Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2016 - 22 ZB 15.2476

bei uns veröffentlicht am13.12.2016

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 € festgesetzt.

IV.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Zulassung zur Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Fischwirtin.

Sie begann am 13. September 2010 eine Ausbildung zur Fischwirtin in der Schweiz und legte am 13. Juni 2012 bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft - Institut für Fischerei - (im Folgenden: LfL) die Zwischenprüfung ab. Nachdem sich die Klägerin zur Abschlussprüfung angemeldet hatte, teilte ihr die LfL mit Schreiben vom 11. Juli 2013 mit, sie möge sich rechtzeitig zu der am 18. Juli 2013 um 9.00 Uhr beginnenden Abschlussprüfung einfinden. Weil der LfL danach Umstände bekannt wurden, die nach Ansicht der LfL der Zulassung zur Prüfung entgegenstanden, teilte die LfL durch den Ausbilder Dr. B. der Klägerin am 17. Juli 2013 mündlich mit, sie könne nicht zur Abschlussprüfung zugelassen werden. Aufgrund einer verwaltungsgerichtlichen einstweiligen Anordnung (VG München, B. v. 17.7.2013 - M 25 E 13.3112) durfte die Klägerin indes vorläufig an der Abschlussprüfung teilnehmen. Eine Mitteilung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung erhielt die Klägerin nicht.

Mit Bescheid vom 14.8.2013 lehnte die LfL durch den zuständigen Prüfungsausschuss die Zulassung der Klägerin zur Abschlussprüfung im Beruf Fischwirtin vom 18. Juli bis 24. Juli 2013 ab. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben. Nach Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung und nach Verzicht der Beteiligten auf eine weitere mündliche Verhandlung hat das Bayerische Verwaltungsgericht München die Klage mit Urteil vom 6. Oktober 2015 abgewiesen.

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren nach Zulassung zur Abschlussprüfung weiter. Sie hat außerdem beantragt, ihr für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsverfahrensakte und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II. 1. Die Klägerin begehrt nicht lediglich Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten, erst noch zu stellenden Antrag auf Zulassung der Berufung, sondern sie hat zum Einen die Zulassung der Berufung und zum Andern Prozesskostenhilfe für das Berufungs-Zulassungsverfahren beantragt. Dies ergibt sich aus Folgendem: Sie hat innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist (§ 124a Abs. 4 Sätze 1 und 2 VwGO) nach Zustellung des angegriffenen Urteils, in dem die Berufung nicht zugelassen wurde, mit Schriftsatz vom 9. November 2015 beantragt, gegen dieses Urteil „die Berufung zuzulassen“ (Bl. 4 der Akte). Zeitlich danach und in einem eigenen Schriftsatz vom 4. Dezember 2015 (Bl. 27 der Akte) hat die Klägerin „für das Verfahren auf Zulassung der Berufung und für das Berufungsverfahren selbst Prozesskostenhilfe“ beantragt.

2. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) in ihren Schriftsätzen (vom 4.12.2015, 18.2.2016 und 13.12.2016) lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten.

Eine „Darlegung“ im Sinn des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt zwar nicht die Benennung eines konkreten Zulassungstatbestands; vielmehr können ein Zulassungsantrag und dessen Begründung vom Verwaltungsgerichtshof ausgelegt werden und es reicht aus, dass auf diesem Weg erkennbar ist, auf welchen der gesetzlichen Tatbestände ein geltend gemachter Zulassungsgrund der Sache nach zielt. Allerdings erfordert die gebotene Darlegung eines Zulassungsgrundes die substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, d. h. eine Darlegung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Außerdem muss sich das fristgerecht Dargelegte letztlich zweifelsfrei noch einzelnen Zulassungsgründen zuordnen lassen; der Verwaltungsgerichtshof braucht sich nicht aus einem „Gemenge“ das herauszusuchen, was möglicherweise zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (BayVGH, B. v. 11.5.2016 - 22 ZB 16.715 - juris, Rn. 16; BayVGH, B. v. 9.3.2016 - 22 ZB 16.283 - juris, Rn. 6; BayVGH, B. v. 11.11.2013 - 22 ZB 13.1604 -, Rn. 15, jeweils m. w. N.; Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57- 59 m. w. N.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2015, § 124a Rn. 49 m. w. N.; Dietz in Gärditz, VwGO, § 124a Rn. 36; jeweils m. w. N.). Ob diese Anforderungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, ist fraglich. Allenfalls können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils als dargelegt angesehen werden.

3. Die Klägerin beschreibt einzelne Fehler, die nach ihrer Ansicht dem Verwaltungsverfahren oder dem Urteil anhaften, ohne dass sie diese einem bestimmten Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO zuordnet; darin könnte evtl. die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils gesehen werden.

3.1. Die Klägerin bemängelt die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Umdeutung. Das Verwaltungsgericht hat die vom Beklagten mündlich (am 17.7.2013) und danach mit Bescheid (vom 14.8.2013) gegenüber der Klägerin ausgesprochene Nichtzulassung zur Abschlussprüfung umgedeutet (Art. 47 Abs. 1 BayVwVfG) in die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach Art. 48 BayVwVfG. Insoweit macht die Klägerin geltend, die mündlich mitgeteilte Nichtzulassung zur Prüfung sei „nicht der Umdeutung im Sinn von § 47 Abs. 1 VwVfG [gemeint ist: „Art. 47 Abs. 1 BayVwVfG“] unterworfen, sondern allenfalls § 48 VwVfG“ (Schriftsatz vom 4.12.2015, S. 3 oben); sie meint, die Voraussetzungen des Art. 47 Abs. 1 BayVwVfG hätten nicht vorgelegen (Schriftsatz vom 4.12.2015, S. 2 unten). Die Klägerin zielt mit ihrem diesbezüglichen Vortrag wohl darauf ab, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend zu machen. Dies ist ihr mit ihren Darlegungen aber nicht gelungen.

3.1.1. Das Verwaltungsgericht hat nicht in Frage gestellt, dass die Klägerin zunächst zur Abschlussprüfung zugelassen worden war. Für das Verwaltungsgericht war eine wirksame Zulassung der Klägerin gerade Voraussetzung dafür, erstens die zuerst mündlich und dann schriftlich ergangene Verfügung der LfL als ungeeignet anzusehen, um das von der Behörde angestrebte Ziel (Nichtzulassung der Klägerin zur Abschlussprüfung) erreichen zu können, und zweitens aus diesem Grund eine Umdeutung der Verfügung in eine Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG anzunehmen. Welche Bedeutung die in diesem Zusammenhang von der Klägerin (Schriftsatz vom 4.12.2015, S. 3 oben) angesprochene, seitens der LfL der Klägerin erteilte Teilnahmebescheinigung oder der - von der Klägerin als unzulässig angesehene - Vorläufigkeitsvermerk auf dieser Bescheinigung für die Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Zulassung zur Abschlussprüfung haben soll, ergibt sich aus der Darlegung der Klägerin nicht.

3.1.2. Die Klägerin bemängelt, dass die am Tag vor der Abschlussprüfung der Klägerin eröffnete Verfügung, sie werde nicht zugelassen, nur mündlich ergangen sei, obgleich sie nach § 5 Abs. 4 der „Prüfungsordnung Berufsbildung - Landwirtschaft und Hauswirtschaft“ (LHBPO) schriftlich hätte ergehen müssen (Schriftsatz vom 4.12.2015, ab S. 3 Mitte). Damit kann sie nicht durchdringen.

Zwar folgt die Schriftformbedürftigkeit der Rücknahme der Zulassung zur Abschlussprüfung schon daraus, dass die Rücknahme eines Verwaltungsakts denselben Formvorschriften folgt wie der Erlass des zurückgenommenen Verwaltungsakts (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 48 Rn. 32 m. w. N.). Die Klägerin übersieht indes, dass das Verwaltungsgericht die Rücknahme der Zulassung zur Abschlussprüfung nicht nur in der mündlichen Mitteilung vom 17. Juli 2013, sondern in einem (die Entscheidung vom 17.7.2013 bestätigenden) schriftlichen Bescheid vom 14. August 2013 gesehen hat (vgl. Urteilsabdruck - UA - S. 13 unten, S. 14 unten: „... bzw. des Prüfungsausschusses“). Die Ausführungen, mit denen die Klägerin die formelle Rechtswidrigkeit der mündlichen Mitteilung am Vortag der Abschlussprüfung geltend macht (Zweck des Schriftformerfordernisses nach § 5 LHBPO, Gewährleistung rechtlichen Gehörs, Fehlen der Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß Art. 28 Abs. 2 und 3 BayVwVfG - vgl. Schriftsatz vom 4.12.2015, S. 3 Mitte bis S. 5 Mitte), betreffen nicht den Bescheid vom 14. August 2013.

3.1.3. Die Klägerin macht jedoch sinngemäß geltend, die der mündlichen „Nichtzulassung zur Abschlussprüfung“ (vom 17.7.2013) anhaftenden Mängel hätten durch den Erlass des Bescheids (vom 14.8.2013) nicht behoben werden können, weil der Prüfungsausschuss den mündlichen Verwaltungsakt nur noch „im Nachhinein absegnen“ habe können und „aus konventionellen Gründen gar nicht anders“ habe entscheiden können und weil durch dieses Vorgehen § 46 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) umgangen worden sei (Schriftsatz vom 4.12.2015, S. 5 oben). Dem ist nicht zu folgen. Dem Gesetzeswortlaut oder dem Sinn und Zweck der förmlichen Entscheidung über die Zulassung zur Abschlussprüfung kann nicht entnommen werden, dass es bei Zweifeln über die Gültigkeit bzw. Rechtmäßigkeit der Zulassung oder Nichtzulassung zur Prüfung rechtlich ausgeschlossen wäre, den Kandidaten - z. B. weil die aufgetretenen Zweifel in der Kürze der Zeit nicht geklärt werden können - zunächst nur vorläufig an der Prüfung teilnehmen zu lassen und nach der Prüfung endgültig über diejenigen normativen Voraussetzungen zu befinden, an welche die Zulassung zur Prüfung geknüpft ist. So verhielt es sich vorliegend, da die Klägerin wegen der bestehenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der (am Vortag der Prüfung, 17.7.2013, ausgesprochenen) „Nichtzulassung zur Abschlussprüfung“ am selben Tag eine verwaltungsgerichtliche einstweilige Anordnung erstritten hatte, aufgrund dieser aber nur „vorläufig“ an der Prüfung teilnehmen durfte und deswegen - folgerichtig - eine „vorläufige“ Teilnahmebestätigung erhielt.

Der Prüfungsausschuss war somit dadurch, dass die Klägerin „vorläufig“ an der Abschlussprüfung teilgenommen hatte, weder rechtlich noch tatsächlich gehindert, eine gesetzeskonforme Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Zulassung der Klägerin zur Abschlussprüfung oder über die Rücknahme der Zulassung zur Prüfung zu treffen. Die Frage, ob eine rechtmäßige „Zulassung zur Abschlussprüfung“ als rechtliche Prüfungsvoraussetzung besteht oder nicht, hatte sich mit dem Ablauf des Prüfungstermins auch nicht erledigt, weil die Klägerin an dieser Prüfung tatsächlich teilgenommen hatte. Auch eine von der Klägerin geltend gemachte Umgehung von § 46 Abs. 1 Satz 2 BBiG, wonach nur der Prüfungsausschuss abschließend befinden darf, dass die Zulassungsvoraussetzungen nicht gegeben sind, liegt nicht schon darin, dass eine nachträgliche, nach der vorläufigen Teilnahme an der Prüfung erfolgende Zulassungsentscheidung rechtlich ermöglicht wird. Die alleinige Zuständigkeit des Prüfungsausschusses zur Entscheidung dieser Frage wird dadurch nicht beeinträchtigt.

An dieser Bewertung ändert sich auch nichts dadurch, dass vorliegend der Entscheidung des Prüfungsausschusses bereits eine mündliche Entscheidung der LfL vorausgegangen war und der Prüfungsausschuss psychologisch geneigt gewesen sein könnte, diese Entscheidung einer einzelnen Person inhaltlich im Nachhinein zu bestätigen. Zum Einen handelt es sich bei der korrigierbaren Entscheidung vom 17. Juli 2013 nicht um eine eigene Entscheidung des gesamten Prüfungsausschusses. Zum Andern liegt bei einer Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nicht zwangsläufig ein Grund vor, der im Sinn von Art. 21 BayVwVfG geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Im Übrigen könnte - zumal bei einer erfolgreich abgelegten Abschlussprüfung - auch eine Neigung bestehen, den Prüfungserfolg nicht am Fehlen von Zulassungsvoraussetzungen scheitern zu lassen.

3.1.4. Die Klägerin macht geltend, die streitgegenständliche Entscheidung sei deswegen rechtswidrig, weil der Klägerin nicht das gebotene rechtliche Gehör gewährt worden sei und dieser Mangel auch „in der Beweisaufnahme“ nicht habe geheilt werden können (Schriftsatz vom 4.12.2015, ab Nr. 2 auf S. 5 Mitte). Auch damit kann sie keinen Erfolg haben.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG kann die erforderliche Anhörung eines Beteiligten, die unter Verletzung einer Verfahrens-oder Formvorschrift unterblieben ist, nachgeholt werden; die Nachholung kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen (Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG); Gründe für die schwere Fehlerfolge der Nichtigkeit nach Art. 44 BayVwVfG, die eine solche Nachholung ausschlösse, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die fehlende vorherige Anhörung der Klägerin in den - dem Urteil vorausgegangenen - gerichtlichen Eilverfahren in entsprechender Anwendung des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG rechtsfehlerfrei nachgeholt worden sei (UA S. 23 oben m. w. N.). Mit diesem Begründungselement des Verwaltungsgerichts setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Sie beschränkt sich vielmehr auf die Behauptung, die unterbliebene Gehörsgewährung habe auch nicht in der Beweisaufnahme nachgeholt werden können (Schriftsatz vom 4.12.2015, Nr. 2) und die Beweiswürdigung sei laienhaft (Schriftsatz vom 4.12.2015, ab Nr. 4). Beide Einwände greifen in diesem Zusammenhang (rechtliches Gehör) nicht durch. Zwar hat - wie die Klägerin selbst erkennt (Schriftsatz vom 4.12.2015, letzte 3 Zeilen auf S. 5) - die Beweiserhebung nicht den Zweck, einen behördlichen Gehörsverstoß zu heilen, es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen einer Beweiserhebung die nachträgliche Anhörung zu einer angegriffenen Behördenentscheidung geleistet werden könnte; Art. 45 BayVwVfG enthält dazu keine zwingenden Vorgaben. Zweitens hat das Verwaltungsgericht - wie dargelegt - die Nachholung der Anhörung nicht in der Beweiserhebung, sondern darin gesehen, dass die Klägerin in den vorangegangenen gerichtlichen Eilverfahren vortragen konnte.

3.2. Die Klägerin bemängelt ein „Abwägungsdefizit“ in der streitgegenständlichen Entscheidung (Schriftsatz vom 4.12.2015, Nr. 3). Der Sache nach macht sie mit ihren Ausführungen unter Nr. 3 geltend, die Rücknahmeentscheidung des Beklagten sei ermessensfehlerhaft, weil der Beklagte sich nicht mit der Möglichkeit befasst habe, dass die - von dem vernommenen Zeugen behaupteten - etwaigen Defizite des Ausbildungsbetriebs der Klägerin hätten vernachlässigt und die Klägerin gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3, § 45 BBiG zur Abschlussprüfung hätte zugelassen werden können. Damit kann die Klägerin aber deswegen nicht durchdringen, weil sie sich nicht mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts befasst. Dieses hat ausgeführt, dass eine Ermessensausübung ausweislich der Gründe des Bescheids der LfL „jedenfalls im Ansatz“, aber noch ausreichend stattgefunden habe. Denn in dem Bescheid werde diesbezüglich ausgeführt, der Prüfungsausschuss habe einstimmig entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Klägerin zur Abschlussprüfung nicht erfüllt seien und die Zulassung zur Prüfung auch nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls endgültig nicht erteilt werden könne, weil das als Ausbildungsnachweis geführte Berichtsheft so gravierende Mängel aufweise, dass es einem Nichtführen des Berichtshefts gleichkomme (UA S. 21 unten, S. 22 oben). Das Verwaltungsgericht hat an anderer Stelle (UA S. 16 unten bis S. 18 oben) ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen dem Berichtsheft erhebliche Aussage- und Beweiskraft zukommt für die Frage, ob die Voraussetzungen einer Zulassung in besonderen Fällen gemäß § 45 BBiG, insbesondere im Fall eine Ausbildung im Ausland, erfüllt sind. Die Klägerin setzt sich mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht auseinander.

3.3. Die Klägerin bemängelt eine - nach ihrer Formulierung „laienhafte“ - Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Dieses habe den unwidersprochenen Vortrag der Klägerin außer Acht gelassen, wonach der als Zeuge vernommene ehemalige Ausbilder der Klägerin dieser gegenüber Rache üben wolle; zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht die Aussage dieses Zeugen als glaubhaft angesehen und es hätte - so der sinngemäße Vortrag der Klägerin - auch nicht ohne weitere gerichtliche Feststellungen annehmen dürfen, dass die Mitteilung des Ausbilders an die LfL der Wahrheit entsprochen habe (Schriftsatz vom 4.12.2015, Nr. 4).

Dieser Vortrag ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in einer den Anforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechenden Weise darzulegen. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten (vgl. BayVGH, B. v. 4.9.2001 - 15 ZB 00.1583; BayVGH, B. v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030; Höfling in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 108 Rn. 47 ff). Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (BVerwG, B. v. 14.1.2010 - 6 B 74/09 - Buchholz 402.41 Nr. 87; B. v. 8.2.2011 - 10 B 1/11 u. a. - NVwZ-RR 2011, 382; B. v. 31.10.2012 - 2 B 33/12 - Rn. 12). Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 24.11.2016 - 22 ZB 16.1784 - Rn. 14, B. v. 6.9.2011 - 14 ZB 11.409 - m. w. N. und B. v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - Rn. 17 m.w.N).

Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Sie sind auch nicht erkennbar. Denn das Verwaltungsgericht hat seine Überzeugung gerade nicht maßgeblich auf die Aussage des Ausbilders der Klägerin (und weitere Zeugenaussagen) gestützt, sondern darauf, dass der Beklagte die Voraussetzungen für die Zulassung der Klägerin zur Abschlussprüfung deswegen als nicht gegeben habe ansehen dürfen, weil die Klägerin eine ausreichend lange, qualifizierte Ausbildungszeit in einem den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Ausbildungsbetrieb nicht nachgewiesen habe, dieser Nachweis insbesondere nicht mit dem Berichtsheft geführt worden sei (UA S. 18, 19); dass der Ausbilder - mit Ausnahme der Einarbeitungsphase - maximal zweimal in der Woche im Betrieb anwesend gewesen sei, habe die Klägerin selbst ausgesagt (UA S. 19 oben). Zu streitigen Aussagen des Ausbilders hat das Verwaltungsgericht ausgeführt (UA S. 21): „Da nach Überzeugung des Gerichts feststeht, dass eine Ausbildung der Klägerin, die den Vorgaben nach dem einschlägigen Beschluss des Berufsbildungsausschusses entsprechen würde, mangels hinreichend erfolgter kontinuierlicher fachlicher Anleitung durch einen Ausbildenden nicht vorliegt, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die Klägerin, was sie selbst bestreitet, ab Oktober 2012 von den Tätigkeiten in der Fischzucht entbunden wurde, weil sie die Fische vernachlässigt habe, wie der Ausbildende und dessen Mitarbeiter im Rahmen der Zeugeneinvernahme übereinstimmend angegeben haben. Ebenso wenig ist es entscheidungserheblich, ob die Klägerin im Berichtsheft Arbeiten (wie Forellenvermehrung, Brutpflege, Räuchern) angegeben hat, die im Betrieb tatsächlich nicht mehr durchgeführt wurden, oder andere Arbeiten, die im Betrieb durchgeführt wurden, nicht angegeben hat“.

3.4. Soweit die Klägerin vorgebracht hat, ihr Antrag stütze sich auch auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 5 VwGO (Schriftsatz vom 4.12.2015, S. 2), fehlen jegliche Ausführungen dazu, inwiefern die Rechtssache tatsächlich oder rechtlich besonders schwierig sein (Nr. 2) oder ein Verfahrensmangel des Verwaltungsgerichts vorliegen sollte, auf dem das Urteil beruhen kann (Nr. 5).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert wurde nach § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG festgesetzt (wie Vorinstanz gemäß Nr. 36.3 des Streitwertkatalogs 2013).

5. Aus den genannten Gründen hat der Antrag auf Zulassung der Berufung keine hinreichende Erfolgsaussicht, so dass auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen ist (§ 166 VwGO, § 114 ZPO); Gleiches gilt für den Prozesskostenhilfeantrag für das Berufungsverfahren.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2016 - 22 ZB 15.2476

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

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(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Gegen die Klägerin verfügte das Landratsamt Aschaffenburg mit Bescheid vom 26. Juni 2014 einen Widerruf ihrer Gaststättenerlaubnis und eine Untersagung des erlaubnisfreien Teils ihres Gaststättengewerbes wegen gaststätten- und gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit, die das Landratsamt aufgrund ungeordneter Vermögensverhältnisse, insbesondere erheblicher Steuerrückstände der Klägerin annahm.

Die Klägerin hat den Bescheid vom 26. Juni 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg erfolglos angefochten; ihre Klage wurde mit Urteil vom 24. Februar 2016 abgewiesen.

Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Der Beklagte hat sich noch nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Soweit mit dem Antrag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht werden, ergeben sich solche Zweifel aus den Darlegungen der Klägerin nicht; im Übrigen genügt die Antragsbegründung schon nicht den Mindestanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 7 und 7a, m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).

Vorliegend benennt die Klägerin in der Antragsbegründung weder einen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung und setzt sich auch nicht in konkreter Weise mit einem entscheidungstragenden Argument des Verwaltungsgerichts auseinander. Sie beschränkt sich darauf, geltend zu machen, die angefochtenen Entscheidungen gefährdeten ihre Existenz, ihre finanzielle Notlage sei durch eine Straßenbaumaßnahme der Gemeinde verursacht worden (zum Einen habe die Baumaßnahme den Zugang zu ihrer Gaststätte beeinträchtigt und zu Umsatzeinbußen geführt, zum Andern habe die Klägerin unerwartete Zahlungen für den Straßenbau leisten müssen), sie habe die Schulden gegenüber dem Finanzamt bereits durch Raten und laufenden Zahlungen verringert und im Lauf des Verfahrens nachgewiesen, dass sie zu einer erheblichen Minderung ihrer Verbindlichkeiten in der Lage und dass infolge der Umsatzsteigerungen und einer Neustrukturierung des Geschäftsbetriebs eine positive Zukunftsprognose gegeben sei, und sie habe ein fundiertes Sanierungskonzept vorgelegt. Mit diesem Vortrag werden durchgreifende ernstliche Zweifel daran, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig ist, aber nicht dargelegt.

Soweit die Klägerin sinngemäß geltend machen will, sie sei unverschuldet in die finanziellen Schwierigkeiten geraten (Folgen der Straßenbaumaßnahme), ist dem entgegen zu halten, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich für die anzustellende Prognose der künftigen Zuverlässigkeit oder Unzuverlässigkeit unerheblich ist, ob den Gewerbetreibenden ein Verschulden an seiner Situation trifft und welche Ursachen zu einer Überschuldung oder wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m. w. N.; BayVGH, U. v. 27.1.2014 - 22 BV 13.260 - BayVBl 2014, 338). Aus welchen konkreten Gründen erstens ein Verschulden der Klägerin an ihrer eigenen finanziellen Notlage auszuschließen ist und weshalb zweitens hieraus - trotz der zahlreichen, vom Verwaltungsgericht angeführten Gegenargumente - die Prognose gezogen werden müsse, die Klägerin sei künftig gaststätten- und gewerberechtlich zuverlässig, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht.

Der Hinweis der Klägerin auf die - in verschiedener Weise erreichte - Verringerung ihrer Schulden ist schon deswegen unbehelflich, weil es insoweit an Angaben fehlt, welche Maßnahmen sie im Einzelnen meint und ob diese vor oder nach dem vom Verwaltungsgericht (zutreffend) als maßgeblich angesehenen Beurteilungszeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. Urteilsabdruck - UA - S. 9 oben) gewesen sind. Davon abgesehen steht der diesbezüglich unsubstantiierte Vortrag der Klägerin im Widerspruch zu den ausführlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts, das - um nur ein Beispiel zu nennen - auf mehr als einer Seite (UA, S. 10 unten bis S. 12 oben) dargelegt hat, welche Anforderungen an ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept gestellt werden und weshalb ein solches im Fall der Klägerin, selbst unter Berücksichtigung ihrer Bemühungen nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, nicht angenommen werden könne, zumal zwischenzeitliche Zahlungen der Klägerin nicht hätten verhindern können, dass ihre Steuerschulden von knapp 40.000 € bei Bescheidserlass auf ca. 52.000 € (zum 11.11.2015) angewachsen seien.

Dass die angefochtene, vom Verwaltungsgericht aber als rechtens angesehene Verfügung des Landratsamts ein erheblicher Eingriff in Grundrechte der Klägerin ist (wie die Klägerin ohne nähere Erläuterung auf S. 3 ihrer Antragsbegründung geltend macht), steht außer Frage; inwiefern der Eingriff dagegen rechtswidrig sein und das Urteil daher ernstlichen Zweifeln begegnen sollte, legt die Klägerin aber nicht dar.

Soweit die Klägerin geltend macht, der „Widerruf einer Gewerbeerlaubnis“ sei in einer „gerade finanziell angespannten Lage“ im Hinblick auf die hier vorgetragenen Umstände ermessensfehlerhaft, übersieht sie, dass der Widerruf der Gaststättenerlaubnis bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 GastG zwingend und der Behörde kein Ermessen eingeräumt ist; Gleiches gilt für die (nicht erweiterte) Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit nach § 31 GastG i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO.

2. Soweit die Klägerin „besondere Schwierigkeiten“ der Rechtssache geltend macht, legt sie mit keinem Wort dar, inwiefern die Rechtssache entweder in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) besonders schwierig sein soll. Die Darlegung besonderer rechtlicher Schwierigkeiten erfordert aber eine substanzielle Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung und den Hinweis, in welchem konkreten Punkt sie zweifelhaft ist (Happ in Eyermann, VwGO, a. a. O., § 124a Rn. 68 m. w. N.); um besondere tatsächliche Schwierigkeiten darzutun, muss der Rechtsmittelführer verdeutlichen, weshalb der Sachverhalt besonders unübersichtlich bzw. besonders schwer zu ermitteln ist, und dass die aufklärende Tätigkeit des Verwaltungsgerichts nicht ausreichte, um diese Schwierigkeiten zu bewältigen (Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 71 m. w. N.).

Ebenso verfährt sie in Bezug auf den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes müsste dargelegt werden, welche Rechtsfrage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl. Happ in Eyermann, a. a. O., § 124 Rn. 35 bis 40 m. w. N.).

3. Für alle vorliegend von der Klägerin beanspruchten Zulassungsgründe gilt, dass der Hinweis (auf S. 1 unten der Antragsbegründung), diese Gründe ergäben sich im Einzelnen aus den vorgetragenen Umständen, Darlegungsmängel nicht kompensieren kann, auch wenn mit diesen „vorgetragenen Umständen“ die nachfolgende, etwas mehr als eine Seite lange und wenig substantiierte Antragsbegründung gemeint und mit einbezogen sein sollte. Denn der Verwaltungsgerichtshof braucht sich nicht aus einem „Gemenge“ das herauszusuchen, was möglicherweise zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 58 m. w. N.). Eine unsubstantiierte, den Anforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügende Darlegung kann auch nicht durch den Verweis auf den erstinstanzlichen Vortrag (vgl. Antragsbegründung S. 2 Mitte) angereichert oder aufgewertet werden. Denn die gebotene substanzielle Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung kann durch einen Vortrag, der zeitlich vor dieser Entscheidung erfolgt ist, schlechterdings nicht geleistet werden (BayVGH, B. v. 10.9.2013 - 22 ZB 13.1685 - juris, Rn. 5, m. w. N.). Nachdem vorliegend die zweimonatige Frist zur Begründung des Zulassungsantrags am Montag, 9. Mai 2016, abgelaufen ist, können Mängel in Bezug auf die erforderliche Darlegung auch nicht mehr behoben werden.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 GKG i. V. m. Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (wie Vorinstanz); der Verwaltungsgerichtshof misst dem von der Gewerbeuntersagung betroffenen Teil des Gaststättengewerbes keine gesonderte, den Streitwert gemäß § 39 Abs. 1 GKG erhöhende Bedeutung bei.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrte mit seiner Anfechtungsklage die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 23. April 2014, mit dem ihm die Ausübung seines angemeldeten Gewerbes untersagt worden ist. Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die Klage durch Urteil vom 22. Dezember 2015 abgewiesen und ausgeführt, dass die von der Beklagten angenommenen Voraussetzungen für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO vorlägen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung sei die negative Prognose über die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Klägers zu Recht vor allem auf seine erheblichen Zahlungsrückstände beim Finanzamt und seine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit gestützt worden.

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Die Beklagte hat noch keinen Antrag gestellt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den allein maßgeblichen fristgerecht erfolgten Darlegungen des Klägers (vgl. zu ihrer Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich keine Zulassungsgründe.

1. Der Kläger hat keinen konkreten Zulassungstatbestand nach § 124 Abs. 2 VwGO benannt. Dies ist zwar für eine „Darlegung“ im Sinn des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht erforderlich, vielmehr können ein Zulassungsantrag und dessen Begründung vom Verwaltungsgerichtshof ausgelegt werden, und es reicht aus, dass auf diesem Weg erkennbar ist, auf welchen der gesetzlichen Tatbestände ein geltend gemachter Zulassungsgrund der Sache nach zielt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57 m. w. N.). Allerdings erfordert die gebotene Darlegung eines Zulassungsgrundes die substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, d. h. eine Darlegung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird (Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 59 m. w. N.). „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2015, § 124a Rn. 49 m. w. N.). Außerdem muss sich das fristgerecht Dargelegte letztlich zweifelsfrei noch einzelnen Zulassungsgründen zuordnen lassen; der Verwaltungsgerichtshof braucht sich nicht aus einem „Gemenge“ das herauszusuchen, was möglicherweise zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 58 m. w. N.).

Gemessen an diesen Anforderungen ist aus den Darlegungen des Klägers auch nicht ansatzweise ersichtlich, inwiefern die mit dem angegriffenen Urteil entschiedene Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder grundsätzliche Bedeutung haben (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder das Urteil auf einer Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte beruhen oder ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorliegen soll. Allenfalls erkennbar ist, dass der Antrag des Klägers der Sache nach auf den - nicht ausdrücklich genannten - Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zielt. Derartige Zweifel ergeben sich aus der Antragsbegründung des Klägers aber nicht.

1.1. Der Kläger weist darauf hin, dass über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden und noch nicht abgeschlossen sei; er erwähnt in diesem Zusammenhang einen Zwischenbericht des Insolvenzverwalters vom 21. Mai 2015 und trägt vor, „seinerzeit“ habe das Guthaben auf dem vom Insolvenzverwalter eingerichteten Anderkonto 89.363 € betragen. Der Kläger setzt sich aber nicht mit dem - zutreffenden - rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids die Sach- und Rechtslage bei dessen Erlass (vorliegend am 23.4.2014) maßgeblich und folglich das erst nach diesem Zeitpunkt eröffnete Insolvenzverfahren ohne Belang ist (Urteilsabdruck - UA - S. 7 oben). Welche Bedeutung das hinsichtlich des Insolvenzverfahrens Vorgetragene für die Rechtmäßigkeit des Bescheids und die Richtigkeit des Urteils haben soll, erklärt der Kläger in seiner Antragsbegründung nicht.

1.2. Soweit der Kläger seine Steuerrückstände beim Finanzamt anspricht, mit denen die Beklagte ihren Bescheid im Wesentlichen begründet habe, stellt er gleichfalls keine tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Annahmen des Verwaltungsgerichts in Frage. Er macht vielmehr nur geltend, ausweislich einer Forderungsaufstellung des Finanzamts vom 13. Juli 2015 habe der Kläger - zum Stichtag 10. Juli 2015 - neu entstandene Steuerrückstände weitgehend ausgeglichen, inzwischen auch den Restbetrag bezahlt und die im Schuldnerverzeichnis (vom 10.12.2012) im September 2015 noch enthaltenen drei Forderungen aus dem Jahr 2012 durch Zahlung erledigt, so dass die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zum 29. Oktober 2015 bzw. 26. November 2015 gelöscht worden seien. Auch diese Schuldentilgungen sind nach gefestigter Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ohne Bedeutung, weil sie erst nach dessen Erlass vorgenommen wurden (grundlegend BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; vgl. zuletzt BVerwG, U. v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - NVwZ 2015, 1544/1545; BayVGH, B. v. 3.12.2015 - 22 ZB 15.2431 - juris Rn. 5 m. w. N.).

2. Eine ergänzende Begründung des Zulassungsantrags ist nicht mehr möglich. Die hierfür geltende Zweimonatsfrist ab Zustellung des vollständigen Urteils (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ist eine gesetzliche Frist, die das Gericht nicht verlängern kann. Das Urteil wurde dem Kläger am 7. Januar 2016 zugestellt, so dass die Begründungsfrist mit Ablauf des 7. März 2016 geendet hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert für den Rechtsstreit um die (einfache) Gewerbeuntersagung wurde - wie von der Vorinstanz - gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000 € festgesetzt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Über die Zulassung zur Abschlussprüfung entscheidet die zuständige Stelle. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, so entscheidet der Prüfungsausschuss.

(2) Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, darf bei der Entscheidung über die Zulassung hieraus kein Nachteil erwachsen.

(1) Zur Abschlussprüfung ist zuzulassen,

1.
wer die Ausbildungsdauer zurückgelegt hat oder wessen Ausbildungsdauer nicht später als zwei Monate nach dem Prüfungstermin endet,
2.
wer an vorgeschriebenen Zwischenprüfungen teilgenommen sowie einen vom Ausbilder und Auszubildenden unterzeichneten Ausbildungsnachweis nach § 13 Satz 2 Nummer 7 vorgelegt hat und
3.
wessen Berufsausbildungsverhältnis in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen oder aus einem Grund nicht eingetragen ist, den weder die Auszubildenden noch deren gesetzliche Vertreter oder Vertreterinnen zu vertreten haben.

(2) Zur Abschlussprüfung ist ferner zuzulassen, wer in einer berufsbildenden Schule oder einer sonstigen Berufsbildungseinrichtung ausgebildet worden ist, wenn dieser Bildungsgang der Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entspricht. Ein Bildungsgang entspricht der Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf, wenn er

1.
nach Inhalt, Anforderung und zeitlichem Umfang der jeweiligen Ausbildungsordnung gleichwertig ist,
2.
systematisch, insbesondere im Rahmen einer sachlichen und zeitlichen Gliederung, durchgeführt wird und
3.
durch Lernortkooperation einen angemessenen Anteil an fachpraktischer Ausbildung gewährleistet.

(1) Auszubildende können nach Anhörung der Ausbildenden und der Berufsschule vor Ablauf ihrer Ausbildungszeit zur Abschlussprüfung zugelassen werden, wenn ihre Leistungen dies rechtfertigen.

(2) Zur Abschlussprüfung ist auch zuzulassen, wer nachweist, dass er mindestens das Eineinhalbfache der Zeit, die als Ausbildungsdauer vorgeschrieben ist, in dem Beruf tätig gewesen ist, in dem die Prüfung abgelegt werden soll. Als Zeiten der Berufstätigkeit gelten auch Ausbildungszeiten in einem anderen, einschlägigen Ausbildungsberuf. Vom Nachweis der Mindestzeit nach Satz 1 kann ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft gemacht wird, dass der Bewerber oder die Bewerberin die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigt. Ausländische Bildungsabschlüsse und Zeiten der Berufstätigkeit im Ausland sind dabei zu berücksichtigen.

(3) Soldaten oder Soldatinnen auf Zeit und ehemalige Soldaten oder Soldatinnen sind nach Absatz 2 Satz 3 zur Abschlussprüfung zuzulassen, wenn das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm bestimmte Stelle bescheinigt, dass der Bewerber oder die Bewerberin berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, welche die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil leidet an einem Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und beruht auf ihm. Das Oberverwaltungsgericht hat sich seine im Berufungsurteil niedergelegte Überzeugung in verfahrensfehlerhafter Weise gebildet. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

2

1. Das Oberverwaltungsgericht hat die Vorschrift des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, wonach es aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Zu dem Gesamtergebnis des Verfahrens gehören insbesondere die Erklärungen der Verfahrensbeteiligten, der Inhalt der vom Gericht beigezogenen Akten sowie die im Rahmen einer Beweiserhebung getroffenen tatsächlichen Feststellungen, unbeschadet der Befugnis des Gerichts, die Erklärungen der Verfahrensbeteiligten, den Inhalt beigezogener Akten sowie das Ergebnis einer Beweisaufnahme frei zu würdigen. Das Gericht verstößt gegen das Gebot, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde zu legen, wenn es von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Überzeugungsbildung und zugleich für die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung darauf, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie die allgemeinen Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist (vgl. Urteile vom 28. April 1983 - BVerwG 2 C 89.81 - Buchholz 237.6 § 39 LBG ND Nr. 1, vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36, vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 201 <209> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 27 und vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264 Rn. 28, insoweit in BVerwGE 126, 149 nicht abgedruckt; Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Juli 2009, § 108 Rn. 29).

3

Das Oberverwaltungsgericht geht in seinem Urteil - anders als das Verwaltungsgericht - davon aus, dass die Ingewahrsamnahme des Klägers ausschließlich auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Nr. 2 SPolG - als Sicherungs- oder Präventivgewahrsam - erfolgt sei und nicht auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 Nr. 1 SPolG zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben. Es hat festgestellt, dass der Sicherungsgewahrsam gegen den Kläger angeordnet worden ist zur Beseitigung einer eingetretenen Störung sowie zur Verhinderung einer konkret befürchteten weiteren Störung und einer eventuellen Begehung strafrechtlich relevanter Taten. Hierzu hat sich das Oberverwaltungsgericht aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Überzeugung gebildet, dass der Kläger am Abend des 28. November 2003 das "Event-Haus" ... in ... betreten hatte, des Hauses verwiesen worden war, deswegen vor dem "Event-Haus" lautstark seinen Unmut bekundete und dass er - trotz des ausgesprochenen Verweises - nachhaltig versuchte, dorthin zurückzukehren.

4

Diese Beweiswürdigung, die im Wesentlichen auf der in der mündlichen Verhandlung des Oberverwaltungsgerichts protokollierten Zeugenaussage des Polizeibeamten H. beruht, wird den Anforderungen, die der Überzeugungsgrundsatz stellt, nicht in vollem Umfang gerecht. Sie blendet den Umstand aus, dass diese Aussage aktenkundigen früheren Äußerungen des Zeugen erkennbar widerspricht. So heißt es bereits in dem polizeilichen Bericht vom 28. November 2003, der Kläger sei "zum Zwecke der Ausnüchterung" zur Dienststelle verbracht worden, weil er offensichtlich erheblich alkoholisiert gewesen sei und "in diesem Zustand nicht sich selbst überlassen werden konnte". In einem weiteren Bericht vom 27. Februar 2004 hat der Zeuge H. ebenfalls festgehalten, der Kläger habe ersichtlich "unter alkoholischer Beeinflussung" gestanden und die Ingewahrsamnahme sei das gelindeste Mittel gewesen, da er nicht in die Obhut eines Angehörigen übergeben oder sich selbst habe überlassen werden können. Vor allem aber hat sich der Zeuge H. in einem dienstlichen Vermerk vom 11. November 2005 darauf festgelegt, dass die seinerzeitige Alkoholisierung des Klägers, verbunden mit dessen Ablehnung des Angebots, ihn nach Hause zu fahren, der "alleinige Grund für seine Ingewahrsamnahme" gewesen sei, die nichts mit dem Verweis aus dem "Event-Haus" und auch nichts mit einer möglichen Belästigung anderer Gäste zu tun gehabt habe. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht dem Zeugen den Inhalt dieses Vermerks bei der Vernehmung vorgehalten. Im Rahmen der Beweiswürdigung hätte das Gericht es insoweit aber nicht mit der Erläuterung des Zeugen bewenden lassen dürfen, er "sehe den Hinweis auf die Alkoholisierung im Zusammenhang mit der Störung, zu der es vor dem Event-Haus gekommen war". Denn dieser Erklärungsversuch des Zeugen ist, da die eine Version die andere denknotwendig ausschließt, offensichtlich nicht geeignet, den Widerspruch zwischen seiner damaligen Äußerung und seiner späteren Zeugenaussage aufzulösen.

5

Dies wiegt umso schwerer, als der vom Oberverwaltungsgericht als feststehend angenommene Sachverhalt seinerzeit von der Polizei aus den im Vermerk des Zeugen H. vom 11. November 2005 angegebenen Gründen nicht im Einzelnen ermittelt worden ist, durch die Aussage des vom Oberverwaltungsgericht gleichfalls vernommenen Zeugen S. in wesentlichen Teilen nicht gestützt und durch den Kläger selbst in Abrede gestellt wird. Der Kläger hat von Anfang an bestritten, sich am fraglichen Abend im "Event-Haus" aufgehalten zu haben und somit überhaupt für die angeblichen Vorfälle in dem Etablissement verantwortlich gewesen zu sein. In diesem Zusammenhang ist die eidesstattliche Versicherung seiner Mutter von Bedeutung, die indirekt seine Version stützt. Sie ist weder als Zeugin vernommen worden, noch sind die Polizeibeamten, die den Kläger in Gewahrsam genommen haben, zu der Behauptung der Mutter des Klägers befragt worden, sie habe ihren Sohn am Morgen nach dem umstrittenen Vorfall auf der Polizeidienststelle abgeholt und dabei beobachtet, dass der Kläger dort seine unversehrte Eintrittskarte für das "Event-Haus" und seine ungestempelten Handrücken und Unterarme vorgezeigt habe, um zu belegen, dass er am Vorabend nicht im "Event-Haus" gewesen sei.

6

Die genannten den eigenen Schlussfolgerungen entgegenstehenden Umstände hat das Berufungsgericht zwar weitgehend in seinem Urteil angeführt, hat sie aber in seiner Beweiswürdigung nicht verarbeitet. Insbesondere erscheint es keineswegs als naheliegend oder gar zwingend, die mehr als fünf Jahre nach dem streitgegenständlichen Ereignis abgegebenen Äußerungen des Zeugen H. für gewichtiger zu halten als seine näher am Vorfallszeitpunkt in Form von Vermerken festgehaltenen gegenteiligen Bekundungen, zumal diese in die hier angegriffenen behördlichen Entscheidungen über die streitgegenständliche Gebührenforderung eingeflossen sind. Ohne eine entsprechende Abwägung der einander widersprechenden Umstände wird der Maßgabe des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Überzeugung unter Beachtung des "Gesamtergebnisses" zu bilden, nicht genügt. Dies muss zum Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen, weil das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht.

7

Denn das Urteil ist - wie erwähnt - auf die Annahmen gestützt, dass die Maßnahme gegen den Kläger von den Polizeibeamten nicht auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Nr. 1 SPolG als Schutzgewahrsam, sondern auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Nr. 2 SPolG als Sicherungsgewahrsam angeordnet worden ist und dass die Voraussetzungen des Sicherungsgewahrsams in der Person des Klägers erfüllt waren. Sollte am Ende einer vollständigen Beweiswürdigung weder in Bezug auf den Sicherungsgewahrsam noch in Bezug auf den Schutzgewahrsam zweifelsfrei feststehen, dass die jeweils einschlägigen gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen und das polizeiliche Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde, fehlte es nach dem eigenen rechtlichen Ansatz des Oberverwaltungsgerichts an einer Tatbestandsvoraussetzung für den Kostenbescheid, und dieser wäre aufzuheben.

8

2. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der ihm in § 133 Abs. 6 VwGO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

Gründe

1

Die Beschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf einem Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil das Oberverwaltungsgericht nicht aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden hat, ob die Voraussetzungen eines Maßnahmeverbots aus rechtsstaatlichen Gründen vorliegen. Dagegen sind die weiteren ausdrücklich oder sinngemäß erhobenen Divergenz-, Grundsatz- und Verfahrensrügen der Beklagten nicht begründet.

2

Der Kläger legt der Beklagten mit der Disziplinarklage zur Last, im Mai 1999 und im Dezember 2004 ihre dienstlichen Möglichkeiten als Mitarbeiterin der Kassenstelle des Klägers ausgenutzt zu haben, um durch Buchungsmanipulationen dienstliche Gelder zu veruntreuen. Die Beklagte ist aufgrund einer psychischen Krankheit dauerhaft verhandlungsunfähig. Das Amtsgericht hat ihren Ehemann als Betreuer für das Disziplinarklageverfahren bestellt; dieser nimmt seitdem die Aufgaben eines Prozesspflegers wahr. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Nachdem der Kläger sie während des Berufungsverfahrens wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt hatte, hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihr das Ruhegehalt aberkannt wird.

3

In den Gründen des Berufungsurteils heißt es, die Verhandlungsunfähigkeit der Beklagten stehe der Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht entgegen. Die Tatvorwürfe seien zur gerichtlichen Überzeugung erwiesen. Im Mai 1999 habe die Beklagte vor der Fälligkeit des ihr bewilligten Arbeitgeberdarlehens einen Teilbetrag von 18 400 DM von einem Konto des Klägers auf ihr Konto überwiesen, um eine Zwischenfinanzierung sicherzustellen. Im Dezember 2004 habe sie 5 413,25 € von einem Konto des Klägers auf das Konto ihres Ehemannes und von dort wenige Tage später auf ein eigenes Konto überwiesen. Der gerichtliche Sachverständige habe überzeugend dargelegt, dass die Beklagte auch zum Zeitpunkt der zweiten Tat voll schuldfähig gewesen sei. Erst nach der Aufdeckung dieser Tat Ende 2005 habe sich eine krankhafte Persönlichkeitsstörung manifestiert. Entgegen der Annahme des privaten Gutachters gebe es keine Anhaltspunkte für eine Schizophrenie.

4

1. Die Beklagte macht geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Divergenz zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 4). Das Oberverwaltungsgericht habe den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht beachtet, dass gegen verhandlungsunfähige Beamte aus verfassungsrechtlichen Gründen regelmäßig keine Disziplinarmaßnahme verhängt werden dürfe. Die Divergenzrüge greift nicht durch.

5

Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der in Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen. Eine Divergenz liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, ohne ihm inhaltlich zu widersprechen, in dem zu entscheidenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt oder daraus nicht die Folgerungen gezogen hat, die für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. nur Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). So liegt der Fall hier.

6

Der Senat hat in dem Urteil vom 24. September 2009 (a.a.O.) zwei abstrakte Rechtssätze aufgestellt: Zum einen steht die dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit des Beamten der Einleitung und Fortsetzung eines Disziplinarverfahrens wegen Pflichtenverstößen, die er vor dem Eintritt der Verhandlungsunfähigkeit begangen hat, nicht entgegen, wenn ein Verfahrens- oder Prozesspfleger bestellt ist (a.a.O., Leitsatz 2 und Rn. 17). Zum anderen darf gegen einen dauerhaft verhandlungsunfähigen Beamten eine Disziplinarmaßnahme, d.h. in aller Regel die Aberkennung oder Kürzung des Ruhegehalts, nicht verhängt werden, wenn sich dessen Recht auf umfassende Mitwirkung im Verfahren in wesentlichen Teilen nicht durch den Pfleger verwirklichen lässt. Das behördliche Disziplinarverfahren muss dann eingestellt, die Disziplinarklage muss abgewiesen werden (a.a.O., Leitsatz 3 und Rn. 24).

7

Der Senat hat dieses disziplinarrechtliche Maßnahmeverbot aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs, insbesondere des Rechts auf Beweisteilhabe hergeleitet. Danach muss der Beamte Zugang zu allen Quellen der Sachverhaltsermittlung erhalten. Er muss insbesondere in die Lage versetzt werden, rechtzeitig zu Inhalt und Aussagekraft aller potentiell belastenden Beweismittel, Erklärungen und Indizien Stellung zu nehmen, die den Prozessstoff des Disziplinarverfahrens bilden. Dazu gehört, dass der Beamte die Glaubwürdigkeit von Belastungszeugen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen auf jede prozessual zulässige Art in Frage stellen kann. Dies ist nur möglich, wenn er sich einen unmittelbaren Eindruck von den Zeugen verschaffen kann. Die Kenntnis des gesamten Belastungsmaterials ist auch Voraussetzung für die Ausübung des aus dem Gehörsgebot folgenden Rechts, eigene Beweismittel und Erklärungen zum Zweck der Entlastung in das Disziplinarverfahren einzuführen. Das Gericht muss die Äußerungen des Beamten in ihrer Gesamtheit bei der Aufklärung und Würdigung des Sachverhalts berücksichtigen (vgl. Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2 = NVwZ 2005, 1199<1200>; Urteil vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 A 4.04 - Buchholz 235.1 § 24 BDG Nr. 1 Rn. 25).

8

Ein dauerhaft verhandlungsunfähiger Beamter kann diese Verfahrensrechte nicht persönlich ausüben. An seine Stelle tritt im Disziplinarklageverfahren der zu diesem Zweck bestellte Prozesspfleger. Dessen Tätigkeit stößt jedoch an Grenzen, wenn ein angeschuldigter Pflichtenverstoß aus tatsächlichen Vorgängen oder Ereignissen hergeleitet wird, zu denen sich nur der Beamte selbst aufgrund seines persönlichen Erlebens äußern kann. Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Nachweis eines bestimmten Verhaltens des Beamten durch Zeugenaussagen geführt werden soll. Kann der Beamte in einer derartigen Situation vor Gericht seine Darstellung aufgrund seiner dauerhaften Verhandlungsunfähigkeit nicht in das Verfahren einführen, wird dem Gericht eine abschließende Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben oftmals nicht möglich sein. Sachverhaltsaufklärung und Beweiswürdigung bleiben dann zwangsläufig unvollständig. Das Gericht darf das Unvermögen des Beamten, die Aussagekraft belastender Angaben zum Tatgeschehen oder zu seinem sonstigen Verhalten durch seine Darstellung der persönlich erlebten Vorgänge - auch in der Gegenüberstellung mit den Zeugen - zu erschüttern, nicht mit der Begründung für unbeachtlich erklären, es bestünden keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit der belastenden Aussagen. Dies steht einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung gleich, weil das Gericht der Mitwirkung des Beamten von vornherein jeglichen Erkenntniswert abspricht. Die prozessrechtliche Situation stellt sich grundlegend anders dar, als wenn sich der zur Mitwirkung fähige Beamte auf sein Schweigerecht beruft. Hier ist der Beamte nicht an der persönlichen Mitwirkung gehindert, sondern macht davon aus freien Stücken keinen Gebrauch.

9

Ob diese Voraussetzungen eines Maßnahmeverbots vorliegen, kann nicht aufgrund allgemeingültiger Maßstäbe beantwortet werden, sondern hängt von der Beweislage im Einzelfall ab. Die Tatsachengerichte müssen sich über die mögliche Konsequenz einer dauerhaften Verhandlungsunfähigkeit des Beamten im Klaren sein und aufgrund einer Gesamtwürdigung der fallbezogenen Umstände entscheiden, ob sie sich über den Ausfall des Beamten hinwegsetzen können (Urteil vom 24. September 2009 a.a.O. Rn. 24).

10

Das Oberverwaltungsgericht hat den abstrakten Rechtssatz, auch gegen einen dauerhaft verhandlungsunfähigen Beamten könne ein Disziplinarverfahren durchgeführt und grundsätzlich eine Disziplinarmaßnahme verhängt werden, seiner Entscheidung ausdrücklich zugrunde gelegt. In Bezug auf die Voraussetzungen des verfassungsrechtlich gebotenen Maßnahmeverbots lässt sich dem Berufungsurteil kein abstrakter Rechtssatz entnehmen, der in Widerspruch zu dem Urteil vom 24. September 2009 (a.a.O.) steht. Das Oberverwaltungsgericht hat allerdings die seinem Urteil zugrunde gelegten Veruntreuungen der Beklagten und ihre Schuldfähigkeit zur Tatzeit ohne deren Mitwirkung für erwiesen gehalten, ohne auf das Maßnahmeverbot einzugehen. Es hat weder erwogen noch festgestellt, ob ein Maßnahmeverbot unabweisbar ist, weil der Ausfall der dauerhaft verhandlungsunfähigen Beklagten nach der konkreten Beweislage zum Tatnachweis und zur Schuldfähigkeit nicht durch ihren Betreuer kompensiert werden kann. Dies lässt auf eine unrichtige Anwendung des hierzu aufgestellten abstrakten Rechtssatzes des Senats schließen, stellt aber keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar.

11

2. Die Beschwerde hat allerdings Erfolg, soweit sie rügt, dass das Oberverwaltungsgericht mit dieser Vorgehensweise gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen hat, weil es den festgestellten Sachverhalt seiner Würdigung nicht vollständig zugrunde gelegt hat.

12

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt auch die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse nicht in die rechtliche Würdigung einbezieht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist (Urteile vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f. und vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <208 f.> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 26 ff.; Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 = NVwZ 2009, 399). Dem wird das Oberverwaltungsgericht nicht gerecht, weil sich seinem Urteil in zweifacher Hinsicht - sowohl hinsichtlich des Tatnachweises, als auch hinsichtlich der Schuldfähigkeit der Beklagten - nicht entnehmen lässt, dass und warum auf die von ihm verhängte Disziplinarmaßnahme erkannt werden konnte, obwohl die Beklagte selbst von ihrem verfassungsrechtlich verbürgten Recht auf Beweisteilhabe nicht Gebrauch machen konnte.

13

Das Oberverwaltungsgericht hat die der Beklagten zur Last gelegte Veruntreuung von 5 413,25 € im Dezember 2004 insbesondere aufgrund der schriftlichen Dokumente über die Zahlungsvorgänge und die Kontobewegungen sowie der früheren Geständnisse der Beklagten für erwiesen gehalten. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Beklagte hätte, wäre sie verhandlungsfähig, keine die Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit der Zeugen betreffenden Vorbehalte oder Fragen stellen können (UA S. 46), ist eine auf einer Vermutung basierende unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass es der Ansicht ist, der Tatnachweis könne auch ohne persönliche Mitwirkung der Beklagten geführt werden, weil die schriftlichen Beweismittel hierfür ausreichen. Dies setzt voraus, dass die Urheberschaft der Beklagten an den Dokumenten zweifelsfrei feststeht. Für diese Beweisführung kann der Betreuer das rechtliche Gehör an Stelle der Beklagten wahrnehmen.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Überzeugung von der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt der zweiten Tat auf die schriftlichen und mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen gestützt. Dieser hat seinen Befund, die krankhafte Persönlichkeitsstörung habe zum Tatzeitpunkt noch nicht vorgelegen, sondern sich erst nach der Aufdeckung der Veruntreuung Ende 2005 manifestiert, maßgebend die Aussagen der ehemaligen Kollegen der Beklagten gestützt, die diese in der mündlichen Verhandlung vom 20. Dezember 2011 zu deren Auftreten im Dienst gemacht haben. Nach der dargestellten Rechtsprechung des Senats erscheint die Verwertung dieser im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen ohne persönliche Beweisteilhabe der Beklagten zumindest zweifelhaft. Allerdings kann der Nachweis der Schuldfähigkeit nach den Angaben des Sachverständigen in dessen ergänzendem Gutachten vom 8. Dezember 2011 durch eine weitere Untersuchung der Beklagten geführt werden. Hierfür könnten auch die Angaben des fachärztlichen Entlassungsberichts vom 28. Februar 2006 sprechen, der aufgrund des ersten stationären Klinikaufenthalts der Beklagten erstellt wurde. Dem Berufungsurteil lässt sich nicht entnehmen, aus welchen medizinischen Gründen der Sachverständige eine weitere Untersuchung nach den Zeugenvernehmungen nicht mehr für erforderlich gehalten hat.

15

3. Zu den weiteren Rügen der Beklagten merkt der Senat an:

16

a) Die Versetzung der Beklagten in den Ruhestand hat nicht zu einer Änderung des Streitgegenstandes der Disziplinarklage geführt. Das Oberverwaltungsgericht war nicht gehindert, der Beklagten anstelle der vom Verwaltungsgericht ausgesprochenen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis das Ruhegehalt abzuerkennen. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt:

17

Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens ist der Anspruch des Dienstherrn, gegen den beklagten Beamten wegen des ihm mit der Disziplinarklage zur Last gelegten Dienstvergehens eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Dieser Anspruch besteht, wenn zur gerichtlichen Überzeugung feststeht, dass der Beamte die angeschuldigten Handlungen ganz oder teilweise begangen hat, die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind und dem Ausspruch der hierfür erforderlichen Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 59 Abs. 2 Satz 1 und 2; § 57 Abs. 1 Satz 1; §§ 5 ff.; § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 LDG NRW). Bei den Prüfungsgegenständen "Feststellung des Dienstvergehens" und "Bestimmung der Disziplinarmaßnahme" handelt es sich um materiellrechtliche Voraussetzungen des einheitlichen Disziplinaranspruchs, die verfahrensrechtlich nicht selbstständig geltend gemacht werden können (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18 ).

18

Gelangt das Tatsachengericht zu der Überzeugung, dass ein mit der Disziplinarklage verfolgtes Dienstvergehen vorliegt und kein disziplinarrechtliches Maßnahmeverbot besteht, bestimmt es die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung, ohne in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (sog. Disziplinarbefugnis der Verwaltungsgerichte; vgl. § 59 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG NRW). Die Zulässigkeit der Disziplinarklage hängt nicht davon ab, dass der Dienstherr den Antrag stellt, eine bestimmte Disziplinarmaßnahme festzusetzen. Ein derartiger Antrag ist für das Verwaltungsgericht unverbindlich (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 16 und vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 18).

19

Für die Ausübung der Disziplinarbefugnis gelten die gesetzlichen Maßnahmenkataloge für aktive Beamte und für Ruhestandsbeamte (§ 5 Abs. 1 und 2 LDG NRW). Als Disziplinarmaßnahme gegen Ruhestandsbeamte kommen nur die Kürzung und die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht (§ 5 Abs. 2, §§ 11, 12 LDG NRW). Tritt ein Beamter in den Ruhestand, nachdem er ein Dienstvergehen begangen hat, das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich gezogen hätte, ist stattdessen das Ruhegehalt abzuerkennen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW). Diese Regelung stellt aus Gründen der Gleichbehandlung sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines im aktiven Dienst begangenen schweren Dienstvergehens, das ihn als Beamter untragbar macht und deshalb zur Auflösung des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit führen muss, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Ebenso wie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis dient die Aberkennung des Ruhegehalts der Wahrung der Integrität des Berufsbeamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 32; Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6).

20

b) Aus dem disziplinarrechtlichen Durchführungsgrundsatz folgt, dass die dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit des Beamten der Einleitung und Fortsetzung eines Disziplinarverfahrens nicht schon deshalb entgegensteht, weil das Verfahren eine Selbstgefährdung des Beamten nach sich zieht. Der Beamte muss im Verfahren nicht mitwirken; an seine Stelle tritt der zu diesem Zweck bestellte Pfleger. Kann dieser den Ausfall des Beamten in wesentlichen Fragen der Sachverhaltsermittlung und -würdigung nicht kompensieren, besteht ein Maßnahmeverbot. Es ist zunächst Sache der Vertreter des Beamten, der Gefährdung im Zusammenwirken mit den behandelnden Ärzten zu begegnen.

21

c) Die Ablehnung der zahlreichen Befangenheitsanträge der Beklagten gegen die Mitglieder des Spruchkörpers des Oberverwaltungsgerichts begründet keinen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

22

Die Ablehnung eines derartigen Antrags unterliegt nicht der revisionsgerichtlichen Nachprüfung, weil es sich um eine unanfechtbare Vorentscheidung handelt (§ 173 Satz 1 VwGO, § 557 Abs. 2 ZPO; § 146 Abs. 2 VwGO). Daher begründet sie nur dann einen Verfahrensmangel, wenn sie zu einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO führt. Die Ablehnung muss dem Antragsteller den gesetzlichen Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entziehen. Dies ist nur der Fall, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Entscheidung auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht. Dieser Maßstab gilt auch für die Ablehnung eines Befangenheitsantrags unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als rechtsmissbräuchlich (stRspr; vgl. nur Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <37 ff.> = Buchholz 448.0 § 34 WehrPflG Nr. 48 S. 11 ff.; Beschluss vom 21. Dezember 2004 - BVerwG 1 B 66.04 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 65). Nach diesem Maßstab hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten eine Verletzung des grundrechtlichen Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nicht dargelegt:

23

Das Telefonat des Vorsitzenden mit einem als Prozesspfleger in Betracht kommenden Berufsbetreuer ist nicht geeignet, Besorgnis einer Befangenheit zu begründen. Der Senat verweist insoweit auf die Gründe des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 1. September 2010, die er vollständig teilt. Dies gilt auch für die Annahme, die auf den Inhalt des Telefonats gestützten Anträge gegen die beisitzenden Richter seien rechtsmissbräuchlich, weil offensichtlich nicht geeignet, deren Voreingenommenheit zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Rechtsgrundlage das Vorgehen des Vorsitzenden den beisitzenden Richtern zugerechnet werden könnte.

24

Die Ablehnung der nachfolgenden Befangenheitsanträge als rechtsmissbräuchlich begründet jedenfalls keinen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 138 Nr. 1 VwGO. Dies ergibt sich daraus, dass der Prozessbevollmächtigte durch die Anträge auf Verfahrenshandlungen des Spruchkörpers oder des Vorsitzenden, etwa auf Terminsbestimmungen oder Ablehnungen von Anträgen auf Terminsaufhebung reagiert hat. Er hat die Befangenheitsanträge offenbar eingesetzt, um gegen die rechtlich gebotene Fortführung des Berufungsverfahrens zu protestieren. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

25

d) Die Durchführung der Verhandlungen am 24. Februar, 2. Dezember und 20. Dezember 2011 jeweils in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers der Beklagten begründet keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil das Oberverwaltungsgericht dadurch den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt hat. Es hat die Anträge des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Terminsaufhebung zu Recht abgelehnt, weil dieser jeweils keinen erheblichen Grund für eine Aufhebung im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht hat. Daraus folgt, dass Prozessbevollmächtigter und Betreuer der Beklagten den Verhandlungen auf eigenes Risiko ferngeblieben sind.

26

Das Gericht ist nur dann verpflichtet, einen Verhandlungstermin auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten aufzuheben oder zu verlegen, wenn anderenfalls dessen grundrechtlicher Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt wäre. Das von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO eröffnete Ermessen ist dann auf Null reduziert. Das rechtliche Gehör gebietet die Aufhebung oder Verlegung eines Verhandlungstermins, wenn der Prozessbevollmächtigte eines Verfahrensbeteiligten ohne sein Verschulden an der Teilnahme gehindert ist. Bei dem Prozesspfleger kommt es wie beim Beteiligten zusätzlich darauf an, ob die Teilnahme an der Verhandlung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen geboten ist.

27

Einen beachtlichen Hinderungsgrund stellt insbesondere die vorübergehende Verhandlungsunfähigkeit wegen einer Erkrankung dar. Zu deren Nachweis genügt in der Regel die Vorlage einer privatärztlichen Bescheinigung. Hat das Gericht berechtigte Zweifel an der Verhandlungsunfähigkeit, etwa weil wie im vorliegenden Verfahren wiederholt kurzfristig ärztliche Bescheinigungen ohne Diagnose vorgelegt werden, muss es Nachforschungen anstellen. Zusätzliche Anforderungen an den Nachweis einer Erkrankung setzen voraus, dass greifbare Anhaltspunkte für die Absicht der Prozessverschleppung bestehen. Auch in diesem Fall muss das Gericht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren versuchen, sich vor der Entscheidung über den Aufhebungs- oder Verlegungsantrag Klarheit zu verschaffen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 3. August 1994 - BVerwG 6 B 31.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 257 S. 4 f. und vom 2. November 1998 - BVerwG 8 B 162.98 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 285 S. 45). Hiervon ausgehend lässt sich ein Gehörsverstoß nicht feststellen:

28

In Bezug auf den Verhandlungstermin vom 17. Februar 2011 war ein derartiger Verstoß bis zum Ende der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2011 jedenfalls geheilt. Diese Verhandlung hat das Oberverwaltungsgericht ersichtlich nur zum Anlass genommen, den Beschluss über die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Gesundheitszustand der Beklagten zu verkünden. Die Beklagte hat die Notwendigkeit einer medizinischen Begutachtung nicht in Frage gestellt und in der Folgezeit ausführlich zu medizinischer Sachkunde und Unparteilichkeit des ernannten Sachverständigen Stellung genommen. Entgegen ihrer Auffassung waren beide Voraussetzungen für die Bestellung offensichtlich gegeben; eine weitere Begründung hält der Senat insoweit nicht für angezeigt (vgl. § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

29

In Bezug auf den Verhandlungstermin vom 2. Dezember 2011 hat die Beklagte einen erheblichen Grund im Sinne von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht dargelegt. Die Einwendungen gegen die Arbeitsweise des Oberverwaltungsgerichts stellen keinen derartigen Grund dar. Sie entbinden insbesondere einen Prozessbevollmächtigten nicht davon, zum Termin zu erscheinen und die Einwände dort geltend zu machen. Die angeführten Betriebsferien der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind für sich genommen nicht geeignet, eine Verhinderung darzulegen. Gleiches gilt für den unsubstanziierten Hinweis auf die Abwesenheit vom Ort des Kanzleisitzes am Verhandlungstag.

30

Der Betreuer der Beklagten hat zwar eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt, in der ihm eine akute Erkrankung mit der Folge der Verhandlungsunfähigkeit attestiert worden ist. Auch diese Angabe lässt für sich genommen nicht den Schluss zu, der Betreuer sei tatsächlich verhandlungsunfähig gewesen. Die darauf zielende rechtliche Bewertung des behandelnden Arztes ist unbeachtlich. Aufklärungsmöglichkeiten haben nicht bestanden, weil das Attest erst am Terminstag vorgelegt, der behandelnde Arzt nicht von der Schweigepflicht entbunden und keine Begründung für dieses Vorgehen gegeben worden ist. Es ist nachvollziehbar, dass das Oberverwaltungsgericht daraus den Schluss gezogen hat, die Nachprüfung der Bescheinigung vor der Verhandlung solle aus Gründen der Prozessverschleppung unmöglich gemacht werden.

31

In Bezug auf den Verhandlungstermin am 20. Dezember 2011 fehlt es ebenfalls an der Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die Verhinderung des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers der Beklagten. Dies gilt vor allem für die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung mit Datum vom 19. Dezember 2011, in der dem Prozessbevollmächtigten attestiert worden ist, er könne infolge einer Kehlkopfentzündung nicht sprechen. Diese ärztliche Erklärung ist zwar inhaltlich geeignet, eine Verhandlungsunfähigkeit zu belegen. Dennoch bestehen auch hier greifbare Anhaltspunkte für eine Prozessverschleppungsabsicht, weil der Prozessbevollmächtigte dem Oberverwaltungsgericht erneut jede Möglichkeit der Nachprüfung genommen hat. Er hat die Bescheinigung erst am Terminstag, nämlich ungefähr anderthalb Stunden vor dem Verhandlungsbeginn um 10.15 Uhr, vorgelegt, den behandelnden Arzt nicht von der Schweigepflicht entbunden und keine Begründung für dieses Vorgehen gegeben.

32

Der Betreuer der Beklagten hat seinen Antrag auf Aufhebung des Termins mit einem Selbstmordversuch der Beklagten Anfang Dezember 2011 begründet. Die Beklagte befand sich im Anschluss in stationärer Behandlung, so dass dies nicht erklärt, warum ihr Betreuer an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins am 20. Dezember 2011 gehindert gewesen sein soll.

33

e) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 57 Abs. 1 LDG NRW, § 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, weil es dem Gutachter der Beklagten keine Gelegenheit gegeben hat, sich schriftlich und in der mündlichen Verhandlung mit dem Gutachten des gerichtlich beauftragten Sachverständigen auseinander zu setzen.

34

Über Art und Zahl der einzuholenden Sachverständigengutachten entscheidet das Tatsachengericht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO). Es ist nur dann verpflichtet, ein weiteres Gutachten einzuholen, wenn das bereits vorliegende Gutachten nicht geeignet ist, dem Gericht die sachlichen Grundlagen zu vermitteln, die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendig sind. Das Gutachten ist hierfür ungeeignet, wenn es von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Einwendungen eines Verfahrensbeteiligten, der das vorliegende Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält, verpflichten das Tatsachengericht für sich genommen nicht, einen anderen Sachverständigen einzuschalten (Beschlüsse vom 30. März 1995 - BVerwG 8 B 167.94 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 48; vom 28. Januar 2003 - BVerwG 4 B 4.03 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 53 S. 12 und vom 4. Januar 2007 - BVerwG 10 B 20.06 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 Rn. 12).

35

Das Verhältnis zwischen dem vom Gericht bestellten Sachverständigen und dem Gutachter eines Verfahrensbeteiligten bestimmt sich nach den Grundsätzen, die für das Verhältnis von Amtsarzt und behandelndem Arzt gelten. Ebenso wie dem Amtsarzt und einem von ihm hinzugezogenen Facharzt kommt dem gerichtlichen Sachverständigen grundsätzlich Vorrang zu. Dies hat seinen Grund in ihrer rechtlichen Stellung. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu erhalten, nehmen sowohl Amtsarzt als auch gerichtlicher Sachverständiger die Beurteilung nach ihrer Aufgabenstellung unbefangen und unabhängig vor. Sie stehen Beamten und Dienstherrn gleichermaßen fern. Daher darf sich das Gericht auf ihre medizinischen Beurteilungen stützen, wenn die oben dargestellten Voraussetzungen vorliegen. Erhebt der Privatarzt dagegen substanziierte Einwendungen, hängt die Verwertbarkeit davon ab, ob der gerichtliche Sachverständige bzw. der Amtsarzt mit fachärztlicher Unterstützung schlüssig und nachvollziehbar darlegen können, aus welchen Gründen sie den Einwendungen nicht folgen (Urteile vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 36 f. und vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 - juris Rn. 34 f.).

36

Nach diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht angenommen, der gerichtliche Sachverständige habe die Diagnose des Privatgutachters entkräftet, die Beklagte leide an Schizophrenie. Der Sachverständige hat schlüssig dargelegt, dass sich der Privatgutachter weder damit befasst habe, ob die Beklagte an - eine Schizophrenie ausschließenden - Pseudohalluzinationen leide, noch damit, dass die zugrunde gelegten Symptome auch bei einer depressiven Episode mit Krankheitswert aufträten. Weiterhin hat er nachvollziehbar dargelegt, dass die Beklagte im Falle einer Schizophrenie den Arbeitsalltag in der Kassenstelle nicht viele Jahre lang hätte bewältigen können. Ob die vom gerichtlichen Sachverständigen diagnostizierte chronische depressive Episode nicht erst seit Ende 2005 besteht, sondern bereits zum Tatzeitpunkt Ende 2004 vorgelegen hat, muss gegebenenfalls durch eine weitere Untersuchung der Beklagten durch diesen Sachverständigen geklärt werden (vgl. die Ausführungen auf Seite 8).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. Juni 2016 wird der Streitwert in beiden Rechtszügen auf jeweils 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen die durch Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2016 ausgesprochene Teiluntersagung des von ihm als Gewerbe angemeldeten Betriebs eines „Nachhilfeinstituts“, soweit es sich auf die gewerbliche Unterrichtung und Beaufsichtigung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren durch ihn selbst bezieht. Die Beklagte stützte die Einschätzung des Klägers als insoweit gewerberechtlich unzuverlässig (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GewO) insbesondere auf den einem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts F... vom 6. August 2012 zugrunde liegenden Sachverhalt. Mit diesem Urteil wurde der Kläger wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften (§ 184 b Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Satz 1, § 11 Abs. 3 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Klage, die das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 29. Juni 2016 abwies.

Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Klägers (vgl. zur deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 VwGO erfüllt sind.

1. Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung vom 28. September 2016 (einschließlich des als „weitere Antragsbegründung“ überschriebenen Schriftsatzes, mit demselben Datum versehen) ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Solche ernstlichen Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - NVwZ-RR 2004, 542). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; in Eyermann/Happ, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f. m. w. N.). Gemessen daran sind hier keine ernstlichen Zweifel dargelegt.

b) Der Kläger trägt zunächst vor, die Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten die im Strafurteil vom 6. August 2012 enthaltene positive Prognose missachtet, wonach vom Kläger künftig generell keine Straftatbegehung mehr zu erwarten sei. Das Strafgericht habe diese Prognose auf alle Lebensbereiche erstreckt, einschließlich der beruflichen Betätigung des Klägers. Die Beklagte habe sich über die Sachkenntnis des Strafgerichts hinweggesetzt und versucht, das objektive Bild hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit des Klägers zu verzerren, um damit seine angebliche Unzuverlässigkeit herauszustellen. Aus diesen Darlegungen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils.

Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass im Strafurteil vom 6. August 2012 zur Begründung der gewährten Strafaussetzung zur Bewährung ohne Einschränkung davon gesprochen wird, dass das Strafgericht davon ausgeht, dass der Kläger in Zukunft keine weiteren Straftaten mehr begehen wird; dies soll offensichtlich auch eine etwaige Straftatbegehung im Rahmen der Gewerbeausübung betreffen. Allerdings setzt die Bindungswirkung einer strafgerichtlichen Prognose für das gewerberechtliche Untersagungsverfahren nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GewO voraus, dass im betreffenden Strafurteil die Frage beurteilt wurde, ob der Gewerbetreibende bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 StGB begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist. Wie das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat (UA S. 6 und 7), enthält das Strafurteil vom 6. August 2012 lediglich im Rahmen der Entscheidung über die Strafaussetzung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 StGB eine Prognose hinsichtlich einer künftigen Straftatbegehung, nicht dagegen eine Entscheidung über die Anordnung eines Berufsverbots nach § 70 StGB, so dass keine Bindungswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GewO eintreten konnte. Bei Erlass der strittigen Teilgewerbeuntersagung unter Berücksichtigung des strafrechtlich geahndeten Sachverhalts bestand daher eine Bindungswirkung an den Inhalt des Strafurteils zugunsten des Klägers lediglich bezüglich der Feststellung des Sachverhalts und der Beurteilung der Schuldfrage (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 GewO). Der Kläger hat jedoch nicht konkret dargelegt, inwieweit die Beklagte bei Erlass der Teilgewerbeuntersagung oder das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung die Bindungswirkung in dieser Hinsicht unbeachtet gelassen hätte.

Im angefochtenen Urteil (UA S. 11) heißt es zudem, die im Strafurteil angestellte Prognose diene allein dem dortigen Rechtsfolgenausspruch; ihr komme bereits aus dem Umkehrschluss zu § 35 Abs. 3 GewO keine Bindungswirkung für die Beklagte zu. Die spezialpräventiven Erwägungen des Strafrichters zur Bewährungsaussetzung hätten nur am Rande etwas mit der ordnungsrechtlichen Frage zu tun, welche die Beklagte zu beantworten gehabt habe. Die Beklagte sei dazu verpflichtet gewesen, eine eigene Prognoseentscheidung zu treffen. Diese Ausführungen entsprechen im Grundsatz der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B. v. 16.6.1987 - 1 B 93/86 - GewArch 1987, 351, juris Rn. 12) und des Verwaltungsgerichtshofs. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem Beschluss vom 20. Juli 2016 (22 ZB 16.284 - juris Rn. 17 m. w. N.) näher dargelegt hat, rechtfertigt eine günstige, die Aussetzung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung rechtfertigende Sozialprognose nicht zwingend die Annahme einer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit. § 56 Abs. 1 Satz 1 StGB und § 35 Abs. 1 GewO liegen nach einhelliger Rechtsprechung unterschiedliche Gefahrenmaßstäbe zugrunde. Die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung kann daher für die gewerberechtliche Beurteilung nicht bindend, sondern für die Zuverlässigkeitsprognose nur von tatsächlichem Gewicht sein (BayVGH, B. v. 2.7.2014 - 22 CS 14.1186 - Rn. 16 m. w. N.). Andere Umstände des Einzelfalls können den Ausschlag dafür geben, eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit anzunehmen. Die Unzuverlässigkeitsprognose, die hier der angefochtenen Teilgewerbeuntersagung zugrunde liegt, ist entsprechend einzelfallbezogen und nachvollziehbar begründet worden. So hat die Beklagte in der Begründung der Teilgewerbeuntersagung (S. 9) hervorgehoben, dass der Kläger im Zusammenhang mit seinen pädophilen Neigungen eine verharmlosende Einstellung gezeigt hat und dem Schutzgut der körperlichen und seelischen Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen sowie deren Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ein hoher Rang zukommt. Daher könne auf eine Teilgewerbeuntersagung im Hinblick auf etwaige Verfehlungen des Betroffenen in der Zukunft nicht verzichtet werden. Dies entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach bei der Zuverlässigkeitsprüfung auch der hohe Rang des gefährdeten Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung Minderjähriger zu berücksichtigen ist (BayVGH, B. v. 16.6.2010 - 22 ZB 10.1164 - Rn. 2).

Zudem hat die Beklagte in ihrer Entscheidung (S. 10) auch darauf hingewiesen, dass der Kläger infolge einer gesetzlichen Nebenfolge des rechtskräftigen Strafurteils (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 JArbSchG) einem Beschäftigungsverbot für Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind, unterliegt; die Teilgewerbeuntersagung sei zum Schutz der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren im vorliegenden Fall erforderlich, da das gesetzliche Beschäftigungsverbot die Unterrichtung und Beaufsichtigung dieser Personengruppe durch den Kläger nicht erfasst. Das Verwaltungsgericht (UA S. 12) seinerseits hat auf die Regelung des § 72 a SGB VIII, wonach einschlägig vorbestrafte Personen nicht in der Jugendhilfe tätig werden dürfen, und die zugrunde liegende gesetzliche Wertung hingewiesen. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Das Beschäftigungsverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 JArbSchG und der Tätigkeitsausschluss nach § 72 a SGB VIII verdeutlichen, dass der Gesetzgeber im Falle einer einschlägigen rechtskräftigen Verurteilung (z. B. nach § 184 b StGB) hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Personen unter 18 Jahren annimmt, die einen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) rechtfertigen. Diese gesetzlichen Nebenfolgen einer einschlägigen Verurteilung treten unabhängig vom Strafmaß und - im Falle einer verhängten Freiheitsstrafe - einer etwaigen Strafaussetzung zur Bewährung ein. Die den gesetzlichen Regelungen zugrunde liegende Gefahrenprognose bestätigt, dass aufgrund einer Würdigung eines entsprechenden Sachverhalts eine Teilgewerbeuntersagung zum Schutz der genannten Personengruppe in Betracht kommen kann, und zwar auch dann, wenn zur strafgerichtlichen Ahndung eine Bewährungsstrafe ausgesprochen wurde. Der Kläger hat sich in der Antragsbegründung mit diesem Gesichtspunkt dieser im vorliegenden Fall heranzuziehenden gesetzgeberischen Wertung nicht auseinander gesetzt.

c) Weiter hat der Kläger gerügt, das Verwaltungsgericht sei der Bewertung der Beklagten gefolgt, bei den äußerst positiven Beurteilungen des Klägers durch die Eltern mehrerer Nachhilfeschüler handele es sich jeweils um eine Art „Gefälligkeitszeugnis“, ohne auf den Inhalt der alltäglichen beruflichen Tätigkeit des Klägers einzugehen. Auch habe das Verwaltungsgericht eine Stellungnahme der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) in der unzutreffenden Annahme unberücksichtigt gelassen, dass dieser die konkreten Hintergründe zur anstehenden Teilgewerbeuntersagung nicht bekannt gewesen seien. Mit diesem Vorbringen kann der Kläger die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils nicht in Zweifel ziehen.

Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt (UA S. 14), dass davon auszugehen ist, dass der IHK und den Eltern der Nachhilfeschüler die konkreten Hintergründe zur anstehenden Teilgewerbeuntersagung nicht bekannt gewesen seien. Daher hätten die betreffenden Stellungnahmen mehr den Charakter eines allgemeinen Leumundszeugnisses, welches die Aussage des Klägers, wonach er in seinem bisherigen Berufsleben nicht auffällig geworden sei, bekräftige. Da die der Prognoseentscheidung der Beklagten zugrunde liegenden Tatsachen den Stellungnehmenden aber unbekannt gewesen seien, hätten diese die Prognose im Ergebnis nicht zu entkräften vermocht. Der Kläger hat nicht schlüssig dargetan, dass das Verwaltungsgericht bei dieser Beurteilung von wesentlich falschen Voraussetzungen ausgegangen wäre. Die IHK hat in ihrer Stellungnahme vom 25. Juli 2013 (Bl. 125 f. der Behördenakte) zwar eingangs klargestellt, dass der Kläger dort persönlich vorgesprochen habe und das Anhörungsschreiben der Beklagten, das Urteil des Amtsgerichts F... vom 6. August 2012 sowie ein Einwendungsschreiben vorgelegen hätten. Entscheidungsgrundlage der Teilgewerbeuntersagung waren jedoch insbesondere auch die im Bescheid vom 5. Februar 2016 genannten und in der Behördenakte befindlichen Unterlagen aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die der IHK nicht umfassend vorgelegen haben. Insoweit ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts im Sinne einer nicht umfassenden Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen zutreffend. Hinsichtlich der Eltern der Nachhilfeschüler, die Stellungnahmen zugunsten des Klägers abgegeben haben, hat dieser selbst nicht behauptet, dass diesen die maßgeblichen Dokumente bekannt gewesen wären.

Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung zudem in Einklang mit den genannten Stellungnahmen und mit dem Vortrag des Klägers auch die Annahme zugrunde gelegt, dass der Kläger bislang im Rahmen seiner langen bisherigen Berufstätigkeit kein einziges Mal bei den anvertrauten Kindern auffällig geworden ist (UA S. 13). Es hat allerdings hieraus nicht den vom Kläger geforderten Schluss gezogen, dass dies die künftige Begehung gleichartiger Vergehen ausschließe. Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die genannten Stellungnahmen insoweit unzutreffend bzw. unzureichend gewürdigt, wendet er sich im Übrigen gegen die richterliche Beweiswürdigung. Er hat nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht bei der Würdigung dieser Stellungnahmen die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) überschritten hätte (vgl. dazu BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 u. a. - Rn. 11 m. w. N. u. B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 - Rn. 21). Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung des Beweisergebnisses rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (BayVGH a. a. O. und B. v. 20.5.2015 - 22 ZB 14.2827 - juris, Rn. 19, m. w. N.). Dass die Beweiswürdigung objektiv willkürlich gewesen wäre, gegen die Denkgesetze verstoßen oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet hätte (vgl. BayVGH. B. v. 14.3.2013, a. a. O.), zeigt der Kläger nicht auf. Auch behauptet er lediglich pauschal, wesentlicher Vortrag des Klägers zu entscheidungserheblichen Fragen sei unberücksichtigt geblieben. Aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil den klägerischen Vortrag nicht umfassend wiedergibt, ist nicht zu schließen, dass dieser nicht gewürdigt wurde, soweit das Verwaltungsgericht ihn für entscheidungserheblich gehalten hat.

d) Weiter macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe in der angefochtenen Entscheidung den seines Erachtens langen Zeitraum unberücksichtigt gelassen, der zwischen der Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 21. März 2013 (über das seit 16. Januar 2013 rechtskräftige Strafurteil vom 6. August 2012) und der am 5. Februar 2016 verfügten Teilgewerbeuntersagung liege. Die Begründung der Unzuverlässigkeit des Klägers mit dessen erheblicher Gefährlichkeit nach dreijährigem Zuwarten sei völlig unglaubwürdig. Das Verwaltungsgericht hätte diese Umstände unter dem Aspekt der Verwirkung prüfen müssen. Dies vermag indes nicht zu überzeugen.

Zunächst wird der diesbezügliche klägerische Vortrag im Tatbestand des angefochtenen Urteils erwähnt (UA S. 5), so dass das Verwaltungsgericht dieses Vorbringen offensichtlich bei seiner Entscheidung mit berücksichtigt hat, soweit es dieses für entscheidungserheblich hielt. Zum Andern kann eine behördliche Befugnis zum sicherheitsrechtlichen Einschreiten auch durch längeres Zuwarten nicht verwirkt werden; dies gilt auch für die Befugnisnorm des § 35 Abs. 1 GewO (BayVGH, B. v. 14.11.2002 - 22 CS 02.2687 - GewArch 2003, 78). Es kann sich bei längerem Zuwarten der Behörde allerdings die Frage stellen, ob im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt die Voraussetzungen der Gewerbeuntersagung noch vorlagen. Insofern hat der Kläger in der Antragsbegründung nicht dargelegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, inwiefern der bloße Zeitablauf hier für die Unzuverlässigkeitsprognose von Bedeutung gewesen sein könnte. Einer etwaigen Straffreiheit während der Bewährungszeit käme unabhängig davon im Rahmen der nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO anzustellenden Zuverlässigkeitsprognose nur geringes Gewicht zu (BVerwG, B. v. 16.6.1987 - 1 B 93/86 - GewArch 1987, 351 Rn. 12). Das gilt gerade vor dem Hintergrund, dass das Verwaltungsgericht nachvollziehbar dargelegt hat (UA S. 13 und 14), dass eine beim Kläger festzustellende eklatante Fehleinschätzung über die Strafbarkeit seines Verhaltens nicht geeignet sei, Vertrauen in seine „Selbstreflexionskraft“ hinsichtlich des Einhaltens von Grenzen im beruflichen Bereich zu wecken. Der Kläger hat nicht dargelegt, inwieweit sich diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht im zulässigen Rahmen richterlicher Beweiswürdigung bewegen würde. Die negative gewerberechtliche Zuverlässigkeitsprognose hat das Verwaltungsgericht maßgeblich auf diese beharrliche innere Haltung des Klägers gestützt; auf Zeiten der Straffreiheit konnte es folgerichtig nicht entscheidend ankommen. Der Kläger hat ferner nicht dargelegt, inwiefern sich aus dem Gesetz ergeben könnte, dass der Erlass einer Gewerbeuntersagung trotz im Zeitpunkt der Untersagungsverfügung angenommener Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO allein deshalb rechtswidrig sein könnte, weil der verfahrensauslösende Sachverhalt mehrere Jahre zurück liegt.

e) Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen, dass eine Teiluntersagung der beruflichen Tätigkeit seine wirtschaftliche Existenz und damit auch die derzeit einigermaßen gesicherten Verhältnisse gefährde, ergeben sich hieraus keine erheblichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils. Die Unterbindung der künftigen Gewerbeausübung und sich daraus ergebende Erwerbseinbußen liegen im Wesen dieser Anordnung und können deshalb für sich genommen keinen außergewöhnlichen Ausnahmefall begründen, der die Verhältnismäßigkeit dieser Entscheidung in Frage stellen könnte (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 3.8.2015 - 22 ZB 15.1271 - Rn. 24 und 25). Im Übrigen hat der Kläger seine Befürchtung einer existenzgefährdenden Wirkung der Teiluntersagung seiner selbstständigen Gewerbeausübung nicht nachvollziehbar dargelegt. Dem Kläger steht insbesondere die Möglichkeit offen, durch die Fortführung seiner bisherigen Berufsausübung, soweit sie von der Untersagung nicht betroffen ist, seinen Lebensunterhalt zu sichern.

f) Inwiefern sich Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils im Hinblick auf die angenommene (teilweise) gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers, welche die Beklagte und das Verwaltungsgericht aufgrund der Umstände des Einzelfalls angenommen haben, aus bestimmten kriminalstatistischen Daten ergeben könnten (vgl. „weitere Antragsbegründung“ vom 28.9.2016), ist aufgrund der Darlegungen des Klägers nicht nachvollziehbar. Es ist bereits unklar, auf welche Tatbestandsvoraussetzung der hier verfügten Teilgewerbeuntersagung, die eine gebundene Entscheidung wegen festgestellter gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit darstellt, der Kläger mit der Formulierung „Abwägung der Unzuverlässigkeit des Klägers“ abzielt.

2. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Er behauptet in diesem Zusammenhang, er sei nicht zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geladen und damit auch nicht gehört worden. Hierdurch sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Er wäre andernfalls in der Lage gewesen, das Verwaltungsgericht vom Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit und damit von der Rechtswidrigkeit der strittigen Teilgewerbeuntersagung zu überzeugen. Diese Ausführungen sind in rechtlicher Hinsicht unzutreffend.

Der Kläger wurde mit der gesetzlich vorgeschriebenen Zustellung der Ladung an seinen Bevollmächtigten wirksam zur mündlichen Verhandlung geladen (vgl. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO). Im Übrigen musste sich dem Verwaltungsgericht eine persönliche Einvernahme des Klägers nicht aufdrängen. Der Kläger hatte seinen Einwand gegen die Teilgewerbeuntersagung, er sei freiberuflich tätig, bereits in der Klagebegründung vom 5. März 2016 vorgebracht. Der Bevollmächtigte des Klägers ging daher erkennbar bereits vor der mündlichen Verhandlung davon aus, dass diese Fragestellung in der mündlichen Verhandlung zur Sprache kommen konnte und das Verwaltungsgericht den Sachverhalt z. B. durch Nachfragen in der mündlichen Verhandlung unter Umständen weiter ermitteln würde. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 29. Juni 2016 hat er sich hierzu ausführlich geäußert, ohne geltend zu machen, dass sich im Zuge der mündlichen Verhandlung das Erfordernis einer persönlichen Befragung des Klägers ergeben hätte; erst recht hat er in der mündlichen Verhandlung keinen entsprechenden Antrag gestellt. Schließlich legt der Kläger auch nicht dar, was er selbst vor Gericht gegebenenfalls zur Unanwendbarkeit des § 35 Abs. 1 GewO vorgetragen hätte und inwiefern dies zu einem anderen rechtlichen Ergebnis hätte führen können.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: §§ 47, 52 Abs. 1 GKG, Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs 2013. Es ist angemessen, für die strittige Teilgewerbeuntersagung einen gegenüber dem für eine Gewerbeuntersagung im Streitwertkatalog vorgesehenen Betrag geringeren Streitwert anzusetzen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.