Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 10 CS 19.1165

bei uns veröffentlicht am09.07.2019

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

IV. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Frau Rechtsanwältin … …, Ingolstadt, beigeordnet.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin richtet sich gegen Nrn. I. und II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 7. Mai 2019, mit dem die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juli 2018 angeordnet wird.

Mit diesem Bescheid stellte die Antragsgegnerin den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt der Antragstellerin zu 1 und ihrer Söhne, der Antragsteller zu 2 und 3, fest. Dabei ging die Antragsgegnerin davon aus, dass die Antragstellerin zu 1 zwischen dem 20. November 2014 und dem 19. November 2016 aufgrund ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft bei verschiedenen Arbeitgebern und trotz des ergänzenden Sozialleistungsbezugs freizügigkeitsberechtigt war. Danach sei sie nicht mehr erwerbstätig gewesen. Aufgrund eines ärztlichen Gutachtens vom April 2018 sei festgestellt worden, dass sie nicht, wie von ihr behauptet erwerbsunfähig sei, sondern eine Leistungsfähigkeit von täglich 3 bis 6 Stunden vorliege. Sie sei sowohl vom Jobcenter als auch vom Ausländeramt mit Schreiben vom 22. Mai 2018 aufgefordert worden, eine Tätigkeit in diesem Umfang aufzunehmen; dieser Verpflichtung sei sie nicht nachgekommen. Die Voraussetzungen für ein Freizügigkeitsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 5 in Verbindung mit § 4 FreizügG/EU lägen nicht vor. Selbst wenn sie nunmehr eine Tätigkeit aufnehmen würde, sei davon auszugehen, dass dies unter dem Druck des vorliegenden Verfahrens erfolge, um einer Verlustfeststellung zu entgehen. Sie bestreite ihren Lebensunterhalt seit Jahren durch (ergänzenden) Sozialleistungsbezug in erheblichem Umfang. Auch das Einkommen aus einer Tätigkeit im Rahmen von 3 bis 6 Stunden täglich reiche nicht zur Deckung des Lebensunterhalts der Antragstellerin zu 1 und ihrer Söhne aus. Die Anordnung des Sofortvollzugs begründete die Antragsgegnerin mit dem fortlaufenden Sozialleistungsbezug in nicht unerheblicher Höhe.

Mit Beschluss vom 7. Mai 2019 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10. Juli 2018 an. Die Antragstellerin zu 1 sei jedenfalls aktuell nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Nichtbestehens/Bestehens des Freizügigkeitsrechts sei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts. Die Antragstellerin gehe seit 1. Dezember 2018 einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit als Pflegekraft/Seniorenbetreuerin nach. Die Berufung auf die Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU stelle sich nach summarischer Prüfung auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar. Vorliegend möge die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit zum 1. Dezember 2018 auch unter dem Eindruck der Verlustfeststellung der Antragsgegnerin stehen, jedoch ergebe sich unter Berücksichtigung der objektiven Gesamtumstände des Einzelfalls, dass diese Arbeitsaufnahme nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein dürfte. Denn die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotene summarische Prüfung ergebe, dass die Antragstellerin zu 1 über den gesamten Zeitraum seit ihrer Einreise freizügigkeitsberechtigt als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 1a FreizügG/EU gewesen sei. Sie habe in der Zeit von 2014 bis 2016 durchgehend gearbeitet. Da sich unter den Arbeitsverhältnissen Vollzeitstellen und Teilzeitstellen mit einem größeren Zeitumfang befunden hätten, könne jedenfalls im Verfahren des einstweilen Rechtsschutzes nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die Antragstellerin zu 1 nur in der Bundesrepublik befinde, um Sozialleistungen zu beziehen. Es spreche auch vieles dafür, dass sie ihr Freizügigkeitsrecht in der Zeit von Herbst 2016 bis Herbst 2018 nicht verloren habe. Das Recht auf Freizügigkeit bleibe für Arbeitnehmer bei vorübergehender Erwerbsminderung infolge von Krankheit oder Unfall selbst dann unberührt, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr bestehe. Die Antragstellerin zu 1 sei fast im gesamten Zeitraum von Herbst 2016 bis August 2018 ausweislich der vorgelegten Bescheinigungen unter anderem aufgrund einer Schulterverletzung arbeitsunfähig gewesen. Für die Zeit danach ergebe sich ein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU. Bei der vorliegenden Erwerbsbiografie sei bei der Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 1 zunächst aufgrund der Betreuungssituation ihrer Kinder und der Erkrankung des Antragstellers 2 keine Vollzeitarbeit habe aufnehmen können. Vor diesem Hintergrund könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass sie von vornherein die Absicht gehabt habe, lediglich einzureisen, um Sozialhilfe zu beziehen. Eine solche Absicht könne auch nicht aus der Höhe der bisher aufgewendeten Sozialhilfebeträge angenommen werden. Der höchste Anteil an den Kosten sei durch die stationäre Unterbringung des Antragstellers zu 2 verursacht. Die Unterbringung habe zwei Jahre nach der Einreise der Antragsteller begonnen und sei auch nicht absehbar gewesen. Es sei auch fraglich, ob es sich bei den Kosten der Jugendhilfe um Kosten der Sozialhilfe im Sinne des Unionsrechts handle.

Im Beschwerdeverfahren beantragt die Antragsgegnerin, 5 den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 7. Mai 2019 in den Nrn. I. und II. aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen.

Die Antragstellerin könne sich wegen ihrer äußerst geringen Tätigkeiten im Zeitraum November 2014 bis November 2016 nicht auf einen durchgehenden Arbeitnehmerstatus berufen. Sie sei teilweise nur 2 Stunden wöchentlich beschäftigt gewesen und erfülle damit nicht den vom EuGH gebilligten Umfang einer Wochenarbeitszeit von mindestens 5,5 Stunden. Zudem stelle sich die Geltendmachung eines auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU gestützten Freizügigkeitsrechts als rechtsmissbräuchlich dar. Bevor die Antragstellerin zu 1 nach ihrer Einreise im Juli 2014 überhaupt eine Tätigkeit gesucht habe, habe sie im Oktober 2014 direkt beim Jobcenter vorgesprochen, um Sozialleistungen zu beantragen. Die Tätigkeit in einem sehr geringen Rahmen von nur einzelnen Wochenstunden habe sie lediglich begonnen, um überhaupt die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung beim Jobcenter erfüllen zu können. Dies sei auch der zeitlichen Abfolge ihrer Arbeitsaufnahme und der Sozialleistungsbewilligung zu entnehmen. Nachdem ihr die Sozialleistungen im März 2015 weiter gebilligt worden seien, habe der Umfang der Erwerbstätigkeit erheblich abgenommen. Mit den Stundenerhöhungen im Juli 2015 und März 2016 habe sie nur formal die Mindestvoraussetzungen für ein Freizügigkeitsrecht erfüllt. Die Arbeitsaufnahme bzw. die Erhöhung der Arbeitszeit stehe in zeitlichem Zusammenhang mit Vorspracheterminen bei der Antragsgegnerin bzw. dem Jobcenter. Die Tätigkeiten seien zu keinem Zeitpunkt auf eine ernsthafte erwerbswirtschaftliche Betätigung ausgerichtet gewesen. Der Antragstellerin zu 1 sei von vornherein bewusst gewesen, dass sie in Deutschland Sozialhilfeleistungen beziehen würde, da sie laut eigenen Angaben bei der Einreise über keinerlei Einkommen verfügt habe und auch das in Spanien vorhandene Vermögen bewusst verschwiegen habe. Selbst wenn die Kosten der Jugendhilfe nicht unter dem Begriff unionsrechtlicher Sozialleistungen zu fassen seien, bedeute es eine in jeder Hinsicht unangemessene Belastung für das nationale Sozialsystem in seiner Gesamtheit, wenn es für jeden Unionsbürger in der Lage der Antragstellerin zu 1 geöffnet würde und damit praktisch eine Sozialleistungsfreizügigkeit begründet werde. Auch könne dem Verwaltungsgericht nicht darin gefolgt werden, dass der Arbeitnehmerstatus wegen Krankheit von November 2016 bis Dezember 2018 fortbestanden habe. Die Antragstellerin zu 1 habe ihre Beschäftigungen nicht aufgrund der Krankheit verloren. Laut amtsärztlichen Gutachten vom April 2018 sei sie ab diesem Zeitpunkt im Umfang von 3 bis 6 Stunden täglich erwerbsfähig und zur Aufnahme einer Beschäftigung verpflichtet gewesen. Sie habe sich jedoch trotz gutachterlich festgestellter Arbeitsfähigkeit von ihrem Hausarzt weiter krankschreiben lassen. Auch die erst zum Zeitpunkt der bevorstehenden Gerichtsverhandlung plötzliche Verbesserung des Gesundheitszustandes sei äußerst unglaubwürdig und mache einen Rechtsmissbrauch deutlich. Nach behaupteter über 2-jähriger Krankheit sei es ihr nun seit Dezember 2018 möglich, in einem Umfang von 30 Stunden wöchentlich in der auch körperlich herausfordernden Altenpflege und Seniorenbetreuung zu arbeiten. Die Antragstellerin zu 1 habe ihre Erwerbstätigkeit zum 1. Dezember 2018 ausschließlich aufgrund der mit Bescheid vom 10. Juli 2018 erfolgten Verlustfeststellung aufgenommen. Im Nachhinein sei bekannt geworden, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gar nicht mehr in diesem Arbeitsverhältnis gestanden, aber weiterhin den Eindruck vermittelt habe, als Arbeitnehmerin tätig zu sein. Deshalb sei das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung am 7. Mai 2019 von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei am 15. März 2019 zum 31. März 2019 ausgesprochen worden. Aufgrund der selbst verschuldeten Kündigung könne sie sich jedenfalls nicht mehr auf einen Fortbestand der Arbeitnehmereigenschaft berufen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen, ihnen Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen und ihre Prozessbevollmächtigte beizuordnen.

Die Antragsteller seien aus familiären Gründen in die Bundesrepublik eingereist. Sie seien dem damaligen Lebenspartner der Antragstellerin zu 1, dem Vater des Antragstellers zu 3, gefolgt, der eine Stelle als Chefkoch vermittelt bekommen habe. Die Antragstellerin zu 1 habe erst im Oktober 2014 Sozialleistungen beantragt, weil sie bis dahin ihren Lebensunterhalt auch durch das Gehalt ihres Lebenspartners habe sichern können. Sie habe sich in dieser Zeit eine Beschäftigung gesucht, welche im Hinblick auf die Betreuung des erst 1-jährigen Antragstellers zu 3 möglich gewesen sei. Sie sei bis zum krankheitsbedingten, vorübergehenden Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt durchgehend in einem bzw. zwei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gewesen. Eine Beschäftigung mit einer größeren Anzahl an Arbeitsstunden sei unter den damaligen Umständen nicht zumutbar und realistisch gewesen. Die Antragsgegnerin lasse die gesamte Krankheitsgeschichte der Antragstellerin zur 1 vollkommen außer Acht. Das vorübergehende Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt im Herbst 2016 sei aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung erfolgt, welche eine Operation und langwierige Rehabilitationsmaßnahmen notwendig gemacht hätten. Die private Situation sei zusätzlich durch die Diagnose einer schweren psychischen Erkrankung des Antragsstellers zu 2 mit anschließender Unterbringung in einer therapeutischen Einrichtung und der Trennung vom Lebenspartner verbunden mit häuslicher Gewalt belastet gewesen. Angesichts der Erkrankung, der Operation und der langen Reha-Maßnahme dürften keine Zweifel bezüglich des unfreiwilligen krankheitsbedingten Fernbleibens vom Arbeitsmarkt bestehen. Die Antragstellerin zu 1 habe auch dem Verwaltungsgericht die Kündigung des letzten Arbeitsverhältnisses nicht verschwiegen. Im Zeitpunkt der Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags am 12. Februar 2019 habe das Arbeitsverhältnis noch bestanden. Das Arbeitsverhältnis sei ausschließlich wegen der erneuten gravierenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin zu 1 beendet worden. Ihr sei im Vorstellungsgespräch zugesichert worden, dass sie im Durchschnitt nur eine bettlägerige bzw. auf den Rollstuhl angewiesene Person zu betreuen habe. In der ersten Zeit habe sie keine gesundheitlichen Beschwerden gehabt. Dann habe sie zahlreiche Überstunden absolvieren müssen und zwei bettlägerige Patienten betreuen müssen. Dies habe zu einer rapiden Verschlechterung des Gesundheitszustandes geführt. Sie habe ihren Vorgesetzten über den Arztbesuch am 22. Februar 2019 rechtzeitig informiert. Nach dem Arztbesuch sei sie krankgeschrieben gewesen.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten (auch im Verfahren 25 K 18.3750) verwiesen.

II.

I.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verlustfeststellung gemäß § 5 Abs. 4 FreizügG/EU wiederhergestellt. Die Ausführungen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren, auf die sich die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, enthalten keine Gründe, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben wäre (vgl. § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO). Die im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Antragsteller aus, weil der Ausgang des Klageverfahrens gegen die Verlustfeststellung der Antragsgegnerin offen ist und das Suspensivinteresse der Antragsteller, bis zum Abschluss des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens bezüglich der Verlustfeststellung sich weiter im Bundesgebiet aufzuhalten, das öffentliche Interesse, einen unangemessenen Sozialleistungsbezug zu beenden, überwiegt.

Gemäß § 5 Abs. 4 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU innerhalb von 5 Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen (BVerwG, U.v 16.7.2015 - 1 C 22/14 - juris Rn. 15). Für die rechtliche Beurteilung der Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich ist (BVerwG, U.v. 16.7.2015 - 1 C 22/14 - juris Rn. 11), hier also der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung.

1. Ob die Antragstellerin zu 1 sich im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU berufen kann, ist offen. Mit der Aufnahme der Tätigkeit als Altenpflegehelferin bei der BID Seniorenbetreuung ist die Antragstellerin zu 1 Arbeitnehmerin nach Art. 45 AEUV und damit freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 FreizügG/EU. Dieses Arbeitsverhältnis wurde durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. März 2019 beendet. Im Hauptsacheverfahren wird zu klären sein, ob die Freizügigkeitsberechtigung gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 bzw. Satz 2 FreizügG/EU unberührt bleibt.

Das Tatbestandsmerkmal des unfreiwilligen Arbeitsplatzverlustes im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bzw. Satz 2 FreizügG/EU ist dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer die Gründe, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, nicht zu vertreten hat (Nr. 2.3.1.2 AVV-FreizügG/EU). Somit führen betriebsbedingte Kündigungen, die Einstellung der Produktion, die Insolvenz des Arbeitgebers, unzumutbare Arbeitsbedingungen etc. zur unfreiwilligen Arbeitslosigkeit (Hailbronner, AuslR, Stand Januar 2019, FreizügG/EU, § 3 Rn. 82; Oberhäuser in HK-AuslR, 2. Aufl. 2016, FreizügG/EU, § 3 Rn. 30). Sofern im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Gründe zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, besteht keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit. Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, welche Gründe zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben (Tewocht in BeckOK AuslR, Stand 1.5.2019, FreizügG/EU, § 2 Rn. 49). Nach den von der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen erfolgte die Kündigung als ordentliche Kündigung in der Probezeit, der eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit vorangegangen war. Der von der Antragstellerin vorlegte „Schriftverkehr“ spricht eher dafür, dass die Krankschreibung der Antragstellerin zu 1 wegen ihrer Rückenprobleme ab dem 22. Februar 2019 die Ursache für die ordentliche Kündigung war und nicht das unentschuldigte Fernbleiben, so dass von einer unfreiwilligen Arbeitslosigkeit (falls von der Arbeitsagentur bestätigt) und einem Fortbestehen der Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bzw. Satz 2 AufenthG auszugehen wäre und jedenfalls derzeit die Freizügigkeitsberechtigung der Antragstellerin zu 1 noch fortbestünde.

Ob die Freizügigkeitsberechtigung nur für sechs Monate oder für ein Jahr fortbesteht, hängt von der Dauer der vorangegangenen Beschäftigung ab. Insofern kommt es entscheidend darauf an, ob die Antragstellerin zu 1 in der Zeit zwischen Herbst 2016 bis zur Wiederaufnahme der Beschäftigung im Dezember 2018 nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt war oder - wie die Antragsgegnerin meint - spätestens ab April 2018 wieder erwerbsfähig war und daher die Freizügigkeitsberechtigung nicht mehr nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU fortbestand.

Für den Zeitraum von Oktober 2014 bis Oktober 2016 geht der Senat aufgrund summarischer Prüfung davon aus, dass die Antragstellerin zu 1 als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt war. Als Arbeitnehmer ist jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Dabei haben allerdings weder die begrenzte Höhe der Vergütung noch die Herkunft der Mittel für diese Vergütung oder der Umstand, dass der Betreffende die Vergütung durch andere Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts wie eine aus öffentlichen Mitteln des Wohnmitgliedstaats gezahlte finanzielle Unterstützung zu ergänzen sucht, irgendeine Auswirkung auf die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts (vgl. EuGH, U.v. 4.2.2010 - Rs. C-14/09, Genc - juris Rn. 20, 25 m.w.N.). Auch der Umstand, dass im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses nur wenige Arbeitsstunden geleistet werden, schließt die Arbeitnehmereigenschaft nicht zwangsläufig aus. Zwar kann der Umstand, dass im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur sehr wenige Arbeitsstunden geleistet werden, ein Anhaltspunkt dafür sein, dass die ausgeübten Tätigkeiten nur untergeordnet und unwesentlich sind, doch lässt es sich unabhängig von der begrenzten Höhe des aus einer Berufstätigkeit bezogenen Entgelts und des begrenzten Umfangs der insoweit aufgewendeten Arbeitszeit nicht ausschließen, dass die Tätigkeit aufgrund einer Gesamtbewertung des betreffenden Arbeitsverhältnisses die Arbeitnehmereigenschaft begründet. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sind bei der Gesamtbewertung des Arbeitsverhältnisses neben Arbeitszeit und Vergütung beispielweise auch Aspekte wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrags oder auch die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses berücksichtigungsfähig (EuGH, U.v. 4.2010 - Rs. C-14/09, Genc - juris Rn. 27). Diesbezüglich verweist der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Beschluss vom 7. Mai 2019 (BA Rn. 33).

Die Antragstellerin zu 1 hat diese Erwerbstätigkeit auch nicht nur deshalb aufgenommen hat, um formal Arbeitnehmerfreizügigkeit geltend machen zu können und - damit verbunden - (aufstockende) Sozialleistungen zu beziehen - wie die Antragsgegnerin nunmehr im Beschwerdeverfahren geltend macht. Im streitgegenständlichen Bescheid ging sie nämlich noch vom Bestehen der Freizügigkeitsberechtigung für diesen Zeitraum aus. Insbesondere kann der Antragstellerin zu 1 nicht angelastet werden, dass sie nach der Trennung von ihrem Lebenspartner im Oktober 2014 sofort Sozialleistungen beantragt hat. Der Antragsteller zu 3 war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal zwei Jahre alt, so dass sie ohne entsprechende Kinderbetreuung nicht ohne weiteres einen geeigneten Arbeitsplatz finden konnte.

2. Kommt man zugunsten der Antragstellerin zu 1 zum Ergebnis, dass ihre Freizügigkeitsberechtigung grundsätzlich fortbesteht, ist fraglich, ob sie sich dennoch nicht auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen kann, weil sich die Geltendmachung eines Freizügigkeitsrechts hier als rechtsmissbräuchlich darstellt und das Unionsrecht nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bei rechtsmissbräuchlichen Praktiken keine Anwendung findet (EuGH, U.v. 12.3.2014 - C-456/12, O. und B. - juris Rn. 58 m.w.N.; U.v. 16.10.2012 - C-346/10 - juris Rn. 58). In der nationalen Rechtsprechung wird dieser „Missbrauchstatbestand“ im Bereich des Freizügigkeitsrechts dementsprechend angewandt (OVG NRW, B.v. 28.3.2017 - juris Rn. 3; OVG RhPf, B.v. 20.9.2016 - 7 B 10406/16.OVG - juris).

Der Nachweis eines Missbrauchs setzt zum einen voraus, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde, und dass zum anderen ein subjektives Element vorliegt, nämlich die Absicht, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden. Rechtsmissbräuchliche Praktiken im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setzen nicht voraus, dass die Antragstellerin zu 1 aktiv über das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft täuscht oder falsche Angaben macht. In derartigen Fällen sieht § 2 Abs. 7 FreizügG/EU einen eigenen Verlustfeststellungstatbestand vor. Es reicht aus, dass der Betreffende zwar formal die unionsrechtlichen Voraussetzungen für die Arbeitnehmerfreizügigkeit erfüllt, aber von vornherein nicht die Absicht hat, für die Dauer des Aufenthalts eine Erwerbstätigkeit auszuüben, die ausreichende Existenzmittel sichert. Denn die Gewährleistung des Freizügigkeitsrechts steht nach Unionsrecht unter dem Vorbehalt, dass Sozialhilfeleistungen nicht unangemessen in Anspruch genommen werden (Erwägungsgründe Nr. 9 und 16 Freizügigkeitsrichtlinie). Um zu beurteilen, ob der Leistungsempfänger Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch nimmt, sind die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen Umstände sowie der gewährte Sozialhilfebezug zu berücksichtigen.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze und einer gebotenen Gesamtschau, die abweichend von der den Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit bestimmenden Prüfung des Arbeitnehmerbegriffs nicht beschränkt ist, sondern sämtliche Aspekte zu umfassen hat, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin zu 1 ihre Beschäftigung zum 1. Dezember 2018 nur deshalb aufgenommen hat, um weiterhin in den Genuss von unangemessenen Sozialleistungen zu kommen.

Die Antragsgegnerin ist offensichtlich bis Oktober 2016 noch von einem angemessenen Sozialleistungsbezug der Antragsteller ausgegangen und hat daher auch von einer Anhörung zur Verlustfeststellung abgesehen. Erst die durch die Unterbringung des Antragstellers zu 2 verursachten Jugendhilfekosten und die Weigerung der Antragstellerin zu 1, nach der amtsärztlichen Untersuchung im April 2018 wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, veranlassten die Antragsgegnerin ein Verlustfeststellungsverfahren einzuleiten. Nicht eindeutig geklärt ist allerdings, ob die Antragstellerin im Mai 2018 bereits wieder arbeitsfähig war - wie die Antragsgegnerin unter Berufung auf das nicht bei den Akten befindliche amtsärztliche Gutachten vorbringt - oder sie noch arbeitsunfähig war, wofür die vom Arzt der Antragstellerin zu 1 ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sprechen. Auch wenn die Antragstellerin zu 1 die Beschäftigung nur deshalb aufgenommen haben sollte, um eine Verlustfeststellung zu vermeiden, liegt nicht zwangsläufig ein Missbrauch eines formal bestehenden Freizügigkeitsrechts vor. Zu berücksichtigen ist insoweit, ob sie beabsichtigt hat, die Erwerbstätigkeit tatsächlich über eine gewisse Dauer auszuüben und, objektiv betrachtet, dazu auch in der Lage war. Für die Antragstellerin zu 1 spricht, dass es sich um eine Tätigkeit mit einem Umfang von 30 Wochenstunden handelte, die sie bis zum erneuten Auftreten ihrer gesundheitlichen Beschwerden auch tatsächlich wahrgenommen hat. Das Arbeitsverhältnis wurde auch nicht von der Antragstellerin beendet, sondern vom Arbeitgeber ordentlich gekündigt. Demgegenüber steht, dass sie - wie die Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung vorgetragen hat - die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei der Verlängerung der Grenzübertrittsbescheinigung gegenüber der Antragsgegnerin verschwiegen und erst nach dem für sie positiven Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 7. Mai 2019 erneut Sozialleistungen beantragt hat, obwohl das Arbeitsverhältnis bereits über einen Monat vorher beendet war. Die Erwiderung im Beschwerdeverfahren, eine Kommunikation mit ihrer Prozessbevollmächtigten sei aufgrund von Krankheit und Urlaub nicht möglich gewesen, erweist sich insoweit nicht als stichhaltig.

3. Die bei offenen Erfolgsaussichten der Klage vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin zu 1 und der Antragsteller zu 2 und 3 aus, da diese ihre Freizügigkeitsberechtigung von ihrer Mutter ableiten. Das durch den Sozialleistungsbezug begründete öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt nicht das private Interesse der Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiterhin von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen. Abzustellen ist insoweit nur darauf, ob die Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens unangemessen hohe Sozialleistungen beziehen. Auf die bislang von der Antragsgegnerin aufgewandten Sozial- und Jugendhilfeleistungen kommt es dabei nicht an. Da der Antragsteller zu 2 nicht mehr in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht ist, fallen auch keine Jugendhilfekosten mehr an, die in der Vergangenheit den weitaus überwiegenden Teil der Leistungen ausgemacht haben. Auch der Wertung des Gesetzgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FreizügG/EU), dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen eine Verlustfeststellung der Regelfall ist, kommt bei der Interessenabwägung ein besonderes Gewicht zu. Gerade in den Fällen einer Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 AufenthG wegen Sozialleistungsbezug, die ermessensfehlerfrei nur dann verfügt werden kann, wenn ein „unangemessener“ Sozialleistungsbezug vorliegt, widerspricht es dieser Wertung, wenn eine Voraussetzung für die Verlustfeststellung zugleich deren Sofortvollzugs begründen würde. Zudem ist das Interesse des Antragstellers zu 2, der als Familienangehöriger nach § 3 Abs. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt ist, seinen Mittelschulabschluss (Juli 2019) in der Bundesrepublik zu erlangen, zu berücksichtigen.

Auf die von den Antragstellern im Beschwerdeverfahren aufgeworfene Frage, ob sich das Freizügigkeitsrecht des Antragstellers zu 2 aufgrund seines Schulbesuchs aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 ergibt und der Antragstellerin zu 1 als dem die Personensorge wahrnehmenden Elternteil daher ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht zusteht (vgl. SächsOVG, U.v. 25.10.2018 - 3 A 736/16 - juris Rn. 28), kommt es somit nicht mehr an.

Die Kostentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG.

II.

Den Antragstellern ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihre Prozessbevollmächtigte beizuordnen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO). Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe. Ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, ist hier nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen, weil die Antragsteller in erster Instanz obsiegt haben und das Rechtsmittel von der Antragsgegnerin eingelegt wurde.

Mit Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 3. Juli 2019 haben die Antragsteller nachgewiesen, dass sie die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen können.

Einer Kostenentscheidung bedarf es insoweit nicht. Weder fallen Gerichtskosten an, noch können Kosten erstattet werden. Da Gerichtskosten nicht erhoben werden, ist eine Streitwertfestsetzung entbehrlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 10 CS 19.1165

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 10 CS 19.1165

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 10 CS 19.1165 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

Zivilprozessordnung - ZPO | § 119 Bewilligung


(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn d

Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis


Abfallverzeichnis-Verordnung - AVV

Referenzen - Urteile

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 10 CS 19.1165 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 10 CS 19.1165 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 16. Juli 2015 - 1 C 22/14

bei uns veröffentlicht am 16.07.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass ihr kein Recht auf Einreise und Aufenthalt als Unionsbürgerin gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass ihr kein Recht auf Einreise und Aufenthalt als Unionsbürgerin gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU zustehe, sowie eine damit verbundene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung.

2

Die im August 1935 geborene Klägerin ist ungarische Staatsangehörige. Sie ist - nach ihren Angaben - seit ihrer Geburt schwerbehindert, da ihr der rechte Arm fehlt.

3

Die Klägerin reiste Ende des Jahres 2004 nach Deutschland ein und begründete hier ihren ständigen Aufenthalt. Am 24. März 2006 sprach sie beim Bürgerbüro der Beklagten vor und erklärte, sich als Familienangehörige im Bundesgebiet aufzuhalten; sie wünsche die Ausstellung einer Bescheinigung über ihr Freizügigkeitsrecht. Nachdem die Beklagte ermittelt hatte, dass die Klägerin in S. wohnhaft und in ihren Datensätzen als Zeitpunkt der Anmeldung der 14. Mai 2005 vermerkt war, stellte sie der Klägerin am 28. März 2006 eine bis zum 27. September 2006 gültige Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU aus. Ausweislich der Eintragungen im Ausländerzentralregister verzog die Klägerin am 27. März 2008 wieder ins Ausland. Vom 10. Juli 2008 bis 30. September 2008 war sie im Bundesgebiet gemeldet. Nach Mitteilungen des Polizeipräsidiums S. wurde die Klägerin für die Zeit vom 14. November 2008 bis 2. Dezember 2008 und die Zeit vom 23. April 2008 bis 4. Dezember 2009 wegen Beförderungserschleichung in öffentlichen Verkehrsmitteln angezeigt. Nach einem bei den Akten befindlichen Melderegisterauszug ist die Klägerin am 4. November 2009 wieder ins Bundesgebiet zugezogen. Im März 2010 teilte das Sozialamt der Ausländerbehörde der Beklagten mit, die Klägerin habe anlässlich einer Vorsprache erklärt, keine Leistungen nach dem SGB XII beantragen zu wollen; ihre Kinder würden sie finanziell unterstützen. Unter dem 24. März 2010 stellte die Beklagte der Klägerin daraufhin eine Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU mit unbefristeter Gültigkeit aus. Unter dem 31. März 2010 teilte das Sozialamt der Beklagten mit, dass die Klägerin auf ihren Antrag vom 25. März 2010 seit diesem Zeitpunkt Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII bezieht.

4

Mit Verfügung vom 14. Mai 2012 stellte die Beklagte das Nichtbestehen bzw. den Verlust des Rechts der Klägerin auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU gemäß § 5 Abs. 5 FreizügG/EU (in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014, BGBl. I S. 1922) fest, forderte die Klägerin nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU auf, das Gebiet der Bundesrepublik spätestens bis einen Monat nach Bestands- bzw. Rechtskraft dieser Verfügung zu verlassen, und drohte ihr die Abschiebung nach Ungarn an, falls sie der Ausreisepflicht nicht fristgerecht nachkomme. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin sei nicht freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 FreizügG/EU. Sie habe zwar freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige, von denen sie ein Recht auf Einreise und Aufenthalt ableiten könne, benannt. Eine schutzwürdige tatsächliche Beziehung zu diesen sei jedoch nicht erkennbar. Schließlich habe die Klägerin auch kein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU erworben, da sie sich noch nicht seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Der Klägerin sei es nicht gelungen, den von ihr geltend gemachten Daueraufenthalt nachzuweisen. Tatsächlich habe sie sich - betrachte man die Meldedaten - nur immer wieder vorübergehend im Bundesgebiet aufgehalten.

5

Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 22. Januar 2014 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

6

Aufgrund der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sei der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin gegen Ende des Jahres 2004 von Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei und dort ihren ständigen Aufenthalt begründet habe. Seit dieser Zeit habe sie die Bundesrepublik Deutschland nicht wieder länger als sechs Monate in einem Jahr verlassen, weshalb sie Ende des Jahres 2009 ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4a FreizügG/EU erworben habe. Sie habe das Bundesgebiet nur zweimal kurzzeitig verlassen, um Pass- und Bankangelegenheiten in Ungarn zu erledigen. Maßgeblich für die Begründung des Daueraufenthaltsrechts sei, dass bis zum Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren keine (konstitutive) Verlustfeststellung wirksam getroffen worden sei, da - wie sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ablesen lasse - die Ausreisepflicht frühestens mit dem Wirksamwerden der Feststellungsverfügung entstehen könne mit der Folge, dass bis zu diesem Zeitpunkt der Aufenthalt der Betroffenen rechtmäßig sei. Unerheblich sei hierbei grundsätzlich, ob die Klägerin materiell die Voraussetzungen für die Freizügigkeitsberechtigung erfülle.

7

Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass die Klägerin nicht die Anforderungen für den Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU erfülle. Erforderlich sei hierfür ein fünfjähriger ständiger rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C 8.12) folge, dass das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU anknüpfe und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall dieser Voraussetzungen nicht mehr berührt werde. Der Betroffene müsse sich während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben und über den gesamten Zeitraum freizügigkeitsberechtigt gewesen sein. Die schlichte Tatsache einer fehlenden Verlustfeststellung sei für die Annahme eines ständigen rechtmäßigen Aufenthalts nicht ausreichend.

8

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und schließt sich der Auffassung der Beklagten an.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit einer Begründung zurückgewiesen, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Denn es ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU) bereits dann entsteht, wenn bis zum Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren keine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU wirksam getroffen worden ist, und es nicht darauf ankommt, ob der Betroffene materiell die Voraussetzungen für die Freizügigkeitsberechtigung erfüllt. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil zu der Frage, ob sich die Klägerin während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und die materiellen Voraussetzungen für die Freizügigkeitsberechtigung erfüllt, kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das Verfahren ist daher an den Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

11

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts. Insoweit gilt Gleiches wie für andere aufenthaltsrechtliche Entscheidungen, die Grundlage einer Aufenthaltsbeendigung sein können (vgl. für Ausweisungen von Unionsbürgern nach altem Recht: BVerwG, Urteil vom 3. August 2004 - 1 C 30.02 - BVerwGE 121, 297 <308 f.>). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 1 C 20.11 - Buchholz 402.242 § 55 AufenthG Nr. 15 Rn. 15). Der revisionsgerichtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist daher das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1922), das am 9. Dezember 2014 in Kraft getreten ist.

12

1. Die auf Aufhebung der Verfügung vom 14. Mai 2012 (in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2012) gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Die angefochtene Verfügung ist ein feststellender Verwaltungsakt über das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts. Im Hinblick auf die Vermutung der Freizügigkeit von Unionsbürgern und den Grundsatz, dass Unionsbürger und ihre Angehörigen weitestgehend aus dem Geltungsbereich des allgemeinen Aufenthaltsrechts herausgenommen werden, setzt die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Freizügigkeitsgesetzes/EU vom Aufenthaltsgesetz einen Feststellungsakt der zuständigen Behörde voraus (BT-Drs. 15/420 S. 106).

13

2. Die von der Klägerin angefochtene Feststellung des Nichtbestehens des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU gemäß § 5 Abs. 4 FreizügG/EU ist formell rechtmäßig. Der angefochtene Bescheid vom 14. Mai 2012 wurde von der zuständigen Behörde erlassen. Die sachliche Zuständigkeit für derartige Feststellungen ist in Baden-Württemberg nach § 4 Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung, des Innenministeriums und des Integrationsministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz, dem Asylverfahrensgesetz und dem Flüchtlingsaufnahmegesetz sowie über die Verteilung unerlaubt eingereister Ausländer (Aufenthalts- und Asyl-Zuständig-keitsverordnung - AAZuVO) vom 2. Dezember 2008 (GBl. Baden-Württemberg 2008, 465) bei den unteren Ausländerbehörden angesiedelt. Diese landesrechtliche Zuständigkeitsregelung beruht auf der bundesgesetzlichen Ermächtigung in § 71 Abs. 1 AufenthG. Sie gilt auch für Maßnahmen und Entscheidungen nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU, da sie eine über das Aufenthaltsgesetz hinausgehende generalklauselartige Kompetenzzuweisung enthält, die auch aufenthaltsrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU erfasst. Einer Rückverweisung auf das Aufenthaltsgesetz in § 11 FreizügG/EU bedarf es daher nicht (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 C 18.10 - BVerwGE 140, 72 Rn. 8 ff.).

14

3. Ob die Anfechtungsklage begründet ist, lässt sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden. Die Auslegung von § 4a Abs. 1 und § 5 Abs. 4 FreizügG/EU durch das Berufungsgericht und seine Annahme, dass bereits die Tatsache einer fehlenden Verlustfeststellung für die Annahme eines ständigen rechtmäßigen Aufenthalts ausreichend ist, verletzt Bundesrecht.

15

a) Rechtsgrundlage für die Verlustfeststellung ist § 5 Abs. 4 FreizügG/EU in seiner - während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen - aktuellen Fassung. Hiernach kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen dieses Rechts innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind oder diese nicht vorliegen. Durch die Neufassung des § 5 Abs. 4 FreizügG/EU wird klargestellt, dass eine Verlustfeststellung nicht nur getroffen werden kann, wenn das Freizügigkeitsrecht ursprünglich bestanden hat und später entfallen ist, sondern auch dann, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU zu keinem Zeitpunkt bestanden haben (BT-Drs. 18/2581 S. 16).

16

b) Die in § 5 Abs. 4 FreizügG/EU genannte Fünfjahresfrist bezieht sich darauf, dass nach Ablauf eines rechtmäßigen fünfjährigen ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet ein Daueraufenthaltsrecht erworben wird. Die Möglichkeit zur Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU erlischt mit dem Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts. Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Der Formulierung in § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU "unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2" ist zu entnehmen, dass nicht jeder nach nationalem Recht rechtmäßige Aufenthalt hierfür ausreicht, sondern das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU anknüpft und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall der Voraussetzungen nicht mehr berührt wird (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss des Senats vom 13. Juli 2010 - 1 C 14.09 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 41 Rn. 14). § 4a FreizügG/EU setzt die Vorschriften des Kapitels IV der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/630/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. EU L 158 S. 77) - sogenannte Unionsbürgerrichtlinie - um. Nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG hat jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-424/10 und C 425/10 [ECLI:EU:C:2011:866], Ziolkowski und Szeja - Rn. 46; vom 6. September 2012 - C-147/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:538], Czop u.a. - Rn. 35, 38; vom 8. Mai 2013 - C-529/11 [ECLI:EU:C:2013:290], Alarape und Tijani - Rn. 35 und vom 11. November 2014 - C-333/13 [ECLI:EU:C:2014:2358], Dano - Rn. 71) ist rechtmäßig im Sinne des Unionsrechts nur ein Aufenthalt, der im Einklang mit den in der Richtlinie 2004/38/EG und insbesondere mit den in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG aufgeführten Voraussetzungen steht. Dass das Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU einen fünfjährigen, auf Unionsrecht beruhenden rechtmäßigen Aufenthalt voraussetzt, folgt unter anderem aus dem 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/38/EG, wonach der Daueraufenthalt den Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen zugutekommen soll, die sich gemäß den in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen fünf Jahre lang ununterbrochen in dem Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-424/10 und C-425/10 - Rn. 42).

17

c) Das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts setzt somit unionsrechtlich voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat (BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C 8.12 - Buchholz 402.261 § 4a FreizügG/EU Nr. 3 Leitsatz 1 und Rn. 16). Aufgrund der Neufassung des § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU und der Einfügung des Wortes "rechtmäßigen" nach dem Wort "ständigen" durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes vom 2. Dezember 2014 kommt nunmehr auch im Wortlaut der Vorschrift hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass eine Verlustfeststellung nicht bereits dann ausgeschlossen ist, wenn ein Unionsbürger sich fünf Jahre ständig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Systematisch spricht entscheidend für einen auf die materiellen Freizügigkeitsvoraussetzungen abstellenden Begriff des rechtmäßigen Aufenthalts in § 4a FreizügG/EU, dass der Gesetzgeber in der Anrechnungsregel des § 11 Abs. 3 FreizügG/EU "Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalts nach diesem Gesetz" den Zeiten eines (titelabhängigen) rechtmäßigen Aufenthalts nach dem Aufenthaltsgesetz gegenübergestellt hat (BT-Drs. 15/420 S. 106). Dass es im Kontext des Freizügigkeitsgesetz/EU für die Annahme eines rechtmäßigen Aufenthalts der Freizügigkeitsberechtigung bedarf, entspricht auch der auf eine zunehmende Integration infolge eines gesicherten Aufenthalts abstellenden Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 15/420 S. 103) sowie dem Sinn und Zweck der Regelung, der durch den freizügigkeitsgestützten Voraufenthalt erhöhten Integration durch ein Daueraufenthaltsrecht Rechnung zu tragen (BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C 8.12 - Buchholz 402.261 § 4a FreizügG/EU Nr. 3 Rn. 20). Die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG müssen während eines zusammenhängenden Zeitraumes von fünf Jahren erfüllt worden sein. Indes muss die Zeitspanne, während der zur Begründung eines Daueraufenthaltsrechts fünf Jahre lang ununterbrochen die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG vorgelegen haben müssen, nicht der Zeitraum vor der letzten mündlichen Verhandlung oder Tatsacheninstanz sein (BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C 8.12 - Buchholz 402.261 § 4a FreizügG/EU Nr. 3 Rn. 21; vgl. auch: EuGH, Urteil vom 7. Oktober 2010 - C-162/09 [ECLI:EU:C:2010:592], Lassal - Rn. 33 bis 39).

18

4. Für eine abschließende Entscheidung fehlen dem Senat die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu der Frage, ob die Klägerin während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und insoweit bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat sich die Klägerin von Ende des Jahres 2004 an ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten, so dass Ende des Jahres 2009 ein fünf Jahre währender ständiger Aufenthalt im Bundesgebiet vorlag. Das Berufungsgericht hat aber - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG (Art. 2 Abs. 2 FreizügG/EU) getroffen. Das Verfahren ist daher zur weiteren Klärung dieser Frage an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

19

5. In dem erneuten Berufungsverfahren wird der Verwaltungsgerichtshof insbesondere zu prüfen haben, ob die Klägerin die Freizügigkeitsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU und/oder nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. §§ 3 und 4 FreizügG/EU, die Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, d, Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG umsetzen, erfüllt.

20

a) Nicht erwerbstätige Unionsbürger, wie die Klägerin, erlangen die Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG) bei Aufenthalten von mehr als drei Monaten nur dann, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen.

21

Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob die Klägerin während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren über ausreichenden Krankenversicherungsschutz verfügte, insbesondere ob sie auf der Grundlage der von ihr bezogenen ungarischen Rente auch bei einem Daueraufenthalt im Bundesgebiet ausreichend krankenversichert war. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die Klägerin während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren über ausreichende Existenzmittel verfügte. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG sind ausreichende Existenzmittel solche, die sicherstellen, dass der Freizügigkeitsberechtigte die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats nicht in Anspruch nehmen muss. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht automatisch einen Verlust des Freizügigkeitsrechts zu begründen vermag. Erforderlich ist vielmehr eine unangemessene Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen. Die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU führt ebenso wie die Ausweisung zur Beendigung des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sowie zur Verlassenspflicht des Unionsbürgers und unterliegt damit dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit, wie es der Gerichtshof der Europäische Union in seiner Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 20. September 2001 - C-184/99 [ECLI:EU:C:2001:458], Grzelczyk - Rn. 43 f.; vom 17. September 2002 - C-413/99 [ECLI:EU:C:2002:493], Baumbast - Rn. 91 ff. und vom 7. September 2004 - C-456/02 [ECLI:EU:C:2004:488], Trojani - Rn. 45 ff.) entwickelt hat. Zwar kann der Umstand, dass ein nicht erwerbstätiger Unionsbürger zum Bezug von Sozialhilfeleistungen berechtigt ist, einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass er nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt (EuGH, Urteil vom 19. September 2013 - C-140/12 [ECLI:EU:C:2013:565], Brey - Rn. 63). Insbesondere dem 10. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/38/EG ist jedoch zu entnehmen, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG genannte Voraussetzung vor allem verhindern soll, dass die hierin genannten Personen die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats unangemessen in Anspruch nehmen (EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-424/10 und C-425/10 - Rn. 40; und vom 19. September 2013 - C-140/12 - Rn. 54). Zur Beurteilung der Frage, ob ein Ausländer Sozialhilfeleistungen in unangemessener Weise in Anspruch nimmt, ist, wie aus dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/38/EG hervorgeht, zu prüfen, ob der Betreffende vorübergehende Schwierigkeiten hat, und die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen Umstände des Betreffenden und der ihm gewährte Sozialhilfebetrag zu berücksichtigen. Von einer unangemessenen Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen kann zudem nicht ohne eine umfassende Beurteilung der Frage ausgegangen werden, "welche Belastung dem nationalen Sozialhilfesystem in seiner Gesamtheit aus der Gewährung dieser Leistung nach Maßgabe der individuellen Umstände, die für die Lage des Betroffenen kennzeichnend sind, konkret entstünde" (EuGH, Urteil vom 19. September 2013 - C-140/12 - Rn. 64).

22

Im vorliegenden Fall fehlen tatsächliche Feststellungen dazu, ob die Klägerin während des gesamten, vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen ununterbrochenen Aufenthalts von Ende Mai 2004 an über ausreichende Existenzmittel verfügte. Den Akten ist insoweit lediglich zu entnehmen, dass die Klägerin in dem Zeitraum vom 14. Mai 2005 bis 24. März 2010 keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen hat. Die Nichtinanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen belegt für sich allein noch nicht positiv, dass ausreichende Existenzmittel vorhanden sind, wenn unklar ist, aus welchen Mitteln die Existenz tatsächlich gesichert gewesen ist. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang, ob die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum deshalb über ausreichende Existenzmittel verfügte, weil ihr nahe Angehörige, insbesondere ihre Töchter, Unterhalt und familiäre Unterstützung gewährten. Dabei wird sich das Berufungsgericht gegebenenfalls mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob die Gewährung von Unterhalt durch existenzsichernde Leistungen beziehende Angehörige als Existenzsicherung im Sinne des Unionsrechts angesehen werden kann.

23

b) Des Weiteren kommt in Betracht, dass eine Freizügigkeitsberechtigung der Klägerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. §§ 3 und 4 FreizügG/EU vorliegt, wenn ihre in Deutschland lebenden Töchter freizügigkeitsberechtigt sind. Den Familienangehörigen von Unionsbürgern steht das abgeleitete Aufenthaltsrecht nur dann zu, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Der Begriff "begleiten oder nachziehen" impliziert eine im Sinne des Ehe- und Familienschutzes schutzwürdige tatsächliche Beziehung (Nr. 3.1.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 26. Oktober 2009 ). Eine solche könnte hier unter anderem dann vorliegen, wenn die Klägerin sich während des maßgeblichen Zeitraums intensiv um ihren psychisch kranken Enkel Josef gekümmert hätte.

24

aa) Weitere Voraussetzung für das Freizügigkeitsrecht der Familienangehörigen von erwerbstätigen Unionsbürgern ist ferner, dass ihnen Unterhalt gewährt wird (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU; Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d der Richtlinie 2004/38/EG). Das Aufenthaltsrecht des Angehörigen ergibt sich aus einer tatsächlichen Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Familienangehörige vom Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt wird (EuGH, Urteil vom 8. November 2012 - C-40/11 [ECLI:EU:C:2012:691], Iida - Rn. 55). Dazu gehört eine fortgesetzte und regelmäßige Unterstützung in einem Umfang, der es ermöglicht, zumindest einen Teil des Lebensunterhalts regelmäßig zu decken. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 18. Juni 1987 - C-316/85 [ECLI:EU:C:1987:302], Lebon - Rn. 20) ist es nicht möglich, die Inanspruchnahme von Sozialhilfe als Indiz für eine mangelnde Unterhaltsgewährung anzusehen. Das Berufungsgericht hat demnach zu klären, ob und inwieweit Verwandte der Klägerin während des maßgeblichen Zeitraums erwerbstätig waren und der Klägerin Unterhalt gewährten.

25

bb) Für die Familienangehörigen der in § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU erwähnten nicht erwerbstätigen Unionsbürgern wird in § 3 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU zusätzlich auf die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU verwiesen. Familienangehörige von nicht erwerbstätigen Unionsbürgern, die diese begleiten oder ihnen nachziehen, sind unter den gleichen Bedingungen wie der Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass auch die nachziehenden oder begleitenden Familienangehörigen selbst über ausreichende Existenzmittel verfügen. Vielmehr kann auch auf die finanziellen Mittel des Unionsbürgers, von dem das Aufenthaltsrecht abgeleitet wird, abgestellt werden (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Januar 2014, § 4 FreizügG/EU Rn. 10; Nr. 4.13 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 26. Oktober 2009 ). Für den Fall, dass das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Klägerin während des maßgeblichen Zeitraums Sozialhilfeleistungen bezog bzw. von ihren Verwandten unterhalten wurde, die ihrerseits Sozialhilfeleistungen bezogen, käme es für die Bejahung einer Freizügigkeitsberechtigung darauf an, dass die Sozialhilfeleistungen "nicht unangemessen" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union (Urteil vom 19. September 2013 - C-140/12 - Rn. 69 ff.) in Anspruch genommen wurden.

26

6. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.

(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.