Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 65/11

bei uns veröffentlicht am14.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 65/11
vom
14. April 2011
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Ein "Zungenkuss" ist in der Regel keine dem Beischlaf ähnliche Handlung im
BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 65/11 - LG Kassel
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. April 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 9. Dezember 2010 dahin geändert, dass 1. der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen und des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in einem Fall schuldig ist, 2. der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wird. II. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen. III. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Ange- klagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts kam es in den Jahren von 2007 bis 2009 zu vier Taten zum Nachteil der am 22. Juli 2000 geborenen Geschädigten. Die erste Tat bestand darin, dass der Angeklagte der Geschädigten einen "Zungenkuss" gab, den das Kind als "eklig" empfand. Bei der zweiten und dritten Tat führte der Angeklagte jeweils einen Finger in Scheide und After des Kindes ein. Bei der vierten Tat kam es zum Eindringen mit dem Finger in die Scheide.
3
Das Landgericht hat alle Taten als schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB angesehen und den Fall des "Zungenkusses" als minderschweren Fall im Sinne von § 176a Abs. 4 Halbs. 2 StGB bewertet, weil die Schwelle der Erheblichkeit der sexuellen Handlung im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB nur leicht überschritten worden sei. Für diese Tat hat das Landgericht eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt, für die zweite und dritte Tat jeweils Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren und für die vierte Tat eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Daraus hat es die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten gebildet.

II.

4
Die Revision ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt worden und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Sachrüge führt im Fall II.1. der Urteilsgründe zu einer Änderung des Schuldspruchs und des Ausspruchs über die Einzelstrafe. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
5
1. Der Schuldspruch ist dahin zu ändern, dass im Fall II.1. der Urteilsgründe nur das Grunddelikt nach § 176 Abs. 1 StGB, nicht aber die Qualifikation gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt ist. Im Übrigen ist der Schuldspruch rechtlich nicht zu beanstanden.
6
Rechtsfehlerfrei ist die Bewertung der Handlungen in den Fällen II.2. bis II.4. der Urteilsgründe jeweils als schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes im Sinne von § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB. Erforderlich ist dafür, dass der über achtzehn Jahre alte Täter mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Zwar ist nicht jedes Eindringen in den Körper ausreichend, sondern nur eine dem Beischlaf "ähnliche Handlung". Davon werden andererseits nicht ausschließlich Fälle des Oraloder Analverkehrs erfasst, also nur ein Eindringen mit dem männlichen Glied. Auch das Eindringen mit anderen Körperteilen oder mit Gegenständen in den Körper kann im Einzelfall genügen (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1999 - 4 StR 389/99, NJW 2000, 672 f. mit Anm. Renzikowski NStZ 2000, 367 f.). Erforderlich ist aber, dass die sexuelle Handlung mit Blick auf das geschützte Rechtsgut, nämlich die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern (Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2008 - 2 StR 383/08, BGHSt 53, 118, 119), ähnlich schwer wiegt wie eine Vollziehung des Beischlafs. Dies ist bei einem Ein- dringen mit dem Finger in Scheide oder After des Kindes anzunehmen (vgl. LK/Hörnle, StGB, § 176a Rn. 27; SK/Wolters, StGB, 124. Lfg. 2010 § 176a Rn. 16; aA Folkers JR 2007, 11, 14).
7
Anders liegt es im Fall II.1. der Urteilsgründe, bei dem die Tat sich in einem "Zungenkuss" erschöpft hat. Dieser kann zwar als sexuelle Handlung von einiger Erheblichkeit im Sinne von §§ 176 Abs. 1, 184g Nr. 1 StGB (differenzierend OLG Brandenburg NStZ-RR 2010, 45 f.), die auch mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist, jedoch nicht als eine zugleich "dem Beischlaf ähnliche" Handlung angesehen werden. Dagegen spricht schon das äußere Erscheinungsbild der Handlung, an der - anders als bei dem beischlafähnlichen Anal- oder Oralverkehr (vgl. dazu BGH Beschluss vom 14. September 1999 - 4 StR 381/99, BGHR StGB, § 176a Abs. 1 Nr. 1 Sexuelle Handlung 1) - kein primäres Geschlechtsorgan beteiligt ist. Soweit § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB auch deskripitive Elemente enthält, liegt die Gleichsetzung des Zungenkusses mit dem Beischlaf schon begrifflich fern. Die Ähnlichkeit der sexuellen Handlung mit dem Beischlaf ist aber vor allem auch an der Gewichtung der Rechtsgutsverletzung zu messen. Geschütztes Rechtsgut ist in den Fällen des § 176a StGB die ungestörte sexuelle Entwicklung des Kindes (Senat, Urteil vom 16. Juni 1999 - 2 StR 28/99, BGHSt 45, 131, 132; Beschluss vom 19. Dezember 2008 - 2 StR 383/08, BGHSt 53, 118, 119). Der Zungenkuss wirkt hierauf regelmäßig nicht so intensiv ein wie ein Vaginal-, Oral- oder Analverkehr. Schließlich ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien nicht, dass der Gesetzgeber den Fall des Zungenkusses der Norm unterwerfen wollte (vgl. BT-Drucks. 13/8587 S. 31 f.; zuvor BT-Drucks. 13/2463 S. 7 und 13/7324 S. 6, jeweils zu § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB). Der Senat nimmt daher im Einklang mit der in der Literatur vorherrschenden Ansicht (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl. § 176a Rn. 8; LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl. § 176a Rn. 27; Perron/Eisele in Schönke/ Schröder, StGB, 27. Aufl. § 176a Rn. 8; Renzikowski NStZ 2000, 367 f.; SK/Wolters aaO § 176a Rn. 16; Ziegler in v. Heintschel-Heinegg, BeckOK-StGB 2011 § 176a Rn. 12; weitergehend Folkers JR 2007, 11 ff.; aA NK/Frommel, StGB, 2009 § 176a Rn. 11; Laubenthal, Sexualstraftaten; Die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung , 2000, Rn. 382) an, dass der "Zungenkuss" in der Regel keine dem Beischlaf ähnliche Handlung im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB ist. Ob unter besonderen Umständen in extremen Ausnahmefällen etwas anderes gelten kann, kann hier offen bleiben.
8
Rechtsprechung anderer Strafsenate des Bundesgerichtshofs steht nicht entgegen. Der 5. Strafsenat hat in seinem Beschluss vom 21. Mai 2008 - 5 StR 197/08 die Beweiswürdigung des Tatgerichts beanstandet und das angefochtene Urteil deshalb aufgehoben. Die Einordnung des "Zungenkusses" als eine dem Beischlaf ähnliche Handlung war dort keine tragende Erwägung. Der 4. Strafsenat hat in seinem Urteil vom 18. November 1999 - 4 StR 389/99 (NJW 2000, 672 f.) andere Formen des Eindringens in den Körper als beim Oral- oder Analverkehr "mit Ausnahme des Zungenkusses" als dem Beischlaf ähnliche Handlungen bezeichnet.
9
Es bleibt daher im Fall II.1. der Urteilsgründe bei der Erfüllung des Grundtatbestands nach § 176 Abs. 1 StGB. Der Senat ändert insoweit den Schuldspruch ab. Eines rechtlichen Hinweises nach § 265 Abs. 1 StPO bedarf es beim Wegfall einer Qualifikation nicht (vgl. BGH Beschluss vom 23. April 2002 - 3 StR 505/01, BGHR StPO, § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 16).
10
2. Der Senat setzt die Einzelstrafe für den Fall II.1. nach der Schuldspruchänderung auf die Mindeststrafe gemäß § 176 Abs. 1 StGB in der ab 1. April 2004 und damit auch für die Tatzeit geltenden Fassung des Gesetzes auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten fest, weil die sexuelle Handlung die Schwelle zur Erheblichkeit im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB nur geringfügig überschritten hatte. Es ist ausgeschlossen, dass die Gesamtstrafe dadurch beeinflusst wird.

Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 65/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 65/11

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel
Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 65/11 zitiert 9 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

Strafgesetzbuch - StGB | § 176a Sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen

Strafgesetzbuch - StGB | § 184g Jugendgefährdende Prostitution


Wer der Prostitution 1. in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder2. in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,in einer Weise nachgeht, die diese Persone

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 65/11 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 65/11 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2008 - 2 StR 383/08

bei uns veröffentlicht am 19.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 383/08 vom 19. Dezember 2008 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StGB § 176 a Abs. 2 Nr. 1 Die Qualifikation des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB ist bei Ejakulation in den Mund des Tatopfers erfüllt.
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 65/11.

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Nov. 2018 - 2 StR 419/18

bei uns veröffentlicht am 14.11.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 419/18 vom 14. November 2018 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. ECLI:DE:BGH:2018:141118B2STR419.18.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Ge

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Dez. 2016 - 4 StR 389/16

bei uns veröffentlicht am 08.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 389/16 vom 8. Dezember 2016 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. ECLI:DE:BGH:2016:081216U4STR389.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzu

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2016 - 3 StR 154/16

bei uns veröffentlicht am 28.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 154/16 vom 28. Juni 2016 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. ECLI:DE:BGH:2016:280616B3STR154.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juli 2014 - 2 StR 13/14

bei uns veröffentlicht am 09.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 S t R 1 3 / 1 4 vom 9. Juli 2014 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja BGHR: ja Veröffentlichung: ja ____________________ StGB §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 1 Nr. 2 Ein zum Zweck sexueller Erregung vorg

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

Wer der Prostitution

1.
in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder
2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 383/08
vom
19. Dezember 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 176 a Abs. 2 Nr. 1
Die Qualifikation des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB ist bei Ejakulation in den Mund
des Tatopfers erfüllt.
BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2008 - 2 StR 383/08 - Landgericht Gera
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2008
gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 16. April 2008 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die insbesondere rügt, dass die Voraussetzungen des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfüllt seien. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Nach den Urteilsfeststellungen rief der Angeklagte an einem Tag im Februar 2005 seine siebenjährige Tochter M. zu sich in sein Büro. Er führte die Hand des Kindes an sein unbekleidetes Geschlechtsteil und veranlasste es, an seinem Penis zu manipulieren. Er forderte es dann auf, sein Geschlechtsteil in den Mund zu nehmen, was das Kind ablehnte. Daraufhin gebot ihm der Angeklagte, die Augen zu schließen, und ejakulierte in seinen Mund. Auf seine Anweisung schluckte seine Tochter das Ejakulat.
3
2. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Landgericht hat die Tat zu Recht als schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes nach § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt. Nach § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB wird der sexuelle Missbrauch von Kindern in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn eine Person über achtzehn Jahren mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
4
Der Senat folgt nicht dem Vorbringen der Revision, dass der Qualifikationstatbestand nicht erfüllt sei, weil nicht der Penis des Angeklagten, sondern nur das Ejakulat in den Mund des Kindes gelangt sei.
5
Die Strafvorschrift des § 176 StGB schützt die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern. Der Begriff „Eindringen in den Körper“ in § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB umschreibt besonders nachhaltige Begehungsweisen und stellt sie unter erhöhte Strafdrohung (BGHSt 45, 131, 132). Er ist nicht auf den Beischlaf, den Anal- und Oralverkehr beschränkt (BGH NJW 2000, 672 m. Anm. Renzikowski NStZ 2000, 367). Erfasst wird sowohl das Eindringen in den Körper des Opfers als auch in den des Täters (BGHSt 45, 131, 133 m. Anm. Hörnle NStZ 2000, 310). „Eindringen“ erfordert eine Penetration des Körpers. Es liegt nicht vor, wenn das Kind mit dem Mund den Penis des Täters nur berührt (BGH NStZ 2000, 27). „Eindringen“ in einen Körper können jedoch auch Flüssigkeiten (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache [2002]). Eine Penetration des Körpers ist daher gegeben, wenn Sperma des Täters in den Mund des Opfers gelangt. Weder die Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch Sinn und Zweck der Regelung gebieten eine Einschränkung des Wortlautes auf eine Penetration mit Körperteilen oder festen Gegenständen.
6
a) Der Qualifikationstatbestand des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB wurde als § 176 a Abs. 1 Nr. 1 durch das 6. StrRG vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) in das Strafgesetzbuch eingeführt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollten die Qualifikationsmerkmale im Wesentlichen den Regelbeispielen der besonders schweren Fälle des § 177 StGB in der Fassung des 33. StrÄndG vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1607) nachgebildet werden. Der Entwurf des 6. StrRG verweist ausdrücklich auf die Gesetzgebungsmaterialien zum 33. StrÄndG (BT-Drucks. 13/7164 S. 32). Die heutige Fassung des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB beruht auf einer Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der FDP vom 27. September 1995 (BT-Drucks. 13/2463) und floss später unverändert in einen letztlich verabschiedeten interfraktionellen Entwurf zahlreicher Bundestagsabgeordneter vom 21. März 1997 (BT-Drucks. 13/7324) ein. In beiden Begründungen heißt es gleich lautend, dem erzwungenen Beischlaf sollten ähnliche sexuelle Handlungen gleichgestellt werden, die das Opfer besonders erniedrigten. „Hiermit wird vor allem das Eindringen des Geschlechtsgliedes in den Körper als orale oder anale Penetration erfasst. Aber auch das Eindringen mit Gegenständen kann eine in gleicher Weise belastende oder erniedrigende Verhaltensweise darstellen, die unter das zweite Regelbeispiel fällt“ (BT-Drucks. 13/2463 S. 7; 13/7324 S. 6).
7
Die Gesetzgebungsmaterialien belegen danach, dass der Gesetzgeber eine umfassende Regelung treffen wollte, um besonders schwerwiegende sexuelle Handlungen zu erfassen. Anders als in § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB stellt § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB aber nicht auf eine besondere Erniedrigung des Opfers ab, sondern allein auf das Eindringen in den Körper, welches als schwerwiegende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität anzusehen ist. Weiterer maßgebender Grund für die Gesetzesverschärfung war neben der besonders nachhaltigen Beeinträchtigung des Opfers die Möglichkeit, es mit Aids zu infizieren und die entsprechende Angst des Opfers (vgl. BT-Drucks. 13/8587 S. 32 i. V. m. BT-Drucks. 13/2463 S. 6 und BT-Drucks. 13/7324 S. 5). Diese Gefahren bestehen gleichermaßen beim Ejakulieren in den Mund des Opfers.
8
b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Ejakulieren auf den (nackten) Körper eine sexuelle Handlung mit Körperkontakt (so zu § 178 Abs. 1 StGB a. F. BGH NStZ 1992, 433 m. w. N.). Die sexuelle Handlung am Tatopfer setzt körperliche Berührung voraus, der Täter muss mit seiner sexuellen Handlung auf den Körper des Tatopfers einwirken, ihn in Mitleidenschaft ziehen. Erforderlich ist, dass der Körper des anderen selbst - nicht nur seine Kleidung und gegebenenfalls seine psychische Verfassung - in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies hat der Senat für den Fall verneint, dass das Opfer eine Lederjacke trug, auf die ejakuliert wurde. Demgegenüber reicht die Berührung des (nackten) Körpers durch Sperma des Täters als körperliche Einwirkung. Dringt dann aber das Sperma in eine Körperöffnung des Opfers ein, handelt es sich nicht nur um eine sexuelle Handlung mit Körperkontakt, sondern auch um eine solche, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist.
9
c) Die notwendige Begrenzung des Tatbestandes leisten bei § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB das Erfordernis einer im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut erheblichen sexuellen Handlung nach § 184 g Nr. 1 StGB und das Tatbestandsmerkmal der Beischlafähnlichkeit der Tathandlung (vgl. zu letzterem Fischer StGB 56. Aufl. § 176 a Rdn. 8, § 177 Rdn. 71). Diese Kriterien sind auch in den Fällen des Eindringens mit Flüssigkeiten oder breiigen Gegenständen in den Mund zu prüfen. An der Sexualbezogenheit und der „Beischlafähnlichkeit“ von Handlungen, bei denen die Tathandlung entweder auf Seiten des Opfers oder des Täters unter Einbeziehung des Geschlechtsteils geschieht, besteht allerdings nach der gesetzgeberischen Bewertung kein Zweifel (BGH NJW 2000, 672). Damit erfasst der Tatbestand aber ohne Weiteres auch Fälle, in denen der Täter aus seinem Geschlechtsteil Sperma in den Mund des Opfers spritzen lässt. VRi'inBGH Dr. Rissing-van Saan Rothfuß Roggenbuck ist an der Unterschrift verhindert. Rothfuß Appl Schmitt

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 383/08
vom
19. Dezember 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 176 a Abs. 2 Nr. 1
Die Qualifikation des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB ist bei Ejakulation in den Mund
des Tatopfers erfüllt.
BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2008 - 2 StR 383/08 - Landgericht Gera
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2008
gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 16. April 2008 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die insbesondere rügt, dass die Voraussetzungen des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfüllt seien. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Nach den Urteilsfeststellungen rief der Angeklagte an einem Tag im Februar 2005 seine siebenjährige Tochter M. zu sich in sein Büro. Er führte die Hand des Kindes an sein unbekleidetes Geschlechtsteil und veranlasste es, an seinem Penis zu manipulieren. Er forderte es dann auf, sein Geschlechtsteil in den Mund zu nehmen, was das Kind ablehnte. Daraufhin gebot ihm der Angeklagte, die Augen zu schließen, und ejakulierte in seinen Mund. Auf seine Anweisung schluckte seine Tochter das Ejakulat.
3
2. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Landgericht hat die Tat zu Recht als schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes nach § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt. Nach § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB wird der sexuelle Missbrauch von Kindern in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn eine Person über achtzehn Jahren mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
4
Der Senat folgt nicht dem Vorbringen der Revision, dass der Qualifikationstatbestand nicht erfüllt sei, weil nicht der Penis des Angeklagten, sondern nur das Ejakulat in den Mund des Kindes gelangt sei.
5
Die Strafvorschrift des § 176 StGB schützt die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern. Der Begriff „Eindringen in den Körper“ in § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB umschreibt besonders nachhaltige Begehungsweisen und stellt sie unter erhöhte Strafdrohung (BGHSt 45, 131, 132). Er ist nicht auf den Beischlaf, den Anal- und Oralverkehr beschränkt (BGH NJW 2000, 672 m. Anm. Renzikowski NStZ 2000, 367). Erfasst wird sowohl das Eindringen in den Körper des Opfers als auch in den des Täters (BGHSt 45, 131, 133 m. Anm. Hörnle NStZ 2000, 310). „Eindringen“ erfordert eine Penetration des Körpers. Es liegt nicht vor, wenn das Kind mit dem Mund den Penis des Täters nur berührt (BGH NStZ 2000, 27). „Eindringen“ in einen Körper können jedoch auch Flüssigkeiten (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache [2002]). Eine Penetration des Körpers ist daher gegeben, wenn Sperma des Täters in den Mund des Opfers gelangt. Weder die Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch Sinn und Zweck der Regelung gebieten eine Einschränkung des Wortlautes auf eine Penetration mit Körperteilen oder festen Gegenständen.
6
a) Der Qualifikationstatbestand des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB wurde als § 176 a Abs. 1 Nr. 1 durch das 6. StrRG vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) in das Strafgesetzbuch eingeführt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollten die Qualifikationsmerkmale im Wesentlichen den Regelbeispielen der besonders schweren Fälle des § 177 StGB in der Fassung des 33. StrÄndG vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1607) nachgebildet werden. Der Entwurf des 6. StrRG verweist ausdrücklich auf die Gesetzgebungsmaterialien zum 33. StrÄndG (BT-Drucks. 13/7164 S. 32). Die heutige Fassung des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB beruht auf einer Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der FDP vom 27. September 1995 (BT-Drucks. 13/2463) und floss später unverändert in einen letztlich verabschiedeten interfraktionellen Entwurf zahlreicher Bundestagsabgeordneter vom 21. März 1997 (BT-Drucks. 13/7324) ein. In beiden Begründungen heißt es gleich lautend, dem erzwungenen Beischlaf sollten ähnliche sexuelle Handlungen gleichgestellt werden, die das Opfer besonders erniedrigten. „Hiermit wird vor allem das Eindringen des Geschlechtsgliedes in den Körper als orale oder anale Penetration erfasst. Aber auch das Eindringen mit Gegenständen kann eine in gleicher Weise belastende oder erniedrigende Verhaltensweise darstellen, die unter das zweite Regelbeispiel fällt“ (BT-Drucks. 13/2463 S. 7; 13/7324 S. 6).
7
Die Gesetzgebungsmaterialien belegen danach, dass der Gesetzgeber eine umfassende Regelung treffen wollte, um besonders schwerwiegende sexuelle Handlungen zu erfassen. Anders als in § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB stellt § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB aber nicht auf eine besondere Erniedrigung des Opfers ab, sondern allein auf das Eindringen in den Körper, welches als schwerwiegende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität anzusehen ist. Weiterer maßgebender Grund für die Gesetzesverschärfung war neben der besonders nachhaltigen Beeinträchtigung des Opfers die Möglichkeit, es mit Aids zu infizieren und die entsprechende Angst des Opfers (vgl. BT-Drucks. 13/8587 S. 32 i. V. m. BT-Drucks. 13/2463 S. 6 und BT-Drucks. 13/7324 S. 5). Diese Gefahren bestehen gleichermaßen beim Ejakulieren in den Mund des Opfers.
8
b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Ejakulieren auf den (nackten) Körper eine sexuelle Handlung mit Körperkontakt (so zu § 178 Abs. 1 StGB a. F. BGH NStZ 1992, 433 m. w. N.). Die sexuelle Handlung am Tatopfer setzt körperliche Berührung voraus, der Täter muss mit seiner sexuellen Handlung auf den Körper des Tatopfers einwirken, ihn in Mitleidenschaft ziehen. Erforderlich ist, dass der Körper des anderen selbst - nicht nur seine Kleidung und gegebenenfalls seine psychische Verfassung - in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies hat der Senat für den Fall verneint, dass das Opfer eine Lederjacke trug, auf die ejakuliert wurde. Demgegenüber reicht die Berührung des (nackten) Körpers durch Sperma des Täters als körperliche Einwirkung. Dringt dann aber das Sperma in eine Körperöffnung des Opfers ein, handelt es sich nicht nur um eine sexuelle Handlung mit Körperkontakt, sondern auch um eine solche, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist.
9
c) Die notwendige Begrenzung des Tatbestandes leisten bei § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB das Erfordernis einer im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut erheblichen sexuellen Handlung nach § 184 g Nr. 1 StGB und das Tatbestandsmerkmal der Beischlafähnlichkeit der Tathandlung (vgl. zu letzterem Fischer StGB 56. Aufl. § 176 a Rdn. 8, § 177 Rdn. 71). Diese Kriterien sind auch in den Fällen des Eindringens mit Flüssigkeiten oder breiigen Gegenständen in den Mund zu prüfen. An der Sexualbezogenheit und der „Beischlafähnlichkeit“ von Handlungen, bei denen die Tathandlung entweder auf Seiten des Opfers oder des Täters unter Einbeziehung des Geschlechtsteils geschieht, besteht allerdings nach der gesetzgeberischen Bewertung kein Zweifel (BGH NJW 2000, 672). Damit erfasst der Tatbestand aber ohne Weiteres auch Fälle, in denen der Täter aus seinem Geschlechtsteil Sperma in den Mund des Opfers spritzen lässt. VRi'inBGH Dr. Rissing-van Saan Rothfuß Roggenbuck ist an der Unterschrift verhindert. Rothfuß Appl Schmitt

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

Wer der Prostitution

1.
in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder
2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.