Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2001 - 2 StR 111/01

bei uns veröffentlicht am09.05.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 111/01
vom
9. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts, zu Ziffer 4 auf dessen Antrag, am
9. Mai 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2000
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Förderung der Prostitution in Tateinheit mit ausbeuterischer und dirigistischer Zuhälterei, mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie mit versuchter Nötigung schuldig ist;
b) im Strafausspruch über die Einzelstrafen von zwei Jahren und drei Monaten und von sechs Monaten sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. In der Liste der angewendeten Vorschriften wird, soweit es den Angeklagten betrifft, § 181 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB gestrichen; statt dessen eingefügt werden die §§ 180 a Abs. 1 Nr. 1, 181 a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, 240 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23, 52 StGB. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Heroin und Kokain in nicht geringer Menge zu einer Einzelstrafe von acht Jahren und sechs Monaten, wegen schweren Menschenhandels zu einer Einzelstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sowie wegen Körperverletzung zu einer Einzelstrafe von sechs Monaten verurteilt, hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren gebildet und die Einziehung der sichergestellten Rauschgiftmenge angeordnet. Seine hiergegen eingelegte, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge weist keinen Rechtsfehler auf; die gegen die Verwertung von Ergebnissen einer Telefonüberwachung gerichtete Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO ist zulässig erhoben, jedoch im Ergebnis unbegründet.
a) Nach den Feststellungen bestellte der Angeklagte vor dem 26. Juni 1999 bei dem Lieferanten Z. in S. telefonisch 2 kg Kokain, um diese gewinnbringend weiter zu veräußern. Aufgrund eines Mißverständnisses lieferte Z. über einen Kurier 3 kg Heroin. Diese Falschlieferung genehmigte der Angeklagte telefonisch am 26. Juni 1999; zugleich erneuerte er die Bestellung des Kokains. Da ein vom Angeklagten angestrebter rascher Verkauf des Heroins zunächst scheiterte, ließ er es von seinem Bruder, dem Mitangeklagten I. L., verstecken und verkaufte in der Folgezeit bis zum 7. Juli 1999 etwa die Hälfte
an unbekannte Abnehmer; die restlichen 1,455 kg wurden am 7. Juli 1999 von der Polizei sichergestellt. Die Einlassung des Angeklagten, er habe zwar mit Z. telefoniert und sich in das Rauschgiftgeschäft einbinden lassen, dies aber nur widerstrebend und aus Gefälligkeit für seinen Cousin G. getan, der Besteller und Verkäufer des Rauschgifts gewesen sei, hat das Landgericht als widerlegt angesehen. Seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten hat es auf eine "Gesamtschau der abgehörten und aufgezeichneten Telefongespräche" gestützt (UA S. 17, 19). Die Urteilsgründe führen auf etwa zwei Seiten (UA S. 17 bis 19) überwiegend wörtliche kurze Zitate aus zwei am 26. Juni 1999 um 18.54 Uhr und um 21.29 Uhr geführten Telefongesprächen des Angeklagten mit dem Lieferanten Z. sowie mit einem möglichen Abkäufer und darüber hinaus aus 15 weiteren Telefongesprächen des Angeklagten und seines Bruders zwischen dem 27. Juni und dem 6. Juli 1999 auf. Bis auf das Gespräch vom 26. Juni, 21.29 Uhr ist, wie durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls bewiesen ist, keines der Gespräche im Wortlaut durch Abspielen und Übersetzen oder durch Verlesung eines Aufzeichnungsprotokolls in die Hauptverhandlung eingeführt worden. In den Urteilsgründen fehlt ein Hinweis auf eine den Wortlaut der Telefongespräche bestätigende Erklärung der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten.
b) Ein Verstoß gegen § 261 StPO wäre nur dann bewiesen, wenn auszuschließen wäre, daß der nicht durch Augenscheins- oder Urkundenbeweis in die Hauptverhandlung eingeführte Gesprächsinhalt in anderer zulässiger Weise zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde. Zwar deutet es in der Regel darauf hin, daß der Wortlaut eines Schriftstücks - hier von Niederschriften über die Tonbandaufzeichnungen - selbst zum Zwecke des Beweises
verwertet worden ist, wenn eine nicht verlesene Urkunde ohne Hinweis auf eine bestätigende Erklärung einer in der Hauptverhandlung vernommenen Auskunftsperson im Urteil auszugsweise wörtlich wiedergegeben wird (vgl. BGHSt 11, 159, 161 f.; Senatsurteile vom 30. August 2000 - 2 StR 85/00 - und vom 6. September 2000 - 2 StR 190/00); insbesondere bei umfangreichen, inhaltlich und sprachlich schwierigen Urkunden kann es ausgeschlossen sein, daß eine Auskunftsperson sich auf Vorhalt an den genauen Wortlaut eines Schriftstücks zu erinnern vermag. Anders als in den vorgenannten Entscheidungen enthielten die Aufzeichnungen über den Inhalt von Telefongesprächen, die in den Urteilsgründen teilweise wörtlich wiedergegeben sind, hier aber keine umfangreichen oder sprachlich komplexen Textpassagen. Bis auf die beiden Gespräche vom 26. Juni 1999 um 18.54 Uhr und 21.29 Uhr, über deren Inhalt jeweils übersetzte Wortlautprotokolle vorlagen, handelte es sich bei den in den Akten befindlichen Aufzeichnungen zudem nicht um Protokolle, sondern um zusammenfassende Inhaltsvermerke, deren Verlesung zum unmittelbaren Beweis des Gesprächsinhalts gemäß § 250 StPO nicht zulässig gewesen wäre. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der in den Urteilsgründen jeweils nur mit einem Satz wiedergegebene Inhalt dieser Gespräche, auf dessen zusammenfassende Gesamtschau das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gestützt hat, durch die Vernehmung der Polizeibeamten und Dolmetscher , gegebenenfalls auf Vorhalt der entsprechenden Vermerke, in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Das gilt auch für das auf UA S. 17 wiedergegebene einzige Gespräch des Angeklagten mit dem Lieferanten Z., aus dem sich die Falschlieferung von 3 kg Heroin und die Erneuerung der Bestellung von 2 kg Kokain ergibt. Schon
die Einlassung des Angeklagten, er habe nur aus Gefälligkeit mit Z. telefoniert, weist darauf hin, daß der Inhalt dieses Gesprächs Gegenstand der Hauptverhandlung war; in dem Beweisantrag der Verteidigung, der zum Abspielen des Telefongesprächs von 21.29 Uhr und zur Verlesung des Aufzeichnungsprotokolls in der Hauptverhandlung führte, ist überdies ausdrücklich darauf hingewiesen , daß das Gespräch von 18.54 Uhr "bereits in der Hauptverhandlung eingeführt" sei (Protokollb. S. 123); in zwei weiteren Beweisanträgen der Verteidigung ist unter Beweis gestellt worden, daß von der Lieferung von 2 kg Kokain von Z. an den Angeklagten ausschließlich in dem Gespräch um 18.54 Uhr die Rede war (Protokollb. S. 121). Angesichts der besonderen Bedeutung des Gesprächs, der offensichtlich eingehenden Erörterung seines Inhalts in der Hauptverhandlung und des Umstands, daß die Vernehmung polizeilicher Zeugen auf Beweisanträge der Verteidigung hin gerade den Inhalt dieses Gesprächs zum Gegenstand hatte, erscheint es naheliegend anzunehmen, daß die hierzu vernommenen Polizeibeamten , die sich erfahrungsgemäß im Wege der vorherigen Durchsicht ihrer Ermittlungsunterlagen auf die Vernehmung intensiv vorbereiten, sich an Einzelheiten des Gesprächs erinnerten und daß ihnen die - im Urteil in insgesamt 12 Zeilen wiedergegebenen - entscheidenden Passagen auch noch wörtlich präsent waren. Hierfür spricht auch, daß die Telefonüberwachungsmaßnahmen zum damaligen Zeitpunkt nicht allzu lange zurücklagen und daß die vom Angeklagten in dem genannten Gespräch benutzten Formulierungen ("Finde mir das Weiße ... davon brauche ich zwei") besonders einprägsam waren. Auch daß die Uhrzeiten der Gespräche den Zeugen unter diesen Umständen noch aus eigener Erinnerung präsent waren, erscheint entgegen der Ansicht der Revision keineswegs ausgeschlossen. Ein Verstoß gegen § 261 StPO ist daher nicht bewiesen.

c) Sachlich rechtliche Fehler weist die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht auf; das gilt auch für die insoweit verhängte Einzelstrafe von acht Jahren und sechs Monaten. 2. Die Sachrüge ist im übrigen teilweise begründet und führt zur Ä nderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs hinsichtlich der unter II.1 der Urteilsgründe abgeurteilten Taten und des Gesamtstrafenausspruchs.
a) Nach den Feststellungen errichtete der Angeklagte spätestens 1998 gemeinsam mit anderen eine Organisation, die darauf gerichtet war, junge Frauen aus Osteuropa als Prostituierte anzuwerben und über Frankfurt am Main nach Südspanien zu verbringen, wo die Frauen in verschiedenen Bordellen der Prostitution nachgingen. Die Mitglieder der Gruppe kontrollierten die Arbeit der Frauen und nahmen ihnen täglich das vereinnahmte Entgelt ab; wenn der Verdienst zu gering erschien, wurden die Opfer durch Schläge und andere Mißhandlungen bestraft. Der Angeklagte leitete die Kontroll- und Strafmaßnahmen teilweise vor Ort in Spanien, im übrigen telefonisch von Frankfurt aus. Die 21 Jahre alte Nebenklägerin V., die im August 1998 zum Zweck der Prostitutionsausübung aus Rußland nach Deutschland eingereist war, arbeitete ab September 1998 in einem von dem Angeklagten kontrollierten Bordell in D. /Sp. . Wie von vornherein vereinbart, erhielt sie auf Veranlassung des Angeklagten im April 1999 einen Entgeltsanteil von mindestens 2.800 DM sowie ein Flugticket zur Rückreise nach Rußland. Das Geld gab sie jedoch alsbald für den Kauf von Luxusartikeln aus; anschließend bat sie den Bruder des Angeklagten, der diesen bei Abwesenheit vertrat, weiter in einem anderen Bordell arbeiten zu dürfen, was dieser gegen den Willen des Angeklagten bis En-
de Mai 1999 gestattete. Am 30. Mai 1999 wurde die Nebenklägerin vom Bruder des Angeklagten mit dessen Billigung entsprechend der üblichen Vorgehensweise zur Bestrafung geschlagen und nackt in eine Badewanne mit kaltem Wasser gesetzt. Am 1. Juni 1999 beendete sie ihre Tätigkeit für den Angeklagten auf dessen Veranlassung hin. Er ließ sie in die Bundesrepublik bringen , wo sie sich freiwillig einem anderen Mann anschloß und bis zu ihrer Festnahme am 13. Juli 1999 weiter der Prostitution nachging. Diese Feststellungen tragen den auf § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB gestützten Schuldspruch wegen schweren Menschenhandels nicht. Den Tatbestand erfüllt , wer eine andere Person durch Nötigungsmittel oder List zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution bestimmt. Erfaßt sind daher auch Taten gegen solche Personen, die zur Zeit der Bestimmungshandlung der Prostitution bereits nachgehen oder sie zu einem früheren Zeitpunkt ausübten. Wird die Prostitution bereits - freiwillig - ausgeübt, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich, daß das Opfer durch die Einwirkung des Täters zu einer qualitativ andersartigen, von ihm nicht gewollten Form der Prostitutionsausübung bestimmt wird; dies kann etwa bei einem erzwungenen Wechsel der Prostitutionsform, einer Erweiterung der vom Opfer zu erbringenden sexuellen Dienste oder bei einer zu wesentlicher Verschlechterung der Lage des Opfers führenden Veränderung der Prostitutionsbedingungen der Fall sein (vgl. BGHSt 33, 353; 42, 179; BGH NStZ-RR 1996, 291; vgl. auch Lenckner /Perron in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 181 Rdn. 4 f.; Tröndle /Fischer, StGB 50. Aufl., § 181 Rdn. 3; Laubenthal, Sexualstraftaten, 2000, Rdn. 676, 647; jew. m.w.N.). Die Bestimmung zur bloßen Fortsetzung der schon zuvor ausgeübten Prostitution erfüllt den Verbrechenstatbestand des § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur dann, wenn das Opfer die Prostitution ganz auf-
geben oder in entsprechend erheblicher qualitativer oder quantitativer Weise einschränken will und hieran durch die Einwirkung des Täters gehindert wird. Ein solcher Fall lag hier nach den vom Landgericht festgestellten Umständen nicht vor. Die Nebenklägerin ging der Prostitution in den vom Angeklagten kontrollierten Clubs freiwillig und auf ihre ausdrückliche Bitte hin nach. Selbst als der Angeklagte ihr den vereinbarten Entgeltsanteil und ein Rückflugticket aushändigen ließ, nutzte sie dies nicht zur Abkehr von der Prostitution, sondern bat den Bruder des Angeklagten alsbald, sie unter den ihr bekannten Bedingungen weiter in einem der Clubs als Prostituierte arbeiten zu lassen. Soweit sie mindestens einmal einer dem Angeklagten zuzurechnenden gewalttätigen Bestrafungsaktion unterworfen wurde, diente diese nach den Feststellungen dazu, "sie zu verstärktem Arbeitseinsatz und zur Erzielung höherer Einnahmen anzuhalten" (UA S. 9). Hiermit ist eine Nötigung zu qualitativ andersartiger , von der Nebenklägerin nicht gewollter Prostitution nicht hinreichend belegt.
b) Der Angeklagte hat sich jedoch nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Förderung der Prostitution gemäß § 180 a Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie der ausbeuterischen und dirigistischen Zuhälterei gemäß § 181 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB schuldig gemacht. Die insoweit gegen die Beweiswürdigung gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch; insbesondere war das Landgericht nicht gehindert, Feststellungen zum Aufbau der Organisation auf die in den Urteilsgründen zusammenfassend wiedergegebenen Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Telefonüberwachung und der Aussage der Nebenklägerin V. in der Hauptverhandlung zu stützen. Eine ins einzelne gehende Darlegung der Beweisergebnisse in den Urteilsgründen ist nicht erforderlich.
Der Senat hat den Schuldspruch geändert. § 265 StPO stand dem nicht entgegen, weil die zugrundeliegenden Tatsachen Gegenstand umfangreicher Erörterung in der Hauptverhandlung waren und der Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
c) Der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Körperverletzung begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Ob die vom Landgericht angestellten Erwägungen zur mittelbaren Täterschaft des Angeklagten zutreffend sind, kann dahinstehen, weil der Angeklagte jedenfalls Mittäter der Körperverletzung war. Daß der Taterfolg im Ausland eingetreten ist, steht einer Verurteilung nicht entgegen, da der Angeklagte bei seinen telefonischen Anweisungen im Inland gehandelt hat (§ 9 Abs. 1 StGB). Dies gilt auch für die gleichfalls tateinheitlich gegebene versuchte Nötigung der Nebenklägerin zu "verstärktem Arbeitseinsatz". Der insoweit vom Senat vorgenommenen Ergänzung des Schuldspruchs stand § 265 StPO nicht entgegen, da auszuschließen ist, daß der Angeklagte sich anders hätte verteidigen können. 3. Die Einzelstrafe für die Taten zu Lasten der Nebenklägerin V. sowie die Gesamtstrafe müssen aus sachlich rechtlichen Gründen neu bemessen werden. Auf die Verfahrensrüge im Zusammenhang mit der Verwertung des Telefongesprächs vom 16. Juni 1999, auf welche das Landgericht die Feststellung einer Rädelsführerschaft des Angeklagten gestützt hat, kam es daher nicht
an. Die Einzelstrafe für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist von der Aufhebung nicht berührt und kann bestehen bleiben. Das gilt auch für die rechtsfehlerfreie Anordnung der Einziehung. Jähnke Bode Rothfuß Fischer Elf

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
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Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt wer

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 85/00
vom
30. August 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. August
2000, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Niemöller,
Detter,
Rothfuß,
Hebenstreit
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 24. September 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, da er der H. GmbH & Co KG unberechtigterweise Fördermittel des W. verschafft habe.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts und beanstandet das Verfahren.

I.


Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Die Revision beanstandet zu Recht eine Verletzung der §§ 249, 261 StPO, weil ein Schriftstück , das dem Urteil zugrundegelegt wurde, nicht Gegenstand der Verhandlung gewesen ist.
Die Urteilsgründe nehmen mehrfach auf ein Schreiben der V. v om 16. November 1992 Bezug, das im Wortlaut wiedergegeben (UA S. 16/17) und zusätzlich als Anlage 3 dem Urteil beigefügt ist. Ausweislich der Sitzungsniederschrift (§ 274 StPO) wurde dieses Schreiben nicht im Wege des Urkundenbeweises verlesen oder in sonst zulässiger Weise (z. B. im Wege des Selbstleseverfahrens nach § 249 Abs. 2 StPO) in die Hauptverhandlung eingeführt.
Der Senat kann nicht ausschließen, daß das Urteil auf diesem Verstoß beruht. Zwar wurde das Schreiben der V. wiederholt Zeugen vorgehalten (vgl. Sitzungsniederschriften über die Vernehmung der Zeugen B. am 7. Mai 1999,Sch. am 20. Mai 1999 und L. am 28. Mai 1999). Unter Umständen kann ein Vorhalt an Zeugen, Sachverständige oder Angeklagte eine Beweiserhebung im Rahmen des Urkundenbeweises erübrigen, dies gilt aber nicht, wenn es auf den genauen Wortlaut ankommt (vgl. Kleinknecht /Meyer-Goßner 44. Aufl. § 249 Rdn. 28 m. w. N.). Dies ist hier der Fall. Die Strafkammer stützt auf den Wortlaut dieses Schreibens maßgeblich die Feststellung, daß eine für die Erlangung von Fördermitteln erforderliche Finanzierungsbestätigung einer Bank nicht vorlag und der Angeklagte dies wußte (UA S. 17 aE). Die Urteilsgründe belegen somit, daß der genaue Wortlaut des - allerdings nur zweiseitigen - Schreibens von erheblicher beweismäßiger Bedeutung war. Ein Vorhalt war deshalb kein geeignetes Verfahren zur Beweiserhebung , da in einem solchen Falle nicht die Urkunde selbst, sondern nur die dazu abgegebene Erklärung der Person, der sie vorgehalten wurde, Beweisgegenstand ist. Dazu kommt, daß dann, wenn in der Hauptverhandlung nicht verlesene Schriftstücke ohne Hinweis auf eine bestätigende Einlassung des Angeklagten oder eine solche Erklärung einer anderen Auskunftsperson im
Urteil wörtlich wiedergegeben werden, dies in der Regel darauf hindeutet, daß der Wortlaut selbst zum Zwecke des Beweises verwertet worden ist und nicht nur eine gegebenenfalls auf einen Vorhalt abgegebene Erklärung (vgl. BGH NStZ 1999, 424; vgl. auch BGH StV 1987, 421).
Das Urteil unterliegt somit schon auf Grund dieses Verfahrensverstoßes der Aufhebung, so daß der Senat offen lassen kann, ob und in welchem Umfang die übrigen geltendgemachten Verfahrensrügen ebenfalls durchgreifen könnten.

II.


Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat:
1. Macht das Tatgericht vom Selbstleseverfahren gemäß § 249 Abs. 2 StPO Gebrauch, darf hinsichtlich der Vorgehensweise nicht zwischen Berufsrichtern und Schöffen differenziert werden. Auch die Schöffen müssen tatsächlich vom Wortlaut der Urkunden Kenntnis genommen, diese also gelesen haben. Der Vorsitzende muß gemäß § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO die Feststellung über die Kenntnisnahme in das Protokoll aufnehmen. Dabei handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO (vgl. BGH, Beschl. v. 21. September 1999 – 1 StR 389/99 und v. 7. Juni 2000 – 3 StR 84/00). Formulierungen wie: "Die Schöffen haben vor der Verhandlung im Beratungszimmer vom Inhalt (der) Schriftstücke Kenntnis genommen" könnten den Schluß zulassen, daß den Anforderungen des § 249 Abs. 2 StPO nicht entsprochen worden ist.
2. Bezüglich des Zeugen Sch. liegt ein Vereidigungsverbot gemäß § 60 Nr. 2 StPO nahe. 3. Sachlich - rechtlich drängt sich die Annahme einer Unterlassungstat nicht auf.
4. Die berufliche Stellung eines Angeklagten darf nur dann im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Lasten berücksichtigt werden, wenn zwischen dem Beruf und der Straftat eine innere Beziehung besteht (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 31 und Lebensumstände 10).
Jähnke Niemöller Detter Rothfuß Hebenstreit

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 190/00
vom
6. September 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. September
2000, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Detter,
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 28. Dezember 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen täuschte der Angeklagte im Anschluß an einen am 22. März 1987 erlittenen Verkehrsunfall erhebliche vorgeblich als Folge des Unfalls eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, um von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners ihm tatsächlich nicht zustehende Schadensersatzleistungen zu erhalten. Aufgrund der Simulation des Angeklagten erbrachte die Versicherung im Zeitraum von April 1987 bis Mai 1996 zu Unrecht Rentenzahlungen für entstandenen Verdienstausfall in Höhe von insgesamt ca. 460.000 DM. Gegen das Urteil wendet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

I.

Der Beschwerdeführer beanstandet, das Landgericht habe gegen § 261 StPO verstoßen, indem es bei seiner Entscheidung den Wortlaut ärztlicher Gutachten verwertet habe, ohne diese Gutachten ordnungsgemäß durch Verlesung gemäß § 249 Abs. 1 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben. Jedenfalls mit der die Verwertung des Gutachtens des Prof. Dr. S. vom 8. März 1991 betreffenden Verfahrensbeanstandung dringt die Rüge durch. Das Landgericht hat Prof. Dr. S. nicht als Sachverständigen angehört , sondern als sachverständigen Zeugen dazu vernommen, daß er dieses Gutachten erstattet hat. Die Strafkammer teilt in den Urteilsgründen im Rahmen der Feststellungen zum Sachverhalt das schriftliche Gutachten des Prof. Dr. S. v om 8. März 1991 auszugsweise im Wortlaut mit. Die wörtliche Wiedergabe erstreckt sich über mehr als sechs Urteilsseiten. Eine förmliche Verlesung des Gutachtens gemäß § 249 Abs. 1 StPO ist in der Hauptverhandlung nicht erfolgt , was durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls bewiesen wird (BGH NStZ 1999, 424; NStZ 1993, 51; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 11). Durch gegebenenfalls auf nicht protokollierungspflichtige Vorhalte gemachte Bekundungen des in der Hauptverhandlung als sachverständigen Zeugen vernommenen Prof. Dr.S. oder des darüber hinaus als Auskunftsperson in Betracht kommenden Sachverständigen Prof. Dr. Sc. ist der Wortlaut des Gutachtens vom 8. März 1991 ebenfalls nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Dem Urteil läßt sich lediglich entnehmen, daß der sachverständige Zeuge glaubhaft bestätigt hat, das auszugsweise zitierte Gutachten angefertigt zu haben. Demgegenüber fehlt ein Hinweis auf eine den
Inhalt des Gutachtens bestätigende Erklärung des sachverständigen Zeugen oder des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sc. . Wird ein nicht verlesenes Schriftstück ohne einen solchen Hinweis auf eine bestätigende Erklärung einer in der Hauptverhandlung vernommenen Auskunftsperson im Urteil auszugsweise wörtlich wiedergegeben, so deutet dies in der Regel darauf hin, daß der Wortlaut selbst zum Zwecke des Beweises verwertet worden ist und nicht nur eine gegebenenfalls auf einen Vorhalt abgegebene Bekundung (vgl. BGH NStZ 1999, 424; BGHSt 11, 159, 161f). Bei den im Urteil wörtlich zitierten Auszügen aus dem Gutachten vom 8. März 1999 handelt es sich zudem um umfangreiche, sowohl inhaltlich als auch sprachlich komplex gestaltete Textpassagen, in denen anamnestische Angaben des Angeklagten sowie eigene umfängliche Untersuchungsergebnisse referiert werden und eine zusammenfassende gutachterliche Wertung der erhobenen Befunde formuliert ist. Die Einzelheiten dieser Gutachtenteile, insbesondere der genaue Wortlaut, können nach der Lebenserfahrung von einer Auskunftsperson auch auf Vorhalt nicht aus der Erinnerung heraus wiedergegeben werden. Der Senat schließt daher aus, daß das Landgericht den Wortlaut der im Urteil zitierten Abschnitte des Gutachtens auf Grund der Angaben des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. S. oder des Sachverständigen Prof. Dr. Sc. festgestellt hat (vgl. BGHSt 5, 278; 11, 159; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 5, 11, 12; BGH bei Holtz MDR 1991, 704). Mit der wörtlichen Verwertung des nicht in die Hauptverhandlung eingeführten schriftlichen Gutachtens hat das Landgericht gegen § 261 StPO verstoßen. Der Senat kann bei der gegebenen Sachlage nicht ausschließen, daß das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht. Denn die Strafkammer hat im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen auf eine eigene Schilderung des simulierten Verhaltens des Angeklagten verzichtet und sich statt dessen darauf be-
schränkt, verschiedene ärztliche Gutachten, darunter das Gutachten des Prof. Dr. S. v om 8. März 1991, auszugsweise wörtlich wiederzugeben und pauschal festzustellen, daß die "vorstehend genannten und in den Gutachten bescheinigten" gesundheitlichen Beeinträchtigungen niemals bestanden hätten. Das Urteil kann demnach keinen Bestand haben, ohne daß es einer Erörterung der weiteren Verfahrensrügen oder der Sachbeschwerde bedarf.

II.

Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin: 1. Zur Klärung der Frage, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen vom Angeklagten simuliert wurden, bedarf es einer mit sachverständiger Hilfe vorzunehmenden Auseinandersetzung mit den bei den verschiedenen Untersuchungen jeweils vom Angeklagten angegebenen Beschwerden, den erhobenen Untersuchungsbefunden und den unterschiedlichen Diagnosen. Dabei wird der neue Tatrichter auch die Möglichkeit einer bewußten oder unbewußt als Ausdruck einer neurotischen Störung erfolgten Aggravation vorhandener Beeinträchtigungen in seine Überlegungen mit einzubeziehen haben. Im Hinblick auf das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Prof. Dr. Sc. empfiehlt es sich, zur Beurteilung dieser Fragen einen anderen Sachverständigen hinzuzuziehen. 2. Das tatrichterliche Urteil muß nach § 267 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 StPO eine in sich geschlossene Darstellung des zum Anklagevorwurf festgestellten Sachverhalts enthalten (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 3 und § 267 Abs. 5 Freispruch 4), welche erkennen läßt, inwieweit der Tatrichter die gesetzlichen Merkmale des Straftatbestands durch Tatsa-
chen erfüllt ansieht. Werden anstelle einer aus sich heraus verständlichen Schilderung des Tatgeschehens im wesentlichen wörtliche Zitate aus verschiedenen Schriftstücken, die zudem die innere Tatseite nicht belegen, aneinandergereiht , gefährdet dies in sachlich-rechtlicher Hinsicht den Bestand des Urteils. Jähnke Detter Rothfuß Fischer Elf

Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.