Amtsgericht Köln Urteil, 07. Apr. 2014 - 131 C 81/13


Gericht
Tenor
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Köln vorn 2..9. 2013 - 131 C 81/13 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird; an die Klägerinnen jeweils 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. 9. 2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerinnen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Die Klägerinnen hatte bei der Beklagten den Flug D. nach I. ,Flugentfernung nach der Großkreisberechnung 1719 km, am 28. 7. 2012, Start 22:35 Uhr, Ankunft am 29. 7. 2012 um 01:10 Uhr, gebucht. Die tatsächliche Ankunftszeit war jedenfalls um 3 Stunden und 12 Mininuten verspätet. Die Klägerinnen hatten die Beklagte erfolglos durch Schreiben der MIM GmbH vom 11. 8. 2012 aufgefordert, ihnen nach der FluggastV0 jeweils Entschädigung in Höhe von 400,00 € zu leisten. Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Klägerinnen ihren Anspruch weiter, sowie die Erstattung bzw. Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsänwaltskosten in Höhe von 120,67 €.
3Auf Antrag der Klägerinnen ist am 2. 9. 2012 Versäumnisurteil erlassen worden mit dem die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerinnen je 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. 9. 2012 zu zahlen, ferner an die Klägerinnen als Gesamtgläubigerinnen 120,67 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Gegen dieses Versäumnisurteil, das der Beklagten am 5. 9. 13 zugestellt worden ist, hat sie mit einem am 19. 9. 2013 bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Einspruch eingelegt und diesen begründet.
4Die Klägerinnen sind der Ansicht, aktivlegitimiert zu sein. Ein Abtretungsvertrag sei zwischen ihnen und der MIM GmbH nicht zustande gekommen. Ein entsprechendes Abtretungsschreiben fehle. Die MIM GmbH sei ersichtlich lediglich mit der Durchsetzung des Anspruchs beauftragt worden. Der Entschädigungsanspruch sei aus der FluggastV0 begründet, welche vorliegend auf sie Anwendung finde. Die Beklagte könne sich auch nicht exkulpieren, da die von der Beklägten benannten Umstände die Vorflüge betroffen hätten. Das Risikö, welches die Fluggesellschaft durch den Einsatz eines Fluggerätes auf mehreren Flugstrecken hintereinander in einem engen Zeitraum eingehe, könne jedoch nicht ohne weiteres auf die Passagiere eines späteren Fluges abgewälzt werden. Die Risiken einer engen Flugorganisation habe die Beklagte zu tragen und könnten nicht als außergewöhnliche Ereignisse angesehen werden, um die streitgegenständliche Flugverspätung 1. S. eines Entlastungsgrundes nach Art. 5 Abs. 3 VO zu rechtfertigen. Die Geltendmachung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bzw. der Antrag auf deren Freistellung sei gerechtfertigt.
5Die Klägerinnen beantragen nunmehr,
6das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten,
7hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, sie von der Forderung ihrer Bevollmächtigten von insgesamt 83,54 € freizustellen.
8Die Beklagte beantragt,
9das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klaae abzuweisen.
10Sie rügt die Aktivlegitimation der Klägerinnen. Sie ist der Ansicht, dass die MIM GmbH Forderungsinhaberin sei. Sie verweist dazu, auf die Schreiben der MIM GmbH und deren AGBs. im Übrigen könne sie sich exkulpieren, da die Flugverspätung auf Verzögerungen beim Betanken der Vorflüge und Luftraumbeschränkung betreffend die Vorflüge zurückzuführen sei. Die daraus resultierende Verspätung des Zubringerflugs habe auch den streitgegenständlichen Flug verzögert. Dies gehe nicht zu ihren Lasten. Ferner ist sie der Ansicht, dass die FluggastV0 nur für Flugannullierungen, nicht jedoch wie vorliegend auf eine Flügverspätung Anwendung finden könne. Einer entspreChenden Anwendung stünden der Gieichbehandlungsgrundsatz, das ÜberMaßverbot und das Übereinkommen von Montreal entgegen. Sie regt die Aussetzung des Verfahrens an. Ferner komme eine Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach der Einschaltung der MIM GmbH nicht mehr in Betracht. Eine außergerichtliche anwaltliche Geltendmachung der Ansprüche erschien von vornherein aussichtslos, wonach eine Beratung dahingehend hätte erfolgen müssen, gleich Klageauftrag zu erteilen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
12Entscheidungsgründe:
13Der Einspruch der Beklagten erfolgte form- und fristgerecht, wonach erneut über die Ansprüche der Klägerinnen zu entscheiden war.
14Die Klage ist überwiegend begründet.
15Die Klägerinnen können von der Beklagten unter Hinweis auf die Entscheidungen des EuGH vom 19. 11. 2009 - C-402/07 und C-432/07 - und vom 23. 10. 2012 - C-581-10 und C-629/10 - sowie des BGH vom 18. 2. 2010 - Xa ZR 95/06 - wegen einer Ver-
16spätung des Fluges von D. nach I. am 28. 7. 2012 um mehr als dreiStunden eine Ausgleichszahlung in Höhe von jeweils 400,00 € nach Art. 5, 6, 7 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 - FluggastVO) - verlangen. Die Verordnung findet für den betroffenen Flug und die Personen der Klägerinnen Anwendung, Art. 3 FluggastVO. Die Ausgleichszahlung beträgt im Hinblick auf die Entfernung jeweils 400,00 €.
17Die Klägerinnen sind aktivlegitimiert. Auch wenn zum Teil in den Schreiben der MIM GmbH und den AGBs das Wort lnkassozession verwendet wird, so ist die MIM GmbH hinsichtlich der hier in Rede stehenden Forderung nicht Forderungsinhaberin geworden, da ein Abtretungsvertrag zwischen den Klägerinnen und der MIM GmbH nicht besteht. Ein entsprechendes Schriftstück gibt es nicht. Ein Abtretungsvertrag ist auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht durch Auslegung oder Interpretation zu erreichen. Die Klägerinnen haben demnach die MIM GmbH lediglich bevollmächtigt, gegen die Beklagte Beitreibungsmaßnahmen einzuleiten.
18Ebenso kann sich die Beklagte nach Art. 5 Abs. 3 der VO nicht exkulpieren, da nach dem zutreffendem Hinweis der Klägerseite die Verspätungen der Vorflüge durch Luftraumbeschränkungen oder Verzögerungen beim Betanken nicht auf die hier streitgegenständliche Verspätung des Fluges der Klägerinnen durchgreifen. Die hiesige Verspätung liegt im organisatorischen Bereich der Beklagten und stellt keinen außergewöhnlichen Umstand i. S. von Art. 5 Abs. 3 der FluggastVO dar.
19im Übrigen wurden alle von der Beklagten gegen die Anwendung der FluggastVO im vorliegenden Fall weiter vorgebrachten Einwendungen in den oben genannten Entscheidungen des EuGH und BGH hinreichend und ausführlich behandelt. Den Ausführungen dieser Gerichte schließt sich das Amtsgericht zur Vermeidung von Wiederholungen umfassend an. Von einer Wiedergabe der Argumentation und den Erwägungen der Gerichte wird hier abgesehen, da diese gerichtsbekannt allen Verfahrensbeteiligten hinlänglich bekannt sind und das erkennende Gericht die Thematik für ausdiskutiert erachtet. Da die Beklagte bislang keine den Klägerinnen zustehende Zahlung geleistet hatte, war die Klage insoweit erfolgreich.
20Auf die begründete Hauptforderung hat die Beklagte jedenfalls seit dem 10. 9. 2012 wie ausgesprochen Zinsen zu leisten, §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
21im Übrigen hatte die Klage keinen Erfolg.
22Ein Erstattungsanspruch der Klägerinnen betreffend vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten oder Freistellung von diesen besteht nach §§ 280 Abs. 1, 257 BGB nicht. Nach zutreffender Ansicht der Beklagten, war eine anwaltliche Beauftragung zur außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche wegen der vorherigen erfolglosen Einschaltung der MIM GmbH nicht mehr geboten.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die zuvor ausgesprochene teilweise Klageabweisung der Erstattung oder Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat keine kostenrechtliche Auswirkung. Die Nebenforderungen sind nicht streit-werterhöhend.
24Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
25Die Berufung war für die Kläger betreffend den abgewiesenen Teil ihrer Klage nicht zuzulassen. Das Landgericht Köln hat in einem gleichgelagerten weiteren Fall zweitinstanzlich die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bei vorheriger Inan-
26spruchnahme der MIM GmbH verneint. Im Übrigen besteht für eine Verfahrensaussetzung keine Veranlassung.
27Streitwert: 800,00 €.
28Rechtsbehelfsbelehrung:
29Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
30a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € übersteigt oder
31b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
32Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. . Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
33Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
34Mit der Berufungsschrift so!! eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils vorgelegt werden.

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.