Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2013 - 2 StR 154/13

bei uns veröffentlicht am17.12.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 154/13
vom
17. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
- zu 1. b) und 3. auf dessen Antrag - und der Beschwerdeführer am
17. Dezember 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 26. September 2012 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit es die Angeklagten V. und S. betrifft aa) in den Strafaussprüchen, bb) soweit von der Anordnung einer Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist,
b) soweit es den Angeklagten A. betrifft aa) hinsichtlich Fall II. 4 der Urteilsgründe, bb) im Gesamtstrafenausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten V. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten S. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, schweren Raubs in Tateinheit mit Körperverletzung, Computerbetrugs und Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer "Einheitsjugendstrafe" von vier Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten A. wegen schweren Raubs,Computerbetrugs und Beihilfe zum Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Hinsichtlich der Angeklagten S. und A. hat das Landgericht zudem eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten , mit denen sie die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat zu den Schuldsprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten V. und S. ergeben. Dagegen halten die Rechtsfolgenaussprüche der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil das Urteil nicht erkennen lässt, dass das Landgericht geprüft hat, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung gemäß § 64 StGB vorliegen.
3
Aufgrund der Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich der im Zeitpunkt der Taten noch heranwachsenden Angeklagten V. und S. - seit 2005 sich steigernder regelmäßiger Cannabis- und Amphetaminkonsum, "schädlicher Gebrauch von Amphetamin und Marihuana" im Tatzeitraum (UA S. 64), Finanzierung der Betäubungsmittelbedarfe als Tatmotiv (UA S. 67, 70) - hätte sich die Prüfung der Voraussetzungen des § 64 StGB aufgedrängt.
4
Wegen des durch § 5 Abs. 3 JGG vorgegebenen sachlichen Zusammenhangs zwischen Strafe und Unterbringung (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 2012 - 4 StR 494/12, BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 3 und vom 18. Januar 1993 - 5 StR 682/92, BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 1, jeweils für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) ist auch der jeweilige Strafausspruch aufzuheben. Zwar liegt nach den bisherigen Feststellungen die Annahme, dass die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt die Ahndung ihrer Taten durch die Verhängung einer Jugendstrafe entbehrlich machen könnte, eher fern. Der Senat kann aber gleichwohl nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt in Anwendung von § 5 Abs. 3 JGG davon abgesehen hätte, Jugendstrafe zu verhängen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2009 - 4 StR 99/09, NStZ-RR 2009, 277 mwN).
5
Der neue Tatrichter wird daher über den gesamten Rechtsfolgenausspruch nochmals zu befinden haben. Zur Prüfung der Frage der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf es dabei der Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO).
6
2. a) Soweit das Landgericht den Angeklagten A. im Fall II. 4 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Diebstahl verurteilt hat, hält dies rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen bestanden die Tatbeiträge des Angeklagten in der telefonischen Zusage, die Haupttäter des Diebstahls in Tatortnähe abzuholen und in der sich daran anschließenden Umsetzung der Zusage. Bereits zum Zeitpunkt der telefonischen Zusage des Angeklagten war der Diebstahl indes beendet, da das Diebesgut aus dem räumlichen Bereich des Entwendungsorts entfernt worden war und Rückholaktivitäten des Eigentümers nicht zu erwarten waren (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 18. April 2012 - 2 StR 6/12 und vom 26. Mai 2000 - 4 StR 131/00, NStZ 2001, 88, 89).
7
Da der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht abschließend prüfen kann, ob der Angeklagte sich wegen Hehlerei oder Begünstigung strafbar gemacht hat, kommt eine Schuldspruchänderung nicht in Betracht. Der dargelegte Rechtsfehler führt deshalb zur Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 4 der Urteilsgründe einschließlich der insoweit verhängten Einzelstrafe. Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
8
b) Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten A. ergeben.
Appl Schmitt Eschelbach
Ott Zeng

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2013 - 2 StR 154/13

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden. (2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen. (3) Von Zuchtmitteln un
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 494/12
vom
19. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 24. Juli 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 3 der Urteilsgründe wegen Raubes verurteilt worden ist,
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Raub (Fall II. 6 der Urteilsgründe), in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Diebstahl (Fall II. 1 der Urteilsgründe), in einem weiteren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (Fall II. 2 der Urteilsgründe), wegen Raubes in drei Fällen (Fälle II. 3, 4 und 7 der Urteils- gründe) und wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen (Fälle II. 5 und 8 der Urteilsgründe) schuldig gesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Von der Verhängung einer Jugendstrafe hat es nach § 5 Abs. 3 JGG abgesehen. Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen hatte der bei den jeweiligen Taten 17 Jahre alte Angeklagte den Wunsch, sich Designerkleidung kaufen zu können, um nicht hinter seinen Freunden zurückstehen zu müssen. Da er nicht über die hierfür erforderlichen Geldmittel verfügte, entschloss er sich, Frauen, die in den späten Nachmittags- oder Abendstunden allein unterwegs waren, bis zu ihren Wohnungen zu verfolgen und dort zu überfallen, um Bargeld oder sonstige Wertgegenstände an sich zu bringen. Von einem Überfall der Frauen in ihren Wohnungen versprach er sich größere Beute, weil er dort über die in den Handtaschen mitgeführten Bargeldbeträge und Wertsachen hinaus weiteres Bargeld und weitere Wertgegenstände vermutete. In Ausführung dieses Entschlusses verfolgte und überfiel der Angeklagte in der Zeit vom 25. September 2011 bis zum 28. Dezember 2011 acht Frauen. Im ersten Fall versuchte der Angeklagte aufgrund eines spontan gefassten Entschlusses die 39 Jahre alte P. G. , der er zuvor bis in ihre Wohnung gefolgt war, gewaltsam zurDuldung des vaginalen Geschlechtsverkehrs zu zwingen. Nachdem er mit seinem Vorhaben gescheitert war, ejakulierte er auf ihren nackten Körper und entwendete 100 Euro (Fall II. 1 der Urteilsgründe). Im zweiten Fall griff der Angeklagte die Verlagskauffrau S. B. im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses an und nahm sie in einen Würgegriff. Dabei betastete er sein Opfer über der Kleidung an den Brüsten und im Schambereich. Durch den Angriff erlitt S. B. eine blutende Wunde im Nasenbereich (Fall II. 2 der Urteilsgründe). Im dritten Fall versuchte der Angeklagte die zuvor von ihm verfolgte 59 Jahre alte Kunstlehrerin B. K. in ihre Wohnung zu drücken, als sie deren Tür aufschließen wollte. Bei dem anschließenden Gerangel im Treppenhaus entriss der Angeklagte B. K. „mit Gewalt“ deren Tasche, in der er Bargeld vermutete und flüchtete. In der Tasche befanden sich eine Blockflöte, BallerinaSchuhe , ein Ringbuch, Textmarker und eine Schachtel mit Aufklebern. Vier Tage nach diesem Vorfall entriss der Angeklagte der 73 Jahre alten Rentnerin I. Ka. deren Einkaufstasche, nachdem er sie bis in das Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses verfolgt hatte. In der Tasche befanden sich Bargeld, ein Handy und diverse Ausweise (Fall II. 4 der Urteilsgründe). Weitere vier Tage später verschaffte sich der Angeklagte unter einem Vorwand Zutritt zur Wohnung der 84 Jahre alten Pensionärin M. U. . Aufgrund eines spontanen Entschlusses riss er M. U. die Kleidung vom Körper und warf sie auf ihr Bett. Anschließend setzte er sich mit erigiertem Penis rittlings auf sie und versuchte mit ihr gewaltsam den vaginalen Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Nachdem ihm dies nicht gelungen war, weil M. U. zwei künstliche Hüftgelenke hatte und deshalb ihre Beine nicht spreizen konnte, verlangte der Angeklagte erfolglos die Ausübung des Handverkehrs. Schließlich entwendete er aus der Wohnung 75 Euro, wobei er die Angst seines Opfers vor weiteren Gewalttätigkeiten für sich ausnutzte (Fall II. 6 der Urteilsgründe). Nachdem der Angeklagte am 4. Dezember 2012 bei der Verfolgung einer älteren Frau von Polizeibeamten gestellt, erkennungsdienstlich behandelt und als Beschuldigter vernommen worden war, stieß er am 20. Dezember 2012 die zuvor von ihm verfolgte 68 Jahre alte Rentnerin M.
Sch. in den Flur ihrer Wohnung, als sie deren Tür öffnete. Anschließend entriss er ihr die Handtasche, in der sich 290 Euro, eine Kreditkarte und ein Mobiltelefon befanden (Fall II. 7 der Urteilsgründe). In zwei weiteren Fällen scheiterte der Angeklagte bei dem Versuch, gewaltsam in die Wohnungen zuvor verfolgter Frauen einzudringen (Fälle II. 5 und 8 der Urteilsgründe).

II.


3
Die Verurteilung wegen vollendeten Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) im Fall II. 3 der Urteilsgründe wird von den Feststellungen nicht getragen.
4
Ein vollendeter Raub gemäß § 249 Abs. 1 StGB läge nur dann vor, wenn sich der Angeklagte die seinem Opfer entrissene Tasche und die darin befindlichen Sachen zueignen wollte. Nimmt der Täter – wie hier der Angeklagte – ein Behältnis nur deshalb an sich, weil er darin Bargeld vermutet, das er für sich behalten will, eignet er sich das Behältnis nicht zu (BGH, Beschluss vom 17. November 2009 – 3 StR 425/09, NStZ-RR 2010, 75; Beschluss vom 8. September 2009 – 4 StR 354/09, NStZ-RR 2010, 48; Urteil vom 14. Juni 2006 – 2 StR 65/06, NStZ 2006, 686, 687; Beschluss vom 31. Oktober 1986 – 3 StR 470/86, StV 1987, 245). Befinden sich in dem Behältnis anstatt des erwarteten Bargeldes andere Gegenstände, die der Täter aufgrund eines neuen Entschlusses für sich behält, liegt darin lediglich eine Unterschlagung (§ 246 StGB), die neben den auch weiterhin nur versuchten Raub tritt (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 41b). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass noch weitere zur Annahme eines vollendeten Raubes oder einer Unterschlagung führende Feststellungen getroffen werden können, hat der Senat den Schuldspruch im Fall II. 3 der Urteilsgründe nicht auf versuchten Raub abgeändert , sondern insgesamt aufgehoben.

III.


5
Der Rechtsfolgenausspruch hat keinen Bestand, weil das Landgericht die Voraussetzungen für die Anordnung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB nicht rechtsfehlerfrei dargelegt hat. Dadurch verliert auch die auf § 5 Abs. 3 JGG gestützte Entscheidung zum Absehen von der Verhängung einer Jugendstrafe ihre Grundlage.
6
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 – 4 StR 348/12, Tz. 6; Beschluss vom 25. September 2003 – 4 StR 316/03, NStZ-RR 2004, 38; Beschluss vom 8. April 2003 – 3 StR 79/03, NStZ-RR 2003, 232). Davon ist das Landgericht zwar ausgegangen. Seine Erwägungen zum Vorliegen einer anderen schweren seelischen Abartigkeit im Sinne von § 20 StGB und einer daraus resultierenden erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) weisen jedoch durchgreifende Rechtsfehler auf.
7
a) Der vom Landgericht angehörte psychiatrische Sachverständige hat ausgeführt, bei dem durchschnittlich intelligenten und nicht an einer krankhaften seelischen Störung leidenden Angeklagten liege eine schizoide Persönlich- keitsstörung mit Krankheitswert (ICD-10 F 60.1) vor. Diese Störung äußere sich bei den Betroffenen in massiven Auffälligkeiten in der Emotionalität und im zwischenmenschlichen Kontakt. Der Angeklagte erfülle wesentliche Kriterien die- ses Krankheitsbildes, weil er „Anteile“ von Distanziertheit, emotionaler Kühle und flacher Affektivität aufweise und nur über geringe empathische Fähigkeiten verfüge. Bei ihm bestehe ein Mangel, warme oder zärtliche Gefühle, aber auch Ärger gegenüber anderen zu zeigen, wenn er sich nicht unter einen entsprechenden emotionalen Druck gesetzt fühle (UA 25). Auch könne es zu „raptus- artigen“ Impulsdurchbrüchen kommen, wie sich insbesondere bei den Taten zum Nachteil der Geschädigten G. und U. (Fälle II. 1 und 6 der Urteilsgründe ) gezeigt habe. Bei dem Angeklagten handele es sich um einen distanzierten und in sich gekehrten Menschen, dem diese Seite seiner Persönlichkeit krankheitsbedingt nicht bewusst sei (UA 26). Bei ihm müsse deshalb von einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB ausgegangen werden, die in den jeweiligen Tatsituationen zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit bei gleichzeitig vorhandener Einsichtsfähigkeit geführt habe (§ 21 StGB). Dem hat sich das Landgericht angeschlossen (UA 28).
8
b) Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht mit dem Sachverständigen rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, dass die Diagnose einer schizoiden Persönlichkeitsstörung mit Krankheitswert gemäß ICD-10 F 60.1 ohne weitere wertende Erwägungen zur Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit gemäß § 20 StGB führt. Zudem fehlt es an der erforderlichen tatbezogenen Beurteilung der durch die festgestellte Störung hervorgerufenen Verminderung der Steuerungsfähigkeit.
9
aa) Die in den gebräuchlichen Klassifikationssystemen DSM-IV und ICD-10 zusammengefassten diagnostischen Kategorien sind keine psychiatrischen Äquivalente zu den Eingangsmerkmalen des § 20 StGB. Sie erfassen lediglich die klinischen Attribute des Zustandsbildes des Betroffenen und sind eine Richtlinie zur Unterstützung des daran anknüpfenden – dem Sachverständigen obliegenden – klinischen Urteils (Saß/Wittichen/Zaudich/Houben, Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen – Textrevision – DSM-IV-TR, 2003, S. 980 ff.). Auch wenn sich die gelisteten Kategorien bestimmten gesetzlichen Merkmalen zuordnen lassen (vgl. Rasch, Forensische Psychiatrie, 3. Aufl., S. 52 ff.), sagt daher die Vergabe einer entsprechenden Diagnose durch den psychiatrischen Sachverständigen noch nichts über die forensische Bewertung des psychischen Zustands des Betroffenen aus (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2005 – 4 StR 532/04, NStZ-RR 2005, 137, 138; Urteil vom 21. Januar 2004 – 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 52; Beschluss vom 14. Juli 1999 – 3 StR 160/99, BGHR StGB § 63 Zustand 34; Nedopil, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl., S. 127; Maatz, FPPK 2007, 147, 149; Winkler/Förster, NStZ 1999, 126, 127; Kröber/Dannhorn, NStZ 1998, 80, 81; Scholz/Schmidt, Schuldfähigkeit bei schwerer anderer seelischer Abartigkeit , S. 13). Ihr kann lediglich entnommen werden, dass es sich um eine nicht ganz geringfügige Beeinträchtigung handelt, mit der sich der Tatrichter bei der Schuldfähigkeitsbeurteilung im Hinblick auf ihren Schweregrad und ihre Tatrelevanz auseinandersetzen muss (BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 – 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 54; Beschluss vom 19. März 1992 – 4 StR 43/92, NStZ 1992, 380; Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß, NStZ 2005, 57, 58).
10
Ob eine von dem Sachverständigen diagnostizierte schizoide Persönlichkeitsstörung gemäß ICD-10 F 60.1 und DSM-IV 301.20 die Voraussetzun- gen einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB erfüllt, ist eine Rechtsfrage, die der Tatrichter wertend zu entscheiden hat (BGH, Urteil vom 14. April 1999 – 3 StR 45/99, NStZ 1999, 395). Dabei kommt es maßgebend auf den Ausprägungsgrad der Störung und ihren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Betroffenen an. Hierfür ist die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit (etwa hinsichtlich der Wahrnehmung der eigenen und dritter Personen, der emotionalen Reaktionen, der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen und der Impulskontrolle) durch die festgestellten Verhaltensmuster zu untersuchen und mit den Folgen von psychotischen oder ähnlichen pathologischen Zuständen zu vergleichen, die als krankhafte seelische Störung anerkannt sind (BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 – 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 52 f.; vgl. Beschluss vom 18. Januar 2005 – 4 StR 532/04, NStZ-RR 2005, 137, 138; Beschluss vom 21. September 2004 – 3 StR 333/04, NStZ 2005, 326, 327; Beschluss vom 26. Juli 2000 – 2 StR 278/00, BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit 35; Beschluss vom 14. Juli 1999 – 3 StR 160/99, BGHR StGB § 63 Zustand 34; Scholz/Schmidt, Schuldfähigkeit bei schwerer anderer seelischer Abartigkeit, S. 44). In diesem Zusammenhang ist es von wesentlicher Bedeutung, ob es infolge der die Persönlichkeitsstörung begründenden Verhaltens- und Erlebnisbesonderheiten auch im Alltag außerhalb der angeklagten Delikte zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn sich das Muster des Denkens, Fühlens oder Verhaltens, das gewöhnlich im frühen Erwachsenenalter in Erscheinung tritt, im Zeitverlauf als stabil erwiesen hat, können die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als „schwere andere seelische Abartigkeit“ angesehen werden (BGH,Urteil vom 21. Januar 2004 – 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 52 f.).
11
Eine diesen Vorgaben entsprechende Bewertung der „Schwere“ der an- genommenen schizoiden Persönlichkeitsstörung hat das Landgericht nicht erkennbar vorgenommen. Die von dem Sachverständigen übernommene und auf eine Äquivalenz mit krankhaften seelischen Störungen hindeutende formelhafte Wendung „mit Krankheitswert“ ist ohne Aussagekraft (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 20 Rn. 38), weil die zugrunde liegenden Wertungen nicht offengelegt werden. Sie kann die an dieser Stelle erforderliche umfassende Darlegung daher nicht ersetzen. Soweit davon die Rede ist, dass die Persönlichkeit des Angeklagten „Anteile“ von Distanziertheit, emotionaler Kühle und flacher Affektivität aufweise und er nur über geringe empathische Fähigkeiten verfüge, fehlt es an der gebotenen Darstellung der hiermit verbundenen Auswirkungen auf das alltägliche Leben und den Werdegang des Angeklagten. Gleiches gilt für die pauschale Beschreibung des Angeklagten als distanzierten und in sich gekehrten Menschen. Ob es infolge der festgestellten Auffälligkeiten bei dem Angeklagten zu zeitlich stabilen und gewichtigen Beeinträchtigungen der sozialen Kompetenz gekommen ist, kann den Urteilsgründen auch im Übrigen nicht entnommen werden. Die getroffenen Feststellungen zur Person des Angeklagten (Schulbesuch, gute Einbindung in eine große Familie mit übernommener Vorbildfunktion für jüngere Geschwister, eine geringfügige Vorahndung wegen Diebstahls, intensiver Mannschaftssport, Freundeskreis etc.) geben keine Hinweise auf eine gravierende Einschränkung der sozialen Anpassungsfähigkeit.
12
bb) Auch die Frage, ob die Steuerungsfähigkeit bei der Tat infolge der festgestellten „schweren anderen seelischen Abartigkeit“ im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert war, hat der Tatrichter ohne Bindung an die Äußerungen des Sachverständigen wertend zu beantworten (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2009 – 2 StR 383/09, NStZ-RR 2010, 73, 74; Urteil vom 21. Januar 2004 – 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 53; Urteil vom 26. April 1955 – 5 StR 86/55, BGHSt 8, 113, 124; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 21 Rn. 7 mwN) und in den Urteilsgründen darzulegen. Wird die Annahme einer anderen schweren seelischen Abartigkeit aus dem Vorliegen einer schizoiden Persönlichkeitsstörung hergeleitet, bedarf es dabei einer erkennbaren Abgrenzung gegenüber Verhaltensweisen, die sich noch innerhalb der Bandbreite menschlichen Verhaltens bewegen und Ursache für strafbares Tun sein können, ohne dass sie die Schuldfähigkeit „erheblich“ im Sinne des § 21 StGB berühren (BGH, Beschluss vom 25. September 2003 – 4 StR 316/03, NStZ-RR 2004, 38, 39). Auch insoweit fehlt es an ausreichenden Darlegungen. Nach den Feststellungen beging der Angeklagte sämtliche Taten, um sich Geld für den Kauf von Designerbekleidung zu verschaffen. Warum sich in dieser Tatmotivation die geschilderten Auffälligkeiten widerspiegeln, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.
13
2. Die Aufhebung des Maßregelausspruchs hat aufgrund des bestehenden inneren Zusammenhangs (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1997 – 4 StR 581/97, StV 1998, 342, 343) auch die Aufhebung der Entscheidung nach § 5 Abs. 3 JGG zur Folge.
14
Der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht dem nicht entgegen. Wird die Anordnung einer Unterbringung nach § 63 StGB allein auf eine Revision des Angeklagten hin aufgehoben, hindert das Schlechterstellungsverbot den neuen Tatrichter nicht daran, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dies gilt nach § 2 Abs. 2 JGG auch im Jugendverfahren (Diemer/Schatz/Sonnen,JGG, 6. Aufl., § 55 Rn. 50). Hat der erste Tatrichter wegen der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 5 Abs. 3 JGG von der Verhängung einer Jugendstrafe abgesehen, ist dem neuen Tatrichter die Verhängung einer an die Stelle der Unterbringungsanordnung tretenden Jugendstrafe aber nur dann möglich, wenn auf die Revision des Angeklagten mit dem rechtsfehlerhaften Maßregelausspruch auch die Entscheidung nach § 5 Abs. 3 JGG in Wegfall kommt. Die Rechtslage unterscheidet sich hier nicht durchgreifend von den bereits mehrfach entschiedenen Fällen, in denen auf die erfolgreiche Revision eines wegen Schuldunfähigkeit freigesprochenen, aber nach § 63 StGB untergebrachten Angeklagten auch der Freispruch aufzuheben ist, um dem neuen Tatrichter die durch § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO eröffnete Möglichkeit einer Bestrafung zu erhalten, wenn sich nunmehr die Schuldfähigkeit des Angeklagten herausstellen sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 – 4 StR 348/12, Tz. 13; Beschluss vom 29. Mai 2012 – 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307; Beschluss vom 14. September 2010 – 5 StR 229/10, Tz. 11; Beschluss vom 27. Oktober 2009 – 3 StR 369/09, Tz. 9). Der Umstand, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO nur die letztgenannte Fallkonstellation vor Augen hatte (vgl. BT-Drs. 16/1344, S. 17; Schneider, NStZ 2008, 68, 73), stellt eine Anwendung dieser Vorschrift nicht in Frage. Erklärtes Ziel der Regelung des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO ist es, die nicht hinnehmbare Konsequenz zu vermeiden, dass eine Straftat nur deshalb ohne strafrechtliche Sanktion bleibt, weil nach dem durch eine erfolgreiche Revision des Angeklagten bewirkten Wegfall der alleinigen Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Art der Rechtsfolgen aufgrund des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 1 Satz 1 StPO) nicht mehr zum Nachteil des Angeklagten verändert werden darf (vgl. BT-Drs. 16/1344, S. 17). Dem entspricht auch der hier zu entscheidende Fall.
RiBGH Dr. Mutzbauer ist Roggenbuck Franke urlaubsabwesend und daher an der Unterschrift gehindert. Roggenbuck
Quentin Reiter

(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 99/09
vom
5. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag, im Übrigen nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 5. Mai 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 18. November 2008, soweit es den Angeklagten betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten des schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und der schweren räuberischen Erpressung für schuldig befunden und ihn zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision , mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen hält der Rechtsfolgenausspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht mit nicht tragfähiger Begründung von der Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgesehen hat.
3
Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt: "Nach den Feststellungen leidet der Angeklagte an einem Alkoholabhängigkeitssyndrom und einem Abhängigkeitssyndrom von Cannabinoiden. Er konsumiert seit seinem 15. Lebensjahr Alkohol und Cannabis, seit seinem 16. Lebensjahr regelmäßig Cannabis und an den Wochenenden zusätzlich Ecstasy und Speed. Seit seinem 18. Lebensjahr trinkt der Angeklagte regelmäßig Alkohol (UA S. 4). Vor den beiden festgestellten Taten trank der Angeklagte jeweils nicht unerhebliche Mengen Alkohol, rauchte Cannabis und konsumierte Speed (UA S. 11 und 12). Bei beiden Taten hat das Landgericht nicht auszuschließen vermocht, dass der Angeklagte aufgrund des Zusammenwirkens des konsumierten Alkohols mit den verschiedenen Drogen im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert steuerungsfähig war.
Das Landgericht, das davon ausging, dass beide Taten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Suchterkrankung des Angeklagten stehen (UA S. 19), hat von der Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB abgesehen, da infolge der fehlenden Krankheitseinsicht und ernsthaften Therapiemotivation des Angeklagten keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB bestehe.
Dies begegnet durchgreifenden Bedenken. Zwar kann die fehlende Therapiemotivation bei Abwägung aller Umstände ein Indiz für die mangelnden Erfolgsaussichten einer Therapie sein (BGH NStZ 1996, 274). Geprüft werden muss aber, ob die konkrete Aussicht besteht, dass eine Therapiebereitschaft für eine erfolgversprechende Behandlung geweckt werden kann (BGH NStZ-RR 2007, 171, 172; Fischer StGB 56. Aufl. § 64 Rn. 20; Stree in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 64
Rn. 11). Auf die Frage, ob nicht mit therapeutischen Bemühungen eine positive Beeinflussung des Angeklagten zu erreichen wäre (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7), ist das Landgericht jedoch nicht eingegangen. Hierfür bestand aber schon deshalb Anlass, weil die Suchterkrankung des Angeklagten bislang nicht behandelt wurde (UA S. 19).
Die Frage einer Unterbringung nach § 64 StGB bedarf demnach der erneuten Verhandlung und Entscheidung durch ein neues Tatgericht. Dieses wird zu berücksichtigen haben, dass trotz der Ausgestaltung des § 64 StGB n.F. als Ermessensvorschrift ein Absehen von der Unterbringung nach dem Willen des Gesetzgebers nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen soll (vgl. Senat NStZ-RR 2008, 8).
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert gemäß § 358 Abs. 2 StPO die Nachholung einer Unterbringungsanordnung nicht (vgl. BGHSt 37, 5). Die Entscheidung über die Maßregelanordnung hat der Angeklagte ausdrücklich nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362)".
4
Dem schließt sich der Senat an. Der zu § 64 StGB aufgezeigte Rechtsfehler nötigt mit Blick auf die Regelung des § 5 Abs. 3 JGG auch zur Aufhebung des Strafausspruchs. Zwar liegt nach den bisherigen Feststellungen die Annahme , dass die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt die Ahndung seiner Taten durch die Verhängung einer Jugendstrafe entbehrlich machen könnte, eher fern. Der Senat kann aber gleichwohl nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt in Anwendung von § 5 Abs. 3 JGG davon abgesehen hätte, Jugendstrafe zu verhängen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. April 2003 - 4 StR 119/03 - und vom 4. März 2008 - 3 StR 30/08; Eisenberg JGG 13. Aufl. § 5 Rdn. 28).
5
Der neue Tatrichter wird daher über den gesamten Rechtsfolgenausspruch nochmals zu befinden haben. Zur Prüfung der Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf es dabei erneut der Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO).
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Franke

(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 6/12
vom
18. April 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. April
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Justizhauptsekretärin - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. August 2011 mit den Feststellungen mit Ausnahme des Teilfreispruchs zugunsten des Angeklagten R. im Fall II. 26 aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Angeklagten wie folgt verurteilt :
2
- den Angeklagten R. wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in neun Fällen (Fälle II. 10-15, 17, 19-20) unter Freisprechung im Übrigen (Fall II. 26) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren
3
- den Angeklagten A. wegen Diebstahls in drei Fällen (Fälle II. 21-23) sowie versuchten Betrugs (Fall II. 26) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
4
- den Angeklagten M. wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in sieben Fällen (Fälle II. 1-5, 7-8), wobei es in zwei Fällen beim Versuch des Betrugs blieb (Fälle II. 4-5), wegen Beihilfe zum Betrug (Fall II. 9), wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen in jeweiliger Tateinheit mit Beihilfe zum Diebstahl (Fälle II. 24-25) und wegen versuchten Betrugs in vier Fällen (Fälle II. 2629 ) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren.
5
Die zuungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts die unterlassene Verurteilung der Angeklagten wegen bandenmäßiger Begehung der jeweiligen Straftaten. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist begründet.

I.

6
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ließ eine vom Gebiet des ehemaligen Jugoslawien aus agierende Gruppierung seit Ende des Jahres 2009 hochwertige Baumaschinen durch Dritte - wie vorliegend die Angeklagten - in Deutschland durch rechtswidrige Taten erlangen und nach BosnienHerzegowina oder Kroatien verbringen, um sie dort gewinnbringend weiter zu veräußern. Dabei wurden die Angeklagten M. und R. veranlasst, unter falschem Namen und unter Vorlage gefälschter Identitätspapiere Baufirmen zu gründen und als deren Geschäftsführer aufzutreten. Im Namen dieser Firmen wurden Grundstücke angemietet, die als Umschlagplätze für die zu erlangenden Baumaschinen genutzt wurden. Sodann wurden von den Angeklagten M. und R. oder in deren Namen von unbekannt gebliebenen Mittätern Baumaschinen angemietet, die nach Anlieferung mit gefälschten Frachtpapieren von gutgläubigen Spediteuren ins Ausland verbracht wurden bzw. werden sollten. Die beiden Angeklagten handelten hierbei, um sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen; beiden wurde von ihren jeweiligen Auftraggebern für die Beteiligung an den einzelnen Betrugstaten eine Entloh- nung von jeweils 1.500 € zugesagt.
7
Im Einzelnen wurden folgende Taten festgestellt:
8
a) Komplex N. Bau e.K. ( U. )
9
Im Auftrag des unbekannt gebliebenen " B. " gründete der Angeklagte M. Ende 2009 die Firma N. Bau e.K. mit Sitz in U. . Auf Weisung seines Auftragsgebers mietete er folgende Baumaschinen, wobei er jeweils unter Verwendung des falschen Namens wahrheitswidrig die Zahlungs - und Rückgabebereitschaft vorspiegelte:
10
- am 2. Dezember 2009 einen Radlader im Wert von ca. 70.000 € (Fall II. 1)
11
- am 3. Dezember 2009 einen Bagger im Wert von ca. 50.000 € (Fall II. 2), einen Radlader im Wert von ca. 100.000 € (Fall II. 3) sowie einen Radlader und einen Kettenbagger im Wert von insgesamt ca. 20.000 € (Fälle II. 4 und

5).

12
In den Fällen II. 1-3 ließ der Angeklagte die Baumaschinen nach Bosnien-Herzegowina liefern, in den Fällen II. 4-5 scheiterte dieses Vorhaben daran, dass die Vermieter der Maschinen bei der Anlieferung Verdacht schöpften und sie wieder mit zurücknahmen.
13
b) Komplex S. Bau e.K. (St. )
14
Im Mai 2010 gründete der Angeklagte M. auf Weisung seines vormaligen Auftraggebers die Firma S. Bau e.K. in St. , um gemeinsam mit dessen Ehefrau weitere Betrugstaten zu begehen. Hierbei mietete die Ehe- frau von " B. ", die jeweils unter falschem Namen auftrat und wahrheitswidrig Zahlungs- und Rückgabebereitschaft vorspiegelte, folgende Baumaschinen :
15
- am 7. Juni 2010 einen Minibagger und einen Radlader mit Anbauteilen im Gesamtwert von 115.639 € (Fall II. 7)
16
- am 8. Juni 2010 einen Kleinbagger und einen Radlader im Gesamtwert von 117.000 € (Fall II. 8).
17
In den Fällen II. 7 und 8 ließ der Angeklagte M. die Maschinen "in Richtung Balkan" transportieren.
18
Auf Bitten der Ehefrau von " B. " mietete der Angeklagte zudem einen PKW an, der unter Vorspiegelung der Verfügungsberechtigung an einen gutgläubigen Dritten verkauft wurde. Zur Übergabe des Fahrzeugs kam es nach der Flucht des Angeklagten M. nicht mehr (Fall II. 9).
19
c) Komplex K. Bauvermittlung e.K. (F. )
20
In gleicher Weise wurde der Angeklagte R. für den gesondert verfolgten D. und eine Frau mit dem Aliasnamen "L. " tätig. Auf Weisung seines Auftraggebers gründete er im April 2010 die Firma K. Bauvermittlung e.K. in F. . Mitte Juni 2010 mietete der Angeklagte einen VW Golf im Wert von ca. 25.000 € und stellte das Fahrzeug auf Weisung seines Auftragsgebers in der Nähe des Hauptbahnhofs ab, um die Verbringung des Fahrzeugs in das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien zu ermöglichen (Fall II. 10). Einen Tag später pachtete der Angeklagte R. unter falschem Namen und unter Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und –willigkeit zwei Grundstücke in F. und H. als Umschlagplatz für die rechtswidrig erworbenen Baumaschinen an. In der Folgezeit entrichtete er - wie von Anfang an beabsichtigt - weder den Pachtzins noch die Kaution (Fälle II. 11 und 12).
21
Im Juli 2010 mietete der Angeklagte R. einen Lieferwagen im Wert von ca. 25.000 € unter Vorlage eines gefälschten Ausweises und unter Vor- spiegelung seiner Zahlungs- und Rückgabebereitschaft vor. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht brachte er das Fahrzeug nach Ende der Mietzeit nicht zurück (Fall II. 20).
22
Die unbekannt gebliebene Mittäterin "L. " mietete unter falschem Namen folgende Baumaschinen an:
23
- am 29. Juni 2010 einen Minibagger und einen Radlader im Gesamtwert von ca. 120.000 € (Fall II. 13), einen Gabelstapler im Wert von ca. 50.000 € (Fall II. 14), einen Raupenbagger im Wert von ca. 45.000 € (Fall II. 15) und einen Radlader im Wert von ca. 130.000 € (Fall II. 17)
24
- am 1. Juli 2010 einen Minibagger und einen Radlader im Gesamtwert von ca. 63.000 € (Fall II. 19).
25
Der Angeklagte nahm die Baumaschinen entgegen, ließ diese in den Fällen II. 13, 14, 17 zeitnah nach Bosnien-Herzegowina und im Fall II. 19 nach Slowenien verbringen; im Fall II. 15 scheiterte dieses Vorhaben an dem in der Maschine integrierten GPS-Sender und der dadurch bestehenden Ortungsmöglichkeit.
26
d) Komplex Bau UG (Ma. )
27
Auf Weisung seines Auftraggebers " B. " gründete der Angeklagte M. im Oktober 2010 die Firma " Bau UG" in Ma. . In der Folgezeit bemühte er sich um die Anmietung von Baumaschinen, die in gleicher Weise wie zuvor in den Balkan verschoben werden sollten. So kam es Anfang November 2010 zum Abschluss eines Mietvertrages über einen Radlader und einen Kettenbagger im Gesamtwert von 143.700 € an. Als der Angeklagte A. , den "B. " zur Unterstützung geschickt hatte, wenige Tage später im Begriff war, die Maschinen zum Abtransport zu verladen, wurden er sowie der ihn begleitende Angeklagte R. festgenommen (Fall II. 26). Hinsichtlich der Anfrage eines Baggers und eines Radladers im Wert von insgesamt 300.000 € sowie eines Radladers und eines Kettenbaggers im Gesamtwert von ca. 109.000 € durch den Angeklagten M. verhinderten Warnmeldungen der Polizei einen Vertragsabschluss (Fälle II. 27 und 28). Ein von dem Angeklagten M. angemieteter Radlader, ein Kompressor und zwei Rüttelplatten im Gesamtwert von 70.000 € wurden noch angeliefert, konnten aber nach seiner inzwischen ebenfalls erfolgten Festnahme rechtzeitig sichergestellt und zurückgeführt werden (Fall II. 29).
28
2. Daneben organisierte die Gruppierung auch den Diebstahl von hochwertigen Baumaschinen von abgelegenen Baustellen. Hierzu gewann der gesondert verfolgte D. den Angeklagten A. sowie einen unbekannt gebliebenen Mittäter namens "Sa. ", die für ihn die Baumaschinen mit einem Universalschlüssel entwendeten, auf die Tieflader der gutgläubigen Spediteure fuhren und sie diesen mit gefälschten Frachtpapieren zum Export überließen. Der Angeklagte A. verschaffte sich hierdurch eine dauerhafte Einnahmequelle; er erhielt für jeden Diebstahl eine Entlohnung von 2.000 €.
29
Im Juli 2010 entwendete der Angeklagte A. auf diese Weise unter Mithilfe von "Sa. ", von dem er den Universalschlüssel erhalten hatte, einen Hydraulikbagger im Wert von 150.000 € von einer Baustelle in F. , der an der slowenischen Grenze sichergestellt wurde (Fall II. 21). Im August 2010 entwendeten unbekannte Täter einen Radlader mit einem Neu- preis von 138.000 € von einer Kiesgrube in W. und übergaben ihn einer Spedition zum Weitertransport nach Bosnien-Herzegowina. Der Angeklagte A. beteiligte sich an der Tat, indem er auf Weisung des "Sa. " dem Fahrer der Spedition gefälschte Frachtpapiere übergab und den Frachtbrief ausfüllte (Fall II. 22). Im September 2010 entwendeten der Angeklagte A. und "Sa. " von einer Baustelle in F. einen Bagger im Wert von ca. 160.000 € und übergaben ihn dem Spediteur. Die beabsichtigte Verschiebung des Fahrzeugs ins Ausland scheiterte jedoch, da der Fahrer der Spedition Verdacht schöpfte (Fall II. 23).
30
In der Nacht vom 14. zum 15. Oktober 2010 entwendeten unbekannte Täter einen Bodenverdichter im Wert von 50.000 € von einer Baustelle in B. . Ende Oktober/Anfang November 2010 entwendeten unbekannte Täter ei- nen Radlader im Wert von 186.500 € von einer Baustelle in Ma. . In beiden Fällen trug der Angeklagte M. zum Gelingen der Tat bei, indem er den von "B. " übersandten Kaufvertrag abstempelte und einem unbekannten Mittäter übergab (Fälle II. 24 und 25).
31
Das Landgericht hat von einer Verurteilung der Angeklagten wegen bandenmäßiger Begehung der Straftaten abgesehen, da es die Angaben der Angeklagten , jeder von ihnen sei jeweils durch Hinterleute aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien angeworben und bei der Verwirklichung der einzelnen Taten im Einzelnen angeleitet worden, zugrunde gelegt hat (UA S. 29). Eine zwischen den drei Angeklagten getroffene Bandenabrede hat das Landgericht nicht festzustellen vermocht.

II.

32
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die in ihrer Begründung allein die unterlassene Verurteilung wegen bandenmäßiger Begehung beanstandet und insoweit den Teilfreispruch des Angeklagten R. im Fall II. 26 nicht angreift, hat in dem insoweit begrenzten Umfang Erfolg. Dass das Landgericht in den zur Verurteilung gelangten Fällen jeweils das Vorliegen bandenmäßiger Begehung verneint hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
33
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten Begehung einer noch unbestimmten Zahl von Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstypus verbunden haben (BGHSt [GS] 46, 321, 325). Erforderlich ist eine - ausdrücklich oder konkludent getroffene - Bandenabrede, bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung von Straftaten in der Zukunft für eine gewisse Dauer zusammenzuschließen. Nicht notwendig ist hingegen, dass sich alle Bandenmitglieder persönlich miteinander verabreden (BGHSt 50, 160, 164 f.; BGH wistra 2010, 347). Eine Bandenabrede kann auch durch aufeinander folgende Vereinbarungen entstehen, etwa dergestalt, dass ein Dritter von einem Bandenmitglied informiert wird und sich der deliktischen Vereinbarung anschließt. Ebenso wenig erforderlich ist ein "gefestigter Bandenwille" oder ein Tätigwerden in einem "übergeordneten Bandeninteresse" (BGH NStZ 2009, 35; BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 1 Bande 9). Auch müssen nicht alle Bandenmitglieder einander namentlich oder von Person bekannt sein (BGHSt 50, 160, 164 f.; NJW 2009, 863, 866).
34
Gemessen daran begegnet die Annahme des Landgerichts, es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine bandenmäßige Begehung der Taten durch die Angeklagten, in allen Fällen durchgreifenden Bedenken.
35
a) Dies gilt in den Fällen II. 7-9, 10-15, 17, 19-23, 26 schon deshalb, weil das Landgericht erkennbar nicht bedacht hat, dass in den genannten Tatkomplexen jeweils drei Personen eingebunden waren und schon insoweit eine bandenmäßige Begehung zu prüfen war. Im Komplex S. Bau e.K. (Fälle II. 7-9) beging der Angeklagte M. nach Weisung des " B. " gemeinsam mit dessen Ehefrau Betrugsstraftaten. Ebenso wurde der Angeklagte R. im Komplex K. Bauvermittlung e.K. (Fälle II. 10-15, 17, 19-20) für den gesondert verfolgten D. und eine Frau namens "L. " tätig, wobei er jedenfalls in den Fällen II. 13-15, 17 und 19 mit "L. " bei der Begehung der Betrugsstraftaten zusammenarbeitete. In den Fällen II. 21-23 gewann D. den Angeklagten A. sowie einen unbekannt gebliebenen Mittäter namens "Sa. " zur Begehung von Diebstählen. Im Fall II. 26 traf sich der Angeklagte M. am Tatort mit dem Mitangeklagten A. , den "B. " zur Hilfe beim Abtransport geschickt hatte. Schon diese von der Strafkammer getroffenen Feststellungen eines wiederholten deliktischen Zusammenwirkens von jeweils drei Personen lassen es - ohne dass es auf eine Einbindung der Angeklagten in die vom Gebiet des ehemaligen Jugoslawien aus agierende Gruppierung und ein sich daraus ergebendes Handeln im Rahmen einer Bandenabrede ankäme - als möglich erscheinen, dass die jeweils konkret Tatbeteiligten als Bande anzusehen sind. Zwar ist denkbar, dass ein Auftraggeber zur Begehung einzelner Straftaten Personen mit der Tatausführung beauftragt , ohne dass sich daraus ein bandenmäßiger Zusammenschluss ergibt. Ha- ben sich die an den Taten Beteiligten aber wie hier für eine gewisse Dauer zur gemeinsamen Begehung von Straftaten zusammengeschlossen, gibt es jedenfalls konkreten Anhalt für das Vorliegen einer Bandenabrede. Insoweit begegnet es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht sich mit dem Inhalt der konkret zwischen den "Auftraggebern", den Angeklagten und den weiteren Tatbeteiligten näher getroffenen Abreden nicht befasst und geprüft hat, ob darin ein bandenmäßiger Zusammenschluss liegen kann. Dies gilt letztlich auch hinsichtlich solcher Fälle, in denen es nach den Feststellungen des Landgerichts in den genannten Tatkomplexen, etwa in den Fällen II. 9 (vgl. UA S. 9: nur auf Bitte der Frau "B. " als Gefälligkeit) oder II. 10 (UA S. 13: Weisung des Auftraggebers ohne Beteiligung von L. ) Hinweise darauf gibt, dass es sich nicht um von einer möglichen Bandenabrede erfasste Taten handeln könnte.
36
b) Hinsichtlich der Fälle II. 1-5 (Komplex N. Bau e.K.) hat das Landgericht mit " B. " als Auftraggeber des Angeklagten M. zwar lediglich einen Tatbeteiligten benannt (UA S. 8 ff.). Doch ist das Urteil insoweit nicht frei von Widersprüchen. Die Strafkammer führt bei der Wiedergabe der Einlassungen des Angeklagten M. aus, er habe zu den Fällen II. 1-5 sowie 7 und 8 erklärt, " B. " und dessen Ehefrau seien seine Auftraggeber gewesen (UA S. 23). Das Landgericht, das seine Feststellungen grundsätzlich auf die geständigen Angaben der Angeklagten stützt, setzt sich mit dieser Einlassung des Angeklagten M. nicht auseinander und lässt insoweit offen, aus welchem Grund es in den Fällen II. 7 und 8 die Ehefrau des " B. " als Beteiligte der Straftaten angesehen hat, in den Fällen II. 1-5 dagegen nicht. Dies lässt besorgen, dass sich das Landgericht den denkbaren Blick auf die bandenmäßige Begehung der Taten auch in den Fällen II. 1-5 - unter möglicher Beteiligung des Angeklagten M. , des " B. " und dessen Ehefrau - verstellt hat.
37
c) Zwar kommt in den verbleibenden Fällen (Fälle II. 24-25, 27-29) - im Gegensatz zu den genannten Fällen - die Annahme einer Bande, die sich aus den unmittelbaren Auftraggebern und den geworbenen Angeklagten zusammensetzt , nicht in Betracht. Doch weisen die Feststellungen des Landgerichts zu der vom Gebiet des ehemaligen Jugoslawien aus agierenden Gruppierung darauf hin, dass diese als Bande im Rechtssinne anzusehen sein könnte und die Angeklagten als deren Mitglieder agierten. Dies ist - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht ausgeschlossen, weil die Angeklagten durch Hinterleute aus dem ehemaligen Jugoslawien angeworben und bei der Verwirklichung der Taten im Einzelnen angeleitet worden sind (UA S. 29). Auch bei einer Steuerung des Tatgeschehens durch einzelne Hinterleute liegt es nicht fern, dass eine im ehemaligen Jugoslawien ansässige Gruppierung sich dort zur Begehung von Straftaten in Deutschland zusammengeschlossen hat und die Angeklagten sich ihr über ihren Auftraggeber jeweils - jeder für sich - in Kenntnis der bestehenden Strukturen und Vereinbarungen angeschlossen haben. Dies gilt umso mehr, als der Anschluss an eine Bande kein mittäterschaftliches Handeln voraussetzt, sondern die Beteiligung als Gehilfe genügen kann. Ob insoweit die Voraussetzungen für die Annahme einer Bande vorliegen, kann der Senat nicht abschließend beurteilen, da die Feststellungen der Strafkammer, die bei ihrem rechtlichen Ansatz folgerichtig nicht näher auf die Charakteristik der hinter den Auftraggebern stehenden Gruppierung eingehen musste, insoweit unzureichend sind. Dass die Angeklagten nicht nur in Einzelfällen von den Auftraggebern mit der Ausführung von Einzeltaten beauftragt waren, sondern mit ihnen die Begehung mehrerer Straftaten vereinbart hatten, genügt für die Annahme einer Einbindung in eine "Bande" noch nicht, weil sich ohne nähere Kenntnis vom Zusammenwirken der Gruppe an sich schon deren Bandeneigenschaft nicht belegen lässt. Im Übrigen wären für eine Einbindung der Angeklagten in eine "Bande" konkrete Feststellungen zur Zusammenarbeit zwischen den Auf- traggebern und den Angeklagten sowie zu deren Kenntnis von dem Bestand dieser Gruppierung zu treffen. Entsprechende Feststellungen wird das Landgericht nachzuholen haben. Sollten sich dabei insgesamt oder hinsichtlich einzelner Fälle die zusätzlichen Voraussetzungen für die Annahme bandenmäßiger Begehung ergeben, wird in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen sein, ob die festgestellte Tatbeteiligung bei Einbindung in eine international operierende Bande die Annahme täterschaftlichen Handelns rechtfertigt.
Ernemann Fischer Berger Krehl Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 131/00
vom
26. Mai 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen fahrlässiger Tötung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 26. Mai 2000 gemäß §§ 154 a
Abs. 2 , 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 24. November 1999 1. im Schuldspruch unter Beschränkung der Strafverfolgung auf diese Gesetzesverletzungen dahin geändert, daß der Angeklagte E. des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln, des Diebstahls, des Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, der fahrlässigen Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässiger Körperverletzung und mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, des unerlaubten Entfernens vom Unfallort und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig ist; 2. mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit es den Angeklagten E. betrifft, in den Aussprüchen über die das Tatgeschehen vom 5. Dezember 1998 betreffenden Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe ,
b) soweit es den Angeklagten Sch. betrifft, in den Aussprüchen über die den Diebstahl am 5. Dezember 1998 betreffende Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weiter gehende Revision des Angeklagten Sch. wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten E. "wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln, wegen Diebstahls im besonders schweren Fall, wegen Diebstahls im besonders schweren Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung, fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und "für immer" angeordnet, daß dem Angeklagten keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Den Angeklagten Sch. hat es "wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und wegen Diebstahls in zwei besonders schweren Fällen" unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

I.


Revision des Angeklagten E.:
Der Angeklagte E. rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Er erstrebt eine Ä nderung des das Tatgeschehen vom 5. Dezember 1998 betreffenden Schuldspruchs "wegen Diebstahls im besonders schweren Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung, fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und Fahren ohne Fahrerlaubnis” und die Aufhebung der wegen der vorgenannten Tat, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verhängten Einzelfreiheitsstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die Revision beanstandet zu Recht die Annahme von Tateinheit zwischen dem Diebstahl und den vom Angeklagten E. bei der anschließenden Fahrt mit dem entwendeten Fahrzeug verwirklichten Straftatbeständen.

a) Nach den Feststellungen drangen die Angeklagten, die sich ein Fahrzeug für die Fahrt zu ihrem etwa sechs Kilometer entfernten Hotel verschaffen und es später "irgendwo" stehenlassen wollten, durch die mit Fußtritten zerstörte Eingangstür in das Werkstattgebäude eines Autohauses ein. Dort fand der Angeklagte E. in einer Schreibtischschublade "eine russische Kriegswaffe der Marke Tokarev, Modell 1930, Kaliber 762 mm nebst Magazin und Patronen sowie eine Luftpistole. Er nahm die Waffen an sich und übergab dem Angeklagten Sch. die Luftpistole.” Der Angeklagte E. stieg dann in einen im Werkstattraum abgestellten PKW Jaguar ein, in dem der Zündschlüssel
steckte. Der Angeklagte Sch. öffnete das Garagentor und stieg ebenfalls in den PKW ein. Der Angeklagte E. fuhr mit hoher Geschwindigkeit aus der Werkstatt heraus und auf der Bundesstraße 9 in Richtung Weeze. Infolge Straßenglätte stellte sich das Fahrzeug kurz vor der Autobahnauffahrt quer zur Fahrbahn. Obwohl er erkannt hatte, daß die Straße aufgrund überfrierender Nässe spiegelglatt war, setzte der Angeklagte E. die Fahrt fort. Er fuhr mit einer Geschwindigkeit von etwa 120 km/h an einen vor ihm fahrenden, mit neun Personen besetzten Taxibus heran, den er überholen wollte. Als er erkannte, daß wegen Gegenverkehrs ein Überholen nicht möglich war, war er so nahe an den Taxibus herangefahren, ”daß durch ein Bremsen ein Auffahren nicht mehr verhindert werden konnte.” Es kam zu einem Unfall, bei dem zwei der Insassen des Busses getötet und die übrigen Fahrgäste - zum Teil lebensgefährlich - verletzt wurden.

b) Der Angeklagte E. hat sich danach, was das Landgericht übersehen hat, des Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB) und nicht lediglich eines ”Diebstahls im besonders schweren Fall” schuldig gemacht, da er die zuvor entwendete Schußwaffe nebst Munition bei der Wegnahme des Autos griffbereit bei sich hatte (vgl. BGH NStZ 1985, 547; BGHR BtMG § 30 a Abs. 2 Mitsichführen 2 m.w.N.). Dieser Diebstahl war aber bereits beendet, als der Angeklagte den Verkehrsunfall verursachte.
Ein Diebstahl ist dann abgeschlossen und damit beendet, wenn der Täter den Gewahrsam an den entwendeten Gegenständen gefestigt und gesichert hat (BGHSt 4, 132, 133; 20, 194, 196). Wann eine ausreichende Sicherung der Beute erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGHSt 28, 224, 229; BGHR StGB § 252 frische Tat 2, 3). Das wird zwar in der
Regel nicht der Fall sein, solange der Täter seine Absicht, sich alsbald mit der Beute zu entfernen, noch nicht verwirklicht hat, sondern sich z.B. auf dem Tatgrundstück , also im unmittelbaren Herrschaftsbereich des Bestohlenen, befindet (BGHR StGB § 252 frische Tat 2), oder solange der Täter aus anderen Gründen einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, die Beute durch Nacheile zu verlieren (vgl. BGHR StGB § 252 frische Tat 3). Hier war aber in dem Zeitpunkt , als es zu dem Unfall kam, die neue Sachherrschaft bereits gefestigt, da sich die Angeklagten mit dem entwendeten Fahrzeug vom Tatort weg in den Verkehr begeben hatten. Auch wenn sie "nur wenige Kilometer" (UA 34) mit dem Jaguar gefahren waren, als es zu dem Unfall kam, waren alle direkten Eingriffsmöglichkeiten eines bereiten Eigentümers zu diesem Zeitpunkt beendet. Die Angeklagten waren aus dem unmittelbaren Herrschaftsbereich des Eigentümers entkommen. Damit war die Beute gesichert (vgl. BGHR aaO). Daß die Angeklagten bei dem Eindringen in das Werkstattgebäude beobachtet worden waren und sie davon ausgingen, daß die Polizei benachrichtigt worden war, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Landgerichts und des Generalbundesanwalts schon deshalb keine andere Beurteilung, weil die Angeklagten gleichwohl ungehindert das Werkstattgelände verlassen und - ohne verfolgt zu werden - die Bundesstraße in Richtung Weeze befahren konnten (vgl. BGHR StGB § 242 Abs. 1 Wegnahme 7).
Die durch das Auffahren auf den Taxibus tateinheitlich verwirklichten Straftatbestände der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung, fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis stehen daher in Tatmehrheit zu dem - ebenfalls in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis begangenen - Diebstahl mit Waffen.
Das jeweils tateinheitlich begangene Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis vermag als minder schweres Delikt das Verbrechen des Diebstahls mit Waffen und die nach Beendigung des Diebstahls begangenen Straftaten nicht zu verklammern. Dies gilt auch für das in der Mitnahme der - nach den bisherigen Feststellungen waffenrechtlich nicht sicher einzuordnenden - Kriegswaffe bei der Fahrt liegende "Führen" dieser Schußwaffe. Das Führen der Schußwaffe ist nicht dieselbe Handlung (§ 52 StGB) wie das den späteren Unfall verursachende Führen des Kraftfahrzeuges (vgl. BGH VRS 49, 177, 178; BGH, Urt. vom 23. Februar 1999 - 1 StR 640/98).
Der Senat nimmt daher die sich aus alledem ergebende Ä nderung des Schuldspruchs selbst vor. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte , auch soweit es die Annahme eines Diebstahls mit Waffen betrifft, nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
Soweit hinsichtlich der Ausübung der tatsächlichen Gewalt und des Führens der entwendeten Waffen Straftatbestände des Waffengesetzes erfüllt sind, wird die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO auf die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt.

b) Die gegen den Angeklagten E. wegen des Tatgeschehens am 5. Dezember 1998 verhängten drei Einzelfreiheitsstrafen und die Gesamtstrafe haben keinen Bestand. Die den Strafrahmen des § 243 StGB entnommene Einzelfreiheitsstrafe von sechs Jahren ist schon wegen der Schuldspruchänderung aufzuheben, da insoweit zwei Einzelfreiheitsstrafen festzusetzen sind. Die Einzelfreiheitsstrafen wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (zwei Jah-
re) und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (ein Jahr) können nicht bestehenbleiben , weil das Landgericht hinsichtlich der vom Angeklagten am 5. Dezember 1998 begangenen Taten die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht rechtsfehlerfrei verneint hat:
Nach den Feststellungen hatten die Angeklagten vor der Entwendung des PKW - etwa in gleichen Mengen - alkoholische Getränke, die am Vortage erworbenen 2 g Kokain sowie eine "Straße" Kokain zu sich genommen, zu der sie in einer Diskothek eingeladen worden waren. Das sachverständig beratene Landgericht hat eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten E. infolge des Alkohol- und Kokainkonsums auch für den Fall ausgeschlossen, daß zu seinen Gunsten von einer Blutalkoholkonzentration von 2,6 ‰ zu den Tatzeiten auszugehen wäre. Dabei hat es - was bei einem nur rechnerisch ermittelten Blutalkoholwert an sich nicht zu beanstanden ist (vgl. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 36) - der Blutalkoholkonzentration nur geringe Beweisbedeutung beigemessen und entscheidend auf die psychodiagnostischen Kriterien (zu deren Bedeutung für die alkoholische Intoxikation vgl. BGHSt 43, 66, 68 f.) abgestellt, nämlich das Leistungsverhalten des Angeklagten bei der Begehung der Straftaten und sein "detailgenaues Erinnerungsvermögen" (UA 31 bis 33).
Zwar hat das Landgericht nicht verkannt, daß in die für die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten vorzunehmende Gesamtbetrachtung neben dessen Leistungsverhalten und seiner nicht ausschließbaren Blutalkoholkonzentration auch eine mögliche Kombinationswirkung des Alkohols und des Kokains einzubeziehen ist (vgl. BGH, Beschl. vom 14. Juni 1991 - 2 StR 179/91 - und vom 15. März 2000 - 1 StR 35/00; Körner BtMG 4. Aufl. § 29
Rdn. 824 m.w.N.). Es hat aber eine solche Kombinationswirkung in Übereinstimmung mit dem hierzu gehörten Sachverständigen verneint. Dieser habe "überzeugend ausgeführt, daß die Wirkungen des Kokains und des Alkohols sich quasi aufheben, weil Kokain eine euphorische Wirkung, Alkohol jedoch eine stark beruhigende Wirkung zeige" (UA 32). Damit ist jedoch die Annahme des Landgerichts, eine alkohol- und kokainbedingte erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei auszuschließen, nicht ausreichend belegt.
Für die Beurteilung der Steuerungsfähigkeit ist nicht entscheidend, ob und in welchem Umfang die motorischen Fähigkeiten des Angeklagten beeinträchtigt waren und ob sich insoweit die Wirkungen des Alkohols und des Kokains "quasi" aufgehoben haben. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Hemmungsvermögen des Angeklagten rauschbedingt erheblich vermindert war. Kokain ist ein berauschendes Mittel (vgl. Fischer in Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 64 Rdn. 3 a; Anlage zu § 24 a StVG), dessen Genuß - ebenso wie der von Alkohol - zu einem Rauschzustand und einer dadurch bedingten Enthemmung führen kann (vgl. Cramer in Schönke/ Schröder StGB 25. Aufl. § 323 a Rdn. 7; Fischer aaO; Jähnke LK 11. Aufl. § 20 Rdn. 51). Demgemäß geht die Rechtsprechung davon aus, daß bei dem kombiniertem Genuß von Alkohol und Kokain der Kokaingenuß das Hemmungsvermögen zusätzlich mindern kann (vgl. BGH aaO; BGH NStZ-RR 1996, 289, 290 a. E.). Deshalb hätte konkret festgestellt werden müssen, in welchem Umfang der Kokaingenuß der Alkoholverträglichkeit des Angeklagten beeinflußt haben kann (vgl. BGH, Beschl. vom 15. März 2000 - 1 StR 35/00).
Naturwissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse, die der Annahme einer solchen Kombinationswirkung der enthemmenden Wirkung von Alkohol und Kokain entgegenstehen, liegen nicht vor. Vielmehr können nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen die Wechselwirkungen bei einer Mischintoxikation infolge Alkohol- und Kokaingenusses unterschiedlich ausfallen. Der kombinierte Genuß dieser berauschenden Mittel kann nämlich dazu führen, daß die alkoholbedingte Dämpfung des Antriebsniveaus vermindert wird, während zugleich eine alkoholbedingte Enthemmung verstärkt wird (vgl. Foerster in Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 3. Aufl. S. 167 f.). Die vom Landgericht ohne nähere Erörterung übernommenen Ausführungen des Sachverständigen "zur Wechselwirkung Kokain und Alkohol" reichen daher zur Darlegung der vollen Schuldfähigkeit des Angeklagten E. nicht aus.
Zur Ermittlung der maximalen Blutalkoholkonzentration in Fällen, in denen keine Blutprobe vorliegt, verweist der Senat auf BGH NStZ 2000, 24.

II.


Revision des Angeklagten Sch.:
Der Angeklagte Sch. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Sein Rechtsmittel ist unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO soweit es sich gegen den Schuldspruch und gegen die den unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln und den am 4. Dezember 1998 begangenen Diebstahl betreffenden Einzelfreiheitsstrafen richtet. Dagegen haben die den Diebstahl des PKW betreffende Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr sowie die Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand.

Das Landgericht hat auch bei dem Angeklagten Sch. hinsichtlich des am 5. Dezember 1998 begangenen Diebstahls die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Aus den gleichen Gründen wie bei dem Angeklagten E. ist nicht ausreichend belegt, daß die Kombinationswirkung des genossenen Alkohols und Kokains nicht zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit geführt hat.
Maatz Kuckein Athing Ernemann