Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - 4 ZB 16.1815

bei uns veröffentlicht am20.03.2017

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Zusammensetzung der Ausschüsse des Kreistags des Beklagten. Bei der Kreistagswahl 2014 ergab sich folgende Sitzverteilung für den insgesamt aus 60 Sitzen bestehenden Kreistag: CSU 28 Sitze, SPD 8 Sitze, Bündnis 90/Die Grünen 6 Sitze, UWG 10 Sitze, WGW 5 Sitze, FDP 1 Sitz und ÖDP 2 Sitze. In der Geschäftsordnung für den Kreistag, den Kreisausschuss und die weiteren Ausschüsse wurde festgelegt, dass die Mitglieder des Kreisausschusses vom Kreistag aufgrund der Vorschläge der Parteien und Wählergruppen nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren mit Mehrheitsklausel ermittelt werden sollen. Bei gleicher Dezimalzahl von Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften entscheide die größere Zahl der bei der Kreistagswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Die Ausschussbesetzung müsse dem Erfordernis der Spiegelbildlichkeit des Kreistages Rechnung tragen. Gemäß Art. 27 Abs. 2 Satz 5 der Landkreisordnung (LKrO) könnten sich Einzelmitglieder und kleine Gruppen des Kreistages, die aufgrund des Stärkeverhältnisses im Kreisausschuss nicht vertreten wären, zur Entsendung gemeinsamer Vertreter in den Ausschuss zusammenschließen (Ausschussgemeinschaften). Die gleiche Regelung gelte für den Finanzausschuss, den Ausschuss für Bau, Wirtschaft und Infrastruktur sowie den Ausschuss für Umwelt, Nahverkehr, Natur und Tourismus, denen ebenfalls neben dem Landrat je 12 Kreisräte angehörten. Einen Antrag einzelner Fraktionen, die oben genannte Geschäftsordnung dahingehend zu ändern, dass für die Besetzung der Ausschüsse das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren gewählt werde, um das Spiegelbildgebot besser umzusetzen, lehnte der Kreistag am 9. Mai 2014 ab.

Bei der Ausschussbesetzung wurde bei Ermittlung der Proportionalzahl nach Hare/ Niemeyer jeweils ein Bruchteilsrest von 0,6 für die CSU, die SPD und die Klägerin errechnet, so dass für die Vergabe der letzten zwei Sitze im Kreisausschuss die größere Zahl der bei der Kreistagswahl auf die Wahlvorschläge der CSU und SPD abgegebenen Stimmen ausschlaggebend war.

Die Klägerin erhob hiergegen Klage und beantragte, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin in sämtlichen Ausschüssen bis auf den Rechnungsprüfungsausschuss sowie den Ausschuss für Jugend, Familie und Soziale Netzwerke jeweils einen Sitz zuzubilligen, der CSU korrespondierend einen Sitz weniger zuzubilligen. Sie vertrat dabei die Auffassung, dass das verfügbare Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers dem verfassungsrechtlich anerkannten Grundsatz der Spiegelbildlichkeit tatsächlich näher komme. Das Auswahlermessen des Beklagten sei vorliegend auf Null reduziert, weil die vorgenommene Berechnung dazu führe, dass die Klägerin als Ausschussgemeinschaft in keinem der Ausschüsse vertreten sei. Das Wählerverhalten habe gezeigt, dass auch kleinere Parteien Einfluss nehmen können sollten. Bei verbleibender Verteilung der Ausschusssitze könne die CSU sämtliche von ihr gewollten Anträge erfolgreich durchsetzen.

Mit Urteil vom 22. Juni 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die angegriffene Verteilung der Ausschusssitze sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Gemäß Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO habe der Kreistag bei der Besetzung des Kreisausschusses und der weiteren Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Jeder Ausschuss einer Kreisvertretung müsse folglich ein verkleinertes Bild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln. Dem habe der Beklagte mit dem Berechnungsverfahren nach Hare/Niemeyer und der Anwendung der Pattauflösungsklausel des Rückgriffs auf die Zahl der bei der Wahl auf die Parteien und Wählergruppen abgegebenen Stimmen Rechnung getragen. Bei der Anwendung dieses Verfahrens hätten 10 der 12 Ausschusssitze über die errechneten ganzen Zahlen vergeben werden können. Für die verbleibenden zwei Sitze habe sich eine Pattsituation zwischen den Fraktionen der CSU, der SPD und der Klägerin ergeben, da diese den gegenüber anderen Bewerbern höheren gleichen Zahlenbruchteil von 0,6 gehabt hätten. Diese Pattsituation sei durch Rückgriff auf die bei der Wahl auf die Parteien jeweils abgegebenen Stimmen aufgelöst worden. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, bei der Besetzung der Ausschüsse das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers anzuwenden. Der Landesgesetzgeber habe den kommunalen Gremien kein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben, diese hätten bei der Besetzung der Ausschüsse grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen Berechnungsverfahren. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass das Restverteilungsverfahren nach Hare/Niemeyer dem Gebot der Wahlgleichheit entspreche und die Entscheidung des Kreistags für dieses Verfahren nicht zu beanstanden sei. Gewisse Abweichungen vom mathematisch genauen Proporz träten bei jedem Verteilungsverfahren auf. Kein Wahlsystem könne die Spiegelbildlichkeit bei der Ausschussbesetzung in letzter Konsequenz herstellen. Bei jedem Verfahren würden Fraktionen zwangsläufig teils über-, teils unterrepräsentiert. Zu einer nicht mehr hinnehmbaren Überaufrundung könne es bei der Anwendung des Hare/Niemeyer-Verfahrens systembedingt nicht kommen. Die Beteiligten seien sich im vorliegenden Fall einig darüber, dass diejenige Fraktion bzw. Ausschussgemeinschaft mit einem Zahlbruchteil von 0,6 aus dem mathematischen Idealanspruch bezogen auf die Stärkeverteilung im Plenum, die einen Sitz nicht erhalte, im Verhältnis zu den erreichten Sitzen im Kreistag jeweils mit dem gleichen Prozentsatz weniger erhalte, als dies dem exakt errechneten Ergebnis entspreche. Die Regelung, dass bei einer Pattauflösung anstelle eines Losentscheids auf die bei der Wahl des Kreistags für die einzelnen Parteien abgegebenen Stimmen zurückzugreifen sei, sei verfassungsgemäß. Soweit die Klägerin für den Rückgriff auf die Wählerstimmen eine eigene Berechnung anstelle und dabei den aufgrund der ganzen Zahlen errechneten Ausschusssitzen jeweils Wählerstimmen zurechne, sei eine solche Berechnung weder mit dem Wortlaut des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO bzw. § 33 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung des Beklagten noch mit dem Sinn und Zweck der Regelung vereinbar. Es möge sein, dass das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers dem möglichst gleichen Erfolgswert der Wählerstimmen in bestmöglicher Weise näher komme. Die Verteilung der Ausschusssitze geschehe aber nicht mehr im Vollzug der Landkreiswahl. Die Wahl habe mit der Bildung des Kreistages ihren Abschluss gefunden. Die Bildung der Ausschüsse und die Verteilung der Ausschusssitze lägen nun auf der Ebene der Selbstorganisation des durch die Wahl bereits abschließend konstituierten Kreistages. Das Gericht habe nicht eine von der Klägerin gewünschte Rechtslage zu berücksichtigen, sondern vielmehr die aktuelle Rechtslage, die verfassungsgemäß sei. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit dürfe nämlich der Gesetz- oder Satzungsgeber dem Gesichtspunkt, dass sich eine große Mehrheit der Stimmen für einen Wahlvorschlag auch in der Sitzverteilung widerspiegeln müsse, den Vorzug geben gegenüber dem Bestreben, Wählerstimmen möglichst gleichmäßig zu berücksichtigen. Nicht jede kleine Gruppe des Kreistags habe Anspruch auf einen Sitz in den Ausschüssen. Der Kreistag müsse kein Berechnungsverfahren wählen, welches kleinere Gruppierungen begünstige. Kleineren Gruppen oder Minderheiten sei der Gesetzgeber durch die Vorschriften über die Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften bei der Vergabe von Ausschusssitzen bereits entgegengekommen. Voraussetzung dafür sei aber eine ausreichende zahlenmäßige Stärke der Ausschussgemeinschaft. Im vorliegenden Fall verfüge die Klägerin als Ausschussgemeinschaft aber auch nur über 5% der Sitze des Kreistages. Soweit sich die Klägerin darauf berufe, dass ihre Mandatswahrnehmung erschwert werde, wenn sie in keinem Ausschuss vertreten sei, erforderten Billigkeitserwägungen keine Korrektur des erzielten Ergebnisses. Billigkeitserwägungen stellten nach der Rechtsprechung keinen brauchbaren Maßstab dar, der den Entscheidungen über die Sitzverteilung zugrunde gelegt werden könne.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligte sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses am Verfahren. Sie stellte keinen eigenen Antrag, hält aber die Ablehnung des Antrags für rechtens.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Juni 2016 bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2, § 124 Abs. 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht ist mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kreistag des Beklagten aufgrund seiner Geschäftsordnung in rechtmäßiger Weise eine Besetzung seiner Ausschüsse vorgenommen hat. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (siehe dazu BVerfG, B.v. 21.1.2009 - 1 BvR 2524/06 - JZ 2009, 850/ 851; B.v. 10.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547 m.w.N.). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf die einzelnen Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel.

In den Nr. 1 bis 6 des Begründungsschriftsatzes vom 30. September 2016 für den Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin der Sache nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend. Sie rügt, dass das verfügbare Verfahren Sainte-Laguë/Schepers dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Spiegelbildlichkeit tatsächlich näher komme. Das Auswahlermessen des Beklagten sei im vorliegenden Fall auf Null reduziert, weil sonst die Gemeinschaft der Klägerin in keinem Ausschuss vertreten sei. Dies vertrage sich nicht mit dem Wählerverhalten. Das Verfahren Sainte-Laguë/Schepers sei das bessere und exaktere Verfahren. Soweit das Verwaltungsgericht auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 13. Dezember 1974 (BayVBl 1975, 166; VerfGH 27,10) Bezug nehme, wonach für den Rückgriff auf die größere Zahl von Wählerstimmen von Parteien wegen der Berücksichtigung des sich daraus ergebenden jeweils größeren politischen Gewichts ein sachlicher Grund bestehe, liege darin eine Falschinterpretation des Wortes „Rückgriff“. Dieser Rückgriff könne sich nur auf die Stimmenzahlen beziehen, die bei der Sitzverteilung für die Ausschüsse noch nicht durch ganze Mandate verbraucht seien. Eine solche Betrachtungsweise sei mathematisch gerechter.

Aus diesem Vortrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat sich mit der Frage, ob mit der vorliegenden Fassung der Geschäftsordnung des Kreistags des Beklagten eine rechtmäßige Besetzung der Ausschüsse erfolgt ist, zutreffend auseinander gesetzt. Das Verwaltungsgericht hat dabei darauf hingewiesen, dass mit der Konstituierung des Kreistages selbst der Wahlvorgang abgeschlossen ist und es nunmehr lediglich noch darauf ankommt, Ausschüsse zu bilden, die nach Möglichkeit ein Spiegelbild des Kreistags abbilden sollen. Es soll also ein Abbild der jeweiligen Stärkeverhältnisse im Kreistag erreicht werden. Das Verwaltungsgericht hat ebenso zutreffend darauf hingewiesen, dass sich bei einer maßstabsgetreuen Verkleinerung des Kreistages von 60 Sitzen zu einem Kreisausschuss mit 12 Sitzen ein rechnerischer Idealanspruch für die CSU von 5,6 Sitzen, für die SPD von 1,6 Sitzen und für die Fraktionsgemeinschaft der Klägerin von 0,6 Sitzen ergeben habe. Somit standen nach Vergabe der Ausschusssitze nach den Vorkommastellen noch zwei Ausschusssitze zur Vergabe an, während es drei Anwärter auf diese Sitze mit jeweils einer Nachkommastelle von 0,6 gibt. Nachdem weder Sitze noch Mandatsträger teilbar sind, wird zwangsläufig jeder der drei Anwärter, der tatsächlich keinen Sitz im Kreisausschuss (und in den anderen von der Klägerin angeführten Ausschüssen) erhält, 0,6 von 12 Anteilen des Kreisausschusses weniger erhalten, als ihm rechnerisch nach seinem Idealanspruch bezogen auf seinen Stärkeanteil im Plenum zusteht. Diese Pattsituation löst die Geschäftsordnung des Beklagten so, wie es Art. 27 Abs. 2 Satz 3 der Landkreisordnung gestattet, nämlich statt eines Rückgriffs auf das Losverfahren mit einem Rückgriff auf die Zahl der jeweiligen auf die Parteien bei der Wahl abgegebenen Stimmen.

Die von der Klägerin mit ihrer Klage erstrebte Zuteilung eines Sitzes im jeweiligen Ausschuss zu Lasten der CSU wäre im vorliegenden Fall nur geboten, wenn die Klägerin einen Anspruch darauf hätte, dass bei der Ausschussbesetzung zwingend das Verfahren Sainte-Laguë/Schepers zur Anwendung gelangte. Einen Anspruch auf Anwendung dieses aus Sicht der Klägerin mathematisch vorzugswürdigeren Verfahrens gibt es jedoch nicht (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.1997 - 8 B 19/97 - juris Rn. 2; BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 17.3.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 17.3.2004 - 4 BV 03.117 - juris Leitsatz 2 und Rn. 46, 63: Ungeeignetheit eines Berechnungsverfahrens nur bei sog. Überaufrundung, Überprüfung nur ergebnisbezogen, nicht verfahrensbezogen; ebenso BayVGH, U.v. 8.5.2015 - 4 BV 15.201 - juris 29/30; VG Regensburg, U.v. 14.1.2015 - RN 3 K 14.1045 - juris Rn. 61; für die Bildung von Landtagsausschüssen vgl. BayVerfGH, E.v. 26.11.2009 - Vf.32-IVa-09 - juris Rn. 36 und 56: autonome Gestaltungsfreiheit; zur Sitzverteilung bei den Gemeinde- und Landkreiswahlen vgl. BayVerfGH, E.v. 26.10.2009 - Vf. 16-VII-08 - juris Rn. 33, 37, 39 und 43 m.w.N.). Es kommt im vorliegenden Fall auch der Spiegelbildlichkeit nicht tatsächlich näher, weil nach dem mathematischen Idealanspruch in Bezug auf die Verteilung der Sitze im Plenum eben für drei Anwärter auf noch zwei zu vergebende Sitze jeweils eine Nachkommastelle von 0,6 zu berücksichtigen ist. Es würde also zwangsläufig auch nach dem von der Klägerin favorisierten Berechnungsverfahren eine Partei oder Ausschussgemeinschaft gegenüber ihrer tatsächlichen Bedeutung im Plenum des Kreistags benachteiligt bzw. bevorteilt. Erhielte die Klägerin zu Lasten der CSU in den Ausschüssen einen Sitz mehr, so fiele die CSU von erreichten 46% im Kreistag auf nur noch 41,66% im Ausschuss. Demgegenüber stiege die Klägerin von 5% im Kreistag auf 8,33% in den Ausschüssen.

Der von der Klägerin hervorgehobene Zusammenhang mit dem Wählerverhalten greift als Argument im vorliegenden Fall nicht durch. Zum einen ist in der Rechtsprechung seit jeher anerkannt, dass bei der Verkleinerung eines Gremiums nicht zwangsläufig jede kleine Gruppe auch einen Sitz in dem jeweiligen Ausschuss erhalten kann und muss (BVerwG, U.v. 9.12.2009 - 8 C 17/08 - juris Rn. 29). Sofern mit dem Hinweis auf das Wählerverhalten auf die Erfolgswertgleichheit der abgegebenen Stimmen und eine diesbezügliche etwaige Optimierung angespielt werden soll, geht auch dieses Argument im vorliegenden Fall fehl. Denn zum einen soll die Ausschussbesetzung nicht das Verhältnis der bei der Wahl zum Kreistag abgegebenen Wählerstimmen widerspiegeln (VG Regensburg, U.v. 14.1.2015 - RN 3 K 14.1045 - juris Rn. 43 und 53 m.w.N.), sondern die Ausschussbesetzung soll ein verkleinertes Bild der durch die Wahl von den Parteien und Fraktionen erreichten Sitzverteilung im Plenum des Kreistags wiedergeben (für Landtagsausschüsse vgl. BayVerfGH, E.v. 26.11.2009 - Vf. 32-IVa-09 - juris Leitsatz 2 und Rn. 43). Die Wahl hat mit der Bildung des Kreistags ihren Abschluss gefunden (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.1992 - 4 B 91.2372 - juris Rn. 12). Zudem dürfte bei einer Betrachtung der Wählerstimmen nicht der Umstand nicht der Umstand übersehen werden, dass die Klägerin eine bloße Ausschussgemeinschaft nach der Landkreisordnung ist, die beiden hinter ihr stehenden Parteien jedoch getrennt zur Wahl angetreten sind und auch nur getrennt und in Konkurrenz zueinander Wählerstimmen erhalten haben.

Dass die beiden Parteien, die hinter der Klägerin als Ausschussgemeinschaft stehen, bei dem Vorgehen des Beklagten über keinen Sitz in den genannten Ausschüssen verfügen, rechtfertigt für sich nicht den Schluss, dass deshalb das Auswahlermessen des Beklagten bezüglich der Auswahl des Zählverfahrens auf Null reduziert sei. Es gibt keinen Billigkeitsgrundsatz dahingehend, dass Parteien oder Ausschussgemeinschaften durch die Wahl eines passenden Auswahlverfahrens so (über) repräsentiert werden müssten, dass auch sie einen Ausschusssitz erhalten können (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.1992 - 4 B 91.2372 - juris Rn. 16 bis 18 für die Bestimmung der Ausschussgröße).

Das Argument der Klägerin, dass bei dem Pattauflösungsverfahren des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO beim Rückgriff auf die Stimmenzahlen für die Parteien nur auf solche Stimmenzahlen Bezug genommen werden könne, die noch nicht durch ganze Mandate „verbraucht“ seien, wirft ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auf. Auch insofern wird letztlich wieder nur mit Stimmenzahlen operiert, die jedoch nicht den Ausgangspunkt für das Verkleinerungsproblem eines Plenums hin zum Ausschuss darstellen. Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit eindeutig. Dass nur noch der Rückgriff auf bestimmte, noch nicht durch Mandatsverteilung verbrauchte Stimmenzahlen erlaubt sei, ist dem Gesetzestext nicht ansatzweise zu entnehmen. Im Übrigen wäre auch insoweit zu berücksichtigen, dass die Wähler bei der Wahl des Kreistages gerade nicht den beiden hinter der Ausschussgemeinschaft der Klägerin stehenden Parteien als Verbund ihre Stimme gegeben haben.

2. Der Rechtssache fehlt auch die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 - 6 B 58.10 - juris Rn. 3).

Der Zulassungsgrund ist bereits nicht ordnungsgemäß dargelegt. Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72).

In Nr. 6 des Begründungsschriftsatzes vom 30. September 2016 verweist die Klägerin auf § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Beklagten und die darin enthaltene Anforderung an die Ausschussbesetzung, nämlich dass die Ausschussbesetzung dem Erfordernis der Spiegelbildlichkeit des Kreistages Rechnung tragen müsse. Das Verwaltungsgericht habe demgegenüber argumentiert, dass auf Ausschussebene der Spiegelbildlichkeit nicht mehr Rechnung getragen werden müsse bzw. nicht in dem Maß, wie es mit dem anzuwendenden Verfahren Sainte-Laguë/Schepers am gerechtesten sei. Es fehlt bei diesem Sachvortrag, der sich letztlich in Begründungselementen des Verwaltungsgerichts verliert, an der Darlegung und klaren Formulierung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage. Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht, wie vor allem den Ausführungen auf S. 9 des Urteilsabdrucks zu entnehmen ist, in keiner Weise darauf abgestellt, dass das Spiegelbildlichkeitsgebot bei der Ausschussbesetzung keine Bedeutung haben solle.

Sollten die Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache dahingehend zu verstehen sein, dass es um die Rechtsfrage des Anspruchs auf ein bestimmtes mathematisches Zählverfahren gehe, so ist diese Rechtsfrage nicht mehr klärungsbedürftig, weil es, wie oben bereits dargelegt, einen Rechtsanspruch auf Verwendung nur eines bestimmten Zählverfahrens nicht gibt. Die Landesanwaltschaft Bayern weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass in der Rechtsprechung bereits geklärt ist, dass kein Zählsystem die Spiegelbildlichkeit in letzter Konsequenz herstellen kann, weil immer einzelne Parteien oder Fraktionen zwangsläufig über- oder unterrepräsentiert werden.

Soweit die Klägerin mit weiterem Schriftsatz vom 21. November 2016 ihren Vortrag erweitert und nun darauf abstellt, dass die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits sich daraus ergebe, dass bei der Auflösung der Pattsituation nur Rückgriff auf die Wählerstimmen genommen werden dürfe, die noch nicht für die Vergabe von vollen Sitzen im Ausschuss verbraucht seien, ist dies eine neue, bislang von der Klägerseite nicht im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Bedeutung vorgetragene Argumentation. Diese ist, weil außerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO für den Antrag auf Zulassung der Berufung vorgetragen, nicht zu berücksichtigen. Soweit weiter ausgeführt wird, dass das Verfahren Sainte-Laguë/Schepers das bessere Verfahren im Sinne eines aus Wählerstimmenverhältnissen abgeleiteten Gütemaßes sei, wird erneut übersehen, dass es bei der Ausschussbesetzung um eine Verkleinerung der Proportionen der von den einzelnen Parteien im Kreistag erreichten Stärkeverhältnisse geht und nicht um eine Optimierung der bei der Kreistagswahl selbst abgegebenen Stimmengewichte, wobei dabei auch noch zu berücksichtigen wäre, dass die beiden Parteien, die im vorliegenden Fall eine bloße Ausschussgemeinschaft bilden, bei der Wahl getrennt in Konkurrenz zueinander angetreten sind und es gerade keinen einheitlichen Wählerwillen der auf sie zusammen abgegebenen Stimmen gibt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. März 2017 - 4 ZB 16.1815

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic
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Tenor Die Klagen werden abgewiesen.Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand  1 Die beiden Klägerinnen sind jeweils Fraktionsgemeinschaften im Gemeinderat der Stadt Freiburg. Sie begehren vom beklagte

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.

2

1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).

3

Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).

4

2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.

5

Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.

6

a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

7

b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.

9

c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.

10

d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.

11

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

12

a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.

13

b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.

14

4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

16

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

17

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).

18

b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.

19

aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).

20

bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.

21

(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.

22

(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.

23

(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.

24

(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.

25

cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.

26

c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

27

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.

28

Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.

29

2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.

30

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Fraktion der Freien Wähler (FW) im Kreistag des Beklagten begehrt im Kreisausschuss, der (neben dem Landrat) mit zwölf Mitgliedern besetzt ist, zulasten der bei geladenen CSU-Kreistagsfraktion einen zweiten Sitz. Sie ist der Ansicht, dass die Ausschussbesetzung dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit widerspricht.

Der Landkreiswahlausschuss des Beklagten stellte in seiner Sitzung am 28. März 2014 das Ergebnis der Wahl zum Kreistag vom 16. März 2014 und die Sitzverteilung im Kreistag wie folgt fest:

WV-Nr.

Wahlvorschlag

Stimmen

Prozent

Sitze im Kreistag

01

Christlich-Soziale Union (CSU)

1.236.522

46,88%

28

02

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

324.256

12,29%

7

04

Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

203.743

7,72%

5

05

Unabhängige Wähler (UWG)

218.595

8,29%

5

06

Freie Wähler (FW)

342.485

12,98%

8

07

Ökologisch Demokratische Partei/Parteifreie Bürger (ÖDP/Parteifreie Bürger)

312.150

11,83%

7

Der Kreistag beschloss in seiner konstituierenden Sitzung am 12. Mai 2014 unter TOP 4 die Geschäftsordnung für den Kreistag, Kreisausschuss und die weiteren Ausschüsse (rückwirkend zum 1. Mai 2014). Sie trifft für den Kreisausschuss u. a. folgende Regelungen:

㤠33 Bestellung des Kreisausschusses

(1) Dem Kreisausschuss gehören der Landrat und 12 Kreisräte an (Art. 27 LKrO).

(2) Die Mitglieder des Kreisausschusses werden vom Kreistag aufgrund der Vorschläge der Parteien und Wählergruppen nach dem d’Hondtschen Verfahren ermittelt. Ergibt die Ermittlung nach dem d’Hondtschen Verfahren eine Überpräsentation [gemeint: Überrepräsentation] einer Partei oder Wählergruppe zulasten einer anderen und kann eine solche Überpräsentation [gemeint: Überrepräsentation] durch alternative Verfahren vermieden werden, ohne dass dies zu einer Unterpräsentation [gemeint: Unterrepräsentation] einer anderen Partei oder Wählergruppe führt, sind die Sitze nach dem

Verfahren Saint[e] Lague/Schepers zu verteilen. Bei gleicher Teilungszahl entscheidet die größere Zahl der bei der Wahl auf die betreffenden Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. (...)“

Ferner beschloss der Kreistag in dieser Sitzung in TOP 9, dass dem Kreisausschuss sieben Mitglieder der CSU und jeweils ein Mitglied der SPD, der Grünen, der UWG, der FW und der ÖDP angehören.

Die Fraktionen der FW, der Grünen und der ÖDP reichten eine Aufsichtsbeschwerde bei der Regierung von Niederbayern ein. Diese verneinte das Vorliegen einer unzulässigen Überaufrundung bei der Besetzung des Kreisausschusses. Es komme bei der Berechnung nach dem d’Hondt’schen Höchstzahlverfahren bezüglich des letzten Sitzes zu einer Pattsituation. Eine unzulässige Überaufrundung liege aber nicht vor, wenn sich eine solche erst im Wege der Auflösung einer Pattsituation durch einen Losentscheid oder einen Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl abgegebenen Stimmen ergebe. Bei der Frage, ob eine Überaufrundung vorliege, sei allein auf das Resultat des der Berechnung zugrunde gelegten mathematischen Berechnungsverfahrens abzustellen. Der in Art. 27 Abs. 2 Satz 3 der Landkreisordnung (LKrO) zugelassene Rückgriff auf die Wählerstimmen erfolge nicht im Rahmen des d’Hondt’schen Verfahrens, sondern in einem von diesem losgelösten, gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zur Auflösung einer Pattsituation, die im Übrigen auch bei einem anderen Berechnungsverfahren auftreten könne.

Die Klägerin erhob am 11. August 2014 Klage, der das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Dezember 2014 stattgab. Die Besetzung des Kreisausschusses und der dieser zugrundeliegende Kreistagsbeschluss vom 12. Mai 2014 (TOP 9) seien rechtswidrig. Die Ausschussbesetzung widerspreche dem aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit folgenden Prinzip der Spiegelbildlichkeit, das in Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO einfachgesetzlich verankert sei. Die Anwendung des d’Hondt’schen Höchstzahlverfahrens führe in Kombination mit dem Rückgriff auf die Zahl der bei der Kreistagswahl für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen zu einer unzulässigen Überrepräsentation der Beigeladenen, da diese im wichtigsten Ausschuss des Kreistags mit einer absoluten Mehrheit von sieben von insgesamt zwölf Sitzen vertreten sei, obwohl sie im Kreistagsplenum nur 28 von 60 Sitzen habe.

Zwar erlaube Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO statt eines Losentscheids auch diesen Rückgriff auf die Zahl der bei der Kreistagswahl für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen. § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Kreistags genüge dem Spiegelbildlichkeitsgebot aber im konkreten Fall nicht, da der Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen bei der Beigeladenen zu einer unzulässigen Überaufrundung führe, die durch die Wahl eines anderen zulässigen Verteilungsverfahrens vermieden werden könne. Eine solche Überaufrundung liege auch dann vor, wenn sie sich - wie hier - aus der Kombination des Verteilungsverfahrens mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die jeweilige Partei oder Wählergruppe abgegebenen Stimmen ergebe.

Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse sei das Zahlenverhältnis der auf die verschiedenen Wahlvorschläge hin gewählten Kreisräte, also die Zahl ihrer Sitze im Plenum und nicht die von den Parteien und Wählergruppen erreichte Stimmenzahl. Geschäftsordnungen, die dem Spiegelbildlichkeitsprinzip widersprächen, seien insoweit nichtig und für die Verwaltungsgerichte unbeachtlich. Die Autonomie des Kreistags bei der Bestimmung der Mitgliederzahl von Ausschüssen sowie der Wahl des Besetzungsverfahrens sei insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Kreistag vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen sei. Da der Kreisausschuss gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 LKrO ein verpflichtender ständiger Ausschuss mit einer gesetzlich strikt vorgegebenen Anzahl von Mitgliedern sei (Art. 27 Abs. 1 S. 1 LKrO), könne dem Stärkeverhältnis nur mit der Wahl eines rechtmäßigen Berechnungsverfahrens Rechnung getragen werden. Der Landesgesetzgeber habe den kommunalen Gremien die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen Berechnungsverfahren eingeräumt, weil allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent seien. Den Fall einer Überrepräsentierung aufgrund der Kombination von d’Hondt und dem Rückgriff auf die Zahl der abgegebenen Stimmen habe der Beklagte in der Geschäftsordnung nicht geregelt. Die beschlossene Sitzverteilung entspreche mithin zwar den Vorgaben der Geschäftsordnung; sie sei aber mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit nicht mehr vereinbar, da die Beigeladene infolge der Kombination beider Verfahren eine Überaufrundung erreiche. Dies sei nach der Rechtsüberzeugung des Gerichts nicht anders zu behandeln als eine Überrepräsentation, die nur auf dem gewählten Berechnungsverfahren beruhe. Der Kreistag sei verpflichtet, ein Verfahren zu wählen, das die Mehrheitsverhältnisse so abbilde, dass eine Überrepräsentation auch bei einer Kombination mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen vermieden werde.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung trägt die Beteiligte vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts verstoße gegen Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO und gegen die Organisationsautonomie des Kreistags, weil die Grundsätze der unzulässigen Überrepräsentation auf die Auflösung von Pattsituationen zur Ausschusssitzverteilung nicht anzuwenden seien. Die vom Beklagten beschlossene Verteilung der Sitze im Kreisausschuss entspreche vielmehr den Vorgaben des Art. 27 Abs. 2 LKrO und des § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Kreistags des Beklagten.

Art. 27 Abs. 2 LKrO sehe für die Ausschussbesetzung zwei Schritte vor. Im ersten Schritt sei das auf der Grundlage des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO gewählte Berechnungsverfahren (hier d’Hondt) anzuwenden, das im vorliegenden Fall am Ende nicht zu einer Überaufrundung im Sinn der Rechtsprechung des Senats (Urteilevom 17.3.2004 - 4 BV 03.117 - VGH n. F. 57, 56 und - 4 BV 03.1159 - VGH n. F. 57, 49), sondern zu einer Pattsituation zwischen der Klägerin und der Beigeladenen bezüglich der Besetzung des letzten der insgesamt zwölf Sitze im Kreisausschuss der Beklagten führe. Zu deren Auflösung habe der Gesetzgeber in Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO ein gegenüber dem ersten Schritt eigenständiges Verfahren in einem zweiten Schritt vorgesehen. Hätten danach mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, sei dieser durch Losentscheid oder durch Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen zu verteilen. Diese Regelung zur Verteilung des letzten Sitzes sei abschließend. Eine Überprüfung des so gefundenen Ergebnisses anhand des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit in einem weiteren - dritten - Schritt sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Bei der Frage, ob eine Überaufrundung vorliege, sei daher allein auf das Resultat des für die Sitzverteilung im Ausschuss zugrunde gelegten mathematischen Besetzungsberechnungsverfahrens abzustellen. Führe bei einer sich nach dem gewählten Besetzungsberechnungsverfahren ergebenden Pattsituation hingegen erst die Zuteilung des letzten Ausschusssitzes nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zu einer Überaufrundung, sei dies nicht dem Berechnungsverfahren, sondern der gesetzlichen Vorgabe zuzurechnen. Damit bestehe keine Verpflichtung für den Beklagten, ein anderes Besetzungsberechnungsverfahren als das nach seiner Geschäftsordnung zugrunde zu legende Verfahren nach d’Hondt zur Verteilung der Sitze des Kreisausschusses zu wählen. Dies habe das Staatsministerium des Innern in drei Schreiben vom 24.6.2014, 9.7.2008 und 13.7.2004 (Az. jeweils IB1 -1413.128) vertreten; dem seien auch Literaturstimmen gefolgt (Gaß KommP BY 2009, 42/45; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Art. 27 LKrO Erl. 5 i. V. m. Art. 33 GO Erl. 4.2; Wittmann/Grasser/Glaser, BayGO, Art. 33 Rn. 10c).

Anders als in den beiden genannten Urteilen des Senats gehe es hier zudem nicht um die Frage, ob eine Partei überhaupt im Kreisausschuss vertreten sei, sondern nur um die Zahl der Sitze. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts widerspreche dem Willen des Gesetzgebers und seiner Einschätzungsprärogative, welche der drei grundsätzlich als verfassungskonform erachteten Berechnungsverfahren für die Besetzung der Mitglieder des Kreisausschusses zulässig seien, sowie der sich aus der verfahrensoffenen gesetzgeberischen Grundentscheidung ergebenden Organisationsautonomie des Kreistags des Beklagten. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber die Rechtsprechung des Senats zur Überaufrundung bekannt gewesen sei, als er zum 1. Januar 2011 Art. 35 Abs. 2 GLKrWG dahingehend geändert habe, dass die Sitzzuteilung für den Gemeinde- und Kreistag nunmehr nach dem Verfahren Hare/Niemeyer erfolge. Gleichwohl habe er diese Gesetzesänderung nicht zum Anlass genommen, auch die Regelungen zur Besetzung kommunaler Ausschüsse zu verändern, obwohl ihm ausweislich der LT-Drs. 16/3557 bewusst gewesen sei, dass das Verfahren nach d’Hondt tendenziell eher größere Parteien und Wählergruppen begünstigt, und ihm außerdem habe klar sein müssen, dass sich in der Pattsituation der nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zulässige Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf die sitzkonkurrierenden Parteien abgegebenen Stimmen tendenziell auch zugunsten der größeren Partei auswirke. Dies belege, dass es sich nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Sitzzuteilung nach Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO und der Auflösung einer Pattsituation nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO um zwei selbstständige und voneinander unabhängige Schritte des Ausschussbesetzungsverfahrens handele, die nicht nachträglich miteinander vermengt werden dürften. Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO stelle eine Regelung dar, mit der der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Modifizierung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit ausdrücklich zugelassen habe. Die zulässigen Abweichungen vom Spiegelbildlichkeitsprinzip gehörten zu den Abbildungsungenauigkeiten, die jeder Gremiumsverkleinerung immanent und damit hinzunehmen seien.

Die Ausdehnung der Rechtsprechung des Senats zur Überaufrundung durch das Verwaltungsgericht bedeute faktisch eine noch weitere Zurückdrängung des Verfahrens nach d’Hondt. Es obliege aber der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, ob ein bestimmtes Besetzungsverfahren verbindlich vorgeschrieben werde oder den kommunalen Gremien die Freiheit zur Wahl unter den drei verfassungsrechtlich anerkannten Verfahren im Rahmen ihrer Organisationshoheit eingeräumt werde bzw. ob die Kombination des Pattauflösungsverfahrens nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO mit einem bestimmten Besetzungsberechnungsverfahren untersagt werde oder nicht. Jedenfalls dürfe eine Rechtsprechung, die sich absehbar zulasten des d’Hondt’schen Verfahrens auswirken würde, im Ergebnis nicht zu einem Zweiklassensystem von Besetzungsberechnungsverfahren führen. Es stelle sich daher auch die Frage, ob das vom Verwaltungsgericht vertretene Kombinationsverbot nicht letztlich die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite, weil es zu sehr in einen Bereich übergreife, der der Einschätzungsprärogative des parlamentarischen Gesetzgebers unterliege.

Darüber hinaus sei auch nicht ersichtlich, wie die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts mit der ebenfalls von Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zugelassenen Pattauflösungsalternative des Losentscheids in Einklang zu bringen sei. Die bloße Möglichkeit (Chance), einen Ausschusssitz mit der Folge der Überaufrundung zu erhalten, könne noch keinen Verstoß gegen das Gebot der Spiegelbildlichkeit begründen. Für eine unterschiedliche Bewertung der beiden Pattauflösungsvarianten sei kein sachlicher Differenzierungsgrund zu erkennen.

Eine Verpflichtung des Beklagten, ein anderes Besetzungsberechnungsverfahren anzuwenden, ergebe sich - entgegen dem Verwaltungsgericht - auch nicht aus dem Argument der Veränderung der „Gestaltungsmehrheit“. Bezugspunkt des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO sei nicht die im Kreistag für einen Beschluss erforderliche Mehrheit, welche sich nicht nur auf die im Kreistag vertretenen Parteien und Wählergruppen, sondern auch auf den Landrat beziehe und sich gegebenenfalls erst durch ein Zusammenwirken der Kreisräte verschiedener Parteien und Wählergruppen ergebe und - je nach Sachlage - auch wechseln könne. Vielmehr sei auf das Stärkeverhältnis der Parteien und Wählergruppen selbst abzustellen, ohne dieses in Bezug zu einer - gegebenenfalls durch eine Koalition gebildeten - Mehrheit im Kreistag zu setzen. Die im angefochtenen Urteil angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Auf kommunaler Ebene, die gänzlich der Exekutive zuzurechnen sei, diene das Spiegelbildlichkeitsgebot nicht dem Schutz der Wirkungsmöglichkeiten einer etwaigen „Opposition“. Ein über die Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften hinausgehender Minderheitenschutz sei gesetzlich nicht vorgeschrieben und vom Demokratiegebot nicht verlangt. Da der Landrat sowohl im Kreistag wie im Kreisausschuss Sitz und Stimme habe, wirke sich dies im Kreisausschuss wegen der Reduzierung der Sitzzahl stärker aus. Die Mehrheitsverhältnisse würden deshalb unabhängig von der Wahl des Besetzungsberechnungsverfahrens ohnehin verzerrt.

Die Beteiligte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Organisationsautonomie des Landkreises sei bei der Wahl des Besetzungsverfahrens durch das Spiegelbildlichkeitsgebot gebunden. Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO stehe „im Schatten“ des vorhergehenden Satzes 2, der aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben die Beachtung des Stärkeverhältnisses vorschreibe. Die Fortführung der Berechnung bis zur Sitzzuteilung sei ebenso wenig wie das jeweils angewandte Berechnungsverfahren Selbstzweck und führe deshalb auch nicht automatisch zu rechtmäßigen Ergebnissen. Voraussetzung für die Wahlmöglichkeit, einen bei einem Patt offenen Ausschusssitz über einen Rückgriff auf die Wählerstimmen oder einen Losentscheid zu vergeben, sei stets, dass vorher das Stärkeverhältnis möglichst proporzgenau ermittelt worden sei, was hier unter Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens nicht möglich sei.

Die Berufung verkenne mit der - abzulehnenden - schrittweisen Ausschussbesetzung, dass es nicht im Belieben des Landesgesetzgebers stünde, die vom Bundes- und Landesverfassungsrecht geforderte Spiegelbildlichkeit für bestimmte Fallkonstellationen nicht umzusetzen. Dies habe der Gesetzgeber auch nicht getan, sondern werde erst durch die Gesetzesinterpretation der Exekutive herbeigeführt. Die Ausschussbesetzung sei ein einheitlicher Vorgang. Dass der Gesetzgeber es in Kenntnis der Überaufrundungsrechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Gegensatz zum Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz unterlassen habe, ein bestimmtes Berechnungsverfahren auch für die Ausschussbesetzung vorzuschreiben, lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, er habe mit dieser Unterlassung bewusst den Grundsatz der Spiegelbildlichkeit modifizieren wollen. Ein Sprung von 46,67% im Plenum auf 58,33% im Ausschuss sei verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar. Die jedem Berechnungsverfahren immanenten Abbildungsunschärfen hätten nach der Rechtsprechung dort ihre Grenze, wo eine relative in eine absolute Mehrheit umschlage und damit die Gestaltungsmöglichkeiten einer Fraktion qualitativ verändert würden. Dies lasse sich hier durch die Wahl eines anderen als des d’Hondt’schen Verfahrens vermeiden. Dessen generelle Geeignetheit werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass es in wenigen Fällen ausgeschieden werden müsse. Der Kreistag des Beklagten sei einer der ganz wenigen Kreistage in Bayern, die den Kreisausschuss und auch die anderen Ausschüsse noch über das d’Hondtsche Verfahren besetzten. Mit der verfassungskonformen Auslegung des Art. 27 LKrO überschreite das Verwaltungsgericht keinesfalls die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung. Das Urteil äußere sich nicht zur nicht entscheidungserheblichen Variante Losentscheid. Die von der Berufung gezogenen Schlussfolgerungen träfen nicht zu, weil ein Verfahren, das die Gefahr einer Überaufrundung mit sich bringe, unabhängig davon, ob sich diese Gefahr letztlich verwirkliche oder nicht, ungeeignet sei. Dass der Landrat bei der Ermittlung des Spiegelbilds außer Betracht zu bleiben habe, treffe zwar zu. Keinesfalls könne aber gesagt werden, dass die auf dem Demokratieprinzip fußenden und auf einer Volkswahl beruhenden Grundsätze nur für Parlamente unbeschränkt gelten könnten. Die vom Verfassungsgerichtshof zur Ausschussbesetzung im Landtag entwickelten Rechtsgrundsätze (Vf. 32-IVa-09) müssten für alle nach bayerischem Landesrecht vorgenommenen Ausschussbesetzungen gelten. Dabei sei es ohne Bedeutung, dass bei der Landtagsentscheidung nicht das Berechnungsverfahren, sondern die Ausschussgröße im Streit gewesen sei. Denn das aufgrund des Spiegelbildlichkeitsgebots herzustellende Stärkeverhältnis werde immer über die zwei „Stellschrauben“ Berechnungsverfahren und Ausschussgröße erreicht. Beide Parameter seien voneinander abhängig und führten nur zusammen zum möglichst genauen Proporz. Wenn wie hier die Ausschussgröße gesetzlich festgelegt sei, müsse dieser zwangsläufig über das „bestmögliche“ bzw. geeignetste Berechnungsverfahren gefunden werden. Dieses Verfahren sei dasjenige, welches zu einem verkleinerten Abbild führe und nicht zu einer absoluten Mehrheit im Ausschuss, die im Plenum nicht gegeben sei.

Die Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 27. April 2015 zur Gesetzgebungsgeschichte des 1973 eingefügten Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO Stellung genommen und die zugehörigen Gesetzesmaterialien vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die Sitze im Kreisausschuss so zu verteilen, dass die Klägerin zwei Sitze und die Beigeladene sechs Sitze erhält, und den Beschluss des Kreistags der Beklagten vom 12. Mai 2014 aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

1. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Bestimmung überträgt die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Kreise. Daraus folgt, dass die Kreisvertretung, auch wenn sie kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Kreisbürger repräsentiert. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen der Kreisvertretung. Jeder Ausschuss einer Kreisvertretung muss folglich ein verkleinertes Bild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln. Dieses Prinzip der demokratischen Repräsentation bringt Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO zum Ausdruck, wenn dort geregelt wird, dass der Kreistag dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen bei der Bestellung der Mitglieder des Kreisausschusses Rechnung zu tragen hat (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2009 - 8 C 17/08 - NVwZ 2010, 834/835; BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - BVerwGE 119, 305/307; BVerwG, U.v. 27.3.1992 - 7 C 20.91 - BVerwGE 90, 104/109). Auch landesverfassungsrechtlich wird der für das Parlamentsrecht bei der Ausschussbesetzung anerkannte Grundsatz der Spiegelbildlichkeit (VerfGH, E.v. 26.11.2009 - Vf. 32-IVa-09 - VerfGHE 62, 208 LS 2) durch Art. 12 Abs. 1 BV auf die Ebene der Gemeinden übertragen (Wollenschläger in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 36).

Folgt der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat - aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit, begrenzt er auch die Organisationshoheit des Kreistags bei seiner Entscheidung über die Kreisausschussbesetzung. Daran hält der Senat fest (U.v. 17.3.2004 - 4 BV 03.117 - VGH n. F. 57, 56/61). Die zur Verfügung stehenden Berechnungsverfahren, die grundsätzlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen, sind ebenso wie die zur Wahl stehenden Pattauflösungsverfahren (zur Verfassungsmäßigkeit des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO vgl. VerfGH, E.v. 13.12.1974 - Vf. 27-VII-73 - VerfGHE 27, 182) kein Selbstzweck und führen nicht aus sich heraus stets zu rechtmäßigen Ergebnissen. Dies lässt sich auch nicht mit dem Argument der Beteiligten widerlegen, der Gesetzgeber habe in Kenntnis der Rechtsprechung des Senats zum Verbot der Überaufrundung anlässlich der Änderung des Art. 35 Abs. 2 GLKrWG im Rahmen des Art. 27 Abs. 2 LKrO die Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens in Kombination mit der in Satz 3 Alternative 2 genannten Pattauflösungsregel „Rückgriff auf die Zahl der auf die Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen“ nicht verboten. Aus dem Umstand, dass mit der Neuregelung des Art. 35 Abs. 2 GLKrWG keine Änderung des Art. 27 Abs. 2 LKrO verbunden worden ist, ergibt sich kein Rückschluss auf einen Willen des Gesetzgebers. Es bleibt vielmehr dabei, dass der Gesetzgeber sowohl auf der Ebene des Berechnungsverfahrens als auch derjenigen einer eventuell erforderlichen Pattauflösung Wahlmöglichkeiten eröffnet hat, so dass eine Überaufrundung niemals dem Gesetzgeber zugerechnet werden kann, gleichgültig ob sie sich allein aus dem mathematischen Besetzungsberechnungsverfahren oder aus dessen Kombination mit einer Pattauflösungsregel ergibt. Die konkrete Sitzvergabe ist stets vom Kreistag, der allein darüber entscheidet, zu vertreten.

Der strikte Normbefehl („hat ... dem Stärkeverhältnis ... Rechnung zu tragen“) und mit ihm die richterliche Kontrolle stoßen in einer Situation wechselseitig begünstigender und belastender Rundungsfehler indes an Grenzen. Lassen sich die gesetzlich eingeräumten Wahlmöglichkeiten gerade damit begründen, dass allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent sind (vgl. zum aktuellen Stand Rauber, NVwZ 2014, 626), kommt einerseits eine Einengung des Auswahlspielraums im Sinne einer irgendwie gearteten Optimierung der Ausschussbesetzung (vgl. dazu Schreiber BayVBl. 1996, 134 ff./170 ff.; Schreiber, Das Gebot der optimierten Proportionalität bei der Bildung und Besetzung gemeindlicher Ausschüsse in Bayern, 2004, S. 174 ff.) nicht in Betracht. Andererseits kann eine durch Wahl eines alternativen Verfahrens vermeidbare Überaufrundung von Mandaten in einer Situation, in der Probeberechnungen im Vorfeld der Sitzverteilung möglich sind und zumeist auch tatsächlich durchgeführt werden (Bl. 66 ff. der Behördenakte, zum Kreisausschuss vgl. Bl. 74-77), nicht hingenommen werden. Dort findet die Organisationshoheit des Kreistags ihre Grenze und zwar unabhängig davon, ob die Überaufrundung, d. h. der Sprung auf die übernächste statt auf die nächsthöhere ganze Zahl, allein auf dem angewendeten Berechnungsverfahren oder auf der Kombination des Berechnungsverfahrens mit einer Pattauflösungsregel beruht. Eine derart massive Verzerrung der Größenverhältnisse lässt sich vor dem verfassungsrechtlich fundierten Grundsatz der Spiegelbildlichkeit nicht rechtfertigen. Denn der Kreistag entscheidet hier im (möglichen) Wissen um die Folgen der Verfahrenswahl im Einzelfall und im Nachhinein; sein Spielraum ist daher nicht annähernd so weit, wie der des parlamentarischen Gesetzgebers, der im Vorhinein für die Gemeinde- und Landkreiswahlen eines der grundsätzlich verfassungskonformen mathematischen Verteilungsverfahren für die Sitzverteilung im Plenum mit genereller Wirkung festschreiben muss. Dementsprechend ist die Problematik der Überaufrundungen im Gemeinde- und Landkreiswahlrecht (vgl. dazu VerfGH, E.v. 26.10.2009 - Vf. 16-VII-08 - VerfGHE 62, 198/207) mit der bei der späteren Ausschusssitzvergabe nicht notwendig gleich zu bewerten.

Die Berücksichtigung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit brauchte der Gesetzgeber auch nicht in einem weiteren - dritten - Schritt nochmals vorzuschreiben. Die von der Beteiligten hervorgehobenen zwei Stufen des Ausschussbesetzungsverfahrens - Berechnungsverfahren und Pattauflösungsregeln - stellen sich als Komponenten eines einheitlichen Sitzvergabeverfahrens dar, das immer dann zum Einsatz kommt, wenn das gewählte Berechnungsverfahren für sich noch keine abschließende Sitzverteilung ermöglicht. Das ergibt sich schon aus der Verpflichtung des Kreistags, das Berechnungsverfahren, für das er sich entschieden hat, konsequent bis zur Verteilung aller Sitze im jeweiligen Ausschuss anzuwenden und nicht aus Billigkeitserwägungen im Sinne einer Minimierung des bei der jeweiligen Methode auftretenden Gesamtfehlers auf ein anders aufgebautes Verfahren überzuwechseln (VGH n. F. 57, 56/61 m. w. N.). Ob es zu einer Überaufrundung kommt, beantwortet sich mit Blick auf die mathematische Proportionalberechnung (Anzahl der Kreisräte der jeweiligen Fraktion multipliziert mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze geteilt durch die Anzahl aller Kreistagssitze). Mit der (gedanklichen) Zerlegung des Sitzverteilungsverfahrens in Teilschritte lassen sich Fälle einer durch alternative Verfahrenswahl vermeidbaren Überaufrundung nicht für hinnehmbar erklären. Da die Wahl des Verteilungsverfahrens sich am Grundsatz der Spiegelbildlichkeit zu orientieren hat, kann das Verbot einer Überaufrundung auch nicht durch den Verweis auf die Pattauflösungsvariante des Losentscheids in Zweifel gezogen werden. Denn ebenso wie der Rückgriff auf die Zahl der jeweils abgegebenen Stimmen ist ein solcher Losentscheid vom Kreistag immer dann zu vermeiden, wenn sich aus dem Losentscheid die Möglichkeit einer Überaufrundung ergeben kann, die durch die Anwendung anderweitiger Berechnungsverfahren sicher ausgeschlossen werden kann.

Mit dem Einwand, es gehe hier nur um die Zahl der Sitze und nicht darum, ob die Klägerin im Kreisausschuss überhaupt vertreten sei, kann die Beteiligte ebenfalls nicht durchdringen. Hat eine Fraktion Anspruch auf mehrere Sitze in einem Ausschuss, kann sie diese auch beanspruchen. Entgegen der Auffassung der Beteiligten genügt es nicht, dass die klägerische Fraktion überhaupt - d. h. mit einem Sitz - im Kreisausschuss vertreten ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - BVerwGE 119, 305/308). Beizupflichten ist der Beteiligten nur insoweit, als dem Argument der Veränderung der „Gestaltungsmehrheit“ mit Vorsicht zu begegnen ist. Dies bedarf indes keiner Vertiefung, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt. Die Pflicht des Kreistags, bei der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien, Wählergruppen und etwaigen Ausschussgemeinschaften Rechnung zu tragen, schließt eine zu einer Überaufrundung führende Sitzverteilung, die durch alternative Verfahren vermieden werden kann, unabhängig davon aus, ob die Überaufrundung allein auf das Berechnungsverfahren nach d’Hondt oder auf dieses Verfahren in Kombination mit einer Pattauflösungsregel des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zurückzuführen ist.

2. Im vorliegenden Fall verfehlt das d’Hondt’sche Berechnungsverfahren in Kombination mit der Pattauflösungsregel des Rückgriffs auf die Zahl der bei der Wahl auf die Parteien und Wählergruppen abgegebenen Stimmen die Anforderungen des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit. Die mathematische Proportionalberechnung (Anzahl der Kreisräte der jeweiligen Fraktion multipliziert mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze geteilt durch die Anzahl aller Kreistagssitze) zeigt die folgende Tabelle:

Fraktionen

Sitze im Kreistag

Proportionalberechnung bei 60 Kreisräten und 12 Ausschussmitgliedern

CSU

28

5,60

SPD

7

1,4

Grüne

5

1

UWG

5

1

FW

8

1,6

ÖDP

7

1,4

Danach stellt eine Zuteilung von sieben Sitzen im Kreisausschuss an die Beigeladene eine Überaufrundung dar, die sich durch die Verteilung der Ausschusssitze nach dem d’Hondt’schen Verfahren

Teiler

CSU

SPD

Grüne

UWG

FW

ÖDP

1

28

7

5

5

8

7

2

14

4

3

9,33

4

7

5

5,66

6

4,66

7

4

in Kombination mit der genannten Pattauflösungsregel ergibt.

in Kombination mit der genannten Pattauflösungsregel ergibt.

Demgegenüber ergäbe eine Verteilung der Ausschusssitze nach dem Verfahren Sainte-Lague/Schepers folgende Sitzverteilung:

Teiler

CSU

SPD

Grüne

UWG

FW

ÖDP

1

28

7

5

5

8

7

3

9,33

2,33

1,67

1,67

2,67

2,33

5

5,6

7

4

9

3,11

11

2,55

Prozentual:

50%

8,33%

8,33%

8,33%

16,67%

8,33%

Das Verfahren Hare/Niemeyer führte zu folgender Verteilung der Ausschusssitze:

Fraktionen

Sitze im Kreis-

Zahl der Sitze der Fraktion im Kreistag X

tag

Ausschusssitze /Gesamtzahl der Kreistagsmitglieder

CSU

28

5,6 = 5 + 1

SPD

7

1,4 = 1

Grüne

5

1= 1

UWG

5

1 = 1

FW

8

1,6 = 1 + 1

ÖDP

7

1,4 = 1

Damit steht fest, dass beide anderen mathematischen Berechnungsverfahren die hier zu beanstandende Überaufrundung vermieden hätten. Der Klägerin stehen zwei, der Beigeladenen sechs Sitze im Kreisausschuss zu.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beteiligte ist auch mit den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu belasten, auch wenn dieser, ohne einen Antrag zu stellen, auf der Seite des Vertreters des öffentlichen Interesses stand. Die Vorschriften der VwGO räumen letzterem in kostenrechtlicher Hinsicht keine Sonderstellung ein (BVerwG, U.v. 11.11.1993 - 3 C 45/91 - NJW 1994, 3024/3027). Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil sie keine Anträge gestellt hat und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Fraktion der Freien Wähler (FW) im Stadtrat der Stadt ... möchte erreichen, dass sechs ständige Ausschüsse des Stadtrats (Bauausschuss, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, Personalausschuss, Grundstücksausschuss, Verkehrsausschuss, Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, Sozialausschuss) und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit jeweils 13 (ohne den Oberbürgermeister als Vorsitzendem) statt wie bisher mit zwölf Mitgliedern besetzt werden, weil damit dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit besser entsprochen würde.

Der Wahlausschuss der Beklagten stellte in seiner Sitzung am 27. März 2014 folgendes Ergebnis der Wahl des Stadtrats am 16. März 2014 fest:

WV-Nr.

Wahlvorschlag

Stimmen

Prozent

Sitze im Stadtrat

01

Christlich-Soziale Union (CSU)

164.821

47,99%

19

02

Sozialdemokratische Partei (SPD)

51.489

14,99%

6

03

Freie Wähler (FW)

46.940

13,67%

5

04

Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

25.189

7,34%

3

05

Wählerliste (WAN)

21.392

6,23%

3

06

Junge Liste (JL)

20.113

5,86%

2

07

Die Republikaner (REP)

4.392

1,28%

1

08

Freie Demokratische Partei (FDP)

9.053

2,63%

1

In der konstituierenden Sitzung des Stadtrats am 5. Mai 2014 lehnte dieser einen Antrag der FW, die Mitgliederzahl in den weiteren Ausschüssen auf 13 (ohne Oberbürgermeister) zu erhöhen, ab (TOP 6). Außerdem stimmte er einer Vergrößerung des Aufsichtsrats der Stadtwerke ... GmbH auf 13 Sitze (TOP 8) nicht zu. Ferner wurde die Geschäftsordnung für den Stadtrat beschlossen, die rückwirkend zum 1. Mai 2014 in Kraft trat. Sie trifft u. a. folgende Regelungen:

㤠6

Bildung, Auflösung

(1) In den Ausschüssen nach § 2 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts sind die den Stadtrat bildenden Parteien und Wählergruppen unter Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften gemäß ihren Vorschlägen nach dem Verhältnis ihrer Stärke vertreten (Art. 33 Abs. 1 GO). Die Sitze werden nach dem Verfahren gem. Hare/Niemeyer verteilt; haben Parteien und Wählergruppen wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet die größere Zahl der bei der Stadtratswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Wird durch den Austritt oder Übertritt von Stadtratsmitgliedern oder der Bildung einer Ausschussgemeinschaft das ursprüngliche Stärkeverhältnis der im Stadtrat vertretenen Parteien und Wählergruppen verändert, so sind diese Änderungen nach Satz 2 Halbsatz 1 auszugleichen; haben danach Parteien und Wählergruppen, bei denen Veränderungen eingetreten sind, wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet des Los. Gleiches gilt für die Vertreter in den Verbandsgremien und Aufsichtsräten.“

Die Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts vom 10. Juli 2014, rückwirkend in Kraft gesetzt zum 1. Mai 2014, bestimmt hinsichtlich der Ausschussgrößen folgendes:

㤠2

Ausschüsse

(1) Der Stadtrat bestellt zur Mitwirkung bei der Erledigung seiner Aufgaben folgende ständige Ausschüsse:

a) den Verwaltungsausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 16 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

b) den Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

c) den Personalausschuss bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

d) den Grundstücksausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

e) den Verkehrsausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

f) den Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,

g) den Sozialausschuss, bestehend aus dem Vorsitzenden und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern.“

Die Gesellschafterversammlung der Stadtwerke ... GmbH beschloss am 8. Juli 2014 eine Vergrößerung des Aufsichtsrats von elf auf zwölf Sitze (ohne Oberbürgermeister). Diese Satzungsänderung wurde am 16. Juli 2014 in das Handelsregister eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg am 23. Juni 2014, erhob die Fraktion der FW Klage und begründete sie im Wesentlichen damit, dass ein 13. Sitz nach dem Verfahren Hare-Niemeyer der Fraktion der FW zufallen würde. Diese Aufstockung auf 13 Sitze verhindere eine grobe Verzerrung der Sitzverteilung gemäß dem Ergebnis der Stadtratswahl vom 16. März 2014. Der Gemeinderat habe dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse grundsätzlich jeder Ausschuss des Bundestags ein verkleinertes Abbild des Plenums sein, um in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerzuspiegeln. Aus dem Prinzip der repräsentativen Demokratie folge, dass für Gemeinderäte und deren Ausschüsse das Gleiche gelte. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit habe bei den beschließenden Ausschüssen erhöhte Bedeutung, weil sie in ihrem Aufgabenbereich die Repräsentationstätigkeit der Gesamtheit der vom Volk gewählten Ratsmitglieder nicht nur vorweg nähmen, sondern insgesamt ersetzten. Nur aus gewichtigen und nachvollziehbaren Gründen könne vom Spiegelbildprinzip abgewichen werden. Die Fraktionen der FW, der Grünen, der WAN sowie die zwei Stadträte der JL erhielten bei zwölf Mitgliedern jeweils einen Sitz, obwohl die Zahl der Stadtratsmitglieder bei der FW bei fünf, bei den Grünen und der WAN jedoch nur bei drei und bei der JL sogar nur bei zwei liege.

Es könne mathematisch ermittelt werden, wie gut die Gleichheit der Wahl bei der Sitzverteilung in einem Ausschuss gewährleistet sei. Nach Prof. P. sei der Erfolgswert einer Wählerstimme nicht nur ein qualitativer Begriff, sondern lasse sich zu einer quantitativen Größe als Quotient von Mandatsanteil und Stimmenanteil einer Partei präzisieren. Bei einer Ausschussgröße von zwölf Sitzen ohne Oberbürgermeister ergebe sich nach dem Verfahren Hare-Niemeyer, dass die CSU, SPD, Grüne, JL und WAN einen größeren Anteil erhielten als ihnen eigentlich nach dem Wahlergebnis zustehe. Einzig die FW hätten bei dieser Ausschussgröße einen deutlich geringeren Anteil an Ausschusssitzen. Den größten Erfolg habe gegenwärtig eine Stimme für die JL. Für die Wähler der CSU, SPD, Grünen, WAN und JL sei der Erfolgswert höher als eins. Nur bei der FW und natürlich bei den in den Ausschüssen nicht vertretenen REP und FDP sei er deutlich niedriger. Für jede in Frage kommende Ausschussgröße ohne Oberbürgermeister könne ein globales Ungleichheitsmaß berechnet werden. Die Ausschussgrößen von 13 und 14 Sitzen würden den Verfassungsvorgaben am besten entsprechen. Sie seien mit großem Abstand am besten geeignet, das Prinzip der Spiegelbildlichkeit zu realisieren. Die Ausschussgröße von zwölf Mitgliedern führe zu Verzerrungen, die nicht mehr tolerabel seien. Effizienzüberlegungen aufgrund des Organisationsermessens sprächen nicht für die Festlegung auf zwölf Ausschussmitglieder. Es sei nicht notwendig, eine gerade Anzahl von Mitgliedern zu vermeiden, da bei Stimmengleichheit der Antrag abgelehnt sei. Mit den zwei Mandaten der „CSU-Tarnliste“ der JL und den drei Stadträten der WAN, die teilweise CSU-Mitglieder seien, und sich erfahrungsgemäß bei ihren Entscheidungen an der CSU orientierten, sei eine Mehrheit des CSU-Oberbürgermeisters ohnehin gut abgesichert.

Im Bereich der relevanten Ausschussgrößen von elf bis 16 Sitzen würden die Zahlen für das globale Ungleichheitsmaß der Erfolgswerte aller Wählerstimmen deutlicher für die Sitzzahlen von 13 und 14 als für die Sitzzahlen von elf, zwölf, 15 und 16 sprechen. Die Erläuterungen der Klägerin mit Hilfe der in der wissenschaftlichen Literatur dafür angegebenen mathematisch-objektiven Messzahlen würden in der Klageerwiderung mit keinem Wort angesprochen. Dies diene der Verschleierung oder sei ein Zeichen dafür, dass diese mathematische Modellierung offensichtlich nicht genügend rezipiert worden sei. Verkannt werde auch die Bedeutung der Zahl der Wählerstimmen für die Gruppierungen. Es sei verkürzend, nur die Sitzzahlen im Plenum heranzuziehen. Entscheidend für die Bewertung seien nicht diese, sondern die von den Gruppierungen erzielten Wählerstimmen. Der Fraktion der FW stünden nach dem Wählerwillen 5,47 Stadtratssitze zu. Bei der Ausschussbildung aber werde aber mit fünf Sitzen gerechnet. Die Gewährleistung des Spiegelbildlichkeitsprinzips könne also nicht allein aufgrund der Sitzzahlen im Plenum erfolgen. Es sei zwar richtig, dass bei der Zusammensetzung der Ausschüsse der Oberbürgermeister keine direkte Rolle spiele. Der angeblich nicht zur Fraktion der CSU gehörende Oberbürgermeister nehme freilich regelmäßig an deren Fraktionssitzungen teil, nicht aber an denen aller anderen Fraktionen. Faktisch sei er also ein Fraktionsmitglied der CSU. Außerdem habe er als Oberbürgermeister mit seinem Amt aktiv Wahlkampf für die CSU gemacht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dass der Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, der Personalausschuss, der Grundstücksausschuss, der Verkehrsausschuss, der Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, sowie der Sozialausschuss und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit 13 Mitgliedern ohne den Oberbürgermeister besetzt werden. Die Beschlüsse zu TOP 6 und 8 der Sitzung des Stadtrats vom 5. Mai 2014 werden insoweit aufgehoben.

Hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, über die Zahl der Mitglieder des Bau-, Stadtplanungs- und Umweltausschusses, des Personalausschusses, des Grundstücksausschusses, des Verkehrsausschusses, des Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschusses, sowie des Sozialausschusses und des Aufsichtsrats der Stadtwerke unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Ansicht verzerren die vom Stadtrat beschlossenen Größen der Ausschüsse bzw. des Aufsichtsrats der Stadtwerke mit jeweils zwölf Sitzen nicht in grober Weise die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat. Aus dem Spiegelbildlichkeitsprinzip habe die Klägerin daher keinen Anspruch auf deren Erweiterung auf 13 Mitglieder. Die Bildung von Ausschüssen, deren Größe sowie das bei der Besetzung anzuwendende Verfahren seien Ausfluss der Organisationskompetenz des Gemeinderats. Die Autonomie bei der Bestimmung der Mitgliederzahl der Ausschüsse sowie bei der Wahl des Besetzungsverfahrens sei durch Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen sei. Jeder Ausschuss müsse in seiner Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild des Gemeinderats darstellen. Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO verlange aber nicht die Festlegung einer das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierenden Ausschussgröße, sondern verbiete lediglich grobe Verzerrungen der im Plenum bestehenden Stärkeverhältnisse. Eine solche Verzerrung liege bei zwölf Mitgliedern ohne Oberbürgermeister nicht vor. Zwar hätten die Fraktionen der Grünen bzw. der WAN mit jeweils drei Stadtratsmitgliedern jeweils einen Sitz in den Ausschüssen. Die Ausschussgröße sei so zu bemessen, dass ansehnlich große Fraktionen und Gruppen von einer Vertretung im Ausschuss nicht ausgeschlossen würden. Die CSU-Fraktion mit 19 Stadtratsmitgliedern erreiche weder in den streitgegenständlichen Ausschüssen noch im Aufsichtsrat eine absolute Mehrheit. Sie sei in diesen nach dem Verfahren Hare-Niemeyer mit 50% vertreten und damit mit 2,5% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat „überrepräsentiert“. Die Klägerin sei in den 12er-Ausschüssen mit einem Sitz mit 4,2% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat unterrepräsentiert. Bei der Erhöhung der Ausschusssitze auf 13 würde die CSU-Fraktion um 1,3% unterrepräsentiert, während die Klägerin um 2,9% überrepräsentiert wäre. In dem Verfahren Az. RN 3 K 05.1239 des Verwaltungsgerichts Regensburg sei die dortige Klägerin mit ihrem Ausschusssitz in den Ausschüssen mit 7,9% unterrepräsentiert gewesen. Trotzdem habe das Gericht keinen willkürlichen Verstoß gegen das Spiegelbildlichkeitsgebot erkannt.

Bei der Berechnung sei der Oberbürgermeister nicht einzubeziehen. Er gehöre der CSU-Fraktion nicht an. Dass aufgrund des Wahlergebnisses bei gleichgerichteter Abstimmung der CSU-Fraktion und des Oberbürgermeisters eine absolute Mehrheit entstehen könne, sei nicht zu beanstanden. Ausgangspunkt für die Rechtsprechung zur Ausschussgröße sei die Effektivität der Ausschussarbeit und damit die Entlastung des Plenums. Dass 13 Ausschusssitze für die Klägerin optimaler wären und das Spiegelbildlichkeitsgebot besser abbilden würden, möge sein. Dies führe allerdings nicht dazu, dass eine Ausschussgröße von zwölf unzulässig sei. Es bestehe kein Anspruch auf eine das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierende Ausschussgröße. Der „Erfolgswert“ einer Wählerstimme könne nach verschiedenen mathematischen Verfahren bestimmt werden, woraus sich Rechtsunsicherheit und Streitigkeiten ergeben könnten. Es würde sich immer eine Partei oder Wählergruppe bei der Anwendung der einen oder der anderen mathematischen Berechnungsmethode benachteiligt fühlen. Es wäre Sache der Gerichte bzw. des Gesetzgebers, das entsprechende mathematische Verfahren für den „Erfolgswert“ einer Wählerstimme zu bestimmen und danach die Ausschussgröße zu berechnen. Möglichweise würden die Ausschüsse so groß, dass eine effektive und sachorientierte Arbeit nicht mehr möglich sei. Eine einseitig den Erfolgswert der Wählerstimme optimierende Festlegung der Ausschussgröße führe zu Rechtsunsicherheiten und zu aufwändigen Berechnungsverfahren. Der Stadtrat werde dadurch in seiner Organisationsautonomie stark eingeschränkt.

Der Stadtrat habe in der Sitzung am 5. Mai 2014 über die Ausschussgrößen diskutiert und auch 13 und 14 Sitze in Erwägung gezogen. Er habe sich aus Effizienzgründen für die Zahl von zwölf Sitzen entschieden. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, 13-er Ausschüsse plus Vorsitzendem zu bilden, da sie dem Mehrheitsprinzip und damit der Vermeidung von Pattsituationen den Vorrang eingeräumt habe. Die Bemessung der Größe, bei welcher ein Ausschuss am effektivsten arbeiten könne, stehe in der Organisationsautonomie und Einschätzung des Stadtrats. Es bleibe ihm überlassen, in der neuen Wahlperiode für eine effektive und klare Abstimmungsmehrheit zu sorgen. Dass dies bei einer Ausschussgröße von zwölf Mitgliedern plus Oberbürgermeister besser erreicht werden könne als bei elf oder 13 Mitgliedern, dürfte unstrittig sein. Die Entscheidungen des Stadtrats zur Ausschussgröße seien damit nicht willkürlich erfolgt. Dem Stadtrat sei die Argumentation der Klägerin bekannt gewesen. Ihre Modellrechnungen aus der wissenschaftlichen mathematischen Literatur seien angesichts der klaren Rechtsprechung nicht Ausschlag gebend. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe sich in keinem Urteil an mathematischen Formeln orientiert. Im Gegenteil habe er bisher immer auf die Organisationsautonomie des Stadtrates verwiesen.

Ein Vergleich mit der Landkreisordnung (LKrO) zeige, dass der Erfolgswert einer Wählerstimme für die Festlegung der Ausschussgröße vom Gesetzgeber nicht konsequent beachtet werde. Der Kreisausschuss des Kreistags des Landkreises ... bestehe aufgrund der gesetzlichen Vorgabe zwingend aus zwölf Mitgliedern bei 60 Kreistagsmitgliedern. Der Gesetzgeber sei beim Kreisausschuss der Ansicht, dass die Festlegung der Ausschussgröße unabhängig vom Wahlausgang weder gegen das Spiegelbildlichkeitsprinzip noch gegen das Übermaß- bzw. Willkürverbot verstoße. Der Erfolgswert einer Wählerstimme spiele für die Größe des Kreisausschusses keine Rolle, wobei zwischen Kreistags- und Gemeinderatswahlen keine relevanten Unterschiede bestünden. Auch bei der Besetzung des Kreisausschusses könne es zu erheblichen Benachteiligungen einzelner politischer Parteien und Wählergruppen kommen. Dies nehme der Gesetzgeber hin. Ähnliches gelte für den Rechnungsprüfungsausschuss, dessen Größe der Gesetzgeber mit mindestens drei und höchstens sieben Sitzen unabhängig von der Größe des Gemeinderats festgelegt habe.

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH sei ein sog. fakultativer Aufsichtsrat. Die Stadt könne seine Größe und Zusammensetzung im Gesellschaftsvertrag regeln. Die Beklagte habe den Aufsichtsrat mit Beschluss vom 5. Mai 2014 um einen Sitz von elf auf zwölf erweitert. Bereits in der vorangegangenen Wahlperiode habe der Stadtrat den Aufsichtsrat an die Größenverhältnisse der überwiegenden Anzahl der beschließenden Stadtratsausschüsse angepasst. Dies sei aufgrund der Bedeutung der Stadtwerke als größter städtischer GmbH geschehen. Die Regelungen des Spiegelbildlichkeitsprinzips seien bei einem fakultativen Aufsichtsrat auf eine kommunale GmbH anzuwenden, wenn sie im Gesellschaftsvertrag und der Geschäftsordnung für den Stadtrat für anwendbar erklärt würden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig.

Klagebegehren ist die Verurteilung der Beklagten dahingehend, dass sechs ständige Ausschüsse des Stadtrats (Bauausschuss, Stadtplanungs- und Umweltausschuss, Personalausschuss, Grundstücksausschuss, Verkehrsausschuss, Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss, Sozialausschuss) und der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH mit jeweils 13 Mitgliedern (neben dem Oberbürgermeister als Vorsitzendem) besetzt werden. Bei dieser Ausschussgröße würde die Klägerin in den genannten Gremien zwei Sitze, also einen mehr als bisher, erhalten. Hilfsweise erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, über die Zahl der Mitglieder dieser Gremien unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Besetzung der Ausschüsse eines Gemeinderats ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet, da es bei einem solchen Streit zwischen einer Stadtratsfraktion und der Stadt um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen der Stadt geht.

Der Verwaltungsrechtsweg ist auch hinsichtlich der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke GmbH eröffnet. Grundsätzlich sind gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, wie die ordnungsgemäße Besetzung des Aufsichtsrates einer GmbH, im Zivilrechtsweg gemäß § 13 GVG zu entscheiden. Die Beklagte bleibt jedoch für das Handeln ihrer Eigengesellschaft voll verantwortlich. Gemäß Art. 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 93 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO) hat sie diese Verantwortlichkeit durch Einflussnahme im Aufsichtsrat sicherzustellen. Wie sich § 6 Abs. 1 Satz 4 der (öffentlich-rechtlichen) Geschäftsordnung für den Stadtrat entnehmen lässt, sollen die öffentlich-rechtlichen Regelungen über die Verteilung der Ausschusssitze auch auf Aufsichtsräte Anwendung finden. Über die Entsendung der Aufsichtsratsmitglieder entscheidet der Stadtrat durch Beschluss gemäß Art. 51 Abs. 1 GO. Die streitentscheidenden Regelungen über die Besetzung des Aufsichtsrats wurzeln also in der Kommunalverfassung und werden durch die Beschlusspraxis des Stadtrates der Beklagten ausgeformt. Auch insoweit handelt es sich im Verhältnis der Stadt zu den Fraktionen um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen.

Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung, soweit es um die Aufhebung der Beschlüsse des Stadtrats der Beklagten vom 5. Mai 2014 über die Mitgliederzahl in den weiteren Ausschüssen (TOP 6) und im Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH (TOP 8) geht. Eine Anfechtungsklage scheidet aus, da die Besetzung von Ausschüssen und eines Aufsichtsrats nicht durch einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) erfolgt (vgl. BayVGH vom 31.7.1976 Az. 2 IV 72, BayVBl. 1976, 753/754).

Die Klägerin ist zur Klage befugt, § 42 Abs. 2 VwGO analog. Sie kann die mögliche Verletzung ihres Rechts auf angemessene Vertretung in den oben genannten Gremien entsprechend dem Gebot der Spiegelbildlichkeit geltend machen. Ihr steht möglicherweise ein Recht aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO zu, die Zahl der Ausschussmitglieder und entsprechend auch die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats zu verändern. Sie hat grundsätzlich einen gerichtlich einklagbaren Anspruch darauf, dass ihr in diesen Gremien als verkleinerte Abbilder des Stadtrats so viele Sitze zugeteilt werden, als es dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen untereinander entspricht (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117, vom 2.8.1962 Az. 105 IV 61, VGH n. F. 15, 82/88).

2. Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet, da die Besetzung der oben genannten sechs ständigen Ausschüsse der Beklagten und der dieser Besetzung zugrundeliegende Stadtratsbeschluss vom 5. Mai 2014 (TOP 6) rechtmäßig sind. Gleiches gilt für die Mitgliederzahl im Aufsichtsrat der Stadtwerke ... GmbH (TOP 8). Die Mitgliederzahl in diesen Gremien widerspricht nicht dem Prinzip der Spiegelbildlichkeit, das in Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO einfachgesetzlich verankert ist. Eine rechtlich unzulässige Überrepräsentation einer Fraktion in diesen Gremien besteht bei einer Gremiumsgröße von zwölf Mitgliedern (ohne den Oberbürgermeister) nicht, so dass der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gewahrt ist. Diese Sitzzahl hält sich im Rahmen des dem Stadtrat der Beklagten zustehenden Organisationsermessens. Ein Anspruch auf eine das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierende Ausschussgröße besteht nicht. Die Klage hat deshalb auch in ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg.

a. Gemäß Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO hat der Gemeinderat bei der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Haben dabei mehrere Parteien und Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, so ist statt eines Losentscheids auch der Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese abgegebenen Stimmen zulässig, Art. 33 Abs. 1 Satz 3 GO. Den gesetzlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO genügt § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung für den Stadtrat i. V. m. § 2 Abs. 1 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts.

Das Spiegelbildlichkeitsgebot folgt aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit. Auch wenn der Gemeinderat kein Parlament, sondern ein Verwaltungsorgan einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, repräsentiert er die Bürger der Stadt. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Stadtratsplenum, sondern auch in den Ausschüssen (vgl. hierzu BVerwG vom 10.3.2003 Az. 8 C 18/03 m.w.N). Die Ausschüsse einer kommunalen Gebietskörperschaft müssen grundsätzlich als verkleinerte Abbilder des Plenums dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln (vgl. BVerwG vom 27.3.1992 Az. 7 C 20.91). Ein Ausschuss muss soweit als möglich ein verkleinertes Abbild des Plenums sein (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117 und 4 BV 03.1159).

Die Fraktionen haben bei der Ausschussbesetzung Anspruch auf Berücksichtigung nach Maßgabe ihrer jeweiligen Mitgliederzahl im Plenum (vgl. BVerwG vom 7.12.1992 Az. 7 B 49.92). Hat eine Fraktion einen Anspruch auf mehrere Sitze in einem Ausschuss, kann sie diese auch beanspruchen. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit der Zusammensetzung von Ausschüssen gewinnt bei den beschließenden Ausschüssen erhöhte Bedeutung, weil sie in ihrem Aufgabenbereich die Repräsentationstätigkeit der Gesamtheit der vom Volk gewählten Ratsmitglieder nicht nur im Weg von Beschlussvorschlägen vorwegnehmen, sondern durch die verbindliche Entscheidung der ihnen zur Erledigung zugewiesenen Aufgaben ersetzen (vgl. BVerwG vom 27.3.1992 a. a. O.).

Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse ist das Zahlenverhältnis der auf die verschiedenen Wahlvorschläge hin gewählten Stadtratsmitglieder, also die Zahl der Sitze der Parteien und Wählergruppen im Plenum, nicht die von ihnen bei der Stadtratswahl erreichte Stimmenzahl (vgl. BayVGH vom 1.3.2000 Az. 4 B 99.1172). Die in einem Ausschuss zu vergebenden Sitze sind nach dem Verhältnis zuzuteilen, in welchem die auf sie entfallenden Stadtratssitze zueinander stehen (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117). Geschäftsordnungen, die dem Spiegelbildlichkeitsprinzip widersprechen, sind insoweit nichtig und für die Verwaltungsgerichte unbeachtlich (vgl. VG Regensburg vom 8.3.2006 Az. RO 3 K 05.02175). Die Autonomie des Stadtrats bei der Bestimmung der Mitgliederzahl von Ausschüssen sowie der Wahl des Besetzungsverfahrens ist insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Stadtrat vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen ist (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 a. a. O.). Bei einer Überaufrundung oder Unteraufrundung zugunsten oder zulasten einer Gruppierung wäre dies nach der Rechtsauffassung des Gerichts nicht mehr der Fall. Solche liegen freilich hier nicht vor.

Die Verteilung der Ausschusssitze nach dem Verfahren Hare-Niemeyer gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung begegnet keinen Bedenken. Der Landesgesetzgeber hat den kommunalen Gremien - anders als z. B. in Art. 35 Abs. 2 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) - insoweit kein bestimmtes Berechnungsverfahren vorgegeben. Sie haben grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren. Dabei entsprechen die gängigen Verfahren - nämlich das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt, das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers und das Restverteilungsverfahren nach Hare-Niemeyer - grundsätzlich dem Gebot der Wahlgleichheit nach Maßgabe des verbesserten Verhältniswahlrechts (vgl. zum Verfahren nach d’Hondt BayVerfGH vom 26.10.2009 Vf. 16-VII-08).

Die den Mitgliedern des Stadtrats eingeräumte Wahlmöglichkeit beruht auf der Erkenntnis, dass allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent sind. Hinzu kommt, dass weder die Ausschussmitglieder noch die Ausschusssitze teilbar sind. In einer derartigen Situation wechselseitig begünstigender und belastender Rundungsfehler stoßen der strikte Normbefehl des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO und damit die richterliche Kontrolle an ihre Grenzen. Daraus ergeben sich aber zugleich die Grenzen der Wahlmöglichkeiten, die das Gesetz den Gemeinderäten eröffnet. Denn jeder Ausschuss muss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und die Mehrheitsverhältnisse im Plenum widerspiegeln. Die Anwendung des Verfahrens nach d’Hondt ist dann nicht mehr mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit vereinbar, wenn es zugunsten einer Gruppe eine sogenannte Überaufrundung bewirkt (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.1159 und 4 BV 03.117). In einem solchen Fall ist auf ein alternatives Berechnungsverfahren zurückzugreifen, das zu keiner Überrepräsentierung führt, aber auch keine Unterrepräsentation einer anderen Gruppe zur Folge hat. Die Berechnungsverfahren sind kein Selbstzweck und führen nicht aus sich heraus zu rechtmäßigen Ergebnissen (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.117). Sie bieten nur mathematische Techniken, um mit den in der Praxis regelmäßig auftretenden Bruchzahlen umgehen zu können. Das Resultat ist daher einer rechtlichen Überprüfung im Hinblick auf dem hinter den Berechnungsverfahren stehenden Zweck, nämlich der Spiegelbildlichkeit nahe zu kommen, fähig und bedürftig. Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO verlangt nicht die Festlegung einer das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierenden Ausschussgröße, sondern verbietet lediglich grobe Verzerrungen der Stärkeverhältnisse im Plenum (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 Az. 4 BV 03.1159).

Die Beklagte hat bestimmt, dass die Sitze nicht nach dem Verfahren d’Hondt, sondern nach dem Verfahren Hare-Niemeyer verteilt werden. Den Fall einer Überaufrundung hat sie nicht geregelt. Falls Parteien und Wählergruppen wegen gleicher Teilungszahl den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz haben, entscheidet die größere Zahl der bei der Stadtratswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Um eine Überaufrundung festzustellen, muss zunächst eine mathematische Proportionalberechnung durchgeführt werden. Dazu ist die Anzahl der Stadtratsmitglieder der jeweiligen Fraktion mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze zu multiplizieren und durch die Anzahl aller Gemeinderatssitze zu teilen:

Fraktionen

Sitze im Stadtrat

Proportionalberechnung bei 40 Stadtratsmitgliedern und 12, 13 bzw. 14 Ausschussmitgliedern

CSU

19

5,7, 6,175 bzw. 6,65

SPD

6

1,8, 1,95 bzw. 2,1

FW

5

1,5, 1,625 bzw. 1,75

Grüne

3

0,9, 0,975 bzw. 1,05

WAN

3

0,9, 0,975 bzw. 1,05

JL

2

0,6, 0,65 bzw. 0,7

REP

1

0,3, 0,325 bzw. 0,35

FDP

1

0,3, 0,325 bzw. 0,35

Rechnerisch stehen der Klägerin also bei zwölf Sitzen der fraglichen Ausschüsse 1,5 Sitze zu. Bei 13 bzw. 14 Sitzen der Ausschüsse stünden ihr 1,625 bzw. 1,75 Sitze zu.

Die Ausschusssitze verteilen sich nach dem Verfahren Hare-Niemeyer wie folgt:

Fraktionen

Sitze im Stadtrat

Zahl der Sitze der Fraktion im Stadtrat X Ausschusssitze /Gesamtzahl der Stadtratsmitglieder (Bei 12 Sitzen)

Bei 13 Sitzen

Bei 14 Sitzen

CSU

19

5,7 = 5+1

6,175 = 6

6,65 = 6+1

SPD

6

1,8 = 1+1

1,95 = 1+1

2,1 = 2

FW

5

1,5 = 1

1,625 = 1+1

1,75 = 1+1

Grüne

3

0,9 = 1

0,975 = 1

1,05 = 1

WAN

3

0,9 = 1

0,975 = 1

1,05 = 1

JL

2

0,6 = 1

0,65 = 1

0,7 = 1

REP

1

0,3

0,325

0,35

FDP

1

0,3

0,325

0,35

Demnach steht der Klägerin bei zwölf Sitzen ein Ausschusssitz zu. Bei 13 und 14 Ausschusssitzen würde sie jeweils einen weiteren Sitz erhalten, wobei die CSU-Fraktion bei 14 Ausschusssitzen sieben Sitze, also einen Sitz mehr, bekommen würde. Eine unzulässige Überrepräsentation einer Fraktion in den Ausschüssen im Sinne der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH vom 17.3.2004 a. a. O.) ergibt sich bei Sitzzahlen der Ausschüsse von zwölf, 13 oder 14 nicht, da keine Fraktion einen ganzen Sitz mehr erhält, als ihr rechnerisch zusteht bzw. zustehen würde. Eine unzulässige Überaufrundung ergibt sich weder bei Zugrundelegung des Berechnungsverfahrens nach Hare-Niemeyer noch aus der Kombination dieses Verfahrens mit der Zahl der bei der Wahl abgegebenen Stimmen (vgl. VG Regensburg vom 17.12.2014 Az. RN 3 K 14.1351), so dass eine Korrektur der Ausschussgröße aufgrund einer Überaufrundung nicht erforderlich ist. Grobe Verzerrungen der Stärkeverhältnisse im Plenum im Sinne dieser Rechtsprechung liegen nicht vor.

Das Gericht teilt die Einschätzung der Klägerin nicht, dass bei der Bestimmung der Ausschussgrößen ein mathematisch möglichst exaktes und optimales Verteilungsverfahren Anwendung finden muss. Soweit dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit dadurch genügt wird, dass eine Über- und Unterrepräsentation einer maßgeblichen Fraktion nicht vorliegt, liegt es im Organisationsermessen des Stadtrats, die Zahl der Mitglieder der Ausschüsse und eines Aufsichtsrats festzulegen.

Bei der Bemessung der Zahl der Mitglieder der Ausschüsse kommt es nicht auf die bei der Stadtratswahl für die jeweilige Partei oder Wählergruppe abgegebenen Stimmen an. Die Sitze im Stadtrat werden gemäß Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GLKrWG nach dem Verfahren Hare-Niemeyer auf die einzelnen Wahlvorschläge verteilt. Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse ist die nach diesem Verfahren errechnete Zahl der Sitze im Plenum und nicht eine fiktive „rechnerisch genaue“ Anzahl von Sitzen, da Ausschüsse soweit wie möglich ein verkleinertes Abbild des Plenums und nicht des Wählerwillens darstellen sollen. Anders als von der Klägerin vertreten, kommt es für die Verteilung der Ausschusssitze damit nicht auf den „Erfolgswert“ einer Wählerstimme und ein damit einhergehendes „Ungleichheitsmaß“ an. Es kommt auch nicht auf angebliche „Tarnlisten“ und/oder „befreundete“ Fraktionen der CSU-Fraktion an.

Der Oberbürgermeister der Beklagten als Vorsitzender der jeweiligen Ausschüsse und des Aufsichtsrats ist bei der Berechnung der Zahl der Ausschusssitze und bei der Zusammensetzung der Ausschüsse nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. b) bis g) der Geschäftsordnung bestehen die Ausschüsse aus dem Vorsitzenden - also dem Oberbürgermeister - und zwölf ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern. Rechtliche Bedenken, dass der Oberbürgermeister bei der Besetzung der Ausschüsse nach dem Spiegelbildlichkeitsprinzip außer Betracht bleibt, bestehen nicht. Dieser führt nämlich gemäß Art. 33 Abs. 2 GO den Vorsitz in den Ausschüssen. Angesichts des klaren Wortlauts der Geschäftsordnung ist der Vorsitzende nicht zu den Stadtratsmitgliedern zu zählen, die bei den Ausschusssitzen zu berücksichtigen sind.

Das Gericht verkennt nicht, dass die von der Klägerin begehrte Erhöhung auf 13 oder 14 Ausschusssitze die Mehrheitsverhältnisse im Plenum etwas genauer widerspiegelt als bei zwölf Ausschusssitzen.

Fraktionen

Sitze im Stadtrat

Prozentualer Anteil

Abweichung bei 12 Sitzen

Bei 13 Sitzen

Bei 14 Sitzen

CSU

19

47,5%

+ 2,5%

- 1,35%

+ 2,5%

SPD

6

15%

+ 1,67%

+ 0,39%

- 0,71%

FW

5

12,5%

- 4,17%

+ 2,89%

+ 1,79%

Grüne

3

7,5%

+ 0,83%

+ 0,19%

+ 0,36%

WAN

3

7,5%

+ 0,83%

+ 0,19%

+ 0,36%

JL

2

5%

+ 3,33%

+ 2,69%

+ 2,14%

REP

1

2,5%

- 2,5%

- 2,5%

- 2,5%

FDP

1

2,5%

- 2,5%

- 2,5%

- 2,5%

Bei 13 Ausschusssitzen würde die Klägerin zwei Sitze erhalten, wäre aber mit 2,89% gegenüber der Sitzverteilung im Stadtrat „überrepräsentiert“. Dagegen ist sie bei zwölf Ausschusssitzen mit 4,17% unterrepräsentiert. Bei 14 Ausschusssitzen würde die Klägerin ebenfalls zwei Sitze erhalten und wäre mit 1,79% „überrepräsentiert“.

Die durch den Stadtrat der Beklagten kraft seiner Autonomie festgelegten Ausschussgrößen halten sich nach der Überzeugung des Gerichts im Rahmen seines Organisationsermessens. Dabei hat er beachtet, dass es weder zu einer Über- noch einer Unterrepräsentation einer Fraktion in den Ausschüssen kommt. Die CSU-Fraktion erhält mit sechs von zwölf Sitzen auch keine absolute Mehrheit der Ausschusssitze. Der Oberbürgermeister kann nämlich, auch wenn er Mitglied der CSU ist, rechtlich nicht der Mehrheitsfraktion zugerechnet werden. Denn nach Art. 33 Abs. 2 GO steht ihm der Vorsitz in den Ausschüssen kraft Gesetzes zu. Er ist daher bei der Berechnung der Spiegelbildlichkeit nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO nicht zu berücksichtigen.

Ermessensentscheidungen können vom Gericht nur in engen Grenzen überprüft werden, vgl. § 114 Satz 1 VwGO. Im vorliegenden Fall waren durch das Gericht keine Verwaltungsakte zu überprüfen, so dass die Verfahrensvorschriften für solche, wie z. B. Art. 40 BayVwVfG, zumindest keine unmittelbare Anwendung finden. Allerdings dürfen öffentliche Organe - wie der Stadtrat - auch im Rahmen ihres Organisationsermessens nicht willkürlich handeln. Eine Willkür bei der Festlegung der Ausschussgrößen ist nicht festzustellen. Ausweislich der Niederschrift zu TOP 6 der Sitzung vom 5. Mai 2014 wurde die Größe der Ausschüsse diskutiert und es wurden Argumente hinsichtlich der Vor- und Nachteile der verschiedenen Ausschussgrößen ausgetauscht.

Der Stadtrat durfte sich aus Effizienzgründen und zur Vermeidung einer Pattsituation für zwölf Ausschussmitglieder ohne den Oberbürgermeister entscheiden und damit dem Mehrheitsprinzip ein besonderes Gewicht zumessen. Eine solche Pattsituation könnte nämlich bei 13 Ausschussmitgliedern und dem Oberbürgermeister als Vorsitzenden bei Abstimmungen entstehen. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass bei Stimmengleichheit ein Antrag abgelehnt ist. Gleichwohl kann der Stadtrat im Rahmen seines Organisationsermessens solchen Pattsituationen vorbeugen wollen. Um sachfremde Erwägungen handelt es sich dabei nicht. Dass dieser Gesichtspunkt in der Diskussion über die Zahl der Ausschussmitglieder erörtert wurde, lässt sich der Sitzungsniederschrift entnehmen. Auch die Entscheidung des Stadtrats, die Zahl der Ausschussmitglieder im Vergleich zur vorherigen Wahlperiode nur um eines und nicht um zwei zu erhöhen, erscheint nicht willkürlich. Die Überlegung ist nicht sachfremd, dass mit zunehmender Zahl der Ausschussmitglieder Effektivität und Geschwindigkeit der Willensbildung abnehmen.

Das dem Stadtrat zustehende Organisationsermessen ist nicht dahingehend reduziert, dass nur eine möglichst genaue mathematische Aufteilung einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung entspricht. Soweit die Klägerin auf Ausarbeitungen von Professor Dr. P. hinweist, beziehen sich diese nicht auf die Besetzung von Ausschüssen, sondern auf die Berechnung der Zuteilung von Mandaten im Plenum bei Verhältniswahlen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht darum, die Zahl der Wählerstimmen in den jeweiligen Ausschüssen möglichst genau abzubilden, sondern dem Gebot der Spiegelbildlichkeit anhand der Sitze im Stadtratsplenum unter Berücksichtigung sachgerechter Kriterien - wie dem Vermeiden einer Pattsituation - zu entsprechen. Die von der Klägerin geforderte mathematisch genaue Berechnung schreibt weder der Gesetzgeber vor, noch verlangen es die Grundsätze der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit. Wie sich zum Beispiel Art. 27 Abs. 1 Satz 1 der Landkreisordnung entnehmen lässt, der eine bestimmte Zahl von Mitgliedern des Kreisausschusses gesetzlich festlegt, ist der Erfolgswert einer Wählerstimme für die Festlegung der Größe des Kreisausschusses nicht Ausschlag gebend. Bei der Besetzung des Kreisausschusses kann es zu Benachteiligungen einzelner Parteien und Wählergruppen kommen. Dies ist hinzunehmen, soweit es nicht zu einer Überrepräsentierung einer Gruppe führt, als keine Fraktion oder Wählergruppe einen ganzen Sitz mehr erhält, als ihr rechnerisch zusteht. Ähnliches gilt für den Rechnungsprüfungsausschuss der gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 1 GO mindestens drei bis höchstens sieben Mitglieder haben kann. Aufgrund der geringen Größe nimmt der Gesetzgeber sogar in Kauf, dass zahlenmäßig durchaus relevante Gruppen im Rechnungsprüfungsausschuss gar nicht vertreten sind.

Eine mathematisch genaue Aufteilung für die eine Gruppierung führt möglicherweise zu „Ungerechtigkeiten“ für andere Parteien und Wählergruppen. Zudem entstehen Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der mathematisch genauesten und optimalsten Zahl der Ausschusssitze. Am Gerechtesten könnte die Ausschussbesetzung erscheinen, welche auch der kleinsten im Stadtrat vertretenen Gruppierung zumindest noch einen Ausschusssitz einräumt. Dadurch entstünden jedoch oft zu große Ausschüsse, die mit einer effektiven und beschleunigten Arbeit nicht mehr im Einklang stünden.

Für die Bestimmung der Mitgliederzahl des Aufsichtsrats der Stadtwerke GmbH gelten vorstehende Ausführungen entsprechend.

b. Die Klage hat auch in ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg, da das Gericht keine rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Ausschussgrößen und der Größe des Aufsichtsrats der Stadtwerke GmbH, sowie hinsichtlich der ordnungsgemäßen Ausübung des der Beklagten zustehenden Organisationsermessens hat.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer obergerichtlichen Entscheidung abweicht, vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO. Die Begriffe der Spiegelbildlichkeit und der Überaufrundung sind in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt. Es ist nicht erkennbar, dass dem Urteil über den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.