Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2015 - 21 ZB 14.753

bei uns veröffentlicht am20.07.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin, eine Unternehmerin im Bereich des privaten Krankentransportwesens in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, verfolgt im Berufungszulassungsverfahren ihr Begehren weiter, eine Genehmigung nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz zur Durchführung von Krankentransporten und von Inlandsrückholdiensten vor allem in Ableitung aus früheren Genehmigungen ihres Rechtsvorgängers und aus einer „Zusicherung“ zu erhalten.

Mit dem angegriffenen Urteil vom 18. Februar 2014 wies das Verwaltungsgericht die Klage der Klägerin ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigungen weder nach dem BayRDG noch aufgrund einer Zusicherung bestehe. Die Übertragung der abgelaufenen Genehmigungen des Rechtsvorgängers der Klägerin infolge des erfolgten Rechtsformwechsels komme deshalb nicht in Betracht, da diese bis zum 15. November 2011 befristet gewesen seien und die Unternehmensänderung erst später eingetreten sei. Entsprechendes gelte für eine Neuerteilung dieser Genehmigungen, wobei ein Anspruch darauf auch nicht aus einer „Zusicherung“ von Vertretern des Beklagten im Rahmen eines Vorprozesses des Rechtsvorgängers der Klägerin dahingehend folge, unter bestimmten Voraussetzungen könnten die begehrten Genehmigungen erteilt werden. Für die Ersterteilung der begehrten Genehmigungen bestehe unstreitig schon kein Bedarf.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Berufungszulassungsantrag.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen rechtlichen Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs.2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vorliegen, wobei die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf die innerhalb der Begründungsfrist dargelegten Gründe beschränkt ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 83).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergibt (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 und B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - jeweils juris).

Solche ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.

1.1 Die Klägerin meint, das Verwaltungsgericht habe einen Anspruch auf Übertragung der ihrem Rechtsvorgänger erteilten Genehmigungen zu Unrecht verneint; es habe dabei verkannt, dass die Entscheidung über den Verlängerungsantrag des Rechtsvorgängers der Klägerin vom 15. November 2011 aufgrund der Zusicherung der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 16. Oktober 2012 im Verfahren Au 1 K 12.630 aufgeschoben und die Genehmigung aufschiebend bedingt gewesen sei. Dadurch sei eine Anwartschaft auf die Genehmigung erworben worden. Dies begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Die Klägerin lässt dabei außer Acht, dass die Übertragung einer Genehmigung (Art. 31 Abs. 4 BayRDG, Art. 23 Abs. 1 BayRDG) voraussetzt, dass die für die zu übertragende Genehmigung bestimmte Frist noch nicht abgelaufen ist. Dies folgt aus Art. 31 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 2 Satz 4 BayRDG, wonach im Fall der Antragsstattgabe als Zeitpunkt des Ablaufs der Genehmigung der Tag zu bestimmen ist, an dem die Genehmigung des Rechtsvorgängers abgelaufen sein würde. Im Fall der Übertragung von Genehmigungen gilt die gesetzliche Befristung nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 BayRDG also nicht (vgl. Oehler/Schulz/Schnelzer, BayRDG, Stand Juli 2011, Art. 31 Rn. 2).

Die dem Rechtsvorgänger der Klägerin erteilte Genehmigung für Krankentransporte war bis zum 15. November 2011 befristet. Mit Fristablauf ist diese Genehmigung ungültig geworden (vgl. Art 28 Abs. 4 Satz 1 BayRDG) und kann nicht mehr auf die Klägerin übertragen werden. Die Klägerin wurde erst am 27. November 2012 in das Handelsregister eingetragen und meldete die Unternehmensänderung dem Landratsamt auch erst mit Schreiben vom 25. Januar 2013. Auf die von der Klägerin geltend gemachte „Zusicherung“ kommt es mithin in diesem Zusammenhang nicht an.

1.2 Die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass zwischen ihr und ihrem Rechtsvorgänger Identität und damit Anspruch auf Neuerteilung der abgelaufenen Genehmigungen bestehe, die aufgrund der klägerseits genannten Zusicherung bereits aufschiebend bedingt vorlägen. Das greift nicht durch.

Zwischen der Klägerin und ihrem Rechtsvorgänger, einem eingetragenen Einzelkaufmann, besteht schon keine Rechtsidentität. Eine identitätsrelevante Änderung liegt hier im Übergang der Rechtsform des eingetragenen Einzelkaufmanns in eine Personengesellschaft vor. Im Übrigen haben sich vorliegend auch die haftenden Personen und die Geschäftsführer der Klägerin im Verhältnis zu ihrem Rechtsvorgänger geändert, was ebenfalls relevant ist, weil die für die Antragstellung zwingend notwendigen Angaben nach Art. 25 Abs. 2 Nr. 2 BayRDG die zur Geschäftsführung bestellten Personen und nach Art. 25 Abs. 3 Nr. 1 BayRDG die zur Führung der Geschäfte berufenen Personen bezeichnen müssen, was in der notwendigen Prüfung von deren Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung (Art. 24 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BayRDG) begründet ist.

Ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung für Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes ergibt sich auch nicht aufgrund einer „Zusicherung“ seitens der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2012 im Klageverfahren des Rechtsvorgängers der Klägerin. Denn diese Erklärung, wenn sie tatsächlich als Zusicherung im Sinn des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zu werten ist, hat jedenfalls nur den Rechtsvorgänger der Klägerin, nicht aber die Klägerin selbst betroffen. Für die Zusicherung gilt insbesondere auch Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 38 Rn. 68). Danach wird sie (nur) gegenüber demjenigen wirksam, für den sie bestimmt ist. Die Klägerin als Rechtsnachfolger wäre nur einzubeziehen, soweit die Erklärung materiell ihr gegenüber Geltung beanspruchen würde. Das ist nicht der Fall. Wie ausgeführt ist die begehrte Genehmigung für das Betreiben eines Krankentransports außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes auch personenbezogen. Nach der Rechtsformänderung sind die persönlich haftenden Gesellschafter und die Geschäftsführerin der Klägerin im Verhältnis zu ihrem Rechtsvorgänger personenverschieden. Die betreffende „Zusicherung“ hat daher die Klägerin nicht erfasst.

1.3 Eine Entscheidung im Zulassungsverfahren über die Ersterteilung der Genehmigung ist nicht veranlasst Denn das Landratsamt hat nunmehr mit Bescheid vom 18. Mai 2015 auf der Grundlage einer aktuellen Verträglichkeitsprüfung den ursprünglichen Antrag der Klägerin vom 25. Januar 2013 abgelehnt. Dagegen hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 17. Juni 2015 Klage beim Verwaltungsgericht (Az. Au 1 K 15.852) erheben lassen. Damit wird das Verwaltungsgericht hierüber in der Sache zu entscheiden haben.

1.4 Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach Art. 39 Abs. 4 Satz 1 BayRDG für die Durchführung von Inlandsrückholdiensten besteht schon deshalb nicht, weil sich diese Ausnahme auf die Beschränkungen des Art. 39 Abs. 3 BayRDG bezieht, dort aber vorausgesetzt wird, dass für den Betrieb eines außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes eingesetzten Krankenkraftwagens auch eine entsprechende Genehmigung vorliegt, auf die nach den vorstehenden Ausführungen aber gerade kein Anspruch besteht.

2. Auch die weiter bezeichneten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2.1 Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nicht auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der Kläger hat hierzu in der Sache nichts über das zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Ausgeführte vorgetragen. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten haben sich daraus nicht ergeben. Solche folgen auch nicht daraus, dass die Streitsache nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen wurde (vgl. BayVGH, B. v. 2.5.2014 - 10 ZB 13.1229 Rn. 20 - juris m. w. N.).

2.2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache dann, wenn die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 36, BVerwG, B. v. 19.8.1997 - 7 B 261.97 - juris zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage im Wesentlichen dahingehend, ob eine Zusicherung nach Art. 38 BayVwVfG auch für einen Rechtsnachfolger des Zusicherungsempfängers einer Genehmigung für den Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes gilt, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung, denn sie bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Sie lässt sich nämlich bei sachgerechter Gesetzesauslegung wie geschehen beantworten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG, Nr. 16.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach beim Streit um die Beteiligung am Rettungsdienst ein Streitwert von 15.000 EUR pro Fahrzeug anzusetzen ist.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts

rechtskräftig, (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.

2

1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).

3

Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).

4

2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.

5

Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.

6

a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

7

b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.

9

c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.

10

d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.

11

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

12

a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.

13

b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.

14

4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

16

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

17

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).

18

b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.

19

aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).

20

bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.

21

(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.

22

(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.

23

(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.

24

(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.

25

cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.

26

c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

27

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.

28

Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.

29

2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.

30

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, noch weist die Rechtssache besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Ihr kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu.

1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der vom Kläger angefochtene Rücknahmebescheid der Beklagten vom 19. Juli 2012 rechtmäßig auf der Grundlage von Art. 48 BayVwVfG ergangen ist. Es ist insbesondere aufgrund der von ihm vorgenommenen Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass eine schützenswerte eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner mittlerweile von ihm geschiedenen Ehefrau nie bestanden hat. Die vom Verwaltungsgericht aufgrund der vorliegenden Unterlagen sowie der Aussagen der in den mündlichen Verhandlungen vernommenen Zeugen gezogene Schlussfolgerung, dass dem Kläger sämtliche Aufenthaltstitel zu Unrecht erteilt worden sind, lässt sich ohne Weiteres logisch nachvollziehen und ist auch im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren rechtlich nicht zu beanstanden.

Zutreffend hat der Kläger zunächst darauf hingewiesen, dass die Beweislast für die Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Verwaltungsakte im Fall der Rücknahme von Amts wegen die Behörde trägt. Die Beklagte musste demzufolge darlegen, dass die Voraussetzungen für die dem Kläger am 16. Januar 1997, am 23. Oktober 1997, am 17. August 1998 und am 14. Februar 2000 erteilten befristeten Aufenthaltserlaubnisse bzw. für die am 14. September 2000 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis nicht vorlagen. Dass die Aufenthaltserlaubnisse zu Unrecht erteilt worden sind, stand nach der Beweiserhebung zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts fest. Allerdings trifft den Kläger zumindest hinsichtlich der aus seiner Sphäre kommenden Tatsachen eine Mitwirkungslast, denn Fakten, die nur ihm bekannt sind, oder auch in Frage kommende Zeugen, die nur er kennt, muss er in das Verfahren einführen. Das Verwaltungsgericht war entgegen seiner Auffassung nicht gehalten, den von einem Rechtsanwalt vertretenen Kläger nach dem Vorhandensein von Freunden zu fragen, die gegebenenfalls seinen Vortrag stützen könnten. Es hätte vielmehr dem Kläger oblegen, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht entsprechende Beweisanträge zu stellen.

Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts leidet auch nicht an Mängeln im Hinblick auf die Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung. Insbesondere ist weder die Beweiswürdigung noch die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil fehlerhaft. Mit seinem diesbezüglichen Vorbringen zweifelt der Kläger zwar die Richtigkeit des angefochtenen Urteils in seinem Ergebnis an, greift aber der Sache nach das von ihm für falsch gehaltene Ergebnis der richterlichen Überzeugungsbildung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO an.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 22 ZB 122 ZB 13.104 - juris Rn. 11). Diese „Freiheit“ des Gerichts ist erst dann überschritten, wenn es entweder seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze (oder zwingende Erfahrungssätze) verstoßen (st. Rspr.. des BVerwG, vgl. z. B. B.v. 11.1.2012 - 8 PKH 8.11 -juris Rn. 3 m. w. N.). Soweit wie hier eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder z. B. wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernsthaft zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (st. Rspr..; vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 22 ZB 122 ZB 13.104 - juris Rn. 11 m. w. N.). Solche Mängel hat der Kläger in seinem Zulassungsvorbringen aber nicht aufgezeigt.

Das Verwaltungsgericht hat in den mündlichen Verhandlungen vom 6. Februar 2013 und vom 10. April 2013 den Kläger informatorisch eingehend befragt und sowohl seine frühere Ehefrau als auch ihren Sohn, eine Kollegin und Freundin der geschiedenen Ehefrau, die Nachbarin der früheren Ehefrau und eine gute Bekannte des Klägers als Zeugen vernommen. Es ist unter Würdigung der Aussagen aller in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen zur Überzeugung gelangt, dass eine schützenswerte eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau nie bestanden hat und deshalb alle dem Kläger erteilten Aufenthaltstitel rechtswidrig waren. Es hat sich dabei auch auf objektive Umstände, wie z. B. Besuche des Klägers bei Ärzten im Bundesgebiet gestützt. Dabei hat es den in sich stimmigen Zeugenaussagen der geschiedenen Ehefrau des Klägers, ihres Sohnes und der drei in der mündlichen Verhandlung am 10. April 2013 vernommenen Zeuginnen erhebliche Bedeutung beigemessen und demgegenüber die Aussagen des Klägers selbst als weniger glaubhaft und seine Angaben teilweise durch nichts belegt angesehen. Diese Bewertung und Gesamtabwägung aller Umstände lässt weder gedankliche Lücken noch Ungereimtheiten erkennen. Wenn der Kläger meint, das Erstgericht hätte die Aussagen anders bewerten und für den Kläger günstigere Schlüsse ziehen müssen, genügt das nicht.

Auch die vom Kläger aufgezeigten Beispiele geben keinen Anlass, die Beweiswürdigung des Erstgerichts ernstlich in Zweifel zu ziehen. So hat das Verwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Klägers die Angaben der geschiedenen Ehefrau als glaubhaft angesehen und ausgeführt, der Detailreichtum ihrer Angaben und die Spontaneität ihres Vortrags sprächen deutlich dafür, dass sie von tatsächlich Erlebtem berichtete. Ihr Vortrag sei nachvollziehbar und ohne jeden Belastungseifer gewesen. Dass die geschiedene Ehefrau den Eindruck hatte, der Kläger habe sich im Lauf der Jahre negativ verändert und sei zum religiösen Fanatiker geworden, widerspricht der Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens über die mit dem Kläger geführte formelle Ehe nicht, denn dabei handelt es sich um Gefühle und Befürchtungen der geschiedenen Ehefrau, nicht aber um die Schilderung von Fakten.

An der Glaubhaftigkeit der Aussage des Sohnes der geschiedenen Ehefrau ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht bereits deshalb zu zweifeln, weil dieser nicht mit der zuvor getätigten Aussage seiner Mutter in Widerspruch geraten wollte. Dem Protokoll lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass sich dieser Zeuge als präsenter Zeuge bei der vorausgegangenen Aussage seiner Mutter im Sitzungssaal befunden hat. Das Sitzungsprotokoll ist insofern zwar nicht eindeutig, weil darin nicht vermerkt ist, dass er zumindest vor der Vernehmung seiner Mutter gebeten worden ist, den Sitzungssaal zu verlassen. Andererseits ist auf S. 10 des Protokolls vermerkt, dass er „in den Sitzungssaal gerufen“ wurde. Letztendlich kann aber dahinstehen, ob er der Aussage seiner Mutter zuvor beigewohnt hat. Diesbezüglich sind jedenfalls keine Einwände der damaligen Bevollmächtigten des Klägers gegen eine Einvernahme des Sohnes der geschiedenen Ehefrau erhoben worden. Zudem ist davon auszugehen, dass sich der Zeuge als damaliger Soldat der Tragweite einer Einvernahme durch ein Gericht bewusst war. Seine Aussage beschränkte sich auch ausdrücklich auf seine eigenen Erinnerungen an den Kläger und verlieren sich nicht in Details. Es ist durchaus glaubhaft, dass sich der Kläger, auch wenn er in der maßgeblichen Zeit erst zwischen sechs und 15 Jahre alt war, noch daran erinnern kann, ob und wie lange der Kläger bei ihm und seiner Mutter gelebt hat. Jedenfalls hat er klar und eindeutig ausgesagt, dass der Kläger nur etwa einmal im Jahr für kurze Zeit bei ihnen gewohnt hat, dass sie nie zusammen in Urlaub waren und keine gemeinsamen Unternehmungen stattfanden sowie dass der Kläger niemals Hausmann in ihrem Haushalt war.

Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus seinem Urteil in nicht zu beanstandender Weise zugrunde gelegt, dass die Freundin der geschiedenen Ehefrau des Klägers als enge Freundin durchaus Einblick in die familiäre Situation des Klägers im Bundesgebiet hatte und dass auch die Nachbarin glaubhaft nur von kurzen Aufenthalten des Klägers bei seiner damaligen Ehefrau berichtete. Die Wertung des Verwaltungsgerichts, sowohl die Schilderungen der Freundin als auch die Aussage der Nachbarin seien Belege dafür, dass sich der Kläger nur sporadisch bei seiner früheren Ehefrau aufgehalten habe, werden vom Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren nicht erschüttert. Gerade die Aussage der Nachbarin der geschiedenen Ehefrau belegt nachdrücklich, dass der Kläger lediglich im Urlaub im Bundesgebiet war. Entgegen der Auffassung des Klägers konnte das Verwaltungsgericht sehr wohl vermuten, dass eine längere Anwesenheit des Klägers im Haus seiner Ex-Ehefrau der Nachbarin nicht verborgen geblieben wäre. Dies ergibt sich insbesondere aus der Schilderung der örtlichen Situation. Sowohl die Ex-Ehefrau als auch die Nachbarin bewohnen Einfamilienhäuser, die in der maßgeblichen Zeit noch nicht einmal durch einen Zaun getrennt waren, weil die jeweiligen Söhne immer zusammen gespielt haben. Angesichts einer derart engen und übersichtlichen Nachbarschaft fällt es in solchen Wohngebieten viel eher als in anonymen Hochhäusern auf, ob und wie lange sich eine (fremde) Person in der Nachbarschaft aufhält, auch wenn man mit den Nachbarn nicht näher befreundet ist.

Schließlich greift auch der Einwand des Klägers, seine Bekannte habe als Zeugin ausgesagt, dass er im Jahr 1999 an einem Deutschkurs teilgenommen habe, nicht. Denn auch dies belegt nur, dass der Kläger kurzfristig im Bundesgebiet war und sagt nichts über das Bestehen einer tatsächlichen Lebensgemeinschaft mit seiner früheren Ehefrau aus.

Schließlich führen auch die vom Kläger im Zulassungsverfahren benannten Zeugen nicht zu einer Zulassung der Berufung, denn diese können offenbar lediglich bezeugen, dass und wann sie den Kläger im Bundesgebiet getroffen haben. Dass sie auch die maßgebliche Tatsache des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft bezeugen können, wird auch in der Zulassungsbegründung nicht behauptet. Es mag sein, dass sich der Kläger neben den kurzfristigen Besuchen bei seiner damaligen Ehefrau noch anderweitig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Dies rechtfertigte aber nicht die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Familiennachzug. Diese Aufenthaltstitel wären auch dann rechtswidrig erteilt worden, wenn sich der Kläger im Bundesgebiet, jedoch nicht dauerhaft bei seiner Ehefrau aufgehalten hätte. Aus diesem Grund sind auch die vorgelegten Atteste von Ärzten nicht weiterführend. Zudem lassen sich die Arztbesuche bereits bekannten Zeiträumen eines Aufenthalts im Bundesgebiet zuordnen. So war der Kläger im Januar 1997 im Bundesgebiet, weil er damals seine Ex-Ehefrau geheiratet hat. Anfang 1997 hat er dann auch die Schultersprechstunde in Großhadern besucht. Die drei Arzttermine im Februar 2000 fallen zeitlich zusammen mit einer persönlichen Vorsprache beim Landratsamt am 10. Februar 2000, als der Kläger dringend eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Ausreise benötigte. In diesem Zusammenhang fällt ohnehin auf, dass der Kläger die von ihm beantragte Niederlassungserlaubnis, die seit März bei der zuständigen Ausländerbehörde zur Abholung bereitlag und für deren Abholung er sowohl im März als auch im Mai vorgeladen worden ist, erst im September, offensichtlich bei einem zweiten Besuch in diesem Jahr, abgeholt hat. Schließlich fallen die Behandlungstermine von Ende August bis Anfang Oktober 2002 zusammen mit den Aussagen der Nachbarin und der Freundin der Exfrau, dass sie den Kläger jeweils in diesem Zeitraum letztmals gesehen hätten.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen auch nicht im Hinblick auf die Annahme des Vorliegens einer arglistigen Täuschung bzw. der Einhaltung der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG. Denn zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass einiges dafür spreche, dass in den wiederholt bewusst wahrheitswidrig gegenüber der Beklagten geäußerten Erklärungen des Klägers eine arglistige Täuschung der Behörde i. S. des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG liege, dies im Ergebnis aber offen bleiben könne, da es sich jedenfalls um unrichtige Angaben im Sinne der Nr. 2 handle. Wenn demgegenüber im Zulassungsverfahren behauptet wird, im Hinblick auf die Frist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG hätte insoweit differenziert werden müssen und das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob eine arglistige Täuschung vorliege, kann dem nicht gefolgt werden. Der Kläger verkennt, dass er sich wegen der unrichtigen Angaben, durch die er die Aufenthaltstitel erlangt hat, auf Vertrauen gerade nicht berufen kann und deshalb die Rücknahme der rechtswidrigen Verwaltungsakte binnen Jahresfrist möglich ist.

Des Weiteren ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG eingehalten ist. Der Beginn des Laufs der Jahresfrist setzt nämlich voraus, dass die Behörde von allen Tatsachen, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen könnten, positive Kenntnis erlangt. Daher genügt es insoweit nicht, dass die entscheidungserheblichen Tatsachen für die Rücknahme des Verwaltungsakts aktenkundig, d. h. aus den Akten ersichtlich und damit für die Behörde erkennbar sind; eine schuldhafte Unkenntnis der Behörde genügt nicht (vgl. Ziekow, VwVfG, Kommentar, 2. Aufl. 2010, § 48 Rn. 49 ff. m. Rspr-nachweisen). Diese Kenntnis ist erst vorhanden, wenn sich die zuständige Behörde der Notwendigkeit bewusst geworden ist, wegen der (von ihr angenommenen) Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes über die Rücknahme entscheiden zu müssen. Zu den für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen gehören auch alle für die Ermessensbetätigung wesentlichen Umstände sowie die für die Bewertung des Vertrauensschutzes des Begünstigten maßgeblichen Gesichtspunkte. Da insoweit zur Herstellung der Entscheidungsreife regelmäßig eine Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderlich ist, beginnt die Frist erst nach deren Abschluss zu laufen (vgl. Ziekow, a. a. O., Rn. 51 m. w. N.). Damit ist die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG entsprechend der Entscheidung des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 70, 356/363) eine Entscheidungsfrist. Sie ist gerade keine Bearbeitungsfrist in dem Sinne, dass die Behörde ein Jahr Zeit hat, alle zur Ausübung des Rücknahmeermessens gegebenenfalls noch erforderlichen Informationen einzuholen, um sodann über die Rücknahme zu entscheiden (vgl. J. Müller in BeckOK VwVfG, Stand: 1.4.2013, § 48 Rn. 113).

Im vorliegenden Fall hat die Ausländerbehörde zwar im Oktober 2010 aufgrund einer Mitteilung der geschiedenen Ehefrau des Klägers erfahren, dass der Kläger nie dauerhaft in Deutschland gelebt habe, jedoch ist damit ein Rücknahmegrund noch nicht bekannt geworden in dem Sinne, dass die Ausländerbehörde die Rechtswidrigkeit der erteilten Aufenthaltserlaubnisse gekannt hätte. Vielmehr gab das Schreiben der früheren Ehefrau des Klägers erst Anlass dazu, die Rechtmäßigkeit der Bescheide zu überprüfen. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger mehrere Aufenthaltstitel erhalten hat und sein tatsächlicher Aufenthalt über viele Jahre hinweg überprüft werden musste sowie zudem entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch die weiteren maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte für eine Rücknahme geprüft und überdacht werden mussten, erscheint ein Zeitraum bis zum November 2011, als der Kläger förmlich zur Rücknahme angehört wurde, durchaus noch als angemessen, zumal wenn man berücksichtigt, dass der Kläger im August 2011 zunächst um Stellungnahme gebeten worden ist und eine solche nach mehreren Fristverlängerungen erst im November 2011 abgegeben hat. Ab der Stellungnahme des Klägers begann aber erst die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG zu laufen. Diese wurde durch Erlass des Rücknahmebescheids am 19. Juli 2012 zweifelsohne gewahrt.

2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, inwieweit das Gericht zu einer persönlichen Befragung des Klägers zu den Angaben seiner früheren Frau und deren bester Freundin verpflichtet gewesen ist, begründet keine besondere rechtliche Schwierigkeit, denn sie stellt sich nicht. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 6. Februar 2013 ausführlich persönlich befragt worden. Zu den Zeugenaussagen in dieser sowie in der weiteren mündlichen Verhandlung am 10. April 2013 konnten sich der Kläger bzw. seine Bevollmächtigte ausführlich äußern. Eine Verpflichtung des Gerichts, den bei beiden mündlichen Verhandlungen zusammen mit seiner Bevollmächtigten anwesenden Kläger nochmals auf sein Äußerungsrecht hinzuweisen, bestand ersichtlich nicht.

Der Senat kann auch nicht nachvollziehen, inwieweit hinsichtlich der Aussage der früheren Ehefrau des Klägers besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher Hinsicht vorliegen sollen. Aus deren Zeugenaussage ergeben sich zusammen mit der weiteren Beweiserhebung und den dem Gericht vorliegenden Akten, in denen sich auch die früheren Aussagen der Ex-Ehefrau befinden, die Umstände, die zu dem Beweisergebnis, das vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt worden ist, geführt haben.

Des Weiteren liegen keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Hinblick auf die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG vor. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Schließlich lassen sich besondere Schwierigkeiten der Rechtssache auch nicht daraus herleiten, dass das Verwaltungsgericht den Rechtsstreit nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen hat. Denn aus der Nichtübertragung einer Angelegenheit durch die Kammer auf den Einzelrichter kann nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geschlossen werden (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 8). Zum einen ist nämlich die Übertragung auf den Einzelrichter nicht zwingend vorgeschrieben und bleibt der Entscheidung der Kammer vorbehalten. Zum anderen hat die Frage des Vorliegens besonderer Schwierigkeiten i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO keine bindende Wirkung für das höhere Gericht.

3. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung aufwirft (vgl. BayVGH, B.v. 19.11.2013 -10 ZB 11.1227 - juris Rn. 9 m. w. N.). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, „ob die für den Kläger höchst bedeutungsvolle Frage der Rücknahme seiner unbefristeten Aufenthaltserlaubnis mit der Folge einer Abschiebungsandrohung maßgeblich auf die Aussage der früheren Ehefrau gestützt werden darf“, hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil dies eine Frage des Einzelfalls ist, die sich nicht fallübergreifend beantworten lässt. Zudem hat das Verwaltungsgericht sein Urteil nicht nur auf die Aussage der früheren Ehefrau gestützt, sondern auch auf die Aussagen der übrigen als Zeugen vernommenen Personen und auf weitere objektive Tatsachen, die sich aus den Verwaltungsakten ergeben.

Die Frage der Anwendbarkeit von Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG im vorliegenden Fall begründet ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Die Frage, wie die Frist zu berechnen ist und wie insbesondere der Fristbeginn festzulegen ist, ist für den Regelfall, wie auch der Kläger zugibt, durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Ob von diesem Regelfall abzuweichen ist, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls, der wiederum keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung wirft die Frage auf, „ob das Versäumnis der Prozessbevollmächtigten erster Instanz, die zugunsten des Klägers sprechenden Umstände beizubringen, vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips einschränkungslos dem Kläger zugerechnet werden kann“. Denn auch insoweit handelt es sich um eine Einzelfallfrage, die nicht fallübergreifend beantwortet werden kann. Zudem ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt, dass einem Kläger das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zuzurechnen ist, sofern hier überhaupt von einem Verschulden der früheren Bevollmächtigten auszugehen wäre. Ein Verschulden ist nämlich im Zulassungsverfahren vom Kläger nicht konkret dargelegt worden.

Aus diesen Gründen war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.