Amtsgericht München Urteil, 30. Nov. 2015 - 335 C 13895/15

bei uns veröffentlicht am30.11.2015

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.712,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.12.2014 zu zahlen. Die Beklagten werden weiterhin verurteilt, den Kläger von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren seiner bevollmächtigten Rechtsanwälte ... in Höhe von 215 € freizustellen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird bis zum 5.10.2015 auf 1.822,49 € festgesetzt. Vom 6.10.2015 bis 8.11.2015 beträgt der Streitwert 1.725,04 € und ab dem 9.11.2015 1.712,54 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 3.6.2014 auf dem Parkplatz ... im Bereich der Zufahrt zur Tankstelle.

Beteiligt an dem Verkehrsunfall war der im Eigentum des Klägers stehende und von diesem gefahrene PKW mit dem amtlichen ... sowie der von der Beklagten zu 2 gefahrene und zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversicherte PKW mit dem amtlichen ....

Die Beklagte zu 2 fuhr vor dem Kläger auf das Parkplatzgelände ... Sie fuhr wie der Kläger gleich nach rechts am Parkplatzrand entlang zu der am Ende des Parkplatzes befindlichen Tankstelle. Unmittelbar vor dem Tankstellengelände fuhr der Kläger mit dem klägerischen Fahrzeug rechts an dem Beklagtenfahrzeug vorbei. Als die Beklagte zu 2 im gleichen Moment nach rechts lenkte, kam es zur Kollision zwischen den Fahrzeugen.

Der Kläger behauptet, die Beklagte zu 2 habe sich bereits in der linken Fahrzeugschlange vor der Tankstelle eingeordnet gehabt und sei dort zum Stillstand gekommen.

Der Kläger macht folgende Schäden geltend:

Reparaturkosten: 2.887,17 €

Sachverständigenkosten: 610,35 €

Auslagenpauschale: 25 €

insgesamt: 3.522,52 €

Hierauf wurden vorgerichtlich durch die Beklagte zu 1 ausgehend von einer hälftigen Haftungsverteilung auf die Reparaturkosten 1.443,59 € und auf die Sachverständigenkosten 256,45 € gezahlt. Der Rest in Höhe von 1.822,49 € war zunächst Gegenstand des Verfahrens ebenso wie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 €. Nach Hinweis der Beklagtenseite auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers hat dieser die Klage in Höhe von 97,45 € bezüglich der Sachverständigenkosten zurückgenommen. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurde nur noch 215 € netto verlangt. Nach Zahlung von 12,50 € auf die Auslagenpauschale samt Zinsen am 21.10.2015 hat der Klägervertreter im Termin am 9.11.2015 den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Der Beklagtenvertreter hat der Erledigterklärung zugestimmt.

Der Kläger beantragt daher zuletzt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.712,54 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.12.2014 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren seiner bevollmächtigten Rechtsanwälte ... in Höhe von 215 € netto freizustellen.

Die Beklagten beantragen:

Klageabweisung und Kostentragung der Klageseite bezüglich der teilweisen Klagerücknahme.

Die Beklagten behaupten, dass die Beklagte zu 2 sich noch nicht endgültig in einer Fahrzeugschlange eingeordnet gehabt habe. Sie sei konstant mit ca. 10 km/h gefahren. Sie habe lediglich etwas nach rechts gelenkt, als das klägerische Fahrzeug vorbeigefahren sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugin .... Das von dem Kläger mithilfe einer Dash-Cam aufgezeichnete Video vom Unfallgeschehen wurde in Augenschein genommen.

Der Kläger und die Beklagte zu 2 wurden informatorisch angehört.

Die Beklagtenseite hat der Verwertung des Videos widersprochen.

Zur Ergänzung wird verwiesen auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2015 und das vom Kläger mittels seiner Dash-Cam aufgezeichnete Video vom Unfallgeschehen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und auch in vollem Umfang begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einer weiterer Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 7 Abs. 1,18 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 1 PflVG in Höhe von 1.712,54 € zu.

I.

Da der Schaden durch mehrere Fahrzeuge verursacht worden ist, hängt in ihrem Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge dürfen jedoch nur solche Umstände in die Erwägung mit einfließen, die als unfallursächlich feststehen, d. h. entweder unstreitig oder erwiesen sind. Diese Abwägung führt zu einer Haftungsquote von 100% zulasten der Beklagten.

1. Gegen die Beklagtenseite spricht der Anscheinsbeweis aus § 7 Abs. 5 StVO. § 7 Abs. 5 StVO schreibt vor, dass in allen Fällen ein Fahrstreifen nur gewechselt werden darf, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Kommt es im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem derartigen Fahrmanöver zu einer Kollision, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Fahrzeugführer diesen Anforderungen gerade nicht ausreichend nachgekommen ist.

Dies gilt entsprechend auch auf öffentlichen Parkplätzen, wobei § 7 Abs. 5 StVO entweder unmittelbar anwendbar ist oder mittelbar über das Gebot der Rücksichtnahme nach § 1 Abs. 2 StVO (vgl. z. B. OLG München, Urteil vom 18. Januar 2008, Az. 10 U 4156/07).

Von dem Vorliegen von zwei Fahrspuren ist immer dann auszugehen, wenn die Fahrbahnbreite in einer Richtung so breit ist, dass problemlos zwei Fahrzeuge nebeneinander fahren können. Aus dem in Augenschein genommenen Video ergibt sich, dass sich die Zufahrt zu dem Tankstellengelände unmittelbar vor der Tankstelle verbreitert. Es war problemlos möglich, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug auf der rechten Seite an dem klägerischen Fahrzeug vorbeifahren konnte, wenn die Beklagte zu 2 nicht nach rechts gelenkt hätte. Es ist daher davon auszugehen, dass hier zwei Fahrspuren vorlagen. Selbst wenn man jedoch davon nicht ausgehen sollte, ergibt sich aus § 1 Abs. 2 StVO, dass die Beklagte zu 2 beim Ausscheren nach rechts auf den rückwärtigen Verkehr hätte achten müssen. Diesen Anforderungen ist sie gerade nicht ausreichend nachgekommen. Sie selbst gab in ihrer informatorischen Anhörung an, dass sie damals nicht geblinkt habe, bevor sie etwas nach rechts gelenkt habe. Sie habe zunächst gedacht, dass sie sich links einordne. Sie habe sich dann jedoch um entschlossen und etwas nach rechts gelenkt. Sie habe auch gewusst, dass damals ein Fahrzeug hinter ihr gewesen sei. Sie habe nicht nach hinten geschaut, bevor sie nach rechts gelenkt habe. Sie habe damals nicht damit gerechnet, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug an ihr vorbeifahre. Allein aus den Angaben der Beklagten zu 2 ergibt sich daher, dass sie den Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO nicht ausreichend nachgekommen ist. Sie hat vor ihrem Fahrmanöver nach rechts sich weder des rückwärtigen Verkehrs vergewissert noch den Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt.

Damit ist bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge gemäß § 17 StVG auf der Beklagtenseite neben der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO zu berücksichtigen.

2. Auf der Klageseite dagegen verbleibt es nach Auffassung des Gerichts bei der bloßen Betriebsgefahr. Dem Kläger ist kein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO aufgrund der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht, die auf Parkplätzen grundsätzlich gilt, vorzuwerfen. § 1 Abs. 2 StVO schreibt vor, dass sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten hat, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Ein derartiger Vorwurf wäre dem Kläger nach Auffassung des Gerichts lediglich dann zu machen, wenn er berechtigterweise bei seiner Vorbeifahrt am klägerischen Fahrzeug noch damit hätte rechnen müssen, dass die Beklagte zu 2 mit dem Beklagtenfahrzeug nach rechts rüber zieht. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht jedoch davon überzeugt, dass der Kläger hiermit nicht zwingend rechnen musste.

Zwar gab die Beklagte zu 2 in ihrer informatorischen Anhörung an, dass sie nicht davon ausgegangen sei, dass der Kläger rechtsseitig an ihr vorbei fahre, da es sich ihrer Auffassung nach lediglich um eine Fahrzeugschlange gehandelt habe. Es sei nach ihrer Auffassung auch relativ eng gewesen. Es habe sich eigentlich nur um eine Spur gehandelt.

Demgegenüber gab der Kläger in seiner informatorischen Anhörung an, dass es sich um zwei Warteschlangen vor der Tankstelle gehandelt hätte, die sich auf sechs Tanksäulen verteilt hätten. Er hätte sich einem Kastenwagen angeschlossen, der rechtsseitig gewesen wäre. Dies entspricht den Angaben der Ehefrau des Klägers, die uneidlich als Zeugin einvernommen wurde.

Aus der Inaugenscheinnahme des Videos ergibt sich, dass die Fahrzeuge grundsätzlich in einer Spur auf das Tankstellengelände zugefahren sind. Unmittelbar vor dem Tankstellengelände weitet sich die Zufahrt. Es ist zu erkennen, dass die Beklagte zu 2 sich mit dem Beklagtenfahrzeug in einer eher linksseitig befindlichen Fahrzeugschlange einordnet. Sie bewegt sich dazu aus ihrer ursprünglichen Fahrlinie eher weiter nach links. Es ist deutlich zu erkennen, wie sie verlangsamt, um sich hinter dem letzten Fahrzeug in der Fahrzeugschlange einzuordnen. Auf dem Video ist darüber hinaus zu erkennen, dass rechtsseitig ausreichend Platz vorhanden war, um mit einem weiteren PKW vorbei zu fahren. Weiter vorne im Tankstellenbereich ist am rechten Rand des Tankstellengeländes ein weißer Kastenwagen und vor diesem ein weiterer dunkler PKW zu erkennen. Im weiteren Verlauf sieht man dann auch, dass es sich in nicht lediglich um eine Fahrzeugschlange handelt, sondern, dass an mehreren der Tanksäulen jeweils mehrere Fahrzeuge anstehen und auch der dunkle PKW und der Kastenwagen eine Schlange bilden.

Zwar ist der Beklagtenseite Recht zu geben, dass die Beklagte zu 2 noch nicht länger in der Schlange gestanden hat, als der Kläger mit dem klägerischen Fahrzeug vorbeigefahren ist. Die Beklagte zu 2 selber gab insoweit in ihrer informatorischen Anhörung an, dass sie nicht ausschließen könne, dass sie doch einen kurzen Moment gestanden habe, bevor sie dann nach rechts gelenkt habe. Diese Angaben entsprechen auch dem, was sich bei der Inaugenscheinnahme des Videos feststellen lässt. Wenn, dann hat die Beklagte zu 2 allenfalls einen kurzen Moment gestanden, bevor der Kläger mit dem klägerischen Fahrzeug rechtsseitig an ihr vorbeigefahren ist. Selbst wenn die Klägerin aber noch nicht tatsächlich zum Stillstand gekommen war, dann fuhr sie auf jeden Fall so langsam, dass der Kläger nach Auffassung des Gerichts berechtigterweise davon ausging, dass sie sich in der linksseitig befindlichen Fahrzeugschlange einordnet. Dies war ja auch ihre Absicht, wie sich aus ihrer informatorischen Anhörung ergibt und wie sich auch auf dem in Augenschein genommenen Video problemlos erkennen lässt. Sie befand sich darüber hinaus, wie sich aus der Inaugenscheinnahme des Videos ebenfalls ergibt, allenfalls noch eine Fahrzeuglänge hinter dem Fahrzeug vor ihr in der Schlange, als der Kläger mit dem klägerischen Fahrzeug vorbeifuhr. Nachdem es sich nicht lediglich um eine Fahrzeugschlange gehandelt hat, wie sich auch daraus ergibt, dass auch die Beklagte zu 2 mit ihrem Fahrmanöver nach rechts ja beabsichtigte, sich in einer anderen Schlange einzureihen, ist der Kläger berechtigterweise rechts an dem Beklagtenfahrzeug vorbeigefahren. Auch aus § 7 Abs. 2 a StVO ergibt sich, dass dann, wenn auf einer Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange steht oder dort nur langsam gefahren wird, Fahrzeuge mit äußerster Vorsicht rechts überholen dürfen.

Anhaltspunkte für eine überhöhte Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeugs waren nicht erkennbar. Der Kläger gab an, dass er in Schrittgeschwindigkeit am Beklagtenfahrzeug vorbeigefahren sei. Aus der Inaugenscheinnahme des Videos ergeben sich keinerlei Hinweise auf eine deutlich über der Schrittgeschwindigkeit liegende Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeugs.

Aus den genannten Gesamtumständen wie Geschwindigkeit, Fahrlinie und örtlichen Gegebenheiten, die sich eindrucksvoll auf dem Video erkennen lassen, ging der Kläger daher nach Auffassung des Gerichts berechtigterweise davon aus, dass die Beklagte zu 2 sich in die linksseitig befindliche Fahrzeugschlange eingeordnet hat. Er musste demnach nicht mehr damit rechnen, dass die Beklagte zu 2 plötzlich die Fahrspur wechselt. Ihm ist daher kein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO vorzuwerfen.

3. Das Gericht ist der Überzeugung, dass die von dem Kläger mit der Dash-Cam gefertigten Aufnahmen hier als Beweismittel verwertet werden können. Die Frage, ob die mittels einer Dash-Cam aufgezeichneten Videomitschnitte eines Unfallgeschehens im Rahmen eines Zivilprozesses als Beweismittel verwertet werden dürfen, ist umstritten (gegen eine Beweisverwertung: Landgericht Heilbronn, Urteil vom 3.2.2015, Az. I 3 S 19/14; Amtsgericht München, Beschluss vom 13.8.2014, Az. 345 C 5551/14; Bachmeier, DAR 2014, 15 ff.; für eine Beweisverwertung: Amtsgericht München, Urteil vom 6.6.2013, Az. 343 C 4445/13; Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 8.5.2015, Az. 18 C 8938/14; Amtsgericht Nienburg, Urteil vom 20.1.2015, Az. 4 DS 155/14 (für den Strafprozess), Greger, NZV 2015, 114 ff). Einig ist man sich jedoch darin, dass in der Aufzeichnung des Unfallgeschehens und des Fahrzeugs des Unfallgegners bzw. des Unfallgegners selbst ein Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung, die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt wird, liegt. Aufgrund der Erkennbarkeit des Fahrzeuges und des Kennzeichens ist problemlos eine Zuordnung zum Unfallgegner möglich.

Ob mit den Aufzeichnungen auch ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz und das Kunsturhebergesetzes vorliegt, kann nach Auffassung des Gerichts dahingestellt bleiben (so auch Greger, NZV 2014, 114 ff.). Allein der Verstoß gegen einfaches Recht begründet nicht per se ein Beweisverwertungsverbot. Es ist nicht zwingend, dass aus einer rechtswidrigen Beweiserhebung auch ein Verwertungsverbot des gewonnenen Beweises im Prozess folgt (BGH, Urteil vom 1.3.2006, Aktenzeichen XII ZR 210/04). In diesen Fällen ist vielmehr durch eine einzelfallbezogene Abwägung der beteiligten Individual- und Gemeininteressen zu ermitteln, ob der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht hingenommen werden muss.

Die Gegner einer Beweisverwertung weisen im Rahmen dieser Abwägung darauf hin, dass - würde man die Beweisverwertung zulassen - die Dash-Cams eine extreme Verbreitung finden würden. Dies würde schließlich zu einer flächendeckenden Überwachung führen. Darüber hinaus sei dem Missbrauch der Filmaufzeichnungen Tür und Tor geöffnet, weil die Frage, was mit den gefertigten Aufzeichnungen geschieht, jeglicher Kontrolle des Unfallgegners entzogen sei (AG München, Beschluss vom 13.8.2014, Az. 345 C5551/14). Die Aufnahmen würden heimlich erfolgen. Aus der permanenten Aufzeichnung würde eine großflächige Beobachtung resultieren. Eine Vielzahl an Personen würde innerhalb von kürzester Zeit aufgezeichnet werden (Landgericht Heilbronn, Urteil vom 3.2.2015, Az. I 3 S 19/14). Hinter diesen Erwägungen würde das bloße Beweisinteresse des Unfallgeschädigten zurücktreten. Insoweit habe auch das Bundesverfassungsgericht bereits darauf hingewiesen, dass ein schlichtes Beweisinteresse alleine nicht ausreichen würde, um im Rahmen der Interessenabwägung den Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung zu rechtfertigen.

Demgegenüber gehen die Befürworter der Beweisverwertung davon aus, dass im Rahmen der Interessenabwägung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinter den Interessen des Unfallgeschädigten zurückzutreten habe. Dieser habe Interessen, die über das vom Bundesverfassungsgericht erwähnte schlichte Beweisinteresse hinausgehen. § 286 ZPO würde den Grundsatz der freien Beweiswürdigung beinhalten. Das Gericht habe daher von Parteien angebotene Beweismittel grundsätzlich zu berücksichtigen. Darunter würden auch die von der Dash-Cam aufgezeichneten Filmmitschnitte fallen. Dies ergebe sich auch aus dem Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 8.5.2015, Az. 18 C 8938/14). Ziel des Prozesses solle es grundsätzlich seien, eine materiell richtige Entscheidung zu treffen. Es bestehe insofern ein öffentliches Interesse an einer wirksamen, auf die Durchsetzung der materiellen Gerechtigkeit gerichteten Rechtspflege (Greger, NZV 2015, 114 ff.). Dem würde es widersprechen, wenn man Filmmitschnitte, auf denen das Unfallgeschehen genau abgebildet ist, nicht als Beweismittel zulassen würde. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Unfallgeschädigte häufig in einer Beweisnot befinde. In einer Vielzahl von Fällen gebe es keine Zeugen vom Unfallgeschehen. Selbst wenn jedoch Zeugen vorhanden seien, seien deren Angaben gerade im Hinblick auf die Schnelligkeit des Geschehens häufig bei weitem nicht so genau und auch teilweise nicht so korrekt, wie ein Filmmitschnitt.

Die Befürworter einer Beweisverwertung weisen darüber hinaus darauf hin, dass grundsätzlich das Interesse, nicht einer Verkehrswidrigkeit überführt zu werden, keinen rechtlichen Schutz verdiene (Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 8.5.2015, Az. 18 C 8938/14; Greger, NZV 2015, 114 ff.). Durch die Teilnahme am Straßenverkehr würde man sich selbst der Wahrnehmung und Beobachtung anderer aussetzen. Durch die Aufnahmen würde weiterhin in der Regel nicht der absolute Kernbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung getroffen werden (Amtsgericht Nienburg, Urteil vom 20.1.2015, Az. 4 DS 155/14; Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 8.5.2015, Az. 18 C 8938/14, Greger, NZV 2015 114 ff.). In der Regel seien auf den Filmmitschnitten nur die Fahrzeuge des Unfallgegners, nicht der Unfallgegner selbst abgebildet.

Hinsichtlich der Gefahr des späteren Missbrauchs der Filmmitschnitte weist das Amtsgericht Nienburg zurecht darauf hin, dass diese Gefahr auch bei urspünglich zulässig gefertigten Beweismitteln bestehe (Amtsgericht Nienburg, Urteil vom 20.1.2015, Az. 4 DS 155/14).

Das Gericht schließt sich im vorliegenden Fall den Befürwortern einer Beweisverwertung an. Die Argumente der Gegenseite für ein Beweisverwertungsverbot betreffen nach Auffassung des Gerichts primär Punkte, die bei der Frage, ob eine Dash-Cam zulässigerweise benutzt werden darf - also der Frage der Zulässigkeit der Beweiserhebung -, Berücksichtigung zu finden haben. Für die Frage eines Beweiserhebungsverbots ist nämlich auch zu überlegen, welche Auswirkungen die Tatsache hätte, dass vermehrt Aufzeichnungen mit Dash-Cams erfolgen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch gerade nicht um die Frage, ob die Installation einer Dash-Cam grundsätzlich zulässig ist, sondern um die Frage, ob bereits vorhandene Videoaufzeichnungen verwendet werden können. Liegen die Aufzeichnungen bereits vor, sind im Rahmen der Abwägung die von den Befürwortern der Beweisverwertung vorgebrachten Argumente verstärkt zu berücksichtigen. Stellt man dabei im vorliegenden Fall darauf ab, dass auf dem von der Klageseite vorgelegten Filmmitschnitt lediglich das Fahrzeug der Beklagten zu 2, nicht jedoch die Beklagte zu 2 selbst zu erkennen ist, ist der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hier eher gering. Berücksichtigt man dann weiter, dass es im vorliegenden Fall streitentscheidend unter anderem darauf ankam, wie die Beklagte zu 2 sich eingeordnet hatte, ob und wie lange sie bereits zum Stillstand gekommen war und wie viele Fahrzeugschlangen vorhanden waren, lassen sich diese Punkte am besten durch die Inaugenscheinnahme des Filmmitschnitts klären. Die Angaben des Klägers und der Beklagten zu 2 waren insoweit widersprüchlich. Der Kläger hat darüber hinaus zugesichert, die Aufnahmen bei rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu vernichten.

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte geht das Gericht hier davon aus, dass das vom Kläger vorgelegte Video als Beweismittel verwendet werden kann.

4. Damit stehen sich bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge gemäß § 17 StVG auf der Klageseite die bloße Betriebsgefahr und auf der Beklagtenseite die Betriebsgefahr und ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO gegenüber. Nach Auffassung des Gerichts tritt hierbei aufgrund des Verstoßes der Beklagten zu 2 gegen § 7 Abs. 5 StVO die bloße Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs vollständig hinter dem Verursachungs- und Verschuldensbeitrag der Beklagtenseite zurück. Demnach hat die Beklagtenseite dem Grunde nach zu 100% für die dem Kläger bei dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall entstandenen Schäden aufzukommen.

II.

Die Schadenshöhe ist nach der teilweise erfolgten Klagerücknahme zwischen den Parteien unstreitig. Dem Kläger steht daher ein weiterer Anspruch in Höhe von 1.712,54 € gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zu.

III.

Verzug bestand, von Beklagtenseite nicht bestritten, seit 20.12.2014. Von diesem Zeitpunkt an besteht ein Anspruch auf Verzugszinsen, § 286 BGB. Die Höhe des Zinsanspruchs ergibt sich aus § 288 BGB.

An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann die Klägerseite geltend machen eine 1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert in Höhe der berechtigten Schadensersatzforderung von 1.725,04 € (1.712,54 € und 12,50 € Auslagenpauschale) zuzüglich einer Auslagenpauschale von 20 €. Dies sind hier 215 €.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91 a ZPO. Die Zuvielforderung der Klageseite war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung ohne Einbeziehung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Urteilsbesprechung zu Amtsgericht München Urteil, 30. Nov. 2015 - 335 C 13895/15

Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht München Urteil, 30. Nov. 2015 - 335 C 13895/15

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr
Amtsgericht München Urteil, 30. Nov. 2015 - 335 C 13895/15 zitiert 15 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 17 Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge


(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 1 Grundregeln


(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. (2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 7 Benutzung von Fahrstreifen durch Kraftfahrzeuge


(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein m

Referenzen - Urteile

Amtsgericht München Urteil, 30. Nov. 2015 - 335 C 13895/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Amtsgericht München Urteil, 30. Nov. 2015 - 335 C 13895/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2006 - XII ZR 210/04

bei uns veröffentlicht am 01.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 210/04 Verkündet am: 1. März 2006 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Amtsgericht Nürnberg Urteil, 08. Mai 2015 - 18 C 8938/14

bei uns veröffentlicht am 08.05.2015

Gründe Amtsgericht Nürnberg Az.: 18 C 8938/14 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 08.05.2015 In dem Rechtsstreit ... - Kläger - Prozessbevollmächtigter: ... gegen 1) ... - Beklagter - 2) .

Landgericht Heilbronn Urteil, 03. Feb. 2015 - I 3 S 19/14

bei uns veröffentlicht am 03.02.2015

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Besigheim vom 23.05.2014 wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung. 3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Besigheim ist ohn

Referenzen

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.

(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden.

(2a) Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.

(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften – ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.

(3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.

(3b) Auf Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.

(3c) Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum Zwecke des Linksabbiegens einordnen.

(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).

(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.

(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden.

(2a) Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.

(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften – ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.

(3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.

(3b) Auf Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.

(3c) Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum Zwecke des Linksabbiegens einordnen.

(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).

(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.

(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden.

(2a) Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.

(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften – ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.

(3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.

(3b) Auf Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.

(3c) Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum Zwecke des Linksabbiegens einordnen.

(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).

(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Besigheim vom 23.05.2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Besigheim ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung: 820,64 EUR

Gründe

 
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin prozessführungsbefugt. Sie ist zwar die Halterin, nicht jedoch die Eigentümerin des beim streitgegenständlichen Unfall beschädigten Pkw VW Passat, a.K.:, nachdem sie dieses zur Kaufpreisfinanzierung an die Bank GmbH sicherungsübereignet hat. Jedoch macht die Klägerin die Schadensersatzansprüche der Sicherungseigentümerin in eigenen Namen geltend. Dies ist vorliegend zulässig. Die Klägerin hat die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft ausreichend dargetan.
2. In der Sache bleibt der Klage jedoch der Erfolg versagt. Das Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Auch nach Auffassung der Kammer stehen der Bank GmbH die von der Klägerin in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten nicht zu.
a. Die Haftungsvoraussetzungen der §§ 7 Abs.1, 18 Abs. 1 StVG hinsichtlich der Zweitbeklagten und in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Ziff. 1 VVG bezüglich der Erstbeklagten liegen zwar vor. Der Verkehrsunfall hat sich beim Betrieb des von der Zweitbeklagten gefahrenen Motorrades Suzuki 650, a.K.:, ereignet, dessen Halterin sie auch ist und das bei der Erstbeklagten haftpflichtversichert ist. Dadurch ist an dem der Bank GmbH sicherungsübereigneten Pkw VW Passat ein Sachschaden entstanden. Dieser Ausgangspunkt ist zwischen den Parteien unstreitig und bedarf deshalb keiner weiteren Darlegung.
b. Die Ersatzpflicht der Zweitbeklagten ist nicht nach §§ 17 Abs. 3, 18 Abs. 1 Satz 2 StVG ausgeschlossen. Gemäß § 17 Abs. 3 S. 3 StVG gilt der Haftungsausschluss des § 17 Abs. 3 S. 1 StVG grundsätzlich auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs der – wie vorliegend – nicht dessen Halter ist. Jedoch vermochten die Beklagten den ihnen obliegenden Unabwendbarkeitsbeweis bzw. den Nachweis fehlenden Verschuldens nicht zu führen. Denn es ist keineswegs bewiesen, dass auch ein Idealfahrer, auf den in diesem Rahmen abzustellen ist, den Verkehrsunfall nicht hätte vermeiden können. Der Sachverständige hat in seinem mündlichen Gutachten vor dem Amtsgericht ausgeführt, dass sich bei der vorliegenden Spurenlage aus technischer Sicht ein Reaktionsverzug der Zweitbeklagten nicht ermitteln lasse. Damit ist jedoch der Nachweis nicht geführt, dass die Zweitbeklagte die Kollision auch bei optimaler Reaktion nicht hätte verhindern können. Dies gilt umso mehr, als sich der Verkehr in Fahrtrichtung der Zweitbeklagten auf der Geradeausspur der Landesstraße L 1110 (Bietigheimer Straße) aufgrund einer Lichtzeichenanlage auf einer Länge von ungefähr 200 m gestaut hatte und ein Idealfahrer beim Befahren der Linksabbiegerspur deshalb mit der naheliegenden Möglichkeit gerechnet und sich darauf eingestellt hätte, dass Führer von auf der Geradeausspur im Stau stehenden Kraftfahrzeugen möglichen Linksabbiegern, die von rechts aus der untergeordneten Zufahrt vom Industriegebiet Tamm-Nord in die Landesstraße L 1110 einfahren wollten, den Vorrang gewähren, weshalb nicht ausgeschlossen ist, dass ein Idealfahrer den Unfall in der konkreten Situation möglicherweise durch entsprechend langsame Fahrweise und optimale Reaktion hätte vermeiden können. Bei dieser Sachlage ist auch der der Zweitbeklagten als Fahrerin obliegende Nachweis fehlenden Verschuldens nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG nicht geführt.
c. Die Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- bzw. Mitverschuldensbeiträge für die Entstehung des Verkehrsunfalls führt indessen zur Alleinhaftung des Ehemannes der Klägerin, der den der Bank GmbH sicherungsübereigneten Pkw zum Unfallzeitpunkt geführt hat. Die Bank GmbH muss sich zwar, weil sie selbst nicht Halterin des beschädigten Pkw ist, nicht gemäß § 17 StVG die Betriebsgefahr ihres Kraftfahrzeugs anspruchsmindernd zurechnen lassen, wohl aber gemäß §§ 9, 17 StVG, 254 BGB das Verschulden des Fahrers ihres Kraftfahrzeugs (BGH, NJW 2011, 996; OLG Hamm, r+s 1996, 339; LG Münster, NJW-RR 2011, 1327).
aa. Dem Ehemann der Klägerin fällt ein schuldhafter Vorfahrtsverstoß gemäß § 8 Abs. 1 StVO zur Last. Gegen ihn spricht bereits der Anscheinsbeweis, da er unmittelbar bevor er mit dem Motorrad der Zweitbeklagten kollidiert ist aus der untergeordneten Zufahrt vom Industriegebiet Tamm-Nord auf die bevorrechtigte Landesstraße L1110 eingefahren ist. Stoßen an einer Straßeneinmündung zwei Kraftfahrzeuge zusammen, spricht der Anscheinsbeweis regelmäßig für eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung des Wartepflichtigen (BGH VersR 1982, 903). Die Klägerin konnte den gegen ihren Ehemann sprechenden Anscheinsbeweis nicht erschüttern. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte der Ehemann der Klägerin bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt, selbst wenn er sich langsam in die bevorrechtigte Landesstraße L 1110 hineingetastet hätte, die mit einer maximalen Fahrgeschwindigkeit von 35 km/h heranfahrende Zweitbeklagte so rechtzeitig erkennen können, dass er sein Fahrzeug noch auf dem rechten Fahrstreifen zum Stillstand hätte bringen und den Unfall damit vermeiden können.
bb. Die nach §§ 9, 18 Abs. 3, 17 StVG, 254 BGB vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge der Zweitbeklagten und des Pflichtverstoßes des Ehemannes der Klägerin für die Entstehung des Unfalls, führt nach Auffassung der Kammer zu einer Alleinhaftung des Ehemanns der Klägerin.
10 
(1) Zu Lasten der Klägerin ist die schuldhafte Vorfahrtsverletzung ihres Ehemannes zu berücksichtigen, die aufgrund des Anscheinsbeweises erwiesen ist, den die Klägerin nicht zu erschüttern vermochte. Insoweit nimmt die Kammer Bezug auf die oben Ausführungen unter lit. c aa).
11 
(2) Dagegen ist zu Lasten der Zweitbeklagten neben der Betriebsgefahr ihres Motorrades kein relevanter Pflichtverstoß zu berücksichtigen.
12 
Die Klägerin kann sich nicht auf die Grundsätze der sog. Lückenrechtsprechung berufen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Pflichtverstoß der Zweitbeklagten gegen § 1 StVO hätte begründen können. Eine besondere Sorgfaltspflicht des vorfahrtsberechtigten Vorbeifahrenden nach § 1 StVO besteht erst dann, wenn der stockende Verkehr eine so deutliche Lücke gelassen hat, dass mit Querverkehr oder Abbiegern gerechnet werden und der Vorfahrtsberechtigte sich hierauf einstellen muss. Die Lücke muss daher für den auf der freien Spur Fahrenden deutlich erkennbar sein, muss also mehr als nur eine Fahrzeuglänge betragen und über einen gewissen Zeitraum als solche bereits bestanden haben (LG Berlin Schaden-Praxis 2014, 190). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier ersichtlich.
13 
Es ist auch nicht erwiesen, dass die Zweitbeklagte zu schnell gefahren ist und/oder falsch, nämlich auf der Linksabbiegerspur, überholt hat. Zwar hat der Ehemann der Klägerin im Rahmen seiner Vernehmung als Zeuge vor dem Amtsgericht bekundet, dass die Zweitbeklagte zu schnell gefahren sei, was er als erfahrener Autofahrer beurteilen könne. Dem ist das Amtsgericht jedoch völlig zu Recht und mit überzeugender Begründung, der sich die Kammer vollinhaltlich anschließt, nicht gefolgt. Der Sachverständige hat hingegen die Bremsausgangsgeschwindigkeit der Zweitbeklagten im Bereich von 25 km/ bis maximal 35 km/h ermittelt, so dass eine Geschwindigkeit von nur 25 km/h erwiesen ist. Ein Geschwindigkeitsverstoß ist demnach nicht bewiesen. Auch die Behauptung der Klägerin, die Zweitbeklagte habe überhaupt nicht nach links abbiegen wollen, vielmehr habe sie die auf der Geradeausspur stehenden Fahrzeuge verbotswidrig auf der Linksabbiegerspur überholt, ist gleichfalls nicht erwiesen. Denn nach dem Befund des Sachverständigen wäre es der Zweitbeklagten bei der von ihr gefahrenen Geschwindigkeit von 25 km/h bis 35 km/h ohne weiteres möglich gewesen, nach links abzubiegen.
14 
Eine weitere Aufklärung des Unfallhergangs ist nicht möglich. Zwar hat der Ehemann der Klägerin den Unfallhergang offenbar mit einer im Fahrzeug installierten Dashcam des Modells F 900 LHD , einer 2,5`` FullHD Videokamera mit Nachtsichtmodus und HDMI-Anschluss, aufgenommen und die Klägerin hat sich zum Beweis für den von ihr behaupteten Unfallhergang auf die Inaugenscheinnahme dieser Videoaufzeichnung berufen. Auch hat der Sachverständige nicht ausgeschlossen, dass unter Berücksichtigung dieser Videoaufzeichnung weitere Erkenntnisse für die technische Rekonstruktion des Unfalls gewonnen werden könnten. Jedoch hat das Amtsgericht zu Recht eine Verwertung dieses Beweismittels nicht zugelassen. Denn Videoaufzeichnungen, die ohne Kenntnis des Betroffenen angefertigt wurden, sind lediglich nach den Grundsätzen über die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel ausnahmsweise zulässig. Über die Verwertbarkeit ist nach ständiger Rechtsprechung und mangels einer ausdrücklichen Regelung in der ZPO aufgrund einer umfassenden Interessen- und Güterabwägung zu entscheiden (BVerfG NJW 2002, 3619 [3624]; BGH NJW 2003, 1123 [1124 f.]). Indizwirkung haben dabei auch Verstöße gegen einfachgesetzliche Normen, die hier nach Auffassung der Kammer in mehrfacher Hinsicht gegeben sind und einer Verwertung als Beweismittel entscheidend entgegenstehen:
15 
(a) Die Aufzeichnung der Zweitbeklagten mittels Dashcam verletzt diese in ihrem Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst das Recht am eigenen Bild und ist Ausprägung eines sich an moderne Entwicklungen anpassenden Persönlichkeitsschutzes über personenbezogene Informationen. Dem Grundrechtsträger steht hiernach die Befugnis zu, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BVerfGE 65, 1 [43]; 78, 77 [84]; BVerfG, NJW 2001, 879 [880]). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann jedoch insbesondere durch konkurrierende Grundrechte Dritter eingeschränkt werden (Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art.2, Rn.181). Im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist auf Seiten der Klägerin dabei zu beachten, dass das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG der Rechtspflege eine hohe Bedeutung zumisst. Im Hinblick auf § 286 ZPO, dem Gebot effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG und dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte gehalten, angebotene Beweise zu berücksichtigen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt die Verpflichtung zu einer fairen Handhabung des Beweisrechts (BVerfG NJW 2007, 753 [758]; NJW 2011, 2783 [2785]).
16 
Allerdings kommt dem Interesse an der Zivilrechtspflege nicht generell ein überwiegendes Gewicht zu. Es müssen vielmehr weitere Gesichtspunkte hinzutreten, die das Interesse an der Beweiserhebung trotz der Rechtsverletzung als schutzbedürftig erscheinen lassen (vgl. Anm. Bull zu: BVerfG NJW 2009, 3279; NJW 2007, 753 [758]; BGH NJW 2005, 497 [498 f.]). Das kann etwa der Fall sein, wenn sich der Beweisführer in einer Notwehrsituation i.S.v. § 227 BGB oder einer notwehrähnlichen Lage befindet (BGHZ 27, 284 [289 f.]; BGH NJW 2003, 1727 [1728]). Der BGH sieht hingegen durch eine permanente, verdachtslose Überwachung des Zugangs zu einem Wohnhaus das Persönlichkeitsrecht selbst dann als verletzt an, wenn die Aufzeichnungen nicht verbreitet werden sollen. Ein derartiger Eingriff könne höchstens dann zulässig sein, wenn schwerwiegenden Beeinträchtigungen, wie etwa Angriffe auf die Person, nicht in anderer Weise zumutbar begegnet werden könne (BGH NJW 1995, 1955 [1957]). Entsprechend urteilt das BAG zur verdeckten Videoüberwachung am Arbeitsplatz, die nur im Fall des konkreten Verdachts einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers in Betracht kommt. Zudem muss die Überwachung das einzig verbleibende Mittel darstellen (BAG, Urteil v. 21.06.2012, Az.: 2 AZR 153/11, juris-Rn.30). Vor diesem Hintergrund müssen die von der Dashcam aufgezeichneten Daten auch erforderlich sein (Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 [1623]).
17 
(b) Im vorliegenden Fall können die einzelfallbezogenen Umstände kein überwiegendes Interesse der Klägerin an der Beweissicherung begründen. So sind Abbildungen von Passanten und Verkehrsteilnehmern auf öffentlichen Straßen und Wegen, die nur als Beiwerk des Stadt- oder Straßenbildes mit erfasst werden, von diesen zwar zunächst auch ohne weiteres hinzunehmen (BGH NJW 1995, 1955). Geht es jedoch um die gezielte und verdeckte Fertigung von Bildaufnahmen, muss dann etwas anderes gelten, wenn die Betroffenen nicht absehen können, ob Aufzeichnungen gefertigt werden. Dies ist vorliegend der Fall. Der Ehemann der Klägerin macht mit der im Pkw installierten Dashcam umfassende, als heimlich bezeichenbare Aufzeichnungen des gesamten Verkehrsgeschehens. Eine solche großflächige Beobachtung von öffentlichen Straßen stellt schon deshalb einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, weil durch die hier vorgenommene, permanente Aufzeichnung mit der Videokamera eine Vielzahl von Personen in kurzer Zeit in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen wird (VG Ansbach, DAR 2014, 663; a.A. offenbar AG München, NJW-RR 2014, 413, dem die Kammer jedoch nicht zu folgen vermag). Die Videoaufzeichnung des Ehemanns der Klägerin war zudem zeitlich nicht von vornherein auf das konkrete Unfallgeschehen eingegrenzt. Vielmehr wurde ein zeitlich separierter Teil der Aufnahmen nachträglich zur Beweissicherung bestimmt. Technische Vorrichtungen der Kamera zur spezifizierten Beweissicherung, bei der im Rahmen einer Ringspeicherung innerhalb zu bestimmender Zeitabstände die alten gespeicherten Aufnahmen gelöscht werden, sind zudem nicht vorhanden (Bl. 98 d.A.). Auf den jeweiligen Videofilmen wird darüber hinaus festgehalten, wann ein Betroffener die jeweilige Straße mit welchem Verkehrsmittel und ggfs. auch in welcher Begleitung passiert. Grundsätzlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Betroffene sich nur kurzzeitig, wie bei einer auf einen bestimmten, festen Ort gerichteten Kamera, im Aufzeichnungsbereich aufhält, da es der Ehemann der Klägerin selbst in der Hand hat, wie lange er einen Betroffenen aufzeichnet und was er anschließend mit der gespeicherten Aufnahme macht. Sieht der BGH schon eine stationäre, permanente und verdachtslose Überwachung ohne Veröffentlichungswillen als unzulässig an, so kann hier erst recht nichts anderes gelten, da die potentiellen Gefahren für das Persönlichkeitsrecht erhöht sind und überdies eine Veröffentlichungsabsicht vorhanden ist. Zudem liegen die von BGH und BAG angedachten Rechtfertigungskonstellationen nicht vor. Letztlich kann auch dann im vorliegenden Fall nichts anderes gelten, wenn die Videoaufzeichnungen wieder gelöscht würden, wenn sich keine besonderen Vorkommnisse ereigneten. Denn es kann nicht allein der Klägerin bzw. ihrem Ehemann überlassen bleiben, wie mit derart hergestellten Videoaufnahmen zu verfahren ist (AG München, Beschluss vom 13.08.2014 – 345 C 5551/14 -, ZD-Aktuell 2014, 04297; VG Ansbach, a.a.O.). Darin läge eine gravierende Missachtung der Befugnis der Betroffenen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten zu bestimmen. Wollte man dies anders sehen und der bloßen Möglichkeit, dass eine Beweisführung erforderlich werden könnte, den Vorrang vor dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung einräumen, würde dies bedeuten, dass innerhalb kürzester Zeit jeder Bürger Kameras ohne jeden Anlass nicht nur in seinem Pkw, sondern auch an seiner Kleidung befestigen würde, um damit zur Dokumentation und als Beweismittel zur Durchsetzung von möglichen Schadensersatzansprüchen jedermann permanent zu filmen und zu überwachen. Damit aber würde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung praktisch aufgegeben (AG München, Beschluss vom 13.08.2014 – 345 C 5551/14, ZD-Aktuell 2014, 04297).
18 
(c) Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine im Pkw installierte Dashcam verstößt zudem gegen § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG und § 22 S. 1 KunstUrhG.
19 
Nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mittels Videoüberwachung nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar ist das Anliegen der Klägerin, eine Beweissicherung vorzunehmen, legitim. Wie dargelegt überwiegen jedoch die schutzwürdigen Interessen der Zweitbeklagten, da die dauerhafte Offenbarung privater Daten im vorliegenden Fall nicht freiwillig geschieht.
20 
Nach § 22 S.1 KunstUrhG dürfen Bildnisse ferner nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden, soweit nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG die Abgebildeten nicht nur als Beiwerk einer bestimmten Örtlichkeit erscheinen. Die Befugnis nach § 23 Abs. 1 KunstUrhG erstreckt sich gemäß Abs. 2 jedoch nicht auf eine Verbreitung und Zurschaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Wie dargelegt verletzt die gezielte Aufnahme der Betroffenen diese in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
21 
(3) Bei der danach gebotenen Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- bzw. Mitverschuldensanteile der Unfallbeteiligten erscheint eine Haftungsverteilung von 100 zu 0 zu Lasten der Klägerin gerechtfertigt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass derjenige, der einen schwerwiegenden Verkehrsverstoß begeht, allein für den Unfallschaden haftet, wenn nicht dem anderen Unfallbeteiligten neben dessen Betriebsgefahr weitere die Betriebsgefahr erhöhende Verursachungsbeiträge bzw. ein Verschulden nachgewiesen werden können (BGH NJW 1998, 1137 [1138]; BGH, NJW 1990, 1483 [1484]). Die Betriebsgefahr des anderen tritt in diese Fall zurück. Genau so liegt der Fall aber hier. Da der Ehemann der Klägerin einen gravierenden schuldhaften Vorfahrtsverstoß begangen hat und der Zweitbeklagten kein relevanter Pflichtverstoß anzulasten ist, hat die Betriebsgefahr des Motorrades zurückzutreten. Dies führt zur Alleinhaftung des Ehemannes der Klägerin.
III.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe

Amtsgericht Nürnberg

Az.: 18 C 8938/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 08.05.2015

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger -

Prozessbevollmächtigter: ...

gegen

1) ...

- Beklagter -

2) ...

- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: ...

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch die Richterin am Amtsgericht ... am 08.05.2015 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.554,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 133,04 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2014 zu bezahlen.

2. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.554,98 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Unfallbeteiligt war der Kläger mit seinem ..., amtliches Kennzeichen ..., sowie der Beklage zu 1) als Fahrer des bei der Beklagten zu 2) zum Unfallzeitpunkt haftpflichtversicherten ..., amtliches Kennzeichen ...

Am 14.04.2014 gegen 10:40 Uhr befuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug in ... wobei er den rechten Fahrstreifen der im dortigen Bereich mehrspurigen Fahrbahn einhielt. Im weiteren Verlauf gabelt sich die ... in zwei Linksabbiegespuren sowie in eine Geradeaus/Linksabbiegespur und eine Rechtsabbiegespur. Es kam im Bereich der Geradeausspur zu einer Kollision beider Fahrzeuge, wobei der Unfallhergang zwischen den Parteien streitig ist.

Der Kläger filmte mittels einer sogenannten Dash-Cam aus seinem Auto das Verkehrsgeschehen.

Der Kläger macht einen Reparaturschaden in Höhe von 2.132,01 €, eine Unkostenpauschale von 25,00 € sowie Gutachtenkosten in Höhe von 411,53 € geltend. Hierauf hat die Beklagte zu 2) 1.013,56 € reguliert. Daneben begehrt der Kläger Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 2.568,54 € in Höhe von 334,75 €. Hierauf hat die Beklagte zu 2) 201,71 € reguliert.

Der Kläger trägt vor, dass der streitgegenständliche Unfall vom Beklagten zu 1) durch einen Fahrstreifenwechsel allein verschuldet sei. Der Kläger sei dem Verlauf der Fahrbahn gefolgt und habe an der Gabelung den linken Fahrstreifen eingehalten. Der Beklagte zu 1) habe zunächst den mittleren Fahrstreifen der ... in gleicher Fahrtrichtung befahren und sei dann an der Stelle, an der sich die ... in zwei Fahrspuren in Richtung ... und ... aufteile, plötzlich und unvermittelt von seinem Fahrstreifen nach rechts gefahren und dort mit dem auf dem linken Fahrstreifen fahrenden klägerischen Fahrzeug kollidiert.

Sein Fahrzeug sei scheckheftgepflegt in markengebundenen Vertragswerkstätten. Bei einer Reparatur bei einem ... vertragshändler fielen UPE-Aufschläge und Verbringungskosten an.

Die Aufzeichnung der Dash-Cam sei als Beweis verwertbar.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.554,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2014 sowie 133,04 € vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2014 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Beklagten tragen vor, dass der Beklagte zu 1) auf der Geradeausspur gefahren sei. Der Kläger habe die Rechtsabbiegespur befahren und sei dann plötzlich auf die Geradeausspur gewechselt und dem Beklagten zu 1) in die Seite gefahren.

Einer Verwertung der Dash-Cam Aufzeichnung widersprechen die Beklagten. Es bestünde ein Beweisverwertungsverbot.

Das klägerische Fahrzeug sei nicht scheckheftgepflegt. Der Kläger könne daher auf die günstigeren Stundensätze einer von den Beklagten benannten Referenzwerkstatt verwiesen werden. UPE-Aufschläge und Verbringungskosten könnten nicht berechnet werden. Bei einer Reparatur in der Referenzwerkstatt ... entstünden nur Reparaturkosten in Höhe von 1.590,60 €.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme der Zeugin ..., die Inaugenscheinnahme der Aufzeichnung der Dash-Cam sowie durch die Erholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.04.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von noch 1.554,98 € gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 249 BGB, im Hinblick auf die Beklagte zu 2) in Verbindung mit §§ 115 VVG, 1 PflVG.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklage zu 1) den Unfall verursacht hat und die Beklagten für die Schäden am klägerischen Fahrzeug zu 100% haften.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug den rechten Fahrstreifen der ... befuhr und dann mit seinem Fahrzeug nach der Ampel diagonal in Richtung Geradeaus/Linksabbiegefahrstreifen lenkte. Das beklagten Fahrzeug bewegte sich hingegen vom mittleren Fahrstreifen rechtsbogenförmig auf den linken Geradeausfahrstreifen.

Dieses Ergebnis steht fest aufgrund der informatorischen Angaben des Klägers, den Angaben der Zeugin ... der Videoaufzeichnung und den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. ...

Der Vortrag des Beklagten zu 1), dass er vor der Ampel auf die vom Kläger befahrene Fahrspur gewechselt sei und dann im weiteren Verlauf den Geradeausfahrstreifen befahren habe, während der Kläger die Rechtsabbiegespur befahren habe und mit seinem Fahrzeug plötzlich nach links hinüber gekommen sei, hat sich durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt.

Die Zeugin ..., zum Unfallzeitpunkt Beifahrerin im klägerischen Fahrzeug, schilderte glaubhaft, dass der Kläger die Geradeausspur befuhr. Das Beklagtenfahrzeug habe sie erstmals beim Unfall bemerkt, den Spurwechsel des Beklagtenfahrzeuges habe sie nicht bemerkt. Das Gericht hat keine Anhaltspunkte der Zeugin nicht zu glauben. Dies räumte ein, dass ihre Unfallschilderung zum Teil nicht auf eigener Wahrnehmung beruht, sondern aus der Videoaufzeichnung abgeleitet ist.

Anhand der Videoaufzeichnung aus dem Fahrzeug des Klägers ist zu erkennen, dass der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug stets die mittlere Spur befuhr und nicht auf der vom Kläger befahrenen Spur hinter diesem fuhr. Der Beklagte zu 1) wechselte dann mit seinem Fahrzeug nach rechts auf die vom Kläger befahrene Fahrspur. Der Kläger befuhr nicht die rechte Spur, um nach links zu wechseln, sondern fuhr unmittelbar nach der Haltelinie an der Ampel diagonal in Richtung Geradeaus/Linksabbiegerfahrstreifen. Insoweit waren die Angaben des Beklagten zu 1) nicht richtig.

Nach Auffassung des Gerichts durfte die vom Kläger mit der Dash-Cam gefertigte Aufzeichnung als Beweis im Verfahren verwertet werden.

Zwar hatte sich das Gericht in der Verfügung vom 12.02.2015 noch dahingehend geäußert, dass es sich der Rechtsauffassung des AG München, Az. 345 C 5551/14, vom 13.08.2014 anschließt und von einem Beweisverwertungsverbot bzgl. der Videoaufzeichnung ausgeht. Es steht dem Gericht jedoch zu, in dieser höchst strittigen Rechtsfrage, zu der bisher höchstrichterliche Rechtsprechung nicht existiert, seine geäußerte Auffassung zu überdenken und nach erneuter Prüfung zu einer anderen Rechtsauffassung zu gelangen. Insoweit teilt das Gericht nunmehr die von Greger in NZV 2015, S. 114 ff geäußerte Rechtsauffassung, dass die Verwertung von privaten Videoaufzeichnungen von Verkehrsvorgängen als Beweis verwertbar sein können. Auf die geänderte Rechtsaufassung hat das Gericht im Termin vom 07.04.2015 hingewiesen.

Soweit der Beklagtenvertreter den klägerischen Schriftsatz vom 01.04.2015 als präkludiert rügt, geht dies ins Leere, da es sich lediglich um Rechtsausführungen zur Frage der Verwertbarkeit von Videoaufzeichnungen handelt.

Die Frage, ob sog. Dash-Cam-Videos in einem Zivilgerichtsverfahren nach einem Verkehrsunfall ausgewertet werden dürfen, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.

Zum Teil wird von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen, weil die Verwendung solcher Kameras gegen § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG verstößt, vgl. AG München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14, LG Heilbronn, Urteil vom 03.02.2015, Az. I 3 S 19/14. Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob diese Vorschrift die in oder an Fahrzeugen mitgeführten Kameras überhaupt erfasst. § 6 b BDSG regelt die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Aus dem Wortlaut des § 6 b Abs. 2 BDSG, wonach der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sind, ergibt sich, dass diese Vorschrift ersichtlich auf die Überwachung öffentlicher Flächen durch stationäre Anlagen abgestellt ist, nicht hingegen jedoch auf Aufzeichnungen aus einem fahrenden Fahrzeug heraus, bei denen die Öffentlichkeit schwerlich auf die Beobachtung hingewiesen werden kann.

Zudem ist nach § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG die Beobachtung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke gerade zulässig. Das berechtigte Interesse kann hier in der Schaffung eines aussagekräftigen Beweismittels im Rahmen eines effizienten Individualrechtsschutzes und einer funktionsfähigen Rechtspflege gesehen werden. Fraglich kann nur sein, ob schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen, was im Rahmen einer Interessensabwägung zu klären ist (s. dazu unten).

Selbst bei einem Verstoß gegen § 6 b BDSG führt dies noch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, vgl. Greger, a. a. O., S. 115 sowie Greger in Zöller, ZPO, 30. A., § 286 Rn. 15 b. Ein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot in Zivilverfahren regelt das BDSG gerade nicht.

Neben dem Verstoß gegen § 6 b BDSG wird die Unzulässigkeit der Verwertbarkeit von Videoaufnahmen auch aus § 22 S. 1 KunstUrhG abgeleitet, der ein Recht am eigenen Bild begründet, so AG München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14, LG Heilbronn, Urteil vom 03.02.2015, Az. I 3 S 19/14.

§ 22 KunstUrhG gewährt jedoch keinen Schutz gegen die Herstellung von Abbildungen, sondern nur gegen ihre unzulässige Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung. Nach § 24 KunstUrhG dürfen für Zwecke der Rechtspflege Bildnisse ohne Einwilligung des Berechtigten öffentlich zur Schau gestellt werden, was eine Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung in öffentlicher Sitzung ermöglicht. Auch das KunstUrhG enthält kein ausdrückliches Verwertungsverbot. Vielmehr zeigt § 24 KunstUrhG, dass die Verwertung zulässig sein kann.

Bisher wird es in der Rechtsprechung für unproblematisch gehalten, wenn nach dem Unfall Fotos von den beteiligten Fahrzeugen und auch vom Unfallgegner gemacht werden, um Beweise für den Unfallhergang und die Beteiligten zu sichern und diese in der Beweisaufnahme zu verwerten. Hier wurde die Verwertbarkeit nicht mit Verweis auf das KunstUrhG in Frage gestellt. Nichts anderes kann indes für Videoaufzeichnungen gelten.

Auch begründen Verstöße gegen einfaches Recht nicht per se Verwertungsverbote.

Ein Schutz vor dem Abgebildetwerden lässt sich nur auf § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht stützen, vgl. Greger, a. a. O., S. 117. Für die Frage der Verwertbarkeit kommt es demnach auf das Ergebnis der Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Interesse an der Verwertung der Aufzeichnung an.

Die Verwertung der Videoaufzeichnung greift in das aus Artikel 2 Abs. 1 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein. Dies ist beim Beklagten zu 1) sicherlich der Fall. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes ist jedoch bei unbeteiligten Personen, die als Passanten oder sonstige Verkehrsteilnehmer quasi mitgefilmt werden, schon fraglich. Da es sich hier nur um eine technikbedingte Miterfassung ohne Erkenntnisgewinn handelt, soll der Aufzeichnung wegen der Anonymität der Personen keine Eingriffsqualität zukommen, so Greger, a. a. O., S. 115 und AG München, Urteil vom 06.06.2013, Az. 343 C 4445/13 Rn. 14. So fertigen auch einige der vom Gericht beauftragten Unfallsachverständigen regelmäßig Videoaufzeichnungen des Unfallbereichs, auf denen auch Verkehrsteilnehmer und Passanten zu sehen sind, die dann in öffentlicher Sitzung abgespielt werden. An der Zulässigkeit dieses Vorgehens bestanden und bestehen auch weiterhin keine Zweifel.

Der Eingriff des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Beklagten zu 1) begründet allein jedoch noch nicht das Beweisverwertungsverbot. Vielmehr ist im Rahmen einer umfassenden Güte- und Interessensabwägung zu ermitteln, ob der Eingriff vom Betroffenen hingenommen werden muss. Ist ein starker Eingriff nicht zu bejahen, kann das Interesse des Aufzeichnenden überwiegen, vgl. MüKo, ZPO, 4. A., § 284 Rn. 70. Dementsprechend wurden z. B. ohne Wissen der Betroffenen angefertigt Videoaufnahmen bei einer Körperverletzung zur Aufklärung und Beweissicherung ohne Weiteres im Rahmen einer Güterabwägung für verwertbar gehalten, s. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 241. Gleiches muss bei der Aufklärung eines Verkehrsunfalls mit einem entsprechenden Personenschaden gelten. Jedoch auch bei einem Unfall mit einem reinen Sachschaden kann das Aufklärungsinteresse des Geschädigten das Persönlichkeitsrecht gefilmeter Personen überwiegen, das im Bereich der Öffentlichkeit ohnehin nur marginal tangiert ist, wenn lediglich situationsbezogene Aufnahmen vorliegen, so Balzer/Nugel in NJW 2014, 1622, 1624.

Das Verwertungsinteresse des Klägers ist im vorliegenden Fall erheblich. Nachdem beklagtenseits ein anderer Unfallhergang geschildert worden ist, als klägerseits, hat der Kläger ein erhebliches und legitimes Interesse an der Zulassung des Beweismittels, um seine Schadensersatzansprüche durchzusetzen.

Die Videoaufzeichnung dient aber auch dazu, dem Gericht eine materiell richtige, mit dem wirklichen Sachverhalt übereinstimmende Entscheidung zu ermöglichen, Greger, a. a. O., S. 115. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind auch im Zivilprozess, in dem über Rechte und Rechtspositionen der Parteien innerhalb eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses gestritten wird, die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung wichtige Belange des Gemeinwohls. Um die Wahrheit zu ermitteln, seien die Gerichte deshalb grundsätzlich gehalten, von den Parteien angebotene Beweismittel zu berücksichtigen, wenn und soweit eine Tatsachenbehauptung erheblich und beweisbedürftig ist. Dies gebiete auch der in § 286 ZPO niedergelegte Grundsatz der freien Beweiswürdigung sowie das grundrechtsähnliche Recht auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG, BVerfG, NJW 2002, S. 3619, 3624.

Zwar soll nach der Rechtsprechung des BVerfG ein schlichtes Beweisinteresse nicht genügen. Jedoch befindet sich bei Verkehrsunfällen der Geschädigte oft in einem Beweisnotstand und kann den exakten Unfallhergang nicht anders beweisen. Zeugenaussagen können nur bedingt zu Aufklärung des Unfallgeschehens beitragen. So konnte hier die Zeugin ... aus eigener Wahrnehmung nicht sagen, welche Spur der Beklagte zu 1) vor der Kollision befuhr. Auch der Sachverständige, der dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als äußerst kompetenter Sachverständiger bekannt ist, konnte anhand der Schäden und Unfallendstände keine sicheren Angaben darüber machen, ob der Beklagte zu 1), wie von diesem geschildert, noch vor der Kollision einen Fahrstreifenwechsel nach rechts durchführte. Nur mit der Videoaufzeichnung konnte der Kläger die Behauptung des Beklagten, dass dieser vor der Ampel auf die vom Kläger befahrene Fahrspur gewechselt sei und dann im weiteren Verlauf den Geradeausfahrstreifen befahren habe, widerlegen. Nur die Verwertung der Videoaufzeichnung führt hier zu einem materiell richtigem Ergebnis.

Dem ist das Interesse des Beklagten zu 1) entgegenzustellen. Die Aufzeichnung des Verkehrsgeschehen berührt nicht den absoluten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung des Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 1) wird in der Aufzeichnung auch nicht herabgewürdigt.

Zudem ist der aufgezeichnete Lebenssachverhalt auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt. Auf der Videoaufzeichnung ist der Beklagte zu 1) auch nicht als Fahrer des Beklagtenfahrzeuges identifizierbar. Das weiße Firmenfahrzeug der ... ist bei der Heranfahrt des klägerischen Fahrzeuges auf der mittleren Spur zu erkennen. Kurz nach dem Anfahren an der Ampel ist nur noch die vordere linke Ecke des Fahrzeuges zu sehen. Der Beklagte zu 1) ist selbst nicht zu erkennen.

Das Interesse des Beklagten zu 1) nicht eines Verkehrsverstoßes übeführt zu werden, ist hingegen kein schützenswertes Interesse. Insgesamt ist das Interesse des Beklagten zu 1) daher eher gering zu bewerten.

Dagegen wiegt das Interesse des Klägers an der vollständigen Unfallaufklärung schwerer, so auch AG München, Urteil vom 06.06.2013, Az. 343 C 4445/13.

Insgesamt ergab sich daher, dass der Beklagte zu 1) den Unfall durch seinen unvorsichtigen Spurwechsel verursacht hat. Ein Spurwechsel des Klägers lag nicht vor. Dieser hat vielmehr nach der Ampel seinen Fahrstreifen gewählt.

Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass der Unfall für den Kläger vermeidbar gewesen wäre, wenn dieser mit seinem Fahrzeug nicht diagonal in Richtung zum Geradeaus/Linksabbiegefahrstreifen gefahren wäre, einen Schulterblick gemacht hätte und auf den Beklagten zu 1) durch Abbrechen der Diagonalbewegung und Lenken nach rechts das Unfallgeschehen noch gerade hätten vermeiden können, so tritt dies hinter dem Verschulden des Beklagten zu 1) zurück. Im Übrigen ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger, der den Fahrstreifen nach der Ampelanlage frei wählen durfte, hier einen anderen Fahrweg hätte wählen müssen oder sogar einen Schulterblick hätte machen müssen.

Es ergibt sich folgende Schadensberechnung:

Reparaturkosten netto

2.132,01 €

Gutachtenskosten

411,53 €

Unkostenpauschale

25,00 €

Gesamtschaden

2.568,54 €

reguliert

1.013,56 €

Restbetrag

1.554,98 €

Soweit die Beklagten vorgetragen haben, dass das Fahrzeug des Klägers nicht scheckheftgepflegt sei, so hat der Kläger bereits mit der Klage das Scheckheft vorgelegt. Ausweislich des Scheckheftes wurden sämtliche Wartungen regelmäßig in einer ...-Vertragswerkstatt durchgeführt. Hier hätte es der Beklagtenseite oblegen, näher auszuführen, weshalb sie dennoch davon ausgeht, dass das klägerische Fahrzeug nicht scheckheftgepflegt ist. Das Gericht hatte hierauf mit Verfügung vom 08.01.2015 hingewiesen.

Nachdem das klägerische Fahrzeug scheckheftgepflegt ist, können die Beklagten den Kläger auch nicht auf eine nicht markengebundene Referenzwerkstatt und die Reparaturkosten in einer solchen Werkstatt verweisen.

Hinsichtlich der UPE-Aufschläge hat der Sachverständige im Termin ausgeführt, dass sämtliche ... händler im ... Raum Ersatzteilpreisaufschläge verlangen. Hinsichtlich der Verbringungskosten fallen diese bei einem Mazdavertragshändler ohne Lackiererei an. Insoweit waren auch UPE-Aufschläge und Verbringungskosten zuzusprechen.

Ebenfalls zuzusprechen waren restliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Ein Forderungsübergang auf eine Rechtsschutzversicherung ist nicht erfolgt, da der Kläger keine Rechtsschutzversicherung unterhält.

Da es sich bei den außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren um erstattungsfähige Kosten der Rechtverfolgung nach § 249 BGB handelt, kommt es nach Ansicht des Gerichts nicht darauf an, ob die Klagepartei die Rechtsanwaltsgebühren bereits bezahlt hat. Als Schadensersatzposition besteht ein Freistellungsanspruch gegenüber der Beklagten, der sich durch die Zahlungsverweigerung der Beklagten in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat, vgl. BGH, NJW 2004, 1868.

Die Verzinsung folgt §§ 286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung erging aufgrund § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erging aufgrund § 709 S. 2 ZPO.

Soweit beklagtenseits beantragt wurde, die Revision zuzulassen, war diesem Antrag jedenfalls durch das Amtsgericht nicht stattzugeben. Für eine Sprungrevision gilt § 566 ZPO. Danach erfolgt nach § 566 Abs. 1 ZPO die Zulassung bei Einwilligung des Gegners in die Sprungrevision durch das Revisionsgericht. Nach § 566 Abs. 2 ZPO ist die Zulassung durch Einreichung eines Schriftsatzes beim Revisionsgericht zu beantragen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Nürnberg-Fürth

Fürther Str. 110

90429 Nürnberg

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Nürnberg

Fürther Str. 110

90429 Nürnberg

einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 210/04 Verkündet am:
1. März 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) ZPO § 640 Abs. 2 Nr. 2; BGB §§ 1600 Abs. 1 Nr. 1, 1600 b Abs. 1 Satz 2;
Zur Verwertbarkeit eines gerichtlichen Abstammungsgutachtens, das nicht
hätte eingeholt werden dürfen, weil die Anfechtung der Vaterschaft auf eine
heimlich eingeholte DNA-Analyse gestützt war (Fortführung der Senatsurteile
BGHZ 162, 1 und vom 12. Januar 2005 - XII ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342
ff.).

b) ZPO §§ 355 Abs. 2, 372 a, 387 analog
Zu den prozessualen Möglichkeiten des Kindes, die Rechtmäßigkeit einer
solchen Beweisanordnung durch Zwischenurteil klären zu lassen.
BGH, Urteil vom 1. März 2006 - XII ZR 210/04 - OLG Dresden
AG Grimma
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 21. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. September 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit Urkunde vom 11. Januar 1996 erkannte der Kläger an, Vater des am 25. Januar 1995 geborenen Beklagten zu sein. Er schloss mit dessen Mutter am 18. Januar 1996 die Ehe, deren Scheidung er inzwischen begehrt und aus der zwei weitere Kinder hervorgegangen sind.
2
Mit der vorliegenden, am 3. Juli 2003 bei Gericht eingegangenen und am 25. August 2003 zugestellten Vaterschaftsanfechtungsklage begehrt der Kläger festzustellen, dass er nicht der Vater des Beklagten sei.
3
Das Amtsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, der Vortrag des Klägers, es bestehe keine Ähnlichkeit des Beklagten mit seiner Familie, sei bei sachgerechter Beurteilung nicht geeignet, Zweifel an seiner Vaterschaft zu wecken ; er genüge daher nicht den Anforderungen an die Schlüssigkeit einer Va- terschaftsanfechtungsklage. Gleiches gelte für das von ihm vorgelegte DNA-Vaterschaftsgutachten vom 29. Juli 2002, auch wenn er danach als biologischer Vater auszuschließen sei. Dieses Gutachten sei nämlich vor Gericht nicht verwertbar, weil es ohne Kenntnis und Zustimmung des Beklagten und damit unter Verstoß gegen dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingeholt worden sei.
4
Auf die Berufung des Klägers holte das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 1491 f. veröffentlicht ist, ein Blutgruppengutachten eines öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen für Blutgruppengutachten ein. Dieses gelangte zu dem Ergebnis, die Vaterschaft des Klägers sei offenbar unmöglich. Das Berufungsgericht gab sodann der Klage statt.
5
Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.
7
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die am 25. August 2003 rechtshängig gewordene Klage die zweijährige Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs. 1 BGB gewahrt. Der Beklagte sei für seine Behauptung beweisfällig geblieben, "schon bald nach seiner Geburt" (25. Januar 1995) habe seine im Vergleich zu seinen beiden (1996 und 1999 geborenen) Schwestern deutlich dunklere Hautfarbe den Kläger veranlasst, mehr als nur vage Zweifel an der zuvor anerkannten Vaterschaft zu äußern. Zudem habe die Mutter des Beklag- ten anfängliche Zweifel des Klägers durch ihren Hinweis zu zerstreuen versucht , es handele sich um ein in ihrer (dem Kläger nicht bekannten) Familie auch sonst vorkommendes Merkmal, und damit eine Erklärung geliefert, die dem als Arzt mit den Vererbungsgesetzen vertrauten Kläger habe einleuchten dürfen. Somit sei die Anfechtungsfrist nicht vor Kenntnis des Klägers vom Ergebnis des 2002 eingeholten privaten Abstammungsgutachtens in Lauf gesetzt worden.
8
Das wird von der Revision nicht angegriffen und ist auch sonst revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
9
2. Allerdings rügt die Revision zu Recht, das Berufungsgericht hätte die Klage - anders als das Amtsgericht - nicht schon aufgrund des vom Kläger vorgelegten privaten Abstammungsgutachtens als schlüssig ansehen und deshalb auch nicht allein daraufhin Beweis erheben dürfen.
10
Wie der Senat - nach Verkündung des hier angefochtenen Urteils - entschieden hat, kann nämlich ein heimlich eingeholtes DNA-Gutachten vor Gericht nicht verwertet werden. Es ist daher auch als Parteivortrag ungeeignet, die Schlüssigkeit einer Vaterschaftsanfechtungsklage herbeizuführen (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 BGHZ 162, 1 = FamRZ 2005, 340 ff. und - XII ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342 ff.). Daran hält der Senat uneingeschränkt fest.
11
Um ein solches "heimlich" eingeholtes DNA-Gutachten handelt es sich hier, da es an der erforderlichen Einwilligung des Kindes in die Untersuchung seiner DNA fehlte. Der Kläger konnte als nur gemeinsam mit der Mutter zur Vertretung des Kindes Berechtigter (§§ 1626 a Abs. 1 Nr. 2, 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB) diese Einwilligung nicht anstelle des Kindes erteilen.
12
3. Der Senat hat in diesen Entscheidungen zu erkennen gegeben, dass die bisherigen hohen Anforderungen der Rechtsprechung an die Umstände, mit denen ein Anfangsverdacht im Vaterschaftsanfechtungsverfahren zu begründen ist, zu überdenken sein werden (vgl. Senatsurteile vom 12. Januar 2005 aaO jeweils unter 2). Ob die vom Kläger hier vorgebrachten Verdachtsmomente (dunklere Hautfarbe, fehlende Ähnlichkeit) einen ausreichenden Anfangsverdacht zu begründen vermochten, kann hier jedoch dahinstehen.
13
Denn es kommt nicht darauf an, ob das Berufungsgericht die Klage bereits wegen des vorgelegten Privatgutachtens für schlüssig gehalten hat, wovon angesichts der Begründung der Revisionszulassung auszugehen sein dürfte. Auch wenn das Berufungsgericht den weiteren Vortrag des Klägers in Verbindung mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2003 überreichten Lichtbild des Beklagten und seiner Schwestern als schlüssig angesehen und deswegen Beweis erhoben hat, wie die Revisionserwiderung dem vor Einholung des gerichtlichen Gutachtens erteilten Hinweis des Vorsitzenden vom 4. März 2004 entnimmt, ergäbe sich nichts anderes. Ferner bedarf es keiner Entscheidung, in welchem Umfang eine solche Beurteilung der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt. Denn auch dann, wenn das Berufungsgericht mangels Schlüssigkeit der Klage die Einholung eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen für Blutgruppengutachten nicht hätte anordnen dürfen, führt dieser Verfahrensfehler nicht zur Aufhebung des auf dieses Gutachten gestützten Urteils.
14
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger sich das für ihn günstige und seinen Vortrag bestätigende Ergebnis des gerichtlichen Gutachtens stillschweigend zu eigen gemacht hat, und zwar zugleich mit der Verlesung seines Berufungsantrages in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2004. Spätestens damit erwies sich seine Klage, mag sie zuvor auch unschlüssig gewesen sein, nunmehr als schlüssig (vgl. Erman/Holzhauer BGB 11. Aufl. § 1600 b Rdn. 4) und auch als begründet. Denn auch die Revision zieht die Richtigkeit dieses Gutachtens nicht in Zweifel.
15
Dies gilt hier auch dann, wenn der Auffassung des OLG Celle (FamRZ 2006, 54, 55 a.E.) zu folgen wäre, nicht schon die Zustellung einer unschlüssigen Vaterschaftsanfechtungsklage wahre die Frist des § 1600 b Abs. 1 BGB, sondern erst die Erklärung des Klägers in diesem Verfahren, sich auf das Ergebnis eines vom Gericht gleichwohl eingeholten Gutachtens zu berufen. Denn auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2004 war die zweijährige Anfechtungsfrist selbst dann noch nicht abgelaufen, wenn sie mit Kenntnis des Klägers vom Ergebnis des Privatgutachtens vom 29. Juli 2002 zu laufen begonnen hätte, wie das Berufungsgericht meint.
16
Im Übrigen vermag der Senat dieser Auffassung des Berufungsgerichts ohnehin nicht zu folgen. Die Ausschlussfrist des § 1600 b Abs. 1 BGB soll den Anfechtungsberechtigten, der von Umständen erfährt, die gegen seine Vaterschaft sprechen, im Interesse der Rechtssicherheit in den Familienbeziehungen und im Interesse des Kindes zwingen, innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, ob er von der Möglichkeit, Anfechtungsklage zu erheben, Gebrauch machen will oder nicht (vgl. auch EuGHMR FamRZ 2006, 181 Rz. 39). Verwehrt ihm die Rechtsprechung des Senats aber, eine solche Klage auf eine heimlich eingeholte DNA-Analyse zu stützen, kann auch die Kenntnis von deren Ergebnis die Frist des § 1600 b Abs. 1 BGB nicht auslösen. Denn nach dieser Vorschrift beginnt die Frist erst mit der Kenntnis von Umständen zu laufen, auf die die Klage zulässigerweise und mit Aussicht auf Erfolg gestützt werden kann.
17
4. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, auch das gerichtliche Gutachten unterliege als ein in prozessordnungswidriger Weise gewonnenes Be- weisergebnis einem Verwertungsverbot: Da seine Einholung auf einem Verstoß gegen das Verbot der Berücksichtigung des "heimlich" eingeholten DNA-Gutachtens beruhe, setze sich das Verwertungsverbot, dem dieses Privatgutachten unterliege, an dem vom Gericht eingeholten Gutachten fort.
18
Damit postuliert die Revision eine "Fernwirkung", die vor allem im Strafprozessrecht (vgl. BGHSt 35, 32 ff.) auch als "fruit-of-the poisonous-tree"Doktrin (vgl. Justice Frankfurter in Nardone v. United States, U.S. Supreme Court 308 U.S. 338 [1939]) nach wie vor kontrovers diskutiert wird. Sie betrifft die Frage, ob ein an sich zulässiges Beweismittel dann einem Verwertungsverbot unterliegt, wenn es ohne eine zuvor in rechtswidriger Weise gewonnene Information nicht hätte erlangt werden können.
19
Ob und in welchem Umfang die hierzu für den strafrechtlichen Bereich vorgeschlagenen Lösungsansätze auch auf den Zivilprozess zu übertragen sind, kann und braucht im Rahmen der vorliegenden Entscheidung nicht generell geklärt zu werden. Jedenfalls ist die in der Zivilprozessordnung nicht geregelte Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise und Beweismittel im Zivilprozess in Rechtsprechung und Literatur noch nicht dogmatisch befriedigend geklärt und erscheint nach wie vor eher konturenlos (vgl. Kiethe MDR 2005, 965). Auch der Senat kann daher nicht umhin, sich auf eine einzelfallbezogene Lösung zu beschränken.
20
a) Bei dem hier vom Berufungsgericht von Amts wegen eingeholten Abstammungsgutachten handelt es sich nicht um ein Beweismittel, das sich die vom Beweisergebnis begünstigte Partei auf rechtswidrige oder gar strafbare Weise selbst verschafft hat. Die Lehre, die der Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel mit dem Arglisteinwand der gegnerischen Partei begegnen will (vgl. Peters ZZP 76, 145, 150 f. m.N.; Kaissis, Die Verwertbarkeit materiell- rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozess, Diss. Heidelberg 1978 S. 46 ff.), bietet deshalb hier keinen geeigneten Lösungsansatz. Denn der Kläger handelt nicht arglistig, wenn er sich ein Beweisergebnis zu eigen macht, das er der Amtsermittlung des Gerichts verdankt, gleichgültig, ob diese prozessordnungswidrig war oder nicht.
21
b) Daran schließt sich die weitere Frage an, wie sich ein solches prozessordnungswidrig vom Gericht gewonnenes Beweisergebnis auswirkt.
22
aa) Ein Beweisergebnis ist im Zivilprozess nicht schon deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil es unter Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts gewonnen wurde (vgl. Senatsurteil vom 2. November 1988 - IVb ZR 109/89 - FamRZ 1989, 373 zu § 294 Abs. 2 ZPO a.F.). Denn nicht aus jedem Beweisgewinnungsverbot folgt auch ein Beweisverwertungsverbot (vgl. Fahl JuS 1996, 1013, 1014). Dem entspricht, dass das Rechtsmittelgericht den Tatsachenvortrag einer Partei auch dann zu berücksichtigen hat, wenn die Vorinstanz ihn nach § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet hätte zurückweisen müssen (vgl. BVerfG NJW 1985, 1150). Soweit es sich hierbei um Vorschriften handelt, die der Verfahrensbeschleunigung dienen, leuchtet dies unmittelbar ein, weil der einmal verfehlte Regelungszweck auch durch Nichtberücksichtigung eines solchen Vortrags nicht mehr erreicht werden könnte (vgl. Roth JZ 2005, 174, 176).
23
Es kommt auch sonst immer wieder vor, dass ein Instanzgericht rechtsirrig von der Schlüssigkeit eines Parteivortrages ausgeht und deshalb Beweise erhebt, deren Ergebnis sich die darlegungspflichtige Partei zu eigen und damit ihren Vortrag erst schlüssig macht. Ein typischer Unterfall ist der Ausforschungsbeweis. Auch in diesem Fall handelt es sich um ein prozessordnungswidrig gewonnenes Beweisergebnis. Soweit ersichtlich, bestehen in der eher spärlichen Rechtsprechung und Literatur hierzu aber allein deswegen keine Bedenken gegen die Verwertung dieses Ergebnisses (vgl. Peters aaO S. 157 m.N.; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1727 f.).
24
bb) Etwas anderes mag gelten, wenn der Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften (etwa gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit und Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme) geeignet ist, die Güte des Beweisergebnisses zu beeinträchtigen (vgl. Peters aaO S. 158 m.N.). Ein derartiger Verstoß liegt hier aber nicht vor. Der gerügte Verfahrensfehler betrifft allein die Anordnung der Beweisaufnahme, nicht aber die Art und Weise ihrer Durchführung.
25
cc) Aus dem Gebot der Berücksichtigung des gesamten Inhalts einer durchgeführten Beweisaufnahme (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) folgt, dass mangels anderweitiger gesetzlicher Regelung ein Verbot der Verwertung eines vom Gericht erhobenen Beweises nur in Betracht kommt, wenn die Beweiserhebung ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht einer Partei verletzt, ohne dass dies zur Gewährleistung eines im Rahmen der Güterabwägung als höherwertig einzuschätzenden Interesses der anderen Partei oder eines anderen Rechtsträgers nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt erscheint (vgl. OLG Celle aaO).
26
c) Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben.
27
aa) Zwar darf das vom Kläger vorgelegte Privatgutachten nicht verwertet werden, weil es sich um ein Beweismittel handelt, das der Kläger sich widerrechtlich , nämlich unter Verstoß gegen das Grundrecht des Beklagten auf informationelle Selbstbestimmung, verschafft hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Januar 2005 aaO).
28
bb) Hingegen verstößt die Verwertung des vom Gericht in einem rechtsförmigen Verfahren eingeholten Gutachtens weder gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Beklagten, noch verstieß die vom Gericht angeordnete Blutentnahme gegen dessen Grundrecht auf körperliche Integrität (Art. 2 GG). § 372 a ZPO sieht insoweit für den Fall einer nach § 355 Abs. 2 ZPO grundsätzlich unanfechtbaren Beweisanordnung die Pflicht vor, eine Blutentnahme und deren Untersuchung auch gegen den eigenen Willen zu dulden. Diese Verpflichtung wäre im übrigen sinnlos, wenn das auf diese Weise gewonnene Beweisergebnis anschließend nicht verwertbar wäre.
29
Zwar setzt auch § 372 a ZPO voraus, dass die Feststellung der Abstammung entscheidungserheblich und beweisbedürftig ist (vgl. Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 372 a Rdn. 3), was im Falle der Unschlüssigkeit einer Vaterschaftsanfechtungsklage nicht der Fall ist. Um in einem solchen Fall einen nicht gerechtfertigten Eingriff in Grundrechte abwehren zu können, steht der Testperson aber ein Weigerungsrecht analog §§ 386 - 389 ZPO zu, das entgegen § 355 Abs. 2 ZPO auch mit dem Fehlen der Erforderlichkeit der Abstammungsfeststellung begründet und im Rahmen eines Zwischenstreits nach § 387 ZPO geltend gemacht werden kann, über den durch Zwischenurteil zu entscheiden ist (vgl. Zöller/Greger aaO § 372 a Rdn. 13). Gegen ein solches Zwischenurteil hätte das Berufungsgericht hier die Revision aus den gleichen Gründen zulassen müssen, aus denen es die Revision gegen das hier angefochtene Endurteil zugelassen hat.
30
Von diesem Weigerungsrecht des seinerzeit 9 Jahre alten und deshalb der erforderlichen Verstandesreife für eine eigene Entscheidung ermangelnden Beklagten hat der für ihn nach § 1909 Abs. 1 BGB bestellte Ergänzungspfleger, der hierzu berufen gewesen wäre (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 563, 564), keinen Gebrauch gemacht. Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben der Einholung eines Abstammungsgutachtens mit Schriftsatz vom 29. März 2004 zudem lediglich mit der Begründung widersprochen, sie sei aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zumutbar, weil die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen sei. Gegen den die Begutachtung anordnenden Beweisbeschluss vom 1. April 2004 haben sie keine Gegenvorstellungen mehr erhoben.
31
cc) Es kann dahinstehen, ob deshalb bereits davon ausgegangen werden kann, der Beklagte habe sich, in seiner Willensbildung durch den Ergänzungspfleger vertreten, der Begutachtung freiwillig unterzogen oder den damit verbundenen Eingriff in seine Grundrechte gebilligt. Der Umstand, dass er der Beweisanordnung unter Hinweis auf die seiner Ansicht nach abgelaufene Anfechtungsfrist widersprochen hatte, steht dem jedenfalls nicht zwingend entgegen , da ihm dieser Einwand auch nach Einholung des Abstammungsgutachtens erhalten blieb.
32
Jedenfalls wiegt ein etwa gleichwohl anzunehmender, allein auf der vom Revisionsgericht später nicht gebilligten Auffassung des Oberlandesgerichts in einer höchst umstrittenen Rechtsfrage beruhender erneuter Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die körperliche Integrität einer Partei dann nicht so schwer, dass er im Statusverfahren zur Unverwertbarkeit des eingeholten Abstammungsgutachtens führen müsste. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Verfahren - wie hier - dem Grundrechtsträger Verfahrensgarantien einräumt, die es ihm ermöglichen, sich gegen eine prozessordnungswidrig angeordnete Blutgruppenuntersuchung zur Wehr zu setzen. In diesem Fall ist nämlich nicht nur das dem Interesse des Kindes entgegenstehende, aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Recht des Klägers auf Kenntnis seiner Vaterschaft oder Nichtvaterschaft (vgl. BVerfG FamRZ 816, 820 unter C I 3 c) in die Güterabwägung einzubeziehen, sondern auch dessen Recht, die ihm vom Gericht in einem rechtsförmigen Verfahren bereits verschaffte Kenntnis im Vaterschaftsanfechtungsverfahren zu verwerten.
33
Anders als bei der Güterabwägung, die der Senat in seinen Urteilen vom 12. Januar 2005 (aaO S. 342 und 344) im Hinblick auf die Verwertung eines heimlich eingeholten DNA-Gutachtens vorgenommen hatte, brauchen diese Rechte des Klägers hier nicht hinter den Grundrechten des Beklagten zurückzustehen. Denn für den Beklagten ist es eher zumutbar, die statusrechtliche Folge einer vor Gericht durch ein nach den einschlägigen Richtlinien erstattetes Abstammungsgutachten zweifelsfrei nachgewiesenen und von ihm selbst nicht mehr bestrittenen Nichtvaterschaft des Klägers hinzunehmen, als für den Kläger , an einer nach diesem Beweisergebnis nicht bestehenden Vaterschaft einschließlich der sich daraus ergebenden Unterhaltspflicht festgehalten zu werden.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Grimma, Entscheidung vom 18.12.2003 - 2 F 443/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 30.09.2004 - 21 UF 70/04 -

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Besigheim vom 23.05.2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Besigheim ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung: 820,64 EUR

Gründe

 
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin prozessführungsbefugt. Sie ist zwar die Halterin, nicht jedoch die Eigentümerin des beim streitgegenständlichen Unfall beschädigten Pkw VW Passat, a.K.:, nachdem sie dieses zur Kaufpreisfinanzierung an die Bank GmbH sicherungsübereignet hat. Jedoch macht die Klägerin die Schadensersatzansprüche der Sicherungseigentümerin in eigenen Namen geltend. Dies ist vorliegend zulässig. Die Klägerin hat die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft ausreichend dargetan.
2. In der Sache bleibt der Klage jedoch der Erfolg versagt. Das Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Auch nach Auffassung der Kammer stehen der Bank GmbH die von der Klägerin in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten nicht zu.
a. Die Haftungsvoraussetzungen der §§ 7 Abs.1, 18 Abs. 1 StVG hinsichtlich der Zweitbeklagten und in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Ziff. 1 VVG bezüglich der Erstbeklagten liegen zwar vor. Der Verkehrsunfall hat sich beim Betrieb des von der Zweitbeklagten gefahrenen Motorrades Suzuki 650, a.K.:, ereignet, dessen Halterin sie auch ist und das bei der Erstbeklagten haftpflichtversichert ist. Dadurch ist an dem der Bank GmbH sicherungsübereigneten Pkw VW Passat ein Sachschaden entstanden. Dieser Ausgangspunkt ist zwischen den Parteien unstreitig und bedarf deshalb keiner weiteren Darlegung.
b. Die Ersatzpflicht der Zweitbeklagten ist nicht nach §§ 17 Abs. 3, 18 Abs. 1 Satz 2 StVG ausgeschlossen. Gemäß § 17 Abs. 3 S. 3 StVG gilt der Haftungsausschluss des § 17 Abs. 3 S. 1 StVG grundsätzlich auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs der – wie vorliegend – nicht dessen Halter ist. Jedoch vermochten die Beklagten den ihnen obliegenden Unabwendbarkeitsbeweis bzw. den Nachweis fehlenden Verschuldens nicht zu führen. Denn es ist keineswegs bewiesen, dass auch ein Idealfahrer, auf den in diesem Rahmen abzustellen ist, den Verkehrsunfall nicht hätte vermeiden können. Der Sachverständige hat in seinem mündlichen Gutachten vor dem Amtsgericht ausgeführt, dass sich bei der vorliegenden Spurenlage aus technischer Sicht ein Reaktionsverzug der Zweitbeklagten nicht ermitteln lasse. Damit ist jedoch der Nachweis nicht geführt, dass die Zweitbeklagte die Kollision auch bei optimaler Reaktion nicht hätte verhindern können. Dies gilt umso mehr, als sich der Verkehr in Fahrtrichtung der Zweitbeklagten auf der Geradeausspur der Landesstraße L 1110 (Bietigheimer Straße) aufgrund einer Lichtzeichenanlage auf einer Länge von ungefähr 200 m gestaut hatte und ein Idealfahrer beim Befahren der Linksabbiegerspur deshalb mit der naheliegenden Möglichkeit gerechnet und sich darauf eingestellt hätte, dass Führer von auf der Geradeausspur im Stau stehenden Kraftfahrzeugen möglichen Linksabbiegern, die von rechts aus der untergeordneten Zufahrt vom Industriegebiet Tamm-Nord in die Landesstraße L 1110 einfahren wollten, den Vorrang gewähren, weshalb nicht ausgeschlossen ist, dass ein Idealfahrer den Unfall in der konkreten Situation möglicherweise durch entsprechend langsame Fahrweise und optimale Reaktion hätte vermeiden können. Bei dieser Sachlage ist auch der der Zweitbeklagten als Fahrerin obliegende Nachweis fehlenden Verschuldens nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG nicht geführt.
c. Die Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- bzw. Mitverschuldensbeiträge für die Entstehung des Verkehrsunfalls führt indessen zur Alleinhaftung des Ehemannes der Klägerin, der den der Bank GmbH sicherungsübereigneten Pkw zum Unfallzeitpunkt geführt hat. Die Bank GmbH muss sich zwar, weil sie selbst nicht Halterin des beschädigten Pkw ist, nicht gemäß § 17 StVG die Betriebsgefahr ihres Kraftfahrzeugs anspruchsmindernd zurechnen lassen, wohl aber gemäß §§ 9, 17 StVG, 254 BGB das Verschulden des Fahrers ihres Kraftfahrzeugs (BGH, NJW 2011, 996; OLG Hamm, r+s 1996, 339; LG Münster, NJW-RR 2011, 1327).
aa. Dem Ehemann der Klägerin fällt ein schuldhafter Vorfahrtsverstoß gemäß § 8 Abs. 1 StVO zur Last. Gegen ihn spricht bereits der Anscheinsbeweis, da er unmittelbar bevor er mit dem Motorrad der Zweitbeklagten kollidiert ist aus der untergeordneten Zufahrt vom Industriegebiet Tamm-Nord auf die bevorrechtigte Landesstraße L1110 eingefahren ist. Stoßen an einer Straßeneinmündung zwei Kraftfahrzeuge zusammen, spricht der Anscheinsbeweis regelmäßig für eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung des Wartepflichtigen (BGH VersR 1982, 903). Die Klägerin konnte den gegen ihren Ehemann sprechenden Anscheinsbeweis nicht erschüttern. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte der Ehemann der Klägerin bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt, selbst wenn er sich langsam in die bevorrechtigte Landesstraße L 1110 hineingetastet hätte, die mit einer maximalen Fahrgeschwindigkeit von 35 km/h heranfahrende Zweitbeklagte so rechtzeitig erkennen können, dass er sein Fahrzeug noch auf dem rechten Fahrstreifen zum Stillstand hätte bringen und den Unfall damit vermeiden können.
bb. Die nach §§ 9, 18 Abs. 3, 17 StVG, 254 BGB vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge der Zweitbeklagten und des Pflichtverstoßes des Ehemannes der Klägerin für die Entstehung des Unfalls, führt nach Auffassung der Kammer zu einer Alleinhaftung des Ehemanns der Klägerin.
10 
(1) Zu Lasten der Klägerin ist die schuldhafte Vorfahrtsverletzung ihres Ehemannes zu berücksichtigen, die aufgrund des Anscheinsbeweises erwiesen ist, den die Klägerin nicht zu erschüttern vermochte. Insoweit nimmt die Kammer Bezug auf die oben Ausführungen unter lit. c aa).
11 
(2) Dagegen ist zu Lasten der Zweitbeklagten neben der Betriebsgefahr ihres Motorrades kein relevanter Pflichtverstoß zu berücksichtigen.
12 
Die Klägerin kann sich nicht auf die Grundsätze der sog. Lückenrechtsprechung berufen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Pflichtverstoß der Zweitbeklagten gegen § 1 StVO hätte begründen können. Eine besondere Sorgfaltspflicht des vorfahrtsberechtigten Vorbeifahrenden nach § 1 StVO besteht erst dann, wenn der stockende Verkehr eine so deutliche Lücke gelassen hat, dass mit Querverkehr oder Abbiegern gerechnet werden und der Vorfahrtsberechtigte sich hierauf einstellen muss. Die Lücke muss daher für den auf der freien Spur Fahrenden deutlich erkennbar sein, muss also mehr als nur eine Fahrzeuglänge betragen und über einen gewissen Zeitraum als solche bereits bestanden haben (LG Berlin Schaden-Praxis 2014, 190). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier ersichtlich.
13 
Es ist auch nicht erwiesen, dass die Zweitbeklagte zu schnell gefahren ist und/oder falsch, nämlich auf der Linksabbiegerspur, überholt hat. Zwar hat der Ehemann der Klägerin im Rahmen seiner Vernehmung als Zeuge vor dem Amtsgericht bekundet, dass die Zweitbeklagte zu schnell gefahren sei, was er als erfahrener Autofahrer beurteilen könne. Dem ist das Amtsgericht jedoch völlig zu Recht und mit überzeugender Begründung, der sich die Kammer vollinhaltlich anschließt, nicht gefolgt. Der Sachverständige hat hingegen die Bremsausgangsgeschwindigkeit der Zweitbeklagten im Bereich von 25 km/ bis maximal 35 km/h ermittelt, so dass eine Geschwindigkeit von nur 25 km/h erwiesen ist. Ein Geschwindigkeitsverstoß ist demnach nicht bewiesen. Auch die Behauptung der Klägerin, die Zweitbeklagte habe überhaupt nicht nach links abbiegen wollen, vielmehr habe sie die auf der Geradeausspur stehenden Fahrzeuge verbotswidrig auf der Linksabbiegerspur überholt, ist gleichfalls nicht erwiesen. Denn nach dem Befund des Sachverständigen wäre es der Zweitbeklagten bei der von ihr gefahrenen Geschwindigkeit von 25 km/h bis 35 km/h ohne weiteres möglich gewesen, nach links abzubiegen.
14 
Eine weitere Aufklärung des Unfallhergangs ist nicht möglich. Zwar hat der Ehemann der Klägerin den Unfallhergang offenbar mit einer im Fahrzeug installierten Dashcam des Modells F 900 LHD , einer 2,5`` FullHD Videokamera mit Nachtsichtmodus und HDMI-Anschluss, aufgenommen und die Klägerin hat sich zum Beweis für den von ihr behaupteten Unfallhergang auf die Inaugenscheinnahme dieser Videoaufzeichnung berufen. Auch hat der Sachverständige nicht ausgeschlossen, dass unter Berücksichtigung dieser Videoaufzeichnung weitere Erkenntnisse für die technische Rekonstruktion des Unfalls gewonnen werden könnten. Jedoch hat das Amtsgericht zu Recht eine Verwertung dieses Beweismittels nicht zugelassen. Denn Videoaufzeichnungen, die ohne Kenntnis des Betroffenen angefertigt wurden, sind lediglich nach den Grundsätzen über die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel ausnahmsweise zulässig. Über die Verwertbarkeit ist nach ständiger Rechtsprechung und mangels einer ausdrücklichen Regelung in der ZPO aufgrund einer umfassenden Interessen- und Güterabwägung zu entscheiden (BVerfG NJW 2002, 3619 [3624]; BGH NJW 2003, 1123 [1124 f.]). Indizwirkung haben dabei auch Verstöße gegen einfachgesetzliche Normen, die hier nach Auffassung der Kammer in mehrfacher Hinsicht gegeben sind und einer Verwertung als Beweismittel entscheidend entgegenstehen:
15 
(a) Die Aufzeichnung der Zweitbeklagten mittels Dashcam verletzt diese in ihrem Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst das Recht am eigenen Bild und ist Ausprägung eines sich an moderne Entwicklungen anpassenden Persönlichkeitsschutzes über personenbezogene Informationen. Dem Grundrechtsträger steht hiernach die Befugnis zu, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BVerfGE 65, 1 [43]; 78, 77 [84]; BVerfG, NJW 2001, 879 [880]). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann jedoch insbesondere durch konkurrierende Grundrechte Dritter eingeschränkt werden (Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art.2, Rn.181). Im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist auf Seiten der Klägerin dabei zu beachten, dass das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG der Rechtspflege eine hohe Bedeutung zumisst. Im Hinblick auf § 286 ZPO, dem Gebot effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG und dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte gehalten, angebotene Beweise zu berücksichtigen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt die Verpflichtung zu einer fairen Handhabung des Beweisrechts (BVerfG NJW 2007, 753 [758]; NJW 2011, 2783 [2785]).
16 
Allerdings kommt dem Interesse an der Zivilrechtspflege nicht generell ein überwiegendes Gewicht zu. Es müssen vielmehr weitere Gesichtspunkte hinzutreten, die das Interesse an der Beweiserhebung trotz der Rechtsverletzung als schutzbedürftig erscheinen lassen (vgl. Anm. Bull zu: BVerfG NJW 2009, 3279; NJW 2007, 753 [758]; BGH NJW 2005, 497 [498 f.]). Das kann etwa der Fall sein, wenn sich der Beweisführer in einer Notwehrsituation i.S.v. § 227 BGB oder einer notwehrähnlichen Lage befindet (BGHZ 27, 284 [289 f.]; BGH NJW 2003, 1727 [1728]). Der BGH sieht hingegen durch eine permanente, verdachtslose Überwachung des Zugangs zu einem Wohnhaus das Persönlichkeitsrecht selbst dann als verletzt an, wenn die Aufzeichnungen nicht verbreitet werden sollen. Ein derartiger Eingriff könne höchstens dann zulässig sein, wenn schwerwiegenden Beeinträchtigungen, wie etwa Angriffe auf die Person, nicht in anderer Weise zumutbar begegnet werden könne (BGH NJW 1995, 1955 [1957]). Entsprechend urteilt das BAG zur verdeckten Videoüberwachung am Arbeitsplatz, die nur im Fall des konkreten Verdachts einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers in Betracht kommt. Zudem muss die Überwachung das einzig verbleibende Mittel darstellen (BAG, Urteil v. 21.06.2012, Az.: 2 AZR 153/11, juris-Rn.30). Vor diesem Hintergrund müssen die von der Dashcam aufgezeichneten Daten auch erforderlich sein (Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 [1623]).
17 
(b) Im vorliegenden Fall können die einzelfallbezogenen Umstände kein überwiegendes Interesse der Klägerin an der Beweissicherung begründen. So sind Abbildungen von Passanten und Verkehrsteilnehmern auf öffentlichen Straßen und Wegen, die nur als Beiwerk des Stadt- oder Straßenbildes mit erfasst werden, von diesen zwar zunächst auch ohne weiteres hinzunehmen (BGH NJW 1995, 1955). Geht es jedoch um die gezielte und verdeckte Fertigung von Bildaufnahmen, muss dann etwas anderes gelten, wenn die Betroffenen nicht absehen können, ob Aufzeichnungen gefertigt werden. Dies ist vorliegend der Fall. Der Ehemann der Klägerin macht mit der im Pkw installierten Dashcam umfassende, als heimlich bezeichenbare Aufzeichnungen des gesamten Verkehrsgeschehens. Eine solche großflächige Beobachtung von öffentlichen Straßen stellt schon deshalb einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, weil durch die hier vorgenommene, permanente Aufzeichnung mit der Videokamera eine Vielzahl von Personen in kurzer Zeit in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen wird (VG Ansbach, DAR 2014, 663; a.A. offenbar AG München, NJW-RR 2014, 413, dem die Kammer jedoch nicht zu folgen vermag). Die Videoaufzeichnung des Ehemanns der Klägerin war zudem zeitlich nicht von vornherein auf das konkrete Unfallgeschehen eingegrenzt. Vielmehr wurde ein zeitlich separierter Teil der Aufnahmen nachträglich zur Beweissicherung bestimmt. Technische Vorrichtungen der Kamera zur spezifizierten Beweissicherung, bei der im Rahmen einer Ringspeicherung innerhalb zu bestimmender Zeitabstände die alten gespeicherten Aufnahmen gelöscht werden, sind zudem nicht vorhanden (Bl. 98 d.A.). Auf den jeweiligen Videofilmen wird darüber hinaus festgehalten, wann ein Betroffener die jeweilige Straße mit welchem Verkehrsmittel und ggfs. auch in welcher Begleitung passiert. Grundsätzlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Betroffene sich nur kurzzeitig, wie bei einer auf einen bestimmten, festen Ort gerichteten Kamera, im Aufzeichnungsbereich aufhält, da es der Ehemann der Klägerin selbst in der Hand hat, wie lange er einen Betroffenen aufzeichnet und was er anschließend mit der gespeicherten Aufnahme macht. Sieht der BGH schon eine stationäre, permanente und verdachtslose Überwachung ohne Veröffentlichungswillen als unzulässig an, so kann hier erst recht nichts anderes gelten, da die potentiellen Gefahren für das Persönlichkeitsrecht erhöht sind und überdies eine Veröffentlichungsabsicht vorhanden ist. Zudem liegen die von BGH und BAG angedachten Rechtfertigungskonstellationen nicht vor. Letztlich kann auch dann im vorliegenden Fall nichts anderes gelten, wenn die Videoaufzeichnungen wieder gelöscht würden, wenn sich keine besonderen Vorkommnisse ereigneten. Denn es kann nicht allein der Klägerin bzw. ihrem Ehemann überlassen bleiben, wie mit derart hergestellten Videoaufnahmen zu verfahren ist (AG München, Beschluss vom 13.08.2014 – 345 C 5551/14 -, ZD-Aktuell 2014, 04297; VG Ansbach, a.a.O.). Darin läge eine gravierende Missachtung der Befugnis der Betroffenen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten zu bestimmen. Wollte man dies anders sehen und der bloßen Möglichkeit, dass eine Beweisführung erforderlich werden könnte, den Vorrang vor dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung einräumen, würde dies bedeuten, dass innerhalb kürzester Zeit jeder Bürger Kameras ohne jeden Anlass nicht nur in seinem Pkw, sondern auch an seiner Kleidung befestigen würde, um damit zur Dokumentation und als Beweismittel zur Durchsetzung von möglichen Schadensersatzansprüchen jedermann permanent zu filmen und zu überwachen. Damit aber würde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung praktisch aufgegeben (AG München, Beschluss vom 13.08.2014 – 345 C 5551/14, ZD-Aktuell 2014, 04297).
18 
(c) Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine im Pkw installierte Dashcam verstößt zudem gegen § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG und § 22 S. 1 KunstUrhG.
19 
Nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mittels Videoüberwachung nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar ist das Anliegen der Klägerin, eine Beweissicherung vorzunehmen, legitim. Wie dargelegt überwiegen jedoch die schutzwürdigen Interessen der Zweitbeklagten, da die dauerhafte Offenbarung privater Daten im vorliegenden Fall nicht freiwillig geschieht.
20 
Nach § 22 S.1 KunstUrhG dürfen Bildnisse ferner nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden, soweit nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG die Abgebildeten nicht nur als Beiwerk einer bestimmten Örtlichkeit erscheinen. Die Befugnis nach § 23 Abs. 1 KunstUrhG erstreckt sich gemäß Abs. 2 jedoch nicht auf eine Verbreitung und Zurschaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Wie dargelegt verletzt die gezielte Aufnahme der Betroffenen diese in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
21 
(3) Bei der danach gebotenen Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- bzw. Mitverschuldensanteile der Unfallbeteiligten erscheint eine Haftungsverteilung von 100 zu 0 zu Lasten der Klägerin gerechtfertigt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass derjenige, der einen schwerwiegenden Verkehrsverstoß begeht, allein für den Unfallschaden haftet, wenn nicht dem anderen Unfallbeteiligten neben dessen Betriebsgefahr weitere die Betriebsgefahr erhöhende Verursachungsbeiträge bzw. ein Verschulden nachgewiesen werden können (BGH NJW 1998, 1137 [1138]; BGH, NJW 1990, 1483 [1484]). Die Betriebsgefahr des anderen tritt in diese Fall zurück. Genau so liegt der Fall aber hier. Da der Ehemann der Klägerin einen gravierenden schuldhaften Vorfahrtsverstoß begangen hat und der Zweitbeklagten kein relevanter Pflichtverstoß anzulasten ist, hat die Betriebsgefahr des Motorrades zurückzutreten. Dies führt zur Alleinhaftung des Ehemannes der Klägerin.
III.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Gründe

Amtsgericht Nürnberg

Az.: 18 C 8938/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 08.05.2015

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger -

Prozessbevollmächtigter: ...

gegen

1) ...

- Beklagter -

2) ...

- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: ...

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch die Richterin am Amtsgericht ... am 08.05.2015 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.554,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 133,04 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2014 zu bezahlen.

2. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.554,98 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Unfallbeteiligt war der Kläger mit seinem ..., amtliches Kennzeichen ..., sowie der Beklage zu 1) als Fahrer des bei der Beklagten zu 2) zum Unfallzeitpunkt haftpflichtversicherten ..., amtliches Kennzeichen ...

Am 14.04.2014 gegen 10:40 Uhr befuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug in ... wobei er den rechten Fahrstreifen der im dortigen Bereich mehrspurigen Fahrbahn einhielt. Im weiteren Verlauf gabelt sich die ... in zwei Linksabbiegespuren sowie in eine Geradeaus/Linksabbiegespur und eine Rechtsabbiegespur. Es kam im Bereich der Geradeausspur zu einer Kollision beider Fahrzeuge, wobei der Unfallhergang zwischen den Parteien streitig ist.

Der Kläger filmte mittels einer sogenannten Dash-Cam aus seinem Auto das Verkehrsgeschehen.

Der Kläger macht einen Reparaturschaden in Höhe von 2.132,01 €, eine Unkostenpauschale von 25,00 € sowie Gutachtenkosten in Höhe von 411,53 € geltend. Hierauf hat die Beklagte zu 2) 1.013,56 € reguliert. Daneben begehrt der Kläger Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 2.568,54 € in Höhe von 334,75 €. Hierauf hat die Beklagte zu 2) 201,71 € reguliert.

Der Kläger trägt vor, dass der streitgegenständliche Unfall vom Beklagten zu 1) durch einen Fahrstreifenwechsel allein verschuldet sei. Der Kläger sei dem Verlauf der Fahrbahn gefolgt und habe an der Gabelung den linken Fahrstreifen eingehalten. Der Beklagte zu 1) habe zunächst den mittleren Fahrstreifen der ... in gleicher Fahrtrichtung befahren und sei dann an der Stelle, an der sich die ... in zwei Fahrspuren in Richtung ... und ... aufteile, plötzlich und unvermittelt von seinem Fahrstreifen nach rechts gefahren und dort mit dem auf dem linken Fahrstreifen fahrenden klägerischen Fahrzeug kollidiert.

Sein Fahrzeug sei scheckheftgepflegt in markengebundenen Vertragswerkstätten. Bei einer Reparatur bei einem ... vertragshändler fielen UPE-Aufschläge und Verbringungskosten an.

Die Aufzeichnung der Dash-Cam sei als Beweis verwertbar.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.554,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2014 sowie 133,04 € vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2014 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Beklagten tragen vor, dass der Beklagte zu 1) auf der Geradeausspur gefahren sei. Der Kläger habe die Rechtsabbiegespur befahren und sei dann plötzlich auf die Geradeausspur gewechselt und dem Beklagten zu 1) in die Seite gefahren.

Einer Verwertung der Dash-Cam Aufzeichnung widersprechen die Beklagten. Es bestünde ein Beweisverwertungsverbot.

Das klägerische Fahrzeug sei nicht scheckheftgepflegt. Der Kläger könne daher auf die günstigeren Stundensätze einer von den Beklagten benannten Referenzwerkstatt verwiesen werden. UPE-Aufschläge und Verbringungskosten könnten nicht berechnet werden. Bei einer Reparatur in der Referenzwerkstatt ... entstünden nur Reparaturkosten in Höhe von 1.590,60 €.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme der Zeugin ..., die Inaugenscheinnahme der Aufzeichnung der Dash-Cam sowie durch die Erholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.04.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von noch 1.554,98 € gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 249 BGB, im Hinblick auf die Beklagte zu 2) in Verbindung mit §§ 115 VVG, 1 PflVG.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklage zu 1) den Unfall verursacht hat und die Beklagten für die Schäden am klägerischen Fahrzeug zu 100% haften.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug den rechten Fahrstreifen der ... befuhr und dann mit seinem Fahrzeug nach der Ampel diagonal in Richtung Geradeaus/Linksabbiegefahrstreifen lenkte. Das beklagten Fahrzeug bewegte sich hingegen vom mittleren Fahrstreifen rechtsbogenförmig auf den linken Geradeausfahrstreifen.

Dieses Ergebnis steht fest aufgrund der informatorischen Angaben des Klägers, den Angaben der Zeugin ... der Videoaufzeichnung und den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. ...

Der Vortrag des Beklagten zu 1), dass er vor der Ampel auf die vom Kläger befahrene Fahrspur gewechselt sei und dann im weiteren Verlauf den Geradeausfahrstreifen befahren habe, während der Kläger die Rechtsabbiegespur befahren habe und mit seinem Fahrzeug plötzlich nach links hinüber gekommen sei, hat sich durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt.

Die Zeugin ..., zum Unfallzeitpunkt Beifahrerin im klägerischen Fahrzeug, schilderte glaubhaft, dass der Kläger die Geradeausspur befuhr. Das Beklagtenfahrzeug habe sie erstmals beim Unfall bemerkt, den Spurwechsel des Beklagtenfahrzeuges habe sie nicht bemerkt. Das Gericht hat keine Anhaltspunkte der Zeugin nicht zu glauben. Dies räumte ein, dass ihre Unfallschilderung zum Teil nicht auf eigener Wahrnehmung beruht, sondern aus der Videoaufzeichnung abgeleitet ist.

Anhand der Videoaufzeichnung aus dem Fahrzeug des Klägers ist zu erkennen, dass der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug stets die mittlere Spur befuhr und nicht auf der vom Kläger befahrenen Spur hinter diesem fuhr. Der Beklagte zu 1) wechselte dann mit seinem Fahrzeug nach rechts auf die vom Kläger befahrene Fahrspur. Der Kläger befuhr nicht die rechte Spur, um nach links zu wechseln, sondern fuhr unmittelbar nach der Haltelinie an der Ampel diagonal in Richtung Geradeaus/Linksabbiegerfahrstreifen. Insoweit waren die Angaben des Beklagten zu 1) nicht richtig.

Nach Auffassung des Gerichts durfte die vom Kläger mit der Dash-Cam gefertigte Aufzeichnung als Beweis im Verfahren verwertet werden.

Zwar hatte sich das Gericht in der Verfügung vom 12.02.2015 noch dahingehend geäußert, dass es sich der Rechtsauffassung des AG München, Az. 345 C 5551/14, vom 13.08.2014 anschließt und von einem Beweisverwertungsverbot bzgl. der Videoaufzeichnung ausgeht. Es steht dem Gericht jedoch zu, in dieser höchst strittigen Rechtsfrage, zu der bisher höchstrichterliche Rechtsprechung nicht existiert, seine geäußerte Auffassung zu überdenken und nach erneuter Prüfung zu einer anderen Rechtsauffassung zu gelangen. Insoweit teilt das Gericht nunmehr die von Greger in NZV 2015, S. 114 ff geäußerte Rechtsauffassung, dass die Verwertung von privaten Videoaufzeichnungen von Verkehrsvorgängen als Beweis verwertbar sein können. Auf die geänderte Rechtsaufassung hat das Gericht im Termin vom 07.04.2015 hingewiesen.

Soweit der Beklagtenvertreter den klägerischen Schriftsatz vom 01.04.2015 als präkludiert rügt, geht dies ins Leere, da es sich lediglich um Rechtsausführungen zur Frage der Verwertbarkeit von Videoaufzeichnungen handelt.

Die Frage, ob sog. Dash-Cam-Videos in einem Zivilgerichtsverfahren nach einem Verkehrsunfall ausgewertet werden dürfen, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.

Zum Teil wird von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen, weil die Verwendung solcher Kameras gegen § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG verstößt, vgl. AG München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14, LG Heilbronn, Urteil vom 03.02.2015, Az. I 3 S 19/14. Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob diese Vorschrift die in oder an Fahrzeugen mitgeführten Kameras überhaupt erfasst. § 6 b BDSG regelt die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Aus dem Wortlaut des § 6 b Abs. 2 BDSG, wonach der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sind, ergibt sich, dass diese Vorschrift ersichtlich auf die Überwachung öffentlicher Flächen durch stationäre Anlagen abgestellt ist, nicht hingegen jedoch auf Aufzeichnungen aus einem fahrenden Fahrzeug heraus, bei denen die Öffentlichkeit schwerlich auf die Beobachtung hingewiesen werden kann.

Zudem ist nach § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG die Beobachtung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke gerade zulässig. Das berechtigte Interesse kann hier in der Schaffung eines aussagekräftigen Beweismittels im Rahmen eines effizienten Individualrechtsschutzes und einer funktionsfähigen Rechtspflege gesehen werden. Fraglich kann nur sein, ob schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen, was im Rahmen einer Interessensabwägung zu klären ist (s. dazu unten).

Selbst bei einem Verstoß gegen § 6 b BDSG führt dies noch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, vgl. Greger, a. a. O., S. 115 sowie Greger in Zöller, ZPO, 30. A., § 286 Rn. 15 b. Ein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot in Zivilverfahren regelt das BDSG gerade nicht.

Neben dem Verstoß gegen § 6 b BDSG wird die Unzulässigkeit der Verwertbarkeit von Videoaufnahmen auch aus § 22 S. 1 KunstUrhG abgeleitet, der ein Recht am eigenen Bild begründet, so AG München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14, LG Heilbronn, Urteil vom 03.02.2015, Az. I 3 S 19/14.

§ 22 KunstUrhG gewährt jedoch keinen Schutz gegen die Herstellung von Abbildungen, sondern nur gegen ihre unzulässige Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung. Nach § 24 KunstUrhG dürfen für Zwecke der Rechtspflege Bildnisse ohne Einwilligung des Berechtigten öffentlich zur Schau gestellt werden, was eine Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung in öffentlicher Sitzung ermöglicht. Auch das KunstUrhG enthält kein ausdrückliches Verwertungsverbot. Vielmehr zeigt § 24 KunstUrhG, dass die Verwertung zulässig sein kann.

Bisher wird es in der Rechtsprechung für unproblematisch gehalten, wenn nach dem Unfall Fotos von den beteiligten Fahrzeugen und auch vom Unfallgegner gemacht werden, um Beweise für den Unfallhergang und die Beteiligten zu sichern und diese in der Beweisaufnahme zu verwerten. Hier wurde die Verwertbarkeit nicht mit Verweis auf das KunstUrhG in Frage gestellt. Nichts anderes kann indes für Videoaufzeichnungen gelten.

Auch begründen Verstöße gegen einfaches Recht nicht per se Verwertungsverbote.

Ein Schutz vor dem Abgebildetwerden lässt sich nur auf § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht stützen, vgl. Greger, a. a. O., S. 117. Für die Frage der Verwertbarkeit kommt es demnach auf das Ergebnis der Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Interesse an der Verwertung der Aufzeichnung an.

Die Verwertung der Videoaufzeichnung greift in das aus Artikel 2 Abs. 1 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein. Dies ist beim Beklagten zu 1) sicherlich der Fall. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes ist jedoch bei unbeteiligten Personen, die als Passanten oder sonstige Verkehrsteilnehmer quasi mitgefilmt werden, schon fraglich. Da es sich hier nur um eine technikbedingte Miterfassung ohne Erkenntnisgewinn handelt, soll der Aufzeichnung wegen der Anonymität der Personen keine Eingriffsqualität zukommen, so Greger, a. a. O., S. 115 und AG München, Urteil vom 06.06.2013, Az. 343 C 4445/13 Rn. 14. So fertigen auch einige der vom Gericht beauftragten Unfallsachverständigen regelmäßig Videoaufzeichnungen des Unfallbereichs, auf denen auch Verkehrsteilnehmer und Passanten zu sehen sind, die dann in öffentlicher Sitzung abgespielt werden. An der Zulässigkeit dieses Vorgehens bestanden und bestehen auch weiterhin keine Zweifel.

Der Eingriff des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Beklagten zu 1) begründet allein jedoch noch nicht das Beweisverwertungsverbot. Vielmehr ist im Rahmen einer umfassenden Güte- und Interessensabwägung zu ermitteln, ob der Eingriff vom Betroffenen hingenommen werden muss. Ist ein starker Eingriff nicht zu bejahen, kann das Interesse des Aufzeichnenden überwiegen, vgl. MüKo, ZPO, 4. A., § 284 Rn. 70. Dementsprechend wurden z. B. ohne Wissen der Betroffenen angefertigt Videoaufnahmen bei einer Körperverletzung zur Aufklärung und Beweissicherung ohne Weiteres im Rahmen einer Güterabwägung für verwertbar gehalten, s. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 241. Gleiches muss bei der Aufklärung eines Verkehrsunfalls mit einem entsprechenden Personenschaden gelten. Jedoch auch bei einem Unfall mit einem reinen Sachschaden kann das Aufklärungsinteresse des Geschädigten das Persönlichkeitsrecht gefilmeter Personen überwiegen, das im Bereich der Öffentlichkeit ohnehin nur marginal tangiert ist, wenn lediglich situationsbezogene Aufnahmen vorliegen, so Balzer/Nugel in NJW 2014, 1622, 1624.

Das Verwertungsinteresse des Klägers ist im vorliegenden Fall erheblich. Nachdem beklagtenseits ein anderer Unfallhergang geschildert worden ist, als klägerseits, hat der Kläger ein erhebliches und legitimes Interesse an der Zulassung des Beweismittels, um seine Schadensersatzansprüche durchzusetzen.

Die Videoaufzeichnung dient aber auch dazu, dem Gericht eine materiell richtige, mit dem wirklichen Sachverhalt übereinstimmende Entscheidung zu ermöglichen, Greger, a. a. O., S. 115. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind auch im Zivilprozess, in dem über Rechte und Rechtspositionen der Parteien innerhalb eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses gestritten wird, die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung wichtige Belange des Gemeinwohls. Um die Wahrheit zu ermitteln, seien die Gerichte deshalb grundsätzlich gehalten, von den Parteien angebotene Beweismittel zu berücksichtigen, wenn und soweit eine Tatsachenbehauptung erheblich und beweisbedürftig ist. Dies gebiete auch der in § 286 ZPO niedergelegte Grundsatz der freien Beweiswürdigung sowie das grundrechtsähnliche Recht auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG, BVerfG, NJW 2002, S. 3619, 3624.

Zwar soll nach der Rechtsprechung des BVerfG ein schlichtes Beweisinteresse nicht genügen. Jedoch befindet sich bei Verkehrsunfällen der Geschädigte oft in einem Beweisnotstand und kann den exakten Unfallhergang nicht anders beweisen. Zeugenaussagen können nur bedingt zu Aufklärung des Unfallgeschehens beitragen. So konnte hier die Zeugin ... aus eigener Wahrnehmung nicht sagen, welche Spur der Beklagte zu 1) vor der Kollision befuhr. Auch der Sachverständige, der dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als äußerst kompetenter Sachverständiger bekannt ist, konnte anhand der Schäden und Unfallendstände keine sicheren Angaben darüber machen, ob der Beklagte zu 1), wie von diesem geschildert, noch vor der Kollision einen Fahrstreifenwechsel nach rechts durchführte. Nur mit der Videoaufzeichnung konnte der Kläger die Behauptung des Beklagten, dass dieser vor der Ampel auf die vom Kläger befahrene Fahrspur gewechselt sei und dann im weiteren Verlauf den Geradeausfahrstreifen befahren habe, widerlegen. Nur die Verwertung der Videoaufzeichnung führt hier zu einem materiell richtigem Ergebnis.

Dem ist das Interesse des Beklagten zu 1) entgegenzustellen. Die Aufzeichnung des Verkehrsgeschehen berührt nicht den absoluten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung des Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 1) wird in der Aufzeichnung auch nicht herabgewürdigt.

Zudem ist der aufgezeichnete Lebenssachverhalt auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt. Auf der Videoaufzeichnung ist der Beklagte zu 1) auch nicht als Fahrer des Beklagtenfahrzeuges identifizierbar. Das weiße Firmenfahrzeug der ... ist bei der Heranfahrt des klägerischen Fahrzeuges auf der mittleren Spur zu erkennen. Kurz nach dem Anfahren an der Ampel ist nur noch die vordere linke Ecke des Fahrzeuges zu sehen. Der Beklagte zu 1) ist selbst nicht zu erkennen.

Das Interesse des Beklagten zu 1) nicht eines Verkehrsverstoßes übeführt zu werden, ist hingegen kein schützenswertes Interesse. Insgesamt ist das Interesse des Beklagten zu 1) daher eher gering zu bewerten.

Dagegen wiegt das Interesse des Klägers an der vollständigen Unfallaufklärung schwerer, so auch AG München, Urteil vom 06.06.2013, Az. 343 C 4445/13.

Insgesamt ergab sich daher, dass der Beklagte zu 1) den Unfall durch seinen unvorsichtigen Spurwechsel verursacht hat. Ein Spurwechsel des Klägers lag nicht vor. Dieser hat vielmehr nach der Ampel seinen Fahrstreifen gewählt.

Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass der Unfall für den Kläger vermeidbar gewesen wäre, wenn dieser mit seinem Fahrzeug nicht diagonal in Richtung zum Geradeaus/Linksabbiegefahrstreifen gefahren wäre, einen Schulterblick gemacht hätte und auf den Beklagten zu 1) durch Abbrechen der Diagonalbewegung und Lenken nach rechts das Unfallgeschehen noch gerade hätten vermeiden können, so tritt dies hinter dem Verschulden des Beklagten zu 1) zurück. Im Übrigen ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger, der den Fahrstreifen nach der Ampelanlage frei wählen durfte, hier einen anderen Fahrweg hätte wählen müssen oder sogar einen Schulterblick hätte machen müssen.

Es ergibt sich folgende Schadensberechnung:

Reparaturkosten netto

2.132,01 €

Gutachtenskosten

411,53 €

Unkostenpauschale

25,00 €

Gesamtschaden

2.568,54 €

reguliert

1.013,56 €

Restbetrag

1.554,98 €

Soweit die Beklagten vorgetragen haben, dass das Fahrzeug des Klägers nicht scheckheftgepflegt sei, so hat der Kläger bereits mit der Klage das Scheckheft vorgelegt. Ausweislich des Scheckheftes wurden sämtliche Wartungen regelmäßig in einer ...-Vertragswerkstatt durchgeführt. Hier hätte es der Beklagtenseite oblegen, näher auszuführen, weshalb sie dennoch davon ausgeht, dass das klägerische Fahrzeug nicht scheckheftgepflegt ist. Das Gericht hatte hierauf mit Verfügung vom 08.01.2015 hingewiesen.

Nachdem das klägerische Fahrzeug scheckheftgepflegt ist, können die Beklagten den Kläger auch nicht auf eine nicht markengebundene Referenzwerkstatt und die Reparaturkosten in einer solchen Werkstatt verweisen.

Hinsichtlich der UPE-Aufschläge hat der Sachverständige im Termin ausgeführt, dass sämtliche ... händler im ... Raum Ersatzteilpreisaufschläge verlangen. Hinsichtlich der Verbringungskosten fallen diese bei einem Mazdavertragshändler ohne Lackiererei an. Insoweit waren auch UPE-Aufschläge und Verbringungskosten zuzusprechen.

Ebenfalls zuzusprechen waren restliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Ein Forderungsübergang auf eine Rechtsschutzversicherung ist nicht erfolgt, da der Kläger keine Rechtsschutzversicherung unterhält.

Da es sich bei den außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren um erstattungsfähige Kosten der Rechtverfolgung nach § 249 BGB handelt, kommt es nach Ansicht des Gerichts nicht darauf an, ob die Klagepartei die Rechtsanwaltsgebühren bereits bezahlt hat. Als Schadensersatzposition besteht ein Freistellungsanspruch gegenüber der Beklagten, der sich durch die Zahlungsverweigerung der Beklagten in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat, vgl. BGH, NJW 2004, 1868.

Die Verzinsung folgt §§ 286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung erging aufgrund § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erging aufgrund § 709 S. 2 ZPO.

Soweit beklagtenseits beantragt wurde, die Revision zuzulassen, war diesem Antrag jedenfalls durch das Amtsgericht nicht stattzugeben. Für eine Sprungrevision gilt § 566 ZPO. Danach erfolgt nach § 566 Abs. 1 ZPO die Zulassung bei Einwilligung des Gegners in die Sprungrevision durch das Revisionsgericht. Nach § 566 Abs. 2 ZPO ist die Zulassung durch Einreichung eines Schriftsatzes beim Revisionsgericht zu beantragen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Nürnberg-Fürth

Fürther Str. 110

90429 Nürnberg

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Nürnberg

Fürther Str. 110

90429 Nürnberg

einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.

(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden.

(2a) Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.

(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften – ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.

(3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.

(3b) Auf Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.

(3c) Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum Zwecke des Linksabbiegens einordnen.

(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).

(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.