Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 439/18

bei uns veröffentlicht am16.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 439/18
vom
16. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung
ECLI:DE:BGH:2018:161018B3STR439.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 16. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 28. Juni 2018 aufgehoben, soweit über die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Braunschweig vom 23. Februar 2018 nicht entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und daneben Tatmittel eingezogen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts und eine nicht ausgeführte Verfahrensrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Das Urteil kann keinen Bestand haben, soweit über eine mögliche Gesamtstrafenbildung der verhängten Strafe mit der Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 € aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Braunschweig vom 23. Februar 2018 nicht entschieden worden ist. Da der Angeklagte die in diesem Verfahren abgeurteilte Tat am 10. Februar 2018 beging, kommt eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1, §§ 53, 54 StGB in Betracht.
3
a) Die lückenhaften Feststellungen lassen indes insoweit eine Überprüfung nicht zu. Das Landgericht hat weder die Tatzeit für die mit dem Strafbefehl geahndete Verleumdung noch den Vollstreckungsstand bezüglich der Geldstrafe mitgeteilt. Sollte die Geldstrafe schon vollstreckt sein, stünde dies ihrer Einbeziehung entgegen. Ebenso würde eine Einbeziehung ausscheiden, wenn der Angeklagte die Verleumdung vor der weiteren und nicht erledigten Verurteilung durch das Amtsgericht Hof vom 15. Dezember 2017 zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe begangen haben sollte. Dann käme bereits dem Urteil vom 15. Dezember 2017 Zäsurwirkung zu.
4
b) Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch eine unterbliebene Einziehungsentscheidung beschwert ist. Es ist möglich, dass die Geldstrafe durch Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe - etwa durch Unterbrechung der vollzogenen Untersuchungshaft - vor dem Zeitpunkt des angefochtenen Urteils (28. Juni 2018) teilweise vollstreckt worden ist oder danach vollstreckt wird (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2016 - 2 StR 90/16, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Geldstrafe 5).
5
2. Die neu zu treffende Entscheidung über die Gesamtstrafe kann nicht nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO dem Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden. Denn dies setzt eine "Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe" voraus; ob ein solcher Rechtsfehler vorliegt, lässt sich, wie ausgeführt, nicht beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. August 2018 - 5 StR 348/18, juris Rn. 8 mwN). Das neue Tatgericht wird den Vollstreckungsstand hinsichtlich des Strafbefehls zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils (28. Juni 2018) zugrunde zu legen haben (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2017 - 3 StR 423/17, juris Rn. 16 mwN).
6
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Sie musste nicht der Entscheidung im zweiten Rechtsgang vorbehalten bleiben; denn es steht sicher fest, dass die unbeschränkte Revision nur einen geringfügigen Teilerfolg hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. August 2018 - 2 StR 108/18, juris Rn. 5; vom 9. Juni 2016 - 2 StR 90/16, juris Rn. 7; vom 22. März 2005 - 3 StR 47/05, juris Rn. 10).
Gericke Spaniol Tiemann
Berg Leplow

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 439/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 439/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2018 - 3 StR 439/18 zitiert 9 §§.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 54 Bildung der Gesamtstrafe


(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener

Strafprozeßordnung - StPO | § 462 Verfahren bei gerichtlichen Entscheidungen; sofortige Beschwerde


(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d

Strafprozeßordnung - StPO | § 460 Nachträgliche Gesamtstrafenbildung


Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

7
Der Senat macht von der im Revisionsverfahren - auch im Falle einer unterlassenen Gesamtstrafenbildung (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2010 - 1 StR 196/10) - eröffneten Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch , die Entscheidung über die nachträglich zu bildende Gesamtstrafe dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Sie musste nicht dem Nachverfahren vorbehalten bleiben, weil sicher fest steht, dass die unbeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten nur einen geringfügigen Teilerfolg hat. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

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2. Der Gesamtstrafausspruch gegen den Angeklagten T. kann hingegen nicht bestehen bleiben. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt : „Ausweislich der Feststellungen auf UA S. 5 f. wurde der Ange- klagte rechtskräftig durch das Amtsgericht Plauen am 15. Oktober 2015 zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 EUR und am 11. August 2016 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Letztgenannte Strafe hat das Landgericht in die zu bildende Gesamtfreiheitstrafe einbezogen (vgl. UA S. 2, 49). Damit erweist sich das angefochtene Urteil in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft: Zum einen teilt es den Vollstreckungsstand hinsichtlich der verhängten Geldstrafe aus der Entscheidung vom 15. Oktober 2015 nicht mit. Es kann deswegen nicht beurteilt werden, ob das Landgericht überhaupt ihr gesondertes Bestehenbleiben – ungeachtet der Erforderlichkeit einer entsprechenden Tenorierung (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 55 Rdnr. 38) – in den Urteilsgründen feststellen konnte (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Februar 2000 – 5 StR 1/00 –, juris Rdnr. 7) und die Gesamtstrafenbildung rechtsfehlerfrei erfolgt ist. Soweit das Urteil des Amtsgerichts Plauen vom 15. Oktober 2015 nämlich bereits vollständig vollstreckt worden wäre, hätte das Landgericht derartige Feststellungen auf der Grundlage von § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB jedenfalls nicht vornehmen dürfen. Indessen wäre für den gegenteiligen – bei noch nicht vollständig abgeschlossener Vollstreckung – Falldie Zäsurwirkung der auf die Geldstrafe lautenden Vorverurteilung nicht entfallen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. April 1991 – 5 StR 156/91 –, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 9; vom 2. Juni 2010 – 5 StR 198/10 –; BGH, Urteil vom 12. August 1998 – 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184; Beschlüsse vom 21. Februar 2008 – 4 StR 666/07 –, juris Rdnr. 3; und vom 29. November 2017 – 3 StR 507/17 –, juris). Dann aber hätte die Strafe aus dem Urteil vom 11. August 2016 nicht in die zu bildende Gesamtstrafe einfließen dürfen, weil die zur Aburteilung gelangten Taten in den Jahren 2012 bis 2013 und damit bereits vor der Zäsurwirkung entfaltenden ersten Vorverurteilung vom 15. Oktober 2015 begangen wurden (vgl. UA S. 16-29). Dies würde den Angeklagten auch beschweren, weil hierdurch die für ihn vorteilhafte Bewährungssausetzung der einbezogenen neunmonatigen Freiheitsstrafe in Wegfall geraten ist. Die Entscheidung über die neu zu bildende Gesamtstrafe kann nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden; denn nach den vorstehenden Ausführungen steht nicht sicher fest, ob und in welcher Weise die Gesamtstrafenbildung fehlerhaft war (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 354 Rn. 31; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 6. Aufl., Rdnr. 1267). Die Kompensationsentscheidung ist rechtsfehlerfrei begründet. Da sie eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung darstellt, bleibt sie von der Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09 –, BGHSt 54, 135, 138).“
16
Über die Gesamtstrafe ist daher nochmals zu befinden, wobei der Senat von der durch § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, die Entscheidung dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Dabei wird die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer zu beachten haben, dass insoweit der Vollstreckungsstand der gegen den Angeklagten ergangenen früheren Urteile zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils (21. November 2016) maßgeblich (s. nur BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 2011 - 3 StR 188/11, juris Rn. 5; vom 10. Januar 2017 - 3 StR 497/16, NStZ-RR 2017, 169) und im Fall einer vom Ersturteil abweichenden Gesamtstrafenbildung auch Augenmerk auf das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO zu richten ist (zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 4 StR 73/16, NStZ-RR 2016, 275, 276).

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

5
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Die Kostenentscheidung ist im vorliegenden Fall nicht dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten, weil sicher abzusehen ist, dass das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung insgesamt angegriffen hat, nur einen geringfügigen Teilerfolg haben kann, so dass der Senat die Kostenentscheidung gemäß § 473 Abs. 1 und 4 StPO selbst treffen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2005 – 3 StR 47/05).
7
Der Senat macht von der im Revisionsverfahren - auch im Falle einer unterlassenen Gesamtstrafenbildung (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2010 - 1 StR 196/10) - eröffneten Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch , die Entscheidung über die nachträglich zu bildende Gesamtstrafe dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Sie musste nicht dem Nachverfahren vorbehalten bleiben, weil sicher fest steht, dass die unbeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten nur einen geringfügigen Teilerfolg hat. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng