Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Mai 2011 - VII S 60/10

bei uns veröffentlicht am04.05.2011

Tatbestand

1

I. Der Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Antragsteller) war mit einem Geschäftsanteil von 50 % als Kommanditist an der … GmbH & Co. KG (KG) beteiligt. Geschäftsführender Komplementär war die … GmbH, die u.a. vom Antragsteller vertreten wurde. Die KG betrieb auf einem seit dem 2. Juli 2002 im Eigentum einer anderen GmbH & Co. KG stehenden Grundstück einen Autohandel. Dieses Grundstück ist mit einem Erbbaurecht mit Veräußerungsbeschränkung durch Zustimmung des Grundstückseigentümers zugunsten einer GmbH & Co. KG (A-KG) belastet. Der Antragsteller und Herr … sind an der A-KG als Kommanditisten und an der Komplementär-GmbH zu je 50 % beteiligt. Die A-KG überließ das Grundstück mit Gebäude pachtweise der KG.

2

Im Oktober 2001 wurde die KG zahlungsunfähig. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1. Januar 2002 wurde über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Wegen rückständiger Umsatzsteuer der KG für das Jahr 2000 und für Dezember 2001 erließ der Beklagte, Revisionsbeklagte und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) am 24. Mai 2004 zwei auf § 74 der Abgabenordnung (AO) gestützte Haftungsbescheide, in denen die Haftung gegenständlich auf das Erbbaurecht am Grundstück beschränkt wurde. In Bezug auf den Haftungsbescheid wegen Umsatzsteuer für das Jahr 2000 erließ das FA zugleich gemäß § 219 AO eine Zahlungsaufforderung.

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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Antragsteller zu Recht als Haftungsschuldner nach § 74 AO in Anspruch genommen worden sei.

4

Das FG hat in seiner Entscheidung die Revision zugelassen, die der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Mai 2010 eingelegt hat (beim Bundesfinanzhof --BFH-- geführt unter dem Az. VII R 28/10).

5

Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 6. Dezember 2010 hat das FA den Anteil des Antragstellers als Gesellschafter an dem Gesellschaftsvermögen der A-KG unter Einschluss des Auseinandersetzungsguthabens sowie dessen Anspruch auf Auszahlung der ihm von der Gesellschaft darlehensweise oder aufgrund anderer Vereinbarung hingegebenen oder belassenen Beträge gepfändet und die Einziehung verfügt.

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Unter Bezugnahme auf die Revisionsbegründung hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom … gemäß § 69 der Finanzgerichtsordnung die Anträge gestellt, die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA vom … Az. … aufzuheben und die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids vom … in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

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Der beschließende Senat hat mit Beschluss vom 7. Januar 2011 VII S 60/10 (BFH/NV 2011, 567) antragsgemäß entschieden.

8

Der Antragsteller begehrt die Festsetzung des Streitwerts. Er ist der Ansicht, dass die von ihm gestellten Anträge getrennt zu würdigen seien und dass der Streitwert hinsichtlich beider Anträge insgesamt … € betrage. Dabei sei hinsichtlich des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) von einem Streitwert in Höhe von 25 % der Haftungssumme auszugehen. Auf entsprechende Nachfrage des Berichterstatters hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 26. April 2011 mitgeteilt, dass wesentlicher Vermögensgegenstand der A-KG das Erbbaurecht sei, das noch … Jahre Bestand habe. Der jährliche Erbauzins betrage ca. … €. Bei einem Bewertungsfaktor von … ergebe sich ein rechnerischer Wertansatz für das Erbbaurecht, der die Haftungssumme bei weitem übersteige. Im Übrigen verfüge die A-KG über erhebliche Vermögenswerte. Ausweislich des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2009 habe sich das Aktivvermögen auf 666.654,13 € belaufen. Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern bestanden in Höhe von 327.861,27 €. Es bestünden daher keine Zweifel, dass die gesamte Haftungssumme aus den gepfändeten Vermögensgegenständen hätte befriedigt werden können.

9

Das FA ist dagegen der Ansicht, dass nur der Antrag auf AdV zu berücksichtigen sei. Dieser betrage lediglich 10 % der Haftungssumme; folglich 60.215 €. Das Anlagevermögen der A-KG sei mit einem Buchwert von 129.569 € bilanziert worden. Zum 31. Dezember 2009 habe die Kommanditeinlage des Antragstellers 150.000 € betragen, die Forderung gegenüber der Gesellschaft sei mit 163.930 € ausgewiesen worden. Aus der Bilanz sei der aktuelle Wert des Erbbaurechts sowie der Forderung gegenüber der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Pfändung nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe

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II. Der Streitwert des Verfahrens war insgesamt auf 664.757 € festzusetzen.

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1. Nach § 63 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) setzt in der Finanzgerichtsbarkeit das Prozessgericht den Wert des Streitgegenstands durch Beschluss fest, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet.

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2. In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG).

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a) Im Streitfall hat der Antragsteller zwei voneinander getrennt zu beurteilende Anträge gestellt. Zum einen begehrte er AdV eines Haftungsbescheids, zum anderen die Aufhebung einer bereits getroffenen Vollstreckungsmaßnahme. Aus der AdV des angefochtenen Haftungsbescheids folgt nicht ohne Weiteres, dass mit dieser Entscheidung auch die angefochtene Pfändungs- und Einziehungsverfügung als aufgehoben zu betrachten ist. Vielmehr bedarf es zur Aufhebung dieses Verwaltungsakts einer gesonderten Anordnung des Gerichts, die der Senat auch getroffen hat. Daraus folgt, dass die beiden Anträge hinsichtlich ihres jeweiligen Streitwerts getrennt zu würdigen sind.

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b) Will ein Haftungsschuldner die Aufhebung eines Haftungsbescheids erreichen, ist für die Festsetzung des Streitwerts die im Haftungsbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung festgestellte Haftungssumme maßgeblich (Senatsbeschluss vom 24. November 1994 VII E 7/94, BFH/NV 1995, 720). In Rechtsstreitigkeiten über die AdV von Steuerbescheiden beträgt der Streitwert nach ständiger Rechtsprechung des BFH regelmäßig 10 % des Betrags, für den die AdV beantragt wird (BFH-Beschluss vom 26. April 2001 V S 24/00, BFHE 194, 358, BStBl II 2001, 498, und Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Streitwert-ABC Aussetzung der Vollziehung). Diese Rechtsprechung ist auf die AdV von Haftungsbescheiden zu übertragen. Im Streitfall hat das FA die Haftungssumme für Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum 2001 auf 602.155 € festgesetzt. Darüber hinaus hat es in Bezug auf die Umsatzsteuer 2000 ein Leistungsgebot über 2.170 € erlassen. Der Streitwert für den AdV-Antrag beträgt demnach 10 % von 604.325 €, also 60.432 €.

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c) In Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit einer Forderungspfändung ist der Streitwert im Allgemeinen nach dem Betrag zu bemessen, zu dessen Beitreibung die Pfändung ausgebracht worden ist, also nach der Höhe der zu vollstreckenden Forderung (Senatsbeschluss vom 26. Januar 1998 VII B 180/96, BFH/NV 1998, 879). Etwas anderes gilt nur, wenn die Vollstreckung hinsichtlich dieser Forderung nicht zum vollen Erfolg führt und sich der Wert der gepfändeten Forderung als niedriger erweist. In diesem Fall ist der Streitwert lediglich nach dem tatsächlichen finanziellen Erfolg der Pfändungsverfügung zu bemessen (Senatsbeschluss in BFH/NV 1998, 879). Im Streitfall hat die Pfändung zum Erfolg geführt, nämlich zur Pfändung des Anteils des Antragstellers am Gesellschaftsvermögen der A-KG unter Einschluss des Auseinandersetzungsguthabens sowie des Anspruchs auf Auszahlung der von der Gesellschaft darlehensweise oder aufgrund anderer Vereinbarung hingegebenen oder belassenen Beträge. Bei einer solch umfangreichen Pfändung ist es gerechtfertigt, als Streitwert den Betrag anzunehmen, zu dessen Beitreibung die Vollstreckungsmaßnahme getroffen worden ist (im Streitfall 604.325 €), zumal die ergänzenden Ausführungen des Antragstellers zur Höhe des Erbbauzinses, zur verbleibenden Restlaufzeit und zu den Vermögensverhältnissen der A-KG die Werthaltigkeit der gepfändeten Forderungen und Rechte belegen. Deren Verwertung hätte zur vollständigen Beitreibung der sich aus dem angefochtenen Haftungsbescheid ergebenden Forderungen offensichtlich ausgereicht.

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Mai 2011 - VII S 60/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Mai 2011 - VII S 60/10

Referenzen - Gesetze

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh
Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Mai 2011 - VII S 60/10 zitiert 8 §§.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 69


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Abgabenordnung - AO 1977 | § 219 Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden


Wenn nichts anderes bestimmt ist, darf ein Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussi

Abgabenordnung - AO 1977 | § 74 Haftung des Eigentümers von Gegenständen


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(1) Gehören Gegenstände, die einem Unternehmen dienen, nicht dem Unternehmer, sondern einer an dem Unternehmen wesentlich beteiligten Person, so haftet der Eigentümer der Gegenstände mit diesen für diejenigen Steuern des Unternehmens, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet. Die Haftung erstreckt sich jedoch nur auf die Steuern, die während des Bestehens der wesentlichen Beteiligung entstanden sind. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.

(2) Eine Person ist an dem Unternehmen wesentlich beteiligt, wenn sie unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital oder am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist. Als wesentlich beteiligt gilt auch, wer auf das Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausübt und durch sein Verhalten dazu beiträgt, dass fällige Steuern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 nicht entrichtet werden.

Wenn nichts anderes bestimmt ist, darf ein Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat oder gesetzlich verpflichtet war, Steuern einzubehalten und abzuführen oder zu Lasten eines anderen zu entrichten.

(1) Gehören Gegenstände, die einem Unternehmen dienen, nicht dem Unternehmer, sondern einer an dem Unternehmen wesentlich beteiligten Person, so haftet der Eigentümer der Gegenstände mit diesen für diejenigen Steuern des Unternehmens, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet. Die Haftung erstreckt sich jedoch nur auf die Steuern, die während des Bestehens der wesentlichen Beteiligung entstanden sind. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.

(2) Eine Person ist an dem Unternehmen wesentlich beteiligt, wenn sie unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital oder am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist. Als wesentlich beteiligt gilt auch, wer auf das Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausübt und durch sein Verhalten dazu beiträgt, dass fällige Steuern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 nicht entrichtet werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.