Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2018 - 2 StR 130/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:080518B2STR130.18.0
bei uns veröffentlicht am08.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 130/18
vom
8. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:080518B2STR130.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu Ziff. 1. Buchst. a und c sowie Ziff. 3. auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 18. Dezember 2017
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des unerlaubten Besitzes eines Schlagrings schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafe im Fall II.2.2 der Urteilsgründe und der Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben ; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten,
c) im Ausspruch über den Vorwegvollzug aufgehoben; dieser entfällt. 2. Im Umfang der Aufhebung zu Ziff. 1 Buchst. b wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubten Besitzes eines Schlagrings zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass drei Monate der Ge- samtfreiheitsstrafe „einschließlich der erlittenen Untersuchungshaft“ vor der Vollziehung der Maßregel zu vollstrecken sind. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Schuld- und Strafausspruch im Fall II.2. der Urteilsgründe haben keinen Bestand.
3
a) Hierzu hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte von Ende Juli bis zum 29. August 2016 für den gesondert verfolgten S. 10 kg Haschisch, 2 kg Marihuana und 35 g Kokain aufbewahrte, die dieser zum gewinnbringenden Weiterverkauf verwenden wollte. Als Gegenleistung für die Aufbewahrung dieser Betäubungsmittel und seine Mitwirkung beim Verpacken von Verkaufsportionen wurde dem Angeklagten von S. gestattet, soviel Marihuana für seinen eigenen Konsum zu entnehmen, wie er wollte. Tatsächlich konsumierte der Angeklagte in der Folgezeit täglich 3 bis 4 g Marihuana aus diesem Vorrat. Außerdem übergab S. ihm zwei Flaschen Parfüm und mehrere Flaschen Asthma-Spray.
4
b) Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte habe sich durch die Aufbewahrung der Betäubungsmittel als Mittäter des tateinheitlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht. Er habe einen erheblichen Tatbeitrag zum Handeltreiben geleistet , weil S. ohne seine Mitwirkung nicht mehr auf die Betäubungsmittel habe zugreifen können. Außerdem habe er eigennützig gehandelt, um Marihuana für seinen Eigenkonsum zu erhalten.
5
c) Die Annahme von Mittäterschaft des Angeklagten beim tateinheitlich begangenen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist rechtsfehlerhaft.
6
aa) Das Aufbewahren von Rauschgift für einen Dritten, das zur gewinnbringenden Veräußerung bestimmt ist, kann zwar im Einzelfall ein Tatbeitrag sein, der die Annahme von Mittäterschaft beim Handeltreiben rechtfertigt. Ob es sich so verhält, bestimmt sich aber nach den allgemeinen Grundsätzen für die Abgrenzung der Beteiligungsformen gemäß § 25 Abs. 2 oder § 27 StGB.
7
Die Feststellung, dass der Angeklagte eigennützig handelte, reicht, wie das Landgericht erkannt hat, nicht aus, um täterschaftliches Handeltreiben zu begründen. Für die Wertung seines Tatbeitrags als Beihilfe spricht, dass sich die Mitwirkung des Angeklagten an dem Umsatzgeschäft in der Aufbewahrung der Betäubungsmittel und einer Hilfe beim Verpacken von Verkaufsportionen erschöpfte. Derartige Hilfstätigkeiten können zwar im Einzelfall für die Annahme von Mittäterschaft genügen. Hier ist jedoch zu bedenken, dass der Angeklagte weder mit der Beschaffung der Betäubungsmittel noch, von seiner Mitwirkung beim Verpacken der Verkaufsportionen abgesehen, mit den Verkaufsgeschäften zu tun hatte. Angesichts dessen hat der Umstand, dass er kleine Mengen Marihuana zum Eigenkonsum aus dem großen Betäubungsmittelvorrat entnehmen durfte und Parfüm sowie Asthma-Spray von S. erhielt, keine ausschlaggebende Bedeutung. Dies rechtfertigt nicht die Wertung des Tatbeitrags des Angeklagten als Mittäterschaft. Nichts anderes gilt für die Feststellung , dass S. nur mit Hilfe des Angeklagten Zugriff auf den Betäubungsmittelvorrat nehmen konnte (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juni 2003 – 2 StR 139/03, NStZ-RR 2003, 309 f.).
8
bb) Der Senat ändert den Schuldspruch insoweit in Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
9
Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln der gewinnbringenden Weiterveräußerung , tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das täterschaftlich begangene Handeltreiben zurück, während zwischen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und Besitz Tateinheit besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 2017 – 4 StR 580/16, StraFo 2017, 128 f. mwN).
10
§ 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen , weil der geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
11
d) Die Änderung des Schuldspruchs gebietet eine Aufhebung des Ausspruchs über die Einzelfreiheitsstrafe zu Fall II.2.2 der Urteilsgründe.
12
Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Tatrichter ohne den Wertungsfehler zu einer geringeren Einzelstrafe gelangt wäre, auch wenn der Strafrahmen wegen des tateinheitlich begangenen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG unverändert bleibt. Dem Senat ist es aufgrund der Schuldspruchänderung verwehrt, selbst festzustellen, dass die Einzelfreiheitsstrafe angemessen ist. Deshalb ist die Zurückverweisung der Sache zur neuen Entscheidung über die Bemessung dieser Einzelstrafe und zur Bildung einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe geboten.
13
Die zugehörigen Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen worden und können aufrecht erhalten bleiben.
14
2. Die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe vor der Maßregel hat keinen Bestand, weil sich der mögliche Vorwegvollzug durch die vom Angeklagten erlittene Untersuchungshaft, die drei Monate überschreitet , erledigt hat.
Schäfer Appl Eschelbach Bartel Schmidt

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2018 - 2 StR 130/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2018 - 2 StR 130/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2018 - 2 StR 130/18 zitiert 6 §§.

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2003 - 2 StR 139/03

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bei uns veröffentlicht am 14.02.2017

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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 139/03
vom
4. Juni 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Angeklagten am 4. Juni 2003 gemäß § 349 Abs. 4 StPO

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 16. Januar 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Das angefochtene Urteil hat keinen Bestand, weil das Landgericht den Angeklagten ohne nähere Begründung als Mittäter des Handeltreibens angesehen hat, obwohl nach dem festgestellten Tatgeschehen hätte erörtert werden müssen, ob die Tatbeiträge des Angeklagten nicht lediglich als Beihilfe zu werten sind. Der Angeklagte konsumierte Haschisch. Sein Lieferant Ö. fragte ihn, ob er sich etwas hinzuverdienen wolle, indem er in seinem Keller Haschisch bun-
kere. Als Gegenleistung sollte der Angeklagte monatlich die für seinen Eigenkonsum benötigte Haschischmenge erhalten. Hiermit war der Angeklagte einverstanden. Ö. und ein Begleiter stellten daraufhin im Keller des Angeklagten einen Waffenschrank auf, in dem das Haschisch gelagert werden sollte. Den Schlüssel hierzu hatte Ö., den einzigen Kellerschlüssel hatte der Angeklagte, weil er den Keller auch selbst nutzte und Ö. keinen freien Zugang zu dem Keller haben sollte. Wenn Ö. oder seine Beauftragten an den Waffenschrank wollten, mußten sie bei dem Angeklagten klingeln und sich den Keller aufschließen oder sich den Schlüssel geben lassen. Von August bis Dezember 2001 wurden mit Wissen des Angeklagten nacheinander vier Haschischlieferungen (3 kg, 10 kg, zweimal 25 kg) eingelagert, von Ö. oder seinem Beauftragten in Teilmengen wieder abgeholt und - ohne weitere Mitwirkung des Angeklagten - verkauft. Der Angeklagte erhielt für die Nutzung des Kellers monatlich 100 g Haschisch. Bei diesem Tatgeschehen hätte das Landgericht erörtern müssen, ob der Angeklagte nicht lediglich Beihilfe zum Handeltreiben des Ö. geleistet hat. Das Aufbewahren von Rauschgift für einen Dritten, das zur gewinnbringenden Veräußerung bestimmt ist, kann zwar ein Tatbeitrag sein, der die Annahme mittäterschaftlichen Handeltreibens rechtfertigt (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 42, 47 m.w.N.). Ob es sich so verhält, bestimmt sich aber nach den allgemeinen Grundsätzen, die für die Abgrenzung der Beteiligungsformen auch sonst gelten (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 56, 47, 9; BGH, Beschl. vom 11. Juni 1997 - 2 StR 211/97 - jew. m.w.N.). Eine solche Abgrenzung hat die Strafkammer in den Urteilsgründen aber nicht vorgenommen. Eine Erörterung dieser Frage war nicht schon deshalb entbehrlich, weil der Angeklagte monatlich 100 g Haschisch dafür erhielt, daß er die Nutzung seines Kellers als "Bunker" ermöglichte. Daß er damit eigennützig han-
delte, reicht für sich allein nicht aus, täterschaftliches Handeltreiben anzunehmen (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 42, 47 m.w.N.). Für die Wertung des Tatbeitrags des Angeklagten als Beihilfe spricht vielmehr, daß sich seine Mitwirkung darauf beschränkte, das Aufstellen des Waffenschranks in seinem Keller zu gestatten und Ö. und seinen Beauftragten den Zugang zu ermöglichen. Derartige Hilfstätigkeiten können zwar für die Annahme von (Mit)Täterschaft ausreichen (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 9, 47). Hier war jedoch zu bedenken, daß der Angeklagte nach den bisherigen Feststellungen weder mit der Beschaffung des Haschischs noch mit den Verkaufsgeschäften irgendetwas zu tun hatte und auch keinen eigenen Zugang zu dem im Waffenschrank verwahrten Rauschgift hatte. Angesichts dessen hat allein der Umstand, daß der Angeklagte von Ö. monatlich 100 g Haschisch für die Mitbenutzung des Kellers erhielt, keine ausschlaggebende Bedeutung (vgl. BGHR aaO 36 m.w.N.) und rechtfertigt deshalb die Wertung des Tatbeitrags des Angeklagten als Mittäterschaft nicht. Nichts anderes gilt für die Feststellung , daß Ö. den Keller nur mit Hilfe des Angeklagten betreten konnte. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann den Schuldspruch nicht selbst auf Beihilfe umstellen. Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, daß der neue Tatrichter weitergehende Feststellungen treffen kann, die die Annahme mittäterschaftlichen Handeltreibens in nicht geringer Menge doch rechtfertigen könnten. Für den Fall, daß der neue Tatrichter den Beitrag des Angeklagten als Beihilfe wertet, wird auch zu
bedenken sein: Besteht der Tatbeitrag des Gehilfen aus einer einzigen Handlung , so ist sein Verhalten auch dann als eine Tat zu werten, wenn der Haupt- täter (Ö.) mehrere rechtlich selbständige Handlungen begeht (vgl. BGH NStZ 1993, 584; BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 2). Bode Detter Rothfuß Fischer Roggenbuck

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 580/16
vom
14. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:140217B4STR580.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 21. September 2016
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und wegen Beihilfe zum "unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung von Schusswaffen" in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuld- und Aufhebung des Strafausspruchs ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen verwahrte der Angeklagte am 22. März 2016 in seiner Wohnung 218,66 g Ecstasy-Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 55,10 g MDMA-Base, die er im Januar 2015 von seinem Lieferanten zum Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung auf Kommission erhalten hatte , sowie zwei Tütchen Haschisch mit insgesamt 0,84 g THC, die jeweils für den Eigenkonsum bestimmt waren. Ebenfalls am 22. März 2016 führte der Angeklagte in seinem Fahrzeug einen Beutel mit sich, der eine Platte Cannabis mit einem Gewicht von 421,57 g und einer Wirkstoffmenge von 14,76 g THC sowie zwei geladene halbautomatische Selbstladepistolen, passende Mündungsschalldämpfer und weitere Munition enthielt. Den Beutel hatte der Angeklagte im April 2015 von seinem Lieferanten, aus dessen Handelstätigkeit das Cannabis stammte, zur Aufbewahrung für diesen erhalten und in der Folgezeit versteckt.

II.


3
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann nicht bestehen bleiben , weil sich die Annahme von zwei selbständigen realkonkurrierenden Taten als unzutreffend erweist.
4
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 - 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82; Urteil vom 4. Februar 2015 - 2 StR 266/14, NStZ 2015, 344; Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 12. Oktober 2004 - 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228 f.; Urteil vom 1. August 1978 - 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das täterschaftlich begangene unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 - 4 StR 430/15 aaO; vom 17. Mai 1996 - 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.), während zwischen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und Besitz Tateinheit besteht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - 2 StR 266/14 aaO; Beschluss vom 2. Oktober 2008 - 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zur gewinnbringenden Weiterveräußerung und teils zu anderen Zwecken, geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf. Für die anderen Zwecken dienende Menge verbleibt es dagegen bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 - 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174 f.; vom 30. Juni 1998 - 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 - 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 - 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 - 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Kotz in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209).
5
Mangels Wertgleichheit hat der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 - 4 StR 430/15 aaO; vom 17. Mai 1996 - 3 StR 631/95 aaO). Demgegenüber werden an sich selbständige Taten der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch einen einheitlichen Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer materiell-rechtlichen Tat verklammert (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - 2 StR 266/14 aaO; Beschluss vom 16. Juli 2013 - 4 StR 144/13 aaO).
6
2. Danach hat sich der Angeklagte durch das Aufbewahren des zum Eigenkonsum bestimmten Haschischs in der Wohnung und die gleichzeitig erfolgte Verwahrung der Cannabisplatte für seinen Lieferanten eines Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht. Dieser Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht sowohl zu dem durch die Lagerung der zum Weiterverkauf bestimmten Ecstasy-Tabletten verwirklichten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als auch zu der Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln des Lieferanten gemäß § 27 StGB, § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in Tateinheit und verklammert diese Delikte zu einer materiell-rechtlichen Tat.
7
a) Die Annahme von Tateinheit durch Klammerwirkung setzt voraus, dass die Ausführungshandlungen zweier an sich selbständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbständigen Delikte und dem sie verbindenden Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147, 149 mwN; Beschluss vom 11. Januar 2012 - 1 StR 386/11, wistra 2012, 310; Rissing-van Saan, LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 28 ff.). Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der Wertevergleich nicht nach einer abstraktgeneralisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 StR 99/12 aaO; Beschlüsse vom 19. April 2011 - 3 StR 230/10, NStZ 2011, 577, 578; vom 2. Dezember 2008 - 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692, 693; Urteil vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 ff.).
8
b) Da der Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG für den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit einer Strafrahmenobergrenze von 15 Jahren gegenüber der Obergrenze des nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30a Abs. 2 BtMG von elf Jahren und drei Monaten die schwerere Strafe androht und sich bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise keine Gesichtspunkte dafür ergeben, dass der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge seinem strafrechtlichen Unrechtsgehalt nach hinter der Teilnahmehandlung zurückbleibt, sind die Voraussetzungen für eine Verklammerung ungeachtet der höheren Mindeststrafe des gemilderten Normalstrafrahmens aus § 30a Abs. 2 BtMG erfüllt.
9
3. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der weitgehend geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung entzieht dem Strafausspruch die Grundlage.
Der neu mit der Sache befasste Tatrichter wird den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 22. November 2016 dargelegten Bedenken hinsichtlich der strafschärfenden Berücksichtigung der nur geringfügigen Überschreitung des Grenzwerts zur nicht geringen Menge (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. September 2016 - 2 StR 41/16; vom 31. März 2016 - 2 StR 36/16, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 44) sowie der für die Bestimmung der maßgeblichen Strafrahmenuntergrenze relevanten Prüfung des minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 BtMG Rechnung zu tragen haben. Der Senat weist darüber hinaus darauf hin, dass mit der Erwägung, der Wiederverkauf der Betäubungsmittel sei letztlich zufällig gescheitert, "weil der Angeklagte keine Abnehmer fand und kein Interesse an entsprechender Akquise entwickelte" kein schuldsteigernder Gesichtspunkt aufgezeigt wird.
VRinBGH Sost-Scheible ist Cierniak Franke urlaubsbedingt an der Beifügung der Unterschrift gehindert. Cierniak
Bender Quentin

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.