur Vermeidung der Insolvenz die Übertragung ihrer Ansprüche auf Zahlung des Kaufpreises für die r. -Aktien an.
4
Am 28. Juni 2010 hat der weitere Beteiligte wegen der titulierten Forderung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Mit Beschluss vom 5. August 2010 hat das Amtsgericht Düsseldorf den Eröffnungsantrag als unzulässig abgewiesen, weil es international nicht zuständig sei. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen Eröffnungsantrag weiter.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 34 Abs. 1, §§ 4, 6, 7 InsO, Art. 103f EGInsO statthaft und auch im Übrigen zulässig , §§ 574, 575 ZPO. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.
6
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht sei international nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (fortan EuInsVO) nicht zuständig. Die Schuldnerin habe ihren satzungsmäßigen Sitz in den Niederlanden; deswegen werde gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO vermutet, dass sie dort auch ihren Interessenmittelpunkt habe. Der Antragsteller habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Schuldnerin in Deutschland zum Zeitpunkt der Antragstellung für Außenstehende erkennbar werbend tätig gewesen sei. Er habe auch nicht vorgetragen, wo die Schuldnerin abgewickelt werde. Das Insolvenz- gericht habe deswegen mit Recht keine Ermittlungen von Amts wegen zur internationalen Zuständigkeit durchgeführt.
7
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts.
9
aa) Für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens sind nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO stellt für Gesellschaften und juristische Personen bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung auf, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort des satzungsmäßigen Sitzes ist. Die Vermutung ist widerlegbar; sie muss jedoch durch hinreichende Anhaltspunkte entkräftet werden. Kann der Interessenmittelpunkt in einem anderen Mitgliedstaat nicht hinreichend sicher festgestellt werden, gibt der satzungsmäßige Sitz den Ausschlag (EuGH, Urteil vom 2. Mai 2006 - Rs C-341/04, ZIP 2006, 907 Rn. 31 ff - Eurofood; Urteil vom 20. Oktober 2011 - Rs C-396/09, ZIP 2011, 2153 Rn. 50 f - Interedil; MünchKomm-InsO/Reinhart, 2. Aufl., Art. 3 EuInsVO Rn. 5).
10
bb) Art. 3 EuInsVO legt nur die internationale Zuständigkeit für ein Hauptinsolvenzverfahren fest. Er regelt nicht das Verfahrensrecht des angerufenen Gerichts. Dieses wendet vielmehr sein Recht an (Kemper in Kübler/ Prütting/Bork, InsO 2010, Art. 3 EuInsVO Rn. 17). Das Insolvenzgericht prüft deswegen die internationale Zuständigkeit von Amts wegen, ohne an übereinstimmenden Vortrag der Verfahrensbeteiligten im Eröffnungsverfahren gebunden zu sein (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2007 - IX ZB 51/06, NZI 2008,121 Rn. 11; siehe ferner Beschluss vom 22. April 2010 - IX ZB 217/09, ZInsO 2010, 1013 Rn. 7; Kemper, aaO Rn. 17). Eine Prüfung von Amts wegen bedeutet indes noch nicht eine Ermittlung von Amts wegen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 - III ZR 150/88, NJW 1991, 3095, 3096). Diese hat der Senat bislang auch noch nicht gefordert.
11
Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO verpflichtet das deutsche Gericht , alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Diese Ermittlungspflicht von Amts wegen setzt jedoch nur dann ein, wenn der Verfahrensstand Anlass für Ermittlungen bietet (HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 5 Rn. 8). Bei der Frage, wann Ermittlungen erforderlich sind, hat das Gericht einen gewissen Beurteilungsspielraum. Das Gericht ist nicht verpflichtet, ohne jeden konkreten Anhaltspunkt "ins Blaue hinein" Ermittlungen anzustellen (HmbKomm-InsO/Rüther, 3. Aufl., § 5 Rn. 9), sondern nur dann, wenn es aufgrund gerichtsbekannter Umstände oder aufgrund der Angaben der Verfahrensbeteiligten , insbesondere des Antragstellers, hierzu veranlasst wird. Ebenso wenig muss es tätig werden, wenn der das Verfahren einleitende Insolvenzantrag mangels ordnungsgemäßer Darlegung eines Insolvenzgrundes nicht zulässig ist (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2002 - IX ZB 426/02, BGHZ 153, 205, 207; Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl, § 5 Rn. 1; MünchKomm-InsO/ Ganter, 2. Aufl., § 5 Rn. 13).
12
Deswegen muss ein Antragsteller, um die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach § 3 InsO zu ermöglichen und somit seinen Antrag zulässig zu machen, alle die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründenden Tatsachen angeben. Erst dann ermittelt das Gericht, sofern erforderlich, nach § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO die seine Zuständigkeit begründenden Umstände von Amts wegen (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 3 Rn. 22; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 3 Rn. 37; Uhlenbruck/Pape, aaO § 3 Rn. 14). Entsprechendes gilt für die internationale Zuständigkeit nach § 3 EuInsVO (vgl. AG Köln, NZI 2006, 57; HmbKomm-InsO/Undritz, 3. Aufl., Art. 3 EuInsVO Rn. 55 f). Da die Verordnung bei juristischen Personen und Gesellschaften den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen am Satzungssitz vermutet, ergeben sich hieraus jedoch folgende Auswirkungen auf die Beibringungslast des Antragstellers und die Prüfungspflicht des Gerichts: Das Gericht des satzungsmäßigen Sitzes darf zunächst von seiner internationalen Zuständigkeit ausgehen, solange sich aus dem Vortrag des Antragstellers nicht etwas anderes ergibt (vgl. Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO, Art. 3 Rn. 25; Vallender /Fuchs, ZIP 2004, 829, 831). Demgegenüber hat ein Gläubiger, der einen Insolvenzantrag gegen eine Schuldnergesellschaft mit ausländischem Sitz bei einem deutschen Gericht stellt, substantiiert zur internationalen Zuständigkeit des Gerichts und zum Interessenmittelpunkt der Schuldnerin vorzutragen.
13
Die Pflicht des Gerichts, die internationale Zuständigkeit zu ermitteln, wird nicht durch Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO beschränkt (vgl. Nerlich/Römermann , InsO, 2011, Art. 3 EuInsVO Rn. 9; Pannen in Europäische Insolvenzordnung , Art. 3 Rn. 33; MünchKomm-InsO/Reinhardt, aaO Art. 3 EuInsVO Rn. 6; Borges, ZIP 2004, 733, 737; Klöhn, NZI 2006, 383 f; a.A. wohl HmbKommInsO /Undritz, aaO Rn. 57). Die dort aufgestellte Vermutung greift nur ein, wenn die Ermittlungen von Amts wegen zu keinem abweichenden Ergebnis geführt haben. Denn Art. 3 EuInsVO regelt nicht das zur Klärung der internationalen Zuständigkeit anzuwendende Verfahrensrecht. Allein dem Antragsteller in diesem Verfahrensstadium die Beibringungslast aufzuerlegen, steht dem Zweck der Verordnung entgegen, die verhindern will, dass es für die Parteien vorteilhafter ist, Vermögensgegenstände oder Rechtsstreitigkeiten von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlagern, um dadurch eine verbesserte Rechts- stellung zu erreichen (EuGH, Urteil vom 17. Januar 2006 - Rs C-1/04, ZIP 2006, 188 Rn. 25 - Straubitz-Schreiber).
14
b) Diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht hinreichend beachtet , indem es auf die Verhältnisse der Schuldnergesellschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt hat. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat inzwischen entschieden, dass es dann, wenn die Schuldnergesellschaft im Register gelöscht ist und sie jedwede Tätigkeit eingestellt hat, auf den Zeitpunkt ihrer Löschung und der Einstellung ihrer Tätigkeit ankommt. Denn nur so ist sichergestellt, dass an dem Ort das Insolvenzverfahren durchgeführt wird, zu dem die Gesellschaft objektiv und für Dritte erkennbar die engsten Beziehungen hat (EuGH-Interedil, aaO Rn. 58).
15
Entsprechendes gilt auch für vorliegenden Fall, der sich nur dadurch von dem durch den Europäischen Gerichtshof entschiedenen unterscheidet, dass die Schuldnerin noch im niederländischen Register eingetragen ist. Dieser Gesichtspunkt war für den Europäischen Gesichtspunkt erkennbar nicht entscheidend. Denn die engste Beziehung hat die Schuldnergesellschaft zu dem Ort, an dem zuletzt für Dritte erkennbar die Entscheidungen getroffen und die Tätigkeiten entfaltet worden sind. Der Eintrag in das Handelsregister spielt insoweit nur eine untergeordnete Rolle. Die Verordnung will mit Art. 3 Abs. 1 EuInsVO erreichen , dass die rechtlichen Risiken im Insolvenzfall für den Gläubiger vorhersehbar sind (vgl. EuGH - Straubitz-Schreiber, aaO Rn. 27). Diese Vorhersehbarkeit wäre gefährdet, wenn bei Einstellen des Geschäftsbetriebs das Gericht am satzungsmäßigen Sitz international zuständig würde, obwohl vorher die Schuldnergesellschaft den Interessenmittelpunkt an einem anderen Ort hatte (MünchKomm-InsO/Reinhart, aaO Art. 3 EuInsVO Rn. 36 f; HmbKomm-InsO/ Undritz, aaO Art. 3 EuInsVO Rn. 33 f). Das Vertrauen der Gläubiger, dass an diesem Ort und nach jenem Recht ein etwaiges Insolvenzverfahren durchgeführt werde, würde enttäuscht (Nerlich, aaO Art. 3 EuInsVO Rn. 20 f; vgl. zu allem EuGH GA, Schlussanträge Interedil, ZIP 2011, 918 Rn. 53, 54).
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Mithin kommt es für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit allein darauf an, wo die Schuldnergesellschaft bei Einstellung ihrer Tätigkeit - dazu können auch Abwicklungsarbeiten gehören - den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen hatte.
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3. Die angefochtenen Beschlüsse können daher keinen Bestand haben. Sie sind aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Dieses wird zu prüfen haben , ob die Voraussetzungen der Art. 3 Abs. 1 EuInsVO, § 14 InsO schlüssig dargetan und gegebenenfalls glaubhaft gemacht sind, insbesondere der Antragsteller schlüssig den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Einstellung ihrer Tätigkeit im Mai 2008 mit Ausscheiden der einzigen Kommanditistin vorgetragen hat.
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a) Dabei wird das Insolvenzgericht zu berücksichtigen haben, dass die Schuldnergesellschaft zwar eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden ist, sie jedoch Rechtsnachfolgerin von in Deutschland operativ tätigen Gesellschaften deutschen Rechts ist. Sie wurde nach dem zumindest teilweise belegten Vortrag des Antragstellers zusammen mit einer weiteren niederländischen Gesellschaft erst 2007 gegründet, um die Geschäftsanteile der deutschen GmbH zu übernehmen und diese in eine Kommanditgesellschaft umzuwandeln. Schon kurze Zeit später schied die einzige Kommanditistin und vorletzte Gesellschafterin aus und bewirkte so die Beendigung der Gesellschaft ohne Liquidation und die Sitzverlegung der Schuldnergesellschaft von Deutschland in die Niederlan- de. Alleingesellschafter und Geschäftsführer beider Gesellschaften niederländischen Rechts ist und war ein deutscher Staatsangehöriger mit ständigem Wohnsitz in Deutschland.
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b) Nach dem Vortrag des Antragstellers waren beide Gesellschaften niederländischen Rechts, so auch die Schuldnerin, nie - weder in Deutschland, noch in den Niederlanden - geschäftlich nach außen tätig. Mit der Umwandlung der GmbH in eine BV & Co. KG ist Ende 2007 das operative Geschäft und das Vermögen der GmbH auf die Kommanditgesellschaft übergegangen, die allein in Deutschland wirtschaftlich tätig war. Mit dem Erlöschen der Kommanditgesellschaft im Mai 2008 durch Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin und einzigen Kommanditistin führte die Schuldnerin nach dem Vortrag des Antragstellers kein (nennenswertes) operatives Geschäft mehr aus. Ein Büro in Deutschland (K. ) betreibt die Schuldnerin seitdem nicht mehr; ebenso wenig unterhält sie ein Büro in den Niederlanden. Der diesbezügliche Vortrag des Antragstellers ist durch vielfältige Anhaltspunkte belegt. Auch der Senat konnte Schriftstücke nur an den Wohnsitz des Geschäftsführers der Schuldnerin in Deutschland zustellen.
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c) Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf ergibt sich - sofern das Gericht international zuständig ist - aus Art. 102 § 1 Abs. 1 EGInsO. Nach dieser Regelung ist das Insolvenzgericht ausschließlich zuständig , in dessen Bezirk der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, wenn in einem Insolvenzverfahren den deutschen Gerichten nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO die internationale Zuständigkeit zukommt, ohne dass nach § 3 InsO ein inländischer Gerichtsstand begründet wäre. Das trifft vorliegend zu.
Kayser Raebel Gehrlein Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.08.2010 - 502 IN 183/10 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.09.2010 - 25 T 459/10 -

(1) Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat:

1.
mindestens 6 000 000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags im Sinne des § 268 Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs;
2.
mindestens 12 000 000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag;
3.
im Jahresdurchschnitt mindestens fünfzig Arbeitnehmer.

(2) Das Gericht soll auf Antrag des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einsetzen, wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen und dem Antrag Einverständniserklärungen der benannten Personen beigefügt werden.

(3) Ein vorläufiger Gläubigerausschuss ist nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners eingestellt ist, die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist oder die mit der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt.

(4) Auf Aufforderung des Gerichts hat der Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter Personen zu benennen, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen.

(1) Vor der Bestellung des Verwalters ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters zu äußern, soweit dies nicht innerhalb von zwei Werktagen offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt.

(2) Das Gericht darf von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Das Gericht hat bei der Auswahl des Verwalters die vom vorläufigen Gläubigerausschuss beschlossenen Anforderungen an die Person des Verwalters zugrunde zu legen.

(3) Sieht das Gericht mit Rücksicht auf eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners von einer Anhörung nach Absatz 1 ab, hat es seine Entscheidung schriftlich zu begründen. Der vorläufige Gläubigerausschuss kann in seiner ersten Sitzung einstimmig eine andere Person als die bestellte zum Insolvenzverwalter wählen.

(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

(2) Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuß geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast.

(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.