Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. März 2014 - 19 ZB 12.892

bei uns veröffentlicht am05.03.2014
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, 5 K 11.02124, 15.02.2012

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2010, mit dem der Verlust seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland festgestellt wurde.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe liegen - soweit dargelegt - nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Es erscheint nicht zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten für rechtmäßig erachtet hat.

Der Vortrag des Klägers unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 23. November 2010 (C - 145/09 - juris- Tsakouridis), dass die von ihm begangenen Straftaten nicht genügten, um von zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit auszugehen, sie entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht vergleichbar seien mit einem bandenmäßigen Handeln mit Betäubungsmitteln und auch die vom Europäischen Gerichtshof geforderte außergewöhnlich schwere Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit nicht vorliege, begründet keine ernstlichen Zweifel.

a) Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügigG/EU darf eine Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt bei Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten 10 Jahren im Bundesgebiet hatten, nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden.

Es kann dahinstehen, ob es im vorliegenden Fall an der Vollendung eines derartigen Aufenthaltszeitraums von 10 Jahren nach den Prüfkriterien in den Entscheidungen des EuGH vom 16.Januar 2014 (C - 400/12 sowie C - 378/12 jeweils juris) fehlt und daher nicht „zwingende Gründe“, sondern lediglich „schwerwiegende Gründe“ der öffentlichen Sicherheit zugrunde zu legen sind. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe in den Blick zu nehmen sind (der Kläger hat vor der Ausweisungsverfügung bereits fast 2 Jahre seiner Freiheitsstrafen verbüßt), und deshalb eine Diskontinuität des Aufenthalts in den letzten 10 Jahren den Kläger daran hindern könnte, in den Genuss des verstärkten Schutzes zu kommen (EuGH vom 16.1.2014 - C 400/12 a. a. O. Rn. 35). Auch die seitens der Beklagten für diesen Aufenthaltszeitraum nicht weiter aufgeklärte Frage, seit wann sich der Kläger vor seiner Festnahme im Januar 2008 in Italien aufgehalten hat, kann offen bleiben. Angesichts des Meldestatus des Klägers „Fortzug nach Unbekannt“ am 1. September 2006 (Bl. 350 der Akten) steht auch insoweit die Kontinuität des Aufenthalts in Frage.

Der Kläger ist mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 27. November 2008 wegen gewerbsmäßigem Betrugs in 21 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 15 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt worden, so dass gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügigG/EU zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit vorliegen können.

Aus dem Wortlaut und der Systematik von Art. 28 RL 2004/38/EG, dessen Umsetzung in nationales Recht § 6 Abs. 5 FreizüigG/EU dient, ergibt sich, dass der Unionsgesetzgeber, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 RL 204/38/EG genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, die auf diese Vorschrift gestützten Maßnahmen entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der RL 2004/38/EG auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen wollte (vgl. EuGH, U. v. 23.11.2010 - C 145/09 a. a. O.).

Eine Ausweisung muss demzufolge stets auf eine individuelle Prüfung des Einzelfalls gestützt werden und kann nur dann mit zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit im Sinne von Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG bzw. § 6 Abs. 5 Freizügig/EU gerechtfertigt werden, wenn sie angesichts der außergewöhnlichen Schwere der Bedrohung für den Schutz der Interessen, die mit ihr gewahrt werden sollen, erforderlich ist (vgl. EuGH U. v. 23.11.2010 a. a. O. Rn. 49). Insoweit ist der außergewöhnliche Charakter der Bedrohung des Schutzgutes der öffentlichen Sicherheit nach Maßgabe der verwirkten und verhängten Strafen, des Umfangs des eingetretenen Schadens und der Rückfallneigung gegen die Gefahr abzuwägen, die Resozialisierung des Betroffenen in dem Staat, in dem er vollständig integriert ist, zu gefährden. Eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 5 Jahren kann deshalb nicht zu einer Ausweisung führen, ohne dass die vorstehend beschriebene individuelle Prüfung des Einzelfalls stattgefunden hat (vgl. EuGH vom 23.11.2010 a. a. O.). Insoweit sind Art und Schwere der begangenen Zuwiderhandlung, die Dauer des Aufenthalts im betroffenen Aufnahmemitgliedstaat, die seit der Begehung der Zuwiderhandlung vergangene Zeit und das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit sowie die Intensität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufnahmemitgliedstaat zu berücksichtigen.

b) Die in Anwendung dieses im Rahmen des § 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügigG/EU zu beachtenden Grundsatzes erfolgte Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Ausweisung des Klägers aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist, wird durch den Vortrag des Klägers nicht in Frage gestellt. Der Senat hat dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. BVerwG U. v. 3.8.2004 - 1 C 30.02 juris).

Nach der Rechtsprechung des EuGH steht es den Mitgliedsstaaten frei, Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 Unterabsatz 2 AEUV angeführten als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet ist, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und die damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen kann, mit denen gemäß Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist; dies ist auf der Grundlage einer individuellen Prüfung des konkreten Falls zu klären (EuGH U. v. 22.5.2012 C - 348/09 juris). Mit diesem Hinweis auf Art. 83 Abs. 1 UnterAbsatz 2 AEUV hat der EuGH klargestellt, dass Bereiche besonders schwerer Kriminalität unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen können.

Zutreffend hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sich diese Sichtweise auch aus dem vorhergehenden Urteil des EuGH vom 23. November 2010 (C - 145.09 a. a. O.) ergibt und nicht auf die äußere und innere Sicherheit des Mitgliedsstaats sowie den bandenmäßigen Betäubungsmittelhandel beschränkt ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass in jedem Einzelfall eine eigenständige Prüfung entsprechend den vorstehenden Kriterien des EuGH vorzunehmen und insbesondere nicht die Vergleichbarkeit mit Betäubungsmittelhandeldelikten erforderlich ist. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht insoweit ersichtlich auch lediglich auf die Folgen der inmitten stehenden Straftaten abgestellt, auf die Beeinträchtigung der Lebensqualität und der legalen Wirtschaftstätigkeit sowie auf die Bedrohung der Stabilität der Mitgliedsstaaten.

Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob die vom Kläger begangenen Straftaten dem Bereich der in Art. 83 AEUV ausdrücklich angesprochenen organisierten Kriminalität zuzuordnen sind. Hierzu wäre erforderlich, dass mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen planmäßig von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte Straftaten begehen, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind (vgl. hierzu die von der bundesweiten Gemeinsamen Arbeitsgruppe Justiz/Polizei im Mai 1990 entwickelte Definition „Organisierte Kriminalität“ www.bka.de ).

Für den vorliegenden Fall gilt, dass hinsichtlich des dem Kläger zur Last gelegten bandenmäßigen Betrugs in 31 Fällen nur nach § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Verfolgung abgesehen wurde. Jedenfalls handelt es sich bei den vom Kläger begangenen Straftaten um eine derartig besonders schwere, in kriminelle Strukturen eingebundene Kriminalität. Der Kläger hat über Jahre hinweg, zuletzt ununterbrochen im Zeitraum von Oktober 2003 bis Februar 2007, plan- und gewerbsmäßig handelnd eine enorm hohe Zahl von Betrugshandlungen (über 50) begangen, die im Ergebnis einen Schaden von weit über 1 Million Euro verursachten. Hinzu kommt, dass - die im Urteil des Landgerichts Würzburg behandelten 21 tatmehrheitlich begangenen Betrugshandlungen im Zusammenhang mit weiteren Straftaten standen, nämlich in 15 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, was insoweit die erhebliche kriminelle Energie des Klägers unterstreicht. Auf diese erhebliche kriminelle Energie verweist in seiner Urteilsbegründung auch das Landgericht Frankfurt am Main, das den Kläger wegen gewerbsmäßigen Betrugs in (von vornherein beschränkten) 7 tatmehrheitlichen Fällen verurteilt hat. Die Vorgehensweise des Klägers war strukturiert, in allen Einzelheiten durchdacht und vermittelte den Eindruck einer professionellen Vorgehensweise. Auch das Landgericht Würzburg konstatiert eine nicht unerhebliche kriminelle Energie, die sich aus der Vielzahl der Taten und der Planmäßigkeit des Vorgehens unter bewusster Ausnutzung erkannter Mängel der Leasinggesellschaften ergibt.

Die unter Einbindung in kriminelle Strukturen gewerbsmäßige Vorgehensweise des Klägers beeinträchtigte über die erhebliche Schädigung einzelner Unternehmen hinaus das Wirtschaftsleben und führte zu dessen Unterwanderung und erheblichen volkswirtschaftlichen Schäden bis hin zu einer existenziellen Bedrohung sowohl des jeweiligen Unternehmers wie auch des jeweiligen Arbeitnehmers. Zu Recht hat die Beklagte darauf verwiesen, dass derartige Straftaten erheblich das Vertrauen der Bevölkerung in die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft und des Staates stören. In diesem Zusammenhang ist auch die Ausführung des Verwaltungsgerichts zu sehen, dass mit der Angst, Opfer von Betrugshandlungen zu werden, zweifellos eine Beeinträchtigung der Lebensqualität verbunden ist. Derartige gewerbsmäßige Straftaten mit erheblichen Schäden beeinträchtigen das Sicherheitsempfinden, ohne das Menschen ihre Grundfreiheiten und individuellen Rechte nicht wirksam wahrnehmen können. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Vermögensstraftaten in dem vom Kläger begangenen Umfang jedenfalls die legale Wirtschaftstätigkeit erheblich bedrohen, ist damit nicht ernstlich zweifelhaft.

Durch die vom Kläger über einen erheblichen Zeitraum mit erheblicher krimineller Energie nach einem überlegten System begangenen Betrugsstraftaten in der besonders schweren Form des § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB, die den Urteilen der Strafgerichte zugrunde liegen und bei denen verwirkte Einzelstrafen von über 35 Jahren im Raum stehen, ist den Geschädigten ein Schaden im Umfang von weit über 1 Million Euro entstanden. Diese Gegebenheiten und die sich hieraus ergebenden Folgen sind schwerwiegend und bedrohen im Unterschied zu vereinzelten und nicht das normale Maß übertreffenden Betrugshandlungen in hohem Maß die legale Wirtschaftstätigkeit; die Verhinderung weiterer derartiger schwerwiegender Straftaten stellt damit ein überragend wichtiges Interesse der Gesellschaft dar.

c) Auch die Behauptung des Klägers, dass vom Kläger keine konkrete Gefahr weiterer erheblicher und schwerwiegender Betrugsdelikte ausgeht, vermag keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen.

Die Annahme im angefochtenen Urteil, dass beim Kläger die tatsächliche und gegenwärtige Gefahr weiterer erheblicher und schwerwiegenden Betrugsdelikte besteht, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auf die erhebliche und anhaltende einschlägige Straffälligkeit des Klägers hingewiesen, der sich auch nicht die letzte Verurteilung durch das Amtsgericht Gießen, das ihn zunächst noch zu einer Bewährungsstrafe verurteilt hat, zur Warnung hat dienen lassen. Auch die Feststellung in dem Strafurteil des Landgerichts Würzburg, dass der Kläger eine gewisse Schuldeinsicht gezeigt habe, zeugt nicht von der erforderlichen grundlegenden Auseinandersetzung mit dem vergangenen Tun als Grundvoraussetzung für eine Einstellungs- und Verhaltensänderung. Dies gilt auch für die weitere Feststellung im Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, in dem von einem detailarmen Geständnis die Rede ist.

Auch im vorliegenden Verfahren hat der Kläger nicht ansatzweise die Gelegenheit genutzt, sich zu den Motiven und Beweggründen und den Möglichkeiten der Änderung seines Verhaltens zu äußern und sich mit seinen Straftaten auseinanderzusetzen.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat nicht verkannt, dass die letzte der den Strafurteilen zugrundeliegenden Straftaten schon einige Jahre zurückliegt und der Kläger sich nach seiner Festnahme in Italien erstmals in Strafhaft befand. Ungeachtet dessen besteht beim Kläger, wie vom Verwaltungsgericht Ansbach (Seite 12 UA) sowie im streitgegenständlichen Bescheid vom 21.7.2010 eingehend dargelegt, eine konkrete Wiederholungsgefahr. Mit diesen Erwägungen setzt sich der Klägervertreter nicht auseinander. Auch die Entlassung aus der Strafhaft in Italien wegen guter Führung vermag angesichts der objektiven Rahmenbedingungen der Strafhaft (wie Sicherung des Lebensunterhalts und Überwachung) an dieser Prognose nichts zu ändern.

Das strafrechtlich geahndete persönliche Verhalten des Klägers und die im streitgegenständlichen Bescheid wie auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach festgestellte konkrete Wiederholungsgefahr stellt eine außergewöhnlich schwere Bedrohung der öffentlichen Sicherheit dar, die die Interessen des Klägers an einem Verbleib im Bundesgebiet zurücktreten lassen.

Die nach der Rechtsprechung des EuGH notwendige individuelle Prüfung des Einzelfalls wurde im streitgegenständlichen Bescheid ordnungsgemäß und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots durchgeführt. Gegenüber der vom Kläger ausgehenden Gefahr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten sind die sozialen, kulturellen, familiären und privaten Bindungen des Klägers zur Bundesrepublik Deutschland von erheblich geringerem Gewicht. Auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid sowie auf die Urteilsbegründung vom 15. Februar 2012 wird verwiesen.

Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass beim Kläger zudem eine erhebliche Bindung zum Land seiner Staatsangehörigkeit besteht. Bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls ist die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass durch den am 24. April 2013 seitens der Beklagten ergangenen Ergänzungsbescheid, in dem die Wirkungen der Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt für die Bundesrepublik Deutschland auf den 21. Januar 2016 befristet worden sind, auch dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Genüge getan ist. Diesen Ergänzungsbescheid kann der Kläger gesondert durch einen Anfechtungsantrag angreifen (vgl. BVerwG U. v. 15.4.2013 - 1 B 22/12 - juris).

2. Die Rechtssache weist - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf. Der Zulassungsantrag sieht die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache in den Fragen, die auch zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt werden. Über das normale Maß hinausgehende, die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordernde Schwierigkeiten werden jedoch nicht aufgezeigt. Der umfangreiche Begründungsaufwand allein, der den Anforderungen in der Sache geschuldet ist, genügt hierfür offensichtlich nicht.

Die Entscheidung über Kosten des Zulassungsverfahrens ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Februar 2012 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. März 2014 - 19 ZB 12.892

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic
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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 15. Apr. 2013 - 1 B 22/12

bei uns veröffentlicht am 15.04.2013

Gründe I. 1 Der 1979 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und wendet sich g
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. März 2014 - 19 ZB 12.60

bei uns veröffentlicht am 31.03.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe I. 1.

Referenzen

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Gründe

I.

1

Der 1979 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und wendet sich gegen seine Ausweisung. Im Alter von drei Jahren zog er gemeinsam mit seiner Mutter zu seinem als Arbeitnehmer in Deutschland lebenden Vater. Er erwarb hier den Hauptschulabschluss und absolvierte eine Berufsausbildung. 1996 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. In der Folgezeit ist er mehrfach strafgerichtlich verurteilt worden. 2006 erfolgte eine Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Zuletzt wurde der Kläger im Jahre 2007 wegen Diebstahls und einer Vielzahl von Betäubungsmitteldelikten unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Jahre 2006 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Beklagte wies ihn mit Bescheid vom 4. November 2008 aus dem Bundesgebiet aus, wobei sie seine Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 2 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG - Türkei (ARB 1/80) berücksichtigte. Seine Anfechtungsklage blieb vor dem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof ohne Erfolg. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

II.

2

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

3

1. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht entnehmen. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind u.a. dann nicht erfüllt, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt ist oder aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann.

4

a) Die Beschwerde hält zunächst die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob Ausweisungen assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger bei Fehlen eines Rechtsbehelfsverfahrens, gegebenenfalls in Form eines Widerspruchsverfahrens, das auch eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Ausweisung ermöglicht, auch nach dem Außerkrafttreten der Richtlinie 64/221/EWG mit Wirkung vom 30.04.2006 von vornherein unheilbar rechtswidrig sind" (Beschwerdebegründung vom 10. Oktober 2012 S. 2). Für die Zulassung der Grundsatzrevision wegen dieser Frage fehlt es an dem erforderlichen Klärungsbedarf, weil in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist, dass die Frage zu verneinen ist (vgl. Urteile vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 22 - 25, vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 1 C 20.11 - juris Rn. 28 - 34 und vom 15. Januar 2013 - BVerwG 1 C 10.12 - juris Rn. 23 f.).

5

Der Senat hat in seinem Urteil vom 10. Juli 2012 (a.a.O. Rn. 22) entschieden, dass Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG und die darin vorgesehene Einschaltung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren nicht für Ausweisungsverfügungen gilt, die nach Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG zum 30. April 2006 erlassen wurden. Das gilt auch für die hier angegriffene Ausweisung, die mit Bescheid vom 4. November 2008 verfügt wurde. Der Senat hat dies zum einen damit begründet, dass die Vorschrift durch Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung zum 30. April 2006 aufgehoben worden ist. Weiter hat er darauf abgestellt, dass als unionsrechtlicher Bezugsrahmen für die Ausweisung assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nunmehr Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG betreffend die langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen heranzuziehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422 Rn. 79). Der Senat hat aber auch für den Fall, dass die für Unionsbürger maßgebliche Vorschrift des Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG auf die Ausweisung assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger anwendbar wäre, entschieden, dass sich daraus keine Verpflichtung zur Einschaltung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren ergibt (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 29 f.). Weder in der für langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige vorgesehenen noch in der für Unionsbürger maßgeblichen Regelung ist die Beteiligung einer unabhängigen Stelle vorgeschrieben (so erneut Urteil vom 15. Januar 2013 a.a.O. Rn. 23).

6

Soweit die Beschwerde darauf abstellt, dass Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG weiterhin das Erfordernis einer vollständigen, ggf. im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens vorzunehmenden Ermessensüberprüfung enthält (Beschwerdebegründung S. 5 - 8), hat der Senat hierzu in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (Rn. 30) ausgeführt:

"Nicht gefolgt werden kann der Auffassung, Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG sehe weiter die Beteiligung einer unabhängigen Stelle vor, was sich zum einen daraus ergebe, dass der Rechtsbehelf nach Art. 31 Abs. 1 'gegebenenfalls' auch bei einer Behörde eingelegt werden könne und sich die Überprüfung im Rechtsbehelfsverfahren gemäß Art. 31 Abs. 3 nicht nur auf Tatsachen, sondern auch auf 'Umstände' zu beziehen habe. Denn der Verweis in Art. 31 Abs. 1 auf die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf gegebenenfalls bei einer Behörde einzulegen (englische Fassung: 'where appropriate'), bezieht sich erkennbar auf die Fälle, in denen das nationale Recht das so vorsieht, etwa wenn der gerichtlichen Überprüfung noch ein behördliches Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist. Eine unionsrechtliche Verpflichtung zur Beteiligung einer zweiten Stelle im Verwaltungsverfahren ergibt sich daraus jedoch nicht. Entsprechendes gilt für die in Art. 31 Abs. 3 vorgeschriebene Überprüfung der Tatsachen und Umstände, auf denen die Entscheidung beruht. Aus dem Begriff der 'Umstände' (englische Fassung: 'circumstances') lässt sich eine Zweckmäßigkeitsprüfung - wie sie in Deutschland einer Behörde vorbehalten wäre - nicht ableiten. Die Formulierung ist vielmehr im Zusammenhang mit Art. 31 Abs. 3 Satz 2 zu sehen, der die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Entscheidung im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß Art. 28 vorschreibt. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind alle 'Umstände' zu berücksichtigen, die Art. 28 bezeichnet."

7

Im Übrigen ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG, dass die Mitgliedstaaten nicht zur Aufrechterhaltung einer Regelung verpflichtet werden sollten, wonach vor Ausspruch der Ausweisungsentscheidung eine unabhängige Stelle einzuschalten ist. Vielmehr sollte die Aufnahme einer entsprechenden Regelung der Entscheidung des nationalen Gesetzgebers überlassen werden. Die seinerzeit in Art. 29 des Kommissionsentwurfs vom 23. Mai 2001 enthaltene Regelung zum Rechtsschutz bei Ausweisungsentscheidungen wurde u.a. wie folgt begründet (KOM(2001) 257 endgültig S. 23 f.):

"1. Diese Bestimmungen zielen darauf ab, den Aufenthaltsberechtigten den Zugang zu Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln und somit einen lückenlosen Rechtsschutz zu sichern.

2. Ein lückenloser Rechtsschutz schließt nicht aus, dass ein Mitgliedstaat vorsieht, dass ein Rechtsbehelf bei einer Behörde eingelegt werden kann. In diesem Fall müssen die in Artikel 9 der Richtlinie 64/221/EWG genannten Objektivitätsgarantien gegeben sein, insbesondere die vorherige Stellungnahme einer anderen Behörde, als die, die Einreiseverweigerung oder die Ausweisung verfügen soll, sowie Garantie in Bezug auf die Rechte der Verteidigung."

8

Die fehlende Verpflichtung zur Normierung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens ergibt sich auch aus der Begründung der Kommission zu ihrem geänderten Vorschlag vom 15. April 2003, der die heute in Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie enthaltene Formulierung einführte, dass ein Rechtsbehelf bei einem Gericht und "gegebenenfalls" bei einer Behörde eingelegt werden kann. Diese lautete (KOM(2003) 199 endgültig, S. 10 zum damaligen Art. 29 Abs. 1):

"Die Änderung soll klarstellen, dass der Rechtsbehelf stets bei einem Gericht eingelegt werden muss und ein Rechtsbehelf bei einer Behörde nur dann ebenfalls zulässig ist, wenn der Aufnahmemitgliedstaat dies vorsieht (zum Beispiel bevor ein Rechtsbehelf bei einem Gericht eingelegt werden kann)."

9

Auch die Begründung der Kommission zur heute in Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie geregelten Vorschrift über den Inhalt und Umfang der Überprüfung im Rechtsbehelfsverfahren entspricht der oben wiedergegebenen Auslegung des Senats in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (Rn. 30), dass darin eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Hinblick auf die Erfordernisse von Art. 28 der Richtlinie geregelt wird, aber keine Zweckmäßigkeitsprüfung, wie sie in Deutschland nur von einer Behörde erfolgen könnte (vgl. KOM(2003) 199 endgültig, S. 10 zum damaligen Art. 29 Abs. 4).

10

Ergibt sich aber aus Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG nicht das Erfordernis der Einschaltung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren, kommt es für die Beantwortung der aufgeworfenen Grundsatzfrage nicht darauf an, ob für die verfahrensmäßigen Anforderungen an die Ausweisung assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG oder Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG Anwendung findet. Damit sind auch die Einwände der Beschwerde gegen die Auslegung des EuGH-Urteils in der Sache Ziebell durch das Berufungsgericht unerheblich, die sich gegen eine Erstreckung der dort getroffenen Aussagen zur Anwendbarkeit von Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG auf die verfahrensrechtlichen Regelungen bei Ausweisungen und damit die Nichtanwendbarkeit von Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG wenden (Beschwerdebegründung S. 17 - 23).

11

Das früher in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG geregelte Erfordernis der Einschaltung einer unabhängigen Stelle bei Ausweisungen gilt auch nicht - wie die Beschwerde meint - als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Europarechts, der aus dem im EGV bzw. AEUV verankerten Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit abzuleiten wäre, für Unionsbürger wie Berechtigte nach dem ARB 1/80 fort (Beschwerdebegründung S. 9 - 10). Vielmehr hat der Richtliniengeber die Verfahrenssicherungen bei Ausweisungen ohne vertragsrechtliche Bindung an das Modell der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG neu geregelt und durfte dies auch tun. Im Rahmen seines gemeinschaftsrechtlichen Regelungsspielraums hat er in Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG den Wegfall der Beteiligung einer unabhängigen Stelle im Verwaltungsverfahren, wie sie noch in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG vorgeschrieben war, durch einen erhöhten Rechtsschutz im gerichtlichen Verfahren ausgeglichen - worauf der Senat bereits in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (Rn. 29) hingewiesen hat. Die Frage eines solchen Ausgleichs ist mit Blick auf die Rechtslage in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu betrachten und nicht isoliert für einen einzelnen Staat wie Deutschland. In vielen europäischen Staaten unterlagen ausländerbehördliche Entscheidungen bis zum Inkrafttreten von Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG aber keiner vollständigen gerichtlichen Kontrolle in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.

12

Aus dem von der Beschwerde zur Stützung ihrer Rechtsauffassung herangezogenen Urteil des Gerichtshofs vom 2. Juni 2005 in der Sache Dörr/Ünal (Rs. C-136/03 - Slg. 2005, I-4759 Rn. 61 - 69) ergibt sich nur, dass die Rechtsschutzgarantien der Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG in dem Umfang, in dem sie für freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger und deren Familienangehörige gelten, auch auf Berechtigte nach Art. 6 und 7 ARB 1/80 zu übertragen sind. Nachdem an die Stelle der bisherigen Regelungen zum Rechtsschutz neue getreten sind, gelten die Grundsätze des Gerichtshofs zur Übertragbarkeit für diese, führen aber nicht zur Aufrechterhaltung der alten, außer Kraft gesetzten Vorschriften.

13

In der Rechtsprechung des Senats ist mittlerweile auch geklärt, dass eine Aufrechterhaltung der früher in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG getroffenen Regelung nur für Berechtigte nach dem ARB 1/80 - wie sie vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2011 (2 BvR 1969/09 - NVwZ 2012, 426 <429>) erörtert worden ist - gegen das Besserstellungsverbot des Art. 59 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl 1972 II S. 385) - ZP - verstoßen würde. Der Senat hat dies wie folgt begründet (Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 23 f.):

"Da Ausgangspunkt der Betrachtung des Gerichtshofs die Verfahrensgarantien sind, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht gewährleistet werden, erweist sich seine Rechtsprechung zur Übertragung auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige schon im Ansatz offen für Fälle von Rechtsänderungen, die die Stellung der Unionsbürger betreffen. Für diese gewährleistet Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG gegen Entscheidungen, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung getroffen werden, einen Rechtsbehelf bei einem Gericht und gegebenenfalls bei einer Behörde. Im Rechtsbehelfsverfahren sind nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG die Rechtmäßigkeit der Entscheidung sowie die Tatsachen und die Umstände zu überprüfen, auf denen die Entscheidung beruht. Nach Satz 2 gewährleistet das Rechtsbehelfsverfahren, dass die Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG nicht unverhältnismäßig ist. Demzufolge gebietet Unionsrecht bei Ausweisungen von Unionsbürgern keine behördliche Kontrolle mehr nach dem 'Vier-Augen-Prinzip'. Dann können assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige nach der dynamisch angelegten Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Übertragung von Rechten auf diese Gruppe keine bessere verfahrensrechtliche Rechtsstellung beanspruchen.

Demgegenüber beruft sich der Kläger auf die Stillhalteklauseln in Art. 13 ARB 1/80 und Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl 1972 II S. 385) - ZP. Gemäß Art. 13 ARB 1/80 dürfen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen. Gemäß Art. 41 Abs. 1 ZP werden die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen. Aus diesen Stand-Still-Klauseln ergibt sich nach Auffassung des Klägers, dass Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG bei der Ausweisung assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger weiterhin anzuwenden sei. Dem folgt der Senat nicht.

Gegen die Auffassung des Klägers spricht bereits, dass Art. 13 ARB 1/80 seinem Wortlaut nach nur die Mitgliedstaaten, nicht aber die Europäische Union verpflichtet. Art. 41 Abs. 1 ZP betrifft sachlich nur Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, nicht aber die der Arbeitnehmerfreizügigkeit zuzurechnende aufenthaltsrechtliche Stellung aus Art. 7 ARB 1/80. Des Weiteren erscheint fraglich, ob die auf den Zugang zum Arbeits- bzw. Binnenmarkt zugeschnittenen Stand-Still-Klauseln überhaupt Verfahrensregelungen bei der Aufenthaltsbeendigung erfassen (vgl. Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 Rn. 20 zu den gesetzlichen Erlöschenstatbeständen für Aufenthaltstitel) und ob die Aufhebung des 'Vier-Augen-Prinzips' mit Blick auf die gerichtliche Überprüfbarkeit nach Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2003/109/EG eine merkliche Verschlechterung der Rechtsposition darstellt. Das kann aber dahinstehen, da die weitere Anwendung des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige selbst bei Annahme einer rechtserheblichen Verschlechterung gegen Art. 59 ZP verstoßen würde. Nach dieser Vorschrift darf der Türkei in den von diesem Protokoll erfassten Bereichen keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander aufgrund des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft einräumen. Das wäre aber bei weiterer Anwendung des 'Vier-Augen-Prinzips' im Vergleich zu den Verfahrensrechten von Unionsbürgern aus Art. 31 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2004/38/EG - wie oben dargelegt - der Fall."

14

Einer Klärung durch den EuGH bedarf es insoweit nicht. Es ist im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs offenkundig ("acte clair"), dass zur Rechtfertigung einer verfahrensrechtlichen Besserstellung von Berechtigten nach dem ARB 1/80 nicht auf den weitergehenden materiellrechtlichen Ausweisungsschutz von Unionsbürgern nach der Richtlinie 2004/38/EG abgestellt werden kann. Denn dieser erhöhte Schutz beruht auf der besonderen Rechtsstellung der Unionsbürger, mit der die Berechtigten nach dem ARB 1/80 keine Gleichstellung verlangen können (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422 Rn. 68 - 74). Das von der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 12 f.) herangezogene Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juli 2007 in der Sache Derin (Rs. C-325/05 - Slg. 2007, I-6495 Rn. 68 f.) trifft für den Vergleich mit der Rechtsstellung von Unionsbürgern keine Aussage, da es zur Auslegung von Art. 59 ZP lediglich die Vor- und Nachteile der Rechtsstellung von Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft mit der von Berechtigten nach ARB 1/80 vergleicht, ohne auf die besondere Rechtsstellung von Unionsbürgern einzugehen. Jedenfalls in dem Umfang, in dem sich die Vertragsparteien EWG und Türkei in Art. 59 ZP völkerrechtlich zur Beachtung des Besserstellungsverbots verpflichtet haben, durfte die Union den Wegfall einer Regelung zum außergerichtlichen Rechtsschutz, der für die Angehörigen ihrer Mitgliedstaaten geschaffen worden war, auch mit Wirkung für die Berechtigten nach dem ARB 1/80 entfallen lassen.

15

Der Rechtsauffassung der Kommission in ihrer Stellungnahme vom 15. Dezember 2006 in der Rechtssache Polat (Rs. C-349/06), auf die sich das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2011 (a.a.O. S. 429) bezogen hat, dass die Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG durch die Unionsbürgerrichtlinie auf die Auslegung des Assoziationsabkommens und die auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsakte keinen Einfluss habe, ist der Gerichtshof nicht gefolgt. Vielmehr hat er für Regelungen zum Ausweisungsschutz, bei denen die für Unionsbürger geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2004/38/EG im Hinblick auf ihren Gegenstand und Zweck nicht auf Berechtigte nach dem Assoziationsrecht EWG - Türkei übertragbar sind, Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG als neuen unionsrechtlichen Bezugsrahmen bestimmt, nicht aber die außer Kraft getretenen Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG zugunsten der assoziationsrechtlich Begünstigten für weiterhin anwendbar angesehen (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 74 - 79).

16

b) Die Beschwerde hält des Weiteren die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob sich für einen assoziationsrechtlich begünstigten türkischen Staatsangehörigen, der sich in Strafhaft befindet, aus Art. 9 Assoziationsabkommen EWG-Türkei (AssAbk.), Art. 37 Zusatzprotokoll zum Assoziationsabkommen (ZP), Art. 10 ARB 1/80 und Art. 3 ARB 3/80 i.V.m. §§ 27, 40 SGB V und §§ 9, 15 SGB VI ein Anspruch auf Durchführung einer Entwöhnungstherapie hinsichtlich seiner Drogenabhängigkeit in Deutschland ergibt, und ob dieser europarechtliche Anspruch dazu führt, dass entweder bei der Prüfung des Vorliegens der für seine aufgrund von Drogendelikten erwogene Ausweisung erforderlichen gegenwärtigen Wiederholungsgefahr die erfolgreiche Durchführung der Drogentherapie unterstellt werden muss, oder aber eine Ausweisungsentscheidung erst nach tatsächlichem Abschluss dieser Drogentherapie getroffen werden darf" (Beschwerdebegründung S. 40).

17

Die Beschwerde ist insoweit bereits unzulässig, da sie die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Grundsatzfrage nicht aufzeigt. Zunächst legt sie schon nicht dar, dass der Kläger drogenabhängig ist und aufgrund dieser Abhängigkeit einen Anspruch auf Durchführung einer Entwöhnungstherapie hat. Des Weiteren hat die beteiligte Landesanwaltschaft zutreffend darauf hingewiesen (Schriftsatz vom 28. November 2012, S. 7), dass das Berufungsgericht die Ausweisung unabhängig vom Ergebnis - auch bei einem möglichen Erfolg - einer Drogentherapie als rechtmäßig angesehen hat (UA S. 55 Rn. 94). Das Berufungsgericht hat zur Begründung unter anderem auf die "dissoziale Persönlichkeitsakzentuierung" des Klägers (UA S. 38) und dessen "antisoziale(n) Persönlichkeitsanteile" (UA S. 39) hingewiesen (ähnlich UA S. 41), die unabhängig von suchtbedingten Risiken eine erhöhte Gefahr der erneuten Begehung von Straftaten begründeten (UA S. 39). Geht das Berufungsgericht nach seinen nicht mit durchgreifenden Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen aber von einer die Ausweisung rechtfertigenden schweren Gefährdung für ein Grundinteresse der Gesellschaft unabhängig von der Drogenabhängigkeit des Klägers aus, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit einer Klärung der hierzu aufgeworfenen Grundsatzfrage.

18

Im Übrigen bedürfte es aber auch im Fall der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, da sie schon aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung beantwortet werden kann und zu verneinen ist.

19

Dabei kann offenbleiben, ob ein Berechtigter nach dem Assoziationsabkommen EWG - Türkei, dem Zusatzprotokoll zum Assoziationsabkommen, dem ARB 1/80 oder ARB 3/80 in der Situation des Klägers ein Anspruch auf Durchführung einer Entwöhnungstherapie hinsichtlich seiner Drogenabhängigkeit hat, wie das die Beschwerde behauptet. Denn selbst wenn ihm ein solcher Anspruch aus einer der von der Beschwerde angeführten Vorschriften zustünde, lässt sich aus diesem kein Ausweisungshindernis ableiten, wie es in der aufgeworfenen Grundsatzfrage formuliert ist. Alle angeführten Vorschriften des Assoziationsrechts haben Diskriminierungsverbote zum Inhalt. Diese verbieten allgemein oder für ihren spezifischen Regelungsbereich eine Diskriminierung assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger gegenüber den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaates oder anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Auch soweit sich nach der Rechtsprechung des EuGH aus einzelnen Diskriminierungsverboten aufenthaltsrechtliche Ansprüche ergeben können, beschränken diese nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den Aufenthalt aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit zu beenden (vgl. EuGH, Urteile vom 2. März 1999 - Rs. C-416/96, EI-Yassini - Slg. 1999, I-1209 Rn. 45 und vom 14. Dezember 2006 - Rs. C-97/05, Gattoussi - Slg. 2006, I-11917 Rn. 40 f. zu Diskriminierungsverboten in Abkommen der Union mit Marokko und Tunesien; zur Übertragbarkeit auf das Diskriminierungsverbot nach Art. 10 ARB 1/80 vgl. Urteil vom 26. Oktober 2006 - Rs. C-4/05, Güzeli - Slg. 2006, I-10279 Rn. 52 f.). Die Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist insoweit allein daran zu messen, ob die Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 erfüllt sind, wobei als Bezugsrahmen mangels günstigerer Vorschriften im Assoziationsrecht EWG -Türkei Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG heranzuziehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 75 ff.). Danach kann ein nach dem Assoziationsrecht Berechtigter nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellt. Außerdem darf die Ausweisungsverfügung nicht auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhen. Schließlich haben die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats, bevor sie eine solche Verfügung erlassen, die Dauer des Aufenthalts der betreffenden Person im Hoheitsgebiet dieses Staates, ihr Alter, die Folgen einer Ausweisung für die betreffende Person und ihre Familienangehörigen sowie ihre Bindungen zum Aufenthaltsstaat oder fehlende Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Hingegen kommt es für die Erfüllung der Ausweisungsvoraussetzungen nicht darauf an, ob der Betroffene Anspruch auf die Durchführung einer Drogentherapie hatte, diese aber nicht bewilligt und durchgeführt wurde. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nicht, da die Rechtslage und die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Voraussetzungen einer Ausweisung assoziationsrechtlich privilegierter türkischer Staatsangehöriger insoweit offenkundig ist ("acte clair").

20

2. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht entnehmen. Die Beschwerde entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sie eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Oktober 2011 (2 BvR 1969/09 - NVwZ 2012, 426) geltend macht (vgl. Beschwerdebegründung S. 52 ff.).

21

Eine solche, die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat; für die behauptete Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gilt Entsprechendes (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328).

22

a) Soweit die Beschwerde hier eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Oktober 2011 (2 BvR 1969/09 - NVwZ 2012, 426) geltend macht (vgl. Beschwerdebegründung S. 52 ff.), entspricht sie bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, da sie den tragenden abstrakten Rechtssatz nicht benennt. Sie trägt vielmehr vor, das Bundesverfassungsgericht habe in seinem im angeführten Verfahren ergangenen Beschluss vom 24. Oktober 2011 (a.a.O. S. 428) festgestellt, dass die Frage nach der Weitergeltung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG bei Ausweisungen assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichts ungeklärt gewesen sei. Dem widerspreche die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, wonach die Frage durch das Urteil des EuGH vom 8. Dezember 2011 geklärt sei und zwar dahin, dass die Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG in Fällen wie dem vorliegenden weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden sei (UA S. 13).

23

Die von der Beschwerde behauptete Abweichung bezieht sich nicht auf einen Rechtssatz. Ein Rechtssatz beschreibt den Inhalt einer Norm, indem er diese als abstrakten richterrechtlichen Obersatz näher konkretisiert (vgl. Beschluss vom 7. März 2001 - BVerwG 8 B 36.01 - juris - Rn. 8; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 35). Die geltend gemachte Abweichung bedeutet keine solche rechtssatzgemäße Auslegung des materiellen Rechts, sondern würdigt lediglich, ob die Rechtsfrage vom EuGH geklärt ist oder nicht. Mit einer solchen Rüge kann die Beschwerde die Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht erreichen.

24

b) Soweit die Beschwerde auf eine Abweichung der angegriffenen Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestützt wird, führt sie ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

25

(1) Die Beschwerde sieht eine entscheidungserhebliche Abweichung des Berufungsgerichts von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst darin, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 13. September 2005 (BVerwG 1 C 7.04 - BVerwGE 124, 217), vom 9. August 2007 (BVerwG 1 C 47.06 - BVerwGE 129, 162) und vom 2. September 2009 (BVerwG 1 C 2.09 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 54) entschieden habe, dass sich das Rechtsbehelfsverfahren bei der Ausweisung von Berechtigten nach dem ARB 1/80 auch auf Ermessenserwägungen erstrecken müsse, "die über den Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit hinausgehen" (Beschwerdebegründung S. 54 f.). Dem stehe die Rechtsauslegung des Berufungsgerichts entgegen, das auf Seite 23 bis 27 des angefochtenen Urteils die "Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Ausweisung mit einer bloßen Überprüfung der Ausweisungsentscheidung am Maßstab des materiellen Europarechts gleichgesetzt" habe.

26

Mit diesem Vorbringen genügt die Beschwerde ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn sie bezeichnet schon keine für den vorliegenden Fall intertemporal maßgebliche Rechtsvorschrift, bei deren Anwendung ein Rechtssatzwiderspruch vorliegen könnte. Die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezog sich auf die Auslegung von Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG, auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, die von der Beschwerde angeführt werden, beziehen sich auf diese Norm. Damit fehlt es aber zusätzlich an der Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Abweichung. Denn Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG ist - wie oben unter Ziffer 1a dieses Beschlusses näher ausgeführt - mit Wirkung zum 30. April 2006 aufgehoben worden und findet auf nach diesem Zeitpunkt ausgesprochene Ausweisungsentscheidungen keine Anwendung mehr. Das betrifft auch die streitgegenständliche Ausweisung des Klägers. Ein Klärungsbedarf besteht deshalb nicht.

27

(2) Allerdings zeigt die Beschwerde eine Divergenz der angegriffenen Entscheidung zum Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - auf (Beschwerdebegründung S. 56 ff.).

28

Eine entscheidungserhebliche Abweichung liegt hier in der divergierenden Auslegung des Rechtsschutzbegehrens bei Anfechtung einer Ausweisung. Denn nach der neueren Rechtsprechung des Senats haben Ausländer seit Inkrafttreten der Neufassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Ausländerbehörde mit einer Ausweisung zugleich das daran geknüpfte gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot sowie die Titelerteilungssperre befristet (Urteile vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 30 ff., vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 1 C 20.11 - Rn. Rn. 38 und vom 15. Januar 2013 - BVerwG 1 C 10.12 - Rn. 26). Fehlt eine Befristung der Ausweisungsentscheidung, kann der Ausländer zugleich mit der Anfechtung der Ausweisung seinen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung gerichtlich durchsetzen. In seinem Anfechtungsantrag ist deshalb zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung ihrer Rechtmäßigkeit ein Hilfsantrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung zu sehen, sofern eine solche nicht bereits von der Ausländerbehörde verfügt worden ist.

29

Im vorliegenden Fall waren die Wirkungen der Ausweisung im angegriffenen Bescheid vom 4. November 2008 nicht befristet worden, so dass die Anfechtungsklage des Klägers nach der vorzitierten Rechtsprechung einen Hilfsantrag auf nachträgliche Beifügung einer Befristung umfasste. Über diesen Antrag hätte das Berufungsgericht entscheiden müssen, da es die Ausweisung als rechtmäßig eingestuft hat. Sein - der Entscheidung unausgesprochen zugrunde liegender - Rechtssatz, dass dies nicht erforderlich sei, begründet die von der Beschwerde gerügte Divergenz.

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Dennoch kommt eine Zulassung der Revision nicht in Betracht, da die Beschwerde insoweit inzwischen unzulässig geworden ist. Der Beklagte hat den angegriffenen Bescheid durch eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf acht Jahre ergänzt. Dem Befristungsanspruch des Klägers ist damit Rechnung getragen, so dass sein im Anfechtungsantrag enthaltener Hilfsantrag auf Verpflichtung des Beklagten zur nachträglichen Befristung ins Leere geht und eine Entscheidung über seine Divergenzrüge zur Durchsetzung dieses Befristungsanspruchs nicht mehr erforderlich ist. Für eine Zulassung der Revision allein zur Prüfung der Frage, ob die Behörde die Befristung im Einzelfall fehlerfrei bemessen hat, besteht kein Rechtsschutzinteresse, da diesem Begehren auf andere, einfachere Weise Rechnung getragen werden kann (vgl. Beschluss vom 14. März 2013 - BVerwG 1 B 17.12 - Rn. 12 f.).

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Eine Rechtsschutzlücke zu Lasten des Klägers entsteht nicht. Vielmehr kann er die - gerichtlich in vollem Umfang überprüfbare - nachträgliche Befristungsentscheidung vom 25. März 2013 gesondert durch einen Anfechtungsantrag angreifen, der - falls der Befristungsentscheidung (wie hier) eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigegeben war - innerhalb eines Jahres nach Zustellung der Entscheidung bei dem zuständigen Verwaltungsgericht anhängig gemacht werden muss. Das Revisionsverfahren kann zur gerichtlichen Durchsetzung des Befristungsanspruchs nur dann genutzt werden, wenn es bereits aus anderen Gründen ohnehin eröffnet ist. Die vorgenannte Rechtsprechung des Senats, wonach das Revisionsverfahren ausnahmsweise auch für die Bescheidung des im Anfechtungsbegehren hilfsweise enthaltenen Verpflichtungsantrags genutzt werden kann, zielt lediglich auf Übergangsfälle einer nachträglichen Befristung von Bescheiden, die ohnehin in der Revisionsinstanz anhängig sind. Sie darf jedoch nicht dazu führen, die Revision in Fällen zuzulassen, in denen keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. Ein solcher Fall liegt hier vor. Im Übrigen steht es dem Kläger gegebenenfalls zusätzlich frei, bei einer geltend zu machenden Veränderung entscheidungserheblicher Umstände seit der maßgeblichen Befristungsentscheidung jederzeit einen Antrag auf nachträgliche Verkürzung der zunächst festgesetzten Frist bei dem Beklagten zu stellen und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.