Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 3 StR 61/15

bei uns veröffentlicht am28.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 6 1 / 1 5
vom
28. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. April 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 19. September 2014, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 26 Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte dem Mitangeklagten R. im Zeitraum von Januar bis April 2013 in 15 Fällen je mindestens sechs Gramm und einmal zehn Gramm sowie zwischen März und Mai 2013 dem Zeugen T. in zehn Fällen mindestens sechs Gramm Marihuana durchschnittlicher Qualität. Außerdem erhielt er "im Frühjahr 2013" von seinem Bruder zweimal 500 Gramm Marihuana zum Weiterverkauf.
3
2. Die rechtliche Bewertung des Landgerichts, dass der Angeklagte damit in 26 selbständigen Fällen mit Betäubungsmitteln und in zwei Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben hat, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 1 und § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144, 145; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 563 ff. mwN). Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Einzelverkäufe von Betäubungsmitteln mehreren größeren Erwerbsmengen entstammen, ist deshalb zu prüfen, ob Bewertungseinheiten vorliegen. Dazu hat der Tatrichter die Zahl und Frequenz der Erwerbsvorgänge sowie die Zuordnung der einzelnen Verkäufe zu ihnen an Hand der Tatumstände festzustellen. Kann er genaue Feststellungen nicht treffen, hat er innerhalb des feststehenden Gesamtschuldumfangs die Zahl der Einkäufe und die Abverkäufe aus den einzelnen Erwerbsmengen zu schätzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. März 2002 - 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810, 1811; vom 4. April 2006 - 3 StR 91/06, NStZ 2007, 102; vom 26. September 2012 - 4 StR 345/12, NStZ-RR 2013, 46, 47).
5
Die Strafkammer hat nicht geprüft, ob und gegebenenfalls inwieweit die einzelnen Taten danach zu Bewertungseinheiten zusammenzufassen sind. Konkrete Anhaltspunkte hierfür liegen vor. Sie ergeben sich insbesondere daraus , dass sich die Tatzeiträume, in denen die Verkäufe kleinerer Mengen Marihuana an den Mitangeklagten R. und den Zeugen T. stattfanden, teilweise überschnitten. Alle Geschäfte fanden in der ersten Jahreshälfte 2013 statt. In dieser Zeit - nämlich "Frühjahr 2013" - erwarb der Angeklagte nach den Feststellungen zweimal 500 Gramm Marihuana von seinem Bruder zum Weiterverkauf. Der Schuldspruch bedarf daher erneuter Prüfung.
Becker Pfister RiBGH Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 3 StR 61/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 3 StR 61/15

Referenzen - Gesetze

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 3 StR 61/15 zitiert 4 §§.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 3 StR 61/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 3 StR 61/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2012 - 4 StR 345/12

bei uns veröffentlicht am 26.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 345/12 vom 26. September 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu Ziff. 1. unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu Ziff. 2. unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmi

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13

bei uns veröffentlicht am 31.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 223/13 vom 31. Juli 2013 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. hier: Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs h
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 3 StR 61/15.

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2019 - 4 StR 417/18

bei uns veröffentlicht am 23.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 417/18 vom 23. Mai 2019 in der Strafsache gegen alias: wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2019:230519B4STR417.18.0 Der 4. Strafsenat des B

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2018 - 4 StR 240/18

bei uns veröffentlicht am 18.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 240/18 vom 18. Dezember 2018 in der Strafsache gegen wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2018:181218B4STR240.18.0 Der 4. Strafsenat des Bunde

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Nov. 2016 - 3 StR 356/16

bei uns veröffentlicht am 02.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 356/16 vom 2. November 2016 in der Strafsache gegen wegen Geiselnahme u.a. ECLI:DE:BGH:2016:021116B3STR356.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des General

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 223/13
vom
31. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2013 beschlossen:
Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Eine – infolge tateinheitlicher Verknüpfung mehrerer Bewertungseinheiten – einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbindet mehrere zu deren Verwirklichung vorgenommene Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Senat fragt daher beim 3. Strafsenat an, ob an der entgegenstehenden Rechtsprechung im Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11 festgehalten wird.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.

I.


2
Nach den Feststellungen begab sich der Angeklagte am 21. Mai 2012 mit seinem Pkw zu seinem Betäubungsmittellieferanten in R. , von dem er 1.000 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % Kokainhydrochlorid erhielt, ohne die Ware sofort bezahlen zu müssen. Das Geld sollte er erst nach dem Verkauf des Kokains bei Übernahme der nächsten Lieferung übergeben. Der Lieferant baute das Kokain in den Radkasten des Pkws des Angeklagten ein und übergab diesem 1.500 € als Anzahlung auf seinen (Gewinn-)Anteil. Weitere 1.000 € sollte er nach dem Abverkauf bekommen. Der Angeklagte führte das Kokain nach Deutschland ein und verkaufte es nach Portionierung der jeweiligen Verkaufsmengen an verschiedene Abnehmer weiter (Fall II. 1 der Urteilsgründe). Am 31. Mai 2012 fuhr der Angeklagte, nachdem er bei dem Lieferanten 500 Gramm Kokain bestellt hatte, erneut nach R. . Er übergab dem Lieferanten den Verkaufserlös von 44.000 € aus der vorangegangenen Lieferung und erhielt von diesem seinen Anteil sowie die bestellten 500 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % Kokainhydrochlorid. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland verkaufte er das eingeführte Kokain nach Portionierung an verschiedene Abnehmer weiter (Fall II. 2 der Urteilsgründe). Nachdem der Lieferant in einem Telefonat am 8. Juni 2012 mitgeteilt hatte, dass er wieder über Kokain verfüge, begab sich der Angeklagte am 11. Juni 2012 mit seinem Pkw und den aus den letzten Abverkäufen stammenden 22.000 € nach R. . Dort übergab der Angeklagte dem Lieferanten das Geld und erhielt neben seinem Anteil 1.088 Gramm Kokain mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 86 % Kokainhydrochlorid. Nachdem der Angeklagte aus den Niederlanden kommend die Grenze nach Deutschland passiert hatte, wurde er einer Kontrolle unterzogen, bei der das Kokain aufgefunden und sichergestellt wurde (Fall II. 3 der Urteilsgründe).

II.


3
Der Senat möchte den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin ändern, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit drei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. Da sich die Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Kokaingeschäfte teilweise überschneiden, sind die drei auf die jeweilige Handelsmenge bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verknüpft (II. 1). Diese einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbindet nach Ansicht des Senats die drei zu deren Verwirklichung unternommenen Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (II. 2).
4
1. a) Die Annahme von Tateinheit kommt in Betracht, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, Tateinheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 – 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; vgl. Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 20 mwN). Eine Teilidentität der Tatbestandsverwirklichungen ist hier gegeben , weil die objektiven Ausführungshandlungen der unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte sich in den Beschaffungsfahrten des Angeklagten nach R. am 31. Mai und 11. Juni 2012 teilweise überschneiden.
5
b) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 562 ff. mwN). Eine solche auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete Tätigkeit liegt auch darin, dass sich der Zwischenhändler zu der Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor abgesprochene , zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäubungsmittellieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 1997 – 1 StR 472/97; Urteil vom 20. August 1991 – 1 StR 273/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 28; Weber, aaO, § 29 Rn. 442). Das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel verwirklicht daher den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
6
Dem – weit auszulegenden (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 GSSt 1/05, aaO, 262) – Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Übertragung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. Tatbestandlich erfasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge , ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde auf Seiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist (vgl. Urteile vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 294/02; vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42, 43; vom 27. Juni 2008 – 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7). So hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass die Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer zum Lieferanten zum Handel gehört und den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1985 – 2 StR 861/84; Beschluss vom 5. November 1991 – 1 StR 361/91, StV 1992, 161; Urteil vom 11. Juli 1995 – 1 StR 189/95, StV 1995, 641; Beschlüsse vom 17. Mai 1996 – 5 StR 119/96, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 50; vom 21. Mai 1999 – 2 StR 154/99, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 52; Urteil vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, aaO).
7
c) Nach den Feststellungen des Landgerichts dienten die Fahrten des Angeklagten nach R. am 31. Mai und 11. Juni 2012 jeweils sowohl der Übermittlung des Geldes für die vorangegangene als auch der Abholung der abgesprochenen neuerlichen Kokainlieferung. In diesem Teilakt überschneiden sich die objektiven Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte, was eine tateinheitliche Verknüpfung der drei auf die einzelnen Handelsmengen bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten des Handeltreibens im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Folge hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12, Rn. 6; Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; offen gelassen im Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11).
8
2. Der Senat ist der Ansicht, dass die – infolge der tateinheitlichen Verknüpfung der drei Bewertungseinheiten im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz – einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge die drei zu deren Verwirklichung unternommenen Einfuhren von Kokain in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verklammert.
9
a) Voraussetzung für die Annahme von Tateinheit durch Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier an sich selbständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbständigen Delikte und dem sie verbindenden Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147, 149 mwN; Beschluss vom 11. Januar 2012 – 1 StR 386/11, wistra 2012, 310; Rissing-van Saan, aaO, § 52 Rn. 28 ff.). Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der Wertevergleich nicht nach einer abstrakt-generalisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, aaO; Beschlüsse vom 19. April 2011 – 3 StR 230/10, NStZ 2011, 577, 578; vom 2. Dezember 2008 – 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692, 693; Urteil vom 18. Juli 1984 – 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 ff.).
10
b) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Bundesgerichtshof – unbeschadetder Einstufung der Delikte als Vergehen oder Verbrechen – die annähernde Wertgleichheit eines besonders schweren Falls des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 BtMG in der bis 21. September 1992 geltenden alten Fassung mit einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 – 2 StR 322/84, aaO). Auch der durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302) geschaffene Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist im Verhältnis zu § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG nicht als minder schwere Tat angesehen worden mit der Folge, dass eine Verklammerung mehrerer Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch eine jeweils teilidentische Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bejaht worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 1993 – 2 StR 534/93, NStZ 1994, 135; vom 22. Oktober 1996 – 1 StR 548/96, StV 1997, 471; Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, aaO).
11
c) Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die Straftatbestände des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG weisen die gleiche Strafrahmenobergrenze auf, die Strafandrohungen für minder schwere Fälle gemäß § 29a Abs. 2, § 30 Abs. 2 BtMG sind identisch. Die mit zwei Jahren gegenüber einem Jahr bei § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG höhere Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG hat zwar zur Folge, dass die zum Zwecke des Handeltreibens vorgenommene unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – anders als im Rahmen des Grundtatbestandes des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG bei Rauschgiftmengen unter dem Grenzwert zur nicht geringen Menge (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2005 – 3 StR 133/05, NStZ 2006, 172, 173; Weber, aaO, § 29 Rn. 984) – nicht als unselbständiger Teilakt im unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgeht, sondern zu § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in Tateinheit steht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2007 – 1 StR 366/07, NStZ-RR 2008, 88; Urteil vom 24. Februar 1994 – 4 StR 708/93, BGHSt 40, 73, 74 f.). Durch die erhöhte Mindeststrafe wird aber – wie die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zeigt – die annä- hernde Wertgleichheit im deliktischen Unrechtsgehalt der beiden Tatbestände nicht in Frage gestellt. Auch bei konkreter Betrachtung ergeben sich keine Gesichtspunkte dafür, dass der auf die gehandelte Gesamtmenge bezogene Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge seinem strafrechtlichen Unwert nach deutlich hinter dem Unrechtsgehalt der sich jeweils nur auf Teilmengen erstreckenden Einfuhrtaten nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zurückbleibt. Da Bezugspunkt für den Wertevergleich die einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in ihrer Gesamtheit ist, kann das Ergebnis des Vergleichs schließlich nicht von den Umständen abhängen, die zu der tateinheitlichen Verknüpfung zu einer Tat des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG geführt haben. Diese Umstände sind für die hier in Rede stehende Verklammerung vielmehr ohne Bedeutung.
12
d) Der beabsichtigten Entscheidung des Senats steht, soweit es die Verklammerung der drei Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch die einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG betrifft, der Beschluss des 3. Strafsenats vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11 entgegen. In dieser Entscheidung hat der 3. Strafsenat für den Fall einer tateinheitlichen Verknüpfung mehrerer Bewertungseinheiten zu einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ohne nähere Ausführungen angenommen , dass das einheitliche Delikt des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht die Kraft hat, die nach Ansicht des 3. Strafsenats schwerer wiegenden Taten der uner- laubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Tateinheit zu verklammern.
13
e) Der Senat fragt daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 3. Strafsenat an, ob an der dem Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11 insoweit zugrunde liegenden Rechtsauffassung festgehalten wird.
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 345/12
vom
26. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu Ziff. 1. unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
zu Ziff. 2. unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 26. September 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 3. Mai 2012, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen. 3. Die Revision des Angeklagten B. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. Der Angeklagte B. hat die Kosten seinesRechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten D. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verur- teilt. Ferner hat es bezüglich des Angeklagten B. den Verfall von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 41.450 €, bezüglich des Angeklagten D. in Höhe eines Betrages von 2.010 € angeordnet. Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Während die Revision des Angeklagten B. keinen Erfolg hat, führt das Rechtsmittel des Angeklagten D. zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.


2
Die Revision des Angeklagten B. ist unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

II.


3
Hingegen hat das Rechtsmittel des Angeklagten D. Erfolg. Die Annahme des Landgerichts von 17 Bewertungseinheiten mittäterschaftlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 29 Abs. 1, 3 Nr. 1 BtMG hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens anzunehmen, wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1981 – 2 StR 618/80, BGHSt 30, 28, 31; Senatsurteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4; BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810). Alle Be- tätigungen, die sich auf den Vertrieb desselben, in einem Akt erworbenen Betäubungsmittels richten, sind als eine Tat des unerlaubten Handeltreibens anzusehen, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen (BGH, jeweils aaO).
5
2. Gemessen daran hat die Strafkammer zwar, im Ansatz zutreffend, die Bildung von Bewertungseinheiten für die vom Angeklagten durchgeführten Einzelverkäufe in Betracht gezogen, soweit die gehandelten Betäubungsmittel einer einheitlichen, größeren Erwerbsmenge entstammten; die Bildung von 17 Bewertungseinheiten beruht indes auf widersprüchlichen und damit rechtsfehlerhaften Erwägungen.
6
a) Das Landgericht hat seine Feststellungen zu den von dem Angeklagten D. durchgeführten Einzelverkäufen auf dessen "vollumfängliche geständige Einlassung" gestützt. Danach erhielt der Angeklagte von dem Mitangeklagten B. jeweils eine Gesamtmenge von bis zu 50 Bubbles in Größen von 0,1 bis 0,3 Gramm Kokain zum gewinnbringenden Weiterverkauf und wurde für diese Tätigkeit von B. mit 50 bis 60 € pro Tag entlohnt. Eine neue, ähnlich große Teilmenge Kokain erhielt der Angeklagte erst, wenn er die zuvor in Empfang genommene Menge verkauft hatte. Im Regelfall suchte D. den B. zu diesem Zweck täglich auf, die einer Teilmenge zugehörigen Bubbles reichten indes in einigen Fällen auch mehrere Tage aus, weshalb der Angeklagte in seiner Wohnung ein Lager mit einem kleinen Kokainvorrat unterhielt. Dementsprechend trafen sich die beiden Angeklagten zwar in der Regel täglich, mitunter aber auch erst nach zwei bis drei Tagen, um die Verkäufe abzurechnen. Bei der rechtlichen Würdigung ist die Strafkammer hingegen für den Tatzeitraum vom 11. bis zum 27. September 2011 von insgesamt 17, jeweils an einem Tag verkauften Teilmengen ausgegangen. Der Angeklagte D. sei nach seiner eigenen geständigen Einlassung jeweils an vielen Tagen "vollständig ausverkauft" gewesen. Die Bildung mehrere Tage umfassender Bewertungseinheiten sei nicht in Betracht gekommen, da keine Feststellungen zu den Zeitpunkten und dem Umfang der Betäubungsmittel-Auffüllungen mit kleinen Mengen über einen längeren Zeitraum hinaus hätten getroffen werden können, die eine sichere Grundlage für die Bildung von anderen Handlungsabschnitten hätten ergeben können (UA 52).
7
b) Mit dieser Begründung durfte das Landgericht die Bildung von Bewertungseinheiten , welche die Verkäufe des Angeklagten an mehr als einem Tag umfassten, nicht ablehnen. Zwar gebietet es der Zweifelssatz nicht, von einer Tat im Sinne einer Bewertungseinheit auszugehen, wenn lediglich eine nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass mehrere veräußerte Kleinmengen aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren; auch eine willkürliche Zusammenfassung kommt nicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. März 2002 aaO). Vor dem Hintergrund der ausdrücklich als glaubhaft bewerteten geständigen Einlassung des Angeklagten D. , die das Landgericht seinen Feststellungen in vollem Umfang zugrunde gelegt hat, bestanden im vorliegenden Fall jedoch konkrete Anhaltspunkte, die Anlass boten, der Frage nachzugehen, ob in einigen der festgestellten Fälle das vom Angeklagten an mehreren Tagen gewinnbringend weiterveräußerte Kokain aus einer vom Mitangeklagten B. angelieferten Gesamtmenge stammte. Lassen sich, wie die Urteilsgründe im vorliegenden Fall nahe legen, insoweit genauere Feststellungen mit angemessenem Aufklärungsaufwand nicht treffen, hat der Tatrichter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine an den Umständen des Falles orientierte Schätzung vorzunehmen. Die von der Recht- sprechung insoweit für die vergleichbare Konstellation von Serientaten entwickelten Grundsätze müssen auch bei der hier gegebenen Situation Anwendung finden, bei der der Gesamtschuldumfang durch die Zahl und die jeweilige Menge der Einzelverkäufe innerhalb eines bestimmten Zeitraums feststeht, ferner konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einzelverkäufe jeweils größeren Einkaufsmengen entstammen und deshalb aus Rechtsgründen zu Bewertungseinheiten zusammengefasst werden müssen, die genaue Zuordnung bestimmter Verkäufe zu bestimmten Erwerbsmengen jedoch Schwierigkeiten bereitet (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. März 2002 aaO mwN). Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24. März 1999 – 3 StR 636/98, NStZRR 1999, 218) besagt nichts anderes: Im damaligen Fall war der Tatrichter jedoch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Angeklagte jeweils täglich nur die Mengen verkaufte, die er auf Grund einer vorherigen Absprache mit seinem Mittäter von diesem als Gesamtmenge zum Zwecke des Weiterverkaufs an diesem Tag erhalten hatte. So liegt der Fall jedoch hier, wie ausgeführt, gerade nicht.
8
3. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei Annahme einer geringeren Zahl von Bewertungseinheiten eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt worden wäre.

III.


9
Der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter wird nicht nur die erforderliche Schätzung vor dem Hintergrund der geständigen Angaben des Angeklagten vornehmen, sondern auch über die Frage der Anordnung von Wertersatzverfall neu befinden müssen.
Mutzbauer Cierniak Franke
Quentin Reiter