Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2008 - 1 StR 596/07

bei uns veröffentlicht am19.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 596/07
vom
19. Februar 2008
BGHSt: nein
Nachschlagewerk: ja (nur 2.b)
Veröffentlichung: ja (nur 2.b)
_____________________________
Bei einer Vielzahl gleichartiger Wirtschaftsstraftaten genügt der Anklagesatz
regelmäßig dann sowohl der Umgrenzungs- als auch der Informationsfunktion
, wenn über die Angabe der Zahl der Taten, des Gesamtschadens
und des gesamten Tatzeitraums hinaus die gleichartigen
Taten gruppiert bezeichnet werden und wenn die Einzelheiten im wesentlichen
Ermittlungsergebnis detailliert (etwa tabellarisch) aufgelistet
werden.
BGH, Beschl. vom 19. Februar 2008 - 1 StR 596/07 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2008 beschlossen
:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 14. Juni 2007 aufgehoben, soweit
festgestellt ist, dass der Wertersatzverfall wegen entgegenstehender
Rechte der Verletzten unterbleibt, und der Umfang
des aus der Tat Erlangten bezeichnet ist (Nr. 3 des Tenors).
Diese Feststellungen entfallen.
2. Im Übrigen werden die Revisionen der Angeklagten gegen das
vorbezeichnete Urteil verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Betrugstaten im Zusammenhang mit Geldanlagegeschäften verurteilt. Aus den Taten hatten die Angeklagten Geldbeträge erlangt.
2
1. Die Revisionen haben mit der Sachbeschwerde lediglich insoweit Erfolg , dass die Feststellung, wonach der Wertersatzverfall wegen entgegenstehender Rechte der Verletzten unterbleibt, und die Benennung des Umfangs des aus der Tat Erlangten (Nr. 3 des Tenors) entfallen. Es entspricht zwar § 111i Abs. 2 StPO nF, dass der Tatrichter im Urteil feststellen kann, dass nur deshalb nicht auf Verfall erkannt worden ist, weil Ansprüche des Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer solchen Anordnung entgegenstehen, und er in diesem Fall das aus der Tat Erlangte oder dessen Wert im Sinne von § 73 Abs. 1, § 73a StGB zu bezeichnen hat. Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnhilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2350 ff.) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf bereits zuvor beendigte Taten steht jedoch § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt. Denn der Auffangrechtserwerb nach § 111i Abs. 5 StPO nF hat trotz seiner Einfügung in die Strafprozessordnung materiell-rechtlichen Charakter. Die Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO nF stellt die Grundentscheidung für den Auffangrechtserwerb dar und kommt somit einer aufschiebend bedingten Verfallsanordnung gleich. Eine allein auf die Anordnung nach § 111i Abs. 3 StPO nF (Aufrechterhaltung von der Rückgewinnhilfe dienenden Maßnahmen für drei Jahre) gerichtete, beschränkte Feststellungsentscheidung ist in Altfällen ebenso wenig möglich (vgl. zum Ganzen, Senatsbeschluss vom 19. Februar 2008 - 1 StR 503/07 und Urteil des 4. Strafsenats vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07 m.w.N.).
3
2. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 28. November 2007 dargelegten Gründen keinen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
Ergänzend bemerkt der Senat:
5
a) Die Rüge - des Angeklagten K. - der Verletzung des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO (Nichtverlesung von Teilen des ihn betreffenden Anklagesatzes) ist schon deshalb unbegründet, da ein Verfahrensverstoß nicht vorliegt.
6
In dem verbundenen Verfahren waren in der Hauptverhandlung vom Staatsanwalt zwei Anklagesätze zu verlesen. Sie umfassten 30 beziehungsweise 34 Seiten. Jeweils 25 Seiten davon enthielten eine nach Vermittlern geordnete tabellarische Aufstellung der den angeklagten Taten zu Grunde liegenden Vertragsabschlüsse mit den Namen und Anschriften der Geschädigten, dem Anlagebetrag, dem Tag des Zahlungs-, ersatzweise des Vertragsabschlusses und einem Hinweis, welchem der sieben Angeklagten der Abschluss strafrechtlich zuordenbar sei. Diese Aufstellung war in Darstellung und Inhalt in beiden Anklagen vollkommen identisch. Verlesen wurde diese Aufstellung deshalb nur mit einem Anklagesatz. Die Verlesung des anderen Anklagesatzes beschränkte sich auf die übrigen - von der anderen Anklage inhaltlich abweichenden - reinen Textteile.
7
Eine derartige Verfahrensweise ist dann rechtsfehlerfrei, wenn allen Verfahrensbeteiligten - und für die Öffentlichkeit - klar ersichtlich ist, dass die nur einmal verlesene Geschädigtenliste beide Anklagen betrifft. Davon kann im vorliegenden Fall ausgegangen werden. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hatten sich alle Verteidiger mit der Art und Weise der Verlesung durch den Vertreter der Staatsanwaltschaft einverstanden erklärt. Die gestraffte Verlesungsform war also Gegenstand der Erörterung in der Hauptverhandlung. Die Bedeutung der nur einmal verlesenen Listen für beide Anklagen war damit ins Bewusstsein aller gerufen worden.
8
Die hier gewählte Art und Weise des Vortrags der Anklagesätze stellte daher keinen unzulässigen Verzicht auf die Verlesung des Anklagesatzes oder von Teilen hiervon dar. Sie vermied lediglich eine zeitraubende Doppelverlesung , die keinerlei Gewinn im Hinblick auf den Normzweck des § 243 Abs. 3 StPO (vgl. BGH NJW 2006, 3582 Rdn. 11, 45 ff. m.w.N.) mit sich gebracht hätte.
9
b) Der Fall gibt Anlass für folgenden Hinweis:
10
Der nach § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO zu verlesende Anklagesatz muss nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO die Tat, die dem Angeschuldigten zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften bezeichnen.
11
Die Anklage hat danach die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen. Es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll (Umgrenzungsfunktion, vgl. BGHSt 40, 390, 392). Übertriebene Anforderungen dürfen an die Konkretisierung der Tat aber nicht gestellt werden (Tolksdorf in KK 5. Aufl. § 200 Rdn. 3). Zur Verdeutlichung und ergänzenden Erläuterung des Anklagesatzes darf deshalb auf das wesentliche Ermittlungsergebnis zurückgegriffen werden (BGHSt 46, 130, 134; BGH NStZ 2001, 656, 657). Darüber hinaus hat die Anklage auch die Aufgabe, den Angeklagten und die übrigen Verfahrensbeteiligten über weitere Einzelheiten des Vorwurfs zu unterrichten , um ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Prozessverhalten auf den mit der An- klage erhobenen Vorwurf einzustellen (Informationsfunktion, vgl. BGHSt 40, 44, 47 f.; BGH NStZ 2006, 649, 650).
12
In Fallgestaltungen der vorliegenden Art - Vielzahl gleichartiger Wirtschaftsstraftaten , namentlich Anlagebetrügereien - genügt der Anklagesatz regelmäßig dann sowohl der Umgrenzungs- als auch der Informationsfunktion, wenn über die Angabe der Zahl der Taten, des Gesamtschadens und des gesamten Tatzeitraums hinaus die gleichartigen Taten gruppiert bezeichnet werden und wenn die Einzelheiten im wesentlichen Ermittlungsergebnis detailliert (etwa tabellarisch) aufgelistet werden.
13
Die Gruppierung kann die den jeweiligen Angeklagten betreffenden Taten nach dem gruppenspezifischen Modus Operandi, Zeitraum, Tatort (in Form des räumlichen Bereichs) und den Schadensgruppen (höchster und geringster Einzelschaden sowie durchschnittlicher Tatschaden) zusammenfassen. Die Angabe der Zahl der Tatopfer reicht aus, wenn sich deren Individualisierung und die sie und den jeweiligen Angeklagten betreffenden Taten aus dem wesentlichen Ermittlungsergebnis unverwechselbar ergeben.
14
Eine solchermaßen gruppierte Darstellung genügt nicht nur der Umgrenzungs - und Informationsfunktion des Anklagesatzes, sie wird beiden Funktionen bei der Verlesung in der Hauptverhandlung eher gerecht als das manchmal stundenlange Vorlesen hunderter, zuweilen tausender von Datensätzen, bei dem die Aufmerksamkeit der Verfahrensbeteiligten und der Öffentlichkeit regelmäßig rasch erlahmt.
15
3. Der nur geringfügige Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Beschwerdeführer - teilweise - von den durch ihr Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO). Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2008 - 1 StR 596/07

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh
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Strafprozeßordnung - StPO | § 111i Insolvenzverfahren


(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an de

Strafprozeßordnung - StPO | § 243 Gang der Hauptverhandlung


(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

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(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Bew

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(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 503/07
vom
19. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges u.a.
hier: Adhäsionsantrag des J. M. vom 22. Dezember 2007,
Adhäsionsantrag des D. W. vom 4. Januar 2008
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2008 beschlossen
:
Von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge des J.
M. vom 22. Dezember 2007 und des D. W. vom 4. Januar
2008 wird abgesehen.
Die Antragsteller haben jeweils die insoweit entstandenen gerichtlichen
Auslagen und ihre notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Mit Beschlüssen vom heutigen Tag hat der Senat die Revisionen der Angeklagten verworfen.
2
Die Adhäsionsanträge sind nicht rechtzeitig gestellt worden und schon deshalb unzulässig. Ein Adhäsionsantrag kann nicht mehr nach Beginn der Schlussvorträge in der tatrichterlichen Hauptverhandlung angebracht werden, soweit sie dem den Rechtszug abschließenden Urteil vorausgehen (BGH NStZ-RR 2005, 380; Beschl. vom 7. Dezember 2006 - 4 StR 505/06). Daher war die Antragstellung im Revisionsverfahren hier verspätet (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 404 Rdn. 4). Es kommt deshalb nicht darauf an, dass die Antragsschriften auch im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen offensichtlich nicht genügen (vgl. § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO).
3
Von einer Entscheidung über die Anträge war daher gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO abzusehen. Über die Kosten hat der Senat nach billigem Ermessen entschieden (vgl. § 472a Abs. 2 StPO). Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 502/07
vom
7. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja (zu II. 1)
StPO § 111 i Abs. 2, 3 und 5;
Die Vorschriften zur Verlängerung der Rückgewinnungshilfe und zum Auffangrechtserwerb
des Staates nach § 111 i Abs. 2, 3 und 5 StPO in der Fassung
des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung
bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 sind auf Altfälle nicht anwendbar.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 – 4 StR 502/07 – LG Halle
1.
2.
wegen zu 1.: schweren Raubes u.a.
zu 2.: unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Februar
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
in der Verhandlung,
Bundesanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten Klaus-Dieter L. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin für den Angeklagten Percy Oliver L. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Sch. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 7. März 2007 werden verworfen.
2. Der Angeklagte Klaus-Dieter L. trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger hierdurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte Percy L. trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten Klaus-Dieter L. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf Kraftfahrer, gefährlicher Körperverletzung und mit unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine vollautomatische Selbstladewaffe sowie wegen Betrugs und falscher Versicherung an Eides statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten Percy L. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe nebst Munition zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und die Einziehung eines sichergestellten Revolvers angeordnet.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagten. Die Revision des Angeklagten Klaus-Dieter L. , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, richtet sich in erster Linie gegen die Verurteilung wegen der Raubtat. Der Angeklagte Percy L. wendet sich gegen seine Verurteilung wegen des Waffendelikts und beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft hat mit ihren, vom Generalbundesanwalt vertretenen und auf die Sachrüge gestützten Revisionen, das Urteil zu Ungunsten beider Angeklagter angefochten. Bezüglich des Angeklagten Klaus-Dieter L. beanstandet sie mit ihrem wirksam auf eine unterbliebene Entscheidung zum Verfall beschränkten Rechtsmittel (vgl. Kuckein in KK 5. Aufl. § 344 Rdn. 12), die Strafkammer habe es entgegen § 111 i Abs. 2 StPO unterlassen festzustellen , dass einer Verfallsanordnung Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Bezüglich des Angeklagten Percy L. wendet sie sich gegen dessen Freisprechung von dem Vorwurf, an dem Raubüberfall auf einen Geldtransporter am 10. März 2003 beteiligt gewesen zu sein.
3
Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


4
1. Das Landgericht hat zu dem Raubgeschehen Folgendes festgestellt:
5
a) In den Morgenstunden des 10. März 2003 überfielen der wegen ähnlicher Taten bereits vorbestrafte Angeklagte Klaus-Dieter L. und mindestens ein weiterer unbekannter Mittäter ein teilgepanzertes Geldtransportfahrzeug und erbeuteten 2.730.000 Euro. Der Geldtransporter befand sich auf dem Weg von der L. Bank in M. zur Kreissparkasse in S. . Im Werteraum des Fahrzeugs befanden sich insgesamt 3.265.000 Euro Bargeld. Fahrer war der Nebenkläger, Beifahrer der Zeuge S. .
6
Der Angeklagte und sein Mittäter brachten den Geldtransporter auf der Bundesstraße nahe der Ortschaft D. zum Stehen, indem sie sich mit einem zuvor gestohlenen, mit einem Dublettenkennzeichen eines typgleichen Pkw's versehenen BMW 740i vor den Transporter setzten, ihr Fahrzeug anhielten, sodann rückwärts fuhren und den Transporter rammten. Maskiert und mit Sturmgewehren des Typs AK-47, sog. Kalaschnikows, bewaffnet, verließen sie ihr Fahrzeug und zwangen die Begleiter des Geldtransportes zum Aussteigen. Als diese der Aufforderung nicht sogleich nachkamen, gab einer der Täter zwei Schüsse in die Seitenscheibe des Transporters und kurz darauf nochmals einen Feuerstoß aus der automatischen Waffe ab. Der Nebenkläger erlitt dadurch einen Durchschuss des rechten Beines. Die Begleiter des Geldtransportes wurden gezwungen, sich bäuchlings auf den Bürgersteig zu legen. Mittels eines Trennschleifers wurde zunächst innerhalb des Fahrzeugs versucht, die Tür von der Schleuse zum Werteraum zu öffnen. Als dies misslang, durchtrennte KlausDieter L. , der sich dabei möglicherweise mit dem Mittäter abwechselte, mit dem Trennschleifer das Stahlblech der Heckklappe des Transporters und die dahinter montierte Sperrholzplatte. Anschließend wurde mittels eines Brecheisens das Stahlblech aufgebogen. Durch die so geschaffene Öffnung gelang es dem Angeklagten und seinem Mittäter, insgesamt sieben Sicherheitstaschen mit 2.730.000 Euro Bargeld zu erbeuten und sodann zu flüchten. Den zur Tat verwendeten Pkw BMW setzten sie später in Brand.
7
b) Ausgehend von den Aussagen der in der Hauptverhandlung einvernommenen Vernehmungsbeamten über die Angaben einer gesperrten Vertrauensperson (VP) der Polizei, hat sich das Landgericht nur die Überzeugung von einer Tatbeteiligung des Angeklagten Klaus-Dieter L. an dem Raubüberfall zu bilden vermocht. Bezüglich dieses Angeklagten hat es die von den Zeugen geschilderten Angaben der VP, die sich ihre Erkenntnisse ihrerseits nur mittelbar von einer weiteren Person verschafft haben soll, durch zahlreiche Indizien bestätigt gesehen. Insbesondere habe der Angeklagte Klaus-Dieter L. nach der Tat den Trennschleifer, der bei der Tat benutzt wurde, in Besitz gehabt und bei einem Bekannten untergestellt. Dieser sichergestellte Trennschleifer sei vor der Tat im August 2002 in einem Fachgeschäft unter Angabe eines falschen Namens und einer falschen Anschrift erworben worden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stamme eine beim Kauf des Geräts geleistete Unterschrift vom Angeklagten. Er habe ferner drei Monate vor der Tat in Tatortnähe eine Wohnung angemietet und diese kurz nach der Tat wieder gekündigt. Bei der Durchsuchung des Wohnhauses des Angeklagten seien schließlich originale Zulassungsplaketten, wie sie auch bei Herstellung der Kennzeichendubletten für das Tatfahrzeug verwendet worden seien, sichergestellt worden. Da die Strafkammer vergleichbar gewichtige Beweisanzeichen bei dem Angeklagten Percy L. , dem Sohn des Angeklagten Klaus-Dieter L. , nicht festzustellen vermocht hat, hat es diesen vom Vorwurf einer Tatbeteiligung an dem Raubüberfall freigesprochen.
8
2. Nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts erlangte der Angeklagte Klaus-Dieter L. durch bewusst falsche Angaben gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit zu Unrecht von Januar bis November 2005 7.747 Euro Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ferner verschwieg er im April 2005 bei Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vor dem Amtsgericht B. u.a. vorhandenes Vermögen.

II.


9
Der Angeklagte Klaus-Dieter L.
10
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
11
Dem Rechtsmittel bleibt der Erfolg versagt. Das Landgericht hat zu Recht davon abgesehen, im Rahmen der Verurteilung gemäß § 111 i Abs. 2 StPO den Umfang des aus der Raubtat Erlangten zu bezeichnen und festzustellen, dass nur deshalb nicht auf (Wertersatz-)Verfall erkannt wird, weil Ansprüche nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer solchen Anordnung entgegenstehen. Die Strafkammer war wegen des auch für den Verfall geltenden Rückwirkungsverbots an der Anwendung der erst nach der Tat in Kraft getretenen Neuregelung des § 111 i StPO gehindert.
12
a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die zur Tatzeit geltenden materiell-rechtlichen Vorschriften zur Regelung des Verfalls im Vergleich zu der Neuregelung des § 111 i Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 StPO das mildere Recht im Sinne des § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB darstellen.
13
Durch die Neufassung des § 111 i StPO im Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350 ff.), in Kraft seit dem 1. Januar 2007, hat der Gesetzgeber die Grundlagen für einen späteren Auffangrechtserwerb des Staates für Fälle geschaffen, in denen eine Verfallsanordnung wegen Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausscheidet. Zweck der Vorschrift ist es, eine im Vergleich zur bisherigen Rechtslage effektivere Vermögensab- schöpfung der Täter und eine Stärkung des Opferschutzes zu schaffen. In den Fällen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB soll durch die Neufassung des § 111 i StPO sichergestellt werden, dass das durch die Straftat Erlangte oder dessen Wert nicht an den Täter zurückfällt, wenn die Opfer ihre Ansprüche nicht geltend machen und die Zwangsvollstreckung in die vorläufig sichergestellten Gegenstände und Vermögenswerte nicht betreiben (BTDrucks. 16/700 S. 9 und 16/2021 S. 1 und 4).
14
Die Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens ist zwar im Rahmen einer "prozessualen Lösung" (BTDrucks. aaO) erfolgt. Rechtsdogmatisch stellt der Auffangrechtserwerb nach § 111 i Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 StPO jedoch eine Modifizierung der materiell-rechtlichen Regelung zum Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dar und unterliegt deshalb den Grundsätzen des Rückwirkungsverbots nach § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB (vgl. Bohne/Boxleitner in NStZ 2007, 552, 555; Mosbacher/Claus in wistra 2008, 1, 3 ff.). Dass die Regelung ihren Niederschlag in der Strafprozessordnung gefunden hat, steht dem nicht entgegen. Zwar hat sich durch die Einführung eines Auffangrechtserwerbs des Staates an dem Grundsatz, dass eine Verfallsanordnung zwingend ausgeschlossen ist, wenn aus der Tat Ansprüche Verletzter herrühren, nichts geändert. Jedoch sah sich der Täter nach der bisherigen Rechtslage lediglich den Ansprüchen der durch die Tat Verletzten gegenüber. Im Rahmen der Rückgewinnungshilfe sichergestellte Vermögenswerte mussten deshalb u.U. wieder an den Täter herausgegeben werden, wenn die Geschädigten ihre Ansprüche nicht innerhalb der dreimonatigen Frist des § 111 i StPO a.F. geltend machten. Diese den Täter begünstigende Rechtsposition, die unmittelbare Folge der Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB war, entfällt nunmehr, wenn der Tatrichter von der Möglichkeit des § 111 i Abs. 2 StPO Gebrauch macht und durch die dort vorgesehene Feststellung die Basis für einen späteren Auffang- rechtserwerb des Staates nach § 111 i Abs. 5 StPO schafft (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 9).
15
Seiner Rechtsnatur nach stellt deshalb die Feststellungsentscheidung nach § 111 i Abs. 2 StPO keine ausschließlich verfahrensrechtliche Regelung, sondern vor allem eine materiell-rechtliche Grundentscheidung für eine aufschiebend bedingte Verfallsanordnung zu Gunsten des Staats dar, die dann zum Tragen kommt, wenn die vorrangigen Ansprüche der Verletzten nicht innerhalb der Frist des § 111 i Abs. 3 StPO geltend gemacht werden. Für diese Auffassung spricht auch, dass der im Beschlusswege zu fassenden Entscheidung nach § 111 i Abs. 6 StPO über den Eintritt und den Umfang des staatlichen Rechtserwerbs nur eine deklaratorische Bedeutung zukommt. Die materiell -rechtliche Grundlage für diese Entscheidung wird deshalb bereits im Urteil mit der Feststellungsentscheidung nach Abs. 2 dieser Vorschrift getroffen (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 18).
16
Mithin unterfällt die Entscheidung nach § 111 i Abs. 2 StPO, soweit sie die Grundlage für einen Auffangrechtserwerb des Staates bildet, auf Grund ihres materiell-rechtlichen Charakters dem Rückwirkungsverbot, so dass § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB zur Anwendung kommt. Danach erweist sich die frühere Gesetzeslage als das mildere Recht (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 20; so im Ergebnis wohl auch der 1. Strafsenat in BGH NStZ 2006, 621; Mosbacher /Claus aaO S. 1, 4).
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b) Soweit die Feststellung nach § 111 i Abs. 2 StPO gleichzeitig die Voraussetzung für die Anordnung einer verlängerten Rückgewinnungshilfe des Staates nach § 111 i Abs. 3 StPO bildet, kommt, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, der Vorschrift zwar zugleich eine verfahrensrechtliche Bedeutung zu. Dies eröffnet bei Altfällen, wie dem vorliegenden, indes nicht die Möglichkeit, im Urteil eine lediglich auf die Schaffung der Anordnungsvoraussetzungen des § 111 i Abs. 3 StPO gerichtete, beschränkte Feststellungsentscheidung zu treffen (so aber Mosbacher/Claus aaO S. 4). Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts setzt nämlich die Anordnung einer verlängerten Rückgewinnungshilfe nach § 111 i Abs. 3 StPO nach dem Gesetzeszweck zwingend voraus, dass ein Auffangrechtserwerb des Staates grundsätzlich möglich ist. Nur für diese Fälle wird als flankierende prozessuale Maßnahme die schon bisher gewährte Rückgewinnungshilfe des Staates im Interesse des Opferschutzes auf drei Jahre verlängert (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 9). Scheidet aber, wie hier, aus Rechtsgründen ein Auffangrechtserwerb des Staates aus, ist deshalb auch für die Anwendung der prozessualen Vorschrift des § 111 i Abs. 3 StPO kein Raum.
18
2. Die Revision des Angeklagten
19
Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
20
a) Die vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen versagen.
21
aa) Soweit der Angeklagte mit einer Aufklärungsrüge geltend macht, die VP sei anhand der Verfahrensakten hinreichend identifizierbar und dem Angeklagten bekannt gewesen, sie hätte deshalb in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen werden müssen, ist diese unbegründet. Die vom Beschwerdeführer zur Begründung mitgeteilten Auszüge aus den Verfahrensakten belegen den Verfahrensverstoß nicht. Zwar steht der Ladung und Vernehmung eines Zeugen eine Sperrerklärung grundsätzlich nicht entgegen. Vielmehr kann in Fällen, in denen sich aus den Akten oder sonstigen Erkenntnisquellen Hinweise auf die Identität des Zeugen ergeben, es die Aufklärungspflicht erfordern, dass das Gericht von Amts wegen Bemühungen entfaltet, den Namen eines Zeugen festzustellen und die Vernehmung in der Hauptverhandlung zu ermöglichen (BGHSt 39, 141, 144; BGH NStZ 1993, 248). Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben. Weder aus den wiedergegebenen Berichten und Aktenvermerken der Ermittlungsbeamten noch aus dem Inhalt des mitgeteilten überwachten Telefonats lassen sich Rückschlüsse auf die Identität der VP ziehen. Anders als in der Entscheidung BGHSt 39, 141, 144 hat der Angeklagte auch keine Person namhaft gemacht, die mit der Person, deren Identität die Exekutive unter Berufung auf § 96 StPO nicht preisgegeben hat, identisch sein könnte.
22
bb) Die ebenfalls unter Aufklärungsgesichtspunkten erhobene Rüge, es hätte ein weiteres Schriftsachverständigengutachten zur Beurteilung der Unterschriften des Angeklagten und des Käufers des Trennschleifers eingeholt werden müssen, greift nicht durch. Der Beschwerdeführer hat keine (besonderen) Umstände dargetan, wonach sich das Landgericht zu der Einholung eines weiteren Schriftsachverständigengutachtens hätte gedrängt sehen müssen. Der Generalbundesanwalt weist zu Recht darauf hin, dass die Revision keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen aufzeigt. Dieser hat auch die ihm zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen erschöpfend behandelt. Er hat insbesondere - entgegen dem Revisionsvorbringen - Ausführungen dazu gemacht, dass und weshalb signifikante Aussagen nur anhand des gleich lautenden Anfangsbuchstabens der zu vergleichenden Unterschriften möglich sind (S. 7 und 8 des Gutachtens) und die insoweit festgestellten Besonderheiten deshalb für eine "bedingte Individualisierung" geeignet sind.
23
Soweit die Revision vorbringt, der Sachverständige habe sich bei der Untersuchung des Schreibdrucks keiner modernen technischen Mittel bedient, versäumt sie es, im Einzelnen nachvollziehbar mitzuteilen, welche "hochtechnischen" Untersuchungsmethoden zur Schreibdruckanalyse im konkreten Fall den angewandten physikalisch/technischen Methoden, die in der Fachliteratur als ausreichend anerkannt werden (vgl. Michel, Gerichtliche Schriftvergleichung S. 249), überlegen gewesen wären und deshalb zur Einholung eines Zweitgutachtens gedrängt hätten.
24
Schließlich drängte auch der Umstand, dass mit der Gutachtenerstattung ein "privater Sachverständiger" betraut war, hier nicht zur Einholung eines weiteren Schriftgutachtens. Denn anders als in dem in BGHSt 10, 116 ff. entschiedenen Fall, kam hier dem Schriftgutachten für die Bejahung der Schuldfrage, insbesondere für die "Zuordnung" des sichergestellten Trennschleifers zum Beschwerdeführer , nicht die allein entscheidende Bedeutung zu.
25
cc) Die Verfahrensrüge, mit der die fehlerhafte Ablehnung zweier auf die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens gerichteter Beweisanträge gerügt wird zum Nachweis, dass der sichergestellte Trennschleifer nicht das Tatwerkzeug war, greift ebenfalls nicht durch. Es ist bereits zweifelhaft , ob die Rüge zulässig erhoben ist, da die im Ausgangsantrag in Bezug genommenen Lichtbilder nicht mitgeteilt worden sind. Das Landgericht hat die Anträge mit rechtsfehlerfreier Begründung zurückgewiesen. Es hat bei der Ablehnung der Anträge auch nicht gegen die Aufklärungspflicht verstoßen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Entscheidung 1). Bereits der Ausgangspunkt der Anträge , mit dem sichergestellten Trennschleifer könne die weiße Tür zum Werteraum nicht beschnitten worden sein, weil ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. keine weißen Partikel am Trennschleifer fest- gestellt worden seien, ist falsch. Das Gegenteil hat der Sachverständige sowohl in seinem schriftlichen als auch in seinem mündlichen Gutachten nachvollziehbar ausgeführt. Der Sachverständige hat auch vergleichende Untersuchungen dieser weißen Spuren mit weißen Substanzen, die im Inneren des Geldtransporters vor der Wertetür gefunden wurden, durchgeführt, eine Übereinstimmung der Substanzen jedoch nicht festzustellen vermocht. Eine weitergehende Vergleichsuntersuchung der am Trennschleifer gesicherten weißen Spuren drängte sich nicht auf. Eine Klärung, ob sich diese Spuren einer Schnittführung an der Tür zum Werteraum zuordnen lassen, hätte das Vorliegen einer Vergleichsprobe des Türenmaterials vorausgesetzt. Eine solche stand der Strafkammer nicht zur Verfügung.
26
Soweit die Revision unter Aufklärungsgesichtspunkten beanstandet, es hätte nicht nur der Vorfilter des Trennschleifers, sondern auch der dahinter liegende Hauptfilter auf Staubpartikel untersucht werden müssen, wird aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen nicht deutlich , weshalb sich die Strafkammer zu dieser Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen.
27
dd) Auch die Rüge, das Landgericht habe die als wahr unterstellte Tatsache , der Lebensgefährte der Mutter des Angeklagten Percy L. sei für diesen eine vaterähnliche Bezugsperson gewesen, in den Urteilsgründen als unerheblich behandelt, greift nicht durch. Das Landgericht hat diese Tatsache nicht als tatsächlich bedeutungslos behandelt, sondern es hat sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, dass Percy L. mit der Bezeichnung "Alter" in dem von der VP geschilderten Gespräch auch den Lebensgefährten seiner Mutter gemeint haben könnte. Es hat aus der wahr unterstellten Tatsache allerdings nicht den vom Angeklagten gewünschten Schluss gezogen. Hierzu war es nicht gehalten. Das Gericht braucht aus einer als wahr unterstellten Indiztatsache nicht die Schlussfolgerungen zu ziehen, die der Antragsteller gezogen wissen will (BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunterstellung 1).
28
b) Das Urteil hält auch sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Die Beweiswürdigung weist auch zur Tat vom 10. März 2003 keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
29
Bei Würdigung der Angaben der einvernommenen Vernehmungs- bzw. Führungsbeamten der VP zu einem Gespräch, in welchem Percy L. seinen Vater, den Angeklagten Klaus-Dieter L. , der Tatbeteiligung an dem verfahrensgegenständlichen Raubüberfall bezichtigt haben soll, hat das Landgericht den eingeschränkten Beweiswert der Aussagen dieser "Zeugen vom Hörensagen" nicht verkannt und bedacht, dass solche Angaben den Feststellungen regelmäßig nur dann zu Grunde gelegt werden dürfen, wenn sie durch andere wichtige Beweisanzeichen gestützt werden (BGHSt 36, 159, 166 m.w.N.). Das Landgericht hat ferner gesehen, dass diese Einschränkungen in besonderer Weise gelten, wenn die VP in den polizeilichen Vernehmungen ihrerseits nur Bekundungen eines Dritten, wie hier dem Gesprächspartner des Angeklagten Percy L. , wiedergegeben hat, also selbst nur "Zeuge vom Hörensagen" gewesen ist (vgl. BGH StV 1996, 583).
30
Solche gewichtigen Indizien hat das Landgericht festgestellt und sich sodann im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände die Überzeugung von der Mittäterschaft des Angeklagten Klaus-Dieter L. an dem Raubüberfall verschafft.
31
Rechtsfehler sind dabei nicht zu erkennen.
32
aa) Das Landgericht hat bei Prüfung der Frage, ob der sichergestellte Trennschleifer dem Angeklagten "zuzuordnen" ist, nicht, wie die Revision meint, das Schweigen des Angeklagten zu seinem Nachteil verwertet. Das Landgericht hat sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, dass der Angeklagte den sichergestellten Trennschleifer für eine dritte Person bei seinem Bekannten untergestellt hat. Es hat diese Möglichkeit mit der Begründung verworfen, dies sei weder vom Angeklagten behauptet worden, noch sei den hierzu vernommenen Zeugen etwas Derartiges bekannt gewesen, noch sprächen "andere" Anhaltspunkte für diese Möglichkeit.
33
Eine unzulässige Verwertung des Schweigens des Angeklagten liegt darin nicht. Vielmehr hat das Landgericht das Schweigen des Angeklagten zur Kenntnis genommen und lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sich für die erwogene Möglichkeit, der sichergestellte Trennschleifer sei einem Dritten zuzuordnen , in keiner Hinsicht Anhaltspunkte gefunden haben.
34
bb) Die Ausführungen im Urteil lassen auch nicht besorgen, dass die Strafkammer dem Gutachten des Schriftsachverständigen zur Beurteilung der beim Kauf des sichergestellten Trennschleifers geleisteten Unterschrift einen zu hohen Beweiswert zugemessen hat. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass nach den Darlegungen des Sachverständigen für eine Urheberschaft des Angeklagten nur eine hohe und damit eingeschränkte Wahrscheinlichkeit spricht. Die Feststellung, der Angeklagte sei Käufer des Geräts gewesen wird ersichtlich nicht ausschließlich auf das Ergebnis des Schriftgutachtens zurückgeführt, also nicht, wie die Revision meint, "absolut gesetzt". Diese Feststellung hat das Landgericht vielmehr unter Heranziehung weiterer Indizien, etwa dem Besitz des Geräts nach der Tat, getroffen, die in ihrer Gesamtheit den jedenfalls möglichen Schluss auf die Käufereigenschaft des Angeklagten zulassen.
35
cc) Schließlich beruht auch die Feststellung, der dem Angeklagten zuzuordnende Trennschleifer sei Tatwerkzeug gewesen, auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Den Umstand, dass die an dem Trennschleifer gesicherten weißen Partikelspuren nicht zuzuordnen waren, hat die Strafkammer im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Erkenntnisse zu den im Fahrzeug und am Trennschleifer gesicherten Spuren bedacht. Der Schluss, dass auf Grund einer signifikanten Übereinstimmung mehrerer Spuren der sichergestellte , zudem unter verdächtigen Umständen erworbene und aufbewahrte Trennschleifer bei der Tat verwendet wurde, ist deshalb nicht nur möglich, sondern nahe liegend.

III.


36
Der Angeklagte Percy L.
37
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
38
a) Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zeigt, soweit der Angeklagte vom Vorwurf einer Tatbeteiligung am Raubüberfall freigesprochen worden ist, keinen ihn begünstigenden Rechtsfehler auf. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung stand. Sie weist weder Lücken noch Widersprüche auf, noch stellt sie überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung.
39
Das Landgericht geht in seinem rechtlichen Ansatz zutreffend davon aus, dass die Aussagen der einvernommenen Vernehmungsbeamten über die Angaben der VP über die bereits oben (II. 2. b) dargelegten Einschränkungen hinaus auch deshalb besonders sorgfältiger Überprüfung bedurften, weil sich eine Tatbeteiligung des Angeklagten Percy L. an dem Raubüberfall - anders als beim Angeklagten Klaus-Dieter L. - nicht eindeutig, sondern nur mittelbar aus den mitgeteilten Schilderungen der VP ergibt. Mit Blick auf mögliche Übertragungsfehler des Gesprächsinhalts waren deshalb an die Überprüfung der Aussagen der "Zeugen vom Hörensagen" noch höhere Anforderungen als beim Angeklagten Klaus-Dieter L. zu stellen.
40
Es ist in Folge dessen nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht in Ermangelung aussagekräftiger Indizien, die, ähnlich wie beim Angeklagten Klaus-Dieter L. , einen direkten Bezug des Angeklagten zu der Tat vom 10. März 2003 aufweisen, nicht die Überzeugung von einer Mittäterschaft des Angeklagten Percy L. am Raubüberfall zu verschaffen vermocht hat. Das Landgericht hat dabei weder verkannt, dass sich die Angaben der Vernehmungsbeamten der VP in Bezug auf den Angeklagten Klaus-Dieter L. bestätigt haben, noch hat es gewichtige Umstände, die für eine Täterschaft des Percy L. sprechen könnten, bei seiner Wertung außer Acht gelassen. Nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass die Strafkammer den Geldbewegungen auf den Auslandskonten des Angeklagten Percy L. keine höhere Beweisbedeutung beigemessen hat, zumal auf diese Konten bereits vor der Tat vom 10. März 2003 hohe Geldbeträge geflossen sind.
41
b) Eine Ergänzung der den Angeklagten Percy L. betreffenden Einziehungsanordnung in Bezug auf die sichergestellte Munition kommt wegen des Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht in Betracht, da das Urteil, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, nicht zu seinen Ungunsten angefochten ist (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2001 - 3 StR 579/00).
42
2. Die Revision des Angeklagten
43
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Insbesondere lässt die Beweiswürdigung einen sachlich-rechtlichen Mangel nicht erkennen.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.