Bundesfinanzhof Beschluss, 05. Apr. 2011 - XI S 28/10

bei uns veröffentlicht am05.04.2011

Tatbestand

1

I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Antragstellerin (Antragstellerin), eine Agrarhandelsgesellschaft mit beschränkter Haftung, begehrt die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Umsatzsteuerbescheides für 2004, mit dem der Beklagte, Revisionsbeklagte und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) Umsatzsteuer wegen der Übertragung einer Milchanlieferungs-Referenzmenge festgesetzt hat.

2

Unter dem 1. November 2004 teilte der … --Verkaufsstelle für Milchanlieferungs-Referenzmengen-- (L) der Antragstellerin mit, sie sei am Übertragungstermin selben Datums bei einem für ihr Übertragungsgebiet ermittelten Gleichgewichtspreis von 0,25 € je kg Anlieferungs-Referenzmenge mit ihrem Abgabeangebot zum Zuge gekommen. Die zur Abgabe gelangte Anlieferungs-Referenzmenge belaufe sich auf 1 428 755 kg zum Standardfettgehalt von 4 %. Der an sie auszuzahlende Betrag belaufe sich auf 357.188,75 €.

3

Mit Bescheid vom 23. Januar 2006 setzte das FA die Umsatzsteuervorauszahlung für November 2004 auf 48.935,46 € fest. Dabei nahm es steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 307.921 € (100/116 von 357.188,75 €) an, die einzig in der Übertragung der Anlieferungs-Referenzmenge bestanden.

4

Die Antragstellerin machte hiergegen sinngemäß geltend, mit der Veräußerung der Anlieferungs-Referenzmenge an der "Milchbörse" habe sie Milchlieferrechte auf Dritte, die zumindest nahezu ausschließlich Unternehmer seien, übertragen. Da die Anonymisierung des Leistungsaustauschs zwischen Anbieter und Nachfrager zu einem systemwidrigen Verlust des Vorsteuerabzugs beim Erwerber führe, weil der Anbieter dem Nachfrager keine Rechnung erteilen könne, dürfe der Vorgang nicht umsatzsteuerpflichtig sein.

5

Einspruch und Klage gegen den mittlerweile ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 22. September 2006 blieben ohne Erfolg. Die Vorentscheidung ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1832.

6

Die Antragstellerin macht mit ihrer Revision geltend, das Urteil des Finanzgerichts (FG) verletze den Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer. Es dürfe zwei an einem Leistungsaustausch beteiligten Unternehmen --hier dem Anbieter und dem Nachfrager-- nicht die Möglichkeit verwehrt werden, der Umsatzsteuerbelastung auf der einen Seite eine betragsidentische Vorsteuerentlastung auf der anderen Seite gegenüberzustellen.

7

Zu Unrecht gehe das FG davon aus, der L sei Leistungsempfänger. Die Einschaltung einer hoheitlich agierenden Verkaufsstelle verdecke den Blick darauf, dass der wirkliche Abnehmer allein der erwerbende Landwirt sei und nur dieser die wirtschaftlichen Vorteile erhalte. Dem entspreche auch die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen in dem Schreiben vom 19. Dezember 2000 IV B 7 -S 7410- 23/00 (Umsatzsteuer-Rundschau 2001, 319), wonach die Verkaufsstelle nur Vermittler sei. Der L sei kein steuerpflichtiger Unternehmer.

8

Steuerbare Leistungen lägen nur dann vor, wenn sie einem anderen Vorteile brächten, aufgrund deren er als Empfänger einer Leistung angesehen werden könne. Der L werde aber in Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben ordnungspolitisch tätig, ohne eigene wirtschaftliche Vorteile zu erhalten. Da er kein Leistungsempfänger in dem vorgenannten Sinne sei, unterliege die Anlieferungs-Referenzmenge an den L nicht der Umsatzsteuer.

9

Außerdem sei der Verkauf gemäß § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar. Sie, die Antragstellerin, habe voneinander getrennte Pflanzen- und Tierproduktionen betrieben, wobei Gegenstand der Tierproduktion nur das Halten von Milchkühen gewesen sei. Aufgrund von BSE-Fällen im eigenen Bestand sei im Streitjahr die Tierproduktion aufgegeben worden, indem die Tiere zum Schlachthof gegeben und der auf die Anlieferungs-Referenzmenge reduzierte Teilbetrieb "Tierproduktion" verkauft worden seien.

10

Die während des Revisionsverfahrens beantragte AdV des Umsatzsteuerbescheides für 2004 hat das FA unter dem 9. September 2010 abgelehnt.

11

Mit Schriftsatz vom 23. November 2010 beantragt die Antragstellerin sinngemäß, die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2004 bis zur Entscheidung über das anhängige Revisionsverfahren auszusetzen.

12

Das FA beantragt, den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

14

1. Er ist zwar zulässig. Nach § 121 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist nach Einlegung der Revision durch die Antragstellerin der Bundesfinanzhof (BFH) als Gericht der Hauptsache für die begehrte AdV zuständig. Auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 69 Abs. 4 FGO sind im Streitfall gegeben, nachdem das FA unter dem 9. September 2010 den Aussetzungsantrag der Antragstellerin abgelehnt hat (§ 69 Abs. 4 Satz 1 FGO).

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2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn --bei summarischer Prüfung-- gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; vom 9. August 2010 IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266). Ist der Steuerbescheid, dessen AdV begehrt wird --wie hier-- Gegenstand eines bereits in der Revisionsinstanz anhängigen Hauptverfahrens, können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit nur anerkannt werden, wenn unter Berücksichtigung der besonderen Voraussetzungen des Revisionsverfahrens und der beschränkten Prüfungsmöglichkeiten des Revisionsgerichts, insbesondere seiner grundsätzlichen Bindung an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (§ 118 Abs. 2 FGO), ernstlich mit der Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts gerechnet werden kann (BFH-Beschluss vom 16. Juli 1997 III S 10/96, BFH/NV 1998, 178; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 97, m.w.N.).

16

Das bedeutet, dass bei voraussichtlich endgültiger Entscheidung über die Revision der wahrscheinliche Ausgang des Revisionsverfahrens, bei voraussichtlicher Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das FG der wahrscheinliche Ausgang dieses Verfahrens, summarisch zu beurteilen ist. Dabei sind nur präsente Beweismittel beachtlich; es ist nicht Aufgabe des Gerichts, etwa aus umfangreichen Akten Feststellungen zu treffen. Zu berücksichtigen sind in der Regel nur Tatsachen, die sich aus dem angefochtenen Verwaltungsakt oder dem glaubhaft gemachten Vortrag der Beteiligten ergeben (vgl. BFH-Beschluss vom 24. August 1987 V S 10/86, BFH/NV 1988, 59, m.w.N.).

17

3. Hiervon ausgehend bestehen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides für 2004 keine ernstlichen Zweifel. Der Auffassung des FG, die Antragstellerin habe die Anlieferungs-Referenzmenge entgeltlich auf den L als Leistungsempfänger übertragen und damit eine steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung ausgeführt, ist bei summarischer Prüfung zuzustimmen.

18

a) Der Einwand der Antragstellerin, die Abgabe der Anlieferungs-Referenzmenge an den L unterliege --entgegen der Auffassung des FG-- deshalb nicht der Umsatzsteuer, weil dieser als hoheitlich agierende Verkaufsstelle nur allgemeinen öffentlichen Interessen diene, ist unbegründet.

19

Dass der L mit seiner hoheitlichen Tätigkeit allgemeine öffentliche Interessen verfolgt, steht seiner Eigenschaft als Leistungsempfänger einer Dienstleistung nicht grundsätzlich entgegen. Die Person des Leistungsempfängers bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Bei der Bestimmung des Leistungsempfängers ist zu berücksichtigen, ob ein Handeln gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen vorliegt. Unerheblich ist, ob die Person, die danach als Leistungsempfänger anzusehen ist, auf eigene oder auf fremde Rechnung handelt (BFH-Urteil vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, m.w.N.). Auch an hoheitlich handelnde juristische Personen des öffentlichen Rechts erbrachte Leistungen sind steuerbar, wenn dabei --wie hier-- die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erfüllt werden.

20

b) Zwischen der Leistung der Antragstellerin und der Zahlung des L an sie besteht auch ein unmittelbarer Zusammenhang aufgrund eines Rechtsverhältnisses zwischen beiden (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. BFH-Urteil vom 19. November 2009 V R 29/08, BFH/NV 2010, 701). Durch das Angebot der Antragstellerin an den L, eine Anlieferungs-Referenzmenge abzugeben, und die Annahme dieses Angebots durch den L ist zwischen beiden ein Rechtsverhältnis begründet worden, das den L zur Zahlung des der Antragstellerin mitgeteilten Betrages verpflichtet hat. Die Zahlung des L stellt den Gegenwert für die Leistung der Antragstellerin dar und dient nicht lediglich deren Förderung aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen.

21

Der L ist bei seiner Mitteilung an die Antragstellerin vom 1. November 2004, dass sie mit ihrem Angebot zum Zuge gekommen sei, im eigenen Namen und nicht lediglich im Namen der Erwerber von Anlieferungs-Referenzmengen und somit nicht als Vermittler aufgetreten. Damit steht im Einklang, dass der V. Senat des BFH in seinem Urteil vom 3. Juli 2008 V R 40/04 (BFHE 221, 557, BStBl II 2009, 208, unter II.2.c) angenommen hat, die Verkaufsstelle habe auch bei der Übertragung der Anlieferungs-Referenzmengen auf die jeweiligen Erwerber im eigenen Namen gehandelt. Ein Handeln im eigenen Namen bei der Übertragung auf die Erwerber wäre nicht möglich, wenn die Verkaufsstelle gegenüber den Anbietern nur als Vermittler aufgetreten wäre.

22

c) Unzutreffend ist ferner die Meinung der Antragstellerin, der L habe weder einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil erlangt noch am wirtschaftlichen Prozess mit der Antragstellerin teilgenommen.

23

Die Antragstellerin hat vielmehr dem L als identifizierbarem Verbraucher eine öffentlich-rechtliche Abgabevergünstigung in Gestalt der übertragenen Anlieferungs-Referenzmenge verschafft. Dieses Recht stellt einen (handelbaren) Vorteil dar, der es dem L ermöglicht hat, Anlieferungs-Referenzmengen auf die Nachfrager zu übertragen und seine sich aus der Milchabgabenverordnung (MilchAbgV) ergebenden Aufgaben zu erfüllen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 13. Dezember 2007 Rs. C-408/06 --Götz--, Slg. 2007, I-11295, BFH/NV Beilage 2008, 147, Rz 19). Dass er das Recht, Milch abgabenfrei anzuliefern, nicht selbst in diesem Sinne nutzen wollte, steht der Annahme eines Vorteils, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt, ebenso wenig entgegen, wie es der Eigenschaft eines Zwischenhändlers als Leistungsempfänger entgegensteht, dass er Waren zum Zwecke der Weiterveräußerung erwirbt.

24

Nichts anderes ergibt sich aus den EuGH-Urteilen vom 29. Februar 1996 Rs. C-215/94 --Mohr-- (Slg. 1996, I-959, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1996, 294) und vom 18. Dezember 1997 Rs. C-384/95 --Landboden-Agrardienste-- (Slg. 1997, I-7387, HFR 1998, 315). Denn der Streitfall ist mit den Sachverhalten, die diesen Urteilen zugrunde lagen, nicht vergleichbar. Anders als dort hat sich die Antragstellerin nicht zur Aufgabe (Rs. Mohr) oder Extensivierung (Rs. Landboden-Agrardienste) ihrer Erzeugung verpflichtet, sondern ein ihr zustehendes Recht dem L angeboten, damit dieses --so der Zweck des Verfahrens einer sog. "regulierten entgeltlichen Übertragung"-- von dem L auf die in dem Verfahren erfolgreichen Nachfrager übertragen wird. Dieses Recht ist auch tatsächlich übertragen worden.

25

4. Das Argument der Antragstellerin, durch die Einschaltung der Verkaufsstellen werde es den beteiligten Unternehmen zu Unrecht verwehrt, der Umsatzsteuerbelastung des Anbieters eine betragsidentische Vorsteuerentlastung auf der Seite des Nachfragers gegenüberzustellen, richtet sich im Wesentlichen gegen das Verfahren der regulierten entgeltlichen Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen gemäß §§ 8 bis 11 MilchAbgV und nicht gegen die steuerliche Beurteilung der damit gesetzlich vorgegebenen Transaktionen.

26

5. Das erstmals im Revisionsverfahren unterbreitete Vorbringen, der Verkauf der Anlieferungs-Referenzmenge sei nach § 1 Abs. 1a UStG als Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar, ist ein neuer Tatsachenvortrag, der in einem Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist (s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 36). Sachverhaltsrügen, die den Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 FGO entsprechen, hat die Antragstellerin im Revisionsverfahren nicht erhoben; dem Senat ist es daher auch im Verfahren über die AdV versagt, einen anderen als den vom FG festgestellten Sachverhalt der Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Mai 1987 V S 11/85, BFH/NV 1987, 536).

27

Weder aus dem angefochtenen Verwaltungsakt noch aus den tatsächlichen Feststellungen des FG ist etwas dafür ersichtlich, dass die übertragene Anlieferungs-Referenzmenge einen Geschäftsbetrieb oder einen selbständigen Unternehmensteil dargestellt haben könnte, die jeweils materielle und gegebenenfalls immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann (vgl. EuGH-Urteil vom 27. November 2003 Rs. C-497/01 --Zita Modes--, Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128).

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 05. Apr. 2011 - XI S 28/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 05. Apr. 2011 - XI S 28/10

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 69


(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset
Bundesfinanzhof Beschluss, 05. Apr. 2011 - XI S 28/10 zitiert 5 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 69


(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Referenzen - Urteile

Bundesfinanzhof Beschluss, 05. Apr. 2011 - XI S 28/10 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesfinanzhof Beschluss, 05. Apr. 2011 - XI S 28/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Aug. 2010 - IV B 123/09

bei uns veröffentlicht am 09.08.2010

Tatbestand 1 I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beteiligte sich im Jahr 1999 an der X-AG und atypisch stillen Gesellschaft als atypisch stiller Ge
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesfinanzhof Beschluss, 05. Apr. 2011 - XI S 28/10.

Finanzgericht Münster Urteil, 15. März 2016 - 15 K 1473/14 U

bei uns veröffentlicht am 15.03.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand 2Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die Veräußerung einer Anlieferungs-Referenzmenge für Milch (Milchquote) im Strei

Referenzen

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beteiligte sich im Jahr 1999 an der X-AG und atypisch stillen Gesellschaft als atypisch stiller Gesellschafter mit einer Einlage von 118.000 DM. Alle stillen Gesellschafter hatten neben der Einlage ein Agio von 5 oder 8 % zu leisten. Das Agio sollte der X-AG (AG) als Inhaberin des Handelsgeschäfts zustehen und wurde nicht auf einem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters gebucht. Am Verlust sollten ausweislich des Gesellschaftsvertrags zwar Nominaleinlage und Agio teilnehmen. In das Auseinandersetzungsguthaben sollte das Agio aber weder bei Kündigung noch bei vertragsgemäßer Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft eingehen.

2

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ für die Streitjahre 1999 bis 2002 zunächst erklärungsgemäße Gewinnfeststellungsbescheide für die atypisch stille Gesellschaft. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gesellschaft und die auf den Antragsteller entfallenden Anteile an den Einkünften beliefen sich auf folgende Beträge:

3

                   

Gesamt

Antragsteller

1999

./. 8.840.622 DM

./. 20.569,37 DM

2000

./. 9.236.986 DM

./. 10.667,82 DM

2001

./. 6.527.415 DM

./. 3.992,93 DM

2002

./. 4.172.418 €

./. 2.098,82 €

4

Nach einer Außenprüfung vertrat das FA u.a. die Auffassung, die Agio-Beträge seien als Betriebseinnahmen zu erfassen. Es rechnete die erhöhten Gewinne allen Gesellschaftern der atypisch stillen Gesellschaft zu. Zugleich behandelte das FA bei jedem atypisch stillen Gesellschafter dessen Agio als zusätzliche Anschaffungskosten und erfasste die Beträge in einer Ergänzungsbilanz, in der die Anschaffungskosten über acht Jahre abgeschrieben wurden.

5

Aufgrund der Außenprüfung ergingen am 16. Oktober 2006 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderte Gewinnfeststellungsbescheide folgenden Inhalts:

6

                           

Gesamt

Antragsteller

1999

./.807.092 DM

./. 1.236,32 DM

2000

./. 4.707.506 DM

./. 4.800,22 DM

2001

./. 4.884.752 DM

./. 2.882,02 DM

2002

./. 2.773.232 €

./. 1.281,13 €

7

Über das Vermögen der AG wurde am … 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet, das noch nicht abgeschlossen ist.

8

Gegen die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide erhob der Antragsteller Einspruch, der als unbegründet zurückgewiesen wurde.

9

Der Antragsteller hat Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide gestellt. Er macht geltend, das Agio sei erfolgsneutral als Kapitalrücklage Bestandteil des Eigenkapitals der AG geworden (§ 272 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 des Handelsgesetzbuchs --HGB--). Weil der stille Gesellschafter schuldrechtlich nicht nur am Gewinn und Verlust, sondern auch an den stillen Reserven des Anlagevermögens und am Geschäftswert der AG beteiligt sei, müsse er einem Kommanditisten gleichgestellt werden, der eine gesellschaftsrechtlich veranlasste verdeckte Einlage geleistet habe. Mit dem Betrieb der AG bestehe kein Zusammenhang; das Agio dürfe nicht als betrieblicher Ertrag der AG behandelt werden.

10

Der Antragsteller beantragte bei dem Finanzgericht (FG), die Vollziehung der geänderten Bescheide in Höhe des Differenzbetrags bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

11

Das FG (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 472) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, das Agio sei Betriebseinnahme der AG, weil der stille Gesellschafter keinen Wertanteil am Vermögen der AG erwerbe. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB sei auf die atypisch stille Gesellschaft nicht anwendbar. Als verdeckte Einlage dürfe das Agio auch deshalb nicht behandelt werden, weil der Betrag anderenfalls steuerfrei an die Aktionäre ausgeschüttet werden könne. Für den stillen Gesellschafter ergebe sich eine Gewinnminderung daraus, dass das Agio als zusätzliche Anschaffungskosten in einer Ergänzungsbilanz erfasst und dort über acht Jahre abgeschrieben werde.

12

Mit der zugelassenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, wiederholt der Antragsteller sein Vorbringen. Bei einer atypisch stillen Gesellschaft werde im Verhältnis der Parteien das gesamte Geschäftsvermögen als gemeinsames Vermögen behandelt. Der atypisch stille Gesellschafter sei demgemäß bei Auflösung der stillen Gesellschaft so zu stellen, als wäre er am ganzen Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch beteiligt gewesen. Bei der Beteiligung an einer AG könne die stille Einlage Teil der Eigenkapitalgrundlage der AG werden. Dies ergebe sich hier aus einer Rangrücktrittsvereinbarung. Es komme hinzu, dass nach dem Gesellschaftsvertrag das Agio das Eigenkapital der Inhaberin habe stärken sollen. Der atypisch stille Gesellschafter halte im Rahmen der stillen Gesellschaft Anteile an der AG. Deshalb gelte auch für das Agio des atypisch stillen Gesellschafters § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB. Eine Ausschüttung der Agio-Beträge an die Aktionäre sei nicht möglich, denn diese unterlägen nach § 150 Abs. 3 und Abs. 4 des Aktiengesetzes (AktG) einer Verwendungsbeschränkung. Eine Umqualifizierung als Betriebseinnahme würde einen Verstoß gegen § 150 AktG bedeuten. Im Übrigen dürfe eine im Gesellschaftsvertrag geregelte Agio-Zahlung, die ausdrücklich der Kapitalrücklage zugeführt werden solle, nicht in eine Betriebseinnahme umqualifiziert werden. Es könne frei entschieden werden, ob Eigenkapital ergebnisneutral zugeführt werden solle.

13

Das Agio stelle steuerlich eine Einlage i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar. Es handele sich um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuwendung eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils durch einen Gesellschafter (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Februar 2005 I R 44/04, BFHE 209, 123, BStBl II 2005, 522). Die Einlage sei als verdeckte Einlage zu behandeln, weil sie geleistet werde, ohne dass der Gesellschafter neue Gesellschaftsanteile erhalte.

14

Die Lösung sei durch das BFH-Urteil vom 30. November 2005 I R 3/04 (BFHE 211, 339, BStBl II 2008, 809) vorgezeichnet. In jenem Fall habe der BFH das Aufgeld für die Ausgabe nicht ausgeübter Optionen nicht als Betriebseinnahme behandelt. Im Streitfall komme es nicht darauf an, dass die Agio-Zahlung von einem Aktionär der AG geleistet werde. Der atypisch stille Gesellschafter sei so ähnlich mit der AG verbunden wie ein Aktionär, so dass § 272 Abs. 2 HGB zumindest analog auf die Agio-Zahlung des atypisch stillen Gesellschafters anzuwenden sei.

15

Die Auffassung des FG, die AG erhalte als Gegenleistung für die schuldrechtlichen Teilhaberechte an ihrem Betriebsvermögen u.a. die Agio-Beträge, lasse sich aus dem Gesellschaftsvertrag nicht begründen. Denn der atypisch stille Gesellschafter sei bereits aufgrund seiner Einlage am Vermögen, den stillen Reserven und dem Geschäftswert beteiligt. In das Abfindungsguthaben gingen die eingezahlten Einlagen des atypisch stillen Gesellschafters ein.

16

Einen ausdrücklichen Antrag stellt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht.

17

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

18

Es stützt sich auf den angefochtenen Beschluss des FG. Die Agio-Zahlungen der atypisch stillen Gesellschafter hätten keinen Einlagecharakter, weil die stillen Gesellschafter keine Anteilseigner i.S. des § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB seien. Es komme auch keine analoge Anwendung dieser Vorschrift für stille Gesellschafter in Betracht.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gewinnfeststellungsbescheide in dem von dem Antragsteller geltend gemachten Umfang.

20

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, BFHE 183, 174, m.w.N.).

21

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide.

22

a) Allerdings kann sich der Senat bei summarischer Prüfung nicht der Auffassung des Antragstellers anschließen, im Streitfall sei das Agio des atypisch stillen Gesellschafters dem Agio eines Aktionärs gleichzustellen und als Einlage in eine Kapitalrücklage der AG zu behandeln.

23

aa) Nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags ist der atypisch stille Gesellschafter nicht am Vermögen der AG beteiligt. Die dahingehende Formulierung in § 9 des Gesellschaftsvertrags ist missverständlich. Denn § 9 Abs. 1 des Vertrags verweist auf § 17. Danach steht dem atypisch stillen Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung nur ein Anspruch auf Auszahlung seiner Kapital- und Privatkonten sowie seines Anteils an den stillen Reserven und am Geschäftswert zu. Rücklagen der AG gehen nicht in das Auseinandersetzungsguthaben ein.

24

Das vom atypisch stillen Gesellschafter zu leistende Agio steht nach § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags der AG zu. Es geht endgültig und ohne Rückzahlungsanspruch in das Vermögen der AG ein und erhöht nach § 17 des Gesellschaftsvertrags auch nicht das Auseinandersetzungsguthaben des atypisch stillen Gesellschafters.

25

bb) Danach handelt es sich bei der Leistung eines Agios nicht um eine Einlage des atypisch stillen Gesellschafters in die AG. Eine solche Einlage kann nur von Personen vorliegen, die eine Leistung in das Gesellschaftsvermögen im Hinblick auf eine bestehende oder --wie im Fall des BFH-Urteils in BFHE 211, 339, BStBl II 2008, 809-- angestrebte Beteiligung an der Gesellschaft erbringen.

26

b) Der Senat kann andererseits aber auch nicht dem FA in der Auffassung beipflichten, der Gewinnanteil des atypisch stillen Gesellschafters erhöhe sich im Zusammenhang mit der Leistung eines von ihm oder anderen stillen Gesellschaftern geleisteten Agios.

27

aa) Zwar führt die Zahlung des Agios in das Vermögen der AG zu einem erhöhten Betriebsvermögen der AG und damit nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs gemäß § 4 Abs. 1 EStG zu einem höheren Unterschiedsbetrag, der nicht durch eine Einlage ausgeglichen wird. Gleichwohl folgt daraus kein Gewinn der von AG und atypisch stillen Gesellschaftern gebildeten Mitunternehmerschaft.

28

Das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes, an dem die atypisch stille Gesellschaft begründet wird, ist steuerrechtlich dem mitunternehmerischen Vermögen zuzuordnen. Es unterscheidet sich insofern nicht von dem Gesellschaftsvermögen anderer Mitunternehmerschaften mit zivilrechtlichem Gesamthandsvermögen. Einlagen des atypisch stillen Gesellschafters führen danach ungeachtet des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs auf den Inhaber des Handelsgewerbes ähnlich wie Einlagen eines Kommanditisten zur Bildung eines Kapitalkontos des stillen Gesellschafters.

29

Es kann dahinstehen, ob die Leistung eines Agios durch den atypisch stillen Gesellschafter ebenso wie die Einlage sein eigenes Kapitalkonto erhöht (vgl. zum Agio eines Kommanditisten BFH-Urteile vom 6. März 2008 IV R 35/07, BFHE 220, 472, BStBl II 2008, 676, und IV R 15/06, BFH/NV 2008, 1142) oder ob das Agio für Rechnung eines anderen Mitunternehmers geleistet werden kann, so dass es dessen Kapitalkonto erhöht. In beiden Fällen erhöht sich jedenfalls nicht der Gewinnanteil des atypisch stillen Gesellschafters um von ihm oder anderen gleichgeordneten stillen Gesellschaftern geleistete Agio-Beträge.

30

bb) Die Zahlung des Agios durch den atypisch stillen Gesellschafter kann andererseits auch nicht zu einem auf acht Jahre zu verteilenden Aufwand des betreffenden Gesellschafters führen, wie das FA meint. Wird angenommen, dass das Agio in das eigene Kapitalkonto geleistet wird und dort zum Ausgleich von Verlusten zur Verfügung steht, kommt es nicht zu einer sofortigen Minderung der Einkünfte des Gesellschafters. Vielmehr wirkt sich die Leistung des Agios später entweder durch die Zuweisung verrechenbarer Verluste oder aber spätestens durch Minderung des Gewinns bei Ausscheiden des Gesellschafters auf dessen einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage aus. Beurteilt man demgegenüber das Agio als für fremde Rechnung geleistet, kommt entweder die Bildung einer Ergänzungsbilanz mit ggf. abzuschreibenden Mehrwerten zu Wirtschaftsgütern des mitunternehmerischen Vermögens oder ein sofortiger Abzug als Sonderbetriebsausgabe des Gesellschafters in Betracht.

31

3. Aufgrund der somit bestehenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide ist deren Vollziehung auszusetzen, soweit die Gewinnerhöhung auf der Berücksichtigung der Agio-Beträge beruht. Weder der Antragsteller noch das FA haben den insoweit streitigen Betrag zahlenmäßig genau angegeben. Der beschließende Senat kann den Betrag nach Aktenlage selbst ebenfalls nicht zahlenmäßig konkretisieren. Er macht deshalb von der Möglichkeit Gebrauch, dem FA die Berechnung des auszusetzenden Betrags nach §§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufzugeben.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.