Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2009 - 1 StR 206/09

bei uns veröffentlicht am19.08.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 206/09
vom
19. August 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
Die Einhaltung der für Ausfuhrlieferungen im Sinne von § 6 UStG vorgesehenen
Nachweispflichten (§§ 8 ff. UStDV) ist keine materiellrechtliche
Voraussetzung der Umsatzsteuerbefreiung (Aufgabe von BGHSt 31, 248).
BGH, Beschl. vom 19. August 2009 - 1 StR 206/09 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. August 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17. November 2008
a) in den Fällen II.C. 15 bis 29 der Urteilsgründe aufgehoben;
b) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass aa) der Angeklagte G. C. der Steuerhinterziehung in 14 Fällen, der vorsätzlichen Verletzung der Buchführungspflicht in 14 Fällen und der vorsätzlichen falschen Versicherung an Eides Statt sowie bb) die Angeklagte I. C. der Steuerhinterziehung in 14 Fällen schuldig sind;
c) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) in den Fällen II.C. 1 bis 8, 11 bis 14 und 30 bis 33 im Ausspruch über die Einzelstrafe, bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit- tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. C. wegen Steuerhinterziehung in 33 Fällen, vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht in 14 Fällen und vorsätzlicher falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und die Angeklagte I. C. wegen Steuerhinterziehung in 33 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der gegen die Angeklagte I. C. verhängten Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
2
Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügen, haben den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
1. Das Landgericht hat die Angeklagten in den Fällen II.C. 15 bis 29 der Urteilsgründe wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer verurteilt, da in diesen Fällen innergemeinschaftliche Lieferungen bzw. Ausfuhrlieferungen zwar vereinbart und durchgeführt wurden, diese Lieferungen jedoch wegen Verschleierungshandlungen nicht eindeutig und leicht nachprüfbar gewesen seien. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung hätten daher gefehlt.
4
Aufgrund des fehlenden materiell-rechtlichen Charakters der Nachweispflichten sind indes sowohl innergemeinschaftliche Lieferungen (vgl. insoweit BFHE 219, 422 und 469, siehe auch BGHSt 53, 45) als auch Ausfuhrlieferungen im Sinne von § 6 UStG (vgl. insoweit BFH DStR 2009, 1636) trotz Nichterfüllung der Nachweispflichten grundsätzlich steuerfrei, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen von Ausfuhrlieferungen vorliegen. Danach kann eine Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer nicht allein darauf gestützt werden, dass der Unternehmer den ihm obliegenden Nachweispflichten nach §§ 8 ff. UStDV bzw. §§ 17a ff. UStDV nicht entsprochen hat (vgl. hinsichtlich §§ 17a ff. UStDV bereits BGHSt 53, 45).
5
Soweit in der bisherigen Rechtsprechung im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 130, 118; BFH/NV 1996, 184; BFH BStBl II 1995, 515; BFH/NV 2001, 212) bei Ausfuhrlieferungen im Sinne von § 6 UStG auch in steuerstrafrechtlicher Hinsicht von anderen Grundsätzen ausgegangen wurde (BGHSt 31, 248, BGH wistra 1989, 190), hält der Senat in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs daran nicht mehr fest.
6
Auch die Tatsache, dass die Zwischenschaltung der ausländischen Domizilgesellschaft einen Gestaltungsmissbrauch darstellte und allein erfolgte, um inländische Ertragsteuern zu hinterziehen, führt nicht dazu, dass die Umsatzsteuerbefreiung zu versagen ist.
7
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit ausgeführt : „Ein Ausschluss der Steuerbefreiung in diesen Konstellationen wäre bereits mit den Vorgaben der zur Tatzeit geltenden 6. Richtlinie (und nachfolgend der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ) nicht vereinbar. Die Berücksichtigung umsatzsteuerrechtlicher Begünstigungstatbestände ist nämlich nur dann ausgeschlossen , wenn 'die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der … Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung den mit diesen Bestimmungen verfolgten Zielen zuwiderliefe' (EuGH Urteil vom 21.02.2006 - C-255/02, Halifax; vgl. auch Senat Urteil vom 30.04.2009 - 1 StR 342/08). Dies ist nicht der Fall, wenn allein die Hinterziehung von Ertragsteuern beabsichtigt ist, Veräußerer oder Erwerber also nicht (zumindest auch) Vorteile hinsichtlich einer Umsatzbesteuerung erzielten, erzielen wollten oder auch nur hätten erzielen können und damit jegliche Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens ausgeschlossen war (vgl. EuGH Urteil vom 06.07.2006 - C-439/04, Kittel). Die Mehrwertsteuerrichtlinien und das zu ihrer Umsetzung erlassene nationale Recht dienen ausschließlich der Erhebung der Umsatzsteuer und der Verhinderung ihrer Hinterziehung. Den Schutz nationaler Ertragsteuern bezwecken sie dagegen nicht. Daher ist eine sich lediglich auf die Nachweispflichten auswirkende Verschleierung für sich genommen umsatzsteuerrechtlich ohne Relevanz (EuGH Urteil vom 27.09.2007 - C-146/05, Collée; Senat Beschluss vom 20.11.2008 - 1 StR 354/08 Rn. 13: 'Anderes gilt, wenn die Verschleierungsmaßnahme anderen Zwecken dient.')“.
8
Dem schließt sich der Senat an.
9
2. In den Fällen II.C. 15 bis 29 ist die Verurteilung daher aufzuheben. Diese Taten haben allein die Hinterziehung von Umsatzsteuer im Zusammenhang mit Ausfuhrlieferungen zum Gegenstand. Der Wegfall der Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer führt vorliegend nicht zur Aufhebung der in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen, da diese auch für die Verurteilung wegen Hinterziehung von Ertragssteuern von Bedeutung sind.
10
Die Voraussetzungen für eine eigene Sachentscheidung des Senats nach § 354 Abs. 1 StPO sind nicht gegeben. Zwar ist eher fern liegend, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die zum Ausschluss der Umsatzsteuerbefreiung führen könnten. Indes kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen im Tatzeitraum, die die Angeklagten für die von ihnen geführte Gesellschaft abgaben, aus anderen Gründen unrichtig waren.
11
3. Soweit sich der aufgezeigte Rechtsfehler auch auf die Taten II.C. 12 und 14 auswirkt, bleibt der Schuldspruch davon unberührt. Denn die Umsatzsteuerjahreserklärungen der Jahre 2000 und 2001, die diese Taten zum Gegenstand haben, waren auch deshalb unrichtig, weil dort unberechtigt Vorsteuerabzug für privat veranlassten Aufwand der Angeklagten geltend gemacht wurde. Insoweit sind lediglich die Einzelstrafaussprüche aufzuheben, da der Schuldumfang unzutreffend bestimmt wurde.

II.


12
Hinsichtlich der Fälle II.C. 1 und 2, 7 und 8, 11 und 12 sowie 13 und 14 ist der Schuldspruch zu ändern. Die Strafkammer hat insoweit jeweils tatmehrheitliche Begehung zwischen der Hinterziehung von Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Solidaritätszuschlag einerseits und der Hinterziehung von Umsatzsteuer andererseits angenommen. Nach den Feststellungen wurden indes sämtliche Erklärungen, die den identischen Veranlagungszeitraum betrafen, jeweils am selben Tag und daher im Zweifel gleichzeitig beim Finanzamt eingereicht. Die jeweiligen Erklärungen waren zudem teilweise inhaltsgleich. Dies führt hinsichtlich der Fälle II.C. 1 und 2 (Veranlagungszeitraum 1997 betreffend die M. P. GmbH), II.C. 7 und 8 (Veranlagungszeitraum 1997 betreffend die M. V. GmbH & Co. KG), II.C. 11 und 12 (Veranlagungszeitraum 2000 betreffend die M. V. GmbH & Co. KG) sowie II.C. 13 und 14 (Veranlagungszeitraum 2001 betreffend die M. V. GmbH & Co. KG) jeweils zur Tateinheit (vgl. BGH wistra 2005, 56 m.w.N.).

III.


13
In den verbleibenden Fällen der Steuerhinterziehung tragen die Feststellungen zwar den Schuldspruch. Die Feststellungen, aus denen sich der Umfang der verkürzten Steuern ergibt, sind indes lückenhaft. Die Besteuerungsgrundlagen werden nur unvollständig mitgeteilt. Dem Senat ist daher nicht möglich, auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen sicher auszuschließen, dass die Steuerberechnung die Angeklagten in Bezug auf den Schuldumfang beschwert. Das Urteil beruht somit auch auf den Darstellungsmängeln (vgl. Senat, Urt. vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08).

IV.


14
Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.C. 15 bis 29 der Urteilsgründe , die Änderung der Konkurrenzverhältnisse sowie die den Schuldumfang betreffenden Darlegungsmängel bedingen die Aufhebung sämtlicher Einzelstrafen , die die Strafkammer hinsichtlich der jeweils 14 Fälle der Steuerhinterziehung verhängt hat. Dies führt auch zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Bei der Neufestsetzung der entfallenen Einzelstrafen wird zu berücksichtigen sein, dass der Schuldspruch geändert wurde (vgl. oben II.). Insoweit darf die Höhe der bisherigen Einzelstrafen überschritten werden. Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) steht dem nicht entgegen. Es ist bei dieser Sachlage lediglich geboten, dass jeweils die Summe der bisherigen Einzelstrafen bei der Bemessung der neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten wird (vgl. BGH wistra 2008, 217; BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12).

V.


15
Soweit der Angeklagte G. C. in den Fällen II.E. 1 bis 14 der Urteilsgründe wegen vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht verurteilt wurde, tragen die getroffenen Feststellungen die Verurteilung. Insbesondere bedurfte es keiner weitergehenden Ausführungen zu einem tatsächlichen Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und der eingetretenen objektiven Bedingung der Strafbarkeit im Sinne von § 283b Abs. 3, § 283 Abs. 6 StGB. Denn der nach der bisherigen Rechtsprechung erforderliche tatsächliche Zusammenhang (vgl. BGHSt 28, 231; BGH wistra 2007, 463 m.w.N.) ist in der Regel gegeben.
16
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit ausgeführt : „Er (Anm.: der tatsächliche Zusammenhang) fehlt nur in ganz wenigen , atypischen Fallkonstellationen. Einer ausdrücklichen Erörterung dieses Gesichtspunktes bedarf es daher grundsätzlich nicht. Ausführungen dazu sind nur veranlasst, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die Pflichtverletzung ausnahmsweise keine Gefahr begründet oder gesteigert werden konnte.“
17
Der Senat schließt sich dem an und kann daher offenlassen, ob daran festzuhalten ist, dass es auch im Rahmen des § 283b StGB eines tatsächlichen Zusammenhangs zwischen der Pflichtverletzungen und der eingetretenen objektiven Bedingung der Strafbarkeit bedarf, wogegen beachtenswerte Argumente sprechen (vgl. Bittmann Insolvenzstrafrecht § 13 Rdn. 7; Schäfer wistra 1990, 81, 86 ff.).
Herr RiBGH Hebenstreit befindet sich in Urlaub und ist deshalb verhindert zu unterschreiben. Nack Wahl Nack
Graf Jäger

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(1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn bei einer Lieferung

1.
der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat oder
2.
der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist oder
3.
der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Abnehmer
a)
ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll, oder
b)
ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer, ist und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Ausländischer Abnehmer im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 ist

1.
ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete, hat, oder
2.
eine Zweigniederlassung eines im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässigen Unternehmers, die ihren Sitz im Ausland, ausgenommen die bezeichneten Gebiete, hat, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen hat.
Eine Zweigniederlassung im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ist kein ausländischer Abnehmer.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt, so liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer ist und
2.
das Beförderungsmittel den Zwecken des Unternehmens des Abnehmers dient.

(3a) Wird in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, hat,
2.
der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt wird und
3.
der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt.
Nummer 3 tritt zum Ende des Jahres außer Kraft, in dem die Ausfuhr- und Abnehmernachweise in Deutschland erstmals elektronisch erteilt werden.

(4) Die Voraussetzungen der Absätze 1, 3 und 3a sowie die Bearbeitung oder Verarbeitung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn bei einer Lieferung

1.
der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat oder
2.
der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist oder
3.
der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Abnehmer
a)
ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll, oder
b)
ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer, ist und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Ausländischer Abnehmer im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 ist

1.
ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete, hat, oder
2.
eine Zweigniederlassung eines im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässigen Unternehmers, die ihren Sitz im Ausland, ausgenommen die bezeichneten Gebiete, hat, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen hat.
Eine Zweigniederlassung im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ist kein ausländischer Abnehmer.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt, so liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer ist und
2.
das Beförderungsmittel den Zwecken des Unternehmens des Abnehmers dient.

(3a) Wird in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, hat,
2.
der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt wird und
3.
der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt.
Nummer 3 tritt zum Ende des Jahres außer Kraft, in dem die Ausfuhr- und Abnehmernachweise in Deutschland erstmals elektronisch erteilt werden.

(4) Die Voraussetzungen der Absätze 1, 3 und 3a sowie die Bearbeitung oder Verarbeitung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 342/08
vom
30. April 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________________
1. In Fällen fingierter Ketten- oder Karussellgeschäfte, die auf Hinterziehung von
Steuern angelegt sind, ist bei der Strafzumessung der aus dem Gesamtsystem
erwachsene deliktische Schaden als verschuldete Auswirkung der Tat zu
Grunde zu legen, soweit den einzelnen Beteiligten die Struktur und die Funktionsweise
des Gesamtsystems bekannt sind (im Anschluss an BGHSt 47,
343).
2. Werden durch ein komplexes und aufwändiges Täuschungssystem, das die
systematische Verschleierung von Sachverhalten über einen längeren Zeitraum
bezweckt, in beträchtlichem Umfang Steuern verkürzt, kann sich die
Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung als
notwendig erweisen.
BGH, Urt. vom 30. April 2009 - 1 StR 342/08 - LG Gießen
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
30. April 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 23. November 2007 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in zwei Fällen wegen Untreue verurteilt wurde; das Verfahren wird insoweit eingestellt;
b) im Gesamtstrafenausspruch. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil in den Fällen, in denen der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, im Ausspruch über die jeweilige Einzelstrafe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zehn Fällen sowie wegen Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, führt lediglich zur Aufhebung des Urteils und Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte wegen Untreue in zwei Fällen verurteilt wurde. Der Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, gegen den Rechtsfolgenausspruch; das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte seit 1985 Geschäftsführer der J. (nachfolgend J. GmbH). Deren Geschäftsgegenstand war der An- und Verkauf von Nutzfahrzeugen, insbesondere von Betonmischern.
4
1. Die Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in zehn Fällen beruht auf folgenden Feststellungen:
5
In einer Vielzahl von Fällen verlangten die Halter der Gebrauchtfahrzeuge , die die J. GmbH ankaufen wollte, dass nicht der vollständige Kaufpreis in der Rechnung ausgewiesen wurde. Sie wollten auf diese Weise die Zahlung der auf den nicht in die Rechnung aufgenommenen Teil des Kaufpreises entfallenden Steuer vermeiden. Um diesem Ansinnen der Halter der Fahrzeuge zu entsprechen, wurde unter Anleitung des Angeklagten J. und unter Mitwirkung früherer Mitangeklagter ein System von Scheinfirmen sowie Scheingeschäften entwickelt und in der Folge auch umgesetzt. Dieses ermöglichte einerseits den Haltern, geringere Kaufpreise als die tatsächlich gezahlten zu fakturieren. Auf der anderen Seite konnte die J. GmbH durch das nachstehend näher dargelegte System Rechnungen erlangen, die ihr ermöglichten, Vorsteuer aus Beträgen geltend zu machen, die noch über dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis lagen.
6
Im Einzelnen ging der Angeklagte gemeinsam mit den Mitangeklagten wie folgt vor:
7
Der ursprüngliche Halter des jeweiligen Gebrauchtfahrzeugs, der dieses verkaufen wollte, erstellte für Firmen, die zum Schein als unmittelbarer Käufer des Gebrauchtfahrzeugs auftraten (Erstankäufer), eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis über einen Teil des tatsächlichen Kaufpreises. Der verbleibende Rest des Kaufpreises wurde bar gezahlt, ohne dass dieser Teilbetrag versteuert wurde.
8
Der Erstankäufer stellte einem Zwischenhändler eine Scheinrechnung mit Umsatzsteuerausweis aus, wobei der dort angeführte Nettobetrag über dem Kaufpreis lag, der tatsächlich - als Rechnungsbetrag zuzüglich Schwarzgeldbetrag - an den letzten Halter des Fahrzeuges gezahlt worden war. Der Zwischenhändler erstellte seinerseits für die J. GmbH eine Rechnung, in der er einen nochmals höheren Nettopreis sowie die darauf anfallende Umsatzsteuer auswies. Die J. GmbH veräußerte die Fahrzeuge sodann, nachdem sie teilweise durch das Unternehmen instand gesetzt worden waren, im Inland oder - weit überwiegend - in das Ausland. Die Lieferungen ins Ausland waren umsatzsteuerfrei.
9
Einzelne Geschäfte wichen insoweit von dem dargestellten Grundmuster ab, als der ursprüngliche Halter des Fahrzeuges eine Rechnung an ein in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässiges Scheinunternehmen ausstellte, in der entsprechend § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde. Parallel dazu wurde eine Lieferkette in Deutschland fingiert, nach der das identische Fahrzeug von einer Scheinfirma an einen Zwischenhändler und von diesem an die J. GmbH verkauft wurde. In anderen Fällen trat ein ansonsten als Zwischenhändler fungierendes Unternehmen unmittelbar als Käufer gegenüber dem ursprünglichen Halter der Fahrzeuge auf. In weiteren Fällen wurden die Teile des Kaufpreises, die von dem ursprünglichen Halter nicht versteuert wurden, durch Scheinrechnungen über den - tatsächlich nicht erfolgten - Verkauf von Ersatzteilen verschleiert.
10
Allen Geschäften war gemeinsam, dass tatsächlich der ursprüngliche Halter des jeweiligen Gebrauchtfahrzeugs mit Geldern bezahlt wurde, die die J. GmbH dem Zwischenhändler zur Verfügung gestellt hatte, der diese an die Verkäufer weiterleitete. Die Fahrzeuge wurden jeweils direkt an die J. GmbH geliefert. Die Entscheidung über den Ankauf eines Fahrzeuges und den zu zahlenden Preis traf in allen Fällen jeweils der Angeklagte J. , der für die J. GmbH handelte.
11
Die J. GmbH versteuerte die aus ihren Lieferungen resultierenden Umsätze im Inland. Umsätze aus Auslandslieferungen und innergemeinschaftlichen Lieferungen wurden als solche deklariert. Die sich aus den Rechnungen der Zwischenhändler ergebende Vorsteuer wurde nach § 15 UStG abgezogen. Auch die als Zwischenhändler auftretenden Unternehmen erklärten die Umsätze, die in ihren Rechnungen an die J. GmbH ausgewiesen wurden, und führten die ausgewiesene Umsatzsteuer ab. Von der daraus resultierenden Zahllast wurde die Vorsteuer abgezogen, die sich aus den Rechnungen ergab, die den Zwischenhändlern von den als Erstankäufer auftretenden Scheinfirmen ausgestellt worden waren. Demgegenüber erklärten die Erstankäufer die in den Rechnungen an die Zwischenhändler ausgewiesenen Umsätze nicht und führten die dort ausgewiesene Umsatzsteuer, die sich auf knapp 570.000,-- Euro belief, auch nicht ab.
12
Der Angeklagte J. machte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 1997 bis 2001 und in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März, April, Juni, Juli und Oktober 2002 für die J. GmbH die Vorsteuer aus den Rechnungen der Zwischenhändler geltend. Diese belief sich auf etwas mehr als 665.000,-- Euro.
13
Nach Auffassung des Landgerichts wurde insoweit durch die Abgabe falscher Umsatzsteuererklärungen Umsatzsteuer in einer Gesamthöhe von 433.900,-- Euro hinterzogen, die bei der Strafzumessung zu Grunde zu legen sei. Bei diesem Betrag handelt es sich um die jeweilige Umsatzsteuer, die auf den Anteil des Kaufpreises entfiel, der unversteuert an den ursprünglichen Halter des jeweiligen Fahrzeugs gezahlt wurde. Diesen berechnete die Strafkammer , indem sie den Nettobetrag der Ausgangsrechnung des ursprünglichen Halters an die Erstankäufer von dem Nettobetrag der Rechnung, die dieser den Zwischenhändlern ausstellte, subtrahierte. Demgegenüber sah die Strafkammer die Umsatzsteuer, die in den Rechnungen der Erstankäufer an die Zwischenhändler und in den Rechnungen der Zwischenhändler an die J. GmbH ausgewiesen wurde, nicht als strafzumessungsrelevanten Hinterziehungsschaden an. Bei einer Verurteilung wegen Vergehen nach § 370 AO sei im Rahmen der Strafzumessung „nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur auf die Verkürzung solcher Steuersummen abzustellen, die bei ordnungsgemäßem Verhalten von vornherein an den Fiskus abzuführen gewesen wären“.
14
2. Daneben verurteilte das Landgericht den Angeklagten wegen Untreue in zwei Fällen zum Nachteil der J. GmbH. Nach den diesbezüglichen Feststellungen entnahm der Angeklagte in den Jahren 2000 und 2001 unter Verletzung der ihn treffenden Pflichten als Geschäftsführer aus dem Vermögen der Gesellschaft ohne rechtfertigenden Grund insgesamt knapp 175.000,-- Euro , um das Geld für eigene Zwecke zu verwenden. Diese Entnahmen verschleierte er durch Scheinrechungen, die er in die Buchhaltung der J. GmbH einstellte. Die in den Scheinrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer machte der Angeklagte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2000 bzw. 2001 als Vorsteuer geltend. Alleinige Gesellschafterin zur Tatzeit war die Ehefrau des Angeklagten.

II.

15
Die Revision des Angeklagten führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Teilaufhebung und -einstellung und zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
16
1. Soweit der Angeklagte wegen Untreue zum Nachteil der J. GmbH verurteilt wurde, ist die Verurteilung aufzuheben und das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Es besteht ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis, da der nach § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 247 StGB für die Strafverfolgung erforderliche Strafantrag der Verletzten fehlt.
17
a) Nach den Feststellungen war allein die Ehefrau des Angeklagten Gesellschafterin der J. GmbH. Als Verletzte der Untreuetaten zum Nachteil der J. GmbH ist daher allein die Ehefrau des Angeklagten anzusehen (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 86). Dass sie den erforderlichen Strafantrag ge- stellt hat, ist weder festgestellt, noch anderweitig ersichtlich. Auch für eine Ausnahme von dem Strafantragserfordernis, die dann in Betracht kommt, wenn durch die Untreuehandlung eine konkrete Existenzgefährdung der Gesellschaft verursacht worden ist (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 79, 80), ergeben sich keine Anhaltspunkte.
18
b) Der Senat schließt aus, dass noch ein wirksamer Strafantrag gestellt werden könnte. Dies gilt um so mehr, als die Antragsfrist nach § 77b Abs. 1 StGB, deren Lauf mit Kenntniserlangung der Antragsberechtigten von Tat und Täter beginnt (§ 77b Abs. 2 StGB), mit hoher Wahrscheinlichkeit verstrichen ist. Diesbezügliche, sich angesichts der konkreten Situation aufdrängende Zweifel würden zu Gunsten des Angeklagten wirken (vgl. BGHSt 22, 90, 93).
19
c) Der Wegfall der Verurteilung wegen Untreue führt vorliegend nicht zur Aufhebung der diesbezüglichen Feststellungen (vgl. Schoreit in KK StPO 6. Aufl. § 260 Rdn. 46), da die zu den Untreuetaten getroffenen Feststellungen auch für die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung hinsichtlich der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2000 und 2001 von Bedeutung sind.
20
2. Wegen des Wegfalls der wegen Untreue verhängten Einzelstrafen kann der Gesamtstrafenausspruch keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
21
3. Im Übrigen bleiben die Verfahrensrügen und die Sachrüge aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen, die auch durch die Gegenerklärung des Angeklagten nicht entkräftet werden, ohne Erfolg.
22
Ergänzend dazu bemerkt der Senat lediglich Folgendes:
23
a) Soweit der Angeklagte rügt, dass die Berufsrichter und die Schöffen vom Wortlaut der im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden keine Kenntnis erlangt haben, deckt er keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das Urteil könnte auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler auch nicht beruhen. Denn der Angeklagte hat die einzelnen Lieferungen, deren Daten durch die verlesenen Urkunden eingeführt wurden, nicht bestritten (UA S. 110). Ist aber der Inhalt eines ansonsten zuverlässigen Schriftstücks in der Hauptverhandlung nicht bestritten worden, kann das Urteil im Allgemeinen nicht darauf beruhen, dass das Schriftstück nicht verlesen wurde (vgl. Senat StV 2007 - 569, 570 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend etwas anderes gelten könnte, sind nicht gegeben.
24
b) Auch im Hinblick auf die Rüge, ein Beweisantrag, der am 19. Juni 2007 gestellt wurde, sei rechtsfehlerhaft abgelehnt worden, kann jedenfalls ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf dem behaupteten Rechtsfehler beruhen könnte.
25
Zutreffend weist die Revision zwar darauf hin, dass die Strafkammer in dem Ablehnungsbeschluss lediglich die zur Begründung des Beweisantrags angeführte Schlussfolgerung des Antragstellers als bereits erwiesen erachtete, nicht aber die eigentliche Beweisbehauptung. In der Sache erweisen sich aber die unter Beweis gestellten Tatsachen aus Sicht des Landgerichts als in tatsächlicher Hinsicht bedeutungslos. Denn im Hinblick auf das Beweisziel kam den Beweistatsachen keine Bedeutung zu. Die Strafkammer erachtete die Tatsachen , auf die nach Feststellung der unter Beweis gestellten (Indiz-)Tatsachen geschlossen werden sollte, bereits anderweitig als erwiesen an. Dies war angesichts der Begründung des Beschlusses für den Angeklagten und seine Verteidiger auch erkennbar. Ein Beruhen des Urteils auf der fehlerhaften Ablehnung kann deshalb ausgeschlossen werden.
26
c) Der Sachrüge ist der Erfolg auch unabhängig davon zu versagen, ob es sich bei den Zwischenhändlern um Unternehmer handelte und ob diese tatsächlich eine Lieferung an die J. GmbH i.S.v. § 3 UStG erbrachten. Denn nach den Feststellungen wusste der Angeklagte J. um seine Einbindung in eine auf Hinterziehung von Umsatzsteuer ausgerichtete Lieferkette. Nach der Rechtsprechung des Senats zu missbräuchlichen Umsatzgeschäften bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Sinne von § 6a UStG sind aber auf Grund des im Gemeinschaftsrecht verankerten Verbots missbräuchlicher Praktiken für alle Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte, die auf die Hinterziehung von Steuern gerichtet sind, die Steuervorteile, die für die einzelnen Geschäfte grundsätzlich vorgesehen sind, zu versagen (BGH DStR 2009, 577 ff.). Dies gilt auch für rein inländische Umsatzgeschäfte (vgl. auch EuGH, Urt. vom 6. Juli 2006 - Rechtssache C-439/05 - Kittel Rdn. 56 f.).

III.

27
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
28
1. Sie beantragt zwar, „das Urteil im angefochtenen Umfang aufzuheben“. Aus dem Inhalt der Revisionsbegründung lässt sich indes entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin allein gegen den Gesamtstrafenausspruch, die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung und die Einzelstrafen, die für die zehn Fälle der Steuerhinterziehung verhängt wurden, wendet.
29
2. Die Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch ist wirksam. Eine isolierte Überprüfung der Strafzumessung ist möglich, ohne dass die den Schuldspruch tragenden Feststellungen hiervon berührt würden (vgl. BGH NJW 1996, 2663, 2664 m.w.N.). Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen bilden eine ausreichende Grundlage für die Nachprüfung der Strafzumessung (BGHSt 33, 59); sowohl das steuerrechtlich erhebliche Verhalten des Angeklagten als auch die Höhe der verkürzten Steuern hat das Landgericht dargelegt.
30
3. Einer Aufhebung und Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte in zwei Fällen wegen Untreue verurteilt wurde, auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft bedarf es nicht, da - unabhängig davon, dass dieses Rechtsmittel auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO) - das Urteil insoweit bereits auf die Revision des Angeklagten aufzuheben und das Verfahren einzustellen war (vgl. auch Senat, Urt. vom 11. März 2003 - 1 StR 507/02 m.w.N.).
31
4. Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin, dass das Landgericht der Strafzumessung einen zu geringen Schuldumfang zu Grunde gelegt hat.
32
a) Bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung hat das in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB genannte Kriterium der „verschuldeten Auswirkungen der Tat“ im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung besonderes Gewicht. „Auswirkungen der Tat“ sind insbesondere die Folgen für das durch die Strafnorm geschützte Rechtsgut. Das durch § 370 AO geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d.h. des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens jeder einzelnen Steuerart. Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender Strafzumessungsumstand i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BGH NJW 2009, 528, 531 m.w.N.).
33
Vorliegend wurde zur Ermöglichung der Hinterziehung der Steuern, die der ursprüngliche Halter der Gebrauchtfahrzeuge hätte entrichten müssen, eine Kette von Scheingeschäften gebildet, durch die weitere Steuern hinterzogen wurden. Die Sachverhaltsvarianten, die das Landgericht festgestellt hat, sind betrügerischen Karussellgeschäften vergleichbar, die auf die Erschleichung von ungerechtfertigten Steuervorteilen gerichtet sind. Hier wie dort gilt aber hinsichtlich der verschuldeten Auswirkungen der Tat folgendes:
34
Aufgrund der Ausgestaltung des Gesamtsystems besteht in Fällen solcher fingierter Ketten- oder Karussellgeschäfte typischerweise die Situation, dass für einzelne Glieder der Kette die umsatzsteuerlichen Auswirkungen neutral erscheinen können. Werden nämlich von einzelnen Kettengliedern sämtliche Umsatzsteuern bezahlt und stehen den von diesem Kettenglied gezogenen Vorsteuern vom Scheinrechnungsaussteller gezahlte Umsatzsteuern gegenüber , dann scheint die umsatzsteuerliche Bilanz an sich ausgeglichen. Nach den Feststellungen bestand eine ebensolche Situation bei der J. GmbH. Diese machte zwar zu Unrecht die in den Rechnungen der Zwischenhändler ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Die Zwischenhändler führten aber die Umsatzsteuer, die in den Rechnungen ausgewiesen waren, die der J. GmbH ausgestellt wurden, an das jeweils zuständige Finanzamt ab.
35
Dieser Umstand berührt aber den Schuldspruch nicht. Denn ein Vorsteuerabzug scheidet aus, da den Rechnungen der Zwischenhändler keine tatsächlich durchgeführten Lieferungen zu Grunde lagen. Nur wenn solche tatsächlich gegeben gewesen wären, wäre der Rechnungsadressat zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen (BGH NJW 2002, 1963, 1965).
36
Der Umstand, dass die umsatzsteuerliche Bilanz der J. GmbH auf Grund der Entrichtung der Umsatzsteuer durch die Zwischenhändler als neutral erscheint, hätte aber Auswirkungen auf die Bestimmung des Schuldumfangs.
37
b) Eine solche auf das einzelne Scheinrechnungsverhältnis beschränkte Betrachtung würde dem Gesamtunrechtsgehalt des Hinterziehungssystems aber nicht gerecht. Dieser wird nämlich nicht durch das einzelne Rechnungsverhältnis geprägt, sondern durch das System als Ganzes. Es ist anerkannt, dass jedenfalls, soweit - wie hier - den einzelnen Beteiligten die Struktur und die Funktionsweise des Gesamtsystems bekannt sind, dies auch bei der Feststellung der für die Strafzumessung bestimmenden verschuldeten Auswirkungen der Tat Gewicht erlangen kann. Maßgeblich ist deshalb der vom Vorsatz umfasste , aus dem Gesamtsystem erwachsene deliktische Schaden, der in dem Überschuss von gezogener Vorsteuer im Vergleich zu gezahlter Umsatzsteuer besteht (BGH NJW 2002, 3036, 3039).
38
Es ist daher rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht allein die Umsatzsteuer , die durch die ursprünglichen Halter hinterzogen wurde, der Strafzumessung zu Grunde gelegt hat. Denn hierdurch wird der aus dem Gesamthinterziehungssystem erwachsene Schaden nicht vollständig erfasst.

39
aa) Die Feststellungen der Strafkammer sind bereits deshalb bedenklich, weil sie nicht zweifelsfrei feststellen konnte, welche Höhe der nicht versteuerte Kaufpreis hatte, der an die ursprünglichen Halter gezahlt wurde (UA S. 110, 112, 116). Die Strafkammer stellt allein fest, dass der Nettobetrag, der in den Rechnungen der Erstankäufer aufgeführt wurde, über dem Kaufpreis lag, der tatsächlich an den letzten Halter des Fahrzeuges gezahlt worden war (UA S. 16, 110). Im Ergebnis beschwert dies den Angeklagten aber nicht, da aufgrund der Feststellungen zu seinen Lasten anderweitig hinterzogene Steuern in den Blick zu nehmen sind, die der Höhe nach zweifelsfrei feststehen und den Betrag, den die Strafkammer der Strafzumessung zu Grunde gelegt hat, übersteigen.
40
bb) Denn jedenfalls die von den als formelle Erstankäufer eingesetzten Scheinfirmen in den Rechnungen an die Zwischenhändler ausgewiesene Umsatzsteuer , die sich nach den Feststellungen auf circa 570.000,-- Euro belief, wurde hinterzogen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
41
(1) Die als Erstankäufer eingesetzten Scheinfirmen gaben keine Umsatzsteuervoranmeldungen oder -jahreserklärungen ab und führten die in den Scheinrechnungen an die Zwischenhändler ausgewiesene Umsatzsteuer entgegen § 14 Abs. 3 UStG aF (bzw. § 14c Abs. 2 UStG nF) auch nicht ab. Daher haben die Erstankäufer den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht. Bei der Ausstellung einer Scheinrechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer ist eine Gefährdung des Steueraufkommens jedenfalls dann gegeben , wenn diese Rechnung zum Vorsteuerabzug benutzt werden kann und der Rechnungsaussteller die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt hat (BGH NStZ 2001, 380, 381).

42
(2) Die von den Scheinfirmen ausgestellten Rechnungen wurden zudem von den Zwischenhändlern dafür genutzt, unberechtigt Vorsteuern geltend zu machen. Die Steuergefährdung, der der Gesetzgeber mit Schaffung des § 14 Abs. 3 UStG aF (§ 14c UStG nF) entgegenwirken wollte (vgl. BGH NJW 2002, 3036, 3037), ist in einen Schaden umgeschlagen. Die Umsatzsteuer, die die Zwischenhändler aus den Rechnungen abzuführen hatten, die der J. GmbH ausgestellt worden waren, wurde hierbei verkürzt. Bezieht man auch die an anderer Stelle hinterzogene Umsatzsteuer in die gebotene Gesamtbetrachtung mit ein, erweist sich die umsatzsteuerrechtliche Bilanz der J. GmbH nicht mehr als neutral.
43
(3) Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung des Landgerichts, dass nach § 14 Abs. 3 UStG aF (resp. § 14c Abs. 2 UStG nF) geschuldete Steuern für die Strafzumessung irrelevant seien, da sie bei steuerehrlichem Verhalten nicht an den Fiskus abzuführen gewesen wären, rechtlich nicht zutreffend. Diese Sichtweise vernachlässigt, dass durch die Rechnungen, in denen Umsatzsteuer ausgewiesen wird, dem Rechnungsempfänger eine weitere Möglichkeit der Steuerhinterziehung eröffnet wird. Wenn sich die mit der Scheinrechnung verbundene Gefahr dann aber - wie hier - realisiert, hat diese verschuldete Auswirkung der Tat für die Strafzumessung Bedeutung. Es ist zu berücksichtigen , dass die Verkürzung, die aus den unrichtigen Erklärungen des Zwischenhändlers resultiert, den schon durch das Unterlassen der Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. -jahreserklärung durch den Erstankäufer verursachten Steuerschaden fortsetzt und allenfalls vergrößert. Damit ist das Steueraufkommen zwar nicht in der Summe der beiden Hinterziehungen, aber im Umfang des jeweils höheren Hinterziehungsbetrages gefährdet (BGH NStZ 2003, 268).
44
c) Auf dem Rechtsfehler beruht das Urteil auch zu Gunsten des Angeklagten. Angesichts der Tatsache, dass sowohl der Schaden der einzelnen Hinterziehungstaten als auch der Gesamtschaden weitaus höher ist, als von der Strafkammer angenommen, kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Zugrundelegung des zutreffenden Schadensumfangs sowohl auf höhere Einzel- als auch eine höhere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
45
Da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt, können die vom Landgericht getroffenen Feststellungen aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter darf aber ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
46
5. Da bereits der aufgezeigte Rechtsfehler zur Aufhebung des Strafausspruchs führt, bedarf es keines Eingehens auf die weiteren Beanstandungen, die die Beschwerdeführerin gegen den Rechtsfolgenausspruch erhebt. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
47
a) Nach § 153a Abs. 2 oder § 154 Abs. 2 StPO eingestellte Taten bzw. Tatteile, von deren Ahndung nach § 154a StPO abgesehen wurde, dürfen lediglich dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn sie prozessordnungsgemäß festgestellt wurden und der Angeklagte darauf hingewiesen wurde (vgl. die Nachweise bei Fischer StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 46 f.).
48
b) Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben zu prüfen, ob die Taten einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung darstellen. Dies bestimmt sich vorliegend, soweit in diesem Zusammenhang auf die Höhe der hinterzogenen Steuern abgestellt wird, nach § 370 Abs. 3 AO aF. Insoweit müssten Steuern in „großem Ausmaß“ aus „groben Eigennutz“ hinterzogen worden sein.

49
c) Soweit die Höhe der Umsatzsteuer, die seitens der ursprünglichen Halter hinterzogen wurde, beziffert werden kann, ist dieser Hinterziehungsbetrag ebenfalls zu Ungunsten des Angeklagten als verschuldete Auswirkung der Tat mit in die Strafzumessung einzuziehen. Denn gerade auch, um dem ursprünglichen Halter diese eigenständige Hinterziehung zu ermöglichen, wurde das Gesamtsystem unter Mitwirkung des Angeklagten installiert. Der Umstand, dass insoweit für sich genommen eine eigenständige Beihilfe zur Steuerhinterziehung der ursprünglichen Halter gegeben ist, die als solche nicht angeklagt wurde, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH NStZ 2003, 268). Wie dargelegt kann insoweit allerdings zur Ermittlung des Schwarzgeldanteils, auf dessen Grundlage die hinterzogene Umsatzsteuer zu berechnen wäre, nicht die Differenz zwischen dem Nettobetrag der Rechnungen, die die Erstankäufer den Zwischenhändlern ausstellten und dem Nettobetrag der Rechnungen der Halter an die Erstankäufer herangezogen werden. Soweit der Schwarzgeldanteil am Kaufpreis nicht anderweitig festgestellt werden kann, wäre insoweit der Schwarzgeldanteil für die einzelnen Geschäfte zu schätzen.
50
d) Für den Fall, dass die neu zu bemessende Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigen sollte, wäre auch § 56 Abs. 3 StGB in den Blick zu nehmen.
51
Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass bei Steuerhinterziehungen beträchtlichen Umfangs auch von Gewicht ist, die Rechtstreue der Bevölkerung, auch auf dem Gebiet des Steuerrechts zu erhalten. Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe kann sich daher zur Verteidigung der Rechtsordnung als notwendig erweisen, wenn die Tat Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt ge- kennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Strafaussetzung vertraut (BGH NStZ 1985, 459; GA 1979, 59; Urt. vom 28. September 1983 - 3 StR 280/83). Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung ist insbesondere dann geboten, wenn eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalls für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte (vgl. BGHSt 24, 40, 46; BGHR StGB § 56 Abs. 3 - Verteidigung 15; BGH wistra 2000, 96, 97).
52
Besondere Umstände, die die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe gebieten könnten, liegen nach den bisherigen Feststellungen hier vor. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass durch Umsatzsteuerhinterziehungen große Steuerausfälle verursacht werden (vgl. die Nachweise bei Muhler wistra 2009, 1). Zudem hat sich der Angeklagte an einem komplexen und aufwändigen Täuschungssystem beteiligt, das die systematische Verschleierung von Sachverhalten über einen längeren Zeitraum bezweckte (vgl. BGH NJW 2009, 533). Eine solche Vorgehensweise weist Merkmale einer organisierten Kriminalität (vgl. § 110a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StPO) auf. Andererseits liegen die Taten bereits einige Zeit zurück. Erforderlich ist eine dem Einzelfall gerecht werdende Abwägung, bei der Tat und Täter umfassend zu würdigen sind (BGHSt 24, 40, 46; BGHR StGB § 56 Abs. 3 - Verteidigung 5, 6 und 16; NStZ-RR 1998, 7, 8).
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 354/08
vom
20. November 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja - nur 1. -
Veröffentlichung: ja
______________________________
1. Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen
Gemeinschaftsgebiet stellt keine steuerfreie innergemeinschaftliche
Lieferung im Sinne des § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer
in kollusivem Zusammenwirken mit dem tatsächlichen Abnehmer
die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um dem
Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen.
2. Wird eine solche Lieferung durch den inländischen Unternehmer
gleichwohl als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt,
macht der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige
Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und verkürzt dadurch die auf
die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1
Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete Umsatzsteuer.
BGH, Beschl. vom 20. November 2008 - 1 StR 354/08 - LG München II
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2008 beschlossen
:
1. Den Angeklagten wird auf ihre Anträge gegen die Versäumung
der Frist zur Anbringung der in der Revisionsbegründungsschrift
vom 4. April 2008 unter B. 2. Teil III (RB S. 73) und B. 3. Teil I
(RB S. 94) erhobenen Verfahrensrügen Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzungen tragen die Angeklagten.
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München II vom 28. November 2007 werden als unbegründet
verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 14 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten bzw. drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügen, sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 3. September 2008, die auch durch die Erwiderungen der Beschwerdeführer (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht entkräftet werden, unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieben die beiden Angeklagten seit Ende des Jahres 1983 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Unternehmen, das unter anderem auch den Handel mit Kraftfahrzeugen zum Gegenstand hatte. In diesem Geschäftsbereich erwarben die Angeklagten im Inland gegen Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer hochwertige Personenkraftwagen, die sie sodann - seit 1996 in stetig steigendem Umfang - an ihre in Italien gewerblich tätigen Kunden verkauften. Ihre Ausgangsrechnungen stellten sie in Absprache mit ihren Abnehmern auf italienische Scheinkäufer aus, die ihrerseits die Fahrzeuge zum Schein an Zwischenhändler verkauften. In einem weiteren Scheingeschäft verkauften diese Zwischenhändler die Personenkraftwagen dann an die tatsächlichen Abnehmer der Angeklagten und wiesen in den diesbezüglichen Ausgangsrechnungen die italienische Umsatzsteuer offen aus. Den Angeklagten war bewusst, dass die Scheingeschäfte, die ihre Abnehmer veranlassten, vorgetäuscht wurden, um den tatsächlichen Erwerbern der Fahrzeuge in Italien den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, während die Aussteller der Scheinrechnungen zu keiner Zeit die bei ihnen anfallende Umsatzsteuer abführten.
3
In ihren eigenen Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2003 und 2004 sowie in den monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen von Januar 2005 bis Februar 2006 erklärten die Angeklagten die Umsätze aus den Geschäften mit ihren italienischen Scheinkäufern als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen im Sinne von § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG. Darüber hinaus machten sie die ihnen bei Ankauf der Pkw in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend, obwohl teilweise die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht gegeben waren. Insgesamt hat das Landgericht eine Hinterziehungssumme in Höhe von mehr als 3.640.000,-- EUR errechnet, die aus den vollendeten Taten resultierte. Hierbei beläuft sich die im Zusammenhang mit den Fahrzeuglieferungen nach Italien hinterzogene Umsatzsteuer auf 1.770.386,-- EUR. Daneben versuchten die Angeklagten nach den Berechnungen des Landgerichts, weitere Steuern in Höhe von 240.855,-- EUR zu hinterziehen.

II.


4
Auf der Grundlage dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das Landgericht zu Recht bei den Lieferungen nach Italien das Vorliegen von innergemeinschaftlichen Lieferungen im Sinne des § 6a UStG verneint, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfrei gewesen wären. Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet stellt keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer in kollusivem Zusammenwirken mit dem Abnehmer die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen. Werden diese Lieferungen durch die inländischen Unternehmer gleichwohl als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt, macht der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und verkürzt dadurch die auf die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete Umsatzsteuer.
5
1) Die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen fand zur Tatzeit ihre Grundlage in Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (ABl. EG Nr. L 145 S. 1; im Folgenden: Sechste Richtlinie). Damit wird der Mehrwertsteuerübergangsregelung Rechnung getragen, nach der im Rahmen der Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten die Steuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen sollen, in dem der Endverbrauch erfolgt (Grundsatz der steuerlichen Territorialität). Gleichzeitig wird bei einer im Ursprungsland steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung die Doppelbesteuerung und damit eine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnenden Grundsatzes der steuerlichen Neutralität vermieden (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 21 f.).
6
2) Die Mitgliedstaaten dürfen nach Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie Maßnahmen erlassen, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehung zu verhindern. Für die Steuerbefreiung der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG daher erforderlich, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 6a Abs. 1 und 2 UStG durch den inländischen Unternehmer nachgewiesen sind. Dabei muss die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG) durch entsprechende Belege eindeutig und leicht nachzuprüfen sein (§ 17a Abs. 1 UStDV, sog. Belegnachweis). Darüber hinaus hat der inländische Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung buchmäßig nachzuweisen (§ 17c Abs. 1 UStDV; sog. Buchnachweis). Diese Nachweispflichten sind mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie sind indes grundsätzlich keine materielle Voraussetzungen für die Befreiung von der Umsatzsteuer (BFH DStR 2008, 297, 299 im Anschluss an die Vorabentscheidung des EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé). Steht aufgrund der objektiven Beweislage fest, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen, ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die erforderlichen Nachweise nicht entsprechend §§ 17a, 17c UStDV erbracht hat (BFH aaO). Soweit in der bisherigen Rechtsprechung im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH/NV 1997, 629 ff.) auch in steuerstrafrechtlicher Hinsicht von anderen Grundsätzen ausgegangen wurde (BGH NJW 2005, 2241), gibt der Senat diese angesichts der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BFH auf.
7
3) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht gleichwohl zu Recht das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung verneint.
8
a) Die erklärten und als innergemeinschaftliche Lieferung bezeichneten Lieferungen an die vorgeblichen Zwischenhändler haben nicht stattgefunden. Hierbei handelte es sich um bloße Scheingeschäfte. Bei diesen fehlt es daher bereits an einer Lieferung i.S.v. § 6a Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 UStG. Lieferungen sind dabei Leistungen eines Unternehmers, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, in eigenem Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht , § 3 Abs. 1 UStG). Eine solche tatsächliche Verfügungsmacht wurde den Scheinabnehmern indes weder verschafft noch sollte sie - wie die Angeklagten wussten - zu irgendeiner Zeit verschafft werden.
9
b) Stattdessen liegen Lieferungen an die tatsächlichen Erwerber der Fahrzeuge vor. Hierbei handelt es sich um Lieferungen i.S.v. § 1 Abs. 1 UStG und somit um steuerbare Umsätze. Deren - allein in Betracht zu ziehende - Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG scheidet aus, da die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nicht gegeben sind.
10
aa) Für die Steuerbefreiung der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG neben den weiteren Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG erforderlich, dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer im anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Dabei ist allerdings grundsätzlich nicht Voraussetzung, dass der Gegenstand des Erwerbs tatsächlich besteuert wird (Weymüller in Sölch/Ringleb UStG § 6a Rdn. 35). Den inländischen Unternehmer treffen insoweit auch keine Nachweispflichten i.S.v. § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG (Weymüller aaO Rdn. 51).
11
bb) § 6a Abs. 1 UStG setzt aber die diesbezüglichen Vorgaben der Sechsten Richtlinie in das nationale Recht um. Bei der Auslegung der Vorschrift sind daher die Vorgaben des einschlägigen Gemeinschaftsrechts zu beachten.
12
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, dem insoweit das Auslegungsmonopol zukommt (Art. 234 EGV), ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht indes nicht erlaubt. Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts kann nicht so weit gehen, dass missbräuchliche Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern gedeckt werden. Denjenigen Umsätzen, die nicht im Rahmen normaler Handelsgeschäfte, sondern nur zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen, sind diese Vorteile zu versagen (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 69). Das demnach im Gemeinschaftsrecht verankerte grundsätzliche Verbot missbräuchlicher Praktiken gilt dabei auch auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen , Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ist ein Ziel, das von der Sechsten Richtlinie anerkannt und gefördert wird (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 70 f.). Eine missbräuchliche Praxis ist dabei dann gegeben, wenn die Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe und wenn anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 74 f.).
13
(2) Danach ist § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gemeinschaftsrechtlich dahingehend auszulegen, dass der Erwerb des Gegenstands einer Lieferung beim Abnehmer dann nicht den Vorschriften der Umsatzbesteuerung in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne der Vorschrift unterliegt, wenn die im Bestimmungsland vorgesehene Erwerbsbesteuerung der konkreten Lieferung nach dem übereinstimmenden Willen von Unternehmer und Abnehmer durch Verschleierungsmaßnahmen und falsche Angaben gezielt umgangen werden soll, um dem Unternehmer oder dem Abnehmer einen ungerechtfertigten Steuervorteil zu verschaffen. Anderes gilt, wenn die Verschleierungsmaßnahme anderen Zwecken dient.
14
cc) Eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 Abs. 3 EGV besteht in diesem Zusammenhang nicht. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage liegt nicht vor. Die maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen waren bereits Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH, so dass eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gegeben ist, durch die die betreffende Rechtsfrage gelöst ist (vgl. EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982 - Rechtssache Rs 283/81 - Cilfit = NJW 1983, 1257, 1258).
15
(1) Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Sechsten Richtlinie erlassen haben, dürfen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht so weit gehen, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen, die ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 26 m.w.N.). Danach ist zu gewährleisten, dass lediglich der Erwerb des Endverbrauchers mit Umsatzsteuer belastet ist, während die Unternehmer einer Lieferkette einer solchen Belastung nicht ausgesetzt werden sollen.
16
(2) Vor diesem Hintergrund hat es der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits als nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar angesehen , dass die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung allein von der Einhaltung bestimmter formeller Anforderungen abhängig gemacht wird, ohne die materiellen Anforderungen zu berücksichtigen und insbesondere ohne in Betracht zu ziehen, ob diese erfüllt sind (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 29).
17
(3) Gleichzeitig hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften schon festgestellt, dass das Recht auf Befreiung einer Lieferung von der Mehrwertsteuer entfällt, wenn feststeht, dass der betreffende Umsatz zur Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils getätigt wurde und dadurch eine Gefährdung des Steueraufkommens besteht und diese nicht vollständig vom Steuerpflichtigen beseitigt worden ist (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 38 ff., Rdn. 42). Unter diesen Voraussetzungen hindert das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten auch nicht daran, die Verschleierung oder das Vortäuschen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach nationalem Recht steuerstrafrechtlich zu ahnden (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 40 m.w.N.).
18
(4) Zudem ist in der Rechtsprechung des EuGH bereits anerkannt, dass der Grundsatz der Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems es nicht verhindert, dass ein Mitgliedstaat Mehrwertsteuer von einem Steuerpflichtigen nachfordern kann, wenn dieser zu Unrecht eine Rechnung unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung für eine Lieferung von Gegenständen ausgestellt hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH, Beschl. vom 3. März 2004 - Rechtssache C-395/02 - Transport Service NV, Rdn. 31; siehe auch EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 66).
19
(5) Zuletzt gebieten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit keine anderweitige Auslegung. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße gilt, wenn es sich um eine Regelung handelt, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten steuerlichen Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 48). Demgegenüber besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , dass sich die Mitgliedstaaten solcher Mittel bedienen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen, die jedoch andererseits die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Gemeinschaftsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 52). Beide Grundsätze kann indes nur der gutgläubige Unternehmer für sich in Anspruch nehmen, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt (EuGH, Urt. vom 11. Mai 2006 - Rechtssache C-384/04 - Federation of Technological Industries, Rdn. 33) und der von dem begangenen Betrug weder Kenntnis hatte noch haben konnte (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 50). Um solche gutgläubigen Unternehmer handelte es sich bei den hier in Rede stehenden Konstellationen indes gerade nicht.
20
dd) Das danach auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemeinschaftsrechtlich gebotene Verständnis des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, das in Fällen der vorliegenden Art zur Versagung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG führt, genügt auch den Anforderungen, die nach Art. 103 Abs. 2 GG an die Bestimmtheit der die Blankettstrafnorm ausfüllenden Vorschriften zu stellen sind. Tragweite und Anwendungsbereich des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG und somit auch Tragweite und Anwendungsbereich des Straftatbestandes des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sind für den Normadressaten bereits aus dem Gesetz selbst zu erkennen und können durch Auslegung ermittelt und konkretisiert werden (vgl. insoweit BVerfGE 105, 135, 153 m.w.N.).
21
ee) Da in den vorliegenden Fällen nach dem einvernehmlichen Willen der Angeklagten und ihrer Geschäftspartner durch Vorspiegelung der Scheinkäufer die Erwerbsbesteuerung bei den tatsächlichen Erwerbern in Italien gerade ver- mieden werden sollte, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen, sind auch die Voraussetzungen erfüllt, die zum Wegfall der Steuerbefreiung führen.
22
(1) Auf der Grundlage formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts hätte die Lieferung einen Steuervorteil, nämlich die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG, zur Folge.
23
(2) Dessen Gewährung würde dem Ziel, das mit diesen Bestimmungen verfolgt wird, zuwiderlaufen; das gemeinschaftsrechtliche Umsatzsteuersystem würde zu Gunsten einzelner Wettbewerber in ein Ungleichgewicht gebracht. Ziel der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung und der Neutralität des gemeinsamen Umsatzsteuersystems ist aber die Herstellung eines „gesunden Wettbewerbs“ im innergemeinschaftlichen Handelsverkehr (vgl. den dritten Erwägungsgrund der Sechsten Richtlinie). Demgegenüber verschaffen sich die Beteiligten eines Kettengeschäfts wie des vorliegenden unter Ausnutzung der formalen Vorgaben der einschlägigen Bestimmungen Wettbewerbsvorteile, die von dem gemeinsamen Umsatzsteuersystem nicht bezweckt werden. Der Unternehmer kann in der Regel den Gegenstand bereits zu einem höheren Preis verkaufen, als der Markt erbringen würde. Jedenfalls der tatsächliche Abnehmer verschafft sich aber den Gegenstand zu einem günstigeren Preis, als er tatsächlich auf dem Markt zahlen müsste, da er die Vorsteuer, die er für den formellen Erwerb geltend macht, dem tatsächlich gezahlten Preis gegenrechnen kann.
24
(3) Auch die erforderlichen objektiven Anhaltspunkte, die ergeben, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird, liegen vor. Die festgestellte konkrete Abwicklung der fraglichen Fahrzeugge- schäfte diente - wie die Angeklagten wussten - allein der Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile bei den Abnehmern der Angeklagten. Zu diesem Zweck sollte die vom Mehrwertsteuersystem bezweckte Besteuerung im Bestimmungsland gezielt umgangen werden.
25
4) Indem die Angeklagten kollusiv mit den Abnehmern in Italien zusammenwirkten , entfiel demnach die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG für die fraglichen Lieferungen. Durch die daher wahrheitswidrigen Erklärungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in den Umsatzsteuerjahreserklärungen und -voranmeldungen wurde somit die nach deutschem Recht von den Angeklagten auszuweisende und abzuführende Umsatzsteuer hinterzogen. Den Angeklagten wird demgemäß auch nicht die Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung in Italien vorgeworfen.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 718/08
vom
12. Mai 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
________________________
Zu den Anforderungen an die Feststellung und die Beweiswürdigung von Besteuerungsgrundlagen
in steuerstrafrechtlichen Urteilen.
BGH, Urt. vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08 - LG Gießen
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Mai 2009,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Regierungsoberrat
als Vertreter des Finanzamts Wetzlar,
Justizangestellte
- bei der Verhandlung -,
Justizangestellte
- bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 9. September 2008 wird
a) das Verfahren im Fall 1. der Urteilsgründe eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Umsatzsteuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 1999 verurteilt wurde;
b) die weitergehende Revision mit der Maßgabe verworfen, dass aa) der Angeklagte in den Fällen 15. und 16. der Urteilsgründe schuldig ist des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition und mit Führen eines verbotenen Gegenstandes; bb) für die Fälle 15. und 16. der Urteilsgründe eine Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten festgesetzt wird. 2. Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen; im Übrigen hat der Beschwerdeführer die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen, wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in zwei Fällen, wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Die Revision des Beschwerdeführers, mit der er ohne nähere Ausführungen die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat lediglich den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I.


2
1. Der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung liegen folgende Feststellungen zu Grunde:
3
Der Angeklagte ist seit ca. 20 Jahren im Immobiliengeschäft tätig. Er erzielte steuerpflichtige Umsätze durch die Überlassung eigener und angemieteter Wohnungen; die meisten der Wohnungen überließ er Prostituierten zur Ausübung der gewerblichen Prostitution. Im Jahre 1999 gründete der Angeklagte die BH gesellschaft mbH (nachfolgend: BH GmbH), deren Geschäftsführer er seit der Gründung war.
4
Für den Veranlagungszeitraum 1999 unterließ es der Angeklagte für sich persönlich Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Dadurch wurde Umsatzsteuer in Höhe von 55.040,-- DM verkürzt. Darüber hinaus gab er unter dem Datum des 8. Februar 2001 eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt ab, in der er bewusst wahrheitswidrig zu geringe Einkünfte erklärte, weshalb am 5. April 2001 die von ihm zu zahlende Einkommensteuer um 100.982,-- DM und der Solidaritätszuschlag um 5.505,17,-- DM zu gering festgesetzt wurden. Auf dieser Grundlage setzte das Landgericht wegen Steuerhinterziehung in drei tateinheitlichen Fällen eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen fest.
5
Für die Veranlagungszeiträume der Jahre 2000 bis 2004 erklärte der Angeklagte die aus der Überlassung der Wohnungen resultierenden Einkünfte und Umsätze, die er selbst und die BH GmbH erzielte, in den jeweiligen Steuererklärungen nicht vollständig, wodurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag , Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer in einer Gesamthöhe von etwa 620.000,-- EUR verkürzt wurden.
6
2. Die Verurteilung im Fall 1. der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben , soweit der Angeklagte für den Veranlagungszeitraum 1999 tateinheitlich auch wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer verurteilt wurde. Ihr steht ein Verfolgungshindernis entgegen, weshalb das Verfahren insoweit einzustellen ist.
7
a) Selbst wenn man wegen der Einschaltung eines Steuerberaters davon ausgeht, dass dem Angeklagten über die gesetzliche Frist nach § 149 Abs. 2 AO (31. Mai 2000) hinaus eine Fristverlängerung eingeräumt war (vgl. die Gleichlautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen für das Kalenderjahr 1999, BStBl. 2000 I, 86), war die Tat jedenfalls spätestens am 30. September 2000 beendet (vgl. BGHR AO § 370 Verjährung 3). Bis zum Eintritt der Verjährung erfolgte keine geeignete Unterbrechungshandlung. Der Durchsuchungsbeschluss in dem gegen den Angeklagten geführten Verfahren (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB) wurde erst am 24. März 2006 erlassen.
8
b) Das Verfahren ist daher insoweit gemäß § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Die Annahme von Tateinheit steht dem nicht entgegen. Zwar bedarf es einer förmlichen Einstellung nicht, wenn sich ein Prozesshindernis nur auf eine tateinheitlich begangene Gesetzesverletzung bezieht (BGHSt 7, 305, 306; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 43). Der Bundesgerichtshof hat jedoch andererseits entschieden, dass in Fällen, in denen sich die Annahme von Tateinheit schon aufgrund des der Anklage zu Grunde liegenden Sachverhalts als verfehlt darstellt, ein Teilfreispruch zu erfolgen hat, wenn eine der in Betracht kommenden selbständigen Taten nicht nachzuweisen ist (BGH NJW 1993, 2125, 2126; ebenso Schoreit in KK StPO § 260 Rdn. 20, Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 12 m.w.N.).
9
Der vorliegende Fall, in dem die Verurteilung wegen Vorliegens eines Verfolgungshindernisses nicht erfolgen kann, ist diesen Fällen vergleichbar. Auch insoweit ist zur erschöpfenden Erledigung des angeklagten Prozessstoffes eine Teileinstellung auszusprechen, da sich die Annahme von Tateinheit in der Anklage und dem Eröffnungsbeschluss als verfehlt erweist. Denn durch die pflichtwidrig unterlassene Umsatzsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1999 ist der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt. Demgegenüber verwirklichte der Angeklagte durch Abgabe der unrichtigen Einkommensteuererklärung und die daran anschließende Festsetzung durch die Finanzbehörden den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Liegen aber die Handlungsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und die Unterlassungsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vor, die sich zudem noch auf unterschiedliche Steuerarten beziehen , stehen die beiden verwirklichten Straftaten in Tatmehrheit (BGH wistra 2005, 30, 31).
10
3. Die Feststellungen hinsichtlich der übrigen Fälle der Steuerhinterziehung tragen demgegenüber den Schuld- und den Strafausspruch. Wenngleich die Sachdarstellung teilweise unvollständig ist und die getroffenen Feststellungen nicht zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung unterscheiden, so dass sie sich teilweise auch als unklar und unübersichtlich erweisen, ermöglichen sie dem Senat dennoch eine hinreichende rechtliche Überprüfung des Urteils.
11
a) Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen , dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4 und 7). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 StPO).
12
Bei der Steuerhinterziehung kommt hinzu, dass die Blankettnorm des § 370 AO und die sie ausfüllenden steuerrechtlichen Vorschriften zusammen die maßgebliche Strafvorschrift bilden (BGH NStZ 2007, 595). Die Strafvorschrift des § 370 AO wird materiellrechtlich ausgefüllt durch die im Einzelfall anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften, aus denen sich ergibt, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 374, 375; NStZ 2001, 201).
13
Die sachlich-rechtliche Prüfung der rechtlichen Würdigung durch das Revisionsgericht setzt bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus, dass die steuerlich erheblichen Tatsachen festgestellt sind. Dazu gehören insbesondere diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind (Besteuerungsgrundlagen).
14
b) Bei einer Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen sind daher grundsätzlich folgende Anforderungen zu stellen:
15
aa) Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist einerseits Erklärungsdelikt. Der Tatbestand wird dadurch verwirklicht, dass gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden. Daher ist festzustellen, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen mit welchem Inhalt abgegeben hat (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4).
16
bb) Die Steuerhinterziehung ist darüber hinaus Erfolgsdelikt, da § 370 Abs. 1 AO voraussetzt, dass durch die unrichtigen oder unvollständigen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt worden sind. Steuern sind dabei namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Insoweit bedarf es einerseits der Feststellung , welche Steuern seitens der Finanzbehörden zu welchem Zeitpunkt festgesetzt wurden (sog. Ist-Steuer). Weiter ist erforderlich, dass zum einen der tatsächliche Sachverhalt festgestellt wird, aus dem die von Gesetzes wegen geschuldete Steuer folgt (sog. Soll-Steuer). Daneben ist die Soll-Steuer als solche festzustellen. Aus der Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Steuer ergibt sich dann die verkürzte Steuer.

17
c) Von der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, also der steuerrechtlich erheblichen Tatsachen, zu unterscheiden ist die Frage, in welchem Umfang die festgestellten Tatsachen gewürdigt werden müssen (Beweiswürdigung ). Für einen geständigen und zudem verteidigten Angeklagten (vgl. § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) gilt grundsätzlich:
18
Räumt der Angeklagte die Besteuerungsgrundlagen ein und hat sich der Tatrichter erkennbar von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt, dann genügt eine knappe Würdigung der so gefundenen Überzeugung. Jedenfalls, soweit es um das „reine Zahlenwerk“ - etwa den Umsatz, die Betriebseinnahmen oder die Betriebsausgaben - geht, wird regelmäßig davon ausgegangen werden können, dass auch ein steuerrechtlich nicht versierter Angeklagter diese Parameter aus eigener Kenntnis bekunden kann.
19
Der Tatrichter kann seine Überzeugung insoweit auch auf verlässliche Wahrnehmungen von Beamten der Finanzverwaltung zu den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen stützen. Angaben von Beamten der Finanzverwaltung zu tatsächlichen Gegebenheiten können - wie bei sonstigen Zeugen auch - taugliche Grundlage der Überzeugung des Tatgerichts sein.
20
d) Die auf den so festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatgerichts (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 9; BGH NStZ 2001, 200, 201). Dieses ist zwar nicht gehalten, den eigentlichen Berechnungsvorgang als Teil der Subsumtion im Urteil darzustellen, sofern dieser vom Revisionsgericht selbst durchgeführt werden kann. Freilich empfiehlt sich eine solche Berechnungsdarstellung bereits deshalb, weil sie die Nachvollziehbarkeit des Urteils erleichtert. Zudem bietet die Berechnungsdarstellung die Möglichkeit zu kontrollieren , ob die steuerlich erheblichen Tatsachen im angefochtenen Urteil festgestellt sind.
21
Den der Berechnungsdarstellung zukommenden Aufgaben kann nicht durch Bezugnahmen auf Betriebs- oder Fahndungsprüfungsberichte entsprochen werden. Das Tatgericht ist aber nicht gehindert, sich Steuerberechnungen von Beamten der Finanzverwaltung anzuschließen, die auf den festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Allerdings muss im Urteil zweifelsfrei erkennbar sein, dass das Tatgericht eine eigenständige - weil ihm obliegende Rechtsanwendung - Steuerberechnung durchgeführt hat (vgl. Jäger StraFo 2006, 477, 479 m.w.N.).
22
e) Den vorstehenden Anforderungen wird das Urteil nicht in vollem Umfang gerecht. Auf der teilweise unvollständigen Sachdarstellung beruht das Urteil indes nicht.
23
aa) Ist die sachlich-rechtliche Überprüfung dem Revisionsgericht aufgrund unzureichender Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nicht zuverlässig möglich, so beruht das Urteil grundsätzlich auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 337 StPO).
24
Ausnahmsweise kann trotz unzureichender Darstellung der Besteuerungsgrundlagen aber ein Beruhen dann ausgeschlossen werden, wenn sich die Darstellungsmängel allein auf die Überprüfbarkeit der Höhe der hinterzogenen Steuern - mithin die Überprüfbarkeit des Schuldumfangs - durch das Revisionsgericht beziehen und auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen sicher ausgeschlossen werden kann, dass die Steuerberechnung den Angeklagten in Bezug auf den Schuldumfang beschwert.

25
bb) So liegt der Fall hier. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch; auf der Grundlage der im Urteil - wenngleich an unterschiedlichen Stellen - mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen kann der Senat auch ausschließen , dass sich auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Darstellung eine geringere Steuerverkürzung ergeben hätte.
26
Anhand der mitgeteilten Umsätze sowie der festgestellten Aufwendungen , die seitens des Angeklagten bzw. der BH GmbH getätigt wurden, lässt sich die von Gesetzes wegen geschuldete Umsatzsteuer ebenso wie die von Gesetzes wegen geschuldete Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer in ihrer Größenordnung berechnen. Soweit bei der Darstellung der im Veranlagungszeitraum 2000 hinterzogenen Steuern teilweise Feststellungen fehlen, die angesichts der damaligen Geltung des körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 KStG aF) erforderlich waren, gefährdet dies den Bestand des Urteils im konkreten Fall nicht. Insbesondere kann trotz der fehlenden Feststellungen zum verwendbaren Eigenkapital der BH GmbH (vgl. insoweit Senat, Urt. vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 375/08) die Höhe der hinterzogenen Körperschaftsteuer ermittelt werden. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich, dass es bei der BH GmbH im Veranlagungszeitraum 2000 nach damaligem Recht kein verwendbares Eigenkapital gab, das auf der Ebene der Gesellschafter zu einer weiteren Steuererstattung geführt hätte oder hätte führen können.
27
Die auf dieser Grundlage erfolgte Überprüfung der vom Landgericht angenommenen Soll-Steuern durch den Senat ergab keine Berechnungsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Dieser hat zudem das Ergebnis der Neuberechnung der Steuern, die auf der Grundlage der von ihm eingestandenen Be- steuerungsgrundlagen in der Hauptverhandlung erfolgte, auch anerkannt. Hierfür war der kaufmännisch versierte und verteidigte Angeklagte auch ausreichend sachkundig.

II.


28
Demgegenüber kann in den Fällen 15. und 16. der Urteilsgründe die Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in zwei Fällen keinen Bestand haben.
29
1. Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass bei der Durchsuchung des Hauses des Angeklagten am 25. April 2006 eine ihm gehörende Pistole P 38, 9 mm sowie knapp 400 Patronen Munition Kaliber 22 aufgefunden wurden, für die der Angeklagte keine waffenrechtliche Erlaubnis hatte. Daneben führte der Angeklagte bei seiner Festnahme am gleichen Tag im Handschuhfach seines Fahrzeuges einen Schlagring bei sich.
30
2. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erweist sich die Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in zwei Fällen als rechtsfehlerhaft.
31
Das gleichzeitige unerlaubte Ausüben der tatsächlichen Gewalt über mehrere Waffen oder Waffenteile bzw. Munition, auch wenn sie nicht unter dieselbe Strafbestimmung fallen, gilt als nur ein Verstoß gegen das Waffenrecht (st. Rspr., vgl. BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 1; BGH NStZ-RR 2003, 124 f.; BGHR WaffG § 52a Abs. 1 Konkurrenzen 1 m.w.N.; BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - 3 StR 543/08 jeweils m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der Täter mehrere Waffen besitzt und lediglich eine davon führt (BGHR WaffG § 53 Abs. 3a Konkurrenzen 2; BGH NStZ 2001, 101). Hieran hält der Senat fest, auch wenn in Fällen, bei denen - wie hier - durch das Führen einer der Waffen eine besonders gefährliche Manifestation des Willens zur Gewaltausübung gegeben ist, eine andere Beurteilung nicht weniger überzeugend erscheint.
32
Der Schuldspruch in diesem Zusammenhang ist daher so wie geschehen zu berichtigen. § 265 StPO steht dem nicht entgegen; der insoweit geständige Angeklagte hätte sich auch im Falle eines Hinweises nicht anders und Erfolg versprechender als geschehen verteidigen können.

III.


33
Im Zusammenhang mit der Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz und wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen zeigt die Revision keinen Rechtsfehler auf.

IV.


34
1. Der Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlicher Steuerhinterziehung hinsichtlich der Umsatzsteuer für den Veranlagungszeitraum 1999 im Fall 1. der Urteilsgründe führt nicht zur Aufhebung der hierfür verhängten - angesichts des verbleibenden Schadens und der einschlägigen Vorstrafe des Angeklagten sehr maßvollen - Einzelstrafe. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine geringere Einzelstrafe erkannt hätte, weil auch festgestellte, aber verjährte Taten bei der Findung schuldangemessener Strafen berücksichtigt werden können (vgl. Senat, Beschl. vom 27. August 2008 - 1 StR 452/08; Fischer, StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 38b m.w.N.).
35
2. Der Wegfall der in Fall 16. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von vier Monaten führt nicht zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. In Anbetracht der verbleibenden Einzelstrafen und der maßvollen Erhöhung der Einsatzstrafe von einem Jahr und drei Monaten, kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ausschließen, dass das Landgericht auf eine niedrigere Gesamtstrafe als zwei Jahre und fünf Monate erkannt hätte.
36
3. Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht die an sich für schuldangemessen erachtete Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten um fünf Monate milderte, ohne dass dies rechtlich geboten war.
37
Der Milderung lag zu Grunde, dass der gegen den Angeklagten ergangene Haftbefehl mit der Maßgabe außer Vollzug gesetzt wurde, dass der Aufenthalt des Angeklagten mittels einer elektronischen Fußfessel überwacht wird. Die Auflage wurde für die Dauer von einem Jahr und fünf Monaten vollzogen. Diesem Umstand hat die Strafkammer einerseits „ganz erheblich bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten“ Rechnung getragen (UA S. 28). Darüber hinaus erachtete das Landgericht deswegen aber eine Milderung der tatsächlich für schuldangemessen erachteten Gesamtfreiheitsstrafe für erforderlich.
38
Die Überwachung des Aufenthalts des Angeklagten mittels einer elektronischen Fußfessel stellt indes keine haftgleiche Freiheitsentziehung, sondern vielmehr nur eine Freiheitsbeschränkung dar (vgl. auch Senat NJW 1998, 767; Heghmanns ZRP 1999, 297, 302, siehe auch Fünfsinn in Festschrift für Eisenberg S. 691, 697 m.w.N.). Eine wie auch immer geartete Anrechnung auf die verhängte Strafe ist daher nicht erforderlich. Vielmehr handelt es sich - wie vom Landgericht im Ansatz richtig gesehen - nur um einen allgemeinen Strafzumessungsgrund zu Gunsten des Angeklagten.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
2.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung er nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
3.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen.

(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 oder 3 fahrlässig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
2.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung er nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
3.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen.

(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 oder 3 fahrlässig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.