Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 3 StR 113/15

bei uns veröffentlicht am09.06.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 1 3 / 1 5
vom
9. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
9. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 9. Oktober 2014 im Schuldspruch dahin geändert, dass sie im Fall B. I. der Urteilsgründe jeweils nur des Diebstahls schuldig sind; die tateinheitliche Verurteilung wegen Unterschlagung entfällt.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen schweren Raubes in zwei Fällen sowie wegen Diebstahls in Tateinheit mit Unterschlagung zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten (Angeklagter W. ), vier Jahren und drei Monaten (Angeklagter R. ) und drei Jahren und sechs Monaten (Angeklagter H. ) verurteilt. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte W. beanstandet darüber hinaus das Verfahren. Die Rechtsmittel haben nur den aus der Entscheidungs- formel ersichtlichen geringfügigen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Im Fall B. I. der Urteilsgründe hält der Schuldspruch rechtlicher Prüfung nicht stand, soweit die Angeklagten tateinheitlich zu der rechtlich zutreffenden Verurteilung wegen Diebstahls auch der Unterschlagung schuldig gesprochen worden sind.
3
a) Hierzu hat das Landgericht festgestellt, dass die Angeklagten und der Nichtrevident B. , der Angestellter bei einer Tankstelle war, übereinkamen, einen Raubüberfall auf die Tankstelle vorzutäuschen. Die den vorgetäuschten Überfall ausführenden Angeklagten R. und H. entwendeten in erheblichem Umfang Zigaretten aus den Regalen der Tankstelle und nahmen im Einverständnis mit dem Nichtrevidenten die Wechselgeldkasse mit, die 350 € Bargeld enthielt.
4
b) Zwar ist die Annahme nicht zu beanstanden, dass der Nichtrevident B. , der als Angestellter während der Dauer seiner Schicht verantwortlich für die Wechselgeldkasse war, als Kassenverwalter Alleingewahrsam an dem in der Kasse befindlichen Bargeld hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 1988 - 3 StR 115/88, BGHR StGB § 246 Abs. 1 Alleingewahrsam 1 mwN) und dass deshalb insoweit - anders als hinsichtlich der durch die gleiche Tat erbeuteten Zigaretten - eine Verurteilung wegen Diebstahls mangels Gewahrsamsbruchs nicht in Betracht kommt. Der Verurteilung auch wegen Unterschlagung steht indes die Subsidiaritätsklausel des § 246 Abs. 1 StGB entgegen, nach der dieser Tatbestand zurücktritt, wenn der Täter sich durch die Tat zugleich auch nach einer anderen Vorschrift strafbar gemacht hat und diese nach der im konkreten Fall anzuwendenden gesetzlichen Strafdrohung eine Höchststrafe von mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe vorsieht (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2014 - 3 StR 188/14, juris Rn. 2). Dies ist hier der Fall, weil die Höchststrafe des durch dieselbe Tat verwirklichten Tatbestands des Diebstahls (an den Zigaretten ) gemäß § 242 Abs. 1 StGB fünf Jahre Freiheitsstrafe beträgt.
5
c) Die Änderung der Schuldsprüche lässt die in diesem Fall verhängten Einzelstrafen unberührt. Das Landgericht hat in der Strafzumessung ausdrücklich nicht straferschwerend berücksichtigt, dass die Angeklagten tateinheitlich zu dem Diebstahl noch eine Unterschlagung begangen hätten.
6
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten sind - wie in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts dargelegt - unbegründet. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
7
Die Verfahrensbeanstandung, mit der der Angeklagte W. die Verlesung eines die Nebenklägerin S. betreffenden Attests als Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes rügt, hat keinen Erfolg.
8
a) Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, wird ein Verfahrensfehler nicht bestimmt behauptet, soweit die Revision beanstandet, die Voraussetzungen des § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO hätten nicht vorgelegen. Mit dem Revisionsvorbringen, es sei "fraglich, ob vorliegend überhaupt von Einverständnis ausgegangen werden kann", sowie, das Protokoll vermerke zwar, dass die Prozessbeteiligten keine Bedenken gegen die Verlesung erhoben hätten, damit sei dem Erfordernis einer Einverständniserklärung aber nicht Genüge getan, macht der Beschwerdeführer zum einen nicht in bestimmter Weise geltend , dass die erforderlichen Einverständniserklärungen nicht abgegeben worden seien, und rügt zum anderen letztlich nur, dass sich das Einverständnis nicht aus dem Protokoll ergebe. Das genügt zur zulässigen Erhebung der Rüge nicht (LR/Sander/Cirener, StPO, 26. Aufl., § 251 Rn. 94 mwN).
9
b) Zulässig ist die Beanstandung aber insoweit erhoben, dass ein Verstoß gegen § 251 Abs. 4 Satz 1 StPO vorliegt, weil das Landgericht die (einverständliche ) Verlesung des Attests nicht durch einen Gerichtsbeschluss angeordnet hat. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil indes nicht. Insoweit gilt:
10
Der Beschluss im Sinne von § 251 Abs. 4 Satz 1 StPO dient der Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten über den Grund der Verlesung und der eindeutigen Bestimmung ihres Umfangs. Entscheidet - wie hier - ein Kollegialgericht , soll er zudem unter Beachtung der Aufklärungspflicht die Meinungsbildung des gesamten Gerichts und nicht nur des Vorsitzenden über das einzuschlagende Verfahren sicherstellen und insbesondere den Schöffen im Hinblick auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit den Ausnahmecharakter der Verlesung deutlich machen. Entscheidend ist insoweit, ob die persönliche Vernehmung des Zeugen zur weiteren Aufklärung erforderlich ist oder ob die Verlesung der Niederschrift genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 4 StR 583/10, BGHR StPO § 251 Abs. 4 Gerichtsbeschluss 6 mwN).
11
Das Beruhen eines Urteils auf einem nicht ergangenen oder nicht begründeten Gerichtsbeschluss kann ausscheiden, wenn den Verfahrensbeteiligten Grund und Umfang der Verlesung bekannt und damit die der Anordnung der Verlesung zu Grunde liegenden Erwägungen rechtlich überprüfbar sind (BGH aaO). Wird die Verlesung lediglich durch den Vorsitzenden angeordnet, muss hinzukommen, dass die persönliche Vernehmung der Person, von der die Erklärung stammt, nicht zur weiteren Aufklärung hätte beitragen können (LR/Sander/Cirener, aaO, § 251 Rn. 81 mwN; BGH, Urteil vom 21. September 2000 - 1 StR 634/99, juris Rn. 6).
12
Hier übergab der Beistand der Nebenklägerin das Attest im Kontext mit dem Verfahrensgeschehen, das letztlich im Verzicht aller Verfahrensbeteiligten auf die Vernehmung der Nebenklägerin als Zeugin mündete. In diesem Zusammenhang stellte der Nebenklagevertreter auch den Antrag auf Verlesung des Attests, gegen den ausweislich des Protokolls von den Verteidigern keine Bedenken erhoben wurden. Danach konnte als Verlesungsgrund nur ein Einverständnis im Sinne von § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO in Betracht kommen; eine Verlesung nach § 256 Abs. 1 StPO schied ersichtlich aus. Auch über den Umfang der Verlesung konnte angesichts der überschaubaren Länge des Attests keine Unklarheit bestehen. Der Senat kann zudem ausschließen, dass es durch die Vernehmung der Ärztin der Nebenklägerin, die das Attest nur zwei Tage vor dem Hauptverhandlungstag, an dem es verlesen worden ist, ausgestellt hatte, mit Blick auf das Beweisthema - aktuelle Beschwerden der Nebenklägerin und Wiederherstellung ihrer teilweisen Arbeitsfähigkeit nach einer durch den Überfall ausgelösten posttraumatischen Belastungsstörung - zu einer weiteren Aufklärung gekommen wäre.
13
Soweit die Revision im Rahmen der von ihr erhobenen - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, unzulässigen - Aufklärungsrüge geltend macht, die Ärztin hätte nähere Angaben zu einer bei der Nebenklägerin bestehenden Vorerkrankung machen können, führt das zu keiner anderen Bewertung : Dass die Nebenklägerin bereits vor dem Überfall in psychologischer Behandlung war, hat die Strafkammer ausdrücklich festgestellt. Diesen Umstand hat das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung auch zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt. Der Senat schließt deshalb aus, dass die Strafkammer , hätte sie die Ärztin zur Vorerkrankung der Nebenklägerin vernommen, im Fall B. II. der Urteilsgründe eine mildere Einzelstrafe gegen den Beschwerdeführer verhängt hätte.
Becker Pfister Mayer Gericke Spaniol

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 3 StR 113/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 3 StR 113/15

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 242 Diebstahl


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 246 Unterschlagung


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Ist in
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 3 StR 113/15 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 242 Diebstahl


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 246 Unterschlagung


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Ist in

Strafprozeßordnung - StPO | § 251 Urkundenbeweis durch Verlesung von Protokollen


(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden, 1. wenn der Angeklagte einen Vert

Strafprozeßordnung - StPO | § 256 Verlesung der Erklärungen von Behörden und Sachverständigen


(1) Verlesen werden können 1. die ein Zeugnis oder ein Gutachten enthaltenden Erklärungen a) öffentlicher Behörden,b) der Sachverständigen, die für die Erstellung von Gutachten der betreffenden Art allgemein vereidigt sind, sowiec) der Ärzte eines ge

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 3 StR 113/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 3 StR 113/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2011 - 4 StR 583/10

bei uns veröffentlicht am 08.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 583/10 vom 8. Februar 2011 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u. a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 8.

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Sept. 2000 - 1 StR 634/99

bei uns veröffentlicht am 21.09.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 634/99 vom 21. September 2000 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. September 2000, an der teilgenommen haben: Vorsitzender

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2014 - 3 StR 188/14

bei uns veröffentlicht am 24.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 1 8 8 / 1 4 vom 24. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 3 StR 113/15.

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2018 - 1 StR 651/17

bei uns veröffentlicht am 15.05.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 651/17 vom 15. Mai 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a. ECLI:DE:BGH:2018:150518U1STR651.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

2
1. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Unterschlagung hat zu entfallen , denn der Tatbestand tritt aufgrund der gesetzlich angeordneten Subsidiarität zurück, wenn der Täter sich durch die Tat zugleich auch nach einer anderen Vorschrift strafbar gemacht hat und diese nach der abstrakten gesetzlichen Androhung eine Höchststrafe von mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Die Subsidiaritätsklausel ist dabei nicht auf Zueignungsdelikte beschränkt (BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 513/01, BGHSt 47, 243).

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 583/10
vom
8. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 8. Februar 2011 beschlossen
:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 29. Juni 2010 wird als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und die
dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr sowie mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat der Angeklagten ferner die Fahrerlaubnis entzogen , ihren Führerschein eingezogen und eine Sperre von drei Jahren für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis verhängt. Dagegen richtet sich die Revision der Angeklagten mit der Sachrüge und einer Verfahrensrüge. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ohne Erfolg bleibt auch die Beanstandung, das Landgericht habe gegen § 251 Abs. 4 Satz 1 StPO verstoßen.
3
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde: Am ersten Verhandlungstag verlas der Vorsitzende während der Vernehmung der sach- verständigen Zeugin Dr. G. im allseitigen Einverständnis den Arztbrief des Prof. Dr. W. K. vom 5. September 2008. Die Revision macht geltend, dass der Arztbrief der Kammer zum Nachweis der Folgen des versuchten Totschlags und der konkreten Lebensgefahr beim Geschädigten gedient habe, so dass er nicht nach § 256 StPO habe verlesen werden können. Ein Beschluss der Strafkammer nach § 251 Abs. 4 Satz 1 StPO sei daher unverzichtbar gewesen.
4
2. Grundsätzlich begründet es allerdings die Revision, wenn der nach § 251 Abs. 4 StPO geforderte Gerichtsbeschluss nicht ergangen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1988 - 4 StR 51/88, NStZ 1988, 283; vom 29. Oktober 1992 - 4 StR 446/92, NStZ 1993, 144 und vom 10. Juni 2010 - 2 StR 78/10, NStZ 2010, 649). Der Beschluss dient der Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten über den Grund der Verlesung und der eindeutigen Bestimmung des Umfangs der Verlesung. Bei Kollegialgerichten – wie hier – soll er zudem unter Beachtung der Aufklärungspflicht die Meinungsbildung des gesamten Gerichts und nicht nur des Vorsitzenden über das einzuschlagende Verfahren sicherstellen und insbesondere den Schöffen im Hinblick auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit den Ausnahmecharakter der Verlesung deutlich machen. Entscheidend ist insoweit, ob die persönliche Vernehmung des Zeugen zur weiteren Aufklärung erforderlich ist oder ob die Verlesung der Niederschrift genügt (vgl. BGH, Urteile vom 21. September 2000 - 1 StR 634/99, NStZ-RR 2001, 261 und vom 20. April 2006 - 4 StR 604/05, NStZ-RR 2007, 52).
5
Das Urteil kann auf dem nicht ergangenen Gerichtsbeschluss beruhen, wenn sich den Verfahrensbeteiligten der Grund der Verlesung nicht erschlossen hat und damit die der Anordnung der Verlesung zu Grunde liegenden Erwägungen rechtlich nicht überprüfbar sind bzw. das Gericht die Verlesungsvorausset- zungen (im Gegensatz zum Vorsitzenden) möglicherweise verneint hätte (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2006 – 4 StR 604/05, NStZ-RR 2007, 52, 53).
6
Soweit die Unterrichtungs- und Überprüfungsfunktion des § 251 Abs. 4 Sätze 1 und 2 StPO betroffen ist, beruht das Urteil hier ersichtlich nicht auf dem fehlenden Beschluss; der Grund und der Umfang der Verlesung waren klar – nämlich die Einführung des Arztberichtes in die Hauptverhandlung während der Vernehmung der sachverständigen Zeugin mit allgemeinem Einverständnis (§ 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO).
7
Ob es daneben geboten war, den Verfasser des Arztbriefes als sachverständigen Zeugen zu hören, war eine Frage der gerichtlichen Aufklärungspflicht. Der Senat kann hier ausschließen, dass die persönliche Vernehmung des Verfassers des mehrseitigen Arztbriefes eine weitergehende Aufklärung des Falles ermöglicht hätte als die erfolgte Verlesung desselben. Anhaltspunkte dafür, dass der Verfasser als Zeuge weitere Gesichtspunkte oder Umstände hätte bekunden können, die über die Angaben in dem Arztbrief hinausgehen und zu einer anderen Beurteilung der Lebensgefahr für den Geschädigten hätten führen können, sind nicht ersichtlich und werden auch von der Revision nicht vorgetragen. Deshalb kann auch ausgeschlossen werden, dass das Gericht unter Beachtung von Aufklärungsgesichtspunkten anders entschieden hätte als der Vorsitzende allein (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Juni 2010 - 2 StR 78/10, NStZ 2010, 649).
8
3. Der Senat kann schließlich auch ausschließen, dass die Urteilsfeststellungen zu den Tatfolgen auf der Verlesung des Arztbriefes beruhen. Ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 60) beruhen sie vielmehr auf den eigenen Angaben des Geschädigten und der Aussage der sachverständigen Zeugin Dr. G. , die den Geschädigten wiederholt untersucht und dabei auch Ein- sicht in seine Krankenakten genommen hat. In den Angaben im verlesenen Arztbrief hat die Strafkammer lediglich eine Bestätigung dieser übereinstimmenden Aussagen gefunden. Dies gilt auch hinsichtlich der konkreten Lebensgefahr durch die erlittenen Verletzungen (UA S. 61). Auch hierzu haben die sachverständige Zeugin Dr. G. und der Zeuge Dr. F. , der die Erstversorgung des Geschädigten am Unfallort übernommen hatte, ausgesagt. Ernemann Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 634/99
vom
21. September 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. September
2000, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Maul,
Nack,
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 11. Mai 1999 wird verworfen. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub mit Todesfolge zugleich mit Urkundenfälschung zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die auf die Sachrüge und eine Anzahl von Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen traf der Angeklagte am 20. März 1998 gegen 16.45 Uhr zusammen mit einem derzeit in der Ukraine untergetauchten Tatgenossen und dem Mitangeklagten, der sogleich weiterfuhr, am späteren Tatort, einem Autohandelsplatz am Stadtrand von N. , ein. Einige Minuten später erschossen sie dort in seinem Büro entsprechend dem gemeinsamen Tatplan mit einer Maschinenpistole den Gebrauchtwagenhändler G. . Sie nahmen Schmuck, Bargeld und zwei Pkw des Opfers an sich und fuhren mit den entwendeten Wagen davon. Gegen 17.15 Uhr traf sich der Angeklagte am
Bahnhof mit seiner Freundin. Etwa um 20.25 Uhr wurde die Leiche aufgefunden. Am folgenden Tag konnte der entwendete Pkw Mercedes-Benz vor der Wohnung der Freundin sichergestellt und der Angeklagte festgenommen werden. An dem Wagen wurden - ebenso wie an der Hand und Lederjacke des Angeklagten - Schmauchspuren festgestellt.

II.


Die Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
1. Die Rüge, entgegen § 251 Abs. 4 StPO sei das polizeiliche Protokoll von der Vernehmung des Notarztes ohne entsprechenden Gerichtsbeschluß verlesen worden, greift nicht durch.
Zwar fehlt der gemäß § 251 Abs. 4 StPO für die Ersetzung einer Zeugenvernehmung durch die Verlesung eines Vernehmungsprotokolls erforderliche begründete Gerichtsbeschluß. Der Senat schließt jedoch aus, daß das Urteil auf diesem Mangel beruht (vgl. BGHR StPO § 251 IV 1 Anordnung 1; BGH NStZ 1986, 325; BGH StV 1983, 319, 320 sowie andererseits BGH NStZ 1988, 283; BGH, Urt. vom 5. August 1975 - 1 StR 376/75; Brandenburgisches OLG NStZ 1996, 300, 301).
Dies folgt allerdings (zumindest bei polizeilichen Vernehmungsprotokollen ) nicht bereits daraus, daß der Angeklagte, sein Verteidiger und der Staatsanwalt der Verlesung zugestimmt haben und der Verlesungsgrund ihnen - wie hier durch die Anordnung des Vorsitzenden - bekannt war (so jedoch Gollwitzer in LR 25. Aufl. § 251 Rdn. 98). Der Beschluß dient nämlich nicht nur der Unter-
richtung der Verfahrensbeteiligten über den Grund der Verlesung und der eindeutigen Bestimmung des Umfangs der Verlesung. Er soll bei Kollegialgerichten unter Beachtung der Aufklärungspflicht auch eine Meinungsbildung des gesamten Gerichts und nicht nur des Vorsitzenden über das einzuschlagende Verfahren sicherstellen (BGH NStZ 1988, 283; Diemer in KK-StPO 4. Aufl. § 251 Rdn. 30 m.w.N.) und insbesondere den Schöffen im Hinblick auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit den Ausnahmecharakter der Verlesung deutlich machen. Auch die Unterscheidung zwischen richterlichen und polizeilichen Vernehmungsprotokollen ist in diesem Zusammenhang nicht von wesentlicher Bedeutung. Entscheidend muß vielmehr darauf abgehoben werden, ob die persönliche Vernehmung des Zeugen zur weiteren Aufklärung hätte beitragen können.
Weitere Angaben des Notarztes wären hier eventuell zu der Frage zu erwarten gewesen, ob die von ihm festgestellten Leichen- bzw. Totenflecken bereits "fixiert" oder noch "verschieblich" (wegdrückbar) waren. Insoweit stützt sich die Revision aber auf einen unzutreffenden Ausgangspunkt. Entgegen ihrer Ansicht kann von noch wegdrückbaren Totenflecken nicht darauf geschlossen werden, daß der Tod erst 20-60 Minuten vor der Untersuchung durch den Notarzt (ca. 20.30 Uhr) und mithin nicht zum von der Strafkammer festgestellten Zeitpunkt (durch sofort tödliche Schüsse kurz nach 16.45 Uhr) eingetreten ist. Nach etwa 20 bis 60 Minuten treten Totenflecken überhaupt erst auf. Sie sind dann anschließend zumindest 5 1/2 Stunden (nach anderen Beobachtungen sogar bis zu 36 Stunden) lang noch vollständig wegdrückbar (Pohl, Handbuch der Naturwissenschaftlichen Kriminalistik, 1981, S. 366-369; Forster, Praxis der Rechtsmedizin, 1986, S. 18-21; Arbab-Zadeh/Prokop/ Reimann, Rechtsmedizin, 1977, S. 3 f.).

Auch im übrigen kann ausgeschlossen werden, daß der Notarzt bei einer Vernehmung in der Hauptverhandlung des Landgerichts Angaben hätte machen können, die über die Darlegungen in der verlesenen Vernehmungsniederschrift hinausgehen und durch die das Gericht bzw. ein medizinischer Sachverständiger den anhand von Zeugenaussagen festgestellten Todeszeitpunkt (etwa 16.45 Uhr) als unwahrscheinlich oder unmöglich beurteilt hätte. Insoweit folgt der Senat den in sich widerspruchsfreien und überzeugenden Ausführungen des vom Senat eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Eisenmenger. Demnach hätten auch weitergehende Angaben des Notarztes zur Ausprägung und Qualität der Totenflecken, zu ihrer Lage und zu dem bei ihrem "Wegdrücken" erforderlichen Druck keine genauere Schätzung des Todeszeitpunktes als "zwischen 16.15 und 19.45 Uhr" ermöglicht. Selbst für den erfahrenen Rechtsmediziner ist es schwer, aufgrund dieser Todeszeichen eine Einschätzung des Todeszeitpunktes vorzunehmen, die den Anspruch erhebt, auch nur auf wenige Stunden exakt zu sein. Die bei dieser Art der Todeszeitbestimmung gegebene "enorme Variationsbreite" beruht u.a. darauf , daß der untersuchende Arzt den mit seinen Fingern entfalteten Druck nicht exakt dosieren und wiedergeben kann. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Totenstarre. Die in dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll enthaltenen diesbezüglichen Angaben des Notarztes lassen einen Todeszeitpunkt zwischen 13.30 und 20.00 Uhr zu. Exaktere Schätzungen hätten sich auch nicht treffen lassen, wenn der Notarzt zusätzliche Angaben zur subjektiv empfundenen Graduierung der Starre oder zur Umgebungstemperatur gemacht hätte (vgl. zur großen Variationsbreite bei der Feststellung des Todeszeitpunktes anhand der Graduierung der Totenstarre Henßge/Madea, Methoden zur Bestimmung der Todeszeit an Leichen, 1988, S. 106 ff.). Eine zusätzliche Aussage des Notarz-
tes zu sogenannten supravitalen Reaktionen und Augenhintergrundveränderungen wäre u.a. wegen der subjektiv getönten Befunderhebung und der schwierigen meßtechnischen Erfassung der Kriterien zu einer genaueren Leichenaltersbestimmung ungeeignet (vgl. Henßge/Madea aaO. S. 23 ff., 126131 ).
2. Das Sektionsprotokoll des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Ulm konnte gemäß § 256 StPO verlesen werden. Institute für Gerichtsmedizin der Universitäten stellen Behörden im Sinne dieser Vorschrift dar (BGH NJW 1967, 299). Handelt es sich um ärztliche Befunde und ihre Begutachtung in dem Protokoll einer Leichenöffnung, so kommt unter Beachtung der Aufklärungspflicht eine Verlesung nach § 256 StPO in Betracht, wenn - wie hier - die beiden nach § 87 StPO erforderlichen Ä rzte der Behörde angehören und es unterzeichnet haben (Senge in KK 4. Aufl. § 87 Rdn. 7; Kleinknecht/MeyerGoßner 44. Aufl. § 87 Rdn. 16; HK-Lemke 2. Aufl. § 87 Rdn. 10; Neubeck in KMR 20. Lfg. 1999, § 87 Rdn. 15). Zweck des § 256 StPO ist die Verfahrensbeschleunigung und Vermeidung unnötiger Kosten; die Verlesung soll in Fällen zulässig sein, bei denen ohne Nachteil für die Wahrheitsermittlung auf eine unmittelbare Vernehmung des Verfassers verzichtet werden kann (Diemer in KK 4. Aufl. § 256 Rdn. 1). Eine besondere Verläßlichkeit des Sektionsprotokolls ist bereits durch die Mitwirkung zweier Ä rzte (§ 87 StPO) gewährleistet. Jedenfalls hinsichtlich der bloßen Befundmitteilung kommt hinzu, daß das kurz nach der Sektion angefertigte Protokoll regelmäßig zuverlässiger sein dürfte als die viel später erfolgenden mündlichen Ausführungen des Arztes in der Hauptverhandlung. Gegenstand der Rüge sind hier lediglich solche Befundtatsachen bzgl. Mageninhalt und Verdauungszustand, die der dazu gehörte Sachverständige Dr. Höhmer für die Berechnung des Todeszeitpunktes heran-
zog. Unschädlich ist daher auch der von der Revision angeführte Umstand, daß im Sektionsprotokoll (bzgl. des Gutachtenteils) von einem "vorläufigen Gutachten" unter Vorbehalt eines abschließenden Gutachtens die Rede ist.
Ein die Angaben der Obduzenten wiedergebendes richterliches Vernehmungsprotokoll , das nur unter den Voraussetzungen der §§ 251, 253 StPO verlesen werden könnte (vgl. Dahs in LR-StPO 24. Aufl. § 87 Rdn. 25; Alsberg/Nüse/Meyer, Beweisantrag 5. Aufl. Seite 257; Eb. Schmidt StPO § 87 Rdn. 6) liegt hier nicht vor, da die Leichenöffnung nicht nach § 87 Abs. 2 Satz 6 StPO im Beisein eines Richters stattfand.
3. Auch soweit die Revision mit der Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) geltend macht, die Strafkammer habe zur Ermittlung des Todeszeitpunktes einen weiteren medizinischen Sachverständigen anhören müssen, hat sie keinen Erfolg. Die Revision ist insoweit der Auffassung, der festgestellte Mageninhalt des Tatopfers weise auf eine Nahrungsaufnahme hin, die - anders als vom gehörten Sachverständigen dargelegt - allenfalls zwei Stunden vor dem Todeseintritt erfolgt sein könne. Der Sachverständige Dr. Höhmer habe als Landgerichtsarzt nicht die Sachkunde eines rechtsmedizinischen Sachverständigen. Gründe, allgemein an der Sachkunde des gehörten Sachverständigen Dr. Höhmer zu zweifeln, sind nicht ersichtlich, da er der Kammer seit vielen Jahren als Landgerichtsarzt aus zahlreichen Verfahren als "äußerst gründlicher und erfahrener Sachverständiger" bekannt war. Allein der Umstand, daß es sich bei dem Sachverständigen um einen Landgerichtsarzt handelt, bedeutet nicht, daß dieser keine gerichtsmedizinische Ausbildung hatte. Insoweit trägt auch die Revision nichts vor (vgl. BGH, Urt. vom 21.4.1998 - 1 StR 132/98). Anlaß zu Zweifeln an der Sachkunde eines Sachverständigen muß ein Tatge-
richt haben, wenn der Sachverständige von anerkannten wissenschaftlichen Kriterien abweicht (BGH, Beschluß vom 7.7.1999 - 1 StR 207/99 = NStZ 1999, 630, 631). Hierzu führt die Revision unter Bezugnahme auf medizinische Literatur an, der festgestellte Mageninhalt deute auf eine Nahrungsaufnahme maximal zwei Stunden vor Todeseintritt hin. Dies könnte mit dem verlesenen Sektionsprotokoll übereinstimmen, wonach die starke Füllung des Magens darauf hindeute, daß die letzte Mahlzeit "nicht lange" zurückgelegen habe. Die "großzügigeren" Angaben des angehörten Sachverständigen, die Streubreite für die beginnende Verdauung könne zwischen zwei und 14 Stunden betragen, führen jedoch nicht dazu, daß sich die Beauftragung eines - damals von der Verteidigung nicht beantragten - weiteren Sachverständigen dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Während der Hauptverhandlung wurde - soweit ersichtlich - die Sachkunde des Sachverständigen nicht angezweifelt. Zum anderen werden auch in dem von der Revision angeführten Werk ArbabZadeh /Prokop/Reimann (aaO S. 16 f.; vgl. auch Henßge/Madea aaO Seite 221) in einer "Verdaulichkeitstabelle" lediglich als "Richtwerte" geltende Zeiten zwischen einer und 8 1/2 Stunden genannt und hinzugefügt, daß die Verweildauer der Nahrung im Magen auch bei gesunden Personen und sogar bei derselben Person verschieden und keine genaue Schätzung möglich sei.
4. Die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Vernehmung der in den Hilfsbeweisanträgen Nr. 1 bis 3 genannten Zeugen D. , S. und St. greift nicht durch.
Die Rüge ist unzulässig. Eine zulässige Aufklärungsrüge erfordert gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO die Darlegung aller Umstände und Vorgänge, die für die Beurteilung der Frage, ob sich dem Gericht die vermißte Beweiser-
hebung aufdrängen mußte, bedeutsam sein konnten. Wird gerügt, daß das Gericht bestimmte Zeugen nicht vernommen hat, ist insbesondere der Inhalt etwaiger früherer Aussagen mitzuteilen (BGH NJW 2000, 370, 371 m.w.N.). Das hat die Revision unterlassen.
Die Rüge ist zudem unbegründet, weil nicht erkennbar ist, daß sich die Vernehmung der Zeugen dem Tatrichter aufdrängen mußte. Beim Zeugen D. ergibt sich aus seinen zwei polizeilichen Vernehmungen, daß er sich entgegen dem Vortrag der Revision erst über eine Stunde nach der festgestellten Tatzeit, nämlich ab 18.00 Uhr für 15 Minuten in der Nähe des Tatortes aufhielt. Daß er und die Zeugin S. , die etwa eine viertel Stunde nach dem festgestellten Tatzeitpunkt als Fahrgast eines Busses den Tatort passierte, auf dem Autohandelsplatz nichts Ungewöhnliches beobachtet haben, widerspricht den Feststellungen nicht, da die Leiche von außen kaum sichtbar auf dem Boden hinter dem Schreibtisch lag und das Büro - zumindest im Zeitpunkt der Tatentdekkung - verschlossen war. Daß die Zeugin St. bei ihrer polizeilichen Vernehmung angab, gegen 16.40 Uhr vor dem Büro einen Pkw mit laufendem Motor gesehen zu haben, führt nicht dazu, daß sich ihre Vernehmung in der Hauptverhandlung aufdrängen mußte. Der laufende Motor läßt darauf schließen, daß der Fahrer bald wieder wegfahren wollte. Die Täter trafen nach den Feststellungen erst einige Minuten später am Tatort ein und führten die Tat erst aus, nachdem sich alle dort anwesenden Kunden entfernt hatten.
5. Die Rüge, das Landgericht habe das Gebot des fairen Verfahrens verletzt, weil die Verteidiger nicht auf einen während der Hauptverhandlung zu
den Akten gelangten Brief des Mitangeklagten hingewiesen wurden, greift jedenfalls im Ergebnis nicht durch.
Dem Tatgericht, das während, aber außerhalb der Hauptverhandlung verfahrensbezogene Ermittlungen anstellt, erwächst aus dem Gebot der Verfahrensfairneß (Art. 6 MRK in Verbindung mit § 147 StPO) die Pflicht, dem Angeklagten , der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft durch eine entsprechende Unterrichtung Gelegenheit zu geben, sich Kenntnis von den Ergebnissen dieser Ermittlungen zu verschaffen. Der Pflicht zur Erteilung eines solchen Hinweises ist das Tatgericht auch dann nicht enthoben, wenn es die Ergebnisse der Ermittlungen selbst für nicht entscheidungserheblich erachtet; denn es muß den übrigen Verfahrensbeteiligten überlassen bleiben, selbst zu beurteilen , ob es sich um relevante Umstände handelt (BGHSt 36, 305, 308 ff.; vgl. auch BGH, Beschluß vom 17. November 1999 - 1 StR 290/99, insoweit nicht abgedruckt in NStZ 2000, 216). Entsprechendes muß auch gelten, wenn während der Hauptverhandlung Urkunden oder andere Beweismittel, deren Erheblichkeit nicht ausgeschlossen ist, ohne Veranlassung durch das Gericht zu den Akten gelangen. Ansonsten wären die Verfahrensbeteiligten bei mehrmonatigen Hauptverhandlungen zu hunderten von Nachfragen gezwungen, die (auch) den gerichtlichen Geschäftsbetrieb unnötig belasten würden.
Hier kann jedoch ein Beruhen des Urteils auf diesem Verfahrensfehler (vgl. BGHSt 42, 71, 73) ausgeschlossen werden. Der fragliche Brief war ausweislich der eingeholten dienstlichen Ä ußerungen nicht Gegenstand der Beratung ; ihm wurde von den Tatrichtern keine Relevanz beigemessen. Ein "überlegenes Wissen" erwuchs der Strafkammer aus dem Schriftstück nicht. Der Brief ist eines von mehreren Schreiben des Mitangeklagten an den Vorsitzen-
den. Er enthält Ausführungen des Mitangeklagten über dessen persönliche Situation und seine Gefühle während der Hauptverhandlung sowie die Zusammenfassung von Zeugenaussagen; eine geschlossene Darstellung des Tatgeschehens enthält er dagegen nicht. Entgegen der Ansicht der Revision beinhaltet die kurze Passage über den angeblichen Tatbeteiligten Go. auch keinen Widerspruch zur Einlassung des Mitangeklagten, der für die Glaubhaftigkeitsbeurteilung erheblich sein könnte. In der Hauptverhandlung berichtete der Mitangeklagte von dem geplanten Tatbeitrag des Go. , der nicht mit dem tatsächlichen Tatbeitrag, von dem in dem Brief die Rede ist, identisch sein muß. Für die Glaubhaftigkeit der Einlassung des Mitangeklagten, deren zentrale Bedeutung offensichtlich war, enthält die angeführte Passage daher keine Anhaltspunkte, zumal die Strafkammer aufgrund rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen ist, daß der Mitangeklagte den Go. lediglich "hinzuerfunden" hat.
Aus diesen Gründen ist auch nicht ersichtlich, daß die Verteidigung bei Kenntnis dieses Briefes weitere Verteidigungsbemühungen hatte entfalten können.
6. Die Aufklärungsrüge im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Vernehmung des nach Osteuropa abgereisten Zeugen K. ist gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig. Die Aufklärungspflicht geht grundsätzlich nicht weiter als das Tatgericht gehalten ist, entsprechenden Beweisanträgen stattzugeben ; Gründe, die zur Ablehnung eines Beweisantrages berechtigen, lassen auch die Aufklärungspflicht entfallen (BGH NStZ 1991, 399, 400; Herdegen in KK-StPO 4. Aufl. § 244 Rdn. 22). Hier wäre die Ablehnung eines entsprechenden Beweisantrages wegen Unerreichbarkeit in Betracht gekommen. Ein
Zeuge, dessen Erscheinen nicht erzwungen werden kann, weil er sich im Ausland aufhält, muß zwar vor Annahme seiner Unerreichbarkeit in der Regel förmlich geladen werden. Auf die Ladung kann jedoch verzichtet werden, wenn sie zwecklos erscheint (BGH NStZ 1991, 143). Ob das hier der Fall war, kann nur beurteilt werden, wenn die diesbezüglichen Umstände und Bemühungen der Kammer vollständig dargelegt werden. Dies hat die Revision nicht getan. Sie verschweigt die im Hauptverhandlungsprotokoll vom 31. März 1999 enthaltene Mitteilung des Vorsitzenden, die in den Sachakten enthaltene Gesprächsnotiz vom 26. März 1999, das dortige Schreiben des Vorsitzenden an die Deutsche Botschaft in Kiew und die Übersetzung eines Telefongesprächs, die sämtlich die Erreichbarkeit des fraglichen Zeugen betreffen.
7. Die Rüge, die Beweiswürdigung im Zusammenhang mit dem Fasergutachten enthalte eine unzulässige Wertung der Einlassung des Angeklagten als ein ihn belastendes Teilschweigen, ist unbegründet. Insoweit führt die Strafkammer aus, daß die vom Angeklagten bei seiner Festnahme am Tag nach der Tat getragene Hose in dem beim Opfer gestohlenen Mercedes keine Faserspuren hinterlassen hat. Die anderen Hosen in der Wohnung des Angeklagten seien gewaschen gewesen. Der folgende, von der Revision angegriffene Satz lautet sodann: "Es steht daher, zumal sich der Angeklagte Gor. dazu ebenfalls nicht einläßt, nicht einmal fest, welche Hose er am Tattag getragen hat". Dieser Satz enthält keine Wertung des Teilschweigens zum Nachteil des Angeklagten, so daß dahingestellt bleiben kann, ob trotz der Bereitschaft des Angeklagten, Fragen des Gerichts schriftlich zu beantworten, ein Teilschweigen vorliegt (vgl. dazu BGH StV 1994, 521, 524, insoweit in BGHSt 40, 211 nicht abgedruckt; BGH NStZ 2000, 494).
8. Auch die weiteren Verfahrensrügen greifen aus den Gründen, die der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 24. Februar 2000 dargelegt hat, nicht durch.

III.


Die Sachrüge bleibt erfolglos, da die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Schäfer Maul Nack Boetticher Hebenstreit

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

(1) Verlesen werden können

1.
die ein Zeugnis oder ein Gutachten enthaltenden Erklärungen
a)
öffentlicher Behörden,
b)
der Sachverständigen, die für die Erstellung von Gutachten der betreffenden Art allgemein vereidigt sind, sowie
c)
der Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes mit Ausschluss von Leumundszeugnissen,
2.
unabhängig vom Tatvorwurf ärztliche Atteste über Körperverletzungen,
3.
ärztliche Berichte zur Entnahme von Blutproben,
4.
Gutachten über die Auswertung eines Fahrtschreibers, die Bestimmung der Blutgruppe oder des Blutalkoholgehalts einschließlich seiner Rückrechnung,
5.
Protokolle sowie in einer Urkunde enthaltene Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen, soweit diese nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben und
6.
Übertragungsnachweise und Vermerke nach § 32e Absatz 3.

(2) Ist das Gutachten einer kollegialen Fachbehörde eingeholt worden, so kann das Gericht die Behörde ersuchen, eines ihrer Mitglieder mit der Vertretung des Gutachtens in der Hauptverhandlung zu beauftragen und dem Gericht zu bezeichnen.