Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - 4 ZB 16.1815
Tenor
I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - 4 ZB 16.1815 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
-
1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
-
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
-
2. ...
Gründe
-
I.
- 1
-
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.
- 2
-
1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).
- 3
-
Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).
- 4
-
2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.
- 5
-
Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.
- 6
-
a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.
- 7
-
b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.
- 8
-
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.
- 9
-
c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.
- 10
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d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.
- 11
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3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.
- 12
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a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.
- 13
-
b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.
- 14
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4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.
-
II.
- 15
-
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.
- 16
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1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.
- 17
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a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).
- 18
-
b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.
- 19
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aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).
- 20
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bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.
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(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.
- 22
-
(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.
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(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.
- 24
-
(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.
- 25
-
cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.
- 26
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c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
- 27
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Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.
- 28
-
Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.
- 29
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2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.
- 30
-
3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Die Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
WV-Nr. |
Wahlvorschlag |
Stimmen |
Prozent |
Sitze im Kreistag |
01 |
Christlich-Soziale Union (CSU) |
1.236.522 |
46,88% |
28 |
02 |
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) |
324.256 |
12,29% |
7 |
04 |
Bündnis 90/Die Grünen (Grüne) |
203.743 |
7,72% |
5 |
05 |
Unabhängige Wähler (UWG) |
218.595 |
8,29% |
5 |
06 |
Freie Wähler (FW) |
342.485 |
12,98% |
8 |
07 |
Ökologisch Demokratische Partei/Parteifreie Bürger (ÖDP/Parteifreie Bürger) |
312.150 |
11,83% |
7 |
Gründe
Fraktionen |
Sitze im Kreistag |
Proportionalberechnung bei 60 Kreisräten und 12 Ausschussmitgliedern |
CSU |
28 |
5,60 |
SPD |
7 |
1,4 |
Grüne |
5 |
1 |
5 |
1 | |
FW |
8 |
1,6 |
ÖDP |
7 |
1,4 |
Teiler |
CSU |
SPD |
Grüne |
FW |
ÖDP | |
1 |
28 |
7 |
5 |
5 |
8 |
7 |
2 |
14 |
|
|
|
4 |
|
3 |
9,33 |
|
|
|
|
|
4 |
7 |
|
|
|
|
|
5 |
5,66 |
|
|
|
|
|
6 |
4,66 |
|
|
|
|
|
7 |
4 |
|
|
|
|
|
in Kombination mit der genannten Pattauflösungsregel ergibt.
Teiler |
CSU |
SPD |
Grüne |
FW |
ÖDP | |
1 |
28 |
7 |
5 |
5 |
8 |
7 |
3 |
9,33 |
2,33 |
1,67 |
1,67 |
2,67 |
2,33 |
5 |
5,6 |
|
|
|
|
|
7 |
4 |
|
|
|
|
|
9 |
3,11 |
|
|
|
|
|
11 |
2,55 |
|
|
|
|
|
Prozentual: |
50% |
8,33% |
8,33% |
8,33% |
16,67% |
8,33% |
Fraktionen |
Sitze im Kreis- |
Zahl der Sitze der Fraktion im Kreistag X |
|
tag |
Ausschusssitze /Gesamtzahl der Kreistagsmitglieder |
CSU |
28 |
5,6 = 5 + 1 |
SPD |
7 |
1,4 = 1 |
Grüne |
5 |
1= 1 |
5 |
1 = 1 | |
FW |
8 |
1,6 = 1 + 1 |
ÖDP |
7 |
1,4 = 1 |
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Fraktion der Freien Wähler (FW) im Stadtrat der Stadt ... möchte erreichen, dass sechs ständige Ausschüsse des Stadtrats (Bauausschuss, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, Personalausschuss, Grundstücksausschuss, Verkehrsausschuss, Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, Sozialausschuss) und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit jeweils 13 (ohne den Oberbürgermeister als Vorsitzendem) statt wie bisher mit zwölf Mitgliedern besetzt werden, weil damit dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit besser entsprochen würde.
Der Wahlausschuss der Beklagten stellte in seiner Sitzung am
WV-Nr. |
Wahlvorschlag |
Stimmen |
Prozent |
Sitze im Stadtrat |
01 |
Christlich-Soziale Union (CSU) |
164.821 |
47,99% |
19 |
02 |
Sozialdemokratische Partei (SPD) |
51.489 |
14,99% |
6 |
03 |
Freie Wähler (FW) |
46.940 |
13,67% |
5 |
04 |
Bündnis 90/Die Grünen (Grüne) |
25.189 |
7,34% |
3 |
05 |
Wählerliste (WAN) |
21.392 |
6,23% |
3 |
06 |
Junge Liste (JL) |
20.113 |
5,86% |
2 |
07 |
Die Republikaner (REP) |
4.392 |
1,28% |
1 |
08 |
Freie Demokratische Partei (FDP) |
9.053 |
2,63% |
1 |
In der konstituierenden Sitzung des Stadtrats am
„§ 6
Bildung, Auflösung
(1) In den Ausschüssen nach § 2 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts sind die den Stadtrat bildenden Parteien und Wählergruppen unter Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften gemäß ihren Vorschlägen nach dem Verhältnis ihrer Stärke vertreten (Art. 33 Abs. 1 GO). Die Sitze werden nach dem Verfahren gem. Hare/Niemeyer verteilt; haben Parteien und Wählergruppen wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet die größere Zahl der bei der Stadtratswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Wird durch den Austritt oder Übertritt von Stadtratsmitgliedern oder der Bildung einer Ausschussgemeinschaft das ursprüngliche Stärkeverhältnis der im Stadtrat vertretenen Parteien und Wählergruppen verändert, so sind diese Änderungen nach Satz 2 Halbsatz 1 auszugleichen; haben danach Parteien und Wählergruppen, bei denen Veränderungen eingetreten sind, wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet des Los. Gleiches gilt für die Vertreter in den Verbandsgremien und Aufsichtsräten.“
Die Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts vom
„§ 2
Ausschüsse
(1) Der Stadtrat bestellt zur Mitwirkung bei der Erledigung seiner Aufgaben folgende ständige Ausschüsse:
a) den Verwaltungsausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 16 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
b) den Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
c) den Personalausschuss bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
d) den Grundstücksausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
e) den Verkehrsausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
f) den Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
g) den Sozialausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern.“
Die Gesellschafterversammlung der Stadtwerke ... GmbH beschloss am
Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg
Es könne mathematisch ermittelt werden, wie gut die Gleichheit der Wahl bei der Sitzverteilung in einem Ausschuss gewährleistet sei. Nach Prof. P. sei der Erfolgswert einer Wählerstimme nicht nur ein qualitativer Begriff, sondern lasse sich zu einer quantitativen Größe als Quotient von Mandatsanteil und Stimmenanteil einer Partei präzisieren. Bei einer Ausschussgröße von zwölf Sitzen ohne Oberbürgermeister ergebe sich nach dem Verfahren Hare-Niemeyer, dass die CSU, SPD, Grüne, JL und WAN einen größeren Anteil erhielten als ihnen eigentlich nach dem Wahlergebnis zustehe. Einzig die FW hätten bei dieser Ausschussgröße einen deutlich geringeren Anteil an Ausschusssitzen. Den größten Erfolg habe gegenwärtig eine Stimme für die JL. Für die Wähler der CSU, SPD, Grünen, WAN und JL sei der Erfolgswert höher als eins. Nur bei der FW und natürlich bei den in den Ausschüssen nicht vertretenen REP und FDP sei er deutlich niedriger. Für jede in Frage kommende Ausschussgröße ohne Oberbürgermeister könne ein globales Ungleichheitsmaß berechnet werden. Die Ausschussgrößen von 13 und 14 Sitzen würden den Verfassungsvorgaben am besten entsprechen. Sie seien mit großem Abstand am besten geeignet, das Prinzip der Spiegelbildlichkeit zu realisieren. Die Ausschussgröße von zwölf Mitgliedern führe zu Verzerrungen, die nicht mehr tolerabel seien. Effizienzüberlegungen aufgrund des Organisationsermessens sprächen nicht für die Festlegung auf zwölf Ausschussmitglieder. Es sei nicht notwendig, eine gerade Anzahl von Mitgliedern zu vermeiden, da bei Stimmengleichheit der Antrag abgelehnt sei. Mit den zwei Mandaten der „CSU-Tarnliste“ der JL und den drei Stadträten der WAN, die teilweise CSU-Mitglieder seien, und sich erfahrungsgemäß bei ihren Entscheidungen an der CSU orientierten, sei eine Mehrheit des CSU-Oberbürgermeisters ohnehin gut abgesichert.
Im Bereich der relevanten Ausschussgrößen von elf bis 16 Sitzen würden die Zahlen für das globale Ungleichheitsmaß der Erfolgswerte aller Wählerstimmen deutlicher für die Sitzzahlen von 13 und 14 als für die Sitzzahlen von elf, zwölf, 15 und 16 sprechen. Die Erläuterungen der Klägerin mit Hilfe der in der wissenschaftlichen Literatur dafür angegebenen mathematisch-objektiven Messzahlen würden in der Klageerwiderung mit keinem Wort angesprochen. Dies diene der Verschleierung oder sei ein Zeichen dafür, dass diese mathematische Modellierung offensichtlich nicht genügend rezipiert worden sei. Verkannt werde auch die Bedeutung der Zahl der Wählerstimmen für die Gruppierungen. Es sei verkürzend, nur die Sitzzahlen im Plenum heranzuziehen. Entscheidend für die Bewertung seien nicht diese, sondern die von den Gruppierungen erzielten Wählerstimmen. Der Fraktion der FW stünden nach dem Wählerwillen 5,47 Stadtratssitze zu. Bei der Ausschussbildung aber werde aber mit fünf Sitzen gerechnet. Die Gewährleistung des Spiegelbildlichkeitsprinzips könne also nicht allein aufgrund der Sitzzahlen im Plenum erfolgen. Es sei zwar richtig, dass bei der Zusammensetzung der Ausschüsse der Oberbürgermeister keine direkte Rolle spiele. Der angeblich nicht zur Fraktion der CSU gehörende Oberbürgermeister nehme freilich regelmäßig an deren Fraktionssitzungen teil, nicht aber an denen aller anderen Fraktionen. Faktisch sei er also ein Fraktionsmitglied der CSU. Außerdem habe er als Oberbürgermeister mit seinem Amt aktiv Wahlkampf für die CSU gemacht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dass der Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, der Personalausschuss, der Grundstücksausschuss, der Verkehrsausschuss, der Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, sowie der Sozialausschuss und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit 13 Mitgliedern ohne den Oberbürgermeister besetzt werden. Die Beschlüsse zu TOP 6 und 8 der Sitzung des Stadtrats vom 5. Mai 2014 werden insoweit aufgehoben.
Hilfsweise:
Die Beklagte zu verurteilen, über die Zahl der Mitglieder des Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschusses, des Personalausschusses, des Grundstücksausschusses, des Verkehrsausschusses, des Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschusses, sowie des Sozialausschusses und des Aufsichtsrats der Stadtwerke unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Ansicht verzerren die vom Stadtrat beschlossenen Größen der Ausschüsse bzw. des Aufsichtsrats der Stadtwerke mit jeweils zwölf Sitzen nicht in grober Weise die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat. Aus dem Spiegelbildlichkeitsprinzip habe die Klägerin daher keinen Anspruch auf deren Erweiterung auf 13 Mitglieder. Die Bildung von Ausschüssen, deren Größe sowie das bei der Besetzung anzuwendende Verfahren seien Ausfluss der Organisationskompetenz des Gemeinderats. Die Autonomie bei der Bestimmung der Mitgliederzahl der Ausschüsse sowie bei der Wahl des Besetzungsverfahrens sei durch Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen sei. Jeder Ausschuss müsse in seiner Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild des Gemeinderats darstellen. Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO verlange aber nicht die Festlegung einer das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierenden Ausschussgröße, sondern verbiete lediglich grobe Verzerrungen der im Plenum bestehenden Stärkeverhältnisse. Eine solche Verzerrung liege bei zwölf Mitgliedern ohne Oberbürgermeister nicht vor. Zwar hätten die Fraktionen der Grünen bzw. der WAN mit jeweils drei Stadtratsmitgliedern jeweils einen Sitz in den Ausschüssen. Die Ausschussgröße sei so zu bemessen, dass ansehnlich große Fraktionen und Gruppen von einer Vertretung im Ausschuss nicht ausgeschlossen würden. Die CSU-Fraktion mit 19 Stadtratsmitgliedern erreiche weder in den streitgegenständlichen Ausschüssen noch im Aufsichtsrat eine absolute Mehrheit. Sie sei in diesen nach dem Verfahren Hare-Niemeyer mit 50% vertreten und damit mit 2,5% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat „überrepräsentiert“. Die Klägerin sei in den 12er-Ausschüssen mit einem Sitz mit 4,2% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat unterrepräsentiert. Bei der Erhöhung der Ausschusssitze auf 13 würde die CSU-Fraktion um 1,3% unterrepräsentiert, während die Klägerin um 2,9% überrepräsentiert wäre. In dem Verfahren Az. RN 3 K 05.1239 des Verwaltungsgerichts Regensburg sei die dortige Klägerin mit ihrem Ausschusssitz in den Ausschüssen mit 7,9% unterrepräsentiert gewesen. Trotzdem habe das Gericht keinen willkürlichen Verstoß gegen das Spiegelbildlichkeitsgebot erkannt.
Bei der Berechnung sei der Oberbürgermeister nicht einzubeziehen. Er gehöre der CSU-Fraktion nicht an. Dass aufgrund des Wahlergebnisses bei gleichgerichteter Abstimmung der CSU-Fraktion und des Oberbürgermeisters eine absolute Mehrheit entstehen könne, sei nicht zu beanstanden. Ausgangspunkt für die Rechtsprechung zur Ausschussgröße sei die Effektivität der Ausschussarbeit und damit die Entlastung des Plenums. Dass 13 Ausschusssitze für die Klägerin optimaler wären und das Spiegelbildlichkeitsgebot besser abbilden würden, möge sein. Dies führe allerdings nicht dazu, dass eine Ausschussgröße von zwölf unzulässig sei. Es bestehe kein Anspruch auf eine das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierende Ausschussgröße. Der „Erfolgswert“ einer Wählerstimme könne nach verschiedenen mathematischen Verfahren bestimmt werden, woraus sich Rechtsunsicherheit und Streitigkeiten ergeben könnten. Es würde sich immer eine Partei oder Wählergruppe bei der Anwendung der einen oder der anderen mathematischen Berechnungsmethode benachteiligt fühlen. Es wäre Sache der Gerichte bzw. des Gesetzgebers, das entsprechende mathematische Verfahren für den „Erfolgswert“ einer Wählerstimme zu bestimmen und danach die Ausschussgröße zu berechnen. Möglichweise würden die Ausschüsse so groß, dass eine effektive und sachorientierte Arbeit nicht mehr möglich sei. Eine einseitig den Erfolgswert der Wählerstimme optimierende Festlegung der Ausschussgröße führe zu Rechtsunsicherheiten und zu aufwändigen Berechnungsverfahren. Der Stadtrat werde dadurch in seiner Organisationsautonomie stark eingeschränkt.
Der Stadtrat habe in der Sitzung am 5. Mai 2014 über die Ausschussgrößen diskutiert und auch 13 und 14 Sitze in Erwägung gezogen. Er habe sich aus Effizienzgründen für die Zahl von zwölf Sitzen entschieden. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, 13-er Ausschüsse plus Vorsitzendem zu bilden, da sie dem Mehrheitsprinzip und damit der Vermeidung von Pattsituationen den Vorrang eingeräumt habe. Die Bemessung der Größe, bei welcher ein Ausschuss am effektivsten arbeiten könne, stehe in der Organisationsautonomie und Einschätzung des Stadtrats. Es bleibe ihm überlassen, in der neuen Wahlperiode für eine effektive und klare Abstimmungsmehrheit zu sorgen. Dass dies bei einer Ausschussgröße von zwölf Mitgliedern plus Oberbürgermeister besser erreicht werden könne als bei elf oder 13 Mitgliedern, dürfte unstrittig sein. Die Entscheidungen des Stadtrats zur Ausschussgröße seien damit nicht willkürlich erfolgt. Dem Stadtrat sei die Argumentation der Klägerin bekannt gewesen. Ihre Modellrechnungen aus der wissenschaftlichen mathematischen Literatur seien angesichts der klaren Rechtsprechung nicht Ausschlag gebend. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe sich in keinem Urteil an mathematischen Formeln orientiert. Im Gegenteil habe er bisher immer auf die Organisationsautonomie des Stadtrates verwiesen.
Ein Vergleich mit der Landkreisordnung (LKrO) zeige, dass der Erfolgswert einer Wählerstimme für die Festlegung der Ausschussgröße vom Gesetzgeber nicht konsequent beachtet werde. Der Kreisausschuss des Kreistags des Landkreises ... bestehe aufgrund der gesetzlichen Vorgabe zwingend aus zwölf Mitgliedern bei 60 Kreistagsmitgliedern. Der Gesetzgeber sei beim Kreisausschuss der Ansicht, dass die Festlegung der Ausschussgröße unabhängig vom Wahlausgang weder gegen das Spiegelbildlichkeitsprinzip noch gegen das Übermaß- bzw. Willkürverbot verstoße. Der Erfolgswert einer Wählerstimme spiele für die Größe des Kreisausschusses keine Rolle, wobei zwischen Kreistags- und Gemeinderatswahlen keine relevanten Unterschiede bestünden. Auch bei der Besetzung des Kreisausschusses könne es zu erheblichen Benachteiligungen einzelner politischer Parteien und Wählergruppen kommen. Dies nehme der Gesetzgeber hin. Ähnliches gelte für den Rechnungsprüfungsausschuss, dessen Größe der Gesetzgeber mit mindestens drei und höchstens sieben Sitzen unabhängig von der Größe des Gemeinderats festgelegt habe.
Der Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH sei ein sog. fakultativer Aufsichtsrat. Die Stadt könne seine Größe und Zusammensetzung im Gesellschaftsvertrag regeln. Die Beklagte habe den Aufsichtsrat mit Beschluss vom 5. Mai 2014 um einen Sitz von elf auf zwölf erweitert. Bereits in der vorangegangenen Wahlperiode habe der Stadtrat den Aufsichtsrat an die Größenverhältnisse der überwiegenden Anzahl der beschließenden Stadtratsausschüsse angepasst. Dies sei aufgrund der Bedeutung der Stadtwerke als größter städtischer GmbH geschehen. Die Regelungen des Spiegelbildlichkeitsprinzips seien bei einem fakultativen Aufsichtsrat auf eine kommunale GmbH anzuwenden, wenn sie im Gesellschaftsvertrag und der Geschäftsordnung für den Stadtrat für anwendbar erklärt würden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
1. Die Klage ist zulässig.
Klagebegehren ist die Verurteilung der Beklagten dahingehend, dass sechs ständige Ausschüsse des Stadtrats (Bauausschuss, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, Personalausschuss, Grundstücksausschuss, Verkehrsausschuss, Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, Sozialausschuss) und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit jeweils 13 Mitgliedern (neben dem Oberbürgermeister als Vorsitzendem) besetzt werden. Bei dieser Ausschussgröße würde die Klägerin in den genannten Gremien zwei Sitze, also einen mehr als bisher, erhalten. Hilfsweise erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, über die Zahl der Mitglieder dieser Gremien unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Besetzung der Ausschüsse eines Gemeinderats ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet, da es bei einem solchen Streit zwischen einer Stadtratsfraktion und der Stadt um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen der Stadt geht.
Der Verwaltungsrechtsweg ist auch hinsichtlich der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke GmbH eröffnet. Grundsätzlich sind gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, wie die ordnungsgemäße Besetzung des Aufsichtsrates einer GmbH, im Zivilrechtsweg gemäß § 13 GVG zu entscheiden. Die Beklagte bleibt jedoch für das Handeln ihrer Eigengesellschaft voll verantwortlich. Gemäß Art. 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 93 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO) hat sie diese Verantwortlichkeit durch Einflussnahme im Aufsichtsrat sicherzustellen. Wie sich § 6 Abs. 1 Satz 4 der (öffentlich-rechtlichen) Geschäftsordnung für den Stadtrat entnehmen lässt, sollen die öffentlich-rechtlichen Regelungen über die Verteilung der Ausschusssitze auch auf Aufsichtsräte Anwendung finden. Über die Entsendung der Aufsichtsratsmitglieder entscheidet der Stadtrat durch Beschluss gemäß Art. 51 Abs. 1 GO. Die streitentscheidenden Regelungen über die Besetzung des Aufsichtsrats wurzeln also in der Kommunalverfassung und werden durch die Beschlusspraxis des Stadtrates der Beklagten ausgeformt. Auch insoweit handelt es sich im Verhältnis der Stadt zu den Fraktionen um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen.
Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung, soweit es um die Aufhebung der Beschlüsse des Stadtrats der Beklagten vom 5. Mai 2014 über die Mitgliederzahl in den weiteren Ausschüssen (TOP 6) und im Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH (TOP 8) geht. Eine Anfechtungsklage scheidet aus, da die Besetzung von Ausschüssen und eines Aufsichtsrats nicht durch einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) erfolgt (vgl. BayVGH
Die Klägerin ist zur Klage befugt, § 42 Abs. 2 VwGO analog. Sie kann die mögliche Verletzung ihres Rechts auf angemessene Vertretung in den oben genannten Gremien entsprechend dem Gebot der Spiegelbildlichkeit geltend machen. Ihr steht möglicherweise ein Recht aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO zu, die Zahl der Ausschussmitglieder und entsprechend auch die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats zu verändern. Sie hat grundsätzlich einen gerichtlich einklagbaren Anspruch darauf, dass ihr in diesen Gremien als verkleinerte Abbilder des Stadtrats so viele Sitze zugeteilt werden, als es dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen untereinander entspricht (vgl. BayVGH
2. Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet, da die Besetzung der oben genannten sechs ständigen Ausschüsse der Beklagten und der dieser Besetzung zugrundeliegende Stadtratsbeschluss vom 5. Mai 2014 (TOP 6) rechtmäßig sind. Gleiches gilt für die Mitgliederzahl im Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH (TOP 8). Die Mitgliederzahl in diesen Gremien widerspricht nicht dem Prinzip der Spiegelbildlichkeit, das in Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO einfachgesetzlich verankert ist. Eine rechtlich unzulässige Überrepräsentation einer Fraktion in diesen Gremien besteht bei einer Gremiumsgröße von zwölf Mitgliedern (ohne den Oberbürgermeister) nicht, so dass der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gewahrt ist. Diese Sitzzahl hält sich im Rahmen des dem Stadtrat der Beklagten zustehenden Organisationsermessens. Ein Anspruch auf eine das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierende Ausschussgröße besteht nicht. Die Klage hat deshalb auch in ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg.
a. Gemäß Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO hat der Gemeinderat bei der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Haben dabei mehrere Parteien und Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, so ist statt eines Losentscheids auch der Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese abgegebenen Stimmen zulässig, Art. 33 Abs. 1 Satz 3 GO. Den gesetzlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO genügt § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung für den Stadtrat i. V. m. § 2 Abs. 1 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts.
Das Spiegelbildlichkeitsgebot folgt aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit. Auch wenn der Gemeinderat kein Parlament, sondern ein Verwaltungsorgan einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, repräsentiert er die Bürger der Stadt. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Stadtratsplenum, sondern auch in den Ausschüssen (vgl. hierzu BVerwG
Die Fraktionen haben bei der Ausschussbesetzung Anspruch auf Berücksichtigung nach Maßgabe ihrer jeweiligen Mitgliederzahl im Plenum (vgl. BVerwG
Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse ist das Zahlenverhältnis der auf die verschiedenen Wahlvorschläge hin gewählten Stadtratsmitglieder, also die Zahl der Sitze der Parteien und Wählergruppen im Plenum, nicht die von ihnen bei der Stadtratswahl erreichte Stimmenzahl (vgl. BayVGH
Die Verteilung der Ausschusssitze nach dem Verfahren Hare-Niemeyer gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung begegnet keinen Bedenken. Der Landesgesetzgeber hat den kommunalen Gremien - anders als z. B. in Art. 35 Abs. 2 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) - insoweit kein bestimmtes Berechnungsverfahren vorgegeben. Sie haben grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren. Dabei entsprechen die gängigen Verfahren - nämlich das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt, das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers und das Restverteilungsverfahren nach Hare-Niemeyer - grundsätzlich dem Gebot der Wahlgleichheit nach Maßgabe des verbesserten Verhältniswahlrechts (vgl. zum Verfahren nach d’Hondt BayVerfGH vom 26.10.2009 Vf. 16-VII-08).
Die den Mitgliedern des Stadtrats eingeräumte Wahlmöglichkeit beruht auf der Erkenntnis, dass allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent sind. Hinzu kommt, dass weder die Ausschussmitglieder noch die Ausschusssitze teilbar sind. In einer derartigen Situation wechselseitig begünstigender und belastender Rundungsfehler stoßen der strikte Normbefehl des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO und damit die richterliche Kontrolle an ihre Grenzen. Daraus ergeben sich aber zugleich die Grenzen der Wahlmöglichkeiten, die das Gesetz den Gemeinderäten eröffnet. Denn jeder Ausschuss muss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und die Mehrheitsverhältnisse im Plenum widerspiegeln. Die Anwendung des Verfahrens nach d’Hondt ist dann nicht mehr mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit vereinbar, wenn es zugunsten einer Gruppe eine sogenannte Überaufrundung bewirkt (vgl. BayVGH
Die Beklagte hat bestimmt, dass die Sitze nicht nach dem Verfahren d’Hondt, sondern nach dem Verfahren Hare-Niemeyer verteilt werden. Den Fall einer Überaufrundung hat sie nicht geregelt. Falls Parteien und Wählergruppen wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz haben, entscheidet die größere Zahl der bei der Stadtratswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Um eine Überaufrundung festzustellen, muss zunächst eine mathematische Proportionalberechnung durchgeführt werden. Dazu ist die Anzahl der Stadtratsmitglieder der jeweiligen Fraktion mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze zu multiplizieren und durch die Anzahl aller Gemeinderatssitze zu teilen:
Fraktionen |
Sitze im Stadtrat |
Proportionalberechnung bei 40 Stadtratsmitgliedern und 12, 13 bzw. 14 Ausschussmitgliedern |
CSU |
19 |
5,7, 6,175 bzw. 6,65 |
SPD |
6 |
1,8, 1,95 bzw. 2,1 |
FW |
5 |
1,5, 1,625 bzw. 1,75 |
Grüne |
3 |
0,9, 0,975 bzw. 1,05 |
WAN |
3 |
0,9, 0,975 bzw. 1,05 |
JL |
2 |
0,6, 0,65 bzw. 0,7 |
REP |
1 |
0,3, 0,325 bzw. 0,35 |
FDP |
1 |
0,3, 0,325 bzw. 0,35 |
Rechnerisch stehen der Klägerin also bei zwölf Sitzen der fraglichen Ausschüsse 1,5 Sitze zu. Bei 13 bzw. 14 Sitzen der Ausschüsse stünden ihr 1,625 bzw. 1,75 Sitze zu.
Die Ausschusssitze verteilen sich nach dem Verfahren Hare-Niemeyer wie folgt:
Fraktionen |
Sitze im Stadtrat |
Zahl der Sitze der Fraktion im Stadtrat X Ausschusssitze /Gesamtzahl der Stadtratsmitglieder (Bei 12 Sitzen) |
Bei 13 Sitzen |
Bei 14 Sitzen |
CSU |
19 |
5,7 = 5+1 |
6,175 = 6 |
6,65 = 6+1 |
SPD |
6 |
1,8 = 1+1 |
1,95 = 1+1 |
2,1 = 2 |
FW |
5 |
1,5 = 1 |
1,625 = 1+1 |
1,75 = 1+1 |
Grüne |
3 |
0,9 = 1 |
0,975 = 1 |
1,05 = 1 |
WAN |
3 |
0,9 = 1 |
0,975 = 1 |
1,05 = 1 |
JL |
2 |
0,6 = 1 |
0,65 = 1 |
0,7 = 1 |
REP |
1 |
0,3 |
0,325 |
0,35 |
FDP |
1 |
0,3 |
0,325 |
0,35 |
Demnach steht der Klägerin bei zwölf Sitzen ein Ausschusssitz zu. Bei 13 und 14 Ausschusssitzen würde sie jeweils einen weiteren Sitz erhalten, wobei die CSU-Fraktion bei 14 Ausschusssitzen sieben Sitze, also einen Sitz mehr, bekommen würde. Eine unzulässige Überrepräsentation einer Fraktion in den Ausschüssen im Sinne der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH
Das Gericht teilt die Einschätzung der Klägerin nicht, dass bei der Bestimmung der Ausschussgrößen ein mathematisch möglichst exaktes und optimales Verteilungsverfahren Anwendung finden muss. Soweit dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit dadurch genügt wird, dass eine Über- und Unterrepräsentation einer maßgeblichen Fraktion nicht vorliegt, liegt es im Organisationsermessen des Stadtrats, die Zahl der Mitglieder der Ausschüsse und eines Aufsichtsrats festzulegen.
Bei der Bemessung der Zahl der Mitglieder der Ausschüsse kommt es nicht auf die bei der Stadtratswahl für die jeweilige Partei oder Wählergruppe abgegebenen Stimmen an. Die Sitze im Stadtrat werden gemäß Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GLKrWG nach dem Verfahren Hare-Niemeyer auf die einzelnen Wahlvorschläge verteilt. Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse ist die nach diesem Verfahren errechnete Zahl der Sitze im Plenum und nicht eine fiktive „rechnerisch genaue“ Anzahl von Sitzen, da Ausschüsse soweit wie möglich ein verkleinertes Abbild des Plenums und nicht des Wählerwillens darstellen sollen. Anders als von der Klägerin vertreten, kommt es für die Verteilung der Ausschusssitze damit nicht auf den „Erfolgswert“ einer Wählerstimme und ein damit einhergehendes „Ungleichheitsmaß“ an. Es kommt auch nicht auf angebliche „Tarnlisten“ und/oder „befreundete“ Fraktionen der CSU-Fraktion an.
Der Oberbürgermeister der Beklagten als Vorsitzender der jeweiligen Ausschüsse und des Aufsichtsrats ist bei der Berechnung der Zahl der Ausschusssitze und bei der Zusammensetzung der Ausschüsse nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. b) bis g) der Geschäftsordnung bestehen die Ausschüsse aus dem Vorsitzenden - also dem Oberbürgermeister - und zwölf ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern. Rechtliche Bedenken, dass der Oberbürgermeister bei der Besetzung der Ausschüsse nach dem Spiegelbildlichkeitsprinzip außer Betracht bleibt, bestehen nicht. Dieser führt nämlich gemäß Art. 33 Abs. 2 GO den Vorsitz in den Ausschüssen. Angesichts des klaren Wortlauts der Geschäftsordnung ist der Vorsitzende nicht zu den Stadtratsmitgliedern zu zählen, die bei den Ausschusssitzen zu berücksichtigen sind.
Das Gericht verkennt nicht, dass die von der Klägerin begehrte Erhöhung auf 13 oder 14 Ausschusssitze die Mehrheitsverhältnisse im Plenum etwas genauer widerspiegelt als bei zwölf Ausschusssitzen.
Fraktionen |
Sitze im Stadtrat |
Prozentualer Anteil |
Abweichung bei 12 Sitzen |
Bei 13 Sitzen |
Bei 14 Sitzen |
CSU |
19 |
47,5% |
+ 2,5% |
- 1,35% |
+ 2,5% |
SPD |
6 |
15% |
+ 1,67% |
+ 0,39% |
- 0,71% |
FW |
5 |
12,5% |
- 4,17% |
+ 2,89% |
+ 1,79% |
Grüne |
3 |
7,5% |
+ 0,83% |
+ 0,19% |
+ 0,36% |
WAN |
3 |
7,5% |
+ 0,83% |
+ 0,19% |
+ 0,36% |
JL |
2 |
5% |
+ 3,33% |
+ 2,69% |
+ 2,14% |
REP |
1 |
2,5% |
- 2,5% |
- 2,5% |
- 2,5% |
FDP |
1 |
2,5% |
- 2,5% |
- 2,5% |
- 2,5% |
Bei 13 Ausschusssitzen würde die Klägerin zwei Sitze erhalten, wäre aber mit 2,89% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat „überrepräsentiert“. Dagegen ist sie bei zwölf Ausschusssitzen mit 4,17% unterrepräsentiert. Bei 14 Ausschusssitzen würde die Klägerin ebenfalls zwei Sitze erhalten und wäre mit 1,79% „überrepräsentiert“.
Die durch den Stadtrat der Beklagten kraft seiner Autonomie festgelegten Ausschussgrößen halten sich nach der Überzeugung des Gerichts im Rahmen seines Organisationsermessens. Dabei hat er beachtet, dass es weder zu einer Über- noch einer Unterrepräsentation einer Fraktion in den Ausschüssen kommt. Die CSU-Fraktion erhält mit sechs von zwölf Sitzen auch keine absolute Mehrheit der Ausschusssitze. Der Oberbürgermeister kann nämlich, auch wenn er Mitglied der CSU ist, rechtlich nicht der Mehrheitsfraktion zugerechnet werden. Denn nach Art. 33 Abs. 2 GO steht ihm der Vorsitz in den Ausschüssen kraft Gesetzes zu. Er ist daher bei der Berechnung der Spiegelbildlichkeit nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO nicht zu berücksichtigen.
Ermessensentscheidungen können vom Gericht nur in engen Grenzen überprüft werden, vgl. § 114 Satz 1 VwGO. Im vorliegenden Fall waren durch das Gericht keine Verwaltungsakte zu überprüfen, so dass die Verfahrensvorschriften für solche, wie z. B. Art. 40 BayVwVfG, zumindest keine unmittelbare Anwendung finden. Allerdings dürfen öffentliche Organe - wie der Stadtrat - auch im Rahmen ihres Organisationsermessens nicht willkürlich handeln. Eine Willkür bei der Festlegung der Ausschussgrößen ist nicht festzustellen. Ausweislich der Niederschrift zu TOP 6 der Sitzung vom 5. Mai 2014 wurde die Größe der Ausschüsse diskutiert und es wurden Argumente hinsichtlich der Vor- und Nachteile der verschiedenen Ausschussgrößen ausgetauscht.
Der Stadtrat durfte sich aus Effizienzgründen und zur Vermeidung einer Pattsituation für zwölf Ausschussmitglieder ohne den Oberbürgermeister entscheiden und damit dem Mehrheitsprinzip ein besonderes Gewicht zumessen. Eine solche Pattsituation könnte nämlich bei 13 Ausschussmitgliedern und dem Oberbürgermeister als Vorsitzenden bei Abstimmungen entstehen. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass bei Stimmengleichheit ein Antrag abgelehnt ist. Gleichwohl kann der Stadtrat im Rahmen seines Organisationsermessens solchen Pattsituationen vorbeugen wollen. Um sachfremde Erwägungen handelt es sich dabei nicht. Dass dieser Gesichtspunkt in der Diskussion über die Zahl der Ausschussmitglieder erörtert wurde, lässt sich der Sitzungsniederschrift entnehmen. Auch die Entscheidung des Stadtrats, die Zahl der Ausschussmitglieder im Vergleich zur vorherigen Wahlperiode nur um eines und nicht um zwei zu erhöhen, erscheint nicht willkürlich. Die Überlegung ist nicht sachfremd, dass mit zunehmender Zahl der Ausschussmitglieder Effektivität und Geschwindigkeit der Willensbildung abnehmen.
Das dem Stadtrat zustehende Organisationsermessen ist nicht dahingehend reduziert, dass nur eine möglichst genaue mathematische Aufteilung einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung entspricht. Soweit die Klägerin auf Ausarbeitungen von Professor Dr. P. hinweist, beziehen sich diese nicht auf die Besetzung von Ausschüssen, sondern auf die Berechnung der Zuteilung von Mandaten im Plenum bei Verhältniswahlen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht darum, die Zahl der Wählerstimmen in den jeweiligen Ausschüssen möglichst genau abzubilden, sondern dem Gebot der Spiegelbildlichkeit anhand der Sitze im Stadtratsplenum unter Berücksichtigung sachgerechter Kriterien - wie dem Vermeiden einer Pattsituation - zu entsprechen. Die von der Klägerin geforderte mathematisch genaue Berechnung schreibt weder der Gesetzgeber vor, noch verlangen es die Grundsätze der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit. Wie sich zum Beispiel Art. 27 Abs. 1 Satz 1 der Landkreisordnung entnehmen lässt, der eine bestimmte Zahl von Mitgliedern des Kreisausschusses gesetzlich festlegt, ist der Erfolgswert einer Wählerstimme für die Festlegung der Größe des Kreisausschusses nicht Ausschlag gebend. Bei der Besetzung des Kreisausschusses kann es zu Benachteiligungen einzelner Parteien und Wählergruppen kommen. Dies ist hinzunehmen, soweit es nicht zu einer Überrepräsentierung einer Gruppe führt, als keine Fraktion oder Wählergruppe einen ganzen Sitz mehr erhält, als ihr rechnerisch zusteht. Ähnliches gilt für den Rechnungsprüfungsausschuss der gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 1 GO mindestens drei bis höchstens sieben Mitglieder haben kann. Aufgrund der geringen Größe nimmt der Gesetzgeber sogar in Kauf, dass zahlenmäßig durchaus relevante Gruppen im Rechnungsprüfungsausschuss gar nicht vertreten sind.
Eine mathematisch genaue Aufteilung für die eine Gruppierung führt möglicherweise zu „Ungerechtigkeiten“ für andere Parteien und Wählergruppen. Zudem entstehen Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der mathematisch genauesten und optimalsten Zahl der Ausschusssitze. Am Gerechtesten könnte die Ausschussbesetzung erscheinen, welche auch der kleinsten im Stadtrat vertretenen Gruppierung zumindest noch einen Ausschusssitz einräumt. Dadurch entstünden jedoch oft zu große Ausschüsse, die mit einer effektiven und beschleunigten Arbeit nicht mehr im Einklang stünden.
Für die Bestimmung der Mitgliederzahl des Aufsichtsrats der Stadtwerke GmbH gelten vorstehende Ausführungen entsprechend.
b. Die Klage hat auch in ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg, da das Gericht keine rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Ausschussgrößen und der Größe des Aufsichtsrats der Stadtwerke GmbH, sowie hinsichtlich der ordnungsgemäßen Ausübung des der Beklagten zustehenden Organisationsermessens hat.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer obergerichtlichen Entscheidung abweicht, vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO. Die Begriffe der Spiegelbildlichkeit und der Überaufrundung sind in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt. Es ist nicht erkennbar, dass dem Urteil über den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.