Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - 22 ZB 17.244

bei uns veröffentlicht am29.03.2017
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 5 K 16.709, 08.12.2016

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1. Durch Bescheid vom 7. April 2016 untersagte das Landratsamt Neu-Ulm der Klägerin - einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung - die Ausübung näher bezeichneter Gewerbe sowie jeder weiteren von § 35 GewO erfassten gewerblichen Tätigkeit. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen zum einen damit, dass die Klägerin ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkomme, da am 18. März 2016 beim Finanzamt Neu-Ulm Forderungen in Höhe von 97.197,77 € offen gewesen seien und damals Beitragsrückstände bei zwei Trägern der Sozialversicherung im Gesamtbetrag von 2.831,11 € bestanden hätten. Zum anderen biete die Klägerin deshalb nicht die Gewähr dafür, dass sie ihr Gewerbe künftig in Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausüben werde, da ihr Geschäftsführer unzuverlässig sei. Der Bescheid vom 7. April 2016 verwies insofern darauf, dass der Geschäftsführer der Klägerin durch Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 24. September 2014 wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 84 Fällen rechtskräftig zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 40,00 € verurteilt worden ist.

Die gegen diesen Bescheid am 6. Mai 2016 erhobene Anfechtungsklage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht Augsburg durch Urteil vom 8. Dezember 2016, im Rubrum berichtigt durch Beschluss vom 13. Februar 2017, als unbegründet ab.

Die Klägerin beantragt, gegen das Urteil vom 8. Dezember 2016 die Berufung zuzulassen, da ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung bestünden, die Sache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweise, den in der Antragsbegründungsschrift vom 24. Februar 2017 aufgeworfenen Fragen grundsätzliche Bedeutung zukomme und Verfahrensmängel vorlägen.

2. Durch weiteren Bescheid vom 7. April 2016 untersagte das Landratsamt dem Geschäftsführer der Klägerin die Ausübung der gleichen Gewerbe wie der Klägerin, ferner jede weitere von § 35 Abs. 1 GewO erfasste selbständige gewerbliche Tätigkeit sowie Betätigungen als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und (mit näher bezeichneten Einschränkungen) als Betriebsleiter eines Gewerbebetriebs. Dieser Bescheid wurde dem Geschäftsführer der Klägerin am 8. April 2016 im Wege der Ersatzzustellung durch Übergabe an eine Beschäftigte der Klägerin zugestellt.

Die am 17. Juni 2016 hiergegen erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 8. Dezember 2016 (Az. Au 5 K 16.894) als unzulässig ab, da die Klagefrist nicht gewahrt sei und dem Geschäftsführer der Klägerin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könne. Den Antrag des Geschäftsführers der Klägerin, gegen das letztgenannte Urteil die Berufung zulassen, lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 9. März 2017 (Az. 22 ZB 17.245) ab.

II.

Über den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung konnte ohne Anhörung des Beklagten entschieden werden, da sich aus der Begründung dieses Rechtsbehelfs (vgl. zur Maßgeblichkeit der darin enthaltenen Darlegungen § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen der Zulassungsgründe, die die Klägerin für sich in Anspruch nimmt, vorliegen.

1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nur ausreichend dargelegt, wenn

– der Rechtsbehelfsführer mindestens eine konkrete Fragestellung tatsächlicher oder rechtlicher Art bezeichnet, der aus seiner Sicht grundsätzliche Bedeutung zukommt,

– er aufzeigt, dass diese Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung oder der Fortentwicklung des Rechts der Beantwortung durch den Verwaltungsgerichtshof in einem Berufungs- oder durch das Bundesverwaltungsgericht in einem sich daran ggf. anschließenden Revisionsverfahren bedarf,

– er dartut, dass sich diese Frage im anhängigen Rechtsstreit in entscheidungserheblicher Weise stellt und

– sich aus seinem Vorbringen ergibt, dass sie in verallgemeinerungsfähiger Weise beantwortbar ist und der von ihm erstrebten Entscheidung des Rechtsmittelgerichts deshalb über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommt

(vgl. zu diesen Anforderungen z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72).

Die Ausführungen in Abschnitt III der Antragsbegründung vom 24. Februar 2017 genügen diesen Anforderungen unter keinem Blickwinkel, da sie sich auf die Behauptung beschränken, in vorangehenden Teilen dieses Schriftsatzes aufgeworfenen, nicht näher bezeichneten Fragen komme grundsätzliche Bedeutung zu.

2. Einen Verfahrensmangel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erblickt die Antragsbegründung darin, dass es das Verwaltungsgericht unterlassen habe, die Steuer-, Insolvenz- und Strafakten beizuziehen. Der damit der Sache nach behauptete Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO) ist nur dann ausreichend dargelegt, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert aufzeigt, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen das Gericht bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen hätte. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt wurde oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 22.11.2013 - 7 B 16/13 - Rn. 4; B.v. 28.5.2013 - 7 B 46.12 - Rn. 4 m.w.N. jeweils zu dem mit § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO im Wesentlichen übereinstimmenden Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Antragsbegründung genügt diesen Anforderungen nur insofern, als sich aus ihr ergibt, welche Erkenntnisquellen das Verwaltungsgericht nach Auffassung der Klägerin zusätzlich hätte ausschöpfen sollen. Es fehlen jedoch namentlich Ausführungen dazu, dass die Klägerin bereits im ersten Rechtszug auf die Beiziehung der im Schriftsatz vom 24. Februar 2017 erwähnten Akten gedrungen hat, dass insbesondere ihre bereits in der Vorinstanz tätigen anwaltlichen Bevollmächtigten einen dahingehenden Beweisantrag gestellt haben bzw. dass sich die Anforderung solcher Unterlagen dem Verwaltungsgericht unabhängig hiervon hätte aufdrängen müssen.

Nicht ausreichend dargelegt sind auch die Voraussetzungen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, die die Klägerin in diesem Zusammenhang ebenfalls geltend macht. Denn die Antragsbegründung lässt nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung Tatsachen oder rechtliche Erwägungen zugrunde gelegt hat, zu denen sich die Klägerin nicht (ausreichend) äußern konnte.

3. Nicht aufgezeigt werden im Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 24. Februar 2017 ferner ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. zum Fehlen eines Anspruchs auf Zulassung der Berufung nach dieser Vorschrift, wenn zwar einzelne Begründungselemente der angefochtenen Entscheidung Anlass zu Zweifeln bieten, sie im Ergebnis jedoch offensichtlich zutrifft, BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).

3.1 Die Antragsbegründung leitet ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorliegend angefochtenen Urteils vom 8. Dezember 2016 daraus her, dass das Verwaltungsgericht in der Randnummer 31 dieser Entscheidung ausgeführt hat, da die den Geschäftsführer der Klägerin persönlich betreffende Gewerbeuntersagung mit dem Ablauf des 9. Mai 2016 unanfechtbar geworden sei, stehe dessen Unzuverlässigkeit bestandskräftig fest; damit müsse auch von der Unzuverlässigkeit der Klägerin selbst ausgegangen werden.

Das Vorbringen im Schriftsatz vom 24. Februar 2017 reicht nicht aus, um darzutun, dass die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf diese Aussage im Ergebnis keinen Bestand haben kann. Zwar ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 9. März 2017 (22 ZB 17.245, Rn. 9 - 16) dargelegt hat, wegen der nicht eindeutig zu bejahenden Ordnungsmäßigkeit der Zustellung des gegenüber dem Geschäftsführer der Klägerin erlassenen Untersagungsbescheids nicht völlig zweifelsfrei, ob die Frist für die Anfechtung jener Behördenentscheidung tatsächlich bereits am 9. Mai 2016 endete oder ob diese Rechtsfolge erst mit dem Ablauf des 18. Mai 2016 eintrat. Unabhängig hiervon ist dieser Bescheid aber - wie im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2017 (a.a.O.) aufgezeigt - jedenfalls unanfechtbar geworden.

Unschädlich für die Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses ist es entgegen dem Vorbringen in der Antragsbegründung, dass diese Rechtsfolge erst nach dem im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt - dem Tag des Erlasses bzw. der Bekanntgabe des die Klägerin betreffenden Bescheids vom 7. April 2016 - eingetreten ist. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, dass die tatsächlichen Umstände, aus denen die Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers der Klägerin folgt, bereits zu jenem Zeitpunkt vorlagen. Denn unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender von dem Augenblick an, an dem ein Lebenssachverhalt eingetreten ist, angesichts dessen er keine Gewähr mehr für eine künftig ordnungsgemäße Gewerbeausübung bietet. Die bloße Verwirklichung der materiellen Kriterien, an die die Rechtsordnung den Befund der Unzuverlässigkeit knüpft, genügt selbst dann, wenn eine solche Gegebenheit aus dem strafrechtlich relevanten Fehlverhalten einer Person resultiert, ohne dass deswegen gegen sie eine strafgerichtliche Entscheidung ergangen sein muss (BayVGH, B.v. 6.4.2016 - 22 ZB 16.366 - juris Rn. 20). Erst recht setzt vor diesem Hintergrund die Bejahung von Unzuverlässigkeit im gewerberechtlichen Sinn nicht notwendig voraus, dass gegenüber dem Betroffenen eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen wurde und wann ein solcher Verwaltungsakt ggf. unanfechtbar geworden ist.

3.2 Das Verwaltungsgericht hat sich im Übrigen nicht damit begnügt, die Unzuverlässigkeit der Klägerin allein aus der Bestandskraft der gegenüber ihrem Geschäftsführer ausgesprochenen Gewerbeuntersagung herzuleiten. In der Randnummer 32 des im vorliegenden Verfahren angefochtenen Urteils hat es als Ergebnis einer materiellrechtlichen Prüfung vielmehr darauf verwiesen, dass dieser Befund unabhängig hiervon auch aus seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt folgt. Die Angriffe, die die Klägerin in der Antragsbegründung gegen die Richtigkeit des Strafurteils vom 24. September 2104 vorträgt, sind nicht geeignet, ihr einen Anspruch auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu verschaffen.

Der von einer Gewerbeuntersagung Betroffene ist zwar nicht gehindert, eine solche Behördenentscheidung mit dem Argument anzugreifen, eine strafgerichtliche Verurteilung, auf die sich der Unzuverlässigkeitsvorwurf stützt, sei unzutreffend. Da die einer strafgerichtlichen Ahndung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen nicht an der Rechtskraft einer solchen Entscheidung teilnehmen (Fischer in KK zur StPO, 7. Aufl. 2013, Einl. Rn. 482 m.w.N.; Meyer-Goßner in Meyer/Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, Einl. Rn. 170 m.w.N.), ist ein solcher Einwand auch dann nicht schlechthin ausgeschlossen, wenn die strafgerichtliche Verurteilung unanfechtbar geworden ist. Gleichwohl kommt rechtskräftigen strafgerichtlichen Entscheidungen in einem Gewerbeuntersagungsverfahren indizielle Wirkung dafür zu, dass der vom Strafgericht zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht (BayVGH, B.v. 6.4.2016 - 22 ZB 16.366 - juris Rn. 22). Die Verwaltungsbehörden und die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit dürfen Feststellungen, die die Strafgerichte unanfechtbar getroffen haben, ihren Entscheidungen deshalb regelmäßig ohne eigene Ermittlungen zugrunde legen (BayVGH, B.v. 24.9.2015 - 22 ZB 15.1722 - juris Rn. 10; B.v. 7.10.2016 - 22 ZB 16.722 - juris Rn. 10). Eine Ausnahme hiervon greift nur Platz, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die gemäß § 359 Nr. 5 StPO eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden (BayVGH, B.v. 7.10.2016 a.a.O. Rn. 10).

Im Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 24. Februar 2017 wurde eine derartige Ausnahmesituation nicht dargetan.

3.2.1 Der Geschäftsführer der Klägerin wurde zum einen wegen eines Vergehens nach § 266a Abs. 1 StGB verurteilt. Die Tathandlung dieses Delikts besteht darin, dass ein Arbeitgeber der Einzugsstelle (das ist nach §§ 28h, 28i SGB-IV die für den jeweiligen Arbeitnehmer zuständige gesetzliche Krankenkasse) Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung vorenthält.

Dass der Geschäftsführer der Klägerin den Tatbestand des § 266a Abs. 1 StGB verwirklicht hat, ergibt sich aus den Tabellen, die sich in dem Strafbefehl finden, den das Amtsgericht Augsburg am 7. Oktober 2013 gegen ihn erlassen und auf den es zur Begründung des Urteils vom 24. September 2014 vollumfänglich Bezug genommen hat. In diesen Tabellen wird detailgenau (nämlich unter Angabe des jeweiligen Fälligkeitsdatums und der Höhe der geschuldeten Zahlung) aufgeführt, welche Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung der Geschäftsführer der Klägerin zwischen dem 28. Juni 2010 und dem 28. bzw. 29. Mai 2013 nicht an sieben im Einzelnen aufgeführte Krankenkassen (bzw. bestimmte Verwaltungsstellen von Krankenkassen) abgeführt hat.

Aus den gleichen Tabellen geht zwar hervor, dass während und nach dieser Zeitspanne durchaus erhebliche Beträge an die betroffenen Krankenkassen geflossen sind, wobei sich die Höhe dieser Zahlungen und die Zeitpunkte, an denen sie erbracht wurden, allerdings zum weitaus überwiegenden Teil nicht mit den Fälligkeitsterminen und den an diesen Tagen geschuldeten Beträgen decken. Aufgrund der Angabe auf Seite 2 unten des Strafbefehls muss ferner davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den durch ihr Zahlungsverhalten entstandenen Schaden größtenteils wiedergutgemacht hat. An der Verwirklichung des Tatbestands des § 266a Abs. 1 StGB durch ihren Geschäftsführer ändern diese Umstände indes nichts, da ein Sozialversicherungsbeitrag der Einzugsstelle bereits dann im Sinn dieser Bestimmung „vorenthalten“ wurde, wenn er ihr nicht bis zum Fälligkeitszeitpunkt zugegangen ist (BGH, U.v. 31.10.1989 - VI ZR 54/89 - LM § 852 BGB Nr. 105; U.v. 15.10.1991 - XI ZR 192/90 - NJW 1992, 177/178; U.v. 21.1.1997 - VI ZR 338/95 - NJW 1997, 1237).

Die Begründung des Zulassungsantrags tritt der Richtigkeit des Strafurteils vom 24. September 2014, soweit der auf § 266a Abs. 1 StGB gestützte Schuldspruch inmitten steht, lediglich mit dem Vorbringen entgegen, die Klägerin habe alle Sozialversicherungsbeiträge entrichtet, und sie zahle pünktlich.

Da sich die letztgenannte Behauptung auf ihr gegenwärtiges Verhalten in Bezug auf die Erfüllung sozialversicherungsrechtlicher Zahlungspflichten bezieht, ist es von vornherein ungeeignet, die Richtigkeit einer strafgerichtlichen Entscheidung in Frage zu stellen, die sich mit dem Zahlungsverhalten in den Monaten von August 2010 bis Mai 2013 befasst.

Die im Schriftsatz vom 24. Februar 2017 außerdem enthaltenen Formulierung „Die Klägerin hat alle Sozialversicherungsbeiträge bezahlt“ kann ihrem Wortlaut nach zum einen so verstanden werden, dass damit zum Ausdruck gebracht werden soll, im Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung bestünden keine sozialversicherungsrechtlichen Rückstände mehr. Sie wäre damit aus den gleichen Gründen wie die Behauptung eines aktuell termingerechten Zahlungsverhaltens entscheidungsunerheblich.

Nicht geeignet, die Richtigkeit des Strafurteils vom 24. September 2014 in einer Weise zu erschüttern, der Auswirkungen auf das anhängige Zulassungsverfahren zukäme, wäre das vorstehend im Wortlaut wiedergegebene Vorbringen aber auch dann, wenn es so zu verstehen sein sollte, dass damit die Unrichtigkeit der im Strafbefehl vom 7. Oktober 2013 enthaltenen Tabellen und der darin aufgelisteten Verstöße der Klägerin bzw. ihres Geschäftsführers gegen die Pflicht zur ungekürzten und termingerechten Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen behauptet werden soll. Dass die Klägerin einen solchen Sachverhalt geltend machen will, muss u. a. aus der Tatsache erschlossen werden, dass sie in der Antragsbegründung auf fünf von unterschiedlichen Krankenkassen ihr gegenüber in den Monaten Mai und Juni 2016 ausgestellte Unbedenklichkeitsbescheinigungen verwiesen hat, die ihre Bevollmächtigten im Klageverfahren Au 5 K 16.894 vorgelegt haben. Auch hierdurch werden die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO jedoch nicht dargetan. Dies gilt auch, wenn man zugunsten der Klägerin die in der Streitsache Au 5 K 16.894 ebenfalls als Bestandteil des Anlagenkonvoluts K 13 eingereichte, in der Antragsbegründungsschrift aber nicht gesondert erwähnte Unbedenklichkeitsbescheinigung berücksichtigt, die die AOK Sachsen-Anhalt der Klägerin am 13. Mai 2016 ausgestellt hat.

Die 84 einzelnen Tathandlungen nach § 266a Abs. 1 StGB, deren der Geschäftsführer der Klägerin im Strafurteil vom 24. September 2014 schuldig gesprochen wurde, richteten sich gegen sieben verschiedene Krankenkassen, nämlich die IKK gesund Plus, die AOK Sachsen-Anhalt, die IKK classic - Direktion Magdeburg -, die WMF Betriebskrankenkasse, die mhplus Betriebskrankenkasse, die IKK classic Ravensburg und die AOK Baden-Württemberg. Nur drei der vorerwähnten Unbedenklichkeitsbescheinigungen stammen überhaupt von einer dieser geschädigten Krankenkassen; es handelt sich um die Bestätigungen der AOK Sachsen-Anhalt vom 13. Mai 2016, der mhplus Betriebskrankenkasse vom gleichen Tag und der AOK Baden-Württemberg vom 14. Juni 2016. Soweit im Verfahren Au 5 K 16.894 außerdem Testate der Knappschaft-Bahn-See und der Salus-BKK vorgelegt wurden, sind diese Unterlagen von vornherein ungeeignet, die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellung zu erschüttern, dass die Klägerin bzw. ihr Geschäftsführer der Pflicht zur termingerechten und ungekürzten Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen gegenüber anderen Trägern der Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß nachgekommen sind. Gleiches gilt für die in der Sache Au 5 K 16.894 außerdem eingereichte Bescheinigung der IKK classic Dresden vom 9. Mai 2015. Denn in der Antragsbegründung wurde nicht dargetan, dass diese Stelle in der Lage war, zuverlässig Auskunft darüber zu erteilen, ob das Zahlungsverhalten, das die Klägerin in den Jahren 2010 bis 2013 gegenüber der IKK classic - Direktion Magdeburg - und der IKK classic Ravensburg an den Tag gelegt hat, vollumfänglich den gesetzlichen Vorgaben entsprach.

Ebenfalls unbehelflich ist im vorliegenden Zusammenhang die Unbedenklichkeitsbescheinigung der AOK Baden-Württemberg. Denn sie besagt nur, „dass für die nachgewiesenen Sozialversicherungsbeiträge keine Rückstände bestehen“. Die Richtigkeit der im Strafbefehl vom 7. Oktober 2013 - und damit auch im Urteil vom 24. September 2014 - getroffenen Feststellung, dass die Klägerin zwischen dem 27. August 2010 und dem 28. bzw. 29. Mai 2013 Arbeitnehmerbeiträge in Höhe von insgesamt 9.974,99 € nicht an den jeweiligen Fälligkeitstagen an die AOK Baden-Württemberg entrichtet hat, wird durch diese Angabe, die sich ausschließlich auf die Verhältnisse im Juni 2016 bezieht, nicht in Frage gestellt.

Die AOK Sachsen-Anhalt hat demgegenüber schriftlich erklärt, dass die Klägerin „die nachgewiesenen Sozialversicherungsbeiträge für Ihre zu unserer AOK gemeldeten Beschäftigten bisher ordnungsgemäß entrichtet hat“; seitens der mhplus Betriebskrankenkasse wurde ihr attestiert, „dass Sie Ihre Gesamtsozialversicherungsbeiträge bisher regelmäßig bezahlt haben.“

Es kann dahinstehen, ob durch diese Angaben die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen insoweit erschüttert wird, als dem Geschäftsführer der Klägerin im Strafbefehl vom 7. Oktober 2013 bzw. im Strafurteil vom 24. September 2014 zur Last gelegt wurde, zwischen dem 26. November 2010 und dem 28. bzw. 29. Mai 2013 an die AOK Sachsen-Anhalt 7.611,44 € und zwischen dem 27. Juli 2011 und dem 29. August 2012 an die mhplus Betriebskrankenkasse 1.296,23 € an Sozialversicherungsbeiträgen nicht (rechtzeitig) abgeführt zu haben. Denn an der Richtigkeit der dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts zugrunde liegenden rechtlichen Annahme, dass der Geschäftsführer der Klägerin wegen lang andauernder und erheblicher Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten unzuverlässig ist, und dass dies die gleiche Rechtsfolge auch zulasten der Klägerin nach sich zieht, würde sich auch in diesem Fall nichts ändern. Gültig bleibt selbst bei unterstellter fehlender Berücksichtigungsfähigkeit der Tathandlungen, die dem Geschäftsführer der Klägerin im Verhältnis zur AOK Sachsen-Anhalt und zur mhplus Betriebskrankenkasse zur Last gelegt wurden, namentlich die Würdigung des Verwaltungsgerichts, dass neben der Insolvenzverschleppung auch das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt eine erhebliche strafrechtliche Verfehlung darstellt, und dass angesichts der Erstreckung der einzelnen Tathandlungen nach § 266a Abs. 1 StGB über einen Zeitraum von drei Jahren (hieran würde der etwaige Wegfall der die AOK Sachsen-Anhalt und die mhplus Betriebskrankenkasse betreffenden Tathandlungen nichts ändern) kein Augenblicksversagen angenommen werden kann. Die erstgenannte Wertung des Verwaltungsgerichts begegnet umso weniger Bedenken, als sich der im Strafbefehl auf 34.698,44 € bezifferte Schaden, den der Geschäftsführer der Klägerin durch die Straftaten nach § 266a Abs. 1 StGB verursacht habe, unter der vorerwähnten Prämisse nur auf 25.790,77 € verringern würde; auch der Vorenthaltung eines solchen Betrags kommt erheblicher Unrechtsgehalt zu.

Rechtlich unzutreffend ist schließlich die in der Antragsbegründung aufgestellte Behauptung, durch das verspätete Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen sei entgegen der im Strafbefehl vom 7. Oktober 2013 - und mittelbar im Strafurteil vom 24. September 2014 - enthaltenen Angabe angesichts der von ihr geleisteten Zahlungen

kein Schaden entstanden. Der Auffassung, eine gesetzliche Krankenkasse als Einzugsstelle für Sozialversicherungsbeiträge erleide erst dann einen Schaden, wenn ihr geschuldete Beiträge auf Dauer vorenthalten bleiben, ist der Bundesgerichtshof bereits im Urteil vom 31. Oktober 1989 (VI ZR 54/89 - LM § 852 BGB Nr. 105) mit folgender Erwägung entgegengetreten:

„Vielmehr lag der Schaden schon in der Vorenthaltung der Beitragsteile; er trat schon ein, als die Arbeitnehmeranteile nicht fristgerecht an die Klägerin [eine Ortskrankenkasse] abgeführt wurden, und schon in diesem Zeitpunkt war der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten entstanden. Wie der Senat wiederholt klargestellt hat, will der Gesetzgeber den Arbeitnehmer und die für seine Existenzsicherung geschaffene Sozialversicherung durch die Strafvorschrift des § 529 RVO a.F. (heute § 266a StGB) nicht erst vor dem Risiko der Uneinbringlichkeit der Beitragsforderungen bei dem säumigen Arbeitgeber schützen, sondern schon vor der Störung im Versicherungsaufbau durch Vorenthaltung der Beiträge, die wegen dessen existenzieller Bedeutung schon im Zeitpunkt der Störung ein gegenwärtiger Vermögensschaden ist.“

Sogar dann, wenn einer Einzugsstelle während eines bestimmten Zeitraums Beträge zugeflossen sind, die höher sind als die während dieser Zeitspanne fällig gewordenen Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung (die in den Strafbefehl vom 7.10.2013 aufgenommenen Tabellen lassen einen solchen Sachverhalt auch hier möglich erscheinen), schließt dies die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 266a Abs. 1 StGB nicht aus, wenn er es unterlassen hat, Beiträge im Fälligkeitszeitpunkt abzuführen (so ausdrücklich BGH, B.v. 10.8.1990 - 3 StR 16/90 - NStZ 1990, 588). Desgleichen setzt § 266a Abs. 1 StGB nicht die Absicht des Täters voraus, Beiträge auf Dauer einzubehalten (BGH, B.v. 10.8.1990, a.a.O.); die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift tritt auch dann ein, wenn es ihm nur darum geht, sich durch die Vorenthaltung vorübergehend Mittel zur Überwindung eines finanziellen Engpasses zu verschaffen (Gribbohm in LK zum StGB, 11. Aufl., Stand 1.6.1996, § 266a Rn. 52).

3.2.2 Den Straftatbestand des § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 InsO verwirklicht u. a., wer nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einer juristischen Person als deren Vertretungsorgan nicht oder nicht rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt. Zahlungsunfähigkeit liegt nach der in § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO enthaltenen Legaldefinition dann vor, wenn ein Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

In einer solchen Situation befand sich die Klägerin nach den Feststellungen im Strafbefehl vom 7. Oktober 2013 (und damit auch im Urteil vom 24.9.2014) spätestens seit dem 14. September 2012. Begründet haben die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Strafbefehlantrags und das Amtsgericht ihre dahingehende Überzeugung damit, dass gegen den Geschäftsführer der Klägerin in dieser Funktion am 14. September 2012 fünf Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erlassen wurden und ein weiterer derartiger Haftbefehl gegen ihn in gleicher Eigenschaft am 22. Oktober 2012 erging, seit dem 4. Februar 2011 ferner bei der zuständigen Gerichtsvollzieherin vermehrt Vollstreckungsaufträge anfielen, die Klägerin seit Juni 2010 Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr durchgehend fristgerecht und in voller Höhe entrichtet und sie am 12. April 2013 fällig gewordene Steuern nicht beglichen hatte.

Namentlich das Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen stellt ein „starkes Indiz“ dafür dar, dass Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, weil diese Forderungen in der Regel wegen der drohenden Strafbarkeit nach § 266a StGB bis zuletzt bedient werden (BGH, B.v. 13.6.2006 - IX ZB 238/05 - MDR 2007, 52).

Die Begründung des Zulassungsantrags tritt diesen aussagekräftigen tatsächlichen Angaben zum einen mit dem Hinweis darauf entgegen, die Klägerin habe im relevanten Zeitraum insgesamt 74.484,59 € an Sozialversicherungsbeiträgen abgeführt; die Staatsanwaltschaft habe im Strafbefehlsantrag selbst festgehalten, dass der verursachte Schaden größtenteils wiedergutgemacht worden sei.

Hierdurch wird die Richtigkeit des Strafurteils, soweit der Schuldspruch nach § 15a Abs. 4 InsO in Frage steht, nicht erschüttert. Zahlungsunfähigkeit im Sinn von § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO liegt nicht erst dann vor, wenn der Schuldner zu Befriedigung von gegen ihn gerichteten finanziellen Ansprüchen vollumfänglich nicht mehr in der Lage ist; es genügt regelmäßig, dass eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke im Umfang von mindestens 10% seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten aufgetreten ist (so grundlegend BGH, U.v. 24.5.2005 - IX ZR 123/04 - BGHZ 163, 134). Dass es bei der Klägerin seinerzeit noch zu keiner Zahlungsunfähigkeit, sondern nach Maßgabe der in diesem Urteil des Bundesgerichtshofs aufgestellten Kriterien nur zu einer von § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht erfassten, bloßen Zahlungsstockung gekommen ist, hat die Klägerin in der Antragsbegründung zu Recht selbst nicht behauptet; angesichts der Schilderung, die sie in der Klageschrift vom 6. Mai 2016 über die Ursachen und die Dauer ihrer finanziellen Probleme gegeben hat, hätte ein solches Vorbringen auch nicht als glaubwürdig anerkannt werden können.

Sie hat dort auf Seite 5 ausgeführt, sie sei „im Jahre 2010 durch einen sehr folgenschweren Geschäftsabschluss vorübergehend in wirtschaftliche Schwierigkeiten“ geraten. Sie habe damals einen Vertrag über die Lieferung von vier Eisanlagen zum Gesamtpreis von 1.100.000,-- € abgeschlossen. Nachdem der Auftraggeber - wie vertraglich vereinbart - 30% dieses Betrags angezahlt habe, habe sie die vier geschuldeten Anlagen für 850.000,-- € bestellt. Die zweite nach dem Vertrag geschuldete Tranche von 60% habe der Auftraggeber jedoch nicht entrichtet, ohne dass dieser Betrag mit Aussicht auf Erfolg hätte beigetrieben werden können. Die bestellten Anlagen habe sie nur mit Verlust verkaufen können, wobei das hinsichtlich der dritten erst 2014 und der vierten erst im Frühjahr 2016 möglich gewesen sei. Hinzugekommen sei ein allgemeiner Auftragsrückgang im Maschinenbau während der Jahre von 2010 bis 2014. Auf Seite 17 der Klageschrift hat die Klägerin sodann unter Bezugnahme auf das Strafurteil vom 24. September 2014 angemerkt: „Dass es zum damaligen Zeitpunkt zu Zahlungsverzögerungen gekommen ist, liegt schlichtweg an dem eingangs beschriebenen Sachverhalt.“

Der in der Antragsbegründung hervorgehobene Umstand, dass kein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin anhängig geworden sei, reicht nicht aus, um die Richtigkeit der Feststellung zu erschüttern, dass sie spätestens seit dem 14. September 2012 zahlungsunfähig war. Denn die Aussagekraft der vorstehend aufgeführten Tatsachen bliebe auch dann unberührt, wenn sie außer vom Geschäftsführer der Klägerin auch von dritter Seite nicht zum Anlass genommen worden sein sollten, einen Insolvenzantrag zu stellen.

3.3 Ungeeignet, einen Anspruch auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzutun, ist ferner der in der Antragsbegründung enthaltene Hinweis darauf, dass es der Klägerin jederzeit freistünde, sich durch einen anderen Geschäftsführer vertreten zu lassen oder eine angestellte oder bevollmächtigte Person als Betriebsleiter einzusetzen. Sie hat jedenfalls von diesen Möglichkeiten bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt keinen Gebrauch gemacht, so dass auf sich beruhen kann, ob eine solche Vorgehensweise geeignet gewesen wäre, den Befund, dass die Klägerin unzuverlässig ist, zu entkräften.

3.4 Nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuzeigen, sind schließlich die Ausführungen in der Begründung des Zulassungsantrags, mit denen dargetan werden soll, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Klägerin bereits im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt überwunden gewesen seien und eine Untersagung ihrer weiteren gewerblichen Betätigung deshalb ungerechtfertigt sei. Dem steht jedenfalls entgegen, dass ihr Geschäftsführer auch am 7. bzw. 8. April 2016 nach wie vor unzuverlässig war; dies rechtfertigt eine auf § 35 Abs. 1 GewO gestützte Maßnahme auch gegenüber der Klägerin selbst

Dass der Geschäftsführer der Klägerin auch im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (und danach) nicht bereit war, die ihn in dieser Eigenschaft treffenden Pflichten in lückenloser Übereinstimmung mit den Vorgaben der Rechtsordnung zu erfüllen, wird durch die Antragsbegründung nicht nur nicht entkräftet; die darin enthaltenen Ausführungen zu den Steuerrückständen der Klägerin (Abschnitt I.3 des Schriftsatzes vom 24.2.2017) bestätigen dies vielmehr.

Die Klägerin tritt dem auch in den Tatbestand des angefochtenen Urteils übernommenen Vorhalt, sie habe am 18. März 2016 Steuern und steuerliche Nebenleistungen im Gesamtbetrag von 97.197,77 € geschuldet, unter Hinweis darauf entgegen, dass sie gegen den Steuerbescheid, auf denen diese Forderungen des Finanzamts beruhten, einen Rechtsbehelf eingelegt habe und dieser Bescheid Gegenstand eingehender Verhandlungen zwischen ihr bzw. ihrem steuerlichen Berater und dem Finanzamt seien. In diesem Zusammenhang heißt es in der Antragsbegründung: „Im Falle der Rechtskraft der Entscheidung wird die Klägerin selbstverständlich den Steuerbescheid bezahlen.“

Gerade das letzte Vorbringen zeigt, dass der Geschäftsführer der Klägerin - und damit diese selbst - nach wie vor nicht vorbehaltlos bereit sind, ihre steuerlichen Pflichten zu erfüllen. Gemäß § 220 Abs. 2 Satz 2 AO tritt die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (und damit die Pflicht des Schuldners, solche Ansprüche zu befriedigen) mit der Bekanntgabe eines Bescheids ein, durch den ein solcher Anspruch festgesetzt wurde. Da ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid, wie ihn die Klägerin u. a. ausweislich der im ersten Rechtszug vorgelegten Anlage K 7 eingelegt hat, gemäß § 361 Abs. 1 Satz 1 AO keine aufschiebende Wirkung entfaltet, ist sie zu einer auch nur temporären Verweigerung der Entrichtung der festgesetzten Steuerschuld nicht befugt. Auf den Umstand, dass das Finanzamt nach unwidersprochen gebliebener Darstellung auf Seite 6 des ihr gegenüber ergangenen Untersagungsbescheids bereits einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 2 AO) des angefochtenen Steuerbescheids abgelehnt hat, ist nur ergänzend hinzuweisen.

Näherer Ausführungen dazu, ob ein Steuerrückstand von knapp 100.000,-- € eine Größenordnung aufweist, die den Schluss auf die Unzuverlässigkeit des Schuldners rechtfertigt, bedurfte es entgegen der Begründung des Zulassungsantrags nicht, da die Bejahung dieser Frage bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die am Ende des Geschäftsjahres 2015 behauptetermaßen über ein Eigenkapital von 150.613,74 € verfügte und damals einen Gewinn von 98.466,89 € erzielt habe, auf der Hand liegt.

3.5 Die Ausführungen in der Antragsschrift, in denen sich die Klägerin auf die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2011 (4 A 1115/10 - GewArch 2012, 499) und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. Oktober 2016 (1 A 188/15 - juris) sowie den Beschluss des Bundesgerichtshofs - Senat für Anwaltssachen - vom 22. Juli 2016 (AnwZ (Brfg) 63/15 -juris) bezieht, sind gleichfalls nicht geeignet, die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzutun. Die erstgenannten Entscheidungen gehen der Sache nach übereinstimmend davon aus, dass einem Gewerbetreibenden der Unzuverlässigkeitsgrund „ungeordnete Vermögensverhältnisse“ dann nicht (mehr) entgegengehalten werden darf, wenn das Insolvenzgericht nach der inzwischen aufgehobenen Vorschrift des § 291 InsO festgestellt hat, dass der Schuldner bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen Restschuldbefreiung erlangen wird. In dem Verfahren, das dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Juli 2016 (a.a.O.) zugrunde lag, stellte sich diese Problematik nicht, da zugunsten des dortigen Rechtsschutzsuchenden - eines in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts - im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt weder eine Entscheidung des Insolvenzgerichts nach § 291 InsO a.F. noch eine damit ggf. vergleichbare Regelung (vgl. die Aufzählung der insofern u.U. in Betracht kommenden Möglichkeiten in der Randnummer 6 des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 22.7.2016, a.a.O.) vorlagen.

Aus den Urteilen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2011 (4 A 1115/10 - GewArch 2012, 499) und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. Oktober 2016 (1 A 188/15 - juris) vermag die Klägerin schon deshalb nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil auch in ihrem Fall kein Gericht eine Entscheidung getroffen hat, wonach über ihre künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine ähnlich günstige Prognose angestellt werden kann, wie sie einem Beschluss nach § 291 InsO a.F. zugrunde liegt. Die in der Antragsbegründung der Sache nach zum Ausdruck gebrachte Selbstberühmung der Klägerin, sie habe ihre wirtschaftliche Krise überwunden, steht der Einschätzung eines unabhängigen Gerichts ersichtlich nicht gleich. Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht die Unzuverlässigkeit der Klägerin nicht allein aus ihrer mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sondern - und dies sogar vorrangig - aus der ungenügenden Rechtstreue ihres alleinigen Geschäftsführers hergeleitet hat.

3.6 Soweit die Klägerin erstmals im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 29. März 2017 geltend gemacht hat, das Landratsamt und das Verwaltungsgericht hätten „die Sperrwirkung des § 12 GewO“ missachtet, ist dieses Vorbringen bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung nicht berücksichtigungsfähig, da es dem Verwaltungsgerichtshof erst nach dem Ablauf der Antragsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (sie endete am 2.3.2017 um 24.00 Uhr) zugegangen ist. Sollten die Ausführungen in der Zuschrift vom 29. März 2017 so zu verstehen sein, dass die Klägerin damit zum Ausdruck bringen will, auch aus dem „Rechtsgedanken des § 12 GewO“ folge, dass eine Gewerbeuntersagung nach erfolgreicher Sanierung eines Unternehmens nicht mehr erlassen werden dürfe, so ergäbe sich hieraus aus den gleichen Gründen, wie sie im vorstehenden Abschnitt 3.5 dargelegt wurden, kein Anspruch auf Zulassung der Berufung.

4. Nicht aufgezeigt wird im Schriftsatz vom 24. Februar 2017 schließlich, dass der vorliegende Rechtsfall besondere Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.

Soweit die Klägerin eine derartige Schwierigkeit in der zutreffenden Beantwortung der Frage sieht, „ob ein offensichtlich rechtsfehlerhaftes Urteil des Strafgerichtes, das auf einem falschen Geständnis eines ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin beruht, per se die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden gemäß § 35 GewO impliziert“, stellt sich diese Problematik im vorliegenden Fall nicht in entscheidungserheblicher Weise. Denn selbst wenn im Licht der Unbedenklichkeitsbescheinigungen der AOK Sachsen-Anhalt und der mhplus Betriebskrankenkasse vom 13. Mai 2016 davon auszugehen sein sollte, dass dem Geschäftsführer der Klägerin nur weniger Einzelstraftaten nach § 266a Abs. 1 StGB hätten zur Last gelegt werden dürfen als dies im Urteil vom 24. September 2014 geschehen ist, so hätte dies - wie dargestellt - auf die Richtigkeit der rechtlichen Wertung, dass der Geschäftsführer der Klägerin wegen gewerbebezogener Straftaten unzuverlässig ist, und dass dies die gleiche Rechtsfolge auch in Bezug auf die Klägerin selbst nach sich zieht, keinen Einfluss. Unerheblich für die im vorliegenden Fall von verwaltungsbehördlicher und verwaltungsgerichtlicher Seite zu treffende Entscheidung nach § 35 Abs. 1 GewO wäre eine zu hohe Zahl an Einzeltaten, die der strafgerichtlichen Verurteilung ggf. zugrunde gelegt wurden, umso mehr, als selbst die Aussicht auf eine geringere Strafhöhe, sollte sie wegen einer etwa gebotenen Reduzierung der in die erfolgte Gesamtstrafenbildung einzustellenden Einzelakte geboten gewesen sein, gemäß § 359 Nr. 5 StPO nicht die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens rechtfertigen würde (vgl. zur „maßstabsetzenden“ Funktion dieser Vorschrift für die Beantwortung der Frage, wann sich in gewerberechtlichen Verfahren ein Rückgriff auf rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidungen verbietet, BayVGH, B.v. 7.10.2016 - 22 ZB 16.722 - juris Rn. 10). Denn diese Vorschrift setzt voraus, dass als Folge neuer Tatsachen oder Beweismittel eine geringere Bestrafung „in Anwendung eines milderen Strafgesetzes“ in Betracht kommt. Auch bei unterstellter Richtigkeit des Vorbringens in der Antragsbegründung, das sich mit dem Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt befasst, hätte es bei der erfolgten Verurteilung nach § 266a Abs. 1 StGB dem Grunde nach jedoch sein Bewenden.

Die behauptete Notwendigkeit, in einem Berufungsverfahren „schwierige rechtliche Details des Insolvenzrechts zu prüfen“, leitet die Antragsbegründung ausschließlich aus der von ihr angenommenen Unrichtigkeit des Strafurteils vom 24. September 2014 her. Der Klägerin ist es jedoch weder gelungen, die Richtigkeit dieser strafgerichtlichen Entscheidung insoweit zu erschüttern, als ihr Geschäftsführer darin wegen einer Straftat nach § 15a Abs. 4 InsO verurteilt wurde, noch zeigt die Antragsbegründung unabhängig hiervon die Notwendigkeit zu einer vertieften Befassung mit Detailfragen insolvenzrechtlicher Art auf.

Die Frage, welche Folgerungen aus der Nichtbegleichung von Steuerforderungen durch einen Gewerbetreibenden hergeleitet werden können, wenn diese Forderungen durch einen noch nicht unanfechtbaren Steuerbescheid festgesetzt wurden, lässt sich entgegen der nicht näher substantiierten Behauptung in der Antragsbegründung jedenfalls im vorliegenden Fall anhand der einschlägigen Rechtsnormen (§ 220 Abs. 2 Satz 2, § 361 Abs. 1 und 2 AO) eindeutig beantworten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in den Nummern 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - 22 ZB 17.244

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - 22 ZB 17.244 zitiert 20 §§.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gewerbeordnung - GewO | § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit


(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 852 Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung


Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vor

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Insolvenzordnung - InsO | § 15a Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit


(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahl

Abgabenordnung - AO 1977 | § 361 Aussetzung der Vollziehung


(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheide

Strafprozeßordnung - StPO | § 359 Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten


Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig, 1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;2. wenn der Ze

Abgabenordnung - AO 1977 | § 220 Fälligkeit


(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze. (2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig,

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - 22 ZB 17.244 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04

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Der Bundesgerichtshof äußert sich zu der Frage, wann ein Unternehmen Zahlungsunfähig ist (und daher Insolvenz anmelden muss) und wann lediglich eine Zahlungsstockung vorliegt. Im Urteil vom 24.05.2005 (IX ZR 123/04) nennt der BGH Abgr
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 238/05 vom 13. Juni 2006 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 14 Abs.1, § 17 Abs. 2 Satz 2 a) Befindet sich der Schuldner mit fälligen Gesamtsozialvers

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Apr. 2016 - 22 ZB 16.366

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Okt. 2016 - 22 ZB 16.722

bei uns veröffentlicht am 07.10.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kosten des Antragsverfahrens trägt die Klägerin. III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000 € festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2015 - 22 ZB 15.1722

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert wird - insoweit unter Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltun

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. März 2017 - 22 ZB 17.245

bei uns veröffentlicht am 09.03.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt. Gründ

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 08. Dez. 2016 - Au 5 K 16.894

bei uns veröffentlicht am 08.12.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - 22 ZB 17.244.

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. Jan. 2018 - Au 5 S 18.12

bei uns veröffentlicht am 22.01.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 375,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin wendet sich

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 12. Juli 2018 - RO 5 K 17.2090

bei uns veröffentlicht am 12.07.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Klägerin wendet sich im Verfahr

Referenzen

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung, die Anordnung der Betriebseinstellung sowie die Androhung von Zwangsgeld.

Der Kläger ist einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der ... GmbH. Diese betreibt das selbständige Gewerbe ...

Mit Bescheid vom 7. April 2016 untersagte das ... der ... GmbH die Ausübung des betriebenen Gewerbes und jegliche weitere gewerbliche Tätigkeit, soweit sie unter § 35 Abs. 1 GewO falle. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH am 6. Mai 2016 unter dem Az. Au 5 K 16.709 Klage.

Mit weiterem Bescheid vom 7. April 2016 wurde dem Kläger die selbständige Ausübung des Gewerbes ... sowie jegliche weitere gewerbliche Tätigkeit, soweit sie unter § 35 Abs. 1 GewO fällt, untersagt (Ziffer 1 des Bescheides). In Ziffer 2 des Bescheides wurde die Untersagung auch auf die Ausübung als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder der Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person mit der möglichen Ausnahme einer Tätigkeit als fachlich technischer Leiter eines Handwerksbetriebes im Sinne des § 7 Abs. 1 HwO in der Stellung als Arbeitnehmer in einem Betrieb, in dem der Betriebsinhaber selbst eintragungsfähig in die Handwerksrolle ist, erstreckt. Für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus den Ziffer 1 und 2 wurde in Ziffer 3 des Bescheides für den Fall der Zuwiderhandlung sowohl gegen die Untersagung der derzeit betriebenen Gewerbe als auch des Betriebes eines anderen Gewerbes als auch gegen die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person oder als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht.

Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Der Bescheid wurde dem Kläger laut der Postzustellungsurkunde am 8. April 2016 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016, bei Gericht per Telefax eingegangen am 17. Juni 2016, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des ... vom 7.4.2016,, aufzuheben.

Zudem beantragte er, für den Fall der Versäumnis der Klagefrist, 10 die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der genannten Frist.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Kläger von der Tatsache, dass gegen ihn als Geschäftsführer der GmbH unter dem Az.: ... am 7. April 2016 ebenfalls eine Gewerbeuntersagung erlassen worden sei, erst durch den Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2016, beim Klägerbevollmächtigten eingegangen am 9. Juni 2016, Kenntnis erlangt habe. Die Gewerbeuntersagungsverfügung des Beklagten gegen den Kläger habe einen komplett identischen Inhalt und sei an die gleiche Adresse adressiert. Im Bescheid werde im Wesentlichen lediglich die Bezeichnung des Betroffenen ausgetauscht. Die Bescheide hingen kausal miteinander zusammen, da der eine Bescheid nicht ohne den anderen begründet werden könne, insoweit seien auch die Gründe identisch. Die rein formal juristische Trennung bei der E. GmbH zwischen Geschäftsbetrieb und Geschäftsführer könne verwaltungsgerichtlich nicht die Auswirkung haben, dass ein Bescheid rechtskräftig werde und der andere nicht. Selbstverständlich sei es Wille der ... GmbH gewesen, mit der Klage Rechtsschutz gegen sämtliche Maßnahmen des Beklagten gegen die GmbH und auch deren Geschäftsführer zu erlangen. Die Klage sei daher so auszulegen, dass sie sich gegen alle Bescheide im Zusammenhang mit der Gewerbeuntersagung richte. Der Wiedereinsetzungsantrag werde wie folgt begründet. Wie aus den Bescheiden ersichtlich sei, hätten die ... GmbH und der Kläger die gleiche Zustellungsanschrift. Dies liege daran, dass Produktion und Büro der GmbH verschiedene Standorte hätten. Das Büro der GmbH befinde sich gleich neben der Privatwohnung des Klägers. Sowohl die GmbH als auch der Kläger hätten einen gemeinsamen Briefkasten. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt der Zustellung beider Bescheide am 8. April 2016 auf einer Geschäftsreise in den Golf-Emiraten befunden, wo sich ein Großteil der Kunden der GmbH befinde. Der Kläger sei erst am 18. April 2016 von der Geschäftsreise zurückgekehrt und dann für eine weitere Geschäftsreise bereits am 6. Mai 2016 wieder in die Emirate geflogen. Die GmbH habe eine Sekretariatsmitarbeiterin, die sich um die gesamte Geschäftspost und die bürotechnischen Angelegenheiten der GmbH kümmere. Diese habe am Zustellungstag der Bescheide nur den Bescheid, der an die GmbH gerichtet gewesen sei, geöffnet und sei von dessen Inhalt zutiefst erschrocken gewesen. Den Bescheid an den Kläger persönlich habe die Mitarbeiterin ungeöffnet auf dessen Schreibtisch gelegt. In der Aufregung habe die Mitarbeiterin den Geschäftsführer noch am 8. April 2016 telefonisch über den Bescheid gegen die GmbH informiert, jedoch nicht über die Existenz eines zweiten Briefes. Der Kläger habe die Mitarbeiterin dann gebeten, ihm den Bescheid per E-Mail zukommen zu lassen. Dem sei die Mitarbeiterin noch am selben Tage nachgekommen. Der Kläger habe sich dann zu einem nicht mehr genau nachvollziehbaren Datum telefonisch mit dem Bevollmächtigten in Verbindung gesetzt und den Untersagungsbescheid weitergeleitet. Insoweit habe auch der Bevollmächtigte des Klägers nichts von einem Bescheid gegen den Kläger persönlich gewusst. Der Bescheid gegen den Kläger persönlich habe weiterhin auf dem Schreibtisch gelegen und sei von der Mitarbeiterin in Vergessenheit geraten. Diesen Brief habe der Kläger zu einem nicht mehr bekannten Datum in einem großen Stapel der allgemeinen Post gefunden und geöffnet. Es werde eingeräumt, dass dies wahrscheinlich - aber nicht sicher - vor Ablauf der Klagefrist erfolgt sei. Der Kläger habe diesen zweiten Bescheid jedoch für den identischen Bescheid gehalten, wie denjenigen, der an seine Firma gerichtet gewesen sei, lediglich an ihn als Geschäftsführer adressiert. Dabei sei zu beachten, dass der Kläger juristischer Laie sei und aufgrund der Ähnlichkeit beider Bescheide der Meinung gewesen sei, dass es sich hierbei um keinen separaten Verwaltungsakt gehandelt habe. Diese Einschätzung sei durchaus nachvollziehbar, denn die Bescheide unter schieden sich im Aktenzeichen nur in einer Ziffer, sie trügen das gleiche Datum, die gleiche Adresse und hätten den identischen Inhalt. Die Bescheide unterschieden sich lediglich leicht im Tenor. Der juristische Laie könne nicht beurteilen, dass in diesem Fall ein separates Klageverfahren durchgeführt werden müsse, vor allem im Falle einer Ein Mann GmbH, bei der der juristische Laie oft die Unterscheidung der beiden Rechtssubjekte nicht wahrnehme. Den Kläger treffe somit kein Verschulden an der Fristversäumnis, da er keine Kenntnis von der Zustellung eines eigenständigen Bescheides gegen ihn persönlich gehabt habe und erst durch den Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2016 hiervon Kenntnis erlangt habe. Hierüber habe der Bevollmächtigte des Klägers den Kläger telefonisch am 13. Juni 2016 unterrichtet. Dem Kläger sei kein Schuldvorwurf zu machen. Bei juristischen Laien sei der Sorgfaltsmaßstab geringer anzusetzen. Das Verhalten der Mitarbeiterin, einer Hilfsperson des Klägers, sei dem Kläger nicht zuzurechnen. Ein Verschulden des Klägers liege auch nicht bei einer Sorgfaltspflichtverletzung bei der Auswahl seiner Hilfsperson vor, da die Mitarbeiterin seit Jahren absolut zuverlässig und ordentlich arbeite. Zudem sei der Beklagte verpflichtet gewesen, im Rahmen des Akteneinsichtsgesuches zumindest beide Akten zur Verfügung zu stellen, insbesondere auch deshalb, da Fälle dieser Art oftmals in einer Akte geführt würden. Wäre nur eine Akte geführt worden, wäre selbstverständlich der zweite Bescheid sofort aufgefallen.

Mit der Klageschrift legte der Kläger Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen vor. Rückstände bezüglich der Beitragszahlungen bestehen demzufolge nicht.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 29. Juli 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass dem Kläger ausweislich der Zustellungsurkunde der streitgegenständliche Bescheid durch Übergabe an eine in der „... GmbH“ beschäftigte Person am 8. April 2016 unter der Anschrift, übergeben und damit wirksam zugestellt worden sei. Der Bescheid sei darüber hinaus mit einer ausdrücklichen Belehrung über die einmonatige Klagefrist ab Zustellung versehen. Die Klagefrist habe damit mit Ablauf des 9. Mai 2016 geendet. Sofern vorgetragen werde, dass die Gewerbeuntersagungsverfügung gegen den Kläger einen komplett identischen Inhalt habe, bei dem im Wesentlichen lediglich die Bezeichnung des Betroffenen ausgetauscht worden sei, könne dem nicht gefolgt werden. Der Kläger hätte als Geschäftsführer der GmbH allein schon aufgrund des Umstands, dass sämtlicher, während des Verfahrens erfolgter Schriftverkehr sich einmal gegen die Gesellschaft und einmal gegen ihn selbst als Geschäftsführer des Unternehmens unter der Verwendung eines jeweils eigenen Aktenzeichens gerichtet habe, erkennen können, dass es sich um zwei voneinander unabhängige Verfahren handele. Zudem treffe es nicht zu, dass beide Untersagungsverfügungen kausal miteinander zusammenhingen. Beide Verfahren könnten nach § 35 GewO unabhängig voneinander zum Abschluss gebracht werden. Daher könne sich der Klägervertreter auch nicht darauf berufen, dass eine reine formal juristische Trennung bei einer GmbH, gleich welcher Zahl an Gesellschaftern und Geschäftsführern, die verwaltungsgerichtliche Auswirkung haben müsse, dass beide Bescheide stets nur zusammen bestandskräftig sein könnten. Bei der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags des Klägervertreters fehle es allein schon an einer schlüssigen Darstellung und Belegung, wann die angeblichen Hinderungsgründe zur fristgerechten Einreichung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand tatsächlich entfallen sind und ob die Antragstellung dadurch innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgte. Die Abwesenheit des Geschäftsführers im Ausland sei nicht durch Nachweise wie Reiseunterlagen belegt. Zudem sei es dem Kläger laut den Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers zwischen dem 19. April 2016 bis zum 5. Mai 2016 möglich gewesen, sowohl seine geschäftlichen als auch privaten postalischen Unterlagen zu sichten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger als angeblicher juristischer Laie den von ihm ohnehin schon beauftragten Bevollmächtigten nicht umgehend über das Schreiben informiert und dessen Rechtsrat eingeholt habe, insbesondere, wenn sich ihm die Bedeutung des an ihn persönlich adressierten Schriftstückes nicht ohne weiteres erschlossen habe. Daher sei auch nicht feststellbar, zu welchem Zeitpunkt das geltend gemachte Hindernis im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO tatsächlich weggefallen sei. Dass der Kläger als juristischer Laie dem an ihn gerichteten Bescheid keine Bedeutung zugemessen habe, stelle keinen Versäumnisgrund dar. Es lasse sich nicht nachvollziehen, warum der Kläger das an ihn persönlich gerichtete Schreiben lediglich als Zweitschrift der gegen die GmbH erlassenen Untersagungsverfügung gehalten haben solle. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass auf Seite 10 der Begründung des Bescheids angesprochen werde, dass mit Bescheid des ... vom 7.4.2016, ..., gegen die ... GmbH ebenfalls eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen worden sei. Dies stelle auch gegenüber einer juristisch nicht vorgebildeten Person eine deutliche Klarstellung dar, dass zwei separate Verfügungen ergangen seien. Der Kläger sei auch nicht unerfahren oder unbeholfen. Er sei vielmehr seit 37 Jahren geschäftlich und insbesondere international tätig. Zudem sollte gerade der Geschäftsführer einer E.in M.ann GmbH die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter kennen, da er diese gesellschaftliche Gestaltung selbst gewählt habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die Mitarbeiterin beide Schreiben unterschiedlich behandelt habe. Allein schon der Umstand, dass beide Schreiben förmlich zugestellt worden seien, lege nahe, dass das ungeöffnete Schriftstück an den Kläger beim geöffneten Schriftstück an die GmbH zur Kenntnis belassen werden sollte, statt es dem Kläger unerwähnt auf dem Schreibtisch zu hinterlassen. Es sei zudem zweifelhaft, ob die Mitarbeiterin die Stellung einer Hilfsperson im Sinne des § 60 VwGO inne habe, derer sich der Kläger die zur Wahrnehmung verfahrensrechtlicher Aufgaben in Bezug auf den gegen ihn erlassenen Bescheid bedient habe, weshalb ihm ein Verschulden über § 85 Abs. 2 ZPO nicht zugerechnet werden könne, da sich diese Vorschrift nicht auf diesen Personenkreis beziehe. Der Bevollmächtigte des Klägers habe gegenüber dem ... lediglich die Vertretung der ... GmbH angezeigt, nicht jedoch die Vertretung des Geschäftsführers selbst. Daher habe für das ... auch kein Anlass bestanden, im Rahmen des Akteneinsichtsgesuchs für die * GmbH auch die separat geführte Akte im eigenständigen Verfahren gegen den Kläger zur Verfügung zu stellen. Für den Bevollmächtigten hätte naheliegend gewesen sein müssen, dass eine weitere Untersagungsverfü-gung erlassen worden sein könnte, da ihm die Möglichkeiten von Untersagungen nach § 35 GewO wohl bekannt seien. Es sei überdies auch aus dem Bescheid gegen die GmbH ersichtlich, dass von einer Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen werde. Dem Kläger sei deshalb die Einhaltung der Frist zumutbar gewesen.

Mit Schreiben vom 12. August 2016 und 4. Oktober 2016 vertiefte der Kläger sein Vorbringen und legte eine betriebswirtschaftliche Auswertung der Gesellschaft des Klägers sowie weitere Nachweise vor.

Am 8. Dezember 2016 fand mit dem Verfahren Au 5 K 16.709 die gemeinsame mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage stellt sich bereits als unzulässig dar.

1. Der Kläger hat die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO von einem Monat nach Bekanntgabe bzw. Zustellung des Verwaltungsakts nicht eingehalten. Der Bescheid des Beklagten vom 7. April 2016 war mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung:versehen, die den Kläger auf die Möglichkeit der Erhebung der Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg als statthaften Rechtsbehelf hinwies. Dieser Bescheid ist dem Kläger ausweislich der vorgelegten Behördenakten mittels Postzustellungsurkunde am Freitag, dem 8. April 2016 zugestellt worden. Damit war Fristende gemäß § 57 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am 8. Mai 2016. Da es sich dabei um einen Sonntag handelt, verschiebt sich das Fristende gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. 222 Abs. 2 ZPO auf den nächsten Werktag. Die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist damit am 9. Mai 2016 um 0 Uhr abgelaufen. Die Klageerhebung am 17. Juni 2016 erfolgte nicht mehr innerhalb der Klagefrist.

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz VwGO ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die versäumte Handlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Bei Nachholung der Handlung kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO).

Der Kläger hat die versäumte Handlung - hier die Klageerhebung - zwar nachgeholt, es ist jedoch kein Grund für eine Wiedereinsetzung gegeben. Dem Kläger ist ein Verschulden bei der Nichteinhaltung der Frist anzulasten.

Für das Verschulden bezüglich der Fristwahrung kommt es darauf an, ob der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalles auch zumutbar war (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 60 Rn. 9). Auch Fahrlässigkeit schließt eine Wiedereinsetzung aus.

Nach diesen Maßstäben liegt ein Verschulden des Klägers vor. Auf ein etwaiges Verschulden der Mitarbeiterin des Klägers ist hierbei nicht einzugehen, da der Kläger nach eigenem Vortrag zumindest im Zeitraum seiner Anwesenheit vom 18. April 2016 bis 6. Mai 2016 die Möglichkeit der Kenntnisnahme beider Schreiben hatte. Dass er die Relevanz des an ihn persönlich gerichteten Schreibens falsch einschätzte, muss nach Auffassung der Kammer als fahrlässig gewertet werden. Auch ein juristischer Laie muss nach den rechtlichen Fahrlässigkeitsmaßstäben die im Rechtsverkehr übliche Sorgfalt aufwenden, einen an ihn adressierten Bescheid zu beachten und aufmerksam zu lesen. Beide Bescheide wurden in separaten Umschlägen, jeweils mit einer eigenen Postzustellungsurkunde zugestellt. Weiterhin unterscheiden sich die Bescheide nicht nur hinsichtlich der Adressierung und des Aktenzeichens, vielmehr muss einem aufmerksamen Leser die unterschiedliche Tenorierung, insbesondere in Ziffer 2 der Bescheide auffallen. Bereits aus dem jeweiligen Tenor der Bescheide sind die inhaltlich unterschiedlichen Verfügungen ersichtlich. Diesbezüglich sind keinerlei rechtliche Kenntnisse erforderlich. Schon rein optisch ist anhand Ziffer 2 der Bescheide ein Unterschied deutlich erkennbar, so dass nicht von einer zweifachen Ausfertigung ausgegangen werden kann. In der Begründung des an die ... GmbH gerichteten Bescheides wird zudem auf die eigenen Steuerschulden und die Straftat des Geschäftsführers Bezug genommen. Die Begründung der Bescheide unterscheidet sich insgesamt und durchgängig an vielen Stellen und nicht nur hinsichtlich der Bezeichnung des jeweiligen Adressaten. Weiterhin ergibt sich das ersichtliche Vorliegen zweier Untersagungsverfahren schon hinsichtlich der bereits vor Bescheidserlass erfolgten Anhörungsschreiben, die für jedes Verfahren separat, sowohl an den Kläger selbst als auch an die GmbH gerichtet, ergingen. Damit war den Kläger bereits vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids deutlich erkennbar, dass zwei Gewerbeuntersagungsverfahren nebeneinander betrieben werden, von denen eines ihn persönlich betrifft. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Kläger entgegen des Vortrags seines Bevollmächtigten nicht um einen gänzlich unerfahrenen Bürger, sondern um einen international tätigen Gewerbetreibenden handelt, der den Umgang mit rechtlich relevanten Schriftstücken gewohnt ist.

c) Damit kann offen bleiben, ob die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses eingehalten wurde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Bescheid vom 7. April 2016 (Az. 34-8221.4-71/14) untersagte das Landratsamt Neu-Ulm der H … GmbH, deren einziger Geschäftsführer der Kläger ist, die Ausübung näher bezeichneter Gewerbe sowie jegliche weitere selbständige, von § 35 Abs. 1 GewO erfasste gewerbliche Tätigkeit. Der Bescheid, der an die H … GmbH, vertreten durch den Kläger als Geschäftsführer dieser Gesellschaft, W …straße 8, I …, adressiert ist und für den das Landratsamt Zustellung gegen Postzustellungsurkunde verfügt hatte, wurde am 8. April 2016 ausweislich der Angaben auf der Postzustellungsurkunde der im Geschäftsraum der H* … GmbH beschäftigten Frau K … übergeben.

Durch weiteren Bescheid vom 7. April 2016 (Az. 34-8221.4-72/14) untersagte das Landratsamt dem Kläger persönlich die selbständige Ausübung der gleichen Gewerbe wie der H … GmbH, ferner die Ausübung jeder weiteren von § 35 Abs. 1 GewO erfassten selbständigen gewerblichen Tätigkeit sowie Tätigkeiten als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als Betriebsleiter eines Gewerbebetriebs mit Ausnahme einer Tätigkeit als fachlich-technischer Leiter eines Handwerksbetriebs im Sinn von § 7 Abs. 1 HwO in der Stellung als Arbeitnehmer in einem Betrieb, dessen Inhaber die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Dieser Bescheid, der an den Kläger persönlich - ebenfalls unter Angabe der Adresse W …straße 8, I … - adressiert ist und auch mittels Postzustellungsurkunde zuzustellen war, wurde durch den Zustellbediensteten der Post am 8. April 2016 gleichfalls Frau K … übergeben.

Die am 6. Mai 2016 gegen den die H … GmbH betreffenden Untersagungsbescheid erhobene Anfechtungsklage wies das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg durch Urteil vom 8. Dezember 2016 (Az. Au 5 K 16.709), im Rubrum berichtigt durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Februar 2017, als unbegründet ab. Der Antrag der H … GmbH, gegen dieses Urteil die Berufung zuzulassen, ist vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 22 ZB 17.244 anhängig.

Im Verfahren Au 5 K 16.709 wies das Landratsamt das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 2. Juni 2016 auf den gegen den Kläger am 7. April 2016 persönlich erlassenen Bescheid sowie auf die unterbliebene Erhebung einer Anfechtungsklage hiergegen hin.

Nach Zuleitung dieses Schreibens an die Bevollmächtigten der H … GmbH durch das Verwaltungsgericht machten diese mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016 geltend, die von der H … GmbH erhobene Klage sei so auszulegen, dass sie sich auch gegen den Bescheid vom 7. April 2016 mit dem Aktenzeichen 34-8221.4-72/14 richte. Sollte das Verwaltungsgericht diese Auffassung nicht teilen, werde die Klage ausdrücklich auch gegen den letztgenannten Bescheid gerichtet. Gleichzeitig beantragten die Klagebevollmächtigten, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Klagefrist zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage des Klägers durch Urteil vom 8. Dezember 2016 (Au 5 K 16.894) als unzulässig ab, da die Klagefrist hinsichtlich des ihn persönlich betreffenden Bescheids am 9. Mai 2016 abgelaufen sei und ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden könne, da er die Klagefrist schuldhaft nicht eingehalten habe.

Der Kläger beantragt, gegen dieses Urteil die Berufung zuzulassen, da ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden.

II.

Über den Antrag auf Zulassung der Berufung konnte ohne Anhörung des Beklagten entschieden werden, da sich aus der Begründung dieses Rechtsbehelfs (vgl. zur Maßgeblichkeit der darin enthaltenen Darlegungen § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen des einzigen Zulassungsgrundes, auf den sich der Kläger stützt, vorliegen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage vielmehr zweifelsfrei zutreffend als unzulässig abgewiesen, da der Kläger die einmonatige Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) nicht eingehalten hat und ihm keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.

1. Die angefochtene Entscheidung geht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Klagefrist jedenfalls vor dem 17. Juni 2016 abgelaufen war. Ob auch der den Kläger persönlich betreffende Untersagungsbescheid - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - spätestens am 9. Mai 2016 hätte gerichtlich angegriffen werden müssen, oder ob die Klagefrist insoweit erst am 18. Mai 2016 endete, kann im Rahmen des vorliegenden Beschlusses auf sich beruhen, da im konkreten Fall hiervon keine rechtlichen Folgen abhängen.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht davon abgesehen, auf die Frage einzugehen, ob ein Bescheid, der - wie vorliegend der Fall - den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung persönlich (d.h. nicht in seiner Eigenschaft als Organ dieser juristischen Person) betrifft, ihm im Wege einer Ersatzzustellung gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (hier anzuwenden in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VwZVG) durch Übergabe an eine Person zugestellt werden kann, die in einem Geschäftsraum der Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigt ist. Sollte diese Frage jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn die Ersatzzustellung in „Geschäfts-“ und nicht nur in „Betriebsräumen“ der Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorgenommen wurde (so z.B. Häublein in MK zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 178 Rn. 19 m.w.N.; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 178 Rn. 16 m.w.N.), läge eine fehlerfreie Ersatzzustellung vor. Denn im dritten Absatz auf Seite 4 der Antragsbegründung vom 24. Februar 2017 hat der Kläger selbst vorgetragen, im Anwesen „W …straße 8“ in I … befänden sich die Büroräume der H* … GmbH, während die Produktionsstätte dieses Unternehmens in einem Nachbarort liege.

Nicht anders würde sich die Rechtslage darstellen, falls man die Ersatzzustellung von Schriftstücken, die für den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung persönlich bestimmt sind, an Beschäftigte dieser Gesellschaft in deren Geschäftsräumen dann zulässt, wenn der Name des Geschäftsführers - wie hier - in der Firma der Gesellschaft in Erscheinung tritt und er nach außen hin als Inhaber dieses Unternehmens - und nicht nur als dessen Angestellter - auftritt (so BVerwG, U.v. 9.10.1973 - V C 110.72 - BVerwGE 44, 104/107 f.). Auch die letztgenannte Voraussetzung ist hier erfüllt, da der Kläger selbst von einer „rein formal juristischen Trennung bei der E. GmbH zwischen Geschäftsbetrieb und Geschäftsführer“ gesprochen hat (Seite 3 oben des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 17.6.2016), er und die H … GmbH ferner einen gemeinsamen Briefkasten benutzen würden (Seite 3 unten des gleichen Schriftsatzes) und er in der Antragsbegründung geltend macht, der im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Bescheid würde zehn Arbeitsplätze sowie die Lebensgrundlage von zehn Familien vernichten: Obgleich die unter dem Aktenzeichen 34-8221.4-72/14 verfügte Gewerbeuntersagung keine Regelung der gewerblichen Betätigung der H … GmbH zum Gegenstand hat, geht auch dieses Vorbringen des Klägers erkennbar davon aus, dass es sich bei den Beschäftigten der H … GmbH um „seine“ Arbeitnehmer handele, und dass er selbst, nicht aber die H … GmbH ihnen Arbeitsplätze zur Verfügung stelle.

In Lauf gesetzt worden wäre die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO aber auch dann, falls der Auffassung zu folgen sein sollte, eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO dürfe nur in Geschäftsräumen des Zustelladressaten selbst vorgenommen werden (so z.B. BGH, B.v. 16.4.1986 - VIII ZB 26/85 - BGHZ 97, 341/343; OLG Brandenburg, B.v. 9.10.1995 - 7 W 16/95 - juris Rn. 6; OLG Nürnberg, B.v. 30.6.1998 - 1 W 1666/98 - MDR 1998, 1369; LAG Frankfurt a. M., B.v. 6.10.2006 - 4 Ta 435/06 - juris Rn. 5 f.). Auf der Grundlage dieses Rechtsstandpunkts wäre die Bekanntgabe des vorliegend verfahrensgegenständlichen Bescheids zwar unter Verstoß gegen zwingende Zustellungsvorschriften erfolgt. Dieser Umstand wäre gemäß Art. 9 VwZVG jedoch dadurch geheilt worden, dass dem Kläger der ihn betreffende Bescheid tatsächlich zugegangen ist. Ein „tatsächlicher Zugang“ im Sinn dieser Norm liegt vor, wenn die Person, für die das Dokument bestimmt ist, den Besitz hieran erlangt hat und ihr eine Kenntnisnahme zuverlässig möglich war (Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand März 2013, Art. 9 VwZVG Anm. III.2). Art. 9 VwZVG lässt die Heilung einer fehlerhaften Zustellung damit unter den gleichen Voraussetzungen eintreten wie sie die - mit dieser Bestimmung weitgehend wortgleich übereinstimmende - Vorschrift des § 189 ZPO aufstellt. Danach ist ein Dokument dann zugegangen, wenn es dergestalt in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, dass er Gelegenheit zur Kenntnisnahme besaß (BGH, U.v. 23.11.1977 - VIII ZR 107/76 - MDR 1978, 487 zu der mit § 189 ZPO heutiger Fassung der Sache nach inhaltsgleichen Vorschrift des § 187 Satz 1 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung). Das Gesetz stellt insoweit auf den Gedanken der Zweckerreichung ab (BGH, U.v. 23.11.1977, a.a.O.); die Rechtsfolgen, die durch die förmliche Zustellung ausgelöst werden sollten, treten danach in dem Zeitpunkt ein, in dem der Zweck der förmlichen Zustellung durch den Zugang des Schriftstücks erreicht wurde (BGH, U.v. 23.11.1977, a.a.O.). Da die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme genügt, hängt die Heilungswirkung des § 189 ZPO nicht davon ab, ob und wann der Betroffene das Dokument tatsächlich liest (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, § 189 Rn. 5).

Nach der Darstellung im Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 17. Juni 2016, die mit den Angaben in den eidesstattlichen Versicherungen von Frau K … vom 16. Juni 2016 und des Klägers vom 21. Juni 2016 übereinstimmt, hat Frau K … am 8. April 2016 nur den an die H* … GmbH gerichteten Bescheid geöffnet und ihn per E-Mail an den damals auf Geschäftsreise befindlichen Kläger weitergeleitet. Den Bescheid, der den Kläger selbst betrifft, habe sie ungeöffnet auf dessen Schreibtisch gelegt. Der Kläger habe diesen Bescheid nach seiner am 18. April 2016 erfolgten Rückkehr von der Geschäftsreise an einem ihm nicht mehr bekannten Zeitpunkt geöffnet, ihn aber nicht weiter beachtet, da er der Meinung gewesen sei, es handele sich um den gleichen Bescheid wie derjenige, der gegenüber der H … GmbH erlassen wurde. In der Begründung des Zulassungsantrags behauptete der Kläger demgegenüber, Frau K … habe auch den ihn betreffenden Bescheid geöffnet und ihn „auf die allgemeine Geschäftspost“ bzw. „in den allgemeinen Posteingang der H … GmbH“ gelegt.

Es bedarf in vorliegendem Zusammenhang keiner Entscheidung, welche dieser beiden Versionen als glaubhaft angesehen werden kann. Denn der Geschäftsführer einer Gesellschaft für beschränkte Haftung erlangt Besitz an Schriftstücken, die - geöffnet oder ungeöffnet - auf seinen Schreibtisch gelegt werden.

Wie das Schicksal des ebenfalls am 8. April 2016 zugestellten, gegenüber der H … GmbH erlassenen Bescheids zeigt, hätte für den Kläger bereits an diesem Tag ohne weiteres die Möglichkeit bestanden, von der ihn selbst betreffenden Gewerbeuntersagung Kenntnis zu nehmen, wenn er seine Sekretärin angewiesen hätte, ihm auch diesen Verwaltungsakt per E-Mail an seinen Aufenthaltsort zu übermitteln, oder falls die Sekretärin aus eigenem Entschluss so verfahren wäre. Gerade bei Personen, die - wie beim Kläger der Fall - ein international tätiges Unternehmen leiten, sind derartige Formen der Weiterleitung von Unterlagen unter Nutzung der Möglichkeiten, die die Telekommunikationstechnik eröffnet, bereits seit mehreren Jahren derart verbreitet, dass nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist, dass sie von wichtigen Schriftstücken, die in ihrem Geschäftslokal eingehen, auch während einer Geschäftsreise Kenntnis erlangen. Dies gilt umso mehr, als die Rechtsprechung schriftliche Erklärungen, die einem Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt an seiner Heimatadresse zugestellt werden, an dem er sich im Urlaub oder im Ausland in Haft befindet, als im Sinn von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB „zugegangen“ ansieht (vgl. grundlegend BAG, U.v. 16.3.1988 - 7 AZR 587/87 - NJW 1989, 606, ferner BAG, U.v. 2.3.1989 - 2 AZR 275/88 - NJW 1989, 2213 sowie allgemein zum Zugang von Willenserklärungen, die während des Urlaubs des Adressaten in dessen häuslichen oder geschäftlichen Machtbereich gelangt sind, in dem Zeitpunkt, in dem die „objektive Möglichkeit zur Kenntniserlangung im abstrakten Sinn“ bestand, BGH, U.v. 21.1.2004 - XII ZR 214/00 - NJW 2004, 1320). Da zugunsten des Geschäftsführers eines international tätigen Unternehmens keine milderen Maßstäbe gelten können, wäre vom Eintritt der Heilungswirkung nach Art. 9 VwZVG vorliegend bereits am 8. April 2016 mit der Folge auszugehen, dass die Klagefrist, wie das Verwaltungsgericht dies angenommen hat, am Folgetag in Lauf gesetzt worden wäre und am 9. Mai 2016 geendet hätte.

Ohne Auswirkungen auf das „Ob“ der Heilung eines ggf. unterlaufenen Zustellungsfehlers, sondern nur auf die zutreffende Beantwortung der Frage, wann die Klagefrist in Gang gesetzt wurde, wäre es, falls es für den Eintritt der in Art. 9 VwZVG bezeichneten Rechtsfolge nicht ausreichen sollte, dass für den „richtigen“ Zustellungsadressaten unter gewöhnlichen Umständen Gelegenheit zur Kenntnisnahme bestand, sondern insoweit zu fordern sein sollte, dass er das zuzustellende Dokument „in den Händen hält“ (so BFH, B.v. 6.5.2014 - GrS 2/13 - NJW 2014, 2524/2527). Diese Voraussetzung wäre jedenfalls am 18. April 2016 erfüllt gewesen, da der Kläger eigener Darstellung zufolge an diesem Tag von seiner Geschäftsreise in die Golf-Emirate zurückgekehrt ist; die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO hätte in diesem Fall erst mit Ablauf des 18. Mai 2016 geendet. Auf die Frage, wann er von dem ihn persönlich betreffenden Untersagungsbescheid tatsächlich Kenntnis genommen hat, kommt es auch bei Zugrundelegung dieser Auffassung, die das Kriterium des „tatsächlichen Zugangs“ im Sinn von § 189 ZPO (und ggf. vergleichbarer Heilungsvorschriften wie Art. 9 VwZVG) enger fasst als das für die Bejahung eines Zugangs nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlich ist, nicht an.

2. Aus der Begründung des Zulassungsantrags ergeben sich keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand deshalb zu Recht verweigert hat, weil die unterbliebene rechtzeitige Klageerhebung entgegen § 60 Abs. 1 VwGO als von ihm verschuldet angesehen werden muss.

Im Schriftsatz vom 24. Februar 2017 macht er geltend, Frau K … habe den ihn persönlich betreffenden Untersagungsbescheid geöffnet in einen Stapel mit Geschäftspost gelegt, die die H* … GmbH betroffen habe. Nach Rückkehr aus dem Ausland habe er „wie üblich den Stapel Briefe nur oberflächlich“ durchgesehen. Angesichts des großen Umfangs dieses Stapels sowie deshalb, weil ihn seine Sekretärin nicht darauf hingewiesen habe, dass der ihn betreffende Bescheid mit einer gesonderten Postzustellungsurkunde übersandt worden sei, sich beide Bescheide ferner äußerlich kaum voneinander unterscheiden würden, sei ihm die Bedeutung der ihn persönlich betreffenden Untersagungsverfügung entgangen.

Bereits dieses Vorbringen rechtfertigt die Aussage, dass den Kläger ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Klagefrist hinsichtlich des Bescheids mit dem Aktenzeichen 34-8221.4-72/14 trifft. Denn der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der Geschäftspost üblicherweise nur oberflächlich durchsieht, wie der Kläger das in Bezug auf sein Verhalten ausdrücklich einräumt, lässt jene Sorgfalt außer Acht, die für eine gewissenhafte, ihre Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmende Person im Hinblick auf die Einhaltung von Fristen geboten ist und die ihr nach den Gesamtumständen des konkreten Falles zuzumuten ist (vgl. zu diesem Maßstab für die Entscheidung der Frage, ob einem Rechtsschutzsuchenden ein Verschulden zur Last fällt, das einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegensteht, Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 60 Rn. 9 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Vorliegend besteht zwar die Besonderheit, dass in den Monaten April und Mai 2016 noch kein gerichtliches Verfahren anhängig war, das eine den Kläger persönlich betreffende Gewerbeuntersagung zum Gegenstand hatte. Was das Maß der von ihm zu fordernden Sorgfalt anbetrifft, musste er damit nicht jenen Anforderungen genügen, die eine Person treffen, die bereits an einem Rechtsstreit beteiligt ist. Es steht vielmehr der erstmalige „Zugang zum Gericht“ als solcher inmitten, der nicht durch zu strenge, sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Anforderungen erschwert werden darf. Andererseits bestand für den Kläger deswegen Anlass, sowohl die Geschäftsals auch die ihn persönlich betreffende Post sorgfältig daraufhin durchzusehen, ob sie für seine wirtschaftliche Existenz bedeutsame Schriftstücke enthält, weil er - und zwar gerade in zeitlicher Nähe zum Erhalt des die H* … GmbH betreffenden Untersagungsbescheids - mit einer Gewerbeuntersagung auch in Bezug auf seine eigene Person konkret rechnen musste.

Das Landratsamt hat vor Erlass der Bescheide vom 7. April 2016 jeweils zeitgleich sowohl an die H … GmbH als auch an den Kläger selbst vier Anhörungsschreiben gerichtet; sie datieren vom 25. Februar 2015, vom 16. April 2015, vom 21. August 2015 und vom 12. Oktober 2015. Soweit sie die H* … GmbH betrafen, tragen sie das Aktenzeichen 34-8221.4-71/14, soweit sie dazu dienten, dem Kläger eine Stellungnahme hinsichtlich einer gegen ihn persönlich zu richtenden Gewerbeuntersagung zu ermöglichen, das Aktenzeichen 34-8221.4-72/14. Bereits aufgrund der Duplizität dieser Zuleitungen konnte auch für eine auf rechtlichem Gebiet unbewanderte Person kein Zweifel daran bestehen, dass das Landratsamt parallel zueinander zwei Untersagungsverfahren betrieb; erst recht musste dies für den Geschäftsführer einer international tätigen Kapitalgesellschaft wie den Kläger erkennbar sein. Denn keine Behörde versendet viermal hintereinander am gleichen Tag jeweils zwei Anhörungsschreiben in ein und derselben Angelegenheit. Überdies ergab sich bereits aus dem Inhalt der Zuleitungen vom 25. Februar 2015 deutlich, dass das Landratsamt eine Gewerbeuntersagung zum einen gegen die H* … GmbH, zum anderen gegen den Kläger als natürliche Person in Aussicht nahm. In dem Schreiben, das seinerzeit an die H* … GmbH gerichtet wurde, hieß es u. a.:

„Der vorgenannte Sachverhalt lässt an der künftigen Zuverlässigkeit der ‚H … GmbH‘ zweifeln. Beim Landratsamt Neu-Ulm wurde deshalb ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet und es ist beabsichtigt, der Gesellschaft die selbständige Gewerbeausübung zu versagen.“

Im Anhörungsschreiben vom 25. Februar 2015, das an den Kläger in eigener Person gerichtet wurde, hat die Behörde demgegenüber u. a. ausgeführt:

„Der vorgenannte Sachverhalt lässt daher an Ihrer gewerblichen Zuverlässigkeit zweifeln. Beim Landratsamt Neu-Ulm wurde deshalb ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet und es ist beabsichtigt, Ihnen die selbständige Gewerbeausübung zu versagen.“

War für den Kläger aber während einer Zeitspanne von mehr als einem Jahr vor dem Erlass der Bescheide vom 7. April 2016 erkennbar, dass das Landratsamt nebeneinander ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen die von ihm geleitete Gesellschaft und ein weiteres derartiges Verwaltungsverfahren in Bezug auf seine eigene Person betrieb, so bestand für ihn dringender Anlass, sich nach dem Erhalt des die H … GmbH betreffenden Untersagungsbescheids sorgfältig darüber zu vergewissern, ob auch ihm selbst gegenüber ein derartiger Verwaltungsakt erlassen worden war. Mit dem Ergehen eines solchen Bescheids musste nicht nur angesichts der vier vorangegangenen, an den Kläger persönlich gerichteten Anhörungsschreiben gerechnet werden; vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Behörde beide Verwaltungsverfahren durchgängig parallel zueinander betrieben hatte, lag darüber hinaus die Annahme nahe, dass auch die diese Verfahren abschließenden Behördenentscheidungen (annähernd) zeitgleich ergehen würden. Eine gewissenhafte Durchsicht der eingehenden Post auf vom Landratsamt Neu-Ulm stammende Schriftstücke hin war deshalb für eine Person, die ihre Belange mit der gebotenen Sorgfalt wahrt, gerade im April 2016 unerlässlich.

Auf den Umstand, dass der Kläger angesichts der Vorgeschichte der beiden Bescheide vom 7. April 2016 konkret mit dem Erlass auch einer ihn persönlich betreffenden Gewerbeuntersagung rechnen musste, hat das Verwaltungsgericht auf Seite 10 des angefochtenen Urteils zutreffend hingewiesen. Der Kläger ist der Bedeutung dieses Umstandes für das Maß der von ihm zu fordernden Sorgfalt bei der Durchsicht des Posteinlaufs in der Antragsbegründung lediglich mit der Behauptung entgegengetreten, er könne sich nicht an ein separates Anhörungsschreiben erinnern. In der Nachbarschaft befinde sich eine „H … GmbH Verwertungen“, weswegen es sich nicht ausschließen lasse, dass ihm nicht der gesamte Schriftverkehr zugegangen sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils darzutun. Denn der Kläger hat auf die behördlichen Zuleitungen vom 25. Februar 2015 u. a. durch einen Anruf beim Landratsamt am 19. März 2015 reagiert; auf die Schreiben des Landratsamts vom 16. April 2015 hat er am 15. Mai 2015, auf diejenigen vom 21. August 2015 am 8. September 2015 und auf diejenigen vom 12. Oktober 2015 am 2. November 2015 mit jeweils von ihm eigenhändig unterzeichneten Briefen geantwortet. Wenn er in diesen drei Antwortschreiben stets nur das Aktenzeichen 34-8221.4-71/14 genannt hat, so folgt daraus nicht, dass ihm alle vier an ihn persönlich adressierten Anhörungsschreiben nicht zugegangen sind; denn für eine derartige Häufung postalischer Fehlleitungen (bei gleichzeitigem Erhalt aller vier die H … GmbH betreffenden Anhörungsschreiben) spricht nicht einmal eine entfernte Wahrscheinlichkeit.

Lediglich ergänzend ist vor diesem Hintergrund festzuhalten, dass das Vorbringen in der Antragsbegründung insoweit nicht als glaubhaft angesehen werden kann, als der Kläger nunmehr geltend macht, der ihn persönlich betreffende Bescheid vom 7. April 2016 habe sich in bereits geöffnetem Zustand in dem die H* … GmbH betreffenden Poststapel befunden. Diese Darstellung steht in offenkundigem Widerspruch zur Sachverhaltsschilderung in der Klageschrift vom 17. Juni 2016 sowie in der eidesstattlichen Versicherung von Frau K … vom 16. Juni 2016; dort wurde jeweils behauptet, Frau K … habe nur den an die H … GmbH adressierten Bescheid geöffnet, während sie den für den Kläger selbst bestimmten Brief ungeöffnet auf dessen Schreibtisch gelegt habe. Im Schriftsatz vom 17. Juni 2016 sowie in der vom 21. Juni 2016 stammenden eidesstattlichen Versicherung des Klägers wurde zusätzlich geltend gemacht, es sei der Kläger selbst gewesen, der an einem ihm nicht mehr bekannten Datum das ihn persönlich betreffende Schriftstück geöffnet habe.

Die Klagepartei hat nicht einmal im Ansatz erläutert, warum sie in der Begründung des Zulassungsantrags eine Behauptung aufstellt, die zu ihrem Vortrag im ersten Rechtszug, dessen Richtigkeit durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht wurde, in Gegensatz steht. Vor diesem Hintergrund könnte der Eindruck entstehen, dass durch die geänderte Sachverhaltsschilderung im Zulassungsverfahren das sinngemäße Argument des Verwaltungsgerichts entkräftet werden soll, der Kläger habe den im Verfahren 34-8221.4-72/14 erlassenen Bescheid auch deshalb nicht frei von Verschulden übersehen können, da beide Verwaltungsakte „in separaten Umschlägen, jeweils mit eigener Postzustellungsurkunde“ zugestellt worden seien (Seite 10 des angefochtenen Urteils). Zwar kommt der Postzustellungsurkunde in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu, da sie der Kläger nicht zu Gesicht bekam; sie ist seitens des Postunternehmens nach erfolgter Zustellung vielmehr an die absendende Stelle zurückzuleiten. Aussagekräftig ist jedoch der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die Besonderheit der Umschläge, in denen mittels Postzustellungsauftrags bekanntzugebende Schriftstücke versandt werden: Ihre auffallend gelbe Farbe steht der Annahme, ein hinreichend sorgfältiger Empfänger könne eine solche Sendung dann frei von Verschulden übersehen, wenn er sie nicht persönlich in Empfang nimmt, sondern er sie in einer größeren Menge anderer Schriftstücke vorfindet, zusätzlich entgegen. Ein nachträgliches, an die jeweilige Prozesslage angepasstes Vorbringen aber, durch das ein Verfahrensbeteiligter möglicherweise einen ihm ungünstigen Vorhalt in einer von ihm angefochtenen Entscheidung zu entkräften versucht, kann jedenfalls so lange nicht als glaubhaft anerkannt werden, als der Betroffene den Wechsel seiner eigenen tatsächlichen Einlassungen nicht plausibel erklärt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in der Nummer 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Bescheid vom 7. April 2016 (Az. 34-8221.4-71/14) untersagte das Landratsamt Neu-Ulm der H … GmbH, deren einziger Geschäftsführer der Kläger ist, die Ausübung näher bezeichneter Gewerbe sowie jegliche weitere selbständige, von § 35 Abs. 1 GewO erfasste gewerbliche Tätigkeit. Der Bescheid, der an die H … GmbH, vertreten durch den Kläger als Geschäftsführer dieser Gesellschaft, W …straße 8, I …, adressiert ist und für den das Landratsamt Zustellung gegen Postzustellungsurkunde verfügt hatte, wurde am 8. April 2016 ausweislich der Angaben auf der Postzustellungsurkunde der im Geschäftsraum der H* … GmbH beschäftigten Frau K … übergeben.

Durch weiteren Bescheid vom 7. April 2016 (Az. 34-8221.4-72/14) untersagte das Landratsamt dem Kläger persönlich die selbständige Ausübung der gleichen Gewerbe wie der H … GmbH, ferner die Ausübung jeder weiteren von § 35 Abs. 1 GewO erfassten selbständigen gewerblichen Tätigkeit sowie Tätigkeiten als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als Betriebsleiter eines Gewerbebetriebs mit Ausnahme einer Tätigkeit als fachlich-technischer Leiter eines Handwerksbetriebs im Sinn von § 7 Abs. 1 HwO in der Stellung als Arbeitnehmer in einem Betrieb, dessen Inhaber die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Dieser Bescheid, der an den Kläger persönlich - ebenfalls unter Angabe der Adresse W …straße 8, I … - adressiert ist und auch mittels Postzustellungsurkunde zuzustellen war, wurde durch den Zustellbediensteten der Post am 8. April 2016 gleichfalls Frau K … übergeben.

Die am 6. Mai 2016 gegen den die H … GmbH betreffenden Untersagungsbescheid erhobene Anfechtungsklage wies das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg durch Urteil vom 8. Dezember 2016 (Az. Au 5 K 16.709), im Rubrum berichtigt durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Februar 2017, als unbegründet ab. Der Antrag der H … GmbH, gegen dieses Urteil die Berufung zuzulassen, ist vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 22 ZB 17.244 anhängig.

Im Verfahren Au 5 K 16.709 wies das Landratsamt das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 2. Juni 2016 auf den gegen den Kläger am 7. April 2016 persönlich erlassenen Bescheid sowie auf die unterbliebene Erhebung einer Anfechtungsklage hiergegen hin.

Nach Zuleitung dieses Schreibens an die Bevollmächtigten der H … GmbH durch das Verwaltungsgericht machten diese mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016 geltend, die von der H … GmbH erhobene Klage sei so auszulegen, dass sie sich auch gegen den Bescheid vom 7. April 2016 mit dem Aktenzeichen 34-8221.4-72/14 richte. Sollte das Verwaltungsgericht diese Auffassung nicht teilen, werde die Klage ausdrücklich auch gegen den letztgenannten Bescheid gerichtet. Gleichzeitig beantragten die Klagebevollmächtigten, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Klagefrist zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage des Klägers durch Urteil vom 8. Dezember 2016 (Au 5 K 16.894) als unzulässig ab, da die Klagefrist hinsichtlich des ihn persönlich betreffenden Bescheids am 9. Mai 2016 abgelaufen sei und ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden könne, da er die Klagefrist schuldhaft nicht eingehalten habe.

Der Kläger beantragt, gegen dieses Urteil die Berufung zuzulassen, da ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden.

II.

Über den Antrag auf Zulassung der Berufung konnte ohne Anhörung des Beklagten entschieden werden, da sich aus der Begründung dieses Rechtsbehelfs (vgl. zur Maßgeblichkeit der darin enthaltenen Darlegungen § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen des einzigen Zulassungsgrundes, auf den sich der Kläger stützt, vorliegen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage vielmehr zweifelsfrei zutreffend als unzulässig abgewiesen, da der Kläger die einmonatige Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) nicht eingehalten hat und ihm keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.

1. Die angefochtene Entscheidung geht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Klagefrist jedenfalls vor dem 17. Juni 2016 abgelaufen war. Ob auch der den Kläger persönlich betreffende Untersagungsbescheid - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - spätestens am 9. Mai 2016 hätte gerichtlich angegriffen werden müssen, oder ob die Klagefrist insoweit erst am 18. Mai 2016 endete, kann im Rahmen des vorliegenden Beschlusses auf sich beruhen, da im konkreten Fall hiervon keine rechtlichen Folgen abhängen.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht davon abgesehen, auf die Frage einzugehen, ob ein Bescheid, der - wie vorliegend der Fall - den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung persönlich (d.h. nicht in seiner Eigenschaft als Organ dieser juristischen Person) betrifft, ihm im Wege einer Ersatzzustellung gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (hier anzuwenden in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VwZVG) durch Übergabe an eine Person zugestellt werden kann, die in einem Geschäftsraum der Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigt ist. Sollte diese Frage jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn die Ersatzzustellung in „Geschäfts-“ und nicht nur in „Betriebsräumen“ der Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorgenommen wurde (so z.B. Häublein in MK zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 178 Rn. 19 m.w.N.; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 178 Rn. 16 m.w.N.), läge eine fehlerfreie Ersatzzustellung vor. Denn im dritten Absatz auf Seite 4 der Antragsbegründung vom 24. Februar 2017 hat der Kläger selbst vorgetragen, im Anwesen „W …straße 8“ in I … befänden sich die Büroräume der H* … GmbH, während die Produktionsstätte dieses Unternehmens in einem Nachbarort liege.

Nicht anders würde sich die Rechtslage darstellen, falls man die Ersatzzustellung von Schriftstücken, die für den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung persönlich bestimmt sind, an Beschäftigte dieser Gesellschaft in deren Geschäftsräumen dann zulässt, wenn der Name des Geschäftsführers - wie hier - in der Firma der Gesellschaft in Erscheinung tritt und er nach außen hin als Inhaber dieses Unternehmens - und nicht nur als dessen Angestellter - auftritt (so BVerwG, U.v. 9.10.1973 - V C 110.72 - BVerwGE 44, 104/107 f.). Auch die letztgenannte Voraussetzung ist hier erfüllt, da der Kläger selbst von einer „rein formal juristischen Trennung bei der E. GmbH zwischen Geschäftsbetrieb und Geschäftsführer“ gesprochen hat (Seite 3 oben des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 17.6.2016), er und die H … GmbH ferner einen gemeinsamen Briefkasten benutzen würden (Seite 3 unten des gleichen Schriftsatzes) und er in der Antragsbegründung geltend macht, der im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Bescheid würde zehn Arbeitsplätze sowie die Lebensgrundlage von zehn Familien vernichten: Obgleich die unter dem Aktenzeichen 34-8221.4-72/14 verfügte Gewerbeuntersagung keine Regelung der gewerblichen Betätigung der H … GmbH zum Gegenstand hat, geht auch dieses Vorbringen des Klägers erkennbar davon aus, dass es sich bei den Beschäftigten der H … GmbH um „seine“ Arbeitnehmer handele, und dass er selbst, nicht aber die H … GmbH ihnen Arbeitsplätze zur Verfügung stelle.

In Lauf gesetzt worden wäre die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO aber auch dann, falls der Auffassung zu folgen sein sollte, eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO dürfe nur in Geschäftsräumen des Zustelladressaten selbst vorgenommen werden (so z.B. BGH, B.v. 16.4.1986 - VIII ZB 26/85 - BGHZ 97, 341/343; OLG Brandenburg, B.v. 9.10.1995 - 7 W 16/95 - juris Rn. 6; OLG Nürnberg, B.v. 30.6.1998 - 1 W 1666/98 - MDR 1998, 1369; LAG Frankfurt a. M., B.v. 6.10.2006 - 4 Ta 435/06 - juris Rn. 5 f.). Auf der Grundlage dieses Rechtsstandpunkts wäre die Bekanntgabe des vorliegend verfahrensgegenständlichen Bescheids zwar unter Verstoß gegen zwingende Zustellungsvorschriften erfolgt. Dieser Umstand wäre gemäß Art. 9 VwZVG jedoch dadurch geheilt worden, dass dem Kläger der ihn betreffende Bescheid tatsächlich zugegangen ist. Ein „tatsächlicher Zugang“ im Sinn dieser Norm liegt vor, wenn die Person, für die das Dokument bestimmt ist, den Besitz hieran erlangt hat und ihr eine Kenntnisnahme zuverlässig möglich war (Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand März 2013, Art. 9 VwZVG Anm. III.2). Art. 9 VwZVG lässt die Heilung einer fehlerhaften Zustellung damit unter den gleichen Voraussetzungen eintreten wie sie die - mit dieser Bestimmung weitgehend wortgleich übereinstimmende - Vorschrift des § 189 ZPO aufstellt. Danach ist ein Dokument dann zugegangen, wenn es dergestalt in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, dass er Gelegenheit zur Kenntnisnahme besaß (BGH, U.v. 23.11.1977 - VIII ZR 107/76 - MDR 1978, 487 zu der mit § 189 ZPO heutiger Fassung der Sache nach inhaltsgleichen Vorschrift des § 187 Satz 1 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung). Das Gesetz stellt insoweit auf den Gedanken der Zweckerreichung ab (BGH, U.v. 23.11.1977, a.a.O.); die Rechtsfolgen, die durch die förmliche Zustellung ausgelöst werden sollten, treten danach in dem Zeitpunkt ein, in dem der Zweck der förmlichen Zustellung durch den Zugang des Schriftstücks erreicht wurde (BGH, U.v. 23.11.1977, a.a.O.). Da die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme genügt, hängt die Heilungswirkung des § 189 ZPO nicht davon ab, ob und wann der Betroffene das Dokument tatsächlich liest (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, § 189 Rn. 5).

Nach der Darstellung im Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 17. Juni 2016, die mit den Angaben in den eidesstattlichen Versicherungen von Frau K … vom 16. Juni 2016 und des Klägers vom 21. Juni 2016 übereinstimmt, hat Frau K … am 8. April 2016 nur den an die H* … GmbH gerichteten Bescheid geöffnet und ihn per E-Mail an den damals auf Geschäftsreise befindlichen Kläger weitergeleitet. Den Bescheid, der den Kläger selbst betrifft, habe sie ungeöffnet auf dessen Schreibtisch gelegt. Der Kläger habe diesen Bescheid nach seiner am 18. April 2016 erfolgten Rückkehr von der Geschäftsreise an einem ihm nicht mehr bekannten Zeitpunkt geöffnet, ihn aber nicht weiter beachtet, da er der Meinung gewesen sei, es handele sich um den gleichen Bescheid wie derjenige, der gegenüber der H … GmbH erlassen wurde. In der Begründung des Zulassungsantrags behauptete der Kläger demgegenüber, Frau K … habe auch den ihn betreffenden Bescheid geöffnet und ihn „auf die allgemeine Geschäftspost“ bzw. „in den allgemeinen Posteingang der H … GmbH“ gelegt.

Es bedarf in vorliegendem Zusammenhang keiner Entscheidung, welche dieser beiden Versionen als glaubhaft angesehen werden kann. Denn der Geschäftsführer einer Gesellschaft für beschränkte Haftung erlangt Besitz an Schriftstücken, die - geöffnet oder ungeöffnet - auf seinen Schreibtisch gelegt werden.

Wie das Schicksal des ebenfalls am 8. April 2016 zugestellten, gegenüber der H … GmbH erlassenen Bescheids zeigt, hätte für den Kläger bereits an diesem Tag ohne weiteres die Möglichkeit bestanden, von der ihn selbst betreffenden Gewerbeuntersagung Kenntnis zu nehmen, wenn er seine Sekretärin angewiesen hätte, ihm auch diesen Verwaltungsakt per E-Mail an seinen Aufenthaltsort zu übermitteln, oder falls die Sekretärin aus eigenem Entschluss so verfahren wäre. Gerade bei Personen, die - wie beim Kläger der Fall - ein international tätiges Unternehmen leiten, sind derartige Formen der Weiterleitung von Unterlagen unter Nutzung der Möglichkeiten, die die Telekommunikationstechnik eröffnet, bereits seit mehreren Jahren derart verbreitet, dass nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist, dass sie von wichtigen Schriftstücken, die in ihrem Geschäftslokal eingehen, auch während einer Geschäftsreise Kenntnis erlangen. Dies gilt umso mehr, als die Rechtsprechung schriftliche Erklärungen, die einem Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt an seiner Heimatadresse zugestellt werden, an dem er sich im Urlaub oder im Ausland in Haft befindet, als im Sinn von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB „zugegangen“ ansieht (vgl. grundlegend BAG, U.v. 16.3.1988 - 7 AZR 587/87 - NJW 1989, 606, ferner BAG, U.v. 2.3.1989 - 2 AZR 275/88 - NJW 1989, 2213 sowie allgemein zum Zugang von Willenserklärungen, die während des Urlaubs des Adressaten in dessen häuslichen oder geschäftlichen Machtbereich gelangt sind, in dem Zeitpunkt, in dem die „objektive Möglichkeit zur Kenntniserlangung im abstrakten Sinn“ bestand, BGH, U.v. 21.1.2004 - XII ZR 214/00 - NJW 2004, 1320). Da zugunsten des Geschäftsführers eines international tätigen Unternehmens keine milderen Maßstäbe gelten können, wäre vom Eintritt der Heilungswirkung nach Art. 9 VwZVG vorliegend bereits am 8. April 2016 mit der Folge auszugehen, dass die Klagefrist, wie das Verwaltungsgericht dies angenommen hat, am Folgetag in Lauf gesetzt worden wäre und am 9. Mai 2016 geendet hätte.

Ohne Auswirkungen auf das „Ob“ der Heilung eines ggf. unterlaufenen Zustellungsfehlers, sondern nur auf die zutreffende Beantwortung der Frage, wann die Klagefrist in Gang gesetzt wurde, wäre es, falls es für den Eintritt der in Art. 9 VwZVG bezeichneten Rechtsfolge nicht ausreichen sollte, dass für den „richtigen“ Zustellungsadressaten unter gewöhnlichen Umständen Gelegenheit zur Kenntnisnahme bestand, sondern insoweit zu fordern sein sollte, dass er das zuzustellende Dokument „in den Händen hält“ (so BFH, B.v. 6.5.2014 - GrS 2/13 - NJW 2014, 2524/2527). Diese Voraussetzung wäre jedenfalls am 18. April 2016 erfüllt gewesen, da der Kläger eigener Darstellung zufolge an diesem Tag von seiner Geschäftsreise in die Golf-Emirate zurückgekehrt ist; die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO hätte in diesem Fall erst mit Ablauf des 18. Mai 2016 geendet. Auf die Frage, wann er von dem ihn persönlich betreffenden Untersagungsbescheid tatsächlich Kenntnis genommen hat, kommt es auch bei Zugrundelegung dieser Auffassung, die das Kriterium des „tatsächlichen Zugangs“ im Sinn von § 189 ZPO (und ggf. vergleichbarer Heilungsvorschriften wie Art. 9 VwZVG) enger fasst als das für die Bejahung eines Zugangs nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlich ist, nicht an.

2. Aus der Begründung des Zulassungsantrags ergeben sich keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand deshalb zu Recht verweigert hat, weil die unterbliebene rechtzeitige Klageerhebung entgegen § 60 Abs. 1 VwGO als von ihm verschuldet angesehen werden muss.

Im Schriftsatz vom 24. Februar 2017 macht er geltend, Frau K … habe den ihn persönlich betreffenden Untersagungsbescheid geöffnet in einen Stapel mit Geschäftspost gelegt, die die H* … GmbH betroffen habe. Nach Rückkehr aus dem Ausland habe er „wie üblich den Stapel Briefe nur oberflächlich“ durchgesehen. Angesichts des großen Umfangs dieses Stapels sowie deshalb, weil ihn seine Sekretärin nicht darauf hingewiesen habe, dass der ihn betreffende Bescheid mit einer gesonderten Postzustellungsurkunde übersandt worden sei, sich beide Bescheide ferner äußerlich kaum voneinander unterscheiden würden, sei ihm die Bedeutung der ihn persönlich betreffenden Untersagungsverfügung entgangen.

Bereits dieses Vorbringen rechtfertigt die Aussage, dass den Kläger ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Klagefrist hinsichtlich des Bescheids mit dem Aktenzeichen 34-8221.4-72/14 trifft. Denn der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der Geschäftspost üblicherweise nur oberflächlich durchsieht, wie der Kläger das in Bezug auf sein Verhalten ausdrücklich einräumt, lässt jene Sorgfalt außer Acht, die für eine gewissenhafte, ihre Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmende Person im Hinblick auf die Einhaltung von Fristen geboten ist und die ihr nach den Gesamtumständen des konkreten Falles zuzumuten ist (vgl. zu diesem Maßstab für die Entscheidung der Frage, ob einem Rechtsschutzsuchenden ein Verschulden zur Last fällt, das einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegensteht, Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 60 Rn. 9 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Vorliegend besteht zwar die Besonderheit, dass in den Monaten April und Mai 2016 noch kein gerichtliches Verfahren anhängig war, das eine den Kläger persönlich betreffende Gewerbeuntersagung zum Gegenstand hatte. Was das Maß der von ihm zu fordernden Sorgfalt anbetrifft, musste er damit nicht jenen Anforderungen genügen, die eine Person treffen, die bereits an einem Rechtsstreit beteiligt ist. Es steht vielmehr der erstmalige „Zugang zum Gericht“ als solcher inmitten, der nicht durch zu strenge, sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Anforderungen erschwert werden darf. Andererseits bestand für den Kläger deswegen Anlass, sowohl die Geschäftsals auch die ihn persönlich betreffende Post sorgfältig daraufhin durchzusehen, ob sie für seine wirtschaftliche Existenz bedeutsame Schriftstücke enthält, weil er - und zwar gerade in zeitlicher Nähe zum Erhalt des die H* … GmbH betreffenden Untersagungsbescheids - mit einer Gewerbeuntersagung auch in Bezug auf seine eigene Person konkret rechnen musste.

Das Landratsamt hat vor Erlass der Bescheide vom 7. April 2016 jeweils zeitgleich sowohl an die H … GmbH als auch an den Kläger selbst vier Anhörungsschreiben gerichtet; sie datieren vom 25. Februar 2015, vom 16. April 2015, vom 21. August 2015 und vom 12. Oktober 2015. Soweit sie die H* … GmbH betrafen, tragen sie das Aktenzeichen 34-8221.4-71/14, soweit sie dazu dienten, dem Kläger eine Stellungnahme hinsichtlich einer gegen ihn persönlich zu richtenden Gewerbeuntersagung zu ermöglichen, das Aktenzeichen 34-8221.4-72/14. Bereits aufgrund der Duplizität dieser Zuleitungen konnte auch für eine auf rechtlichem Gebiet unbewanderte Person kein Zweifel daran bestehen, dass das Landratsamt parallel zueinander zwei Untersagungsverfahren betrieb; erst recht musste dies für den Geschäftsführer einer international tätigen Kapitalgesellschaft wie den Kläger erkennbar sein. Denn keine Behörde versendet viermal hintereinander am gleichen Tag jeweils zwei Anhörungsschreiben in ein und derselben Angelegenheit. Überdies ergab sich bereits aus dem Inhalt der Zuleitungen vom 25. Februar 2015 deutlich, dass das Landratsamt eine Gewerbeuntersagung zum einen gegen die H* … GmbH, zum anderen gegen den Kläger als natürliche Person in Aussicht nahm. In dem Schreiben, das seinerzeit an die H* … GmbH gerichtet wurde, hieß es u. a.:

„Der vorgenannte Sachverhalt lässt an der künftigen Zuverlässigkeit der ‚H … GmbH‘ zweifeln. Beim Landratsamt Neu-Ulm wurde deshalb ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet und es ist beabsichtigt, der Gesellschaft die selbständige Gewerbeausübung zu versagen.“

Im Anhörungsschreiben vom 25. Februar 2015, das an den Kläger in eigener Person gerichtet wurde, hat die Behörde demgegenüber u. a. ausgeführt:

„Der vorgenannte Sachverhalt lässt daher an Ihrer gewerblichen Zuverlässigkeit zweifeln. Beim Landratsamt Neu-Ulm wurde deshalb ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet und es ist beabsichtigt, Ihnen die selbständige Gewerbeausübung zu versagen.“

War für den Kläger aber während einer Zeitspanne von mehr als einem Jahr vor dem Erlass der Bescheide vom 7. April 2016 erkennbar, dass das Landratsamt nebeneinander ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen die von ihm geleitete Gesellschaft und ein weiteres derartiges Verwaltungsverfahren in Bezug auf seine eigene Person betrieb, so bestand für ihn dringender Anlass, sich nach dem Erhalt des die H … GmbH betreffenden Untersagungsbescheids sorgfältig darüber zu vergewissern, ob auch ihm selbst gegenüber ein derartiger Verwaltungsakt erlassen worden war. Mit dem Ergehen eines solchen Bescheids musste nicht nur angesichts der vier vorangegangenen, an den Kläger persönlich gerichteten Anhörungsschreiben gerechnet werden; vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Behörde beide Verwaltungsverfahren durchgängig parallel zueinander betrieben hatte, lag darüber hinaus die Annahme nahe, dass auch die diese Verfahren abschließenden Behördenentscheidungen (annähernd) zeitgleich ergehen würden. Eine gewissenhafte Durchsicht der eingehenden Post auf vom Landratsamt Neu-Ulm stammende Schriftstücke hin war deshalb für eine Person, die ihre Belange mit der gebotenen Sorgfalt wahrt, gerade im April 2016 unerlässlich.

Auf den Umstand, dass der Kläger angesichts der Vorgeschichte der beiden Bescheide vom 7. April 2016 konkret mit dem Erlass auch einer ihn persönlich betreffenden Gewerbeuntersagung rechnen musste, hat das Verwaltungsgericht auf Seite 10 des angefochtenen Urteils zutreffend hingewiesen. Der Kläger ist der Bedeutung dieses Umstandes für das Maß der von ihm zu fordernden Sorgfalt bei der Durchsicht des Posteinlaufs in der Antragsbegründung lediglich mit der Behauptung entgegengetreten, er könne sich nicht an ein separates Anhörungsschreiben erinnern. In der Nachbarschaft befinde sich eine „H … GmbH Verwertungen“, weswegen es sich nicht ausschließen lasse, dass ihm nicht der gesamte Schriftverkehr zugegangen sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils darzutun. Denn der Kläger hat auf die behördlichen Zuleitungen vom 25. Februar 2015 u. a. durch einen Anruf beim Landratsamt am 19. März 2015 reagiert; auf die Schreiben des Landratsamts vom 16. April 2015 hat er am 15. Mai 2015, auf diejenigen vom 21. August 2015 am 8. September 2015 und auf diejenigen vom 12. Oktober 2015 am 2. November 2015 mit jeweils von ihm eigenhändig unterzeichneten Briefen geantwortet. Wenn er in diesen drei Antwortschreiben stets nur das Aktenzeichen 34-8221.4-71/14 genannt hat, so folgt daraus nicht, dass ihm alle vier an ihn persönlich adressierten Anhörungsschreiben nicht zugegangen sind; denn für eine derartige Häufung postalischer Fehlleitungen (bei gleichzeitigem Erhalt aller vier die H … GmbH betreffenden Anhörungsschreiben) spricht nicht einmal eine entfernte Wahrscheinlichkeit.

Lediglich ergänzend ist vor diesem Hintergrund festzuhalten, dass das Vorbringen in der Antragsbegründung insoweit nicht als glaubhaft angesehen werden kann, als der Kläger nunmehr geltend macht, der ihn persönlich betreffende Bescheid vom 7. April 2016 habe sich in bereits geöffnetem Zustand in dem die H* … GmbH betreffenden Poststapel befunden. Diese Darstellung steht in offenkundigem Widerspruch zur Sachverhaltsschilderung in der Klageschrift vom 17. Juni 2016 sowie in der eidesstattlichen Versicherung von Frau K … vom 16. Juni 2016; dort wurde jeweils behauptet, Frau K … habe nur den an die H … GmbH adressierten Bescheid geöffnet, während sie den für den Kläger selbst bestimmten Brief ungeöffnet auf dessen Schreibtisch gelegt habe. Im Schriftsatz vom 17. Juni 2016 sowie in der vom 21. Juni 2016 stammenden eidesstattlichen Versicherung des Klägers wurde zusätzlich geltend gemacht, es sei der Kläger selbst gewesen, der an einem ihm nicht mehr bekannten Datum das ihn persönlich betreffende Schriftstück geöffnet habe.

Die Klagepartei hat nicht einmal im Ansatz erläutert, warum sie in der Begründung des Zulassungsantrags eine Behauptung aufstellt, die zu ihrem Vortrag im ersten Rechtszug, dessen Richtigkeit durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht wurde, in Gegensatz steht. Vor diesem Hintergrund könnte der Eindruck entstehen, dass durch die geänderte Sachverhaltsschilderung im Zulassungsverfahren das sinngemäße Argument des Verwaltungsgerichts entkräftet werden soll, der Kläger habe den im Verfahren 34-8221.4-72/14 erlassenen Bescheid auch deshalb nicht frei von Verschulden übersehen können, da beide Verwaltungsakte „in separaten Umschlägen, jeweils mit eigener Postzustellungsurkunde“ zugestellt worden seien (Seite 10 des angefochtenen Urteils). Zwar kommt der Postzustellungsurkunde in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu, da sie der Kläger nicht zu Gesicht bekam; sie ist seitens des Postunternehmens nach erfolgter Zustellung vielmehr an die absendende Stelle zurückzuleiten. Aussagekräftig ist jedoch der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die Besonderheit der Umschläge, in denen mittels Postzustellungsauftrags bekanntzugebende Schriftstücke versandt werden: Ihre auffallend gelbe Farbe steht der Annahme, ein hinreichend sorgfältiger Empfänger könne eine solche Sendung dann frei von Verschulden übersehen, wenn er sie nicht persönlich in Empfang nimmt, sondern er sie in einer größeren Menge anderer Schriftstücke vorfindet, zusätzlich entgegen. Ein nachträgliches, an die jeweilige Prozesslage angepasstes Vorbringen aber, durch das ein Verfahrensbeteiligter möglicherweise einen ihm ungünstigen Vorhalt in einer von ihm angefochtenen Entscheidung zu entkräften versucht, kann jedenfalls so lange nicht als glaubhaft anerkannt werden, als der Betroffene den Wechsel seiner eigenen tatsächlichen Einlassungen nicht plausibel erklärt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in der Nummer 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin, die nach Aktenlage ukrainische Staatsangehörige ist, meldete bei der Beklagten am 6. November 2010 das damals behauptetermaßen in der W. H.-straße 66 in Nürnberg ausgeübte Gewerbe „Handel, An- und Verkauf, Im- und Export von gebrauchten Kraftfahrzeugen, Kfz-Zulassungsdienst“ an. Sie wendet sich im vorliegenden Rechtsstreit gegen die ihr gegenüber durch die Beklagte ausgesprochene, vor allem auf den Vorwurf des missbräuchlichen Ausgebens von Kurzzeitkennzeichen gestützte Untersagung dieses Gewerbes.

1. Einem im Heft 50 (Seite 47) des Jahrgangs 2014 der Zeitschrift „Der Spiegel“ erschienenen Artikel zufolge, der sich in den Akten des Verwaltungsgerichts befindet und auf den die Klägerin im Rahmen der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung ausdrücklich Bezug nimmt, hat die in Wiesloch ansässige Kraftfahrzeugzulassungsstelle im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in der Vergangenheit eine Vielzahl von mit der Buchstaben-Zahlen-Kombination „HD-04“ beginnende Kurzzeitkennzeichen (§ 16a FZV) ausgestellt, wobei sich diese Dienststelle damit begnügt habe, dass solche Kennzeichen per E-Mail beantragt wurden, der die Fotokopie eines Ausweises des Antragstellers beigefügt war. Bei diesen Dokumenten habe es sich häufig um solche gehandelt, die als verloren gemeldet gewesen seien oder im Ausland lebende Personen betroffen hätten. Ein in W. ansässiger Unternehmer habe allein im Jahr 2013 von der genannten Zulassungsstelle mehr als 100.000 derartige Kennzeichen bezogen. Diese Erteilungspraxis habe dazu geführt, dass sich bei Verkehrsdelikten oder (sonstigen) Straftaten bzw. anderen rechtswidrigen Handlungen, die unter Verwendung eines mit einem solchen Kurzzeitkennzeichen ausgestatteten Kraftfahrzeugs begangen wurden, der Täter oft nicht habe ermitteln lassen.

2. Am 1. August 2013 traf die Landespolizei in Nürnberg einen Herrn N. beim Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr an, das mit dem vom 31. Juli 2013 bis zum 4. August 2013 gültigen Kurzzeitkennzeichen HD-043833 versehen war. Hierbei handelte es sich nach den Feststellungen der Landespolizei um eines von 24 Kurzzeitkennzeichen, die das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in den Monaten Januar bis Juli 2013 zugunsten des weißrussischen, nach Aktenlage in Minsk lebenden Staatsangehörigen Aliaksandr M. ausgestellt hatte. Herr N. gab bei seiner polizeilichen Zeugeneinvernahme am 1. August 2013 schriftlich an, er habe das Kennzeichen HD-043833 am 31. Juli 2013 gegen 8.30 Uhr bei dem in der F.-straße 44 in Nürnberg ansässigen Zulassungsdienst „S.“ für 75,00 € gekauft. Es sei ihm „einfach so“ ohne weitere Erklärung ausgehändigt worden. Außerdem bekundete er, wie die Polizei ergänzend zu seiner schriftlichen Zeugenaussage festhielt, Herrn M. weder jemals getroffen zu haben noch ihn auch nur zu kennen.

Durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom 17. März 2014 (Az. 55 Cs 707 Js 61889/14) verhängte das Amtsgericht Nürnberg gegen die Klägerin wegen einer Straftat des missbräuchlichen Herstellens, Vertreibens oder Ausgebens von Kennzeichen (§ 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG) eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 50,00 €, da sie am 31. Juli 2013 im Rahmen ihres Gewerbebetriebs „Zulassungsdienst S.“ ohne vorherige Anzeige beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises das vorerwähnte Kurzzeitkennzeichen an Herrn N. ausgegeben habe.

3. Bereits am 26. Februar 2014 hatte das Amtsgericht Nürnberg gegen die Klägerin einen gleichfalls rechtskräftig gewordenen Strafbefehl erlassen, durch den gegen sie wegen eines weiteren Vergehens nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG eine Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen zu je 50,00 € verhängt wurde. Das Aktenzeichen dieses Strafbefehls lautet auf der Originalurkunde 55 Cs 707 Js 61550/14, in einem vom Bundesamt der Justiz über die Klägerin ausgestellten Führungszeugnis 7 Cs 707 Js 61550/14. Durch diese Entscheidung wurde geahndet, dass die Klägerin am 3. Juli 2013 im Büro ihres „Schilderdienstes“ ohne vorherige Anzeige beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises das Kurzzeitkennzeichen HD-043784 an einen Herrn Z. K. ausgegeben und es ihm gegen 100,00 € verkauft hatte.

4. Mit Schreiben vom 28. April 2014 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der vorstehend unter 2. dargestellte Sachverhalt erhebliche Bedenken hinsichtlich ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit begründe. Maßnahmen, die über die insoweit notwendigen Ermittlungen hinausgingen, könne sie dadurch vermeiden, dass sie im Rahmen ihrer Gewerbeausübung allen Verpflichtungen rechtzeitig und vollständig nachkomme. Gleichzeitig wurde die Klägerin aufgefordert, bis spätestens 14. Mai 2014 eine Gewerbeummeldung vorzunehmen, da sie ihre Betriebsstätte in die F.-straße verlegt habe.

Da die Klägerin der letztgenannten Aufforderung nicht nachkam, wurde sie mit Schreiben der Beklagten vom 10. Juni 2014 zur beabsichtigten Verhängung eines Bußgeldes wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 14 Abs. 1 i. V. m. § 146 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a GewO angehört. Sie äußerte sich weder hierzu noch nahm sie zunächst eine Gewerbeummeldung vor.

Ebenfalls unbeantwortet ließ sie ein Schreiben der Beklagten vom 2. Juli 2014, mit dem sie aufgefordert wurde, Auskünfte über bei ihr beschäftigte Personen und deren versicherungsrechtliche Verhältnisse zu erteilen. Gleiches gilt für ein Schreiben der Beklagten vom 30. Juli 2014, in dem sie zur beabsichtigten Gewerbeuntersagung angehört wurde, und den wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 i. V. m. § 146 Abs. 2 Nr. 2 GewO am 21. Juli 2014 erlassenen Bußgeldbescheid.

Nach dem Ergebnis der von der Beklagten im Rahmen des Gewerbeuntersagungsverfahrens durchgeführten Ermittlungen bestanden am 24. Juli 2014 keine die Klägerin betreffenden Steuerrückstände; jedoch hatte sie damals eine das Jahr 2012 betreffende Steuererklärung noch nicht abgegeben.

5. Durch Bescheid vom 4. September 2014 untersagte die Beklagte der Klägerin die Ausübung des angemeldeten Gewerbes und gab ihr unter Zwangsgeldandrohung dessen Einstellung ab der Bestandskraft des Bescheids unter Einräumung einer Abwicklungsfrist von einer Woche auf. Gestützt wurde die Untersagungsverfügung auf die Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 sowie darauf, dass sie sich beharrlich geweigert habe, ihrer gewerberechtlichen Meldepflicht nachzukommen, Auskünfte über ihren Gewerbebetrieb zu erteilen und Steuererklärungen abzugeben.

6. Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 8. Dezember 2015 als unbegründet ab.

Die Klägerin beantragt, gegen diese Entscheidung die Berufung zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus dem der Begründung dieses Rechtsbehelfs dienenden Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 22. März 2016 nicht ergibt, dass die von der Klägerin in Anspruch genommenen Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) versucht die Klägerin namentlich daraus herzuleiten, dass die Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 zu Unrecht ergangen seien.

a) Sie macht geltend, ihr früherer anwaltlicher Bevollmächtigter sei beauftragt gewesen, gegen diese beiden strafgerichtlichen Entscheidungen jeweils Einspruch einzulegen; das sei jedoch nicht geschehen. Über seine Untätigkeit habe er sie dadurch getäuscht, dass er ihr ein vom 26. März 2014 datierendes Schreiben vorgelegt habe, das die Einlegung eines sich auf den Strafbefehl vom 17. März 2014 beziehenden Einspruchs zum Inhalt gehabt habe; dieses Schriftstück sei indes nie bei Gericht eingereicht worden. Es sei in Aussicht genommen, die Strafbefehle zeitnah zum Gegenstand von Wiederaufnahmeanträgen zu machen; der Wiederaufnahmegrund ergebe sich aus der Untätigkeit des früheren Bevollmächtigten der Klägerin bzw. der vorsätzlichen Täuschung durch ihn.

Im ersten Rechtszug sei es unstreitig gewesen, dass es sich bei den in den Strafbefehlen behandelten Vorgängen um eine Massenerscheinung handele; insbesondere Nürnberg sei in erheblichem Umfang von dem Phänomen fremder, aus dubiosen Quellen stammender Kennzeichen betroffen gewesen. In Nürnberg seien sie über Mittelsmänner, die mitunter auch nicht davor zurückgeschreckt hätten, Unterlagen zu fälschen, in den „Rechtsverkehr“ gelangt. Ungeachtet dessen seien zunächst alle in Nürnberg ansässigen „Zulassungsstellen“ (gemeint erkennbar: gewerblichen Zulassungsdienste) unter Generalverdacht gestellt und mit Ermittlungsverfahren überzogen worden. Auch die Klägerin bzw. ihr Gewerbebetrieb seien sowohl vor als auch nach dem Erlass der beiden Strafbefehle bzw. den darin erwähnten Taten zahlreichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt gewesen. Ihren nunmehrigen Bevollmächtigten sei indes kein einziges derartiges Verfahren bekannt, das nicht mit einer Einstellung geendet habe, sofern gegen Strafbefehle Einspruch eingelegt und die Sach- und Rechtslage „einer tatsächlichen Klärung zugeführt“ worden sei.

Offensichtlich unzutreffend sei die im angefochtenen Urteil geäußerte Auffassung des Verwaltungsgerichts, die gegen die Klägerin ergangenen Strafbefehle seien vor dem Hintergrund des Urteils des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. - ZfSch 2011, 171) als rechtmäßig anzusehen. Denn dieses Urteil sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

b) Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel daran zu begründen, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

aa) Das angefochtene Urteil weist zutreffend darauf hin, dass es für die Entscheidung der Frage, ob ein Gewerbetreibender unzuverlässig im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist, auch dann, wenn dieser Vorwurf aus einem mit Kriminalstrafe bedrohten Tun oder Unterlassen hergeleitet wird, nicht ausschlaggebend darauf ankommt, ob gegen den Betroffenen deswegen eine strafrechtliche Sanktion verhängt wurde. Maßgeblich ist vielmehr, ob zur Überzeugung der zuständigen Amtsträger in der öffentlichen Verwaltung und der zur Kontrolle ihrer Entscheidungen berufenen Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit feststeht, dass der Gewerbetreibende ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das den Schluss rechtfertigt, er werde seinen beruflichen Pflichten künftig (weiterhin) nicht nachkommen (vgl. Heß in Friauf, GewO, Stand April 2015, § 35 Rn. 177 m. w. N.). Auch dann, wenn dieses Verhalten den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, befinden die Entscheidungsträger in der vollziehenden Gewalt und bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich eigenverantwortlich darüber, ob der Betroffene den ihm zur Last gelegten Lebenssachverhalt nachweislich verwirklicht hat, und welche Prognose vor diesem Hintergrund über sein künftiges gewerbliches Verhalten anzustellen ist.

Eine Einschränkung erfährt diese „Vorfragenkompetenz“ der Verwaltungsbehörden und -gerichte nach § 35 Abs. 3 Satz 1 GewO nur dergestalt, dass zum Nachteil des Gewerbetreibenden nicht vom Inhalt eines Strafurteils und einer ihm gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 GewO gleichstehenden gerichtlichen Entscheidung abgewichen werden darf, soweit die Feststellung des Sachverhalts, die Beurteilung der Schuldfrage (sollte ihr in einem Gewerbeuntersagungsverfahren Rechtserheblichkeit zukommen) und die Erforderlichkeit von Eingriffen in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) inmitten stehen.

Wurde gegen den Gewerbetreibenden wegen eines Verhaltens, das den Schluss auf seine Unzuverlässigkeit im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 (und 2) GewO erlaubt, ein rechtskräftiges Strafurteil oder ein unanfechtbarer Strafbefehl erlassen, so dürfen die Behörden und die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit diesen Umstand allerdings so lange als ein Indiz dafür werten, dass der der strafgerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, als der Betroffene diese Vermutung nicht mit beachtlichen Argumenten erschüttert oder unabhängig hiervon gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit des Strafurteils oder des Strafbefehls sprechen.

bb) Angewandt auf den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus folgendes:

Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung der Feststellung, dass die Klägerin unzuverlässig im gewerberechtlichen Sinn ist, nicht nur darauf berufen, dass gegen sie zwei rechtskräftig gewordene Strafbefehle wegen Vergehen nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG erlassen wurden. Es hat vielmehr eigenständig und eingehend (vgl. die Ausführungen ab Seite 8 Mitte bis Seite 10 unten des angefochtenen Urteils) dargelegt, warum es der Überzeugung ist, dass die Klägerin ein Verhalten praktiziert hat, das den Tatbestand des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG erfüllt, und warum sie deshalb nicht die Gewähr für eine künftig ordnungsgemäße Ausübung der ihr untersagten Tätigkeiten bietet. Da das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis in Übereinstimmung mit den den Strafbefehlen vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 zugrunde liegenden Feststellungen tatsächlicher Art steht, scheidet ein Verstoß gegen die Bindungswirkung nach § 35 Abs. 3 GewO aus.

Angesichts der eigenständigen Prüfung der Verwirklichung eines sowohl nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG als auch nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO rechtserheblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht wären eine ggf. entgegen dem Wunsch der Klägerin unterbliebene Anfechtung dieser Strafbefehle und die behauptetermaßen bestehende Absicht, in Bezug auf diese strafgerichtlichen Entscheidungen Wiederaufnahmeverfahren einleiten zu wollen, nur dann geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hervorzurufen, wenn in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung substantiiert Tatsachen vorgetragen worden wären, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass die Klägerin am 3. und am 31. Juli 2013 in Wahrheit keine Kennzeichen „vertrieben“ bzw. „ausgegeben“ hat, ohne dies - wie § 6b Abs. 1 StVG das verlangt - vorher bei der zuständigen Zulassungsbehörde angezeigt zu haben. Dahingehende Darlegungen enthält der Schriftsatz vom 22. März 2016 indes nicht.

Unter einem „Ausgeben“ von Kennzeichen im Sinn von § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Weitergabe von Kennzeichen zu verstehen (OLG München, U. v. 12.1.2011 - 4St RR 171/10 u. a. - ZfSch 2011, 171/172). Ein „Vertreiben“ von Kennzeichen liegt vor, wenn Kennzeichen im Rahmen einer wiederkehrenden Tätigkeit verkauft werden (OLG München, U. v. 12.1.2011 a. a. O. S. 173). Aus den im Strafbefehl vom 26. Februar 2014 wiedergegebenen Angaben von Herrn K. und den in den Akten der Beklagten enthaltenen Bekundungen des polizeilich einvernommenen Zeugen N. geht hervor, dass im Betrieb der Klägerin Kurzzeitkennzeichen nicht nur im vorbezeichneten Sinne „ausgegeben“ wurden, sondern dass dort auch ein „Vertrieb“ solcher Kennzeichen stattfand, da die Klägerin in beiden Fällen - und damit wiederholt - ein Entgelt für die Überlassung dieser Gegenstände verlangt hat. Der Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 22. März 2016 unternimmt nicht den Versuch, konkret aufzuzeigen, dass und warum die Schilderungen der beiden vorgenannten Personen unzutreffend sind. Der Hinweis in der Antragsbegründung darauf, dass es sich bei der unerlaubten Weitergabe von Kennzeichen um ein Massenphänomen handele, ist schon von der Sache her ungeeignet, den Befund zu erschüttern, dass der Klägerin ein einschlägiges Fehlverhalten zur Last fällt. Auch aus dem Vorbringen, dass gegen mehrere (ggf. sogar alle) der in Nürnberg ansässigen gewerblichen Zulassungsdienste Ermittlungen wegen des Verdachts von Straftaten u. a. nach § 22a StVG durchgeführt wurden, folgt nicht, dass diese Maßnahmen in den beiden Fällen, auf die die Beklagte den Vorwurf der Unzuverlässigkeit der Klägerin gestützt hat, ein unzutreffendes Ergebnis gezeitigt haben.

Gleiches gilt für die Behauptung, die anderen gegen die Klägerin durchgeführten Ermittlungsverfahren seien eingestellt worden. Erfolgt eine Einstellung auf der Grundlage des § 153 Abs. 1 StPO, weil die Staatsanwaltschaft die Schuld des Täters als gering ansieht und ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung verneint, wie das in dem die Klägerin betreffenden Ermittlungsverfahren 707 Js 74630/13 geschehen ist, so folgt hieraus mittelbar, dass dem Beschuldigten auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ein Verhalten zur Last fiel, das objektiv als missbräuchliches Vertreiben oder Ausgeben von Kennzeichen im Sinn von § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG anzusehen ist; andernfalls hätte das Verfahren nämlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen fehlender oder nicht nachweisbarer Erfüllung des Tatbestands eines Strafgesetzes bzw. wegen fehlender Schuld des Täters eingestellt werden müssen. Soweit gegen die Klägerin wegen des Verdachts der Urkundenfälschung durchgeführte Ermittlungsverfahren nach der letztgenannten Vorschrift eingestellt wurden (vgl. dazu die im ersten Rechtszug vorgelegte staatsanwaltschaftliche Verfügung vom 13.10.2015, Az. 802 Js 25550/14), ist auch dieser Umstand ungeeignet, die Richtigkeit der Feststellung in Frage zu stellen, dass die Klägerin am 3. und am 31. Juli 2013 einen anderen Straftatbestand (nämlich denjenigen des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG) verwirklicht hat. Aber auch dann, wenn - was in der Begründung des Zulassungsantrags freilich nicht konkret dargetan wurde - gegen sie angestrengte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des missbräuchlichen Vertreibens oder Ausgebens von Kennzeichen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sein sollten, so würde hieraus nicht folgen, dass die Beklagte und das Verwaltungsgericht in den beiden hier inmitten stehenden Fällen nicht in zweifelsfrei richtiger Weise zu der Überzeugung gelangt sind, dass die Klägerin insofern den Tatbestand des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG verwirklicht hat. Das liegt schon deshalb auf der Hand, weil sich in ggf. eingestellten Verfahren der tatsächliche Geschehensablauf abweichend dargestellt haben bzw. die Beweislage schwächer gewesen sein kann als bei den Vorkommnissen, auf die der Bescheid vom 4. September 2014 rekurriert.

Soweit die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags vorbringt, sie habe die Einstellung eines unter dem Aktenzeichen 441 Cs 707 Js 68691/11 geführten Verfahrens deshalb erreicht, weil sie habe vortragen können, dass sie das dort inmitten stehende Kennzeichen nicht verkauft bzw. sie - soweit ein Verkauf stattgefunden habe - dies ordnungsgemäß gemeldet habe, behauptet sie selbst nicht, die Überlassung von Kurzzeitkennzeichen an Herrn K. am 3. Juli 2013 und an Herrn N. am 31. Juli 2013 habe erst nach Erstattung von Anzeigen im Sinn von § 6b Abs. 1 StVG stattgefunden. Auch die Entgeltlichkeit dieser beiden Vorgänge stellt sie nicht in Abrede. Nur ergänzend ist deshalb festzuhalten, dass ihr unabhängig hiervon jedenfalls ein „Ausgeben“ von Kennzeichen im Sinn der dritten Tatbestandsalternative des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG zur Last fiele.

Nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Verwirklichung dieses Straftatbestands hervorzurufen, ist ferner die Behauptung, eine Verurteilung nach der letztgenannten Vorschrift setze die Möglichkeit voraus, die Tatbegehung durch Zeugen nachzuweisen. Denn in Gestalt der schriftlichen Bekundungen von Herrn N. sowie der im Strafbefehl vom 26. Februar 2014 referierten Angaben von Herrn K. (er wird in dieser strafgerichtlichen Entscheidung ausdrücklich als Zeuge bezeichnet) stehen einschlägige Erkenntnismittel zur Verfügung.

Da die Klägerin weder im verwaltungsbehördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren substantiierte Angriffe gegen die Richtigkeit der Schilderungen von Herrn K. und Herrn N. vorgebracht hat, bestand entgegen dem Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags weder für die Beklagte noch für das Gericht des ersten Rechtszugs eine Notwendigkeit, eigene Ermittlungen darüber anzustellen, ob es im Betrieb der Klägerin zu einem missbräuchlichen Vertreiben oder Ausgeben von Kraftfahrzeugkennzeichen gekommen ist.

Ungeeignet, die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzutun, ist auch die Behauptung der Klägerin, das vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Urteil des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. - ZfSch 2011, 171) sei vorliegend nicht einschlägig. Insbesondere trifft es nicht zu, das Oberlandesgericht habe darin zum Ausdruck gebracht, für die Erfüllung des Straftatbestandes des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG komme einer Vermittlung durch Dritte entscheidende Bedeutung zu. Eingangs des Abschnitts II.1 der Gründe seiner Entscheidung hielt das Oberlandesgericht vielmehr fest, die dortigen Angeklagten hätten das Tatbestandsmerkmal des „Ausgebens“ von Kennzeichen deshalb erfüllt, weil sie solche Gegenstände „entweder unmittelbar oder durch Vermittlung Dritter“ weiteren Personen zur Verfügung gestellt hatten. Auf die Frage, ob es im Fall der Klägerin eine Absprache mit Dritten über die Beschaffung von Kurzzeitkennzeichen aus dem Rhein-Neckar-Kreis gab, kommt es deshalb nicht an.

Ebenfalls unbehelflich ist die Behauptung, die Klägerin habe um die Unzulässigkeit ihres Verhaltens nicht gewusst. Ein Gewerbetreibender, dem die für seine Tätigkeit einschlägigen Vorgaben der Rechtsordnung nicht bekannt sind, bietet schon aus diesem Grund nicht die Gewähr für eine gesetzeskonforme Berufsausübung. Unabhängig hiervon ist diese Einlassung nicht glaubhaft. Denn für jedermann liegt - zumindest in Gestalt einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ - auf der Hand, dass eine Handlung wie die Abgabe eines amtlichen Kraftfahrzeugkennzeichens so eng mit den hoheitlichen Funktionen der öffentlichen Verwaltung verbunden ist, dass sie von einer Privatperson nicht vorgenommen werden darf, ohne die zuständige Behörde zumindest hiervon zu unterrichten. Auch von der Klägerin, die nach den Angaben in ihrer Gewerbeanmeldung bereits seit dem 5. November 1996 über eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland verfügt, kann ein derartiges Mindestmaß an Einsicht in das von Rechts wegen gebotene Verhalten erwartet werden.

Auf den Umstand, dass durch das Vorbringen in der Antragsbegründung Wiederaufnahmegründe im Sinn von § 359 (hier anzuwenden in Verbindung mit § 373a Abs. 2) StPO nicht dargetan werden, ist bei alledem nur ergänzend hinzuweisen. Insbesondere hat die Klägerin entgegen der sich für sie aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ergebenden Obliegenheit nicht aufgezeigt, dass neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die - wie das nach § 359 Nr. 5 StPO erforderlich wäre - geeignet sind, einen Freispruch zu begründen. Eine derartige Erwartung ist in ihrem Fall - selbst wenn die Einlegung von Einsprüchen gegen die Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 absprachewidrig unterblieben wäre bzw. die Klägerin über die erfolgte Einleitung solcher Rechtsbehelfsverfahren getäuscht worden sein sollte - so lange unbegründet, als sie nicht dargelegt hat, dass die letztgenannten strafgerichtlichen Entscheidungen der Sache nach mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit zu Unrecht ergangen sind und ihr nunmehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen, dies nachzuweisen.

2. Nicht aufgezeigt werden im Schriftsatz vom 22. März 2016 ferner die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

Soweit die Klägerin „besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten“ im Sinn dieser Bestimmung aus den Umständen herzuleiten versucht, die ihrer Ansicht nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vom 8. Dezember 2015 begründen, folgt unmittelbar aus der fehlenden Stichhaltigkeit jenes Vorbringens, dass ihr diese Gesichtspunkte auch keinen Anspruch auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu verschaffen vermögen.

„Besondere Schwierigkeiten“ ergeben sich entgegen dem Vorbringen in Abschnitt I.2.b der Antragsbegründung ferner nicht aus dem Umstand, dass das Oberlandesgericht München im Urteil vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. - ZfSch 2011, 171/173) sich zu den „Behördengepflogenheiten im Umgang mit der Ausgabe von Kurzzeitkennzeichen“ ausdrücklich ebenso wenig geäußert hat wie zu dem „Vorstellungsbild der [dortigen] Angeklagten darüber, dass wegen der zwischen ihnen und der Zulassungsstelle geübten Praxis sie von der Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens ausgingen“. Denn die Klägerin zeigt nicht auf, inwiefern diesen beiden Aspekten für die zutreffende Beantwortung der Frage, ob sie selbst unzuverlässig im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist, Entscheidungserheblichkeit zukommt. Das wäre nur der Fall, wenn entweder die Zulassungsbehörde im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises oder aber die Beklagte ihr gegenüber den Anschein hervorgerufen hätten, sie sei befugt, seitens der erstgenannten Behörde zugeteilte Kurzzeitkennzeichen Dritten ohne weiteres zur Verfügung zu stellen. Dass es sich so verhielt, wird im Schriftsatz vom 22. März 2016 nicht in einer dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise aufgezeigt. Dort wird lediglich behauptet, die Klägerin habe bereits früher auf einen durch die Beklagte geschaffenen Vertrauenstatbestand hingewiesen. Auf welche Weise die Beklagte ein solches Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Handlungsweise der Klägerin begründet habe, wird jedoch weder in der Begründung des Zulassungsantrags selbst in der erforderlichen substantiierten Weise dargestellt, noch enthält der Schriftsatz vom 22. März 2016 insoweit eine hinreichend konkrete Bezugnahme auf früheres Vorbringen.

Besondere Schwierigkeiten der Rechtssache resultieren schließlich nicht aus dem Vorbringen, die dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. - ZfSch 2011, 171) zugrunde liegende Rechtsauffassung sei nicht unumstritten. Denn die Klägerin verweist insofern lediglich darauf, dass Blum in dem Aufsatz „Der Missbrauch von Kurzzeitkennzeichen“ (veröffentlicht unter www.praxisverkehrsrecht.de) den Standpunkt vertreten habe, der Handel mit solchen Kennzeichen lasse sich nicht unter § 22 Abs. 1 Nr. 1 StVG subsumieren. Dieser Hinweis ist bereits deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte und das Verwaltungsgericht die Unzuverlässigkeit der Klägerin nicht aus Verstößen gegen diese Vorschrift, sondern aus der Verwirklichung des Straftatbestands nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG hergeleitet haben. Zwar stellt Blum im gleichen Aufsatz auch in Abrede, dass der Handel mit Kurzzeitkennzeichen von § 22a StVG erfasst werde. Da dieser Autor die von ihm vertretene Auffassung, § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG greife nur dann ein, wenn ein „Schildermacher“ nicht von der zuständigen Verwaltungsbehörde zugeteilte Kennzeichen herstellt oder vertreibt, lediglich apodiktisch in den Raum stellt, ohne sie näher zu begründen, und er in der Fußnote 10 seines Aufsatzes selbst einräumen muss, dass diese Ansicht im fachlichen Schrifttum nicht geteilt wird, wären seine sich auf § 22a StVG beziehenden knappen Ausführungen auch dann nicht geeignet, die Richtigkeit der dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. - ZfSch 2011, 171) zugrunde liegenden, mit historischen, gesetzessystematischen und teleologischen Argumenten eingehend begründeten Rechtsauffassung als „schwierig“ im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erscheinen zu lassen, wenn sich die Antragsbegründung auf die einschlägigen Passagen im Aufsatz von Blum (a. a. O.) bezogen hätte.

3. Verfahrensmängel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erblickt die Klägerin darin, dass das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ihren früheren Bevollmächtigten nicht als Zeugen einvernommen habe, obwohl dies vom Vorsitzenden der erkennenden Kammer im Laufe der mündlichen Verhandlung als „wohl“ erforderlich bezeichnet worden sei, sie ferner nicht selbst „zu den Strafbefehlen und den Fragen ihrer Mitwirkung“ gehört worden sei, und das Verwaltungsgericht sich kein Bild von den übrigen gegen sie durchgeführten Ermittlungsverfahren und deren Verlauf gemacht habe. Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe die aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO resultierende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, kann ein Beteiligter, der - wie bei der Klägerin der Fall - bereits im ersten Rechtszug anwaltlich vertreten war, grundsätzlich nur dann durchdringen, wenn er in der mündlichen Verhandlung einschlägige Beweisanträge gestellt hat (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 124 Rn. 191 m. w. N.; vgl. zur entsprechenden Rechtslage im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO z. B. BVerwG, B. v. 13.3.1992 - 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268; B. v. 25.1.2005 - 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447/449). Dies ist ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht geschehen. Anders verhält es sich nur dann, wenn sich eine Beweiserhebung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 28.5.2013 - 7 B 46.12 - juris Rn. 4 m. w. N.; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 124 Rn. 191 m. w. N.). Dass dies der Fall ist, zeigt die Antragsbegründung nicht auf. Aus den Ausführungen in Abschnitt II.1 dieses Beschlusses ergibt sich vielmehr, dass es auf die Frage, warum die Einlegung von Einsprüchen gegen die Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 unterblieben ist, u. a. deshalb nicht ankommt, weil sich das Verwaltungsgericht anhand der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ein eigenständiges Urteil über die Verwirklichung des Tatbestands des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG durch die Klägerin gebildet hat, und die Begründung des Zulassungsantrags nicht aufzeigt, dass es hierbei zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt ist. Dargestellt wurde in Abschnitt II.1 dieses Beschlusses ferner, dass ein der Klägerin vorteilhafter Ausgang anderer gegen sie angestrengter Ermittlungsverfahren ohne substantiierte diesbezügliche Angaben nicht den Schluss rechtfertigt, die vorgenannten Strafbefehle seien zu Unrecht erlassen worden.

4. In Abschnitt I.3.b des Schriftsatzes ihrer Bevollmächtigten vom 22. März 2016 rügt es die Klägerin als verfahrensfehlerhaft, dass das Verwaltungsgericht die beanstandungsfreie Ausübung ihres Gewerbes über zwei bis drei Jahre hinweg (nämlich bis zu den strafrechtlich relevanten Vorfällen) unberücksichtigt gelassen habe. Ein weiterer Verfahrensfehler liege darin, dass die Beklagte mit dem Ausspruch der Gewerbeuntersagung - gerechnet ab den ihr zur Last gelegten Taten - zweieinhalb Jahre und ab dem Erlass der Strafbefehle etwa eineinhalb Jahre zugewartet habe. Das lasse darauf schließen, dass eine Gewerbeuntersagung in ihrem Fall nicht zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich sei. Auch unabhängig hiervon fehle jede Begründung dafür, warum von ihr eine dauerhafte Gefährdung ausgehe.

Dieses Vorbringen ist seiner Art nach nicht geeignet, die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darzutun. Verfahrensfehler im Sinn dieser Vorschrift können nur aus Verstößen gegen Vorschriften oder Rechtsgrundsätze resultieren, die festlegen, auf welche Art und Weise das Gericht des ersten Rechtszugs einen Rechtsstreit zu führen und seine Überzeugung zu bilden hat. Die Ausführungen in Abschnitt I.3.b der Antragsbegründung betreffen demgegenüber zum Teil die Gestaltung des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte; im Übrigen beinhalten sie Angriffe gegen die inhaltliche Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Verwaltungsgerichtshof wertet dieses Vorbringen deshalb als Geltendmachung zusätzlicher ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Auch aus ihm ergibt sich indes kein Anspruch auf Zulassung der Berufung.

Die Behauptungen über die Zeitspannen, die bis zum Erlass des Bescheids vom 4. September 2014 verstrichen seien, treffen bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Zwischen den von der Klägerin im Juli 2013 begangenen Straftaten und dem Ausspruch der Gewerbeuntersagung verging vielmehr nur etwas mehr als ein Jahr; seit dem Erlass der Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 waren bis dahin nur wenige Monate verstrichen.

Die Beklagte hat in den beiden letzten Absätzen des Abschnitts IV der Gründe des Bescheids vom 4. September 2014 eingehend dargelegt, warum im Fall der Klägerin eine Gewerbeuntersagung im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist. Das Verwaltungsgericht hat sich diese Ausführungen durch die gemäß § 117 Abs. 5 VwGO erfolgte Bezugnahme auf die Bescheidsgründe zu eigen gemacht; im drittletzten Absatz auf Seite 11 des angefochtenen Urteils hat es ergänzende Erwägungen zu diesem Gesichtspunkt angestellt.

Ernstliche Zweifel an der Tragfähigkeit der insoweit angezogenen Gründe ergeben sich aus dem Vorbringen in Abschnitt I.3.b der Antragsbegründung nicht. Angesichts der gravierenden Nachteile, die aus einem Handel mit Kurzzeitkennzeichen für die Möglichkeit der Aufklärung von Straftaten und anderen rechtswidrigen Handlungen sowie zulasten solcher Personen entstehen können, deren Rechtsgüter durch nicht feststellbare Fahrer von mit solchen Kennzeichen ausgestatteten Kraftfahrzeugen geschädigt werden, ließe der Umstand, dass sich die Klägerin durch die Teilnahme an diesem Kennzeichenhandel zumindest im Jahr 2013 einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft hat, den hieraus resultierenden Unzuverlässigkeitsvorwurf selbst dann unberührt, wenn sie ihr Gewerbe bis dahin vorbehaltlos in Einklang mit den Erfordernissen der Rechtsordnung ausgeübt hätte. Die unterbliebene Anzeige der Verlegung ihres Betriebssitzes in die F... belegt jedoch, dass sie sich entgegen dem Vorbringen in der Antragsbegründung auch im Übrigen nicht stets rechtstreu verhalten hat. Nach der Darstellung im Schriftsatz ihres früheren Bevollmächtigten vom 1. April 2015, auf den die Begründung des Zulassungsantrags ausdrücklich Bezug nimmt, fand eine solche Verlegung zunächst am 1. Dezember 2011 in das Anwesen F... 40 statt; später sei die Klägerin mit ihrem Büro in die F... 44 umgezogen. § 14 Abs. 1 Satz 1 GewO verpflichtet einen Gewerbetreibenden, Betriebsverlegungen „gleichzeitig“ (d. h. synchron mit der Vornahme der Veränderung) bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Diesem rechtlichen Gebot ist die Klägerin nach der Darstellung im Schriftsatz vom 1. April 2015 nicht nachgekommen. Die während des erstinstanzlichen Rechtsstreits eingereichte, vom 19. Oktober 2015 datierende Gewerbeabmeldung vermag diesen Befund nicht zu entkräften. Soweit die Begründung des Zulassungsantrags vorbringt, die Klägerin habe sich auch hinsichtlich der Erfüllung der aus § 14 GewO resultierenden Pflichten auf ihren früheren anwaltlichen Bevollmächtigten verlassen, ist diese Einlassung im Hinblick darauf nicht glaubhaft, dass sie im Schriftsatz vom 1. April 2015 hatte vortragen lassen, sie habe sich im Laufe des Jahres 2014 nach Erhalt der diesbezüglichen Aufforderungen der Beklagten auf das Ordnungsamt der Beklagten begeben, um die Ummeldungen nachzuholen; unterblieben seien sie letztlich deshalb, weil ihr der Mietvertrag über die gewerblichen Räume nicht zur Verfügung gestanden habe.

Diese Abläufe in Verbindung mit der Tatsache, dass die Klägerin die Aufforderung, Auskunft über die bei ihr beschäftigten Personen und ihre versicherungsrechtlichen Verhältnisse zu erteilen, gänzlich unbeachtet ließ, ohne dass die Begründung des Zulassungsantrags diesem Vorwurf in irgendeiner Weise entgegentritt, offenbaren eine ausgeprägte Gleichgültigkeit gegenüber den Anforderungen, die die Rechtsordnung an einen Gewerbetreibenden stellt. Auch dies steht der Richtigkeit der im Schriftsatz vom 22. März 2016 sinngemäß aufgestellten Behauptung entgegen, bei den von der Klägerin begangenen Straftaten nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG handele es sich um ein punktuelles rechtsethisches Versagen, durch das die Korrektheit einer künftigen gewerblichen Betätigung durch sie nicht in Frage gestellt werde.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in Abschnitt 52.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird - insoweit unter Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. Juni 2015 - für beide Rechtszüge auf je 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Landratsamts N. vom 13. Januar 2015 in der Fassung des Bescheids vom 9. März 2015, mit dem die ihr erteilte Gaststättenerlaubnis widerrufen und ihr die Ausübung des erlaubnisfreien Teils ihres Gaststättengewerbes sowie eines Getränkehandels untersagt worden sind. Die Annahme persönlicher Unzuverlässigkeit der Klägerin hat das Landratsamt darauf gestützt, dass sie wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung mit ihrem Sohn verurteilt sei (AG A., U. v. 30.10.2012 - 25 Ds 501 Js 148334/10 - Behördenakte Bl. 115 ff.: hinterzogene Branntweinsteuer 72.221,51 Euro), seit dem Jahr 2011 Steuerrückstände nicht getilgt, sondern trotz Ratenzahlungsvereinbarung auf 13.953,74 Euro (Stand: 11.11.2014) weiter habe ansteigen lassen sowie seit dem Jahr 2007 keine Jahressteuererklärungen abgegeben habe.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg hat die hiergegen gerichteten Anfechtungsklagen mit Urteil vom 1. Juni 2015 abgewiesen.

Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie besonderer Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage beantragt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Klageabweisung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nach dem hierfür maßgeblichen Vorbringen der Klägerin (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) vermochte die Klägerin nicht darzulegen.

Solche Zweifel bestehen, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Solche Zweifel am Urteil hat die Klägerin nicht dargelegt.

a) Entgegen der klägerischen Auffassung wirft es keine ernstlichen Zweifel auf, dass das Verwaltungsgericht die Annahme der Unzuverlässigkeit der Klägerin auch auf ihre Verurteilung wegen Steuerhinterziehung gestützt hat.

Soweit die Klägerin bemängelt, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass das abgeurteilte Tatgeschehen Jahre zurückliege und die Klägerin nicht selbst aktiv geworden, sondern nur nominell durch ihren Sohn darin verwickelt worden sei, verkennt sie, dass bereits die Tatsache ihrer Verurteilung wegen gewerbebezogener Straftaten Rückschlüsse auf ihre gewerberechtliche Zuverlässigkeit zulässt.

Zwar steht mit der Rechtskraft einer strafgerichtlichen Entscheidung für Verfahren nach § 35 Abs. 1 GewO - und in gleicher Weise für Verfahren nach dem auf denselben Unzuverlässigkeitsbegriff abstellenden § 15 Abs. 2 GastG - nicht mit bindender Wirkung fest, dass der Verurteilte die ihm zur Last gelegten Taten tatsächlich begangen hat. Denn § 35 Abs. 3 GewO schreibt eine Bindung an die dort bezeichneten Inhalte von Strafurteilen nur mit der Maßgabe vor, dass die Verwaltungsbehörde hiervon nicht zum Nachteil des Gewerbetreibenden abweichen darf (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2014 - 22 ZB 12.2174 u. a. - Rn. 26). Aber Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte dürfen ihren Entscheidungen Feststellungen, die die Strafgerichte unanfechtbar getroffen haben, regelmäßig ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde legen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur anzuerkennen, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die nach § 359 Nr. 5 StPO die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens begründen würden (vgl. BVerwG, B. v. 28.9.1981 - 7 B 188.81 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 60; OVG RhPf, U. v. 9.5.1989 - 6 A 124/88 - NJW 1990, 1553/1554; BayVGH, B. v. 5.3.2014 - 22 ZB 12.2174 u. a. - Rn. 28). Aus der Antragsbegründung ergeben sich derartige Anhaltspunkte indes nicht. Auch dass die Klägerin aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters von fast 80 Jahren von ihrem Sohn „vorgeschoben“ worden sei, wie sie vorträgt, stellt weder ihre Tatbeteiligung noch ihre strafrechtliche Verantwortung für das Tatgeschehen und damit die Richtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen substantiiert in Frage. Aus der Antragsbegründung ergibt sich nicht, inwiefern dem Strafgericht bei der Feststellung der Tatbeteiligung der Klägerin, bei der Feststellung ihrer Schuld oder bei der Würdigung der Schwere der Tat Fehler der genannten Art unterlaufen sein sollten.

Auch dass die Tathandlungen in den Jahren 2005 bis 2008 begangen, aber erst im Jahr 2011 aufgedeckt und danach abgeurteilt wurden, wie die Klägerin vorträgt, ändert nichts an der sachlichen und rechtlichen Verwertbarkeit des Strafurteils für die - auch auf das aktuelle Verhalten der Klägerin gestützte - Prognose künftiger Unzuverlässigkeit.

Denn das Verwaltungsgericht hat seine Prognose auf eine Gesamtwürdigung des Fehlverhaltens der Klägerin aus unterlassenen Steuererklärungen, unterlassenen Steuerzahlungen und Steuerhinterziehung gestützt, wobei auch die ersten beiden Verhaltensweisen für sich genommen die Prognose selbstständig tragen (vgl. Urteil Rn. 48 ff. und Rn. 56). Diese greift die Klägerin nicht substantiell an, sondern verweist allein auf ihr hohes Alter von fast 80 Jahren. Inwiefern die jahrelang pflichtwidrig unterlassenen Steuererklärungen und Steuerzahlungen die negative Prognose nicht selbstständig trügen, wird nicht ausgeführt.

2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ergeben sich aus der Antragsbegründung der Klägerin nicht. Auf die allein geltend gemachten Schwierigkeiten bei der strafrechtlichen Bewertung einer Steuerhinterziehung nach dem Branntweinmonopolgesetz kommt es vorliegend nicht an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

4. Streitwert: § 52 Abs. 1 i. V. m. § 47 Abs. 3, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG. Die Herabsetzung des Streitwerts ist geboten, weil die vom angegriffenen Bescheid erfassten gaststättengewerblichen Tätigkeiten der Klägerin zwar teils erlaubnisbedürftig, teils erlaubnisfrei sind und dazu noch die Gewerbeuntersagung tritt, es sich angesichts des von der Klägerin ausgeübten Gaststättengewerbes jedoch daneben nur um untergeordnete Betätigungen handelt, so dass ein Streitwert für beide Rechtszüge von je 15.000 € insgesamt (7.500 € je erstinstanzliches Klageverfahren) angemessen erscheint (vgl. BayVGH, B. v. 3.5.2013 - 22 CS 13.594).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Antragsverfahrens trägt die Klägerin.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2015, mit dem die Beklagte die Gaststättenerlaubnis der Klägerin für eine Schankwirtschaft mit Diskothek im Stadtbereich der Beklagten widerrufen und der Klägerin zudem unter Androhung eines Zwangsgelds untersagt hat, die Gaststätte länger als einen Monat nach Bestandskraft des Bescheids zu betreiben. Diesem Bescheid lag zugrunde, dass der einzelvertretungsberechtigte, an der Gesellschaft zu 50% beteiligte Geschäftsführer der Klägerin durch Urteil des Amtsgerichts Memmingen vom 20. Oktober 2014 - 3 Ds 116 Js 16621/12 - rechtskräftig wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 121 einzelnen Fällen (Arbeitgeberanteile, davon in 110 Einzelfällen zusätzlich hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile) gemäß § 266a StGB zu einer - gemäß § 56 Abs. 1 StGB auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzen - Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt worden war. Der Geschäftsführer ist auch in einem weiteren gastronomischen Betrieb einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer; er hatte nach den Feststellungen des Strafgerichts im Rahmen dieser Geschäftsführertätigkeit für beide Unternehmungen jeweils über längere Zeiträume drei angeblich Selbstständige als Köche beschäftigt; drei andere Beschäftigte hatte er in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt siebeneinhalb Monate lang zu Bauarbeiten herangezogen, sie jedoch zu Unrecht als geringfügig Beschäftigte angemeldet und auf diese Weise Sozialabgaben in Höhe von mehr als 98.000 €, die bei ordnungsgemäßer Anmeldung der Beschäftigten zu entrichten gewesen wären, nicht abgeführt.

Die gegen den Bescheid vom 12. März 2015 erhobene Anfechtungsklage wies das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 25. Februar 2016 ab.

Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung gegen das Urteil beantragt und macht zur Begründung (Schriftsatz vom 13.5.2016) geltend, es lägen die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO vor.

Die Beklagte beantragt, die Berufung nicht zuzulassen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.

II.Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Solche Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 7 und 7a, m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).

Gemessen an diesen Voraussetzungen ergeben sich aus den - für den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ausschließlich maßgeblichen - Darlegungen der Klägerin keine ernstlichen Zweifel daran, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig ist.

1.1. Ausdrücklich pflichtet die Klägerin dem Verwaltungsgericht darin bei, dass die gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit sich aus einer strafgerichtlichen Verurteilung ergeben kann und dass beim Geschäftsführer der Klägerin eine gewerbebezogene Verurteilung vorliegt. Sie meint indes, vorliegend seien einige, der Verurteilung zugrunde liegende Besonderheiten zu berücksichtigen und im Ergebnis zugunsten der Klägerin zu werten. Eine solche Besonderheit sieht sie darin, dass der Verurteilung eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen sei. Sie hält die Auffassung des Verwaltungsgerichts (Urteilsabdruck - UA - Rn. 35) für falsch, wonach vorliegend nicht anzunehmen sei, dass es sich bei dem Geständnis nur um ein bloßes prozessuales Anerkenntnis oder eine nur formale Unterwerfung gehandelt hätte. Sie meint, die Beklagte habe pflichtwidrig weitere Ermittlungen in Bezug auf die dem Geschäftsführer der Klägerin vorgeworfene absichtlich unzutreffende sozialversicherungsrechtliche Behandlung der von ihm Beschäftigten unterlassen, das Verwaltungsgericht habe dieses Versäumnis rechtsfehlerhaft nicht beanstandet. Sie macht geltend, solche eigenen Ermittlungen der Beklagten seien insbesondere deswegen geboten (oder geboten gewesen), weil die Klägerin gegen die mittlerweile seitens der Deutschen Rentenversicherung aufgrund der nicht abgeführten Sozialabgaben erhobenen Nachforderungen vorgehe und Klage zum Sozialgericht erhoben habe, über die noch nicht entschieden worden sei; habe diese Klage Erfolg, so bestehe - nach Ansicht der Klägerin - Grund zur Wiederaufnahme des strafgerichtlichen Verfahrens.

Damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Sie stellt den - im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG, B. v. 26.2.1997 - 1 B 34/97 - GewArch 1997, 242 Rn. 10; BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 22 ZB 15.1722 - Rn. 10) stehenden - rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, wonach strafgerichtliche Feststellungen regelmäßig ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde gelegt werden dürfen und eine Ausnahme hiervon nur anzuerkennen ist, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechen, was insbesondere dann der Fall sei, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die nach § 359 Nr. 5 StPO ein Wiederaufnahmeverfahren rechtfertigen würden. Sie legt insofern nicht dar, weshalb diese Grundsätze nicht gelten sollen, wenn es um strafgerichtliche Feststellungen zu sozialversicherungsrechtlichen Vorfragen im Rahmen des Tatbestands des § 266a StGB geht. Ihr ist auch nicht darin zu folgen, dass - im Sinn dieser Rechtsprechung - „gewichtige Anhaltspunkte“ für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen oder neue Tatsachen oder Beweismittel bereits dann gegeben sein sollen, wenn um die rechtlich fehlerfreie sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigtenstellung ein Klageverfahren lediglich anhängig, aber noch nicht entschieden ist. Dass ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht anhängig ist, beruht allein auf einem entsprechenden Willensentschluss des Geschäftsführers der Klägerin. Der allein aus der subjektiven Sicht des Klägers mögliche Erfolg dieser Klage stellt keinen gewichtigen Anhaltspunkt im Sinn der genannten Grundsätze und keine neue Tatsache im Sinn von § 359 Nr. 5 StPO dar. Dergleichen wird auch nicht durch den weiteren Vortrag der Klägerin deutlich.

In Bezug auf das strafrechtlich relevante Verhalten des Geschäftsführers findet sich im Urteil des Amtsgerichts Memmingen vom 20. Oktober 2014 zu jeder der sechs Personen, die von der Klägerin als angeblich Selbstständige beschäftigt worden sind, die Sachverhaltsfeststellung, wonach der Geschäftsführer gewusst habe, dass er nach § 28d SGB IV verpflichtet war, monatlich die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen, dennoch aber die Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung und auch nicht (was die geringfügig Beschäftigten angeht) bei der „Minijobzentrale“ angemeldet habe; der Geschäftsführer habe damit beabsichtigt, Sozialversicherungsbeiträge zu umgehen (AG Memmingen, U. v. 20.10.2014, UA S. 2 und 4). Inwiefern “gewichtige“ für die Unrichtigkeit dieser strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechende Anhaltspunkte bestehen sollen, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin zwar einerseits geltend macht, „die eigentliche Frage der Scheinselbstständigkeit [müsse] rechtlich im sozialgerichtlichen Verfahren geklärt werden“, andererseits aber vom Gewerbeamt und vom Verwaltungsgericht weitere Ermittlungen verlangt und fordert, dass (gerade außerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens) Behörde und Gericht der sozialrechtlichen Frage der Scheinselbstständigkeit „zumindest summarisch“ nachgehen und insoweit den Sozialgerichten vorgreifen müssten, dieselbe Vorfragenkompetenz aber den Strafgerichten nicht zutraut. Die Klägerin hat dies nicht näher erläutert.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, sie habe schon erstinstanzlich (Schriftsatz vom 12.2.2016 mit Anlagen K 2 bis K 7) dargelegt, warum bei einer Aufhebung der Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Gründe für eine strafgerichtliche Wiederaufnahme des Verfahrens bestünden, und auf die Ausführungen in diesem Schriftsatz verweist, genügt dies den Darlegungsanforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht.

1.2. Auch im Hinblick auf die vom Strafgericht verfügte Strafaussetzung zur Bewährung und das Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin nach dem Strafurteil sind die Darlegungen der Klägerin nicht geeignet, ernstliche Zweifel daran zu wecken, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig ist.

Zwar trifft zu, dass die Ausführungen zur Unzuverlässigkeitsprognose im angegriffenen Urteil sehr knapp sind (UA Rn. 38). Selbst eine unzureichende Urteilsbegründung würde jedoch für sich genommen nicht ausreichen, um ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu rechtfertigen. Es kommt ausschließlich darauf an, ob das Urteil im Ergebnis richtig ist. Wenn - wie im vorliegenden Fall - Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Prüfung eine gebundene Entscheidung (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 15 Abs. 2 GastG) ist, so dürfen sich demnach die dargelegten Zweifelsgründe nicht auf geltend gemachte Begründungsdefizite der behördlichen oder der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung beschränken, sondern sie müssen sich auf die gesetzlichen Voraussetzungen der angefochtenen Behördenentscheidung beziehen. Die vorliegend von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte indes können die Richtigkeit der Unzuverlässigkeitsprognose nicht ernstlich infrage stellen.

1.2.1. Die Klägerin meint zunächst, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft den zu ihren Gunsten sprechenden Umstand außer Acht gelassen, dass der Geschäftsführer der Klägerin das Strafverfahren zum Anlass genommen habe, sein bisheriges Verhalten zu überdenken. Eine „nachhaltige Wandlung“ der nachlässigen Einstellung gegenüber den bei der Führung einer Gaststätte zu beachtenden Rechtsvorschriften (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 12.3.2015 - 22 ZB 15.32 - juris, Rn. 11) wird vorliegend zwar von der Klägerin behauptet (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 5 Mitte), lässt sich anhand ihrer Darlegungen aber nicht feststellen. Ihre Erklärung, der Geschäftsführer werde sich künftig nicht mehr „auf die Angebote von Personen, die sich als selbstständig ausgeben, einlassen“, beschönigt lediglich das strafrechtlich relevante Verhalten des Geschäftsführers in unangemessener Weise. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich ihm die „Mietköche“ und die als Bauarbeiter eingesetzten Beschäftigten - nach den unbestrittenen Feststellungen des Strafgerichts - nicht als Scheinselbstständige aufgedrängt haben, sondern dass er diese Beschäftigten pflichtwidrig und in Kenntnis dieser Pflichtwidrigkeit nicht zur Sozialversicherung angemeldet hat mit der Absicht, auf diese Weise die Pflicht zur Zahlung von Sozialabgaben zu umgehen.

1.2.2. Mit diesen strafgerichtlichen Feststellungen unvereinbar sind auch die Darlegungen der Klägerin, soweit sie sinngemäß darauf hinauslaufen, ihr Geschäftsführer sei lediglich einer in nahezu allen Gaststätten in Memmingen verbreiteten Praxis gefolgt und allenfalls einer „juristischen Fehleinschätzung“ hinsichtlich der schwierigen sozialversicherungsrechtlichen Fragen der Selbstständigkeit oder Scheinselbstständigkeit unterlegen (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 5 unten, S. 6 Mitte). Davon abgesehen hat die Beklagte - wie bereits in den Gründen des Bescheids vom 12. März 2015 - in ihrer Antragserwiderung (Schriftsatz vom 16.6.2016, S. 6 Mitte) - ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte - vorgetragen, derartige von der Klägerin behauptete Gepflogenheiten seien der Beklagten nicht bekannt, weitere Mitteilungen in Strafsachen hinsichtlich der Beschäftigung sogenannter „Beiköche“ als Scheinselbstständige seien bei ihr nicht eingegangen. Selbst wenn es hier - worauf der Vortrag der Klägerin hinzudeuten scheint - von der Beklagten nicht erkannte Missstände gegeben hätte, so wäre dies kein Umstand, der sich zugunsten der Klägerin auswirken könnte.

1.2.3. Auch ein nachträgliches Wohlverhalten, das auf einen „Reifeprozess“ schließen lassen könnte und für den Geschäftsführer der Klägerin spricht, kann den Darlegungen der Klägerin (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 6 Mitte) nicht entnommen werden. Zwar trifft zu, dass der Geschäftsführer sein strafbares Verhalten nicht erst während des gaststättenrechtlichen Verfahrens oder des anschließenden Gerichtsverfahrens beendet hat. Dass seine nicht ordnungsgemäße Praxis den zuständigen Behörden bekannt sein oder in Kürze bekannt werden würde, war für den Geschäftsführer allerdings (spätestens) mit der Durchsuchung seiner Wohnung und der Geschäftsräume absehbar, die den Akten zufolge am 11. Dezember 2012 aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Memmingen stattfand, somit noch etwa drei Monate vor demjenigen Zeitpunkt (Ende März 2013), bis zu dem die drei „Mietköche“ bei der Klägerin beschäftigt waren (Mitteilung des Hauptzollamts Augsburg vom 10.9.2013 an die Staatsanwaltschaft Memmingen, „III. Ermittlungsmaßnahmen“ auf S. 4 und „IV. Wesentliches Ermittlungsergebnis“ auf S. 4 bis 6).

Die Straftaten des Geschäftsführers der Klägerin liegen entgegen ihrem Vortrag (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 7 oben) auch nicht so ungewöhnlich lange zurück, dass aufgrund des zwischenzeitlich vergangenen Zeitraums, in dem sich der Geschäftsführer gaststätten- und sozialversicherungsrechtlich anscheinend ordnungsgemäß verhalten hat, eine günstige Prognose dahingehend getroffen werden könnte, dieses Verhalten werde fortdauern.

1.2.4. Soweit die Klägerin meint, zu ihren Gunsten müsse ihre gute wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (mit der sich die Beklagte weder positiv noch negativ befasst hat) in die Prognose einfließen, weil sie wegen dieser Leistungsfähigkeit gar keine Veranlassung habe, von ihrem Wohlverhalten wieder abzurücken (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 7, Buchst. b), überzeugt dies nicht. Die Klägerin muss sich nämlich entgegenhalten lassen, dass ihr Geschäftsführer - nach Aktenlage - die Sozialversicherungsbeiträge in der Vergangenheit nicht bezahlt hat, obwohl diese Beiträge keine aus Sicht der Klägerin nicht verkraftbare finanzielle Belastung dargestellt haben; er hat mithin „ohne Not“ die von der Klägerin geschuldeten Abgaben zurückgehalten. Es erschließt sich deshalb nicht, inwiefern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit den Geschäftsführer der Klägerin künftig stärker zu straffreiem Verhalten motivieren soll als in der Vergangenheit.

1.2.5. Zu Unrecht zweifelt die Klägerin die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Bewertung an, wonach die Schadenswiedergutmachung vor allem deswegen erfolgt sei, um eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung zu erlangen (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 7, Buchst. c). Dass der Geschäftsführer derartige Erwägungen im Strafverfahren selbst angestellt hat, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Protokoll des Amtsgerichts Memmingen über die Sitzung vom 8. September 2014, S. 2 (mit der Staatsanwaltschaft sei besprochen worden, dass im Fall einer Schadenswiedergutmachung und einem Geständnis ein Strafrahmen bis zu 11 Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung in Betracht kommen könnte).

1.2.6. Das Verwaltungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt, dass eine Sozialprognose bezüglich einer Strafaussetzung zur Bewährung im strafgerichtlichen Verfahren (§ 56 Abs. 1 StGB) anderen Prüfungsmaßstäben als die Prognose im Rahmen der gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO unterliegt. Die Strafaussetzung zur Bewährung ist insofern für die Gewerbe- bzw. Gaststättenbehörde nicht bindend, allerdings von tatsächlichem Gewicht (BayVGH, B. v. 16.6.2010 - 22 ZB 10.1164 - BayVBI 2011, 247, Rn. 2, und B. v. 20.7.2016 - 22 ZB 16.284 - juris, Rn. 17 m. w. N.).

Bei alledem darf nicht außer Acht bleiben, dass zum einen - ausgehend von den strafgerichtlichen Feststellungen - der Geschäftsführer der Klägerin nicht in fahrlässiger Unkenntnis seiner sozialversicherungsrechtlichen Pflichten als Arbeitgeber oder aufgrund vorwerfbarer Nachlässigkeit die geahndeten Straftaten begangen hat, sondern dass er absichtlich Sozialversicherungsbeiträge den zuständigen Versicherungsträgern vorenthalten hat, dass zum andern dieses Verhalten über mehrere Jahre andauerte und nicht nur einen Beschäftigen betraf, sondern sechs Arbeitnehmer in zwei verschiedenen Gewerbebetrieben. Hinzu kommt, dass das Gewicht der begangenen Delikte auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass das Strafgericht zwar eine Freiheitsstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens nach § 266a Abs. 1 StGB verhängt, allerdings eine - nach dieser Vorschrift gleichfalls mögliche - bloße Geldstrafe als nicht mehr ausreichend angesehen hat. Vor diesem Hintergrund ist die von der Beklagten angestellte und vom Verwaltungsgericht gebilligte Prognose, die begangenen Taten seien nicht als einmalige, persönlichkeitsfremde Verfehlung anzusehen und eine ordnungsgemäße Betriebsführung sei auch künftig nicht gewährleistet, nicht zu beanstanden. Zumindest ist die Klägerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags derartigen Überlegungen nicht substantiiert entgegengetreten.

Dass der Geschäftsführer die rückständigen Sozialabgaben sofort bezahlt hat, spricht weder für ihn noch gegen ihn; nur in dieser Weise und - entgegen der Behauptung der Klägerin (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 7 oben) - nicht zulasten der Klägerin hat das Verwaltungsgericht diese Schadenswiedergutmachung gewertet.

2. Die Klägerin meint, das angegriffene Urteil leide an einem Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), der darin liegen soll, dass das Verwaltungsgericht den Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Besonderheiten der Verständigung nach § 257c StPO sowie der geltend gemachten Ermittlungspflicht zu „sozialversicherungsrechtlichen Vorfragen“ als auch zu den für eine günstige Prognose sprechenden Gründen nicht berücksichtigt habe (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 2 oben und S. 8/9 „zu B“); die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe damit den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt. Dem ist nicht zu folgen.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Verwaltungsgericht nicht, jede Einzelheit der Überzeugungsbildung in den Gründen darzulegen und jedes Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BayVGH, B. v. 11.11.2013 - 22 ZB 13.1604 - juris, Rn. 45, 46 m. w. N.; BayVGH, B. v. 2.2.2006 - 22 ZB 05.2111 - unter Hinweis auf BVerwG, B. v. 1.4.2004 - 6 B 5.04 u. a. - GewArch 2004, 488; BayVGH, B. v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris, Rn. 30). Um eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör anzunehmen, müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass der Sachvortrag eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen worden ist; von einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist auszugehen, wenn bezüglich einer für die Entscheidung wesentlichen Frage nicht ersichtlich ist, warum sie das Gericht so und nicht anders entschieden hat, oder wenn konkrete Umstände die Schlussfolgerung nahelegen, dass das Gericht bestimmtes wesentliches Parteivorbringen nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, Rn. 31 zu § 108, m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Das Verwaltungsgericht hat nämlich im Tatbestand seines Urteils wiedergegeben - und somit zur Kenntnis genommen - den Vortrag der Klägerin dahingehend, dass aufgrund der Verständigung nach § 257c StPO die (nach Ansicht der Klägerin fragliche) Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen im Strafverfahren nicht abschließend geprüft worden sei und demzufolge weitere Ermittlungen von Amts wegen geboten seien oder die Entscheidung des Sozialgerichts abgewartet werden müsse (UA Rn. 14); es hat ausweislich des Tatbestands (UA, Rn. 15) auch den Vortrag der Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten verbreiteten Praxis zur Beschäftigung selbstständiger „Beiköche“ und der hierauf beruhenden Annahme des Geschäftsführers, er verhalte sich korrekt, zur Kenntnis genommen, desgleichen den Vortrag zu den geltend gemachten Gesichtspunkten einer sofortigen Umstellung der Geschäftspraxis, einer sofortigen Schadenswiedergutmachung und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Welchen anderen Vortrag das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen haben soll, liegt die Klägerin nicht dar. Inwieweit die Entscheidungsgründe zeigen sollen, dass das Verwaltungsgericht dieses Vorbringen gleichwohl nicht berücksichtigt und nicht nur anders bewertet hat, als es die Klägerin für richtig hält, zeigt die Klägerin nicht auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung, die Anordnung der Betriebseinstellung sowie die Androhung von Zwangsgeld.

Der Kläger ist einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der ... GmbH. Diese betreibt das selbständige Gewerbe ...

Mit Bescheid vom 7. April 2016 untersagte das ... der ... GmbH die Ausübung des betriebenen Gewerbes und jegliche weitere gewerbliche Tätigkeit, soweit sie unter § 35 Abs. 1 GewO falle. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH am 6. Mai 2016 unter dem Az. Au 5 K 16.709 Klage.

Mit weiterem Bescheid vom 7. April 2016 wurde dem Kläger die selbständige Ausübung des Gewerbes ... sowie jegliche weitere gewerbliche Tätigkeit, soweit sie unter § 35 Abs. 1 GewO fällt, untersagt (Ziffer 1 des Bescheides). In Ziffer 2 des Bescheides wurde die Untersagung auch auf die Ausübung als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder der Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person mit der möglichen Ausnahme einer Tätigkeit als fachlich technischer Leiter eines Handwerksbetriebes im Sinne des § 7 Abs. 1 HwO in der Stellung als Arbeitnehmer in einem Betrieb, in dem der Betriebsinhaber selbst eintragungsfähig in die Handwerksrolle ist, erstreckt. Für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus den Ziffer 1 und 2 wurde in Ziffer 3 des Bescheides für den Fall der Zuwiderhandlung sowohl gegen die Untersagung der derzeit betriebenen Gewerbe als auch des Betriebes eines anderen Gewerbes als auch gegen die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person oder als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht.

Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Der Bescheid wurde dem Kläger laut der Postzustellungsurkunde am 8. April 2016 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016, bei Gericht per Telefax eingegangen am 17. Juni 2016, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des ... vom 7.4.2016,, aufzuheben.

Zudem beantragte er, für den Fall der Versäumnis der Klagefrist, 10 die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der genannten Frist.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Kläger von der Tatsache, dass gegen ihn als Geschäftsführer der GmbH unter dem Az.: ... am 7. April 2016 ebenfalls eine Gewerbeuntersagung erlassen worden sei, erst durch den Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2016, beim Klägerbevollmächtigten eingegangen am 9. Juni 2016, Kenntnis erlangt habe. Die Gewerbeuntersagungsverfügung des Beklagten gegen den Kläger habe einen komplett identischen Inhalt und sei an die gleiche Adresse adressiert. Im Bescheid werde im Wesentlichen lediglich die Bezeichnung des Betroffenen ausgetauscht. Die Bescheide hingen kausal miteinander zusammen, da der eine Bescheid nicht ohne den anderen begründet werden könne, insoweit seien auch die Gründe identisch. Die rein formal juristische Trennung bei der E. GmbH zwischen Geschäftsbetrieb und Geschäftsführer könne verwaltungsgerichtlich nicht die Auswirkung haben, dass ein Bescheid rechtskräftig werde und der andere nicht. Selbstverständlich sei es Wille der ... GmbH gewesen, mit der Klage Rechtsschutz gegen sämtliche Maßnahmen des Beklagten gegen die GmbH und auch deren Geschäftsführer zu erlangen. Die Klage sei daher so auszulegen, dass sie sich gegen alle Bescheide im Zusammenhang mit der Gewerbeuntersagung richte. Der Wiedereinsetzungsantrag werde wie folgt begründet. Wie aus den Bescheiden ersichtlich sei, hätten die ... GmbH und der Kläger die gleiche Zustellungsanschrift. Dies liege daran, dass Produktion und Büro der GmbH verschiedene Standorte hätten. Das Büro der GmbH befinde sich gleich neben der Privatwohnung des Klägers. Sowohl die GmbH als auch der Kläger hätten einen gemeinsamen Briefkasten. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt der Zustellung beider Bescheide am 8. April 2016 auf einer Geschäftsreise in den Golf-Emiraten befunden, wo sich ein Großteil der Kunden der GmbH befinde. Der Kläger sei erst am 18. April 2016 von der Geschäftsreise zurückgekehrt und dann für eine weitere Geschäftsreise bereits am 6. Mai 2016 wieder in die Emirate geflogen. Die GmbH habe eine Sekretariatsmitarbeiterin, die sich um die gesamte Geschäftspost und die bürotechnischen Angelegenheiten der GmbH kümmere. Diese habe am Zustellungstag der Bescheide nur den Bescheid, der an die GmbH gerichtet gewesen sei, geöffnet und sei von dessen Inhalt zutiefst erschrocken gewesen. Den Bescheid an den Kläger persönlich habe die Mitarbeiterin ungeöffnet auf dessen Schreibtisch gelegt. In der Aufregung habe die Mitarbeiterin den Geschäftsführer noch am 8. April 2016 telefonisch über den Bescheid gegen die GmbH informiert, jedoch nicht über die Existenz eines zweiten Briefes. Der Kläger habe die Mitarbeiterin dann gebeten, ihm den Bescheid per E-Mail zukommen zu lassen. Dem sei die Mitarbeiterin noch am selben Tage nachgekommen. Der Kläger habe sich dann zu einem nicht mehr genau nachvollziehbaren Datum telefonisch mit dem Bevollmächtigten in Verbindung gesetzt und den Untersagungsbescheid weitergeleitet. Insoweit habe auch der Bevollmächtigte des Klägers nichts von einem Bescheid gegen den Kläger persönlich gewusst. Der Bescheid gegen den Kläger persönlich habe weiterhin auf dem Schreibtisch gelegen und sei von der Mitarbeiterin in Vergessenheit geraten. Diesen Brief habe der Kläger zu einem nicht mehr bekannten Datum in einem großen Stapel der allgemeinen Post gefunden und geöffnet. Es werde eingeräumt, dass dies wahrscheinlich - aber nicht sicher - vor Ablauf der Klagefrist erfolgt sei. Der Kläger habe diesen zweiten Bescheid jedoch für den identischen Bescheid gehalten, wie denjenigen, der an seine Firma gerichtet gewesen sei, lediglich an ihn als Geschäftsführer adressiert. Dabei sei zu beachten, dass der Kläger juristischer Laie sei und aufgrund der Ähnlichkeit beider Bescheide der Meinung gewesen sei, dass es sich hierbei um keinen separaten Verwaltungsakt gehandelt habe. Diese Einschätzung sei durchaus nachvollziehbar, denn die Bescheide unter schieden sich im Aktenzeichen nur in einer Ziffer, sie trügen das gleiche Datum, die gleiche Adresse und hätten den identischen Inhalt. Die Bescheide unterschieden sich lediglich leicht im Tenor. Der juristische Laie könne nicht beurteilen, dass in diesem Fall ein separates Klageverfahren durchgeführt werden müsse, vor allem im Falle einer Ein Mann GmbH, bei der der juristische Laie oft die Unterscheidung der beiden Rechtssubjekte nicht wahrnehme. Den Kläger treffe somit kein Verschulden an der Fristversäumnis, da er keine Kenntnis von der Zustellung eines eigenständigen Bescheides gegen ihn persönlich gehabt habe und erst durch den Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2016 hiervon Kenntnis erlangt habe. Hierüber habe der Bevollmächtigte des Klägers den Kläger telefonisch am 13. Juni 2016 unterrichtet. Dem Kläger sei kein Schuldvorwurf zu machen. Bei juristischen Laien sei der Sorgfaltsmaßstab geringer anzusetzen. Das Verhalten der Mitarbeiterin, einer Hilfsperson des Klägers, sei dem Kläger nicht zuzurechnen. Ein Verschulden des Klägers liege auch nicht bei einer Sorgfaltspflichtverletzung bei der Auswahl seiner Hilfsperson vor, da die Mitarbeiterin seit Jahren absolut zuverlässig und ordentlich arbeite. Zudem sei der Beklagte verpflichtet gewesen, im Rahmen des Akteneinsichtsgesuches zumindest beide Akten zur Verfügung zu stellen, insbesondere auch deshalb, da Fälle dieser Art oftmals in einer Akte geführt würden. Wäre nur eine Akte geführt worden, wäre selbstverständlich der zweite Bescheid sofort aufgefallen.

Mit der Klageschrift legte der Kläger Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen vor. Rückstände bezüglich der Beitragszahlungen bestehen demzufolge nicht.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 29. Juli 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass dem Kläger ausweislich der Zustellungsurkunde der streitgegenständliche Bescheid durch Übergabe an eine in der „... GmbH“ beschäftigte Person am 8. April 2016 unter der Anschrift, übergeben und damit wirksam zugestellt worden sei. Der Bescheid sei darüber hinaus mit einer ausdrücklichen Belehrung über die einmonatige Klagefrist ab Zustellung versehen. Die Klagefrist habe damit mit Ablauf des 9. Mai 2016 geendet. Sofern vorgetragen werde, dass die Gewerbeuntersagungsverfügung gegen den Kläger einen komplett identischen Inhalt habe, bei dem im Wesentlichen lediglich die Bezeichnung des Betroffenen ausgetauscht worden sei, könne dem nicht gefolgt werden. Der Kläger hätte als Geschäftsführer der GmbH allein schon aufgrund des Umstands, dass sämtlicher, während des Verfahrens erfolgter Schriftverkehr sich einmal gegen die Gesellschaft und einmal gegen ihn selbst als Geschäftsführer des Unternehmens unter der Verwendung eines jeweils eigenen Aktenzeichens gerichtet habe, erkennen können, dass es sich um zwei voneinander unabhängige Verfahren handele. Zudem treffe es nicht zu, dass beide Untersagungsverfügungen kausal miteinander zusammenhingen. Beide Verfahren könnten nach § 35 GewO unabhängig voneinander zum Abschluss gebracht werden. Daher könne sich der Klägervertreter auch nicht darauf berufen, dass eine reine formal juristische Trennung bei einer GmbH, gleich welcher Zahl an Gesellschaftern und Geschäftsführern, die verwaltungsgerichtliche Auswirkung haben müsse, dass beide Bescheide stets nur zusammen bestandskräftig sein könnten. Bei der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags des Klägervertreters fehle es allein schon an einer schlüssigen Darstellung und Belegung, wann die angeblichen Hinderungsgründe zur fristgerechten Einreichung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand tatsächlich entfallen sind und ob die Antragstellung dadurch innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgte. Die Abwesenheit des Geschäftsführers im Ausland sei nicht durch Nachweise wie Reiseunterlagen belegt. Zudem sei es dem Kläger laut den Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers zwischen dem 19. April 2016 bis zum 5. Mai 2016 möglich gewesen, sowohl seine geschäftlichen als auch privaten postalischen Unterlagen zu sichten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger als angeblicher juristischer Laie den von ihm ohnehin schon beauftragten Bevollmächtigten nicht umgehend über das Schreiben informiert und dessen Rechtsrat eingeholt habe, insbesondere, wenn sich ihm die Bedeutung des an ihn persönlich adressierten Schriftstückes nicht ohne weiteres erschlossen habe. Daher sei auch nicht feststellbar, zu welchem Zeitpunkt das geltend gemachte Hindernis im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO tatsächlich weggefallen sei. Dass der Kläger als juristischer Laie dem an ihn gerichteten Bescheid keine Bedeutung zugemessen habe, stelle keinen Versäumnisgrund dar. Es lasse sich nicht nachvollziehen, warum der Kläger das an ihn persönlich gerichtete Schreiben lediglich als Zweitschrift der gegen die GmbH erlassenen Untersagungsverfügung gehalten haben solle. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass auf Seite 10 der Begründung des Bescheids angesprochen werde, dass mit Bescheid des ... vom 7.4.2016, ..., gegen die ... GmbH ebenfalls eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen worden sei. Dies stelle auch gegenüber einer juristisch nicht vorgebildeten Person eine deutliche Klarstellung dar, dass zwei separate Verfügungen ergangen seien. Der Kläger sei auch nicht unerfahren oder unbeholfen. Er sei vielmehr seit 37 Jahren geschäftlich und insbesondere international tätig. Zudem sollte gerade der Geschäftsführer einer E.in M.ann GmbH die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter kennen, da er diese gesellschaftliche Gestaltung selbst gewählt habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die Mitarbeiterin beide Schreiben unterschiedlich behandelt habe. Allein schon der Umstand, dass beide Schreiben förmlich zugestellt worden seien, lege nahe, dass das ungeöffnete Schriftstück an den Kläger beim geöffneten Schriftstück an die GmbH zur Kenntnis belassen werden sollte, statt es dem Kläger unerwähnt auf dem Schreibtisch zu hinterlassen. Es sei zudem zweifelhaft, ob die Mitarbeiterin die Stellung einer Hilfsperson im Sinne des § 60 VwGO inne habe, derer sich der Kläger die zur Wahrnehmung verfahrensrechtlicher Aufgaben in Bezug auf den gegen ihn erlassenen Bescheid bedient habe, weshalb ihm ein Verschulden über § 85 Abs. 2 ZPO nicht zugerechnet werden könne, da sich diese Vorschrift nicht auf diesen Personenkreis beziehe. Der Bevollmächtigte des Klägers habe gegenüber dem ... lediglich die Vertretung der ... GmbH angezeigt, nicht jedoch die Vertretung des Geschäftsführers selbst. Daher habe für das ... auch kein Anlass bestanden, im Rahmen des Akteneinsichtsgesuchs für die * GmbH auch die separat geführte Akte im eigenständigen Verfahren gegen den Kläger zur Verfügung zu stellen. Für den Bevollmächtigten hätte naheliegend gewesen sein müssen, dass eine weitere Untersagungsverfü-gung erlassen worden sein könnte, da ihm die Möglichkeiten von Untersagungen nach § 35 GewO wohl bekannt seien. Es sei überdies auch aus dem Bescheid gegen die GmbH ersichtlich, dass von einer Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen werde. Dem Kläger sei deshalb die Einhaltung der Frist zumutbar gewesen.

Mit Schreiben vom 12. August 2016 und 4. Oktober 2016 vertiefte der Kläger sein Vorbringen und legte eine betriebswirtschaftliche Auswertung der Gesellschaft des Klägers sowie weitere Nachweise vor.

Am 8. Dezember 2016 fand mit dem Verfahren Au 5 K 16.709 die gemeinsame mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage stellt sich bereits als unzulässig dar.

1. Der Kläger hat die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO von einem Monat nach Bekanntgabe bzw. Zustellung des Verwaltungsakts nicht eingehalten. Der Bescheid des Beklagten vom 7. April 2016 war mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung:versehen, die den Kläger auf die Möglichkeit der Erhebung der Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg als statthaften Rechtsbehelf hinwies. Dieser Bescheid ist dem Kläger ausweislich der vorgelegten Behördenakten mittels Postzustellungsurkunde am Freitag, dem 8. April 2016 zugestellt worden. Damit war Fristende gemäß § 57 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am 8. Mai 2016. Da es sich dabei um einen Sonntag handelt, verschiebt sich das Fristende gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. 222 Abs. 2 ZPO auf den nächsten Werktag. Die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist damit am 9. Mai 2016 um 0 Uhr abgelaufen. Die Klageerhebung am 17. Juni 2016 erfolgte nicht mehr innerhalb der Klagefrist.

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz VwGO ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die versäumte Handlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Bei Nachholung der Handlung kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO).

Der Kläger hat die versäumte Handlung - hier die Klageerhebung - zwar nachgeholt, es ist jedoch kein Grund für eine Wiedereinsetzung gegeben. Dem Kläger ist ein Verschulden bei der Nichteinhaltung der Frist anzulasten.

Für das Verschulden bezüglich der Fristwahrung kommt es darauf an, ob der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalles auch zumutbar war (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 60 Rn. 9). Auch Fahrlässigkeit schließt eine Wiedereinsetzung aus.

Nach diesen Maßstäben liegt ein Verschulden des Klägers vor. Auf ein etwaiges Verschulden der Mitarbeiterin des Klägers ist hierbei nicht einzugehen, da der Kläger nach eigenem Vortrag zumindest im Zeitraum seiner Anwesenheit vom 18. April 2016 bis 6. Mai 2016 die Möglichkeit der Kenntnisnahme beider Schreiben hatte. Dass er die Relevanz des an ihn persönlich gerichteten Schreibens falsch einschätzte, muss nach Auffassung der Kammer als fahrlässig gewertet werden. Auch ein juristischer Laie muss nach den rechtlichen Fahrlässigkeitsmaßstäben die im Rechtsverkehr übliche Sorgfalt aufwenden, einen an ihn adressierten Bescheid zu beachten und aufmerksam zu lesen. Beide Bescheide wurden in separaten Umschlägen, jeweils mit einer eigenen Postzustellungsurkunde zugestellt. Weiterhin unterscheiden sich die Bescheide nicht nur hinsichtlich der Adressierung und des Aktenzeichens, vielmehr muss einem aufmerksamen Leser die unterschiedliche Tenorierung, insbesondere in Ziffer 2 der Bescheide auffallen. Bereits aus dem jeweiligen Tenor der Bescheide sind die inhaltlich unterschiedlichen Verfügungen ersichtlich. Diesbezüglich sind keinerlei rechtliche Kenntnisse erforderlich. Schon rein optisch ist anhand Ziffer 2 der Bescheide ein Unterschied deutlich erkennbar, so dass nicht von einer zweifachen Ausfertigung ausgegangen werden kann. In der Begründung des an die ... GmbH gerichteten Bescheides wird zudem auf die eigenen Steuerschulden und die Straftat des Geschäftsführers Bezug genommen. Die Begründung der Bescheide unterscheidet sich insgesamt und durchgängig an vielen Stellen und nicht nur hinsichtlich der Bezeichnung des jeweiligen Adressaten. Weiterhin ergibt sich das ersichtliche Vorliegen zweier Untersagungsverfahren schon hinsichtlich der bereits vor Bescheidserlass erfolgten Anhörungsschreiben, die für jedes Verfahren separat, sowohl an den Kläger selbst als auch an die GmbH gerichtet, ergingen. Damit war den Kläger bereits vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids deutlich erkennbar, dass zwei Gewerbeuntersagungsverfahren nebeneinander betrieben werden, von denen eines ihn persönlich betrifft. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Kläger entgegen des Vortrags seines Bevollmächtigten nicht um einen gänzlich unerfahrenen Bürger, sondern um einen international tätigen Gewerbetreibenden handelt, der den Umgang mit rechtlich relevanten Schriftstücken gewohnt ist.

c) Damit kann offen bleiben, ob die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses eingehalten wurde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung, die Anordnung der Betriebseinstellung sowie die Androhung von Zwangsgeld.

Der Kläger ist einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der ... GmbH. Diese betreibt das selbständige Gewerbe ...

Mit Bescheid vom 7. April 2016 untersagte das ... der ... GmbH die Ausübung des betriebenen Gewerbes und jegliche weitere gewerbliche Tätigkeit, soweit sie unter § 35 Abs. 1 GewO falle. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH am 6. Mai 2016 unter dem Az. Au 5 K 16.709 Klage.

Mit weiterem Bescheid vom 7. April 2016 wurde dem Kläger die selbständige Ausübung des Gewerbes ... sowie jegliche weitere gewerbliche Tätigkeit, soweit sie unter § 35 Abs. 1 GewO fällt, untersagt (Ziffer 1 des Bescheides). In Ziffer 2 des Bescheides wurde die Untersagung auch auf die Ausübung als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder der Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person mit der möglichen Ausnahme einer Tätigkeit als fachlich technischer Leiter eines Handwerksbetriebes im Sinne des § 7 Abs. 1 HwO in der Stellung als Arbeitnehmer in einem Betrieb, in dem der Betriebsinhaber selbst eintragungsfähig in die Handwerksrolle ist, erstreckt. Für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus den Ziffer 1 und 2 wurde in Ziffer 3 des Bescheides für den Fall der Zuwiderhandlung sowohl gegen die Untersagung der derzeit betriebenen Gewerbe als auch des Betriebes eines anderen Gewerbes als auch gegen die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person oder als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht.

Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Der Bescheid wurde dem Kläger laut der Postzustellungsurkunde am 8. April 2016 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016, bei Gericht per Telefax eingegangen am 17. Juni 2016, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des ... vom 7.4.2016,, aufzuheben.

Zudem beantragte er, für den Fall der Versäumnis der Klagefrist, 10 die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der genannten Frist.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Kläger von der Tatsache, dass gegen ihn als Geschäftsführer der GmbH unter dem Az.: ... am 7. April 2016 ebenfalls eine Gewerbeuntersagung erlassen worden sei, erst durch den Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2016, beim Klägerbevollmächtigten eingegangen am 9. Juni 2016, Kenntnis erlangt habe. Die Gewerbeuntersagungsverfügung des Beklagten gegen den Kläger habe einen komplett identischen Inhalt und sei an die gleiche Adresse adressiert. Im Bescheid werde im Wesentlichen lediglich die Bezeichnung des Betroffenen ausgetauscht. Die Bescheide hingen kausal miteinander zusammen, da der eine Bescheid nicht ohne den anderen begründet werden könne, insoweit seien auch die Gründe identisch. Die rein formal juristische Trennung bei der E. GmbH zwischen Geschäftsbetrieb und Geschäftsführer könne verwaltungsgerichtlich nicht die Auswirkung haben, dass ein Bescheid rechtskräftig werde und der andere nicht. Selbstverständlich sei es Wille der ... GmbH gewesen, mit der Klage Rechtsschutz gegen sämtliche Maßnahmen des Beklagten gegen die GmbH und auch deren Geschäftsführer zu erlangen. Die Klage sei daher so auszulegen, dass sie sich gegen alle Bescheide im Zusammenhang mit der Gewerbeuntersagung richte. Der Wiedereinsetzungsantrag werde wie folgt begründet. Wie aus den Bescheiden ersichtlich sei, hätten die ... GmbH und der Kläger die gleiche Zustellungsanschrift. Dies liege daran, dass Produktion und Büro der GmbH verschiedene Standorte hätten. Das Büro der GmbH befinde sich gleich neben der Privatwohnung des Klägers. Sowohl die GmbH als auch der Kläger hätten einen gemeinsamen Briefkasten. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt der Zustellung beider Bescheide am 8. April 2016 auf einer Geschäftsreise in den Golf-Emiraten befunden, wo sich ein Großteil der Kunden der GmbH befinde. Der Kläger sei erst am 18. April 2016 von der Geschäftsreise zurückgekehrt und dann für eine weitere Geschäftsreise bereits am 6. Mai 2016 wieder in die Emirate geflogen. Die GmbH habe eine Sekretariatsmitarbeiterin, die sich um die gesamte Geschäftspost und die bürotechnischen Angelegenheiten der GmbH kümmere. Diese habe am Zustellungstag der Bescheide nur den Bescheid, der an die GmbH gerichtet gewesen sei, geöffnet und sei von dessen Inhalt zutiefst erschrocken gewesen. Den Bescheid an den Kläger persönlich habe die Mitarbeiterin ungeöffnet auf dessen Schreibtisch gelegt. In der Aufregung habe die Mitarbeiterin den Geschäftsführer noch am 8. April 2016 telefonisch über den Bescheid gegen die GmbH informiert, jedoch nicht über die Existenz eines zweiten Briefes. Der Kläger habe die Mitarbeiterin dann gebeten, ihm den Bescheid per E-Mail zukommen zu lassen. Dem sei die Mitarbeiterin noch am selben Tage nachgekommen. Der Kläger habe sich dann zu einem nicht mehr genau nachvollziehbaren Datum telefonisch mit dem Bevollmächtigten in Verbindung gesetzt und den Untersagungsbescheid weitergeleitet. Insoweit habe auch der Bevollmächtigte des Klägers nichts von einem Bescheid gegen den Kläger persönlich gewusst. Der Bescheid gegen den Kläger persönlich habe weiterhin auf dem Schreibtisch gelegen und sei von der Mitarbeiterin in Vergessenheit geraten. Diesen Brief habe der Kläger zu einem nicht mehr bekannten Datum in einem großen Stapel der allgemeinen Post gefunden und geöffnet. Es werde eingeräumt, dass dies wahrscheinlich - aber nicht sicher - vor Ablauf der Klagefrist erfolgt sei. Der Kläger habe diesen zweiten Bescheid jedoch für den identischen Bescheid gehalten, wie denjenigen, der an seine Firma gerichtet gewesen sei, lediglich an ihn als Geschäftsführer adressiert. Dabei sei zu beachten, dass der Kläger juristischer Laie sei und aufgrund der Ähnlichkeit beider Bescheide der Meinung gewesen sei, dass es sich hierbei um keinen separaten Verwaltungsakt gehandelt habe. Diese Einschätzung sei durchaus nachvollziehbar, denn die Bescheide unter schieden sich im Aktenzeichen nur in einer Ziffer, sie trügen das gleiche Datum, die gleiche Adresse und hätten den identischen Inhalt. Die Bescheide unterschieden sich lediglich leicht im Tenor. Der juristische Laie könne nicht beurteilen, dass in diesem Fall ein separates Klageverfahren durchgeführt werden müsse, vor allem im Falle einer Ein Mann GmbH, bei der der juristische Laie oft die Unterscheidung der beiden Rechtssubjekte nicht wahrnehme. Den Kläger treffe somit kein Verschulden an der Fristversäumnis, da er keine Kenntnis von der Zustellung eines eigenständigen Bescheides gegen ihn persönlich gehabt habe und erst durch den Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2016 hiervon Kenntnis erlangt habe. Hierüber habe der Bevollmächtigte des Klägers den Kläger telefonisch am 13. Juni 2016 unterrichtet. Dem Kläger sei kein Schuldvorwurf zu machen. Bei juristischen Laien sei der Sorgfaltsmaßstab geringer anzusetzen. Das Verhalten der Mitarbeiterin, einer Hilfsperson des Klägers, sei dem Kläger nicht zuzurechnen. Ein Verschulden des Klägers liege auch nicht bei einer Sorgfaltspflichtverletzung bei der Auswahl seiner Hilfsperson vor, da die Mitarbeiterin seit Jahren absolut zuverlässig und ordentlich arbeite. Zudem sei der Beklagte verpflichtet gewesen, im Rahmen des Akteneinsichtsgesuches zumindest beide Akten zur Verfügung zu stellen, insbesondere auch deshalb, da Fälle dieser Art oftmals in einer Akte geführt würden. Wäre nur eine Akte geführt worden, wäre selbstverständlich der zweite Bescheid sofort aufgefallen.

Mit der Klageschrift legte der Kläger Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen vor. Rückstände bezüglich der Beitragszahlungen bestehen demzufolge nicht.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 29. Juli 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass dem Kläger ausweislich der Zustellungsurkunde der streitgegenständliche Bescheid durch Übergabe an eine in der „... GmbH“ beschäftigte Person am 8. April 2016 unter der Anschrift, übergeben und damit wirksam zugestellt worden sei. Der Bescheid sei darüber hinaus mit einer ausdrücklichen Belehrung über die einmonatige Klagefrist ab Zustellung versehen. Die Klagefrist habe damit mit Ablauf des 9. Mai 2016 geendet. Sofern vorgetragen werde, dass die Gewerbeuntersagungsverfügung gegen den Kläger einen komplett identischen Inhalt habe, bei dem im Wesentlichen lediglich die Bezeichnung des Betroffenen ausgetauscht worden sei, könne dem nicht gefolgt werden. Der Kläger hätte als Geschäftsführer der GmbH allein schon aufgrund des Umstands, dass sämtlicher, während des Verfahrens erfolgter Schriftverkehr sich einmal gegen die Gesellschaft und einmal gegen ihn selbst als Geschäftsführer des Unternehmens unter der Verwendung eines jeweils eigenen Aktenzeichens gerichtet habe, erkennen können, dass es sich um zwei voneinander unabhängige Verfahren handele. Zudem treffe es nicht zu, dass beide Untersagungsverfügungen kausal miteinander zusammenhingen. Beide Verfahren könnten nach § 35 GewO unabhängig voneinander zum Abschluss gebracht werden. Daher könne sich der Klägervertreter auch nicht darauf berufen, dass eine reine formal juristische Trennung bei einer GmbH, gleich welcher Zahl an Gesellschaftern und Geschäftsführern, die verwaltungsgerichtliche Auswirkung haben müsse, dass beide Bescheide stets nur zusammen bestandskräftig sein könnten. Bei der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags des Klägervertreters fehle es allein schon an einer schlüssigen Darstellung und Belegung, wann die angeblichen Hinderungsgründe zur fristgerechten Einreichung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand tatsächlich entfallen sind und ob die Antragstellung dadurch innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgte. Die Abwesenheit des Geschäftsführers im Ausland sei nicht durch Nachweise wie Reiseunterlagen belegt. Zudem sei es dem Kläger laut den Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers zwischen dem 19. April 2016 bis zum 5. Mai 2016 möglich gewesen, sowohl seine geschäftlichen als auch privaten postalischen Unterlagen zu sichten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger als angeblicher juristischer Laie den von ihm ohnehin schon beauftragten Bevollmächtigten nicht umgehend über das Schreiben informiert und dessen Rechtsrat eingeholt habe, insbesondere, wenn sich ihm die Bedeutung des an ihn persönlich adressierten Schriftstückes nicht ohne weiteres erschlossen habe. Daher sei auch nicht feststellbar, zu welchem Zeitpunkt das geltend gemachte Hindernis im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO tatsächlich weggefallen sei. Dass der Kläger als juristischer Laie dem an ihn gerichteten Bescheid keine Bedeutung zugemessen habe, stelle keinen Versäumnisgrund dar. Es lasse sich nicht nachvollziehen, warum der Kläger das an ihn persönlich gerichtete Schreiben lediglich als Zweitschrift der gegen die GmbH erlassenen Untersagungsverfügung gehalten haben solle. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass auf Seite 10 der Begründung des Bescheids angesprochen werde, dass mit Bescheid des ... vom 7.4.2016, ..., gegen die ... GmbH ebenfalls eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen worden sei. Dies stelle auch gegenüber einer juristisch nicht vorgebildeten Person eine deutliche Klarstellung dar, dass zwei separate Verfügungen ergangen seien. Der Kläger sei auch nicht unerfahren oder unbeholfen. Er sei vielmehr seit 37 Jahren geschäftlich und insbesondere international tätig. Zudem sollte gerade der Geschäftsführer einer E.in M.ann GmbH die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter kennen, da er diese gesellschaftliche Gestaltung selbst gewählt habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die Mitarbeiterin beide Schreiben unterschiedlich behandelt habe. Allein schon der Umstand, dass beide Schreiben förmlich zugestellt worden seien, lege nahe, dass das ungeöffnete Schriftstück an den Kläger beim geöffneten Schriftstück an die GmbH zur Kenntnis belassen werden sollte, statt es dem Kläger unerwähnt auf dem Schreibtisch zu hinterlassen. Es sei zudem zweifelhaft, ob die Mitarbeiterin die Stellung einer Hilfsperson im Sinne des § 60 VwGO inne habe, derer sich der Kläger die zur Wahrnehmung verfahrensrechtlicher Aufgaben in Bezug auf den gegen ihn erlassenen Bescheid bedient habe, weshalb ihm ein Verschulden über § 85 Abs. 2 ZPO nicht zugerechnet werden könne, da sich diese Vorschrift nicht auf diesen Personenkreis beziehe. Der Bevollmächtigte des Klägers habe gegenüber dem ... lediglich die Vertretung der ... GmbH angezeigt, nicht jedoch die Vertretung des Geschäftsführers selbst. Daher habe für das ... auch kein Anlass bestanden, im Rahmen des Akteneinsichtsgesuchs für die * GmbH auch die separat geführte Akte im eigenständigen Verfahren gegen den Kläger zur Verfügung zu stellen. Für den Bevollmächtigten hätte naheliegend gewesen sein müssen, dass eine weitere Untersagungsverfü-gung erlassen worden sein könnte, da ihm die Möglichkeiten von Untersagungen nach § 35 GewO wohl bekannt seien. Es sei überdies auch aus dem Bescheid gegen die GmbH ersichtlich, dass von einer Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen werde. Dem Kläger sei deshalb die Einhaltung der Frist zumutbar gewesen.

Mit Schreiben vom 12. August 2016 und 4. Oktober 2016 vertiefte der Kläger sein Vorbringen und legte eine betriebswirtschaftliche Auswertung der Gesellschaft des Klägers sowie weitere Nachweise vor.

Am 8. Dezember 2016 fand mit dem Verfahren Au 5 K 16.709 die gemeinsame mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage stellt sich bereits als unzulässig dar.

1. Der Kläger hat die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO von einem Monat nach Bekanntgabe bzw. Zustellung des Verwaltungsakts nicht eingehalten. Der Bescheid des Beklagten vom 7. April 2016 war mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung:versehen, die den Kläger auf die Möglichkeit der Erhebung der Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg als statthaften Rechtsbehelf hinwies. Dieser Bescheid ist dem Kläger ausweislich der vorgelegten Behördenakten mittels Postzustellungsurkunde am Freitag, dem 8. April 2016 zugestellt worden. Damit war Fristende gemäß § 57 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am 8. Mai 2016. Da es sich dabei um einen Sonntag handelt, verschiebt sich das Fristende gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. 222 Abs. 2 ZPO auf den nächsten Werktag. Die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist damit am 9. Mai 2016 um 0 Uhr abgelaufen. Die Klageerhebung am 17. Juni 2016 erfolgte nicht mehr innerhalb der Klagefrist.

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz VwGO ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die versäumte Handlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Bei Nachholung der Handlung kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO).

Der Kläger hat die versäumte Handlung - hier die Klageerhebung - zwar nachgeholt, es ist jedoch kein Grund für eine Wiedereinsetzung gegeben. Dem Kläger ist ein Verschulden bei der Nichteinhaltung der Frist anzulasten.

Für das Verschulden bezüglich der Fristwahrung kommt es darauf an, ob der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalles auch zumutbar war (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 60 Rn. 9). Auch Fahrlässigkeit schließt eine Wiedereinsetzung aus.

Nach diesen Maßstäben liegt ein Verschulden des Klägers vor. Auf ein etwaiges Verschulden der Mitarbeiterin des Klägers ist hierbei nicht einzugehen, da der Kläger nach eigenem Vortrag zumindest im Zeitraum seiner Anwesenheit vom 18. April 2016 bis 6. Mai 2016 die Möglichkeit der Kenntnisnahme beider Schreiben hatte. Dass er die Relevanz des an ihn persönlich gerichteten Schreibens falsch einschätzte, muss nach Auffassung der Kammer als fahrlässig gewertet werden. Auch ein juristischer Laie muss nach den rechtlichen Fahrlässigkeitsmaßstäben die im Rechtsverkehr übliche Sorgfalt aufwenden, einen an ihn adressierten Bescheid zu beachten und aufmerksam zu lesen. Beide Bescheide wurden in separaten Umschlägen, jeweils mit einer eigenen Postzustellungsurkunde zugestellt. Weiterhin unterscheiden sich die Bescheide nicht nur hinsichtlich der Adressierung und des Aktenzeichens, vielmehr muss einem aufmerksamen Leser die unterschiedliche Tenorierung, insbesondere in Ziffer 2 der Bescheide auffallen. Bereits aus dem jeweiligen Tenor der Bescheide sind die inhaltlich unterschiedlichen Verfügungen ersichtlich. Diesbezüglich sind keinerlei rechtliche Kenntnisse erforderlich. Schon rein optisch ist anhand Ziffer 2 der Bescheide ein Unterschied deutlich erkennbar, so dass nicht von einer zweifachen Ausfertigung ausgegangen werden kann. In der Begründung des an die ... GmbH gerichteten Bescheides wird zudem auf die eigenen Steuerschulden und die Straftat des Geschäftsführers Bezug genommen. Die Begründung der Bescheide unterscheidet sich insgesamt und durchgängig an vielen Stellen und nicht nur hinsichtlich der Bezeichnung des jeweiligen Adressaten. Weiterhin ergibt sich das ersichtliche Vorliegen zweier Untersagungsverfahren schon hinsichtlich der bereits vor Bescheidserlass erfolgten Anhörungsschreiben, die für jedes Verfahren separat, sowohl an den Kläger selbst als auch an die GmbH gerichtet, ergingen. Damit war den Kläger bereits vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids deutlich erkennbar, dass zwei Gewerbeuntersagungsverfahren nebeneinander betrieben werden, von denen eines ihn persönlich betrifft. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Kläger entgegen des Vortrags seines Bevollmächtigten nicht um einen gänzlich unerfahrenen Bürger, sondern um einen international tätigen Gewerbetreibenden handelt, der den Umgang mit rechtlich relevanten Schriftstücken gewohnt ist.

c) Damit kann offen bleiben, ob die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses eingehalten wurde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung, die Anordnung der Betriebseinstellung sowie die Androhung von Zwangsgeld.

Der Kläger ist einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der ... GmbH. Diese betreibt das selbständige Gewerbe ...

Mit Bescheid vom 7. April 2016 untersagte das ... der ... GmbH die Ausübung des betriebenen Gewerbes und jegliche weitere gewerbliche Tätigkeit, soweit sie unter § 35 Abs. 1 GewO falle. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH am 6. Mai 2016 unter dem Az. Au 5 K 16.709 Klage.

Mit weiterem Bescheid vom 7. April 2016 wurde dem Kläger die selbständige Ausübung des Gewerbes ... sowie jegliche weitere gewerbliche Tätigkeit, soweit sie unter § 35 Abs. 1 GewO fällt, untersagt (Ziffer 1 des Bescheides). In Ziffer 2 des Bescheides wurde die Untersagung auch auf die Ausübung als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder der Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person mit der möglichen Ausnahme einer Tätigkeit als fachlich technischer Leiter eines Handwerksbetriebes im Sinne des § 7 Abs. 1 HwO in der Stellung als Arbeitnehmer in einem Betrieb, in dem der Betriebsinhaber selbst eintragungsfähig in die Handwerksrolle ist, erstreckt. Für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus den Ziffer 1 und 2 wurde in Ziffer 3 des Bescheides für den Fall der Zuwiderhandlung sowohl gegen die Untersagung der derzeit betriebenen Gewerbe als auch des Betriebes eines anderen Gewerbes als auch gegen die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person oder als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht.

Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Der Bescheid wurde dem Kläger laut der Postzustellungsurkunde am 8. April 2016 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016, bei Gericht per Telefax eingegangen am 17. Juni 2016, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des ... vom 7.4.2016,, aufzuheben.

Zudem beantragte er, für den Fall der Versäumnis der Klagefrist, 10 die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der genannten Frist.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Kläger von der Tatsache, dass gegen ihn als Geschäftsführer der GmbH unter dem Az.: ... am 7. April 2016 ebenfalls eine Gewerbeuntersagung erlassen worden sei, erst durch den Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2016, beim Klägerbevollmächtigten eingegangen am 9. Juni 2016, Kenntnis erlangt habe. Die Gewerbeuntersagungsverfügung des Beklagten gegen den Kläger habe einen komplett identischen Inhalt und sei an die gleiche Adresse adressiert. Im Bescheid werde im Wesentlichen lediglich die Bezeichnung des Betroffenen ausgetauscht. Die Bescheide hingen kausal miteinander zusammen, da der eine Bescheid nicht ohne den anderen begründet werden könne, insoweit seien auch die Gründe identisch. Die rein formal juristische Trennung bei der E. GmbH zwischen Geschäftsbetrieb und Geschäftsführer könne verwaltungsgerichtlich nicht die Auswirkung haben, dass ein Bescheid rechtskräftig werde und der andere nicht. Selbstverständlich sei es Wille der ... GmbH gewesen, mit der Klage Rechtsschutz gegen sämtliche Maßnahmen des Beklagten gegen die GmbH und auch deren Geschäftsführer zu erlangen. Die Klage sei daher so auszulegen, dass sie sich gegen alle Bescheide im Zusammenhang mit der Gewerbeuntersagung richte. Der Wiedereinsetzungsantrag werde wie folgt begründet. Wie aus den Bescheiden ersichtlich sei, hätten die ... GmbH und der Kläger die gleiche Zustellungsanschrift. Dies liege daran, dass Produktion und Büro der GmbH verschiedene Standorte hätten. Das Büro der GmbH befinde sich gleich neben der Privatwohnung des Klägers. Sowohl die GmbH als auch der Kläger hätten einen gemeinsamen Briefkasten. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt der Zustellung beider Bescheide am 8. April 2016 auf einer Geschäftsreise in den Golf-Emiraten befunden, wo sich ein Großteil der Kunden der GmbH befinde. Der Kläger sei erst am 18. April 2016 von der Geschäftsreise zurückgekehrt und dann für eine weitere Geschäftsreise bereits am 6. Mai 2016 wieder in die Emirate geflogen. Die GmbH habe eine Sekretariatsmitarbeiterin, die sich um die gesamte Geschäftspost und die bürotechnischen Angelegenheiten der GmbH kümmere. Diese habe am Zustellungstag der Bescheide nur den Bescheid, der an die GmbH gerichtet gewesen sei, geöffnet und sei von dessen Inhalt zutiefst erschrocken gewesen. Den Bescheid an den Kläger persönlich habe die Mitarbeiterin ungeöffnet auf dessen Schreibtisch gelegt. In der Aufregung habe die Mitarbeiterin den Geschäftsführer noch am 8. April 2016 telefonisch über den Bescheid gegen die GmbH informiert, jedoch nicht über die Existenz eines zweiten Briefes. Der Kläger habe die Mitarbeiterin dann gebeten, ihm den Bescheid per E-Mail zukommen zu lassen. Dem sei die Mitarbeiterin noch am selben Tage nachgekommen. Der Kläger habe sich dann zu einem nicht mehr genau nachvollziehbaren Datum telefonisch mit dem Bevollmächtigten in Verbindung gesetzt und den Untersagungsbescheid weitergeleitet. Insoweit habe auch der Bevollmächtigte des Klägers nichts von einem Bescheid gegen den Kläger persönlich gewusst. Der Bescheid gegen den Kläger persönlich habe weiterhin auf dem Schreibtisch gelegen und sei von der Mitarbeiterin in Vergessenheit geraten. Diesen Brief habe der Kläger zu einem nicht mehr bekannten Datum in einem großen Stapel der allgemeinen Post gefunden und geöffnet. Es werde eingeräumt, dass dies wahrscheinlich - aber nicht sicher - vor Ablauf der Klagefrist erfolgt sei. Der Kläger habe diesen zweiten Bescheid jedoch für den identischen Bescheid gehalten, wie denjenigen, der an seine Firma gerichtet gewesen sei, lediglich an ihn als Geschäftsführer adressiert. Dabei sei zu beachten, dass der Kläger juristischer Laie sei und aufgrund der Ähnlichkeit beider Bescheide der Meinung gewesen sei, dass es sich hierbei um keinen separaten Verwaltungsakt gehandelt habe. Diese Einschätzung sei durchaus nachvollziehbar, denn die Bescheide unter schieden sich im Aktenzeichen nur in einer Ziffer, sie trügen das gleiche Datum, die gleiche Adresse und hätten den identischen Inhalt. Die Bescheide unterschieden sich lediglich leicht im Tenor. Der juristische Laie könne nicht beurteilen, dass in diesem Fall ein separates Klageverfahren durchgeführt werden müsse, vor allem im Falle einer Ein Mann GmbH, bei der der juristische Laie oft die Unterscheidung der beiden Rechtssubjekte nicht wahrnehme. Den Kläger treffe somit kein Verschulden an der Fristversäumnis, da er keine Kenntnis von der Zustellung eines eigenständigen Bescheides gegen ihn persönlich gehabt habe und erst durch den Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2016 hiervon Kenntnis erlangt habe. Hierüber habe der Bevollmächtigte des Klägers den Kläger telefonisch am 13. Juni 2016 unterrichtet. Dem Kläger sei kein Schuldvorwurf zu machen. Bei juristischen Laien sei der Sorgfaltsmaßstab geringer anzusetzen. Das Verhalten der Mitarbeiterin, einer Hilfsperson des Klägers, sei dem Kläger nicht zuzurechnen. Ein Verschulden des Klägers liege auch nicht bei einer Sorgfaltspflichtverletzung bei der Auswahl seiner Hilfsperson vor, da die Mitarbeiterin seit Jahren absolut zuverlässig und ordentlich arbeite. Zudem sei der Beklagte verpflichtet gewesen, im Rahmen des Akteneinsichtsgesuches zumindest beide Akten zur Verfügung zu stellen, insbesondere auch deshalb, da Fälle dieser Art oftmals in einer Akte geführt würden. Wäre nur eine Akte geführt worden, wäre selbstverständlich der zweite Bescheid sofort aufgefallen.

Mit der Klageschrift legte der Kläger Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen vor. Rückstände bezüglich der Beitragszahlungen bestehen demzufolge nicht.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 29. Juli 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass dem Kläger ausweislich der Zustellungsurkunde der streitgegenständliche Bescheid durch Übergabe an eine in der „... GmbH“ beschäftigte Person am 8. April 2016 unter der Anschrift, übergeben und damit wirksam zugestellt worden sei. Der Bescheid sei darüber hinaus mit einer ausdrücklichen Belehrung über die einmonatige Klagefrist ab Zustellung versehen. Die Klagefrist habe damit mit Ablauf des 9. Mai 2016 geendet. Sofern vorgetragen werde, dass die Gewerbeuntersagungsverfügung gegen den Kläger einen komplett identischen Inhalt habe, bei dem im Wesentlichen lediglich die Bezeichnung des Betroffenen ausgetauscht worden sei, könne dem nicht gefolgt werden. Der Kläger hätte als Geschäftsführer der GmbH allein schon aufgrund des Umstands, dass sämtlicher, während des Verfahrens erfolgter Schriftverkehr sich einmal gegen die Gesellschaft und einmal gegen ihn selbst als Geschäftsführer des Unternehmens unter der Verwendung eines jeweils eigenen Aktenzeichens gerichtet habe, erkennen können, dass es sich um zwei voneinander unabhängige Verfahren handele. Zudem treffe es nicht zu, dass beide Untersagungsverfügungen kausal miteinander zusammenhingen. Beide Verfahren könnten nach § 35 GewO unabhängig voneinander zum Abschluss gebracht werden. Daher könne sich der Klägervertreter auch nicht darauf berufen, dass eine reine formal juristische Trennung bei einer GmbH, gleich welcher Zahl an Gesellschaftern und Geschäftsführern, die verwaltungsgerichtliche Auswirkung haben müsse, dass beide Bescheide stets nur zusammen bestandskräftig sein könnten. Bei der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags des Klägervertreters fehle es allein schon an einer schlüssigen Darstellung und Belegung, wann die angeblichen Hinderungsgründe zur fristgerechten Einreichung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand tatsächlich entfallen sind und ob die Antragstellung dadurch innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgte. Die Abwesenheit des Geschäftsführers im Ausland sei nicht durch Nachweise wie Reiseunterlagen belegt. Zudem sei es dem Kläger laut den Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers zwischen dem 19. April 2016 bis zum 5. Mai 2016 möglich gewesen, sowohl seine geschäftlichen als auch privaten postalischen Unterlagen zu sichten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger als angeblicher juristischer Laie den von ihm ohnehin schon beauftragten Bevollmächtigten nicht umgehend über das Schreiben informiert und dessen Rechtsrat eingeholt habe, insbesondere, wenn sich ihm die Bedeutung des an ihn persönlich adressierten Schriftstückes nicht ohne weiteres erschlossen habe. Daher sei auch nicht feststellbar, zu welchem Zeitpunkt das geltend gemachte Hindernis im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO tatsächlich weggefallen sei. Dass der Kläger als juristischer Laie dem an ihn gerichteten Bescheid keine Bedeutung zugemessen habe, stelle keinen Versäumnisgrund dar. Es lasse sich nicht nachvollziehen, warum der Kläger das an ihn persönlich gerichtete Schreiben lediglich als Zweitschrift der gegen die GmbH erlassenen Untersagungsverfügung gehalten haben solle. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass auf Seite 10 der Begründung des Bescheids angesprochen werde, dass mit Bescheid des ... vom 7.4.2016, ..., gegen die ... GmbH ebenfalls eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen worden sei. Dies stelle auch gegenüber einer juristisch nicht vorgebildeten Person eine deutliche Klarstellung dar, dass zwei separate Verfügungen ergangen seien. Der Kläger sei auch nicht unerfahren oder unbeholfen. Er sei vielmehr seit 37 Jahren geschäftlich und insbesondere international tätig. Zudem sollte gerade der Geschäftsführer einer E.in M.ann GmbH die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter kennen, da er diese gesellschaftliche Gestaltung selbst gewählt habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die Mitarbeiterin beide Schreiben unterschiedlich behandelt habe. Allein schon der Umstand, dass beide Schreiben förmlich zugestellt worden seien, lege nahe, dass das ungeöffnete Schriftstück an den Kläger beim geöffneten Schriftstück an die GmbH zur Kenntnis belassen werden sollte, statt es dem Kläger unerwähnt auf dem Schreibtisch zu hinterlassen. Es sei zudem zweifelhaft, ob die Mitarbeiterin die Stellung einer Hilfsperson im Sinne des § 60 VwGO inne habe, derer sich der Kläger die zur Wahrnehmung verfahrensrechtlicher Aufgaben in Bezug auf den gegen ihn erlassenen Bescheid bedient habe, weshalb ihm ein Verschulden über § 85 Abs. 2 ZPO nicht zugerechnet werden könne, da sich diese Vorschrift nicht auf diesen Personenkreis beziehe. Der Bevollmächtigte des Klägers habe gegenüber dem ... lediglich die Vertretung der ... GmbH angezeigt, nicht jedoch die Vertretung des Geschäftsführers selbst. Daher habe für das ... auch kein Anlass bestanden, im Rahmen des Akteneinsichtsgesuchs für die * GmbH auch die separat geführte Akte im eigenständigen Verfahren gegen den Kläger zur Verfügung zu stellen. Für den Bevollmächtigten hätte naheliegend gewesen sein müssen, dass eine weitere Untersagungsverfü-gung erlassen worden sein könnte, da ihm die Möglichkeiten von Untersagungen nach § 35 GewO wohl bekannt seien. Es sei überdies auch aus dem Bescheid gegen die GmbH ersichtlich, dass von einer Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen werde. Dem Kläger sei deshalb die Einhaltung der Frist zumutbar gewesen.

Mit Schreiben vom 12. August 2016 und 4. Oktober 2016 vertiefte der Kläger sein Vorbringen und legte eine betriebswirtschaftliche Auswertung der Gesellschaft des Klägers sowie weitere Nachweise vor.

Am 8. Dezember 2016 fand mit dem Verfahren Au 5 K 16.709 die gemeinsame mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage stellt sich bereits als unzulässig dar.

1. Der Kläger hat die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO von einem Monat nach Bekanntgabe bzw. Zustellung des Verwaltungsakts nicht eingehalten. Der Bescheid des Beklagten vom 7. April 2016 war mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung:versehen, die den Kläger auf die Möglichkeit der Erhebung der Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg als statthaften Rechtsbehelf hinwies. Dieser Bescheid ist dem Kläger ausweislich der vorgelegten Behördenakten mittels Postzustellungsurkunde am Freitag, dem 8. April 2016 zugestellt worden. Damit war Fristende gemäß § 57 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am 8. Mai 2016. Da es sich dabei um einen Sonntag handelt, verschiebt sich das Fristende gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. 222 Abs. 2 ZPO auf den nächsten Werktag. Die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist damit am 9. Mai 2016 um 0 Uhr abgelaufen. Die Klageerhebung am 17. Juni 2016 erfolgte nicht mehr innerhalb der Klagefrist.

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz VwGO ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die versäumte Handlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Bei Nachholung der Handlung kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO).

Der Kläger hat die versäumte Handlung - hier die Klageerhebung - zwar nachgeholt, es ist jedoch kein Grund für eine Wiedereinsetzung gegeben. Dem Kläger ist ein Verschulden bei der Nichteinhaltung der Frist anzulasten.

Für das Verschulden bezüglich der Fristwahrung kommt es darauf an, ob der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalles auch zumutbar war (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 60 Rn. 9). Auch Fahrlässigkeit schließt eine Wiedereinsetzung aus.

Nach diesen Maßstäben liegt ein Verschulden des Klägers vor. Auf ein etwaiges Verschulden der Mitarbeiterin des Klägers ist hierbei nicht einzugehen, da der Kläger nach eigenem Vortrag zumindest im Zeitraum seiner Anwesenheit vom 18. April 2016 bis 6. Mai 2016 die Möglichkeit der Kenntnisnahme beider Schreiben hatte. Dass er die Relevanz des an ihn persönlich gerichteten Schreibens falsch einschätzte, muss nach Auffassung der Kammer als fahrlässig gewertet werden. Auch ein juristischer Laie muss nach den rechtlichen Fahrlässigkeitsmaßstäben die im Rechtsverkehr übliche Sorgfalt aufwenden, einen an ihn adressierten Bescheid zu beachten und aufmerksam zu lesen. Beide Bescheide wurden in separaten Umschlägen, jeweils mit einer eigenen Postzustellungsurkunde zugestellt. Weiterhin unterscheiden sich die Bescheide nicht nur hinsichtlich der Adressierung und des Aktenzeichens, vielmehr muss einem aufmerksamen Leser die unterschiedliche Tenorierung, insbesondere in Ziffer 2 der Bescheide auffallen. Bereits aus dem jeweiligen Tenor der Bescheide sind die inhaltlich unterschiedlichen Verfügungen ersichtlich. Diesbezüglich sind keinerlei rechtliche Kenntnisse erforderlich. Schon rein optisch ist anhand Ziffer 2 der Bescheide ein Unterschied deutlich erkennbar, so dass nicht von einer zweifachen Ausfertigung ausgegangen werden kann. In der Begründung des an die ... GmbH gerichteten Bescheides wird zudem auf die eigenen Steuerschulden und die Straftat des Geschäftsführers Bezug genommen. Die Begründung der Bescheide unterscheidet sich insgesamt und durchgängig an vielen Stellen und nicht nur hinsichtlich der Bezeichnung des jeweiligen Adressaten. Weiterhin ergibt sich das ersichtliche Vorliegen zweier Untersagungsverfahren schon hinsichtlich der bereits vor Bescheidserlass erfolgten Anhörungsschreiben, die für jedes Verfahren separat, sowohl an den Kläger selbst als auch an die GmbH gerichtet, ergingen. Damit war den Kläger bereits vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids deutlich erkennbar, dass zwei Gewerbeuntersagungsverfahren nebeneinander betrieben werden, von denen eines ihn persönlich betrifft. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Kläger entgegen des Vortrags seines Bevollmächtigten nicht um einen gänzlich unerfahrenen Bürger, sondern um einen international tätigen Gewerbetreibenden handelt, der den Umgang mit rechtlich relevanten Schriftstücken gewohnt ist.

c) Damit kann offen bleiben, ob die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses eingehalten wurde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 238/05
vom
13. Juni 2006
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Befindet sich der Schuldner mit fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von
mehr als sechs Monaten im Rückstand, hat der Gläubiger den Insolvenzgrund der
Zahlungsunfähigkeit in der Regel glaubhaft gemacht.

b) Nach Antragstellung eingehende Teilzahlungen stellen die Zulässigkeit des Gläubigerantrags
unter dem Gesichtspunkt des Insolvenzgrundes nur in Frage, wenn
mit ihnen die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen
wieder aufgenommen worden sind.
BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05 - LG Darmstadt
AG Darmstadt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak
am 13. Juni 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten werden der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 24. August 2005 und der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 12. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird - auch zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das Amtsgericht Darmstadt zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 6.367,92 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die beteiligte Krankenkasse beantragte wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Februar 2004 bis einschließlich August 2004 sowie Zwangsvollstreckungskosten, Säumniszuschlägen und Mahngebühren in Höhe von insgesamt 7.440,90 € am 20. September 2004 die Eröffnung des In- solvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Zur Glaubhaftmachung legte sie einen vollstreckbaren Auszug aus dem Heberegister vor, der die Ansprüche nach Hauptforderung, Säumniszuschlägen sowie Kosten und Gebühren aufschlüsselt. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2004 teilte sie dem Insolvenzgericht mit, der Schuldner habe eine Teilzahlung von 1.152,25 € erbracht. Der Rückstand belaufe sich jetzt noch auf 6.367,92 €.
2
Das Amtsgericht hat den Insolvenzantrag mangels Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt die Krankenkasse die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

II.


3
Das statthafte (§ 6 Abs. 1, §§ 7, 34 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässige (§ 574 Nr. 2 ZPO) Rechtsmittel führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht. Nach den bislang getroffenen Feststellungen bestehen gegen die Zulässigkeit des Gläubigerantrags gemäß § 14 Abs. 1 InsO keine Bedenken. Das Insolvenzgericht hätte somit zur Hauptprüfung (vgl. HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 14 Rn. 40) übergehen müssen.
4
1. Die Vorinstanzen haben das rechtliche Interesse der Krankenkasse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenso als glaubhaft angesehen wie die geltend gemachte Forderung. Sie meinen jedoch, der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) sei nicht wahrscheinlich, weil die Krankenkasse weder eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung des mit Vollstreckungsmaßnahmen beauftragten Gerichtsvollziehers noch das Protokoll einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners vorgelegt habe. Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen über mehrere Monate hinweg sei lediglich ein Indiz im Rahmen einer von dem Insolvenzgericht vorzunehmenden Gesamtschau über die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit. Auch in Ansehung der Strafdrohung des § 266a StGB lasse sich kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts aufstellen , dass ein Schuldner aus liquiden Mitteln Sozialversicherungsbeiträge im Zweifel vorrangig bediene. Die von der Krankenkasse vertretene Privilegierung öffentlich-rechtlicher Gläubiger finde in § 14 InsO keine Stütze. Die Teilzahlung des Schuldners belege im Gegenteil, dass die Nichtzahlung mehrerer Sozialversicherungsbeiträge allein die Zahlungsunfähigkeit nicht indiziere. Ursache könne auch eine bloße Zahlungsstockung sein. Die von der Krankenkasse angeführte Senatsentscheidung vom 10. Juli 2003 (IX ZR 89/02, WM 2003, 1776) sei im vorliegenden Zusammenhang unergiebig.
5
2. Diese Begründung ist nicht tragfähig; sie überspannt die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes. Ist der Schuldner, wovon die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der Aktenlage ausgegangen sind, mit fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von insgesamt mehr als sechs Monaten im Rückstand, hat der antragstellende Gläubiger den Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit in der Regel im Sinne von § 294 ZPO glaubhaft gemacht. Ob es sich bei dem Antragsteller um eine öffentlich-rechtlich organisierte Krankenkasse oder um einen privaten Gläubiger handelt, ist hierbei unerheblich.
6
a) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit ist im Insolvenzrecht (§§ 17, 129 ff InsO, § 64 GmbHG) einheitlich zu verstehen (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, WM 2005, 1468, 1469, z.V.b. in BGHZ 163, 134). Nach den hierzu vom Senat entwickelten Grundsätzen liegt keine Zahlungsstockung, sondern Zahlungsunfähigkeit im Rechtssinne vor, wenn die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners 10 vom Hundert überschreitet, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, aaO S. 1469 ff). Die Zahlungsunfähigkeit kann, wie § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO verdeutlicht, nicht nur im Wege der Ermittlung der Unterdeckung für einen bestimmten Zeitraum, sondern auch mit Hilfe von Indiztatsachen festgestellt werden (vgl. BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, WM 2003, 400, 402). Nach der Rechtsprechung des Senats stellt bei Anwendung dieser Methode die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz dar, welches für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spricht, weil diese Forderungen in der Regel wegen der drohenden Strafbarkeit gemäß § 266a StGB bis zuletzt bedient werden (BGHZ 149, 178, 187; BGH, Urt. v. 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776, 1778; ebenso: OLG Dresden ZInsO 2000, 560, 561; OLG Celle NZI 2000, 214, 216; zustimmend : Braun/Kind, InsO, 2. Aufl. § 14 Rn. 23; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 14 Rn. 77; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 17; MünchKomm-InsO/Schmahl, § 14 Rn. 34; Pape in Kübler/Prütting, InsO § 14 Rn. 52). Die strafbewehrte Sanktion lässt das Vorliegen einer bloßen Zahlungsunwilligkeit als unwahrscheinlich erscheinen, insbesondere bei einer monatelangen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Fehlen gegenläufige Indizien, die etwa in einem Bestreiten der nichterfüllten Forderungen des Sozialversicherungsträgers liegen können, reicht dieses starke Indiz für sich genommen aus, um den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit jedenfalls als wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Dies ist in dieser Phase des Eröffnungsverfahrens ausreichend.

7
b) Im vorliegenden Fall betrug der Beitragsrückstand der teilweise strafbewehrten Forderungen sogar sieben Monate. Von substantiierten Einwendungen des Schuldners ist nichts bekannt. Bei dieser Sachlage ist jedenfalls wahrscheinlich , wenn nicht sogar zwingend (vgl. BGHZ 149, 178, 188), dass der Schuldner zahlungsunfähig ist. Für eine vom Landgericht geforderte "Gesamtschau" , zu der es sich ohne Beibringung weiterer Mittel der Glaubhaftmachung wie z.B. Fruchtlosigkeitsbescheinigungen des Gerichtsvollziehers oder Offenbarungsversicherungen des Schuldners außer Stande gesehen hat, ist kein Raum.
8
Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang verwertete Teilzahlung des Schuldners, die offenbar nach Antragstellung erfolgt ist, stellt kein gegenläufiges Indiz dar, das geeignet ist, die Wahrscheinlichkeit eines Insolvenzgrundes zu entkräften. Eine einmal nach außen in Erscheinung getretene Zahlungsunfähigkeit wirkt grundsätzlich fort. Diese Wirkung kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgenommen werden (vgl. BGHZ 149, 100, 109; 149, 178, 188). Davon kann im Streitfall keine Rede sein.

III.


9
Eine eigene abschließende Entscheidung über den Eröffnungsantrag der Krankenkasse ist dem Senat nicht möglich; daher ist die Sache zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
10
Die Zurückverweisung erfolgt an das Insolvenzgericht, weil schon dieses der Begründetheit des Insolvenzantrags hätte nachgehen müssen (vgl. BGHZ 160, 176, 185).
Fischer Ganter Raebel
Kayser Cierniak
Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 12.10.2004 - 9 IN 965/04 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 24.08.2005 - 23 T 262/04 -

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

 

Urteil vom 24.05.2005

Az.: IX ZR 123/04

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. Mai 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Beklagte ist alleiniger Geschäftsführer und hälftiger Gesellschafter der J. GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese wurde von der K.

GmbH beauftragt, für ein Entgelt von -zunächst -1.980.000 DM Konstruktionsleistungen für die Automobilindustrie zu erbringen. Sie schaltete ihrerseits die S. und die SW. GmbH als Subunternehmer ein. Wegen der Abwicklung des Auftrags kam es zu einem Rechtsstreit zwischen der Schuldnerin und K. , der am 9. September 1999 vergleichsweise wie folgt beendet wurde: Die Schuldnerin verpflichtete sich, die vertragliche Leistung bis 14. September 1999 zur Verfügung zu stellen.

K. verpflichtete sich, an die Schuldnerin bis 15. September 1999 700.000 DM zu zahlen und bis zum 30. September 1999 weitere 700.000 DM, von denen sie allerdings 400.000 DM sollte zurückbehalten dürfen, sofern sie die Leistung für nicht in Ordnung befinden und deswegen eine "qualifizierte Rüge" erheben sollte. Auf weitergehende Ansprüche von angeblich 2,6 Mio. DM verzichtete die Schuldnerin. K. , die von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machte, zahlte auf den Vergleich insgesamt 1 Mio. DM, davon 305.090,70 DM unmittelbar an eine Gläubigerin der Schuldnerin.

Die Buchhaltung der Schuldnerin ermittelte zum 9. September 1999 Verbindlichkeiten in Höhe von 2.659.151,25 DM. Dem standen gegenüber liquide Mittel und kurzfristig einbringliche Forderungen in Höhe von 1.122.323,04 DM. Dabei waren die Zahlungen der K. in Höhe von 1 Mio. DM bereits berücksichtigt. Neben diesen Aktiva waren nur noch Vorräte und Anlagevermögen mit einem Fortführungswert von insgesamt 11.124 DM vorhanden.

Später zahlte der Beklagte an verschiedene Gläubiger 1.175.076,68 DM. Nach seinem Vortrag stellte er für die Schuldnerin Ende Dezember 1999 wegen "drohender Zahlungsunfähigkeit" Insolvenzantrag. Mit Beschluß vom 1. März 2000 wurde das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger, welcher der Auffassung ist, die Schuldnerin sei -wie der Beklagte gewußt habe -bereits mit Abschluß des für sie äußerst nachteiligen Vergleichs zahlungsunfähig und überschuldet gewesen, verlangt von dem Beklagten nach § 64 Abs. 2 GmbHG Schadensersatz in Höhe von 600.807,17 € (= 1.175.076,68 DM). Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage -teilweise Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Forderungen aus Insolvenzanfechtung -stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner zugelassenen Revision.

Gründe

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat sein Urteil darauf gestützt, nach Abschluß des Vergleichs mit K. am 9. September 1999 sei die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen. Sie habe über liquide Mittel in Höhe von 1.282.323,04 DM verfügt. Dabei sei nur die später von K. bezahlte Summe von 1 Mio. DM zuzüglich Mehrwertsteuer, nicht jedoch der mit dem Vorbehalt eines Zurückbehaltungsrechts versprochene -und bis heute nicht bezahlte -Betrag von 400.000 DM (netto) zu berücksichtigen gewesen. Diesen liquiden Mitteln hätten nach eigener Darstellung des Beklagten fällige Verbindlichkeiten von 1.411.627,33 DM gegenübergestanden. Die danach vorhandene Unterdeckung von 129.304,29 DM -dies entspreche 9,2 % der Verbindlichkeiten -sei nicht unwesentlich.

II.

Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.

1. Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit in § 64 GmbHG kann nicht anders verstanden werden als in § 17 InsO. Denn für den Beginn des den Geschäftsführer treffenden Zahlungsverbots genügt in objektiver Hinsicht die bestehende Insolvenzreife (vgl. BGHZ 143, 184, 185; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG 16. Aufl. § 64 Rn. 1).

a) Nach früherem Recht setzte der Konkursgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 102 KO) voraus, daß der Schuldner dauernd unvermögend war, seine Zahlungsverpflichtungen im wesentlichen zu erfüllen (RG JW 1934, 841; BGHZ 118, 171, 174; BGH, Urt. v. 22. November 1990 -IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40; v. 11. Juli 1991 -IX ZR 230/90, ZIP 1991, 1014; BGHSt 31, 32). Dabei wurden die verfügbaren Mittel zu den insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt. Es mußte ermittelt werden, ob die Zahlung oder die Nichtzahlung Regel oder Ausnahme war (Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rn. 28; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 102 Rn. 2a). Im Schrifttum wurde Zahlungsunfähigkeit angenommen, wenn 10 % bis 25 % der fälligen Forderungen ungedeckt waren (vgl. die Nachweise bei Kuhn/Uhlenbruck, aaO).

b) Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Auf die Merkmale der "Dauer" und der "Wesentlichkeit" hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit verzichtet (vgl. Himmelsbach/Thonfeld NZI 2001, 11 f; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch 2. Aufl. § 6 Rn. 6). Nach der Gesetzesbegründung (Begr. zu § 20 und § 21 RegE, BT-Drucks. 12/2443 S. 114) versteht es sich von selbst -und braucht deshalb nicht besonders zum Ausdruck gebracht zu werden -, daß eine vorübergehende Zahlungsstockung keine Zahlungsunfähigkeit begründet. Andererseits hielt man es für untunlich, das Erfordernis der andauernden Unfähigkeit zur Erfüllung der fälligen Zahlungspflichten zu betonen, weil dies als Bestätigung der verbreiteten Neigung hätte verstanden werden können, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit stark einzuengen und damit eine etwa auch über Wochen oder sogar Monate fortbestehende Illiquidität zur rechtlich unerheblichen Zahlungsstockung zu erklären. Eine solche Auslegung würde nach der Gesetzesbegründung das Ziel einer rechtzeitigen Verfahrenseröffnung erheblich gefährden. Ferner ist der Gesetzgeber davon ausgegangen (Begr. zu § 20 und § 21 RegE, aaO), daß "ganz geringfügige Liquiditätslücken außer Betracht bleiben müssen". Es erscheine jedoch "nicht gerechtfertigt, Zahlungsunfähigkeit erst anzunehmen, wenn der Schuldner einen bestimmten Bruchteil der Gesamtsumme seiner Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann".

c) Demgemäß wird verbreitet davon ausgegangen, zahlungsunfähig sei ein Schuldner, wenn ihm die Erfüllung der fälligen Zahlungspflichten wegen eines objektiven, kurzfristig nicht zu behebenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht möglich sei. Um dies festzustellen, werden im Rahmen einer Liquiditätsbilanz die aktuell verfügbaren und kurzfristig verfügbar werdenden Mittel in Beziehung gesetzt zu den an demselben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (Harz ZInsO 2001, 193, 196; MünchKomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 10; HK-InsO/Kirchhof, 3. Aufl. § 17 Rn. 24; Gottwald/Huber, aaO § 47 Rn. 10). Zahlungsunfähig ist danach auch ein Schuldner, der nur einen Gläubiger hat und außerstande ist, diesen zu befriedigen (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 19; Nerlich/Römermann/Mönning, InsO § 17 Rn. 17; vgl. ferner BGHZ 149, 178, 185). Eine Quote zum Ausscheiden "ganz geringfügiger Liquiditätslücken" wird teilweise ganz abgelehnt (Temme, Die Eröffnungsgründe der Insolvenzordnung 1997 S. 35 ff; Bieneck Strafverteidiger 1999, 43, 44; Niesert ZInsO 2001, 738 f; MünchKomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 15, 22; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 17 Rn. 10; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 17 Rn. 13; FK-InsO/ Schmerbach, 3. Aufl. § 17 Rn. 21; Braun/Kind, InsO 2. Aufl. § 17 Rn. 11; wohl auch Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO § 17 Rn. 16). Andere halten für "ganz geringfügig" eine Quote von unter 5 % (AG Köln NZI 2000, 89, 91; Hess/Weis/ Wienberg, InsO 2. Aufl. § 17 Rn. 17; Smid, Grundzüge des Insolvenzrechts 4. Aufl. S. 71; Nerlich/Römermann/Mönning, aaO § 17 Rn. 18), unter 10 % (HKInsO/Kirchhof, § 17 Rn. 20), bis zu 20 % (Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch zur Insolvenzordnung 3. Aufl. Kap. 1 Rn. 85) oder bis zu 25 % (LG Augsburg DZWIR 2003, 304; Harz ZInsO 2001, 193, 196). Vereinzelt wird auch eine Rückkehr zum Begriff der Zahlungsunfähigkeit nach der Konkursordnung befürwortet (Himmelsbach/Thonfeld aaO S. 15). Der Bundesgerichtshof hatte bislang keinen Anlaß, sich zu diesen Fragen zu äußern (vgl. BGHZ 149, 178, 187).

2. Nach Auffassung des Senats ist daran festzuhalten, daß eine Zahlungsunfähigkeit, die sich voraussichtlich innerhalb kurzer Zeit beheben läßt, lediglich als Zahlungsstockung gilt und keinen Insolvenzeröffnungsgrund darstellt (Uhlenbruck, aaO § 17 Rn. 9; Kübler/Prütting/Pape, aaO § 17 Rn. 11; HKInsO/Kirchhof, § 17 Rn. 18; Hess/Weis/Wienberg, aaO § 17 Rn. 2; Scholz/

K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 64 Rn. 11 f; Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 6. Aufl. § 63 Rn. 26; a.A. Münchkomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 22; Nerlich/ Römermann/Mönning, aaO § 17 Rn. 14; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG 16. Aufl. § 64 Rn. 9).

a) Der Zeitraum, innerhalb dessen die Zahlungsstockung beseitigt sein muß, andernfalls sie als Zahlungsunfähigkeit behandelt wird, ist unter der Geltung der Konkursordnung und der Gesamtvollstreckungsordnung auf etwa einen Monat begrenzt worden (BGHZ 149, 100, 108; BGH, Urt. v. 3. Dezember 1998 -IX ZR 313/97, WM 1999, 12, 14; v. 4. Oktober 2001 -IX ZR 81/99, WM 2001, 2181, 2182). Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung wollte diesen Zeitraum verkürzen (vgl. oben 1 b sowie BGHZ 149, 178, 187). Als Zahlungsstockung ist deshalb nur noch eine Illiquidität anzusehen, die den Zeitraum nicht überschreitet, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 18; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 17 Rn. 17). Eine Frist von einem Monat (für deren Beibehaltung Gottwald/Huber, aaO § 47 Rn. 9) oder gar von drei Monaten (dafür Harz ZInsO 2001, 193, 197) ist hierfür zu lang. Wieder andere halten eine Zahlungsstockung bereits jenseits einer Frist von ein bis zwei Wochen nicht mehr für gegeben (Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO Kap. 1 Rn. 86). Dies erscheint zu kurz. Als Zeitraum für die Kreditbeschaffung sind zwei bis drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend (LG Bonn ZIP 2001, 346; Burger/Schellberg BB 1995, 261, 262 f, 567; Temme aaO S. 30; Uhlenbruck, aaO § 17 Rn. 9, 18; Kübler/ Prütting/Pape, aaO § 17 Rn. 11; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 18; FK-InsO/ Schmerbach, aaO § 17 Rn. 17; Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 63 Rn. 27). Die Vorschrift des § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zeigt, daß das Gesetz eine Ungewißheit über die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft längstens drei Wochen hinzunehmen bereit ist (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 17. Aufl. § 64 Rn. 5; Niesert ZInsO 2001, 735, 738 f).

Zwar werden im Hinblick auf die Vorschrift des § 286 Abs. 3 BGB n.F. systematische Bedenken gegen eine derartige Verkürzung der Frist erhoben (Himmelsbach/Thonfeld NZI 2001, 11, 13 noch zu § 284 Abs. 3 BGB a.F.; dagegen Braun/Kind, aaO § 17 Rn. 16). Es gehe nicht an, einen Schuldner, der noch nicht einmal in Verzug sei, als zahlungsunfähig zu behandeln mit der Konsequenz, daß der Gläubiger einen Insolvenzantrag stellen könne (§ 14 InsO) und -falls Schuldnerin eine GmbH sei -deren Geschäftsführung einen solchen stellen müsse (§ 64 Abs. 1 GmbHG). Diese Bedenken erscheinen jedoch nicht stichhaltig. Daß über den Insolvenzantrag eines Gläubigers früher als dreißig Tage nach Fälligkeit seiner Forderung entschieden wird, erscheint bereits wenig lebensnah. Zudem bezeichnet § 286 Abs. 3 BGB n.F. den spätesten Zeitpunkt des Verzugseintritts und läßt eine frühere Herbeiführung durch Mahnung unberührt. Für einen GmbH-Geschäftsführer, der zu prüfen hat, ob er Auszahlungen vornehmen darf, obwohl er für seine Gesellschaft eine kurzfristig nicht zu beseitigende Liquiditätslücke ermittelt hat, muß die Frage, ob sich die Gesellschaft mit der Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten bereits in Verzug befindet, ohnehin bedeutungslos sein.

b) Die Frage, ob noch von einer vorübergehenden Zahlungsstockung oder schon von einer endgültigen Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, muß allein aufgrund der objektiven Umstände beantwortet werden (vgl. HK-InsO/ Kirchhof, aaO § 17 Rn. 19; Nerlich/Römermann/Mönning, aaO § 17 Rn. 30). Soweit die Haftung des Geschäftsführers für von ihm nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommene Zahlungen zu beurteilen ist, muß allerdings auf der subjektiven Seite das Verschulden hinzukommen (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Entscheidend ist hier, ob im Zeitpunkt der Zahlung bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes die Insolvenzreife der Gesellschaft für den Geschäftsführer nicht erkennbar ist, wobei diesen allerdings die volle Darlegungsund Beweislast trifft (BGHZ 143, 184, 185; BGH, Urt. v. 1. März 1993 -II ZR 61/92, WM 1994, 1030, 1031). Wenn dieser erkennt, daß die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, jedoch aufgrund einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung der Meinung sein kann, die GmbH werde vor Erreichen des Zeitpunkts, bei dem eine Zahlungsstockung in eine Zahlungsunfähigkeit umschlägt -also binnen drei Wochen -, sämtliche Gläubiger voll befriedigen können, darf er innerhalb dieses Zeitraums, solange sich seine Prognose nicht vorzeitig als unhaltbar erweist, Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sind (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG), an Gläubiger leisten, ohne die Haftung befürchten zu müssen. Müßte er anstehende Zahlungen zurückhalten, bis die Zahlungsfähigkeit insgesamt wieder hergestellt ist, würde er dadurch die Geschäftsbeziehungen zu den betreffenden Gläubigern, auf deren Fortführung der Betrieb der Schuldnerin mehr denn je angewiesen ist, gefährden. Auch läge eine Zahlungseinstellung vor, mit welcher der Geschäftsführer möglicherweise Eröffnungsanträge der Gläubiger (§ 14 InsO) herausfordern würde. Ist die Zahlungsfähigkeit nach Ablauf der Frist noch nicht wieder hergestellt, darf er -weil nunmehr die endgültige Zahlungsunfähigkeit fest steht -nur noch solche Zahlungen leisten, welche die Insolvenzmasse nicht schmälern oder erforderlich sind, um das Unternehmen für die Zwecke des Insolvenzverfahrens zu erhalten (Michalski/Nerlich, GmbHG 2002 § 64 Rn. 46).

Für die Prognose, die der Geschäftsführer anstellen muß, sobald bei einer Liquiditätsbilanz eine Unterdeckung festzustellen ist, und die er bei jeder vorzunehmenden Zahlung kontrollieren muß, sind die konkreten Gegebenheiten in bezug auf den Schuldner -insbesondere dessen Außenstände, die Bonität der Drittschuldner und die Kreditwürdigkeit des Schuldners -, auf die Branche und die Art der fälligen Schulden zu berücksichtigen (Burger/Schellberg BB 1995, 261, 263; Kübler/Prütting/Pape, aaO § 17 Rn. 11; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 17 Rn. 17).

3. Demgegenüber ist die Ansicht abzulehnen, zahlungsunfähig sei ein Schuldner generell bereits dann, wenn er seine fälligen Verbindlichkeiten nicht -binnen der dreiwöchigen Frist (dazu oben 2) -zu 100 % erfüllen kann.

a) Zwar spräche für diese strenge Lösung der Vorzug der begrifflichen Klarheit. Sie wäre zudem im Interesse der Rechtssicherheit. So könnte sich der Geschäftsführer der Schuldner-GmbH aufgrund der von ihm aufzustellenden Liquiditätsbilanz und der von ihm zu verlangenden Zukunftsprognose ohne weiteres Klarheit verschaffen, wann er gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG Insolvenzantrag stellen muß, nämlich in jedem Falle einer länger als drei Wochen währenden, noch so geringen Unterdeckung. Verhindert eine insgesamt gesehen geringfügige Unterdeckungsquote die Annahme der Zahlungsunfähigkeit, kann dies die konkret von der Unterdeckung betroffenen Gläubiger auch erheblich benachteiligen, weil sie nicht mit Aussicht auf Erfolg einen Insolvenzantrag stellen können. Ein Unternehmen, das dauerhaft eine -wenngleich geringfügige -Liquiditätslücke aufweist, erscheint auch nicht erhaltungswürdig.

b) Indes überwiegen die Gründe, einen Schuldner, der seine Verbindlichkeiten bis auf einen geringfügigen Rest bedienen kann, nicht als zahlungsunfähig anzusehen.

aa) Zum einen wollte -wie bereits dargelegt (oben 1 b) -auch der Gesetzgeber "ganz geringfügige Liquiditätslücken" für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit nicht ausreichen lassen. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß er die zu tolerierende Lücke nicht auch quantitativ, sondern lediglich zeitlich -im Sinne einer bloßen Zahlungsstockung -verstanden hat.

bb) Ein Insolvenzverfahren soll immer -aber auch erst -dann eingeleitet werden, wenn die Einzelzwangsvollstreckung keinen Erfolg mehr verspricht und nur noch die schnellsten Gläubiger zum Ziele kommen, die anderen hingegen leer ausgehen, eine gleichmäßige Befriedigung somit nicht mehr erreichbar ist. Je geringer der Umfang der Unterdeckung ist, desto eher ist es den Gläubigern zumutbar, einstweilen zuzuwarten, ob es dem Schuldner gelingen wird, die volle Liquidität wieder zu erlangen. Das Geschäftsleben ist in weiten Teilen dadurch gekennzeichnet, daß Phasen mit guter Umsatzund Ertragslage und Rückschläge sich abwechseln. Insbesondere mittelständische Unternehmen mit geringer Eigenkapitalausstattung, etwa Handwerksbetriebe, sind oft darauf angewiesen, daß Kundenzahlungen vollständig und zeitnah erfolgen. Wird ein größerer Auftrag nicht bezahlt, kann dies eine Liquiditätskrise auslösen. Je kleiner die Liquiditätslücke ist, desto begründeter ist die Erwartung, daß es dem Schuldner gelingen wird, das Defizit in absehbarer Zeit zu beseitigen -sei es durch eine Belebung seiner Geschäftstätigkeit, sei es durch die anderweitige Beschaffung neuer flüssiger Mittel, sei es durch Einigung mit Gläubigern -, also die Zahlungsfähigkeit wieder zu erlangen (so bereits Burger/Schellberg BB 1995, 261, 263; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 17 Rn. 2; Scholz/K. Schmidt, § 64 Rn. 13). In einem solchen Fall brächte die Insolvenzeröffnung den Gläubigern keinen Vorteil, insbesondere keine schnellere und betragsmäßig höhere Befriedigung (Himmelsbach/Thonfeld aaO S. 15; Zweifel am Rechtsschutzinteresse des antragstellenden Gläubigers äußern auch Nerlich/Römermann/Mönning, aaO § 17 Rn. 18).

Zwar wird die Auffassung vertreten, wenn ein Schuldner geringe Forderungen nicht mehr ausgleichen könne, so sei er erst recht außerstande, größere Beträge zu zahlen (Uhlenbruck, aaO § 17 Rn. 10; Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht 2002 Rn. 300; Beck/Depre, Praxis der Insolvenz 2003 S. 216). Diese Erwägung ist unzutreffend. Ein Schuldner, der -beispielsweise -zu 90 % oder mehr liquide ist, vermag durchaus auch hohe Forderungen zu befriedigen.

cc) Einen Insolvenzgrund auch bereits bei sehr kleinen Liquiditätslücken anzunehmen, verbietet sich schließlich im Interesse des Schuldners. Sofern seine Auftragslage gut ist und künftig mit anderen Zahlungseingängen gerechnet werden kann, wäre es unangemessen, wenn er wegen einer vorübergehenden Unterdeckung von wenigen Prozent, die nicht binnen drei Wochen (vgl. oben 2) beseitigt werden kann, Insolvenz anmelden müsste. Der damit verbundene Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen (Art. 12, 14 GG) wäre unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit bedenklich (Himmelsbach/Thonfeld aaO S. 15).

dd) Gesamtwirtschaftliche Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis. In bestimmten Branchen sind regelmäßig saisonale Flauten zu überbrücken, die teilweise mehrere Monate andauern (Himmelsbach/Thonfeld aaO S. 11). Als Beispielsfälle sind insbesondere die Bauwirtschaft, der Fremdenverkehr und die Hersteller typischer Saisonartikel (etwa Bademoden, Wintersportgeräte und -bekleidung) zu nennen. Wer sich auf einem derartigen Wirtschaftssektor als Anbieter betätigt, muß immer wieder mit Liquiditätsengpässen rechnen. Er darf jedoch normalerweise mit einer wirtschaftlichen Erholung rechnen, sobald die Saison wieder angelaufen ist. Müßte er trotzdem, sobald die Grenze der Zahlungsstockung überschritten ist (dazu oben 2), selbst bei prozentual geringfügiger Liquiditätslücke Insolvenz anmelden, würde dies in manchen Wirtschaftszweigen zu erheblichen Problemen führen.

4. Um die Praxis in die Lage zu versetzen, den Begriff der "geringfügigen Liquiditätslücke" zu handhaben, kann auf eine zahlenmäßige Vorgabe nicht völlig verzichtet werden.

a) Allerdings hat der Gesetzgeber mit Recht davor gewarnt, "Zahlungsunfähigkeit erst anzunehmen, wenn der Schuldner einen bestimmten Bruchteil der Gesamtsumme seiner Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann". Dies spricht jedoch nur dagegen, eine starre zahlenmäßige Grenze einzuführen, die automatisch über das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit entscheidet. Eine starre Grenze hätte auch der Gesetzgeber einführen können. Da er davon abgesehen hat, wollte er offensichtlich für die Rechtsanwendung eine gewisse Flexibilität ermöglichen.

Würde beispielsweise angenommen, bei einer Unterdeckung von weniger als einem bestimmten Vomhundertsatz läge keine Zahlungsunfähigkeit vor, beim Erreichen dieses Vomhundertsatzes jedoch stets, bliebe unberücksichtigt, daß derartige Quoten für sich allein genommen keine abschließende Bewertung eines wirtschaftlich komplexen Sachverhalts wie der Zahlungsunfähigkeit erlauben. Bei einem Unternehmen, dem im Hinblick auf seine Auftragsund Ertragslage eine gute Zukunftsprognose gestellt werden kann, hat eine momentane Liquiditätsunterdeckung in Höhe jenes Vomhundertsatzes eine ganz andere Bedeutung als bei einem solchen, dem für die Zukunft ein weiterer geschäftlicher Niedergang prophezeit werden muß.

Daher kommt die Einführung eines prozentualen Schwellenwerts nur in der Form in Betracht, daß sein Erreichen eine widerlegbare Vermutung für die Zahlungsunfähigkeit begründet.

b) Der Senat hält es für angemessen, den Schwellenwert bei 10 % anzusetzen. Ein höherer Wert ließe sich mit der Absicht des Gesetzgebers, die Anforderungen an die Annahme der Zahlungsunfähigkeit abzusenken, schwerlich vereinbaren. Andererseits wäre ein niedrigerer Schwellenwert als 10 % -in Betracht kommt dann nur noch 5 % -dem rigorosen "Null-Toleranz-Prinzip" zu sehr angenähert, um noch praktische Wirkungen entfalten zu können.

Liegt eine Unterdeckung von weniger als 10 % vor, genügt sie allein nicht zum Beleg der Zahlungsunfähigkeit. Wenn diese gleichwohl angenommen werden soll, müssen besondere Umstände vorliegen, die diesen Standpunkt stützen. Ein solcher Umstand kann auch die auf Tatsachen gegründete Erwartung sein, daß sich der Niedergang des Schuldner-Unternehmens fortsetzen wird. Geht es um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, muß das Insolvenzgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 InsO) solche Umstände feststellen. Geht es um die Geschäftsführerhaftung nach § 64 GmbHG, muß die Gesellschaft, die den Geschäftsführer in Anspruch nimmt, oder deren Insolvenzverwalter die besonderen Umstände vortragen und beweisen.

Beträgt die Unterdeckung 10 % oder mehr, muß umgekehrt im Rahmen des § 64 GmbHG der Geschäftsführer der Gesellschaft -falls er meint, es sei doch von einer Zahlungsfähigkeit auszugehen -entsprechende Indizien vortragen und beweisen. Dazu ist in der Regel die Benennung konkreter Umstände erforderlich, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, daß die Liquiditätslücke zwar nicht innerhalb von zwei bis drei Wochen -dann läge nur eine Zahlungsstockung vor -, jedoch immerhin in überschaubarer Zeit beseitigt werden wird. Im Zusammenhang mit einem Gläubigerantrag (§ 14 InsO) muß sich der Schuldner auf diese Umstände berufen, und das Insolvenzgericht hat sie festzustellen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 InsO).

Je näher die konkret festgestellte Unterdeckung dem Schwellenwert kommt, desto geringere Anforderungen sind an das Gewicht der besonderen Umstände zu richten, mit denen die Vermutung entkräftet werden kann. Umgekehrt müssen umso schwerer wiegende Umstände vorliegen, je größer der Abstand der tatsächlichen Unterdeckung von dem Schwellenwert ist.

5. Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Ergebnis des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Die mindestens 9,2 %-ige Unterdeckung und eine auf unstreitige Tatsachen gegründete schlechte Zukunftsprognose rechtfertigen zusammen die Annahme, daß die Schuldnerin bereits mit Abschluß des für sie ruinösen Vergleichs am 9. September 1999 zahlungsunfähig war. Dies war für den Beklagten erkennbar; zumindest hat er das Gegenteil nicht bewiesen.

a) Die Zukunftsaussichten für die Schuldnerin waren bereits am 9. September 1999 sehr schlecht. In diesem Zusammenhang rügt die Revision vergeblich die Nichterhebung des angebotenen Sachverständigenbeweises. Der Beweis war für die Vertretbarkeit einer von dem Beklagten vorgenommenen positiven Fortführungsprognose angetreten und betraf die Frage der Überschuldung. Darauf hat das Berufungsgericht seine Entscheidung jedoch nicht gestützt.

Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte habe überhaupt keine positive Zukunftsprognose erstellt. Dabei gewinnt die unstreitige Tatsache Bedeutung, daß der Beklagte Ende September 1999 Kunden der Schuldnerin angedroht hat, wenn sie nicht mit einer Reduzierung ihrer Forderungen um 35 % einverstanden seien, müsse die Schuldnerin "schließen" und "Konkurs" anmelden. Nicht vorgetragen ist -was Sache des Beklagten gewesen wäre -, daß sich bis zu dem Tage im Dezember 1999, an dem der Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat, eine der Schuldnerin nachteilige Entwicklung ergeben hat, die nicht bereits am 9. September 1999 abgeschlossen oder zumindest deutlich erkennbar war.

b) Auf der Passivseite war damit zu rechnen, daß zu den Verbindlichkeiten, die nach der Berechnung des Berufungsgerichts zu einer Unterdeckung von 9,2 % geführt haben, zumindest noch eine solche gegenüber SW. hinzukommen würde. Deren Rechnungen hatte die Schuldnerin in ihrer Summenund Saldenliste per 31. August 1999 berücksichtigt. In der an den Mitgesellschafter B. gerichteten Prüfbitte vom 14. September 1999 hatte der Beklagte vorgesehen, daß etwa noch verfügbare Mittel im Verhältnis 2/3 zu 1/3 auf SW. und S. aufgeteilt werden sollten. Noch im Januar 2000 -also nach dem von ihm gestellten Insolvenzantrag, der angeblich durch die schlechte Arbeit der Subunternehmer verursacht sein soll -hat der Beklagte erklärt, die Forderungen der SW. seien wenigstens in Höhe von 350.000 DM berechtigt. Der Kläger hat die Forderungen der SW. in Höhe von über 800.000 DM zur Tabelle anerkannt. Ferner war damit zu rechnen, daß auch S. , dessen Rechnungen am 9. September 1999 noch nicht vollständig vorlagen, nicht ohne weiteres auf seine Forderungen verzichten würde. Diese haben inzwischen in Höhe von ca.

953.000 DM Aufnahme in die Tabelle gefunden.

c) Der Kläger hat dargetan, daß auf der Aktivseite in absehbarer Zeit nicht mit erheblichen zusätzlichen Einnahmen zu rechnen war.

Das Berufungsgericht hat mit näherer Begründung ausgeführt, am 9. September 1999 sei nicht zu erwarten gewesen, daß K. den Teilbetrag von 400.000 DM nebst Mehrwertsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt 30. September 1999 zahlen werde. Dies wird von der Revision nicht angegriffen und läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Daß die Aussichten auf Erhalt des Teilbetrages besser zu beurteilen gewesen seien, wenn der Prognosezeitraum über den 30. September 1999 hinaus erstreckt worden wäre, macht die Revision -zu Recht -nicht geltend.

Der Vortrag des Beklagten, es hätten noch Bestellungen der V.

vom 22. August und 22. September 1999 im Umfang von 1,4 Mio. DM vorgelegen, ist nicht erheblich. Es kann allenfalls vom Abschluß einer Rahmenvereinbarung ausgegangen werden. Ob sich dieser Kontakt durch Abruf bestimmter Leistungen zu einem vergütungspflichtigen Auftrag verdichten würde, war damals nicht abzusehen. Dazu fehlt auch jeder Vortrag.

Die Behauptung des Beklagten, die Schuldnerin habe während der gesamten Zeit zwischen dem 9. September und dem 31. Dezember 1999 ihre Konten durchgängig im Haben geführt, die Einzahlungen hätten die Auszahlungen überstiegen und es seien nie irgendwelche Bankdarlehen in Anspruch genommen worden, besagt nichts über eine objektiv begründete Aussicht, die fehlende Liquidität durch zusätzliche Geldmittel wiederzugewinnen. Der Beklagte hat nicht dargelegt, daß er sich um Kredite bemüht habe, bevor er Insolvenzantrag gestellt hat. Dies läßt vermuten, daß er nach der selbst als "desaströs" eingeschätzten Abwicklung des Auftrags der K. von Kreditunwürdigkeit ausgegangen ist.

Nicht substantiiert dargelegt hat der Beklagte, der Vergleichsschluß habe für die Schuldnerin einen Vorsteuererstattungsanspruch in Höhe von 345.000 DM begründet. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn die Schuldnerin vor dem Vergleichsschluß nicht nur offene Forderungen gegen K. in Höhe von ca. 4 Mio. DM gebucht, sondern darauf auch bereits Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt gehabt hätte. Dies hat der Beklagte selbst nicht behauptet.

Fischer

Ganter

Nekovi

Vill

Lohmann

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze.

(2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1 aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Antragsverfahrens trägt die Klägerin.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2015, mit dem die Beklagte die Gaststättenerlaubnis der Klägerin für eine Schankwirtschaft mit Diskothek im Stadtbereich der Beklagten widerrufen und der Klägerin zudem unter Androhung eines Zwangsgelds untersagt hat, die Gaststätte länger als einen Monat nach Bestandskraft des Bescheids zu betreiben. Diesem Bescheid lag zugrunde, dass der einzelvertretungsberechtigte, an der Gesellschaft zu 50% beteiligte Geschäftsführer der Klägerin durch Urteil des Amtsgerichts Memmingen vom 20. Oktober 2014 - 3 Ds 116 Js 16621/12 - rechtskräftig wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 121 einzelnen Fällen (Arbeitgeberanteile, davon in 110 Einzelfällen zusätzlich hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile) gemäß § 266a StGB zu einer - gemäß § 56 Abs. 1 StGB auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzen - Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt worden war. Der Geschäftsführer ist auch in einem weiteren gastronomischen Betrieb einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer; er hatte nach den Feststellungen des Strafgerichts im Rahmen dieser Geschäftsführertätigkeit für beide Unternehmungen jeweils über längere Zeiträume drei angeblich Selbstständige als Köche beschäftigt; drei andere Beschäftigte hatte er in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt siebeneinhalb Monate lang zu Bauarbeiten herangezogen, sie jedoch zu Unrecht als geringfügig Beschäftigte angemeldet und auf diese Weise Sozialabgaben in Höhe von mehr als 98.000 €, die bei ordnungsgemäßer Anmeldung der Beschäftigten zu entrichten gewesen wären, nicht abgeführt.

Die gegen den Bescheid vom 12. März 2015 erhobene Anfechtungsklage wies das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 25. Februar 2016 ab.

Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung gegen das Urteil beantragt und macht zur Begründung (Schriftsatz vom 13.5.2016) geltend, es lägen die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO vor.

Die Beklagte beantragt, die Berufung nicht zuzulassen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.

II.Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Solche Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 7 und 7a, m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).

Gemessen an diesen Voraussetzungen ergeben sich aus den - für den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ausschließlich maßgeblichen - Darlegungen der Klägerin keine ernstlichen Zweifel daran, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig ist.

1.1. Ausdrücklich pflichtet die Klägerin dem Verwaltungsgericht darin bei, dass die gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit sich aus einer strafgerichtlichen Verurteilung ergeben kann und dass beim Geschäftsführer der Klägerin eine gewerbebezogene Verurteilung vorliegt. Sie meint indes, vorliegend seien einige, der Verurteilung zugrunde liegende Besonderheiten zu berücksichtigen und im Ergebnis zugunsten der Klägerin zu werten. Eine solche Besonderheit sieht sie darin, dass der Verurteilung eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen sei. Sie hält die Auffassung des Verwaltungsgerichts (Urteilsabdruck - UA - Rn. 35) für falsch, wonach vorliegend nicht anzunehmen sei, dass es sich bei dem Geständnis nur um ein bloßes prozessuales Anerkenntnis oder eine nur formale Unterwerfung gehandelt hätte. Sie meint, die Beklagte habe pflichtwidrig weitere Ermittlungen in Bezug auf die dem Geschäftsführer der Klägerin vorgeworfene absichtlich unzutreffende sozialversicherungsrechtliche Behandlung der von ihm Beschäftigten unterlassen, das Verwaltungsgericht habe dieses Versäumnis rechtsfehlerhaft nicht beanstandet. Sie macht geltend, solche eigenen Ermittlungen der Beklagten seien insbesondere deswegen geboten (oder geboten gewesen), weil die Klägerin gegen die mittlerweile seitens der Deutschen Rentenversicherung aufgrund der nicht abgeführten Sozialabgaben erhobenen Nachforderungen vorgehe und Klage zum Sozialgericht erhoben habe, über die noch nicht entschieden worden sei; habe diese Klage Erfolg, so bestehe - nach Ansicht der Klägerin - Grund zur Wiederaufnahme des strafgerichtlichen Verfahrens.

Damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Sie stellt den - im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG, B. v. 26.2.1997 - 1 B 34/97 - GewArch 1997, 242 Rn. 10; BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 22 ZB 15.1722 - Rn. 10) stehenden - rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, wonach strafgerichtliche Feststellungen regelmäßig ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde gelegt werden dürfen und eine Ausnahme hiervon nur anzuerkennen ist, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechen, was insbesondere dann der Fall sei, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die nach § 359 Nr. 5 StPO ein Wiederaufnahmeverfahren rechtfertigen würden. Sie legt insofern nicht dar, weshalb diese Grundsätze nicht gelten sollen, wenn es um strafgerichtliche Feststellungen zu sozialversicherungsrechtlichen Vorfragen im Rahmen des Tatbestands des § 266a StGB geht. Ihr ist auch nicht darin zu folgen, dass - im Sinn dieser Rechtsprechung - „gewichtige Anhaltspunkte“ für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen oder neue Tatsachen oder Beweismittel bereits dann gegeben sein sollen, wenn um die rechtlich fehlerfreie sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigtenstellung ein Klageverfahren lediglich anhängig, aber noch nicht entschieden ist. Dass ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht anhängig ist, beruht allein auf einem entsprechenden Willensentschluss des Geschäftsführers der Klägerin. Der allein aus der subjektiven Sicht des Klägers mögliche Erfolg dieser Klage stellt keinen gewichtigen Anhaltspunkt im Sinn der genannten Grundsätze und keine neue Tatsache im Sinn von § 359 Nr. 5 StPO dar. Dergleichen wird auch nicht durch den weiteren Vortrag der Klägerin deutlich.

In Bezug auf das strafrechtlich relevante Verhalten des Geschäftsführers findet sich im Urteil des Amtsgerichts Memmingen vom 20. Oktober 2014 zu jeder der sechs Personen, die von der Klägerin als angeblich Selbstständige beschäftigt worden sind, die Sachverhaltsfeststellung, wonach der Geschäftsführer gewusst habe, dass er nach § 28d SGB IV verpflichtet war, monatlich die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen, dennoch aber die Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung und auch nicht (was die geringfügig Beschäftigten angeht) bei der „Minijobzentrale“ angemeldet habe; der Geschäftsführer habe damit beabsichtigt, Sozialversicherungsbeiträge zu umgehen (AG Memmingen, U. v. 20.10.2014, UA S. 2 und 4). Inwiefern “gewichtige“ für die Unrichtigkeit dieser strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechende Anhaltspunkte bestehen sollen, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin zwar einerseits geltend macht, „die eigentliche Frage der Scheinselbstständigkeit [müsse] rechtlich im sozialgerichtlichen Verfahren geklärt werden“, andererseits aber vom Gewerbeamt und vom Verwaltungsgericht weitere Ermittlungen verlangt und fordert, dass (gerade außerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens) Behörde und Gericht der sozialrechtlichen Frage der Scheinselbstständigkeit „zumindest summarisch“ nachgehen und insoweit den Sozialgerichten vorgreifen müssten, dieselbe Vorfragenkompetenz aber den Strafgerichten nicht zutraut. Die Klägerin hat dies nicht näher erläutert.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, sie habe schon erstinstanzlich (Schriftsatz vom 12.2.2016 mit Anlagen K 2 bis K 7) dargelegt, warum bei einer Aufhebung der Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Gründe für eine strafgerichtliche Wiederaufnahme des Verfahrens bestünden, und auf die Ausführungen in diesem Schriftsatz verweist, genügt dies den Darlegungsanforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht.

1.2. Auch im Hinblick auf die vom Strafgericht verfügte Strafaussetzung zur Bewährung und das Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin nach dem Strafurteil sind die Darlegungen der Klägerin nicht geeignet, ernstliche Zweifel daran zu wecken, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig ist.

Zwar trifft zu, dass die Ausführungen zur Unzuverlässigkeitsprognose im angegriffenen Urteil sehr knapp sind (UA Rn. 38). Selbst eine unzureichende Urteilsbegründung würde jedoch für sich genommen nicht ausreichen, um ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu rechtfertigen. Es kommt ausschließlich darauf an, ob das Urteil im Ergebnis richtig ist. Wenn - wie im vorliegenden Fall - Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Prüfung eine gebundene Entscheidung (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 15 Abs. 2 GastG) ist, so dürfen sich demnach die dargelegten Zweifelsgründe nicht auf geltend gemachte Begründungsdefizite der behördlichen oder der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung beschränken, sondern sie müssen sich auf die gesetzlichen Voraussetzungen der angefochtenen Behördenentscheidung beziehen. Die vorliegend von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte indes können die Richtigkeit der Unzuverlässigkeitsprognose nicht ernstlich infrage stellen.

1.2.1. Die Klägerin meint zunächst, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft den zu ihren Gunsten sprechenden Umstand außer Acht gelassen, dass der Geschäftsführer der Klägerin das Strafverfahren zum Anlass genommen habe, sein bisheriges Verhalten zu überdenken. Eine „nachhaltige Wandlung“ der nachlässigen Einstellung gegenüber den bei der Führung einer Gaststätte zu beachtenden Rechtsvorschriften (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 12.3.2015 - 22 ZB 15.32 - juris, Rn. 11) wird vorliegend zwar von der Klägerin behauptet (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 5 Mitte), lässt sich anhand ihrer Darlegungen aber nicht feststellen. Ihre Erklärung, der Geschäftsführer werde sich künftig nicht mehr „auf die Angebote von Personen, die sich als selbstständig ausgeben, einlassen“, beschönigt lediglich das strafrechtlich relevante Verhalten des Geschäftsführers in unangemessener Weise. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich ihm die „Mietköche“ und die als Bauarbeiter eingesetzten Beschäftigten - nach den unbestrittenen Feststellungen des Strafgerichts - nicht als Scheinselbstständige aufgedrängt haben, sondern dass er diese Beschäftigten pflichtwidrig und in Kenntnis dieser Pflichtwidrigkeit nicht zur Sozialversicherung angemeldet hat mit der Absicht, auf diese Weise die Pflicht zur Zahlung von Sozialabgaben zu umgehen.

1.2.2. Mit diesen strafgerichtlichen Feststellungen unvereinbar sind auch die Darlegungen der Klägerin, soweit sie sinngemäß darauf hinauslaufen, ihr Geschäftsführer sei lediglich einer in nahezu allen Gaststätten in Memmingen verbreiteten Praxis gefolgt und allenfalls einer „juristischen Fehleinschätzung“ hinsichtlich der schwierigen sozialversicherungsrechtlichen Fragen der Selbstständigkeit oder Scheinselbstständigkeit unterlegen (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 5 unten, S. 6 Mitte). Davon abgesehen hat die Beklagte - wie bereits in den Gründen des Bescheids vom 12. März 2015 - in ihrer Antragserwiderung (Schriftsatz vom 16.6.2016, S. 6 Mitte) - ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte - vorgetragen, derartige von der Klägerin behauptete Gepflogenheiten seien der Beklagten nicht bekannt, weitere Mitteilungen in Strafsachen hinsichtlich der Beschäftigung sogenannter „Beiköche“ als Scheinselbstständige seien bei ihr nicht eingegangen. Selbst wenn es hier - worauf der Vortrag der Klägerin hinzudeuten scheint - von der Beklagten nicht erkannte Missstände gegeben hätte, so wäre dies kein Umstand, der sich zugunsten der Klägerin auswirken könnte.

1.2.3. Auch ein nachträgliches Wohlverhalten, das auf einen „Reifeprozess“ schließen lassen könnte und für den Geschäftsführer der Klägerin spricht, kann den Darlegungen der Klägerin (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 6 Mitte) nicht entnommen werden. Zwar trifft zu, dass der Geschäftsführer sein strafbares Verhalten nicht erst während des gaststättenrechtlichen Verfahrens oder des anschließenden Gerichtsverfahrens beendet hat. Dass seine nicht ordnungsgemäße Praxis den zuständigen Behörden bekannt sein oder in Kürze bekannt werden würde, war für den Geschäftsführer allerdings (spätestens) mit der Durchsuchung seiner Wohnung und der Geschäftsräume absehbar, die den Akten zufolge am 11. Dezember 2012 aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Memmingen stattfand, somit noch etwa drei Monate vor demjenigen Zeitpunkt (Ende März 2013), bis zu dem die drei „Mietköche“ bei der Klägerin beschäftigt waren (Mitteilung des Hauptzollamts Augsburg vom 10.9.2013 an die Staatsanwaltschaft Memmingen, „III. Ermittlungsmaßnahmen“ auf S. 4 und „IV. Wesentliches Ermittlungsergebnis“ auf S. 4 bis 6).

Die Straftaten des Geschäftsführers der Klägerin liegen entgegen ihrem Vortrag (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 7 oben) auch nicht so ungewöhnlich lange zurück, dass aufgrund des zwischenzeitlich vergangenen Zeitraums, in dem sich der Geschäftsführer gaststätten- und sozialversicherungsrechtlich anscheinend ordnungsgemäß verhalten hat, eine günstige Prognose dahingehend getroffen werden könnte, dieses Verhalten werde fortdauern.

1.2.4. Soweit die Klägerin meint, zu ihren Gunsten müsse ihre gute wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (mit der sich die Beklagte weder positiv noch negativ befasst hat) in die Prognose einfließen, weil sie wegen dieser Leistungsfähigkeit gar keine Veranlassung habe, von ihrem Wohlverhalten wieder abzurücken (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 7, Buchst. b), überzeugt dies nicht. Die Klägerin muss sich nämlich entgegenhalten lassen, dass ihr Geschäftsführer - nach Aktenlage - die Sozialversicherungsbeiträge in der Vergangenheit nicht bezahlt hat, obwohl diese Beiträge keine aus Sicht der Klägerin nicht verkraftbare finanzielle Belastung dargestellt haben; er hat mithin „ohne Not“ die von der Klägerin geschuldeten Abgaben zurückgehalten. Es erschließt sich deshalb nicht, inwiefern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit den Geschäftsführer der Klägerin künftig stärker zu straffreiem Verhalten motivieren soll als in der Vergangenheit.

1.2.5. Zu Unrecht zweifelt die Klägerin die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Bewertung an, wonach die Schadenswiedergutmachung vor allem deswegen erfolgt sei, um eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung zu erlangen (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 7, Buchst. c). Dass der Geschäftsführer derartige Erwägungen im Strafverfahren selbst angestellt hat, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Protokoll des Amtsgerichts Memmingen über die Sitzung vom 8. September 2014, S. 2 (mit der Staatsanwaltschaft sei besprochen worden, dass im Fall einer Schadenswiedergutmachung und einem Geständnis ein Strafrahmen bis zu 11 Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung in Betracht kommen könnte).

1.2.6. Das Verwaltungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt, dass eine Sozialprognose bezüglich einer Strafaussetzung zur Bewährung im strafgerichtlichen Verfahren (§ 56 Abs. 1 StGB) anderen Prüfungsmaßstäben als die Prognose im Rahmen der gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO unterliegt. Die Strafaussetzung zur Bewährung ist insofern für die Gewerbe- bzw. Gaststättenbehörde nicht bindend, allerdings von tatsächlichem Gewicht (BayVGH, B. v. 16.6.2010 - 22 ZB 10.1164 - BayVBI 2011, 247, Rn. 2, und B. v. 20.7.2016 - 22 ZB 16.284 - juris, Rn. 17 m. w. N.).

Bei alledem darf nicht außer Acht bleiben, dass zum einen - ausgehend von den strafgerichtlichen Feststellungen - der Geschäftsführer der Klägerin nicht in fahrlässiger Unkenntnis seiner sozialversicherungsrechtlichen Pflichten als Arbeitgeber oder aufgrund vorwerfbarer Nachlässigkeit die geahndeten Straftaten begangen hat, sondern dass er absichtlich Sozialversicherungsbeiträge den zuständigen Versicherungsträgern vorenthalten hat, dass zum andern dieses Verhalten über mehrere Jahre andauerte und nicht nur einen Beschäftigen betraf, sondern sechs Arbeitnehmer in zwei verschiedenen Gewerbebetrieben. Hinzu kommt, dass das Gewicht der begangenen Delikte auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass das Strafgericht zwar eine Freiheitsstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens nach § 266a Abs. 1 StGB verhängt, allerdings eine - nach dieser Vorschrift gleichfalls mögliche - bloße Geldstrafe als nicht mehr ausreichend angesehen hat. Vor diesem Hintergrund ist die von der Beklagten angestellte und vom Verwaltungsgericht gebilligte Prognose, die begangenen Taten seien nicht als einmalige, persönlichkeitsfremde Verfehlung anzusehen und eine ordnungsgemäße Betriebsführung sei auch künftig nicht gewährleistet, nicht zu beanstanden. Zumindest ist die Klägerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags derartigen Überlegungen nicht substantiiert entgegengetreten.

Dass der Geschäftsführer die rückständigen Sozialabgaben sofort bezahlt hat, spricht weder für ihn noch gegen ihn; nur in dieser Weise und - entgegen der Behauptung der Klägerin (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 7 oben) - nicht zulasten der Klägerin hat das Verwaltungsgericht diese Schadenswiedergutmachung gewertet.

2. Die Klägerin meint, das angegriffene Urteil leide an einem Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), der darin liegen soll, dass das Verwaltungsgericht den Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Besonderheiten der Verständigung nach § 257c StPO sowie der geltend gemachten Ermittlungspflicht zu „sozialversicherungsrechtlichen Vorfragen“ als auch zu den für eine günstige Prognose sprechenden Gründen nicht berücksichtigt habe (Schriftsatz vom 13.5.2016, S. 2 oben und S. 8/9 „zu B“); die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe damit den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt. Dem ist nicht zu folgen.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Verwaltungsgericht nicht, jede Einzelheit der Überzeugungsbildung in den Gründen darzulegen und jedes Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BayVGH, B. v. 11.11.2013 - 22 ZB 13.1604 - juris, Rn. 45, 46 m. w. N.; BayVGH, B. v. 2.2.2006 - 22 ZB 05.2111 - unter Hinweis auf BVerwG, B. v. 1.4.2004 - 6 B 5.04 u. a. - GewArch 2004, 488; BayVGH, B. v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris, Rn. 30). Um eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör anzunehmen, müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass der Sachvortrag eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen worden ist; von einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist auszugehen, wenn bezüglich einer für die Entscheidung wesentlichen Frage nicht ersichtlich ist, warum sie das Gericht so und nicht anders entschieden hat, oder wenn konkrete Umstände die Schlussfolgerung nahelegen, dass das Gericht bestimmtes wesentliches Parteivorbringen nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, Rn. 31 zu § 108, m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Das Verwaltungsgericht hat nämlich im Tatbestand seines Urteils wiedergegeben - und somit zur Kenntnis genommen - den Vortrag der Klägerin dahingehend, dass aufgrund der Verständigung nach § 257c StPO die (nach Ansicht der Klägerin fragliche) Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen im Strafverfahren nicht abschließend geprüft worden sei und demzufolge weitere Ermittlungen von Amts wegen geboten seien oder die Entscheidung des Sozialgerichts abgewartet werden müsse (UA Rn. 14); es hat ausweislich des Tatbestands (UA, Rn. 15) auch den Vortrag der Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten verbreiteten Praxis zur Beschäftigung selbstständiger „Beiköche“ und der hierauf beruhenden Annahme des Geschäftsführers, er verhalte sich korrekt, zur Kenntnis genommen, desgleichen den Vortrag zu den geltend gemachten Gesichtspunkten einer sofortigen Umstellung der Geschäftspraxis, einer sofortigen Schadenswiedergutmachung und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Welchen anderen Vortrag das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen haben soll, liegt die Klägerin nicht dar. Inwieweit die Entscheidungsgründe zeigen sollen, dass das Verwaltungsgericht dieses Vorbringen gleichwohl nicht berücksichtigt und nicht nur anders bewertet hat, als es die Klägerin für richtig hält, zeigt die Klägerin nicht auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze.

(2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1 aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.