Bundesfinanzhof Urteil, 20. Sept. 2016 - VII R 10/15
Tenor
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Die Revision des Finanzamts gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 25. Februar 2015 3 K 769/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat das Finanzamt zu tragen.
Tatbestand
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I. Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) wurde am 1. Juli 2008 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des D (Insolvenzschuldner) eröffnet und die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) zur Treuhänderin bestellt. Mit Beschluss vom 5. Mai 2010 wurde dem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung angekündigt und die Klägerin weiterhin als Treuhänderin bestätigt. Mit Beschluss vom 22. Juni 2010 hob das AG das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners mangels einer zu verteilenden Masse ohne Schlussverteilung auf. In dem Beschluss heißt es weiter: "Hinsichtlich etwaiger -auf die Dauer des Insolvenzverfahrens entfallender- Steuererstattungsansprüche wird die Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1 InsO)."
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Im Einkommensteuerbescheid vom 13. Dezember 2010 für den Veranlagungszeitraum 2009 errechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) einen anteiligen Erstattungsanspruch des Insolvenzschuldners in Höhe von insgesamt 349,01 € (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer). Diesen Betrag zahlte das FA dem Insolvenzschuldner und teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 mit.
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Nachdem die Klägerin das FA mit Schreiben vom 30. Dezember 2010 zur Auszahlung des Steuererstattungsbetrags auf das Treuhandkonto aufgefordert hatte, weil aufgrund der angeordneten Nachtragsverteilung dieser Betrag nicht mit schuldbefreiender Wirkung dem Insolvenzschuldner habe gezahlt werden können, erließ das FA unter dem 6. Januar 2011 einen Abrechnungsbescheid. Darin wies es den Einkommensteuererstattungsanspruch aus und stellte fest, dieser sei durch die Zahlung an den Insolvenzschuldner erloschen. Der Nachtragsverteilungsbeschluss des AG sei nicht hinreichend bestimmt, da weder die Steuerart noch der Zeitraum angegeben seien. Die Steuer habe daher mit schuldbefreiender Wirkung nur dem Insolvenzschuldner und nicht der Masse erstattet werden können.
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Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2011 zurückwies.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Nachtragsverteilungsbeschluss des AG sei hinreichend bestimmt und der Einkommensteuererstattungsanspruch des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2009 habe daher dem Insolvenzbeschlag unterlegen.
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Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1339 veröffentlicht.
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Das FA begründet seine Revision im Wesentlichen dahin, die Auskehrung eines Steuererstattungsanspruchs an die Insolvenzmasse setze eine dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder wirksam bekannt gegebene Steuerfestsetzung voraus, aus der sich der Erstattungsanspruch ergebe. Im Streitfall sei jedoch der Klägerin als Treuhänderin über das Vermögen des Insolvenzschuldners ein Einkommensteuerbescheid für 2009 nicht bekannt gegeben worden. Die Klägerin sei durch den Abrechnungsbescheid auch nicht beschwert. Denn im Rahmen eines Antrags auf Steuerfestsetzung wäre darüber zu entscheiden gewesen, ob der Insolvenzbeschlag für Einkommensteuererstattungsansprüche durch den Nachtragsverteilungsbeschluss fortbestanden hätte mit der Folge, dass der Einkommensteuerbescheid 2009 der Klägerin als Treuhänderin hätte bekannt gegeben werden müssen. Die Prüfung des Nachtragsverteilungsbeschlusses sei daher ausschließlich dem Steuerfestsetzungsverfahren vorbehalten. Jedenfalls sei im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des streitigen Steueranspruchs bereits Festsetzungsverjährung eingetreten.
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Abgesehen davon sei der Nachtragsverteilungsbeschluss zu unbestimmt und habe für den Einkommensteuererstattungsanspruch 2009 keine Fortdauer des Insolvenzbeschlags bewirkt. Für die hinreichende Bestimmtheit eines für Steuererstattungsansprüche geltenden Nachtragsverteilungsbeschlusses seien Angaben zur Steuerart unverzichtbar.
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Die Klägerin trägt vor, sie sei klagebefugt und durch den Abrechnungsbescheid beschwert. Dieser sei ihr zugestellt worden, und das FA habe damit verbindlich eine Aussage über den nach dortiger Auffassung erloschenen Auszahlungsanspruch getroffen.
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Weiterhin sei der Beschluss des Insolvenzgerichts hinreichend bestimmt. Bei einer natürlichen Person kämen nur in sehr begrenztem Umfang erstattungsfähige Steuern in Betracht. Es sei nicht nachvollziehbar, wo die Schwierigkeit der zeitlichen Einordnung der der Nachtragsverteilung unterliegenden Steuererstattung liege. Praktikabilitätsgesichtspunkte oder die Koordination von Arbeitsabläufen führten nicht zu einer Unwirksamkeit einer gerichtlichen Anordnung.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das erstinstanzliche Urteil entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat gegenüber dem Insolvenzschuldner nicht mit befreiender Wirkung leisten können, weil dessen Einkommensteuererstattungsanspruch für den Veranlagungszeitraum 2009 der Nachtragsverteilung unterlag.
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1. Das FA war gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zum Erlass eines Abrechnungsbescheids über den Streit zwischen den Beteiligten hinsichtlich der Frage berechtigt, ob der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuer für 2009 durch Zahlung erloschen ist. Da die Klägerin die Auffassung vertritt, den Einkommensteuererstattungsanspruch infolge einer wirksamen Nachtragsverteilung als Treuhänderin der Insolvenzmasse zuführen zu können, und das FA die Wirksamkeit der Nachtragsverteilung bezweifelt, konnte es über den insofern entstandenen Streit durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO entscheiden (vgl. zur Pfändung Senatsurteil vom 12. Juli 2001 VII R 19, 20/00, BFHE 195, 516, BStBl II 2002, 67; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Februar 2012 VII R 36/11, BFHE 236, 202, BStBl II 2012, 451). Denn die Klägerin ist auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens weiterhin am Steuererhebungsverfahren beteiligt, soweit die Zugehörigkeit nachträglich entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zur Insolvenzmasse im Streit ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 236, 202, BStBl II 2012, 451).
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Ein unzulässiger Eingriff in die Befugnis des AG liegt darin nicht; denn das FG stellt mit seiner Entscheidung nicht die Rechtmäßigkeit des Beschlusses in Frage, sondern klärt durch hoheitliche Entscheidung lediglich dessen Rechtswirkungen (vgl. zur Reichweite eines Pfändungsbeschlusses Senatsurteil in BFHE 195, 516, BStBl II 2002, 67).
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2. Die Klägerin ist als Adressatin des Abrechnungsbescheids klagebefugt.
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Nach § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) verliert der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Gleichzeitig geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über. Mit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, die Insolvenzmasse betreffende Prozesse zu führen. Im Prozess hat der Insolvenzverwalter kraft gesetzlicher Prozessstandschaft die uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis unter Ausschluss des Schuldners. Der Schuldner ist nicht prozessführungsbefugt (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Juli 2004 X R 30/04, BFH/NV 2004, 1547, m.w.N.; BFH-Urteil vom 6. Juli 2011 II R 34/10, BFH/NV 2012, 10). Im vereinfachten Insolvenzverfahren (§§ 311 ff. InsO) nimmt nach § 313 Abs. 1 Satz 1 InsO der Treuhänder (§ 292 InsO) die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahr (vgl. auch Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20. März 2003 IX ZB 388/02, Wertpapier-Mitteilungen --WM-- 2003, 980, unter V.2.d). Mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens entfällt neben der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters (vgl. BGH-Urteil vom 10. Dezember 2009 IX ZR 206/08, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis --ZIP-- 2010, 102).
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Wird das Insolvenzverfahren nach der Schlussverteilung aufgehoben (§ 200 Abs. 1 InsO), jedoch eine Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1, 2 InsO), bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der Nachtragsverteilung vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden sollen (BGH-Urteil in ZIP 2010, 102). Denn mit der Anordnung der Nachtragsverteilung tritt eine erneute Insolvenzbeschlagnahme ein (vgl. BGH-Beschluss vom 12. Januar 2006 IX ZB 239/04, ZIP 2006, 340, unter III.3.). Die Anordnung einer Nachtragsverteilung ist auch im Verbraucherinsolvenzverfahren möglich (BGH-Beschlüsse vom 1. Dezember 2005 IX ZB 17/04, ZIP 2006, 143, und vom 2. Dezember 2010 IX ZB 184/09, ZIP 2011, 135; vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 10).
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3. Der Einkommensteuererstattungsanspruch des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2009 wird von der Anordnung der Nachtragsverteilung mit Beschluss des AG vom 22. Juni 2010 erfasst, weshalb der Steuererstattungsanspruch nicht gemäß § 47 AO mit der Zahlung an den Insolvenzschuldner erloschen ist.
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a) Zur Insolvenzmasse, über die der Insolvenzschuldner gemäß § 80 InsO kein Verwaltungs- und Verfügungsrecht hat, gehört nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats sowie des BGH hinsichtlich der Zugehörigkeit von Ansprüchen zur Insolvenzmasse nicht auf den Zeitpunkt der Vollrechtsentstehung an, sondern auf den Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist. Ein Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen gehört daher zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist (Senatsurteile in BFHE 236, 202, BStBl II 2012, 451, und vom 6. Februar 1996 VII R 116/94, BFHE 179, 547, BStBl II 1996, 557; Senatsbeschlüsse vom 7. Juni 2006 VII B 329/05, BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641, und vom 4. September 2008 VII B 239/07, BFH/NV 2009, 6; BGH-Beschluss vom 12. Januar 2006 IX ZB 239/04, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2006, 1127). Der Rechtsgrund für eine Erstattung von Einkommensteuer wird bereits mit der Leistung der entsprechenden Vorauszahlungen gelegt, denn bereits in diesem Zeitpunkt erlangt der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Erstattung der Vorauszahlungen unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer ist als die Summe der Vorauszahlungen (Senatsurteile in BFHE 236, 202, BStBl II 2012, 451, und in BFHE 179, 547, BStBl II 1996, 557; Senatsbeschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641).
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Werden erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens Ansprü-che des Schuldners ermittelt, die vor oder während des Insolvenzverfahrens in insolvenzrechtlicher Hinsicht "begründet" wurden und somit zur Insolvenzmasse gehörten, können sie Gegenstand einer Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO sein. Wird die Nachtragsverteilung angeordnet, so besteht die Insolvenzbeschlagnahme i.S. des § 80 Abs. 1 InsO fort mit der Folge, dass insoweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis weiterhin beim (früheren) Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder liegen (vgl. Senatsurteil in BFHE 236, 202, BStBl II 2012, 451).
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Ausgehend von dieser Rechtsprechung wurde der Rechtsgrund für den Erstattungsanspruch des Insolvenzschuldners für Einkommensteuer 2009 während des Insolvenzverfahrens gelegt, weil die Erstattungsansprüche auf vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens geleisteten Vorauszahlungen --hier im Wege des Steuerabzugs vom Lohn-- beruhen.
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b) Der Einkommensteuererstattungsanspruch fällt unter die Anordnung der Nachtragsverteilung durch Beschluss des AG vom 22. Juni 2010.
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Von der Nachtragsverteilung wird nicht das gesamte Vermögen des Schuldners erfasst, sondern nur der Betrag oder Vermögensgegenstand, auf den sich die Nachtragsverteilungsanordnung bezieht (BGH-Urteil vom 22. Februar 1973 VI ZR 165/71, NJW 1973, 1198; BGH-Beschluss vom 2. Dezember 2010 IX ZB 151/09, WM 2011, 135). Wird die Nachtragsverteilung angeordnet, weil nachträglich Gegenstände der Masse ermittelt worden sind (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO), werden die betroffenen Gegenstände mit der Anordnung vom Insolvenzbeschlag erfasst. Die Verfügungsbefugnis geht vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über (BGH-Beschluss vom 25. Februar 2016 IX ZB 74/15, WM 2016, 558; vgl. auch BGH-Beschlüsse vom 26. Januar 2012 IX ZB 111/10, WM 2012, 366, und vom 12. Februar 2015 IX ZR 186/13, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZinsO-- 2015, 634). Wegen dieser Wirkungen müssen die betroffenen Gegenstände im Anordnungsbeschluss selbst ausreichend bestimmt bezeichnet werden. Andernfalls treten die Wirkungen der Anordnung nicht ein (BGH-Beschlüsse in WM 2016, 558, und in ZinsO 2015, 634).
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Welche Anforderungen an die Bestimmtheit einer Nachtragsverteilungsanordnung zu stellen sind und ob --wie bei der Forderungspfändung-- der Gegenstand und der Schuldgrund der Forderung anzugeben sind (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juni 1989 V R 1/84, BFHE 157, 32, BStBl II 1990, 35), was regelmäßig die Angabe der Steuerart, für die Erstattungsansprüche bestehen sollen, einschließt (Senatsurteil vom 1. April 1999 VII R 82/98, BFHE 188, 137, BStBl II 1999, 439) ist eine Frage des Einzelfalls. Im hier zu beurteilenden Fall ist die Anordnung der Nachtragsverteilung mit Beschluss des AG vom 22. Juni 2010 hinreichend bestimmt.
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Mit der Anordnung der Nachtragsverteilung für etwaige "auf die Dauer des Insolvenzverfahrens" entfallende Steuererstattungsansprüche steht fest, dass der Rechtsgrund für eine Erstattung während der Dauer des Insolvenzverfahrens, also in der Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 22. Juni 2010, gelegt worden sein muss. Der Veranlagungszeitraum für die Einkommensteuer 2009 und die daraus resultierenden Erstattungsansprüche sind in zeitlicher Hinsicht vollständig von der Anordnung der Nachtragsverteilung erfasst. Die Frage einer genaueren Abgrenzung im Fall nur teilweise vom Insolvenzbeschlag betroffener Veranlagungszeiträume stellt sich hier nicht.
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Der amtsgerichtliche Beschluss ist auch insoweit hinreichend bestimmt, weil sich aus der Formulierung "etwaiger (...) Steuererstattungsansprüche" ergibt, dass Steuererstattungsansprüche im Zusammenhang mit allen Steuerarten von der Nachtragsverteilung erfasst sein sollen.
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Die BFH-Rechtsprechung zur Forderungspfändung, wonach die bloße Bezeichnung der gepfändeten Forderungen als "Steuererstattungsansprüche" nicht ausreicht und die Angabe der Steuerart, für die Erstattungsansprüche bestehen sollen, zur Identifizierung und Abgrenzung der zu pfändenden Forderungen regelmäßig erforderlich ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 188, 137, BStBl II 1999, 439; BFH-Urteil in BFHE 157, 32, BStBl II 1990, 35), ist --unabhängig davon, ob sie überhaupt auf die Anordnung der Nachtragsverteilung übertragen werden kann-- jedenfalls für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Durch die hohen Anforderungen an die Bestimmtheit der Pfändung sollen Unklarheiten in der Vollstreckung bzw. eine Verwechslung der Forderung ausgeschlossen werden. Unsicherheiten bei der Identifizierung der Erstattungsansprüche bestehen hier jedoch nicht.
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Auch die weiteren Umstände des Falls stellen die Bestimmtheit der Nachtragsverteilungsanordnung nicht in Frage. Es handelt sich um eine Verbraucherinsolvenz, bei der ausweislich des Schlussberichts vom 6. Januar 2010 nur Erstattungsansprüche aus Einkommensteuer in Betracht kommen. Erstattungsansprüche aus anderen Steuerarten sind nicht ersichtlich und allenfalls hypothetischer Natur.
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Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 16. Dezember 2010 10 K 15202/09 (EFG 2011, 1307) bzw. dem im anschließenden Revisionsverfahren ergangenen Senatsurteil in BFHE 236, 202, BStBl II 2012, 451. Auch wenn es dort vor allem um die Reichweite des Vorbehalts der Nachtragsverteilung und insbesondere um die Frage ging, ob dieser bereits den Insolvenzbeschlag einer vom Vorbehalt betroffenen Forderung bewirkt oder ob es insoweit auf die Anordnung der Nachtragsverteilung ankommt, hat der Senat den Beschluss des AG, der die Nachtragsverteilung für vor und während der Dauer des Insolvenzverfahrens begründete Ansprüche auf Steuererstattungen anordnete, als hinreichend bestimmt erachtet. Der Senat hat zwar darauf hingewiesen, dass "bestimmte" Gegenstände vorbehalten sein müssen. Dies ist jedoch nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die Steuerart im Anordnungsbeschluss zwingend genannt werden muss.
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4. Der Abrechnungsbescheid ist auch nicht als rechtmäßig anzusehen, weil der Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2009 dem Insolvenzschuldner und nicht der Klägerin erteilt worden ist.
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Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wieder auf den Insolvenzschuldner über, weshalb nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ergehende Steuerbescheide diesem bekannt zu geben sind. Der Insolvenzschuldner ist (dann wieder) Inhaltsadressat, weil die Festsetzung der Steuer ihm gegenüber als demjenigen, der den Steuertatbestand verwirklicht hat (§ 38 AO), wirken soll. Somit ist der festsetzende Teil des Einkommensteuerbescheids zu Recht dem ehemaligen Insolvenzschuldner gegenüber bekannt gegeben worden, weil er mit Abschluss des Insolvenzverfahrens am 22. Juni 2010 seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen wiedererlangt hat.
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Ergibt sich aus dem dem Erhebungsverfahren zuzurechnenden Abrechnungsteil des Steuerbescheids ein Erstattungsanspruch, der von der Nachtragsverteilung erfasst ist, sollte dieser auch dem Treuhänder bekannt gegeben werden. Eine Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs seitens des Treuhänders ist die Bekanntgabe jedoch nicht. Aus § 218 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt sich nicht, dass der Steuerbescheid an die Person gerichtet sein muss, die den Abrechnungsbescheid beantragt. Vielmehr können Bescheide nach § 218 Abs. 2 AO nicht nur im unmittelbaren Verhältnis zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen, sondern auch bei Streitigkeiten im Verhältnis zwischen dem Finanzamt und Dritten ergehen, sofern es sich um Streitigkeiten über einen Anspruch i.S. des § 218 Abs. 2 AO handelt (Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl., § 218 Rz 20, m.w.N.).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Kostenentscheidung des FG ist nicht zu berichtigen, weil das FG der Klägerin zu Unrecht eine Änderung ihres ursprünglich auf Auszahlung gerichteten Klageantrags in einen Aufhebungsantrag nahegelegt hat. Nach ihrem erkennbaren Klagebegehren hätte sie einen Abrechnungsbescheid beantragen müssen, in dem ein Erstattungsanspruch in Höhe von 349,01 € zu ihren Gunsten ausgewiesen wird.
Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Urteil, 20. Sept. 2016 - VII R 10/15
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Tenor
Der Abrechnungsbescheid vom 6. Januar 2011 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2011 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist zum einen streitig, ob ein Einkommensteuererstattungsanspruch aufgrund eines Nachtragsverteilungsbeschlusses des Insolvenzgerichts noch dem Insolvenzbeschlag unterlegen hat und daher nicht mit befreiender Wirkung an den Insolvenzschuldner hätte ausgezahlt werden dürfen. Zum anderen bestreitet der Beklagte die Berechtigung der Klägerin als vormalige Insolvenzverwalterin und jetzige Treuhänderin über das Vermögen des Insolvenzschuldners, gegen einen Abrechnungsbescheid vorzugehen, in dem das Erlöschen des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Auszahlung an den Insolvenzschuldner festgestellt wird.
3Mit Beschluss des Amtsgerichts K zum Aktenzeichen 1 war am ...07.2008 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn A (Insolvenzschuldner) eröffnet worden. Zur Treuhänderin über das Vermögen des Insolvenzschuldners wurde die Klägerin bestellt.
4Mit Beschluss vom 05.05.2010 wurde dem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO angekündigt. In dem Beschluss wurde ausgeführt, dass der Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung erlange, wenn er in der Laufzeit seiner Abtretungserklärung vom 09.06.2008 den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkomme und die Voraussetzungen für eine Versagung nach § 297 InsO oder § 298 InsO nicht vorlägen.
5Die bisherige Treuhänderin, die Klägerin, solle kraft Gesetzes die Aufgaben der Treuhänderin nach §§ 291 Abs. 2, 292 InsO wahrnehmen (§ 313 Abs. 1 Satz 2 InsO).
6Die Laufzeit der Abtretung habe mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am ...07.2008 begonnen und betrage sechs Jahre.
7Mit Beschluss des Amtsgerichts K vom ....06.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners mangels einer zu verteilenden Masse ohne Schlussverteilung aufgehoben (§ 200 InsO). In dem Beschluss heißt es weiter: „Hinsichtlich etwaiger - auf die Dauer des Insolvenzverfahrens entfallender - Steuererstattungsansprüche wird die Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1 InsO)“. Weiterhin wurde in dem Beschluss mitgeteilt, dass dem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden sei.
8Für den Veranlagungszeitraum 2009 nahm der Beklagte mit Einkommensteuerbescheid vom 13.12.2010 eine Zusammenveranlagung des Insolvenzschuldners und seiner Ehefrau vor, wobei in den Erläuterungen zu diesem Bescheid darauf hingewiesen wurde, dass die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung geschätzt worden seien.
9Dieser Bescheid weist im Abrechnungsteil einen Gesamterstattungsbetrag in Höhe von 596,10 € aus. Entsprechend dem Verhältnis der Lohnsteuerabzugsbeträge bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit der Eheleute (58,55 % zu 41,45 %) errechnete der Beklagte einen anteiligen Erstattungsanspruch des Insolvenzschuldners, der sich wie folgt zusammensetzte:
10Einkommensteuer 2009 |
= |
188,53 € |
Solidaritätszuschlag 2009 |
= |
60,86 € |
römisch/katholische Kirchensteuer 2009 |
= |
99,62 € |
Steuererstattungsanspruch insgesamt |
= |
349,01 € |
Diesen Gesamterstattungsbetrag zahlte der Beklagte an den Insolvenzschuldner unmittelbar aus und teilte dies der Klägerin am 16.12.2010 mit.
12Mit Schreiben vom 30.12.2010 forderte die Klägerin den Beklagten zur Auszahlung des Steuererstattungsbetrages auf das Treuhandkonto auf, da auf Grund der angeordneten Nachtragsverteilung dieser Betrag nicht mit schuldbefreiender Wirkung an den Insolvenzschuldner habe ausgezahlt werden können.
13Mit Schreiben vom 06.01.2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass über die Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis beträfen, die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO entscheide. Zur Klärung der Frage, ob der Beklagte den Einkommensteuererstattungsanspruch mit schuldbefreiender Wirkung an den Steuerpflichtigen ausgezahlt habe, ergehe daher der in der Anlage beigefügte Abrechnungsbescheid vom 06.01.2011.
14In diesem Abrechnungsbescheid weist der Beklagte den genannten Einkommensteuererstattungsanspruch aus und stellt fest, dass dieser durch Auszahlung an den Steuerpflichtigen erloschen sei. In den Erläuterungen dieses Abrechnungsbescheides führt der Beklagte aus, dass der Nachtragsverteilungsbeschluss des Amtsgerichts nicht hinreichend bestimmt sei, da weder Steuerart noch Zeitraum in diesem Beschluss angegebene seien. Daher habe die Steuererstattung mit schuldbefreiender Wirkung nur an den Insolvenzschuldner und nicht an die Masse erfolgen können.
15Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 08.02.2011 als unbegründet zurückwies. Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass der Beschluss des Insolvenzgerichts über die Nachtragsverteilung nicht hinreichend bestimmt gewesen sei, so dass der Beklagte diesem Beschluss nicht habe nachkommen können. Denn wie in einem Pfändungsbeschluss müsse die Anordnung der Nachtragsverteilung über Barmittel, Forderungen oder Vermögensgegenstände so bestimmt bezeichnet sein, dass diese von anderen unterschieden werden könnten und eine Verwechslung ausgeschlossen sei. Das Rechtsverhältnis, aus dem die Forderung hergeleitet werde, müsse zumindest in Umrissen angegeben werden. Diesen Anforderungen und Erfordernissen entspreche der Beschluss über die Nachtragsverteilung nicht, weil weder Steuerart noch Steuerjahr angegeben seien.
16Mit ihrer hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, gemäß § 203 Abs. 1 InsO ordne das Insolvenzgericht auf Antrag des Insolvenzverwalters oder von Amts wegen eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlusstermin unter anderem Beträge, die aus der Insolvenzmasse bezahlt seien, an diese zurückflössen. Sinn und Zweck der Nachtragsverteilung sei, dass Insolvenzgläubiger, deren Forderungen in das Schlussverzeichnis aufgenommen seien, auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch befriedigt werden könnten, sofern später zur Masse gehörende Beträge oder Gegenstände frei würden bzw. ermittelt werden könnten. Hierbei stehe die Aufhebung des Verfahrens der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen. Diese Vorschrift finde auch im Verbraucherinsolvenzverfahren Anwendung.
17Steuererstattungsansprüche seien vom Insolvenzbeschlag erfasst und zählten damit zur Insolvenzmasse gemäß § 35 InsO. Da die Insolvenzordnung auch den sogenannten Neuerwerb des Schuldners erfasse, unterfielen dem Insolvenzbeschlag nicht nur Steu-ererstattungsansprüche, die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung fällig seien, sondern auch solche, die erst im Laufe des Verfahrens bis zu dessen Aufhebung entstünden. Mit seinen Steuervorauszahlungen erwerbe der Steuerpflichtige eine Anwartschaft auf den am Ende des Veranlagungszeitraums entstehenden Steuererstattungsanspruch, der seinerseits wiederum in die Insolvenzmasse falle, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während dessen Dauer der ihn begründende Sachverhalt verwirklicht sei. Da der Auszahlungsanspruch jedoch erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes und nach Fertigung der Einkommensteuererklärung fällig werde, komme es im Rahmen der Abwicklung der Verbraucherinsolvenzverfahren regelmäßig vor, dass der Auszahlungsanspruch zu einem Zeitpunkt fällig werde, in dem - wie im Streitfall - das Insolvenzverfahren zwischenzeitlich aufgehoben und in die sogenannte Restschuldbefreiungsphase übergeleitet worden sei. Da der Steuererstattungsanspruch jedoch im Rahmen des eröffneten Insolvenzverfahrens erwirtschaftet worden sei und damit in die Insolvenzmasse falle, beziehe das Insolvenzgericht diesen Anspruch regelmäßig im Rahmen der sogenannten Nachtragsverteilung im Sinne des § 203 InsO in die Insolvenzmasse ein, damit der Insolvenzverwalter diesen Betrag auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch nachträglich zur Masse anfordern könne, um diese Erstattungsansprüche den Gläubigern nachträglich zukommen zu lassen.
18Dieses von der Insolvenzordnung vorgesehene Verfahren werde seit vielen Jahren auch hinsichtlich der Steuererstattungsansprüche der Insolvenzschuldner praktiziert und sei vom Beklagten bislang nicht beanstandet worden. Auf Grund gleichlautender Nachtragsverteilungsbeschlüsse des Insolvenzgerichts seien in den letzten Jahren seitens des Beklagten die jeweils in den Zeitraum der Dauer des Insolvenzverfahrens fallenden Steuererstattungsansprüche an die Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder ausgezahlt worden. Erst auf Grund einer internen Anweisung der Oberfinanzdirektion aus dem Jahre 2010 stehe der Beklagte auf dem Standpunkt, entsprechende Beschlüsse des Insolvenzgerichts seien nicht mehr zu beachten.
19Soweit der Beklagte im Streitfall geltend mache, dem Beschluss des Insolvenzgerichts vom ....06.2010 fehle es an der ausreichenden Bestimmtheit, so könne dieser Argumentation nicht gefolgt werden. Denn § 35 InsO regele eindeutig, dass das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehöre und das er während dieses Verfahrens erlange, erfasse. Eine Spezifizierung der Steuerart (Einkommen-, Umsatz-, Kfz-Steuer und dergleichen) im Rahmen des Beschlusses über die Anordnung der Nachtragsverteilung erübrige sich damit. Auch sei der Zeitraum eindeutig definiert, auf den sich die Nachtragsverteilung beziehe, nämlich auf die Dauer des Insolvenzverfahrens. Dies bedeute ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bis zur Aufhebung des Verfahrens. Da die Anordnung der Nachtragsverteilung im Rahmen des Aufhebungsbeschlusses erfolgt sei, sei für den Beklagten ohne weitere Recherche erkennbar gewesen, dass Steuererstattungsansprüche im vorliegenden Fall bis zum ....06.2010 - anteilig - massezugehörig seien. Soweit im Rahmen der Einspruchsentscheidung schließlich auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO) im Hinblick auf die Anforderungen, die an die Vollstreckbarkeit eines Titels zu stellen seien, verwiesen worden sei, ergebe sich hieraus nichts Gegenteiliges. Zur Bestimmung von Umfang und Grenzen der Rechtskraft diene grundsätzlich nicht nur die Urteilsformel gemäß § 322 ZPO, sondern auch Tatbestand und Entscheidungsgründe, wenn der Streitgegenstand und damit der Umfang der Rechtskraft abgegrenzt werden solle. Auch zur Bestimmbarkeit im Rahmen der Vollstreckbarkeit der streitigen Nachtragsverteilung ergebe sich aus den §§ 829 bis 835 ZPO keine anderweitige Beurteilung. Gemäß § 829 ZPO müsse die zu pfändende Forderung so bestimmt bezeichnet sein, dass feststehe, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sei, die bezeichnete Pfandforderung müsse von anderen unterschieden werden können, die Feststellung ihrer Identität müsse gesichert sein. Der Rechtsgrund der gepfändeten Forderung müsse deshalb in der Regel wenigstens in allgemeinen Umrissen erkennbar sein. Übermäßige Anforderungen seien für die Bezeichnung der Forderung, die gepfändet werden solle, allerdings nicht zu stellen, da der Gläubiger in der Regel die Verhältnisse des Schuldners nur oberflächlich kenne. Deshalb seien Ungenauigkeiten bei der Bezeichnung der Forderung unschädlich, wenn sie nicht Anlass zu Zweifeln geben würden, welche Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner bei der Pfändung gemeint sei. Eine Auslegung sei daher möglich.
20Vorliegend bedürfe es für den Beschluss über die Nachtragsverteilung faktisch keiner Auslegung, da der Umfang der Beschlagnahme, nämlich aller Steuererstattungsansprüchen, die während der Dauer des Insolvenzverfahrens entstanden seien, eindeutig definiert sei. Der Zeitraum der Beschlagnahme sei ebenfalls eindeutig bestimmt und für den Beklagten ohne große Anstrengung zu ermitteln (Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bzw. Aufhebung des Verfahrens).
21Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Insolvenzverfahren im Rahmen des Schlussberichts gegenüber dem Insolvenzgericht vom 06.01.2010 darauf hingewiesen worden sei, dass Einkommensteuererstattungen des Insolvenzschuldners der Jahre 2007 und 2008 zur Insolvenzmasse vereinnahmt worden seien. Da es sich vorliegend um ein sogenanntes Verbraucherinsolvenzverfahren handele, könnten anderweitige Steuererstattungsansprüche - etwa aus Umsatz- oder Körperschaftsteuer - erkennbar nicht zur Anwendung kommen. Da die Einkommensteuererstattungsbeträge aus den Einkommensteuerveranlagungen 2007 und 2008 seitens des Beklagten auch zur Masse gezahlt worden seien, sei für den Beklagten somit auf Grund der vorangegangenen Festsetzungen und Auszahlungen sowie aus dem Schlussbericht gegenüber dem Insolvenzgericht erkennbar gewesen, dass sich die Nachtragsverteilung, die durch das Insolvenzgericht am ....06.2010 angeordnet worden sei, nur auf die Einkommensteuererstattungsansprüche 2009 und - anteilig 2010 - des Insolvenzschuldners beziehen könne.
22Die Klägerin hat in der Klageschrift beantragt, unter Aufhebung des Abrechnungsbescheides den Beklagten zu verpflichten, den streitbefangenen Einkommensteuererstattungsanspruch an sie auszuzahlen.
23Sie beantragt nunmehr,
24den Abrechnungsbescheid vom 06.01.2011 und die Einspruchsentscheidung vom 08.02.2011 aufzuheben,
25sie regt an, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen,
28er regt an, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
29Er steht auf dem Standpunkt, dass der diese Erstattung ablehnende Abrechnungsbescheid bereits deshalb im Ergebnis rechtmäßig sei, weil die formellen Voraussetzungen des § 218 Abs. 1 AO nicht gegeben seien. Die Auskehrung eines Steuererstattungsanspruchs an die Insolvenzmasse setze nämlich eine an den Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder wirksam bekanntgegebene Steuerfestsetzung voraus, aus der sich der Erstattungsanspruch ergebe. Denn Grundlage für die Erstattung sei ein Steuerbescheid gemäß § 218 AO. Solange ein solcher wirksamer Steuerbescheid nicht existiere, könne der Insolvenzverwalter alleine aus diesem Grunde eine Auszahlung des Erstattungsbetrages an die Insolvenzmasse nicht begehren. Diese Grundsätze würden auch in den Fällen der Nachtragsverteilung uneingeschränkt gelten. Denn soweit eine Nachtragsverteilung wirksam angeordnet worden sei, bestehe die Insolvenzbeschlagnahme im Sinne des § 80 Abs. 1 InsO fort, mit der Folge, dass insoweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse weiterhin beim früheren Insolvenzverwalter lägen. Er sei deshalb im Bezug auf die betroffenen Gegenstände z.B. befugt, anhängige Prozesse weiter zu führen und erforderlichenfalls neue Prozesse anhängig zu machen. Soweit der Steuerer-stattungsanspruch ihm gegenüber jedoch noch nicht festgesetzt worden sei, habe der Insolvenzverwalter das Recht, einen Antrag auf Steuerfestsetzung zu stellen und - soweit erforderlich - die betreffenden Besteuerungsgrundlagen durch Abgabe einer Steuererklärung mitzuteilen. Sowohl ein Steuerbescheid über die Festsetzung des Erstattungsanspruchs als auch ein Bescheid über die Ablehnung des Antrags auf Steuerfestsetzung seien dem Insolvenzverwalter bekannt zu geben. Da im Streitfall ein Einkommensteuerbescheid für 2009 an die Klägerin nicht bekanntgegeben worden sei und deshalb die formellen Voraussetzungen für eine Erstattung nicht gegeben seien, erweise sich der Tenor des angefochtenen Abrechnungsbescheids bereits aus diesem Grunde als zutreffend.
30Die Klägerin könne den Erstattungsanspruch auch nicht aus dem an den vormaligen Insolvenzschuldner am 13.12.2010 bekanntgegebenen Einkommensteuerbescheid für 2009 herleiten. Denn dieser Bescheid habe den Regelungsinhalt, dass Erstattungsberechtigter eben nicht die Klägerin, sondern der Insolvenzschuldner persönlich sei. Deshalb sei es auch folgerichtig, dass die Erstattung an den vormaligen Insolvenzschuldner vorgenommen worden sei. Denn die Erstattungsberechtigung folge der formellen Bescheidlage.
31Selbst wenn die Klägerin nunmehr noch den Erlass eines an sie als Treuhänderin gerichteten Einkommensteuerbescheides für 2009 beantragen würde, könnte sie den begehrten Erstattungsanspruch dennoch nicht verlangen. Denn die Erstattung der Einkommensteuer an den Insolvenzschuldner am 16.12.2010 sei - mangels eines im Erstattungszeitpunkt hinreichend bestimmten Nachtragsverteilungsbeschlusses - mit schuldbefreiender Wirkung erfolgt. Die Wirksamkeit eines Nachtragsverteilungsbeschlusses setze unter anderem eine hinreichende Bestimmtheit des beschlagnahmten Erstattungsanspruchs voraus. Hierbei sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Nachtragsverteilung nicht die Fortdauer des Insolvenzbeschlags für sämtliche Vermögensgegenstände bewirke. Denn nach der Rechtsprechung des BGH werde von der Nachtragsverteilung nicht das gesamte Vermögen des Insolvenzschuldners, sondern nur der Betrag oder Vermögensgegenstand, auf den sich die Nachtragsverteilungsanordnung beziehe, erfasst. Diese beschränkte Beschlagnahmewirkung der Nachtragsverteilung sei deshalb auch nicht mit den umfassenden Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Sinne des § 35 Abs. 1 InsO vergleichbar. Gerade diese Tatsache mache es aber erforderlich, dass der Umfang der Beschlagswirkung durch eine hinreichende Bestimmung des jeweils betroffenen Vermögensgegenstands - wie bei einer Pfändung - ausreichend konkretisiert werde. Wegen der sich insoweit ergebenen Vergleichbarkeit der zugrunde liegenden rechtlichen Fragestellungen - hinreichende Bestimmtheit des von der Beschlagnahme bzw. von der Vollstreckung erfassten Erstattungsanspruchs - seien die von der Rechtsprechung zu § 46 AO entwickelten Anforderungen entsprechend auf die Nachtragsverteilungsbeschlüsse anzuwenden. So setze die Wirksamkeit einer Pfändung einer angeblichen Geldforderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner unter anderem die hinreichende Bestimmtheit der Bezeichnung der Forderung voraus. Die Forderung müsse so bestimmt bezeichnet sein, dass sie identifiziert und von anderen Forderungen unterschieden werden könne, und zwar nicht nur seitens des Vollstreckungsgläubigers, des Vollstreckungsschuldners sowie des Drittschuldners, sondern auch durch weitere Gläubiger. Dies erfordere regelmäßig die Angabe des Gegenstandes und Schuldgrundes der Forderung, wobei das zugrunde liegende Rechtsverhältnis wenigstens in allgemeinen Umrissen anzugeben sei. Diesen beschriebenen Anforderungen entsprechend sei von der Rechtsprechung des BFH für die Pfändung von Ansprüchen auf Rückgewähr von Steuern gefordert worden, dass Steuerart und Erstattungsgrund anzugeben seien. Die Voraussetzung der zweifelsfreien Bestimmbarkeit des gepfändeten Anspruchs sei erfüllt, wenn er nach Steuerart und Steuerabschnitt genau bezeichnet sei. Dagegen sei der zu pfändende Anspruch in keinem Fall hinreichend genau bestimmt, wenn der Beschluss weder Angaben zur Steuerart noch zum Steuerabschnitt enthalte. Allgemeine Formulierungen wie "Steuererstattungsansprüche", "Anspruch auf bereits beantragte oder künftige Steuererstattungen" seien nicht ausreichend. Das gleiche gelte, wenn zwar der Steuerabschnitt, nicht jedoch die Steuerart angegeben sei. Denn auch in diesen Fällen fehle es an der zweifelsfreien Bestimmbarkeit des gepfändeten Anspruchs. Angesichts der Vielzahl der in Betracht kommenden mit Steuerrechtsverhältnissen zusammenhängenden Zahlungsansprüche gegen ein Finanzamt sei daher zur Identifizierung und Abgrenzung eines zu pfändenden Erstattungsanspruchs die Angabe der Steuerart unentbehrlich.
32Ausgehend von diesen Grundsätzen sei der im Streitfall zu beurteilende Nachtragsverteilungsbeschluss des Amtsgerichts K nicht hinreichend bestimmt und entfalte deshalb keinen Insolvenzbeschlag, da er keine Angabe der Steuerart enthalte. Der Beklagte sei daher dazu verpflichtet gewesen, den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 13.12.2010 an den vormaligen Insolvenzschuldner bekanntzugeben und den sich daraus ergebenen Erstattungsanspruch an diesen auszukehren. Insbesondere sei der Beklagte auch nicht dazu verpflichtet gewesen, den nicht hinreichend bestimmten Nachtragsverteilungsbeschluss durch Hinzuziehung des Schlussberichts der Klägerin auszulegen. Denn der Umfang der von der Nachtragsverteilung erfassten Ansprüche müsse sich - wie bei einer Pfändungsverfügung - unmittelbar aus dem Beschluss ergeben. Der Adressat eines solchen Beschlusses sei hingegen nicht dazu verpflichtet, durch Beiziehung weiterer Unterlagen den Beschluss selber zu interpretieren und zu ermitteln, was das Amtsgericht bzw. der den Beschluss beantragende Insolvenzverwalter möglicherweise gemeint haben könnte.
33Das Gericht hat die Insolvenzakte des Amtsgericht K zum Aktenzeichen 1 beigezogen. Aus dieser Akte ist ersichtlich, dass die Klägerin mit Schlussbericht vom 06.01.2010 (Bl. 188 ff.) dem Insolvenzgericht mitgeteilt hat, dass Einkommensteuererstattungen des Insolvenzschuldners für die Jahre 2007 und 2008 zur Insolvenzmasse vereinnahmt worden sind.
34Entscheidungsgründe
35Die Klage hat insgesamt Erfolg.
36I. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Klage zulässig. Insbesondere wird die Klägerin durch den angefochtenen Abrechnungsbescheid in ihren Rechten verletzt, sodass ihre Klagebefugnis im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO gegeben ist. Der hiergegen gerichtete Einwand des Beklagten, wonach der angegriffene Abrechnungsbescheid seinem Tenor nach selbst dann rechtmäßig wäre, wenn der streitbefangene Nachtragsverteilungsbeschluss entsprechend der Rechtsauffassung der Klägerin hinreichend bestimmt wäre, ist nicht durchgreifend.
371. Nach § 218 Abs. 2 AO wird über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, durch Verwaltungsakt, den sogenannten Abrechnungsbescheid, entschieden. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch betrifft, bei dem es sich nach § 37 Abs. 1 AO ebenfalls um einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis handelt. Gegenstand des Abrechnungsbescheides ist die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens reiner Zahlungsansprüche. Er entscheidet, inwieweit bestimmte Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis noch bestehen oder durch einen der in § 47 AO aufgeführten Erlöschenstatbestände ganz oder teilweise erloschen sind (vgl. BFH Urteil vom 28.02.2012 VII R 36/11, BStBl. II 2012, 451).
38Besteht Streit über die Verwirklichung bestimmter Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, besteht auch ein Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids, den die zuständige Finanzbehörde von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen zu erlassen hat, der vom Finanzamt auf Zahlung in Anspruch genommen wird oder der vom Finanzamt eine Erstattung begehrt. Ein Abrechnungsbescheid ist insbesondere dann zu erlassen, wenn hinsichtlich Steuererstattungsansprüchen als Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis Uneinigkeit über ihre Verwirklichung zwischen der Finanzbehörde und dem Erstattungsberechtigten besteht.
39Beansprucht daher z.B. ein Insolvenzverwalter die Zugehörigkeit eines Erstattungsanspruchs zur Insolvenzmasse im Wege der Nachtragsverteilung und die Zahlung des entsprechenden Betrages an die Insolvenzmasse, weil dieser, anders als die Finanzbehörde meint, dem Insolvenzbeschlag unterfällt, liegen die Voraussetzungen für den Erlass eines diesen Erstattungsanspruch betreffenden Abrechnungsbescheids vor. Denn auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzverwalter am Steuererhebungsverfahren beteiligt, soweit die Zugehörigkeit nachträglich entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zur Insolvenzmasse im Streit ist (vgl. BFH Urteil vom 28.02.2012 VII R 36/11, a.a.O.).
40Grundsätzlich wird durch den Abrechnungsbescheid festgestellt, ob und in welcher Höhe eine bestimmte Zahlungsverpflichtung des Steuerpflichtigen oder des Finanzamts zu einem bestimmten Stichtag verwirklicht, d.h. erloschen ist im Sinne des § 47 AO.
41Inhaltlich ist der Abrechnungsbescheid dabei auf die Feststellung beschränkt, ob der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erloschen ist. Da mit dem Abrechnungsbescheid über die Frage entschieden wird, ob ein Steueranspruch erloschen ist, muss ihm im Zweifel entnommen werden können, ob und gegebenenfalls wodurch die streitige Zahlungsverpflichtung verwirklicht wurde. Der Steuerpflichtige muss aus dem Abrechnungsbescheid also erkennen können, welche Steuerforderung durch welche Tilgungshandlung erloschen ist bzw. mangels Tilgungshandlung noch besteht. Sind sich Finanzbehörde und Steuerpflichtige zwar einig, dass die Steuerforderung erloschen ist, besteht aber Streit über den Erlöschensgrund, hat die Finanzbehörde den ihrer Meinung nach zutreffenden Erlöschensgrund durch Abrechnungsbescheid festzustellen. (vgl. Koenig/Intemann, Kommentar zur Abgabenordnung, 3. Auflage 2014, § 218 Rn. 39; Klein/Rüsken, Kommentar zur Abgabenordnung, 12. Auflage 2014, § 218 Rn. 30).
42Ein Abrechnungsbescheid kommt danach unter anderem in Betracht bei Streit über die befreiende Zahlung an einen Dritten, die Auszahlung an den richtigen Erstattungsberechtigten bzw. hinsichtlich der Frage, ob der Erstattungsanspruch erfüllt worden ist oder nicht (vgl. Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung, Stand März 2010, § 218 Rn. 84 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH).
432. Im Streitfall kann die Klägerin geltend machen, durch den angegriffenen Abrechnungsbescheid in ihren Rechten im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO verletzt zu sein, da dieser in seinem Tenor die Aussage und mithin konkrete Feststellung trifft, dass der Einkommensteuererstattungsanspruch des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2009 durch Auszahlung an diesen erloschen ist und diese Feststellung auch gegenüber der Klägerin getroffen worden ist und ihr gegenüber Rechtswirkungen entfaltet.
44Soweit der Beklagte demgegenüber eingewandt hat, der Tenor des angegriffenen Abrechnungsbescheids sei auf alle Fälle rechtmäßig, da er nur die Feststellung beinhalte, dass der Klägerin kein Erstattungsanspruch zustehe, so kann sich der Senat dem nicht anschließen.
45Dass der Klägerin sowohl nach ihrer eigenen Rechtsauffassung - die sie inzwischen eingenommen hat - als auch nach der Rechtsmeinung des Beklagten kein Anspruch auf die Auszahlung des Einkommensteuererstattungsbetrages des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2009 zusteht, ändert nichts an ihrer Beschwer im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO. Denn nach dem Rechtsvortrag der Klägerin hat der Nachtragsverteilungsbeschluss zu einer wirksamen Insolvenzbeschlagnahme dieses Erstattungsanspruchs geführt, sodass ein entsprechender Einkommensteuerbescheid nur ihr gegenüber wirksam hätte bekannt gegeben werden können. Da aber ein Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2009 ihr gegenüber nicht bekanntgegeben worden ist, sondern lediglich gegenüber dem Insolvenzschuldner, ohne einen entsprechenden Steuerbescheid gemäß § 218 Abs. 1 AO aber auch ein aus Überzahlungen resultierender Steuererstattungsanspruch nicht geltend gemacht werden kann (vgl. Koenig/Intemann, Kommentar zur Abgabenordnung, 3. Auflage 2014, § 218 Rn. 10; Klein/Rüsken, Kommentar zur Abgabenordnung, 12. Auflage 2014, § 218 Rn. 5), besteht ein solcher Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Erstattungsanspruchs ‑ zumindest derzeit - nicht.
46Nach dem Rechtsvortrag des Beklagten besteht ein solcher Erstattungsanspruch der Klägerin hingegen deshalb nicht, weil wegen der Unbestimmtheit des Nachtragsverteilungsbeschlusses kein wirksamer Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Einkommensteuererstattungsanspruchs des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2009 eingetreten ist, sodass der Einkommensteuerbescheid diesem gegenüber wirksam bekanntgegeben worden ist und der hieraus resultierenden Erstattungsbetrag mit schuldbefreiender Wirkung an diesen ausgezahlt werden konnte.
47Entgegen der Auffassung des Beklagten enthält der Tenor des angegriffenen Abrechnungsbescheides jedoch nicht lediglich die Feststellung, der Klägerin stehe ein solcher Erstattungsanspruch nicht zu. Vielmehr wird im Rahmen dieses Abrechnungsbescheides mit Wirkung für alle Beteiligten, also sowohl für die Finanzbehörde als auch für den Insolvenzschuldner und auch für den Insolvenzverwalter als potentiellen - weiteren - Erstattungsberechtigen festgestellt, dass der betreffende Erstattungsanspruch zum einen durch einen wirksam bekanntgegebenen Einkommensteuerbescheid die nach § 218 Abs. 1 AO erforderliche formelle Grundlage besitzt und zum anderen durch eine schuldbefreiende Zahlung an den Insolvenzschuldner gemäß § 47 AO erloschen ist.
48Diese Feststellung wäre jedoch bereits im Hinblick darauf, dass der Einkommensteuerbescheid 2009 im Falle eines durch den Nachtragsverteilungsbeschluss eingetretenen Insolvenzbeschlags an die Klägerin hätte bekanntgegeben werden müssen und mithin ein entsprechender Erstattungsanspruch als formelle Grundlage für seine Geltendmachung noch gar nicht existiert, unzutreffend.
49Der angegriffene Abrechnungsbescheid beschränkt sich daher in seinem Tenor nicht lediglich auf die als solche an sich nicht unzutreffende Feststellung, dass der Klägerin ein solcher Erstattungsanspruch nicht zusteht. Er umfasst vielmehr desweiteren auch die Feststellung des Erlöschensgrundes im Sinne des § 47 AO, nämlich die Verwirklichung des Erstattungsanspruchs durch Auszahlung an den Insolvenzschuldner. Gerade diese Feststellung im Tenor des Abrechnungsbescheides ist jedoch unzutreffend, wenn der Erstattungsanspruch in den Insolvenzbeschlag gefallen ist und mithin weder der Einkommensteuerbescheid 2009 dem Insolvenzschuldner wirksam bekannt gegeben, noch die Auszahlung des Erstattungsbetrages an ihn mit schuldbefreiender Wirkung vorgenommen werden konnte, also nicht zu einem Erlöschen führen konnte.
50II. Die Klage ist auch begründet. Denn zu Unrecht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass der Nachtragsverteilungsbeschluss des Amtsgerichts K vom ....06.2010 nicht hinreichend bestimmt gewesen sei und der Einkommensteuererstattungsanspruch des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2009 daher nicht dem Insolvenzbeschlag unterlegen habe. Die Feststellung im angegriffenen Abrechnungsbescheid, wonach der streitbefangene Einkommensteuererstattungsanspruch durch Zahlung mit schuldbefreiender Wirkung an den Insolvenzschuldner erloschen ist, ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
51Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist rechtswidrig, da die in seinem Tenor enthaltene Feststellung, dass der Einkommensteuererstattungsanspruch des Insolvenzschuldners für 2009 durch Auszahlung dieses Erstattungsbetrages an ihn verwirklicht worden und mithin erloschen ist im Sinne des § 47 AO, unzutreffend ist. Denn nach §§ 37 Abs. 2, 47 AO erlischt ein Steuererstattungsanspruch nur, wenn die Finanzbehörde das Guthaben dem nach dem materiellen Steuerrecht Erstattungsberechtigten ausgezahlt hat.
52Denn aufgrund des hinreichend bestimmten Nachtragsverteilungsbeschlusses des Amtsgerichts K unterfiel der Erstattungsanspruch dem Insolvenzbeschlag, sodass dieser nicht mit befreiender Wirkung an den Insolvenzschuldner ausgezahlt werden konnte.
531. Zur Insolvenzmasse, über die der Insolvenzschuldner gem. § 80 der Insolvenzordnung kein Verwaltungs- und Verfügungsrecht hat, gehört nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung sowohl des BFH als auch des BGH hinsichtlich der Zugehörigkeit von Ansprüchen zur Insolvenzmasse nicht auf den Zeitpunkt der Vollrechtsentstehung an, sondern auf den Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist. Ein Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen gehört daher zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist.
54Der Rechtsgrund für eine Erstattung der Einkommensteuer wird bereits mit der Leistung der entsprechenden Vorauszahlungen gelegt, denn bereits in diesem Zeitpunkt erlangt der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Erstattung der Vorauszahlungen unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer ist als die Summe der Vorauszahlungen.
55Werden erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens Ansprüche des Schuldners ermittelt, die vor oder während des Insolvenzverfahrens in insolvenzrechtlicher Hinsicht begründet wurden und somit zur Insolvenzmasse gehörten, können sie Gegenstand einer Nachtragsverteilung gem. § 203 Abs. 1 InsO sein. Wird die Nachtragsverteilung angeordnet, so besteht die Insolvenzbeschlagnahme im Sinne des § 80 Abs. 1 InsO fort, mit der Folge, dass insoweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis weiterhin beim früheren Insolvenzverwalter liegt (vgl. BFH Urteil vom 28.02.2012 VII R 36/11, a.a.O.).
562. Im Streitfall hat der Nachtragsverteilungsbeschluss des Amtsgerichts K vom ....06.2010, mit dem hinsichtlich etwaiger - auf die Dauer des Insolvenzverfahrens entfallender - Steuererstattungsansprüche die Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 InsO angeordnet wurde, zu einer Beschlagnahme des Einkommensteuererstattungsanspruchs für das Jahr 2009 nach § 80 Abs. 1 InsO geführt.
57Entgegen der Auffassung des Beklagten, die sich maßgeblich auf die Verwaltungsanweisung im AEAO zu § 251 Nr. 14 stützt, ist dieser Nachtragsverteilungsbeschluss nicht zu unbestimmt und daher nicht unwirksam im Hinblick auf die gegenständliche Erfassung der Steuererstattungsansprüche.
58a) Der Senat geht aus den nachfolgenden Gründen von einer ausreichenden Bestimmtheit derjenigen Steuererstattungsansprüche aus, die durch den Nachtragsverteilungsbeschluss vom ....06.2010 erfasst worden sind.
59aa) So ist es für die zeitliche Konkretisierung ausreichend, dass der Beschluss die „auf die Dauer des Insolvenzverfahrens entfallenden“ Steuererstattungsansprüche der Nachtragsverteilung und damit dem Insolvenzbeschlag unterstellt.
60Damit ist für alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere auch die Finanzverwaltung aufgrund der öffentlichen Bekanntmachung der Insolvenzeröffnung (§ 30 InsO) und der Aufhebung (§ 200 InsO) oder Einstellung (§ 215 InsO) des Insolvenzverfahrens ersichtlich geworden, dass es im Streitfall um diejenigen Steuererstattungsansprüche gegangen ist, die während der Dauer des Insolvenzverfahrens zwischen dem...07.2008 und dem ....06.2010 entstanden sind.
61bb) Aber auch in gegenständlicher Hinsicht ist der Nachtragsverteilungsbeschluss des Amtsgerichts K vom ....06.2010 hinreichend bestimmt.
62aaa) Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Bundesfinanzhof die Wirksamkeit der Pfändung eines Steuererstattungsanspruchs nach § 46 Abs. 6 AO u.a. von der hinreichenden Bestimmtheit der Bezeichnung der zu pfändenden Forderung abhängig macht. Die Forderung muss dabei so bestimmt bezeichnet sein, dass sie identifiziert und von anderen Forderungen unterschieden werden kann, und zwar nicht nur seitens des Vollstreckungsgläubigers, des Vollstreckungsschuldners sowie des Drittschuldners, sondern auch durch weitere Gläubiger. Dies erfordert nach Auffassung des BFH regelmäßig die Angabe des Gegenstandes und des Schuldgrundes der Forderung, wobei das zugrundeliegende Rechtsverhältnis wenigstens in allgemeinen Umrissen anzugeben ist.
63Welche Anforderungen jeweils zu stellen sind, hängt danach von den Umständen des Einzelfalls ab. Zur Auslegung dürfen nur objektive Gesichtspunkte herangezogen werden, die sich aus dem Inhalt des Pfändungsbeschlusses ergeben oder offenkundig sind.
64Diesen Anforderungen entsprechend wird für die Pfändung von Ansprüchen auf Rückgewähr von Steuern verlangt, dass Steuerart und Erstattungsgrund angegeben werden. Dabei ist die generelle Bezeichnung der gepfändeten Forderung als „Steuererstattungsansprüche“ nach Auffassung des BFH nichtssagend und unbestimmt (vgl. BFH Urteile vom 01.06.1989 V R 1/84, BStBl. II 1990, 35; vom 01.04.1999 VII R 82/98, BStBl. II 1999, 439; vom 12.07.2001 VII 19, 20/00, BStBl. II 2002, 67).
65Dagegen wird vom BFH in seiner bisherigen Rechtsprechung eine ausdrückliche Bezeichnung des gepfändeten Steuererstattungsanspruchs nach dem Veranlagungszeitraum nicht verlangt. Der Bundesfinanzhof hält eine solche Angabe vielmehr für entbehrlich.
66bbb) Der Senat hält jedoch diese für die Pfändung von Steuererstattungsansprüchen geltenden strengen Anforderungen für deren ausreichend bestimmte Bezeichnung im Anwendungsbereich der insolvenzrechtlichen Nachtragsverteilungsbeschlüsse gemäß § 203 Abs. 1 InsO für nicht geboten.
67Der Unterschied zwischen einem insolvenzrechtlichen Nachtragsverteilungsbeschluss und einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss besteht zunächst einmal darin, dass bei Letzterem der einzelne Gläubiger in seinem eigenen Interesse handelt und daher eigenständig entscheiden kann und muss, welche Ansprüche seines Schuldners er im Einzelnen pfänden möchte. Dagegen obliegt es sowohl dem Insolvenzgericht von Amts wegen als auch dem Insolvenzverwalter kraft seiner Pflichtenstellung, dafür Sorge zu tragen, dass im Interesse der Gläubigergemeinschaft sämtliche denkbaren Ansprüche und Vermögensgegenstände auch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens noch zur Insolvenzmasse gezogen werden. Gerade dieses Handeln im Eigeninteresse gegenüber einem pflichtgebundenen Handeln im Gemeinschaftsinteresse rechtfertigt es, dass der Pfändungsgläubiger im Interesse aller Beteiligter, insbesondere auch gegenüber den übrigen Gläubigern, zu erkennen gibt, welche Steuerforderung er nun im Einzelnen pfänden möchte.
68Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass nach § 46 Abs. 6 AO die Pfändung eines Steu- ererstattungsanspruchs nur dann wirksam ist, wenn im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bzw. der Pfändungs- und Einziehungsverfügung dieser Anspruch bereits entstanden ist. Da dieser Entstehungszeitpunkt je nach Art der Überzahlung durch Vorauszahlungen oder Steuerabzug und je nach Steuerart durchaus unterschiedlich sein kann, besteht die Notwendigkeit klarzustellen, welcher Steuererstattungsanspruch von der Pfändung erfasst werden soll. Nur auf diesem Wege kann festgestellt werden, ob der betreffende Steuererstattungsanspruch im Zeitpunkt der Pfändung bereits entstanden war, die Pfändung mithin wirksam ist.
69Ein solches Erfordernis besteht im Rahmen des Erlasses eines Nachtragsverteilungsbeschlusses nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 - 3 InsO hingegen nicht. In den Insolvenzbeschlag aufgenommen werden können vielmehr auch zukünftig entstehende Forderungen, soweit in ausreichendem Maße erkennbar ist, dass es sich um Beträge im Sinne des § 203 Abs. 1 Nr. 1 - 3 InsO handelt, die also entweder zurückbehalten wurden, aus der Insolvenzmasse gezahlt wurden und nunmehr - nach Beendigung des Insolvenzverfahrens - an diese zurückfließen oder die als Gegenstände der Masse nachträglich ermittelt worden sind (vgl. Hintzen in Münchener Kommentar zur InsO, 3. Auflage 2013, § 203 Rn. 12 ff.; Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, 13, Auflage 2010, § 203 Rn. 4 ff.; Schmidt/Jungmann, Kommentar zur InsO, 18. Auflage 2013, § 203 Rn. 3 ff.). Entscheidend ist somit, dass es sich um Vermögensgegenstände handelt, die zur Insolvenzmasse gehören, also nicht zum insolvenzfreien Vermögen und ihren Entstehungsgrund in der Zeit vor oder während des Insolvenzverfahrens haben, und die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erst jetzt, nach Beendigung des Insolvenzverfahrens, für eine Verteilung zur Verfügung stehen.
70War dem Insolvenzgericht aber aus dem Schlussbericht der Klägerin vom 06.01.2010 bekannt, dass es für die Vorjahre 2007 und 2008 zu Einkommensteuererstattungen gekommen ist, so bestand für das Insolvenzgericht auch die konkrete Möglichkeit, dass es auch für 2009 zu einer entsprechenden Einkommensteuererstattung kommen würde. Mithin konnte das Insolvenzgericht einen solchen Steuererstattungsanspruch auch unabhängig vom Zeitpunkt seiner konkreten Entstehung in die Nachtragsverteilung mit einbeziehen.
71Berücksichtigt man dabei, dass sowohl das Insolvenzgericht als auch der Insolvenzverwalter in jeder Phase eines Insolvenzverfahrens auf die berechtigten Interessen der Gläubiger angemessen Rücksicht zu nehmen haben, um sich nicht dem Vorwurf der Amtspflichtverletzung (vgl. zu den Aufsichtspflichten des Insolvenzgerichts § 58 InsO) bzw. der Gefahr einer Haftungsinanspruchnahme (vgl. zur Haftung des Insolvenzverwalters § 60 Abs. 1 InsO) gegenüber den Gläubigern aussetzen, so wird erkennbar, dass sowohl das Insolvenzgericht als auch der Insolvenzverwalter im Rahmen der Nachtragsverteilung dafür Sorge tragen müssen, dass alle möglichen und denkbaren Vermögensgegenstände - nach der Terminologie des § 203 Abs. 1 InsO „Beträge“ - , die noch zur Insolvenzmasse zählen, weil sie nicht zum insolvenzfreien Vermögen gehören und vor oder während des Insolvenzverfahrens entstanden sind, im Rahmen der Nachtragsverteilung in den Insolvenzbeschlag einbezogen werden.
72Von daher können weder das Insolvenzgericht noch der Insolvenzverwalter zuwarten, bis ihnen durch Befragen des Insolvenzschuldners, aus den Gesamtumständen oder anderen Erkenntnisquellen bekannt wird, dass der Insolvenzschuldner möglicherweise noch Steuererstattungsansprüche aus der Einkommensteuer oder einer anderen Steuerart zustehen. Unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens eines solchen Steuererstattungsanspruchs ist es vielmehr die Pflicht und die Aufgabe von Insolvenzgericht und Insolvenzverwalter, durch einen frühzeitigen Nachtragsverteilungsbeschluss den Insolvenzbeschlag und damit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters - trotz Beendigung des Insolvenzverfahrens - über alle in Betracht kommenden Steuererstattungsansprüche wieder herzustellen, sodass eine etwaige Steuererstattung zur Insolvenzmasse eingezogen werden kann. Denn ein Zuwarten mit einem entsprechenden Nachtragsverteilungsbeschluss eröffnet dem Insolvenzschuldner die Möglichkeit durch Abgabe einer Steuererklärung einen wirksamen Steuerbescheid und eine schuldbefreiende Auszahlung eines Steuererstattungsbetrages an sich selbst zu erwirken.
73Obliegt damit dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter die Pflicht, dafür zu sorgen, dass sämtliche zur Insolvenzmasse gehörenden Steuererstattungsansprüche in den Insolvenzbeschlag mit einbezogen werden, und wäre für diese Einbeziehung die ausdrückliche Benennung der jeweiligen Steuerart im Nachtragsverteilungsbeschluss erforderlich, so müssten Insolvenzgericht und Insolvenzverwalter zur Vermeidung von Pflichtverletzungen und Haftungsinanspruchnahmen vorbeugend bzw. zur Sicherheit im Nachtragsverteilungsbeschluss die Steuererstattungsansprüche aller denkbaren Steuerarten aufführen.
74Da das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit der von einem Nachtragsverteilungsbeschluss erfassten Steuererstattungsansprüche keinen Selbstzweck darstellt, sondern den schutzwürdigen Interessen der Verfahrensbeteiligten und gegebenenfalls des Rechtsverkehrs allgemein dienen soll, wäre ein solches Erfordernis nur zu rechtfertigen, wenn ansonsten die Finanzverwaltung sich in diesen Fällen regelmäßig der Gefahr aussetzen würde, Steuererstattungen ohne schuldbefreiende Wirkung an den Insolvenzschuldner auszuzahlen und sich um deren Rückerstattung bei diesem mit ungewissem Erfolg bemühen zu müssen.
75Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass anders als die Eröffnung, Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens, der Nachtragsverteilungsbeschluss nicht öffentlich bekannt gemacht wird, sondern nach § 204 Abs. 2 InsO nur dem Insolvenzverwalter, dem Insolvenzschuldner und, wenn ein Gläubiger die Nachtragsverteilung beantragt hat, diesem Gläubiger zugestellt wird (in welchen Fällen eine öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen hat, regelt die Insolvenzordnung im Einzelfall, vgl. Schmidt/Stephan, Kommentar zur InsO, 18. Auflage 2013, § 9 Rn. 4; Ganter/Lohmann in Münchener Kommentar zur InsO, 3. Auflage 2013, § 9 Rn. 7 ff.).
76Selbst wenn daher ein Nachtragsverteilungsbeschluss die Steuererstattungsansprüche einer bestimmten Steuerart aufführt, müsste auch dann noch die Finanzverwaltung durch eigene innerorganisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass diese Sach- und Rechtslage der zuständigen Stelle der Finanzverwaltung rechtzeitig bekannt wird, bevor der Erstattungsbetrag ausgezahlt wird.
77Zwar trifft es zu, dass die konkrete Benennung einer Steuererstattung z.B. im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer oder Grunderwerbsteuer im Nachtragsverteilungsbeschluss der Finanzverwaltung eher Veranlassung geben würde, die zuständigen Stellen, die zumeist zentralisiert sind und sich in der Regel nicht beim Wohnsitzfinanzamt des Steuerschuldners befinden, gezielt zu informieren. Andererseits werden aber auch diese Stellen über die Eröffnung und Beendigung des Insolvenzverfahrens informiert werden, da sie in der Zwischenzeit gegenüber dem Insolvenzschuldner keine Verwaltungsakte mehr wirksam erlassen können und nach der öffentlichen Bekanntmachung der Insolvenzeröffnung nach § 82 InsO auch keine Steuererstattungen mehr mit befreiender Wirkung an diesen erbringen können.
78Sind diese Stellen aber von der Eröffnung und Beendigung des Insolvenzverfahrens zeitgerecht zu informieren, so muss dies auch für die Mitteilung über einen Nachtragsverteilungsbeschluss gelten, unabhängig davon, ob dieser Beschluss z.B. die Kraftfahrzeugsteuer ausdrücklich anspricht. Gesichtspunkte der Praktikabilität stehen dem nicht entgegen. Denn auch der Finanzverwaltung ist bekannt, dass es der Pflicht sowohl des Insolvenzgerichts als auch des Insolvenzverwalters entspricht, sämtliche zur Insolvenzmasse gehörenden Steuererstattungsansprüche im Interesse der Gläubigergemeinschaft in den Insolvenzbeschlag mit einzubeziehen. Angesichts dieser umfassenden Verpflichtung ist es aber zwangsläufig, dass sich ein Nachtragsverteilungsbeschluss, der sich auf die während der Dauer des Insolvenzverfahrens entfallenden Steuererstattungsansprüche bezieht, die Steuererstattungsansprüche hinsichtlich aller Steuerarten meint. Vielmehr sind keine sachlichen Gründe dafür erkennbar, dass insoweit einzelne Steuerarten nicht erfasst sein sollten.
79Der Senat geht somit davon aus, dass es den schutzwürdigen Interessen der Finanzverwaltung nicht zuwiderläuft, wenn diese durch innerorganisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen hat, dass nicht nur die Insolvenzeröffnung und deren Beendigung allen hiervon betroffenen Stellen zur Kenntnis gebracht wird, sondern dass auch ein Nachtragsverteilungsbeschluss in identischer Art und Weise allen beteiligten Behörden bekannt gegeben werden muss. Genauso wie die Finanzverwaltung bei der Insolvenzeröffnung intern klären muss, welche Stellen außer dem Wohnsitzamt zu informieren sind, muss dies auch für die Information bezüglich eines Nachtragsverteilungsbeschlusses gelten. Die Pflicht zur internen Information über den Nachtragsverteilungsbeschluss entspricht insoweit nur spiegelbildlich dem Informationsverhalten anlässlich der Insolvenzeröffnung.
80Abgesehen davon geht es in diesem Fall ja nicht nur um die schuldbefreiende Auszahlung des Steuererstattungsanspruchs, sondern auch um die Frage, ob auch ein wirksamer Bescheid, der die formelle Grundlage im Sinne des § 218 Abs. 1 AO für den Erstattungsanspruch und seine Auszahlung bildet, gegenüber dem Insolvenzschuldner ergehen konnte, oder gegenüber dem Insolvenzverwalter hätte ergehen müssen.
81Dies bedeutet, dass ebenso wie die betreffenden Stellen der Finanzverwaltung, die die Kraftfahrzeugsteuer oder Grunderwerbsteuer oder andere Steuerarten verwalten, während der Dauer des Insolvenzverfahrens keine Steuererstattungen mit befreiender Wirkung an den Insolvenzschuldner auszahlen können, können sie dies auch nicht im Anschluss an die Beendigung eines Insolvenzverfahrens tun, soweit diese Erstattungsansprüche auf Zeiträume entfallen, die zum Neuerwerb nach § 35 InsO gehören und mit dem Insolvenzbeschlag belegt sein könnten, soweit eine Nachtragsverteilung angeordnet worden ist. Die Finanzverwaltung insgesamt ist in diesen Fällen durch das Insolvenzverfahren als solches bereits hinreichend „sensibilisiert“, sodass man auch nach dessen Beendigung verlangen kann, dass vor der Auszahlung von Steuererstattungsansprüchen, die in den Insolvenzzeitraum fallen, geklärt wird, ob für diese eine Nachtragsverteilung beschlossen worden ist. Dieses Vorgehen bietet sich schon im Hinblick auf den wirksamen Erlass eines Steuerbescheides an.
82Von dieser Pflicht zur umfassenden Information aller Stellen der Finanzverwaltung über den Nachtragsverteilungsbeschluss würde der Senat die Finanzbehörden nur dann entbunden sehen, wenn im Nachtragsverteilungsbeschluss nur die Steuererstattungsansprüche einer bestimmten Steuerart angesprochen wären. Dann würde sich angesichts dieser sachlichen Einschränkung der Insolvenzbeschlag tatsächlich auf diese Steuerart beschränken und die Information anderer Stellen sich erübrigen.
83b) Der Beklagte kann sich für seine Rechtsauffassung nicht auf einschlägige Entscheidungen der Finanz- und Zivilgerichte berufen.
84So trifft es zwar zu, dass dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 28.08.2014 (8 K 3677/13 E, juris) sowie dem Beschluss des BGH vom 13.02.2014 (IX ZB 23/13, BFH/NV 2014, 1008), Nachtragsverteilungsbeschlüsse zugrundelagen, in denen die Nachtragsverteilung hinsichtlich solcher Steuererstattungsansprüche angeordnet wurde, die der Steuerart und dem Veranlagungszeitraum nach konkretisiert waren. Die Entscheidungen verhielten sich aber zu anderweitigen Problemstellungen - nämlich zum Insolvenzbeschlag des Neuerwerbs bei Restschuldbefreiung und Ablauf der Abtretungsfrist bzw. zu den steuerlichen Pflichten des Treuhänders bei angeordneter Nachtragsverteilung. Die Entscheidungen enthielten jedoch keine Aussage dazu, in welchem Umfang Steuererstattungsansprüche in einem Nachtragsverteilungsbeschluss gegenständlich und zeitlich näher bezeichnet werden müssen. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich diesen Entscheidungen somit nicht entnehmen, dass ein Nachtragsverteilungsbeschluss, der sich auf Steuererstattungsansprüche bezieht, nur dann hinreichend bestimmt ist, wenn die Steuerart und der Veranlagungszeitraum benannt werden.
85Demgegenüber ist vielmehr darauf hinzuweisen, dass sowohl das Finanzgericht Berlin Brandenburg in der Entscheidung vom 16.12.2010 (10 K 15202/09, EFG 2011, 1307) als auch der BFH in der Nachfolgeentscheidung vom 28.02.2012 (VII R 36/11, a.a.O.) einen Vorbehalt der Nachtragsverteilung hinsichtlich vor und während der Dauer des Insolvenzverfahrens begründeter Ansprüche auf Steuererstattung als ausreichend bestimmt angesehen haben. Die betreffenden Entscheidungen lassen gerade nicht erkennen, dass insoweit eine konkretisierende Angabe der Steuerart bzw. des Veranlagungszeitraums als erforderlich angesehen wurde. Auch das FG Köln (Urteil vom 06.08.2014, 12 K 791/11) hat eine Bezugnahme des Nachtragsverteilungsbeschlusses auf „eventuelle“ Erstattungsansprüche als ausreichend bestimmt angesehen, da diese Formulierung den Betroffenen die einfache Ermittlung der insoweit relevanten Erstattungsansprüche ermögliche (auch Lissner, BB 2013, 1495, sieht es als selbstverständlich an, dass die Nachtragsverteilung alle in Betracht kommenden Steuererstattungsansprüche erfasst; danach stellt die Benennung „aller“ Steuerarten in dem Beschluss einen übertriebenen „Formalismus“ dar).
86III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Dass die Klägerin ursprünglich neben der Aufhebung des Abrechnungsbescheides die Auszahlung des Erstattungsbetrages an sich beantragt hat und dieses Begehren im Verlaufe des Verfahrens nicht weiter verfolgt hat, führt nur zu einem geringfügigen Unterliegen, da die maßgebliche Bedeutung des vorliegenden Verfahrens in der Entscheidung über die Aufhebung des Abrechnungsbescheides liegt.
87IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
88V. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da bislang noch keine höchstrichterliche Entscheidung des BFH zu der Frage vorliegt, welchen Bestimmtheitserfordernissen ein Nachtragsverteilungsbeschluss des Insolvenzgerichts genügen muss, damit von einer wirksamen Insolvenzbeschlagnahme von Steuererstattungsansprüchen ausgegangen werden kann.
(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
- 1.
in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.
(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.
(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.
(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Der Treuhänder hat den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten. Er hat die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter von seinem Vermögen getrennt zu halten und einmal jährlich auf Grund des Schlußverzeichnisses an die Insolvenzgläubiger zu verteilen, sofern die nach § 4a gestundeten Verfahrenskosten abzüglich der Kosten für die Beiordnung eines Rechtsanwalts berichtigt sind. § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 gilt entsprechend. Der Treuhänder kann die Verteilung längstens bis zum Ende der Abtretungsfrist aussetzen, wenn dies angesichts der Geringfügigkeit der zu verteilenden Beträge angemessen erscheint; er hat dies dem Gericht einmal jährlich unter Angabe der Höhe der erlangten Beträge mitzuteilen.
(2) Die Gläubigerversammlung kann dem Treuhänder zusätzlich die Aufgabe übertragen, die Erfüllung der Obliegenheiten des Schuldners zu überwachen. In diesem Fall hat der Treuhänder die Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen, wenn er einen Verstoß gegen diese Obliegenheiten feststellt. Der Treuhänder ist nur zur Überwachung verpflichtet, soweit die ihm dafür zustehende zusätzliche Vergütung gedeckt ist oder vorgeschossen wird.
(3) Der Treuhänder hat bei der Beendigung seines Amtes dem Insolvenzgericht Rechnung zu legen. Die §§ 58 und 59 gelten entsprechend, § 59 jedoch mit der Maßgabe, daß die Entlassung auch wegen anderer Entlassungsgründe als der fehlenden Unabhängigkeit von jedem Insolvenzgläubiger beantragt werden kann und daß die sofortige Beschwerde jedem Insolvenzgläubiger zusteht.
(1) Sobald die Schlußverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
(2) Der Beschluß und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekanntzumachen. Die §§ 31 bis 33 gelten entsprechend.
(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren, an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.022,90 € festgesetzt.
Dem Schuldner wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. Kummer beigeordnet.
Gründe:
I.
- 1
- Beschluss Mit vom 24. Oktober 2001 eröffnete das Amtsgericht - Insolvenzgericht - auf Eigenantrag das vereinfachte Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zum Treuhänder. Nach Durchführung des Schlusstermins wurde das Verfahren durch Beschluss vom 18. November 2003 aufgehoben. Zum Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren wurde der bisherige Treuhänder bestimmt.
- 2
- Für das Jahr 2003 stand dem Schuldner ein Einkommensteuererstattungsanspruch von 1.162 € zu. Diesen teilte das Finanzamt, nachdem das Insolvenzverfahren am 18. November 2003 aufgehoben worden war, anteilig auf. Den auf die Zeit vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens entfallenden Betrag in Höhe von 1.022,90 € überwies es an die Gerichtskasse, den Restbetrag von 139,10 € an den Schuldner.
- 3
- Beschluss Mit vom 19. August 2004 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - von Amts wegen entschieden, dass auch der an die Gerichtskasse überwiesene Betrag dem Schuldner zustehe. Auf die sofortige Beschwerde des Treuhänders hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und festgestellt, dass der (Rest-)Anspruch auf Einkommensteuererstattung in Höhe von 1.022,90 € dem Treuhänder zustehe. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
II.
- 4
- Rechtsbeschwerde Die ist statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO, weil sie vom Landgericht zugelassen worden ist. Hieran ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
- 5
- Für die Frage, was der Treuhänder durch die Abtretung erlangt, findet gemäß § 292 Abs. 1 Satz 3 InsO die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 InsO entsprechende Anwendung. Vorliegend geht es um die Frage, ob der Einkommensteuererstattungsanspruch pfändbares Einkommen darstellt. Dies ist in § 850 ZPO geregelt. Gemäß § 36 Abs. 4 InsO ist für die Entscheidung dieser Frage wie in den Fällen des § 89 Abs. 3 InsO das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht zuständig (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, ZIP 2004, 732). Der Rechtsmittelzug richtet sich in diesem Fall nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften. Deshalb war hier gemäß § 793 ZPO die sofortige Beschwerde gegeben (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 aaO; v. 17. Februar 2004 - IX ZB 306/03, ZInsO 2004, 441). Der Beschluss des Insolvenzgerichts, dem eine Anhörung des Treuhänders vorausgegangen war, hatte Entscheidungscharakter (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379).
- 6
- Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, § 575 Abs. 1 bis 3 ZPO.
III.
- 7
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der bisherigen Entscheidungen sowie zur Zurückverweisung an das Insolvenzgericht.
- 8
- 1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Anspruch auf Einkommensteuererstattung für das Jahr 2003 von der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO umfasst sei und deshalb dem Treuhänder zustehe.
- 9
- Diese Rechtsauffassung trifft nicht zu. Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, wird der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen von der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht erfasst , weil er öffentlich-rechtlicher Natur ist und nicht den Charakter eines Einkommens hat, das dem Berechtigten aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zusteht (BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - IX ZR 115/04, ZVI 2005, 437, 438).
- 10
- 2. Der streitige Betrag unterfällt damit derzeit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Schuldners. Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss vom 18. November 2003 hat der Schuldner dieses Recht über sein Vermögen zurückerlangt, soweit es nicht von der Abtretung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO erfasst wird. Der Anspruch auf Steuerrückerstattung war damit aus der Insolvenzbeschlagnahme entlassen (MünchKomm-InsO/Hintzen, § 200 Rn. 31, § 203 Rn. 21; Kübler/Prütting/Holzer, InsO § 200 Rn. 6 f).
- 11
- 3. Das Insolvenzgericht hätte jedoch von Amts wegen die Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 InsO prüfen müssen. Eine sol- che Anordnung ist auch im Verbraucherinsolvenzverfahren zulässig (BGH, Beschl. v. 1. Dezember 2005 - IX ZB 17/04, z.V.b.). Diese Entscheidung wird das Insolvenzgericht nach der Zurückverweisung nachzuholen haben. Mit der Anordnung der Nachtragsverteilung tritt dann eine erneute Insolvenzbeschlagnahme ein (MünchKomm-InsO/Hintzen, § 203 Rn. 21; HK-InsO/Irschlinger, aaO § 203 Rn. 6).
- 12
- Bei seiner Entscheidung wird das Insolvenzgericht davon auszugehen haben, dass der streitige Betrag nach dem Schlusstermin als Gegenstand der Masse ermittelt worden ist, § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
- 13
- Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Gegenstände, die nicht gepfändet werden können, gehören gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse (vgl. BGHZ 92, 339, 340 f). Ansprüche auf Erstattung von Einkommensteuer sind jedoch gemäß § 46 Abs. 1 AO pfändbar (BGHZ 157, 195; BFHE 187, 1, 3; BFH InVo 2000, 277, 278; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 35 Rn. 68).
- 14
- Der Anspruch auf Steuererstattung entsteht, wie die Einkommensteuerschuld , gemäß § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. Vor diesem Zeitpunkt steht nicht fest, ob für das Kalenderjahr eine Einkommensteuer entstanden ist, die niedriger ist als die Vorauszahlungen , die der Steuerpflichtige geleistet hat (BFHE 128, 146, 147; 179, 547, 550 f). Die Steuerfestsetzung hat auf den Entstehungszeitpunkt keinen Einfluss; denn sie hat für das Steuerschuldverhältnis nur deklaratorischen Charakter (BFHE 73, 300, 301; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109).
- 15
- Die Frage, welchem Vermögen Steuererstattungsansprüche zuzuordnen sind, bestimmt sich für die Zwecke des Insolvenzverfahrens nicht nach Steuerrecht , sondern nach Insolvenzrecht. Maßgebend ist danach nicht der Zeitpunkt der Vollentstehung des Rechts, sondern der Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist (BFHE 128, 146, 147; 172, 308, 310; 179, 547, 551). Der Anspruch hängt in diesem Fall nur noch vom Zeitablauf ab (vgl. BGHZ 92, 339, 341).
- 16
- Dieser Rechtsgrund ist hier bereits mit der Abführung der Lohnsteuer entstanden, die auf die Einkommensteuer anzurechnen ist, § 36 Abs. 2 EStG. Durch Steuerabzug erhoben im Sinne dieser Vorschrift ist auch die gemäß § 38 EStG einbehaltene und an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer (Ludwig Schmidt/Heinicke, EStG 24. Aufl. § 36 Rn. 5, § 38 Rn. 1).
- 17
- Der Erstattungsanspruch stand lediglich unter der aufschiebenden Bedingung , dass am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer sein würde als die Summe der Anrechnungsbeträge, so dass sich gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG, § 37 Abs. 2 AO ein Erstattungsbetrag ergab (vgl. BFH BStBl II 1979, 639, 640; BFHE 179, 547, 551; Tipke/Kruse, AO Stand September 2005 § 251 Rn. 102; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109). Die Finanzbehörde ist bereits dann etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt verwirklicht worden ist (Franz Klein, AO 8. Aufl. § 251 Rn. 25; MünchKomm-InsO/Brandes, § 95 Rn. 26).
- 18
- Der Insolvenzschuldner hat mit der Vorauszahlung eine Anwartschaft auf den am Ende des Veranlagungszeitraums entstehenden Erstattungsanspruch, so dass dieser in die Masse fällt, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während dessen Dauer der ihn begründende Sachverhalt verwirklicht ist. Derartige Steuererstattungsanspüche werden daher zu Recht allgemein als zur Insolvenzmasse gehörig angesehen (BFHE 170, 300, 301; 179, 547, 551 und ständig; AG Göttingen NZI 2001, 270, 271; AG Dortmund ZInsO 2002, 685; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109; Uhlenbruck, InsO § 35 Rn. 68; Kilger/ K. Schmidt, Insolvenzgesetze § 1 KO Anm. 2 B d; Kübler/Prütting/Holzer, § 35 Rn. 84; MünchKomm-InsO/Lwowski, § 35 Rn. 422; Tipke/Kruse aaO § 251 Rn. 102; Pahlke/Koenig, AO § 251 Rn. 104; Hess, InsO 2. Aufl. § 35 f Rn. 250; HK-InsO/Eickmann, 3. Aufl. § 35 Rn. 24; Nerlich/Römermann/Andres, § 35 Rn. 59; Braun/Bäuerle, InsO 2. Aufl. § 35 Rn. 70; Frotscher, Besteuerung in der Insolvenz 5. Aufl. S. 52).
- 19
- 4. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO; vgl. BGHZ 160, 176, 185 f).
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Aschaffenburg, Entscheidung vom 19.08.2004 - IK 168/01 -
LG Aschaffenburg, Entscheidung vom 29.09.2004 - 4 T 169/04 -
Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren, an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.022,90 € festgesetzt.
Dem Schuldner wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. Kummer beigeordnet.
Gründe:
I.
- 1
- Beschluss Mit vom 24. Oktober 2001 eröffnete das Amtsgericht - Insolvenzgericht - auf Eigenantrag das vereinfachte Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zum Treuhänder. Nach Durchführung des Schlusstermins wurde das Verfahren durch Beschluss vom 18. November 2003 aufgehoben. Zum Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren wurde der bisherige Treuhänder bestimmt.
- 2
- Für das Jahr 2003 stand dem Schuldner ein Einkommensteuererstattungsanspruch von 1.162 € zu. Diesen teilte das Finanzamt, nachdem das Insolvenzverfahren am 18. November 2003 aufgehoben worden war, anteilig auf. Den auf die Zeit vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens entfallenden Betrag in Höhe von 1.022,90 € überwies es an die Gerichtskasse, den Restbetrag von 139,10 € an den Schuldner.
- 3
- Beschluss Mit vom 19. August 2004 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - von Amts wegen entschieden, dass auch der an die Gerichtskasse überwiesene Betrag dem Schuldner zustehe. Auf die sofortige Beschwerde des Treuhänders hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und festgestellt, dass der (Rest-)Anspruch auf Einkommensteuererstattung in Höhe von 1.022,90 € dem Treuhänder zustehe. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
II.
- 4
- Rechtsbeschwerde Die ist statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO, weil sie vom Landgericht zugelassen worden ist. Hieran ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
- 5
- Für die Frage, was der Treuhänder durch die Abtretung erlangt, findet gemäß § 292 Abs. 1 Satz 3 InsO die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 InsO entsprechende Anwendung. Vorliegend geht es um die Frage, ob der Einkommensteuererstattungsanspruch pfändbares Einkommen darstellt. Dies ist in § 850 ZPO geregelt. Gemäß § 36 Abs. 4 InsO ist für die Entscheidung dieser Frage wie in den Fällen des § 89 Abs. 3 InsO das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht zuständig (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, ZIP 2004, 732). Der Rechtsmittelzug richtet sich in diesem Fall nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften. Deshalb war hier gemäß § 793 ZPO die sofortige Beschwerde gegeben (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 aaO; v. 17. Februar 2004 - IX ZB 306/03, ZInsO 2004, 441). Der Beschluss des Insolvenzgerichts, dem eine Anhörung des Treuhänders vorausgegangen war, hatte Entscheidungscharakter (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379).
- 6
- Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, § 575 Abs. 1 bis 3 ZPO.
III.
- 7
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der bisherigen Entscheidungen sowie zur Zurückverweisung an das Insolvenzgericht.
- 8
- 1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Anspruch auf Einkommensteuererstattung für das Jahr 2003 von der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO umfasst sei und deshalb dem Treuhänder zustehe.
- 9
- Diese Rechtsauffassung trifft nicht zu. Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, wird der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen von der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht erfasst , weil er öffentlich-rechtlicher Natur ist und nicht den Charakter eines Einkommens hat, das dem Berechtigten aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zusteht (BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - IX ZR 115/04, ZVI 2005, 437, 438).
- 10
- 2. Der streitige Betrag unterfällt damit derzeit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Schuldners. Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss vom 18. November 2003 hat der Schuldner dieses Recht über sein Vermögen zurückerlangt, soweit es nicht von der Abtretung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO erfasst wird. Der Anspruch auf Steuerrückerstattung war damit aus der Insolvenzbeschlagnahme entlassen (MünchKomm-InsO/Hintzen, § 200 Rn. 31, § 203 Rn. 21; Kübler/Prütting/Holzer, InsO § 200 Rn. 6 f).
- 11
- 3. Das Insolvenzgericht hätte jedoch von Amts wegen die Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 InsO prüfen müssen. Eine sol- che Anordnung ist auch im Verbraucherinsolvenzverfahren zulässig (BGH, Beschl. v. 1. Dezember 2005 - IX ZB 17/04, z.V.b.). Diese Entscheidung wird das Insolvenzgericht nach der Zurückverweisung nachzuholen haben. Mit der Anordnung der Nachtragsverteilung tritt dann eine erneute Insolvenzbeschlagnahme ein (MünchKomm-InsO/Hintzen, § 203 Rn. 21; HK-InsO/Irschlinger, aaO § 203 Rn. 6).
- 12
- Bei seiner Entscheidung wird das Insolvenzgericht davon auszugehen haben, dass der streitige Betrag nach dem Schlusstermin als Gegenstand der Masse ermittelt worden ist, § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
- 13
- Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Gegenstände, die nicht gepfändet werden können, gehören gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse (vgl. BGHZ 92, 339, 340 f). Ansprüche auf Erstattung von Einkommensteuer sind jedoch gemäß § 46 Abs. 1 AO pfändbar (BGHZ 157, 195; BFHE 187, 1, 3; BFH InVo 2000, 277, 278; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 35 Rn. 68).
- 14
- Der Anspruch auf Steuererstattung entsteht, wie die Einkommensteuerschuld , gemäß § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. Vor diesem Zeitpunkt steht nicht fest, ob für das Kalenderjahr eine Einkommensteuer entstanden ist, die niedriger ist als die Vorauszahlungen , die der Steuerpflichtige geleistet hat (BFHE 128, 146, 147; 179, 547, 550 f). Die Steuerfestsetzung hat auf den Entstehungszeitpunkt keinen Einfluss; denn sie hat für das Steuerschuldverhältnis nur deklaratorischen Charakter (BFHE 73, 300, 301; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109).
- 15
- Die Frage, welchem Vermögen Steuererstattungsansprüche zuzuordnen sind, bestimmt sich für die Zwecke des Insolvenzverfahrens nicht nach Steuerrecht , sondern nach Insolvenzrecht. Maßgebend ist danach nicht der Zeitpunkt der Vollentstehung des Rechts, sondern der Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist (BFHE 128, 146, 147; 172, 308, 310; 179, 547, 551). Der Anspruch hängt in diesem Fall nur noch vom Zeitablauf ab (vgl. BGHZ 92, 339, 341).
- 16
- Dieser Rechtsgrund ist hier bereits mit der Abführung der Lohnsteuer entstanden, die auf die Einkommensteuer anzurechnen ist, § 36 Abs. 2 EStG. Durch Steuerabzug erhoben im Sinne dieser Vorschrift ist auch die gemäß § 38 EStG einbehaltene und an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer (Ludwig Schmidt/Heinicke, EStG 24. Aufl. § 36 Rn. 5, § 38 Rn. 1).
- 17
- Der Erstattungsanspruch stand lediglich unter der aufschiebenden Bedingung , dass am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer sein würde als die Summe der Anrechnungsbeträge, so dass sich gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG, § 37 Abs. 2 AO ein Erstattungsbetrag ergab (vgl. BFH BStBl II 1979, 639, 640; BFHE 179, 547, 551; Tipke/Kruse, AO Stand September 2005 § 251 Rn. 102; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109). Die Finanzbehörde ist bereits dann etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt verwirklicht worden ist (Franz Klein, AO 8. Aufl. § 251 Rn. 25; MünchKomm-InsO/Brandes, § 95 Rn. 26).
- 18
- Der Insolvenzschuldner hat mit der Vorauszahlung eine Anwartschaft auf den am Ende des Veranlagungszeitraums entstehenden Erstattungsanspruch, so dass dieser in die Masse fällt, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während dessen Dauer der ihn begründende Sachverhalt verwirklicht ist. Derartige Steuererstattungsanspüche werden daher zu Recht allgemein als zur Insolvenzmasse gehörig angesehen (BFHE 170, 300, 301; 179, 547, 551 und ständig; AG Göttingen NZI 2001, 270, 271; AG Dortmund ZInsO 2002, 685; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109; Uhlenbruck, InsO § 35 Rn. 68; Kilger/ K. Schmidt, Insolvenzgesetze § 1 KO Anm. 2 B d; Kübler/Prütting/Holzer, § 35 Rn. 84; MünchKomm-InsO/Lwowski, § 35 Rn. 422; Tipke/Kruse aaO § 251 Rn. 102; Pahlke/Koenig, AO § 251 Rn. 104; Hess, InsO 2. Aufl. § 35 f Rn. 250; HK-InsO/Eickmann, 3. Aufl. § 35 Rn. 24; Nerlich/Römermann/Andres, § 35 Rn. 59; Braun/Bäuerle, InsO 2. Aufl. § 35 Rn. 70; Frotscher, Besteuerung in der Insolvenz 5. Aufl. S. 52).
- 19
- 4. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO; vgl. BGHZ 160, 176, 185 f).
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Aschaffenburg, Entscheidung vom 19.08.2004 - IK 168/01 -
LG Aschaffenburg, Entscheidung vom 29.09.2004 - 4 T 169/04 -
(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 3.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Über das Vermögen des Schuldners war schon in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Konkursverfahren anhängig, das am 30. September 2000 aufgehoben worden ist. Nach Ermittlung von Vermögenswerten (Rückübertragungsansprüche aus Verfügungen des Schuldners über Beteiligungen an Gesellschaften, Schadensersatzanspruch gegen den früheren Konkursverwalter) ordnete das Konkursgericht am 22. Juni 2006 eine Nachtragsverteilung an. Parallel hierzu gab es weitere Insolvenzanträge gegen den Schuldner. In dem aufgrund Antrags der weiteren Beteiligten zu 1 vom 1. Au- gust 2005 geführten Eröffnungsverfahren hat das Insolvenzgericht am 30. Januar 2008 Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner die Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen und die Abweisung des Eröffnungsantrags der weiteren Beteiligten zu 1.
II.
- 2
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, soweit sie auf Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtet ist. Insoweit fehlt es an einem tauglichen Angriffsgegenstand (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 12, 14). Das Insolvenzgericht hat über den Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bislang nicht entschieden.
- 3
- 2. Die im Übrigen gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Zulässigkeitsgründe im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
- 4
- a) Für die von der Rechtsbeschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage, ob ein Insolvenzeröffnungsantrag neben einem Nachtragsverteilungsverfahren zulässig ist, welches in einem früheren Konkurs-/Insolvenzverfahren über dasselbe Vermögen und dieselben Verbindlichkeiten angeordnet worden ist, besteht kein Klärungsbedarf. Dass diese Frage in Schrifttum und Rechtsprechung ernsthaft umstritten ist, legt die Rechtsbeschwerde nicht dar.
- 5
- Von der Nachtragsverteilung erfasst wird nicht das gesamte Vermögen des Schuldners, sondern nur der Betrag oder Vermögensgegenstand, auf den sich die Nachtragsverteilungsanordnung bezieht (BGH, Urt. v. 22. Februar 1973 - VI ZR 165/71, NJW 1973, 1198, 1199; Kuhn/Uhlenbruck KO 11. Aufl. § 166 Rn. 7a; HK-InsO/Depré, 5. Aufl. § 203 Rn. 6; Holzer in: Kübler/Prütting/Bork, InsO § 203 Rn. 26; Uhlenbruck, InsO 13. Aufl. § 203 Rn. 16). Aufgrund dieser beschränkten Beschlagswirkung, die mit den umfassenden Wirkungen der Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens (§ 1 Abs. 1 KO, § 35 Abs. 1 InsO) nicht vergleichbar ist, kann die Anhängigkeit einer Nachtragsverteilung nicht zur Unzulässigkeit eines (weiteren) Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens führen. Dies gilt im Verhältnis zwischen einer Nachtragsverteilung nach den Vorschriften der Konkursordnung und einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens um so mehr, als der Insolvenzbeschlag nach § 35 Abs. 1 InsO auch das Vermögen umfasst, das der Schuldner während des Verfahrens erlangt.
- 6
- b) Die von der Rechtsbeschwerde gerügten Gehörsverstöße liegen nicht vor. Ihrem Vorbringen kann nicht entnommen werden, dass das Beschwerdegericht bestimmte Umstände nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat (BVerfGE 86, 133, 145 f; 96, 205, 216 f; BGHZ 154, 288, 300). Mit der Frage, ob die weitere Beteiligte zu 1 im Hinblick auf das anhängige Nachtragsvertei- lungsverfahren ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Insolvenzantrag hatte, brauchte sich das Beschwerdegericht nicht näher zu befassen. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen umfassenden Antrag besteht ungeachtet des möglichen Ergebnisses einer Nachtragsverteilung. Dass die weitere Beteiligte im Fall eines für sie positiven Ausgangs dieses Verfahrens vollständige Befriedigung erlangen könnte, ist nicht dargelegt.
- 7
- Mit der Frage, ob es ausnahmsweise des vollen Beweises der Forderung der Gläubigerin bedarf, weil von deren Bestehen der Insolvenzgrund abhängt, hat sich das Beschwerdegericht auseinandergesetzt. Dass weitere Forderungen gegen den Schuldner geltend gemacht werden, ergibt sich schon aus dem weiteren, gegen den Schuldner anhängigen Insolvenzeröffnungsantrag und ist auch sonst nicht zweifelhaft.
- 8
- 3. Die weiteren, von der Rechtsbeschwerde gerügten Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze hat der Senat geprüft. Zulässigkeitsrelevante Rechtsver- letzungen haben sich nicht ergeben. Von einer weiteren Begründung wird nach § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
AG Münster, Entscheidung vom 30.01.2008 - 84 IN 74/05 -
LG Münster, Entscheidung vom 28.05.2009 - 5 T 496/08 -
(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben
- 1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post, - 2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.
(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.
(7) Betreffen Verwaltungsakte
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.
(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.
(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.
(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.