Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 4 StR 255/19

bei uns veröffentlicht am06.08.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 255/19
vom
6. August 2019
in dem Sicherungsverfahren
gegen
ECLI:DE:BGH:2019:060819B4STR255.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. Januar 2019 wird verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Beschuldigten im Sicherungsverfahren in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, vor Ablauf von fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Mit seiner Revision rügt der Beschuldigte allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


2
Obgleich dem Landgericht bei der rechtlichen Bewertung der Anlasstaten III.2.a) und III.2.d) Rechtsfehler unterlaufen sind, hält die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
3
1. Die Annahme, der Beschuldigte habe im Fall III.2.a) mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt und deshalb neben einem vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB) und einer Nötigung (§ 240 StGB) auch einen versuchten Totschlag in vier tateinheitlichen Fällen (§§ 212, 22, 23 Abs. 1, § 52 StGB) begangen, wird in den Urteilsgründen nicht belegt.
4
a) Nach den Feststellungen litt der Beschuldigte an einer schweren, mit wahnhaften Symptomen einhergehenden Erkrankung in der Form paranoiden Erlebens. Infolgedessen fühlte er sich von anderen Verkehrsteilnehmern erheblich beeinträchtigt und angegangen. Insbesondere ging er davon aus, dass die Straßen mit Fahrzeugen des Volkswagenkonzerns „verstopft“ würden, wenn er sein Anwesen mit seinem Pkw verlasse. Die aufgrund seiner Erkrankung angesammelte Anspannung entlud sich in den Taten.
5
Am 13. Juni 2018 befuhr der Beschuldigte mit seinem Pkw eine Verbindungstrasse zwischen zwei Ortschaften. Als ihm in einer Entfernung von 200 bis 400 Metern der Geschädigte L. mit seinem Pkw VW-Touran, in dem sich auch dessen Ehefrau und zwei Kinder befanden, mit einer Geschwindigkeit von ca. 70 km/h entgegenkam, zog der Beschuldigte mit seinem Pkw auf dessen Fahrspur und fuhr frontal auf ihn zu. L. bremste daraufhin sein Fahr- zeug ab und lenkte es auf die Gegenfahrbahn. Der Beschuldigte wechselte nun auf seine Richtungsfahrbahn zurück, sodass beide Fahrzeuge wiederum frontal aufeinander zufuhren. Nachdem der Geschädigte wieder auf seine eigentliche Fahrspur zurückgewechselt war, lenkte der Beschuldigte seinen Pkw erneut auf die Gegenfahrbahn und fuhr mit ca. 70 km/h bewusst auf L. und seine Mitfahrer zu. Dieser deutete nun einen weiteren Spurwechsel nach links an, fuhr dann aber nach rechts, sodass ein Großteil seines Fahrzeuges auf das unbefestigte Bankett geriet. Nur dadurch gelang es ihm, einen Frontalzusammenstoß mit dem Fahrzeug des Beschuldigten zu verhindern. Die Entfernung zwischen beiden Fahrzeugen betrug zu diesem Zeitpunkt nur noch 20 bis 30 Meter.
6
Die Strafkammer meint, der Beschuldigte habe in Bezug auf alle vier Personen in dem entgegenkommenden Fahrzeug mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt, weil ein Zusammenstoß nur durch das Ausweichmanöver des Geschädigten verhindert worden sei und keine Situation vorgelegen habe, in der er auf ein Ausbleiben tödlicher Verletzungen vertrauen durfte.
7
b) Diese Erwägungen rechtfertigen die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes nicht.
8
aa) In rechtlicher Hinsicht ist ein bedingter Tötungsvorsatz gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt – Wissenselement – und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein – Willenselement. Beide Elemente sind umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen. Dabei ist es regelmäßig erforderlich, dass sich der Tatrichter auch mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivation und die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände mit in Betracht zieht (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2018 – 4 StR 158/17, NStZ 2018, 460, 461 f. mwN). Bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, ist zudem zu beachten, dass eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen kann, dass er auf einen guten Ausgang vertraut hat (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17, NJW 2018, 1621 Rn. 21 mwN). Soweit der Täter aufgrund seines Zustands Umstände verkennt, die jeder geistig Gesunde richtig erkannt hätte, wird die Annahme eines (natürlichen) Vorsatzes mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 63 StGB davon nicht berührt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 2014 – 5 StR 189/14 mwN).
9
bb) Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht. Die Strafkammer hat die Elemente des bedingten Tötungsvorsatzes nicht im Einzelnen geprüft. Eine Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Beschuldigten und den konkreten Tatumständen hat sie ebenfalls nicht vorgenommen. Schließlich hätte auch der Gesichtspunkt der Eigengefährdung erkennbar Berücksichtigung finden müssen. Soweit das Landgericht in der rechtlichen Wür- digung ausgeführt hat, dass es dem Beschuldigten „gerade auf einen Zusammenstoß angekommen sei“ (UA 18),fehlt dafür jeder Beleg. Auch steht diese Wendung nicht im Einklang mit der an anderer Stelle (UA 5) getroffenen Feststellung , wonach der Beschuldigte ein Rammen des Pkw des Geschädigten „zumindest billigend in Kauf“ genommen habe.
10
2. Soweit die Strafkammer im Fall III.2.d) neben einer Nötigung gemäß § 240 StGB auch von einer tateinheitlich begangenen vollendeten Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB ausgegangen ist, wird dies von den Urteilsgründen nicht getragen.
11
a) Nach den Feststellungen wechselte der Beschuldigte mit seinem Pkw im Verlauf seiner Fahrt ein weiteres Mal auf die Gegenfahrbahn und fuhr nunmehr frontal auf den Geschädigten S. zu, der ihm mit seinem Pkw VW-- Passat entgegenkam. Dabei nahm er zumindest billigend in Kauf, dass er das Fahrzeug des Geschädigten rammen und diesen dabei in die Gefahr des Todes oder einer erheblichen Verletzung bringen würde. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, vollzog der Geschädigte S. eine Vollbremsung bis zum Stillstand. Der Beschuldigte wechselte daraufhin wieder auf seine Fahrspur zurück und fuhr weiter.
12
b) Hieraus ergibt sich nicht, dass es infolge des Verhaltens des Beschuldigten zu einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert kam.
13
aa) Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr erfordert, dass durch eine der in den Nrn. 1-3 des § 315b Abs. 1 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist, die sich zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert verdichtet hat. Dabei muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Situation geführt haben, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiven nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sa- che im Sinne eines „Beinaheunfalls“ so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2018 – 4 StR 505/18, NJW 2019, 615, 616 mwN).
14
bb) Die Feststellungen verhalten sich nicht dazu, welcher Abstand zwischen dem Fahrzeug des Geschädigten und dem Fahrzeug des Beschuldigten bestand, als dieser wieder auf seine Fahrspur wechselte. Auch der Beweiswürdigung lässt sich dazu nichts Weiterführendes entnehmen. Soweit der Geschä- digte angegeben hat, dass der Beschuldigte ihm „kurz vor dem Zusammenstoß“ ausgewichen sei, reicht dies ohne nähere tatrichterliche Würdigung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. März 1995 – 4 StR 725/94, NJW 1995, 3131 f.) für den Beleg eines „Beinaheunfalls“ nicht aus.
15
2. Die aufgezeigten Rechtsfehler bei der rechtlichen Bewertung von zwei der vier Anlasstaten stellen die Gefährlichkeitsprognose gleichwohl nicht in Frage , sodass die Unterbringungsanordnung bestehen bleiben kann.
16
Die sachverständig beratene Strafkammer ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass von dem Beschuldigten aufgrund seiner Erkrankung mit einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades erhebliche Straftaten ähnlich den Anlasstaten zu erwarten sind (UA 20 f.), von denen sie zwei (Fälle III.2.a) und c) der Urteilsgründe) rechtsfehlerfrei als vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB) gewertet hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich dabei, dass die Strafkammer ihre Bestimmung des Gewichts der zu erwartenden Straftaten und deren Bewertung als erheblich zutreffend auf die objektive Gefährlichkeit der Anlasstaten (UA 22) und das äußere Tatbild gestützt hat. Der Senat vermag daher auszuschließen, dass sie bei einer Verneinung eines bedingten Tötungsvorsatzes im Fall III.2.a) der Urteilsgründe und einer Nichtannahme eines (weiteren) vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Fall III.2.d) der Urteilsgründe zu einer anderen Prognose gelangt wäre.

II.


17
Auch die Entziehung der Fahrerlaubnis, die Einziehung des Führerscheins und die Bestimmung der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach §§ 69, 69a Abs. 1, § 71 Abs. 2 StGB können bestehen bleiben. Zwar hat die Strafkammer bei der Bestimmung der Dauer der Sperrfrist auch darauf abgestellt, dass der Beschuldigte teilweise mit Tötungsvorsatz handelte. Der Senat kann aber ausschließen, dass ohne diese Erwägung auf eine kürzere Sperrfrist erkannt worden wäre. Denn die Strafkammer hat sich an der Festsetzung einer lebenslangen Sperrfrist gemäß § 69a Abs. 1 Satz 2 StGB nur deshalb gehindert gesehen, weil sie nicht auszuschließen vermochte, dass der Beschuldigte doch noch „vollständig austherapiert werden kann“. Dem ist zu entnehmen, dass sich das Landgericht bei seiner Entscheidung maßgeblich an dem Krankheitszustand des Beschuldigten orientiert hat.
Sost-Scheible Cierniak Bender Quentin Bartel

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 4 StR 255/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 4 StR 255/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Strafgesetzbuch - StGB | § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 69a Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis


(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß

Strafgesetzbuch - StGB | § 315b Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr


(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er 1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,2. Hindernisse bereitet oder3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,und dadurch Leib oder Leben

Strafgesetzbuch - StGB | § 71 Selbständige Anordnung


(1) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt kann das Gericht auch selbständig anordnen, wenn das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters undurchführbar ist. (2) D

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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 4 StR 255/19 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 158/17
vom
1. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässiger Tötung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:010318U4STR158.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. März 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Franke, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung –, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung – als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 2 der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Rechtsfolgenausspruch.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Die Jugendkammer hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Außerdem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von „weiteren“ zwei Jah- ren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision gegen die Annahme einer fahrlässigen Tötung im Fall II. 2 der Urteilsgründe und gegen den Rechtsfolgenausspruch. Das Rechtsmittel wird vom Generalbundesanwalt vertreten. Die unbeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten ist auf die Sachrüge gestützt. Die Rechtsmittel haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Am 13. Januar 2015 fuhr der Angeklagte auf der Bundesstraße 43 in Frankfurt am Main mit einem Pkw der Marke Audi, Typ A 3, sehr dicht auf das vorausfahrende Fahrzeug der Geschädigten B. auf, nachdem diese zuvor auf die Abbiegespur in Richtung Nied gewechselt war. Während des gesamten sich anschließenden Abbiegevorgangs versuchte er die Geschädigte verkehrswidrig über den Standstreifen zu überholen. Als die Geschädigte danach nach links abbiegen wollte, überholte sie der Angeklagte rechts, setzte sich vor sie, bremste sie aus und hielt an der Lichtzeichenanlage an. Sodann stiegen der Angeklagte und sein Beifahrer aus und begaben sich zu der in ihrem Fahrzeug sitzenden Geschädigten, die aus Angst sofort die Fahrzeugtüren verriegelte. Der Angeklagte beleidigte die Geschädigte mit den Worten „Hure“ und „Ich fick dich“. Anschließend stieg er mit seinem Begleiter wieder in sein Fahrzeug und entfernte sich.
4
2. Am Abend des 22. April 2015 gegen 22.25 Uhr befuhr der Angeklagte mit einem gemieteten Pkw der Marke BMW, Typ 530d, die Straße „Schwan- heimer Ufer“ in Frankfurt am Main in Fahrtrichtung Stadtmitte, um sich an einer Tankstelle mit seinen Freunden A. und Q. zu treffen. Den Anschnallgurt hatte er hinter seinem Rücken in das Gurtschloss gesteckt, sodass er unan- geschnallt war. Die Straße „Schwanheimer Ufer“ ist in diesem Bereich in der Fahrtrichtung des Angeklagten zweispurig ausgebaut; die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 km/h. In der Gegenrichtung ist die Straße dreispurig ausgebaut, wobei die linke Fahrspur zum Abbiegen auf die Auffahrt zur BAB A 5 dient und die stadteinwärts verlaufenden Fahrspuren an der späteren Unfallstelle kreuzt. Ca. 158 Meter vor der Unfallkreuzung befindet sich aus der Sicht des Angeklagten eine weitere (erste) Kreuzung. Beide sind mit Lichtzeichenanlagen versehen. Auf den jeweiligen Fahrspuren sind Detektoren in die Fahrbahn eingelassen, die sich in der Fahrtrichtung des Angeklagten jeweils 32 Meter vor der Haltelinie befinden.
5
Der Angeklagte befuhr mit seinem Fahrzeug die rechte Fahrspur und überholte kurz vor der Lichtzeichenanlage der ersten Kreuzung den auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Pkw der Marke Audi, Typ A 6, seiner Freunde A. und Q. . Anschließend missachtete er die Lichtzeichenanlage der ersten Kreuzung, die – wie der Angeklagte auch wahrnahm – seit dem Überfahren des zugehörigen Detektors Rotlicht zeigte und zuvor fünf Sekunden Gelblicht gezeigt hatte. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 142 km/h fuhr der Angeklagte sodann auf gerader Strecke auf der rechten Fahrspur weiter in Richtung der Unfallkreuzung. Deren Lichtzeichenanlage zeigte für den Angeklagten bereits seit sieben Sekunden Rotlicht, nachdem sie zuvor fünf Sekunden Gelblicht gezeigt hatte. Der Angeklagte passierte die Lichtzeichenanlage unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bei Rotlicht, was er auch wahrnahm. Anschließend stieß er mit dem Pkw der Marke Audi, Typ A 4, des Geschädigten H. zusammen, der aus der Gegenrichtung kommend bei Grünlicht in Richtung der Autobahnauffahrt abbiegend losgefahren war und vorfahrtsberechtigt die Fahrbahn des Angeklagten kreuzte. Dabei fuhr der Angeklagte mit einer Geschwindigkeit von ca. 142 km/h ungebremst in die rechte Seite des Fahrzeugs des Geschädigten, der noch an der Unfallstelle seinen dadurch erlittenen Verletzungen erlag. Sein Fahrzeug wurde vollständig zerstört. Der Angeklagte wurde bei dem Unfall nur leicht verletzt.
6
Dem Angeklagten war beim Passieren der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage an der Unfallkreuzung und beim Einfahren in den Kreuzungsbereich zwar bewusst, dass möglicherweise vorfahrtsberechtigter Verkehr in die Unfallkreuzung einfahren könnte. Er vertraute aber aufgrund des wenigen Verkehrs sowie seiner hohen Geschwindigkeit fest darauf, dass es ihm gelingen würde, die Kreuzung vor Einfahren eines möglichen Kreuzungsverkehrs bereits geräumt zu haben. Das Herannahen des Fahrzeugs des Geschädigten H. nahm er aufgrund der räumlichen Verhältnisse bis zu dessen unmittelbaren Einfahren in den Kreuzungsbereich nicht wahr.
7
3. Die Jugendkammer hat die unter II. 1 der Urteilsgründe festgestellte Tat als Nötigung (§ 240 StGB) in Tateinheit mit Beleidigung (§ 185 StGB) gewertet. Wegen der unter II. 2 festgestellten Tat hat sich der Angeklagte nach Meinung des Landgerichts der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB) schuldig gemacht.

II.


8
Die auf die Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs im Fall II. 2 der Urteilsgründe und den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
9
1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf die Verurteilung im Fall II. 2 der Urteilsgründe und den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
10
a) Ob der Rechtsmittelführer nur einzelne abtrennbare Teile eines Urteils angreifen will, ist eine Frage, die im Zweifelsfall im Wege der Auslegung seiner Rechtsmittelerklärungen zu beantworten ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 365 [zu § 318 StPO]). Dabei kann die Auslegung der Revisionsbegründung auch bei einem unbeschränkten Revisionsantrag eindeutig zu dem Ergebnis führen, dass der Beschwerdeführer – im Widerspruch zu seinem Antrag – bestimmte Urteilsteile von seinem Rechtsmittelangriff ausnehmen will. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Beschwerdeführer um die Staatsanwaltschaft handelt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; vom 7. August 1997 – 1 StR 319/97, NStZ 1998, 210).
11
b) Zwar hat die Staatsanwaltschaft die uneingeschränkte Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt. Die Auslegung ihrer Revisionsbegründung ergibt aber, dass lediglich die Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung u.a. im Fall II. 2 der Urteilsgründe und der Rechtsfolgenausspruch angegriffen werden.
Die von der Beschwerdeführerin zum Schuldspruch erhobenen Einzelbeanstandungen betreffen ausschließlich die Annahme einer fahrlässigen Tötung im Fall II. 2 der Urteilsgründe und die damit verbundene Verneinung eines bedingten Tötungsvorsatzes. Außerdem wird beanstandet, dass eine rechtskräftige Vorverurteilung bei der Prüfung schädlicher Neigungen unberücksichtigt geblieben und in Bezug hierauf eine Einbeziehung nach § 31 Abs. 2 und 3 JGG nicht geprüft worden sei. Gegen den Schuldspruch wegen Nötigung und Beleidigung im Fall II. 1 der Urteilsgründe werden hingegen keine Einwendungen erhoben. Diese Beschränkung der Revision ist auch wirksam; es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung zwischen beiden Schuldsprüchen ergeben könnte. Die Maßregelanordnung ist, obgleich auch sie nicht ausdrücklich beanstandet worden ist, vom Rechtsmittelangriff umfasst, weil sie an die Verurteilung im Fall II. 2 der Urteilsgründe anknüpft.
12
2. Die Erwägungen, mit denen die Jugendkammer im Fall II. 2 der Urteilsgründe die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes verneint und bewusste Fahrlässigkeit bejaht hat, halten auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsumfangs (vgl. BGH, Urteile vom 12. Januar 2017 – 1 StR 360/16, juris Rn. 10; vom 18. September 2008 – 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401, 403; vom 20. Juni 2013 – 4 StR 159/13, juris Rn. 19) einer Überprüfung nicht stand.
13
a) In rechtlicher Hinsicht ist ein bedingter Tötungsvorsatz gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt – Wissenselement – und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein – Willenselement – (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 – 3 StR 172/17, NStZ 2018, 37, 38; vom 8. Dezember 2016 – 1 StR 351/16, NStZ 2017, 277, 279; vom 7. Juli 2016 – 4 StR 558/15, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 67; vom 14. August 2014 – 4 StR 163/14, NJW 2014, 3382, 3383; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186; jeweils mwN). Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 2016 – 4 StR 72/15, NStZ 2016, 211, 215; vom 30. April 2014 – 2 StR 383/13, StV 2015, 300, 301; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186; vom 16. Oktober 2008 – 4 StR 369/08, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 63).
14
b) Ob der Täter nach diesen rechtlichen Maßstäben bedingt vorsätzlich gehandelt hat, ist in Bezug auf beide Elemente im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juli 2016 – 4 StR 558/15, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 67; vom 16. September 2015 – 2 StR 483/14, NStZ 2016, 25, 26).
15
Die Prüfung, ob Vorsatz oder (bewusste) Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivation und die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in Betracht zieht (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79, 80; vom 18. Oktober 2007 – 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 f.; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186 f.). Dabei ist die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Vorsatzes (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79, 80; vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13, NStZ-RR 2013, 242, 243; Beschluss vom 26. April 2016 – 2 StR 484/14, NStZ 2017, 22, 23). Die Gefährlichkeit der Tathandlung und der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts sind jedoch keine allein maßgeblichen Kriterien für die Entscheidung, ob ein Angeklagter mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat; vielmehr kommt es auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1986 – 2 StR 311/86, BGHR StGB § 15 Vorsatz,bedingter 1 – Willenselement; Beschluss vom 7. März 2006 – 4 StR 25/06, NStZ 2006, 446). Dabei hat der Tatrichter die im Einzelfall in Betracht kommenden, einen Vorsatz in Frage stellenden Umstände in seine Erwägungen einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2014 – 2 StR 54/14, NStZ 2015, 516, 517; Beschluss vom 10. Juli 2007 – 3 StR 233/07, NStZ-RR 2007, 307; Beschluss vom 27. August 2013 – 2 StR 148/13, NStZ 2014, 35).
16
Ein wesentlicher vorsatzkritischer Gesichtspunkt ist in Fällen, in denen dies – wie hier – naheliegt, die Eigengefährdung des Täters. Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Zwar gibt es keine Regel, wonach es einem Tötungsvorsatz entgegensteht, dass mit der Vornahme einer fremdgefährdenden Handlung auch eine Eigengefährdung einhergeht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 – 4 StR 162/00, NStZ 2000, 583, 584; Urteil vom 20. Dezember 1968 – 4 StR 489/68, VerkMitt 1969, Nr. 44). Bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, kann aber eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen, dass er auf einen guten Ausgang vertraut hat (vgl. BayObLG, NJW 1955, 1448, 1449 für den alkoholisierten Autofahrer; Roxin, AT I, 4. Aufl., § 12 Rn. 23 ff.; ders., FS Rudolphi, 2004, 243, 255; Frisch, Vorsatz und Risiko, 1983, S. 219; Jäger, JA 2017, 786, 788; Walter, NJW 2017, 1350 f.). Dementsprechend muss sich der Tatrichter beim Vorliegen einer solchen Konstellation einzelfallbezogen damit auseinandersetzen, ob und in welchem Umfang aus Sicht des Täters aufgrund seines Verhaltens eine Gefahr (auch) für seine eigene körperliche Integrität drohte. Hierfür können sich wesentliche Indizien aus den objektiven Tatumständen ergeben, namentlich dem täterseitig genutzten Verkehrsmittel und den konkret drohenden Unfallszenarien. So kann es sich etwa unterschiedlich auf das Vorstellungsbild des Täters zu seiner Eigengefährdung auswirken, ob er sich selbst in einem Pkw oder auf einem Motorrad befindet und ob Kollisionen mit Fußgängern oder Radfahrern oder mit anderen Pkw oder gar Lkw drohen.
17
c) Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht in jeder Hinsicht gerecht.
18
aa) Die Jugendkammer hat mit Rücksicht auf die äußerst riskante Fahr- weise des Angeklagten das Wissenselement des bedingten Vorsatzes „unproblematisch“ als gegeben erachtet. Vom Vorliegen auch des Willenselementes hat sie sich trotz des „extrem rücksichtslosen“ Verhaltens (Passieren von zwei Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlagen, deutlich überhöhte Geschwindigkeit, sieben Sekunden Rotlicht an der Unfallkreuzung) jedoch nicht zu überzeugen vermocht. Für ein ernsthaftes Vertrauen des Angeklagten in das Ausbleiben einer Kollision mit tödlichem Ausgang spreche neben anderen Umständen (geringes Verkehrsaufkommen, keine Sicht auf den herannahenden Geschädigten, zur Unterschätzung von Gefahren und zur Überschätzung der eigenen Fähigkeiten neigende „Raserpersönlichkeit“), dass er nicht angeschnallt gewesen sei. Da der genaue Verlauf einer abstrakt für möglich gehaltenen Kollision für ihn nicht abschätzbar gewesen sei, hätte der Angeklagte bei Billigung einer Kollision mit tödlichen Folgen für einen der Unfallbeteiligten „zwangsläufig“ auch seinen eigenen Tod billigend in Kauf genommen, insbesondere da die Gefährlichkeit für ihn selbst aufgrund des Nichtanlegens des Anschnallgurtes gegenüber einem angeschnallten Fahrzeugführer noch einmal deutlich erhöht gewesen sei. Dass der Angeklagte seinen eigenen Tod in Kauf genommen habe, sei aber auszuschließen.
19
bb) Damit hat die Strafkammer zwar die dem Angeklagten drohende Gefahr für seine eigene körperliche Integrität zutreffend als vorsatzkritischen Umstand in ihre Betrachtung einbezogen. Die hierzu angestellten Erwägungen greifen aber zu kurz, weil sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, welche konkreten Unfallszenarien der Angeklagte, der den Tod anderer als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkannte (Wissenselement des bedingten Vorsatzes), tatsächlich im Blick hatte. Damit fehlt es für die Annahme , der Angeklagte hätte bei Billigung einer Kollision mit tödlichen Folgen für einen der Unfallbeteiligten „zwangsläufig“ auch seinen eigenen Tod billigend in Kauf genommen – trotz des zu Recht herangezogenen Aspekts des Nichtangeschnalltseins – an einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Eine generelle Regel, wonach bei Fahrzeugkollisionen im Straßenverkehr die Risiken unter den Insassen der beteiligten Fahrzeuge nahezu gleichmäßig verteilt sind und deshalb die Inkaufnahme tödlicher Folgen für andere Unfallbeteiligte notwendig die Billigung eines entsprechenden Eigenrisikos einschließt, besteht in dieser Allgemeinheit nicht. Der Umstand, dass der Geschädigte infolge der Kollision noch an der Unfallstelle verstarb, während der Angeklagte weit gehend unverletzt blieb, spricht dagegen.
20
d) Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Aufhebung betrifft auch die tateinheitliche Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB und zieht die Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs nach sich.
21
3. Dessen ungeachtet, erweist sich der Strafausspruch auch für sich genommen als rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht bei der Erörterung schädlicher Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 JGG die nach den verfahrensgegenständlichen Taten ergangene rechtskräftige Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom 6. Juli 2016 nicht in Betracht gezogen und eine Einbeziehung dieses Urteils gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, § 32 Satz 1 i.V.m. § 105 JGG nicht geprüft hat.
22
a) Das Landgericht hat die Verhängung der Jugendstrafe nur auf die Schwere der Schuld gestützt, bei dem Angeklagten jedoch keine schädlichen Neigungen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 JGG festzustellen vermocht. Dabei hat es neben den verfahrensgegenständlichen Taten lediglich die Vorahndungen aus den Jahren 2010 bis 2013 in seine Erwägung einbezogen. Damit hat die Strafkammer die Feststellungen nicht ausgeschöpft. Schädliche Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 JGG sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie müssen auch noch zum Urteilszeitpunkt bestehen und weitere Straftaten befürchten lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2016 – 3 StR 78/16, NStZ 2016, 682; Beschluss vom 17. Juli 2012 – 3 StR 238/12, NStZ 2013, 287; Beschluss vom 10. März 1992 – 1 StR 105/92, BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schädliche Neigungen 5 mwN). Wird der Täter nach der verfahrensgegenständlichen Tat zeitnah erneut straffällig, kann dies sowohl ein Indiz für be- reits im Tatzeitpunkt entwickelte Persönlichkeitsmängel, als auch für deren Fortbestand sein und deshalb für die Annahme schädlicher Neigungen sprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 5 StR 55/09, NStZ 2010, 280, 281; weitere Nachweise bei Radtke in: MünchKomm. z. StGB, 3. Aufl., § 17 JGG Rn. 42 ff.). Das Landgericht hätte sich an dieser Stelle daher auch damit auseinandersetzen müssen, dass der Angeklagte am 12. Juli 2015 einen Diebstahl „im besonders schweren Fall“ beging, wofür er am 6. Juli 2016 vom Amtsgericht Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – verurteilt wurde.
23
b) Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom 6. Juli 2016 kam zudem auch für eine Einbeziehung gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, § 32 Satz 1 i.V.m. § 105 JGG in Betracht. Die Tatsache, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der dort abgeurteilten Tat das 21. Lebensjahr bereits vollendet hatte, steht dem nicht entgegen.
24
aa) Nach der Rechtsprechung kann in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 2 Satz 1, § 32 Satz 1 i.V.m. § 105 Abs. 2 JGG in eine einheitliche Jugendstrafe auch eine rechtskräftige und noch nicht erledigte Verurteilung zu Freiheitsstrafe einbezogen werden, die wegen einer Tat verhängt worden ist, die der Angeklagte als Erwachsener begangen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 – 4 StR 139/12 [insoweit in NStZ 2013, 36 nicht abgedruckt]; vom 21. Dezember 2011 – 4 StR 596/11, juris Rn. 2; vom 12. Dezember2001 – 4 StR 474/01; vom 23. November 1993 – 5 StR 573/93, BGHSt 40, 1; Urteil vom 2. Mai 1990 – 2 StR 64/90, BGHSt 37, 34, 35 ff.; Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl., § 105 Rn. 39; Eisenberg, JGG, 19. Aufl., § 105 Rn. 44 mwN; krit. Laue in: MünchKomm. z. StGB, 3. Aufl., § 105 JGG Rn. 47). Voraussetzung dafür ist, dass eine oder mehrere noch im Heranwachsendenalter begangene Tat(en) zur Aburteilung anstehen, auf die gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden wäre und eine zusammenfassende, die Erwachsenenstraftat einbeziehende Bewertung ergibt, dass das Schwergewicht im Sinne des § 32 Satz 1 JGG bei den nach Jugendstrafrecht zu beurteilenden Tat(en) liegt und deshalb einheitlich Jugendstrafrecht gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 5 StR 573/93, BGHSt 40, 1 = NStZ 1994, 132 f. mit Ausführungen zur Prüfungsreihenfolge [insoweit in BGHSt 40, 1 nicht abgedruckt ]; Urteil vom 2. Mai 1990 – 2 StR 64/90, BGHSt 37, 34, 35 ff.). Liegt das Schwergewicht dagegen bei der Erwachsenenstraftat, ist entsprechend § 32 Satz 2 i.V.m. § 105 Abs. 2 JGG einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 5 StR 573/93, BGHSt 40, 1, 2). Schließlich kann die Jugendkammer aber auch nach § 31 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 105 Abs. 2 JGG von einer Einbeziehung absehen, wenn dies aus erzieherischen Gründen zweckmäßig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 5 StR 573/93, BGHSt 40, 1, 2).
25
bb) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass auf die von dem Angeklagten im Heranwachsendenalter begangenen abzuurteilenden Straftaten gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Es hat sich jedoch zu der Frage einer möglichen Einbeziehung des rechtskräftigen und ersichtlich noch nicht erledigten Urteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom 6. Juli 2016 nicht verhalten. Der Strafausspruch muss daher auch aus diesem Grunde aufgehoben werden.

III.


26
Die Revision des Angeklagten hat in Bezug auf den Strafausspruch nur insoweit Erfolg, als die Jugendkammer – wie dargelegt – eine Einbeziehung des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom 6. Juli 2016 nicht geprüft hat. Dadurch kann der Angeklagte auch beschwert sein. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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21
aa) In Fällen einer naheliegenden Eigengefährdung des Täters – wie hier – ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Zwar gibt es keine Regel, wonach es einem Tötungsvorsatz entgegensteht, dass mit der Vornahme einer fremdgefährdenden Handlung auch eine Eigengefährdung einhergeht (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juni 2000 – 4 StR 162/00, NStZ 2000, 583, 584; vom 20. Dezember 1968 – 4 StR 489/68, VerkMitt 1969, Nr. 44). Bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, kann aber eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen, dass er auf einen guten Ausgang vertraut hat (vgl. BayObLG, NJW 1955, 1448, 1449 für den alkoholisierten Autofahrer; Roxin, AT I, 4. Aufl., § 12 Rn. 23 ff.; ders., FS Rudolphi, 2004, 243, 255; Frisch, Vorsatz und Risiko, 1983, S. 219; Jäger, JA 2017, 786, 788; Walter, NJW 2017, 1350 f.). Dementsprechend muss sich der Tatrichter beim Vorliegen einer solchen Konstellation einzelfallbezogen damit auseinandersetzen, ob und in welchem Umfang aus Sicht des Täters aufgrund seines Verhaltens eine Gefahr (auch) für seine eigene körperliche Integrität drohte. Hierfür können sich wesentliche Indizien aus den objektiven Tatumständen ergeben, namentlich dem täterseitig genutzten Verkehrsmittel und den konkret drohenden Unfallszenarien. So kann es sich etwa unterschiedlich auf das Vorstellungsbild des Täters zu seiner Eigengefährdung auswirken, ob er sich selbst in einem Pkw oder auf einem Motorrad befindet und ob Kollisionen mit Fußgängern oder Radfahrern oder mit anderen Pkw oder gar Lkw drohen.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 189/14
vom
18. Juni 2014
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juni 2014 beschlossen:
Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8. August 2013 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es den natürlichen Tatvorsatz nicht berührt, wenn der Täter infolge seines Zustands Tatsachen verkennt, die jeder geistig Gesunde richtig erkannt hätte (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1952 – 1 StR 510/52, BGHSt 3, 287; Beschluss vom 24. Juni 2008 – 3 StR 222/08, NStZ-RR 2008, 334; Schöck in LK, 12. Aufl., § 63 Rn. 43 ff.). Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 63 StGB reicht es zur Bejahung des voluntativen Vorsatzelements aus, dass es dem Beschuldigten – zurAbwehr vermeintlicher Feinde – darauf ankam, das Feuer zu legen, das leicht auf wesentliche Gebäudeteile hätte überspringen können.
Basdorf Sander Schneider König Bellay

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 505/18
vom
5. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:051218B4STR505.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 5. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 25. Juli 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verurteilt worden ist;
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und eine Anrechnungsentscheidung getroffen. Seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen stellte sich der Angeklagte am Abend des 2. Januar 2018 gegen 21.20 Uhr auf einem Bahnsteig drohend vor den dort wartenden Geschädigten R. und verlangte von ihm Geld. Dabei hielt er eine 40 cm lange Axt schlagbereit in der rechten Hand, um seine Drohung zu bekräftigen. Der Geschädigte verstand die Aufforderung des Angeklagten zutreffend so, dass dieser ihn mit der Axt verletzen würde, wenn er ihm kein Geld gebe und warf Geldscheine in einem Wert von 25 Euro vor dem Angeklagten zu Boden. Dieser nahm die Geldscheine an sich.
3
Gegen 21.40 Uhr desselben Tages legte der Angeklagte sein Fahrrad in einem Waldstück auf eine unbeleuchtete Straße, um ein Hindernis für Kraftfahrer zu bereiten und diese zu veranlassen, deswegen anzuhalten. Sein Ziel war es, die Insassen zum Verlassen des Fahrzeugs zu veranlassen, um mit diesem dann davonzufahren. In der Nähe des Hindernisses verbarg er sich mit seiner Axt. Gegen 21.40 Uhr erreichte die Geschädigte I. mit ihrem Pkw Opel Corsa (Wert: mindestens 3.000 Euro) in Begleitung des Zeugen E. die Stelle, an der der Angeklagte das Fahrrad platziert hatte. Es regnete stark und es herrschte nur geringfügiger Fahrzeugverkehr. Die Geschädigte I. bemerkte plötzlich, dass sich ein Hindernis auf der Fahrbahn befand und leitete eine Vollbremsung ein. Der Bremsweg war aber zu kurz, sodass sie mit ihrem Fahrzeug an das Fahrrad stieß. Unmittelbar nachdem das Fahrzeug zum Stehen gekommen war, während der Motor noch lief und die Geschädigte das Bremspedal betätigte, begab sich der Angeklagte an die Beifahrerseite und schlug mit seiner Axt wuchtig gegen die B-Säule. Gleich darauf schlug er ein weiteres Mal in die Scheibe der Beifahrertür, die dadurch zersprang. Dabei schrie er: „Aussteigen!“ Unmittelbar danach führte der Angeklagte einen weiteren Schlag mit der Axt ins Fahrzeuginnere. Dabei traf er den Geschädigten E. am Arm und fügte ihm eine Schnittverletzung zu, was der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm. Der Geschädigte E. wollte dem Angeklagten das Fahrzeug nicht überlassen. Er stieg deshalb aus und schrie den Angeklagten an, der daraufhin die Flucht ergriff.
4
Das Landgericht hat die Tat zum Nachteil des Geschädigten R. als besonders schwere räuberische Erpressung und das Vorgehen gegen die Geschädigten I. und E. als räuberischen Angriff auf einen Kraftfahrer in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gewertet. Es hat weiter angenommen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei beiden Taten aufgrund einer krankhaften seelischen Störung im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert gewesen sei und von ihm aufgrund dieser Störung weitere erhebliche rechtswidrige Taten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten seien.

II.


5
Die Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
6
1. Der Schuldspruch wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB kann nicht bestehen bleiben, weil die Feststellungen weder eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen, noch für fremde Sachen von bedeutendem Wert belegen. Auch der erforderliche Gefährdungsvorsatz ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
7
a) Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr erfordert, dass durch eine der in den Nummern 1 bis 3 des § 315b Abs. 1 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist, die sich zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert verdichtet hat. Dabei muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Situation geführt haben, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiven nachträg- lichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache im Sinne eines „Beinaheunfalls“ so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 – 4 StR 334/17, Rn. 4; Beschluss vom 4. September 1995 – 4 StR 471/95, NZV 1996, 37; Beschluss vom 15. Februar 1963 – 4 StR 404/62, BGHSt 18, 271, 272 f.). Die Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert ist dabei nicht schon dann gegeben, wenn eine werthaltige Sache in einer solchen Weise gefährdet worden ist. Vielmehr ist auch erforderlich, dass ein bedeutender Schaden gedroht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 2011 – 4 StR 22/11, Rn. 5; Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289 mwN). Dessen Höhe ist nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215; Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289 mwN).
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Die Urteilsgründe belegen nicht, dass Leib oder Leben der Geschädigten I. und E. in einer diesen Vorgaben entsprechenden Weise konkret gefährdet waren. Die Feststellung, dass die Geschädigte I. eine Vollbremsung einleiten musste und es zu einem Anstoß an das als Hindernis ausgelegte Fahrrad kam, reicht dafür nicht aus. Angaben zu der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit enthält das Urteil nicht. Ob die konkrete Gefahr einer Fehlreaktion der Zeugin I. und eines dadurch bedingten Abkommens von der Fahrbahn bestand, lässt sich den Urteilsgründen ebenfalls nicht entnehmen. Für die Annahme eines drohenden bedeutenden Sachschadens fehlt es an den erforderlichen Angaben zu dem zu erwartenden Schadensbild, das mit dem entstandenen Schaden nicht identisch sein muss, und dessen Bewertung. Die bloße Angabe des Fahrzeugwertes ist dafür nicht ausreichend.
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b) In subjektiver Hinsicht setzt § 315b Abs. 1 StGB bei einem sog. Außeneingriff lediglich voraus, dass die Herbeiführung der konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert vom Vorsatz des Täters umfasst war (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar2003 – 4 StR 228/02, BGHSt 48, 233, 237; Urteil vom 31. August 1995 – 4 StR 283/95, BGHSt 41, 231, 239). Dabei ist ein bedingter Vorsatz ausreichend, sodass bereits vorsätzlich handelt, wer die Umstände kennt, die zu der bestimmten Gefährdung geführt haben und den Eintritt der daraus folgenden (konkreten ) Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nimmt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1967 – 4 StR 441/67, BGHSt 22, 67, 74; Ernemann in SSW-StGB, 4. Aufl., § 315b Rn. 18).
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Die Urteilsgründe verhalten sich nicht dazu, welches Vorstellungsbild der Angeklagte hatte, als er das Fahrrad auf die Straße legte. Die Feststellung, dass es ihm darum ging, Kraftfahrer zum Anhalten zu veranlassen, um deren Fahrzeug an sich zu bringen, deutet – für sich genommen – nicht auf einen Gefährdungsvorsatz hin.
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c) Die Aufhebung betrifft auch den tateinheitlich und in Bezug auf die Geschädigte I. rechtsfehlerfrei erfolgten Schuldspruch wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer gemäß § 316a Abs. 1 StGB (zur Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs im Hinblick auf den Geschädigten E. als Mitfahrer vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2004 – 4 StR 53/04, VRS 107, 38, 40; Ernemann in SSW-StGB, 4. Aufl., § 316a Rn. 15 mwN). Damit verliert auch der Gesamtstrafenausspruch seine Grundlage. Der Senat hebt auch die für die besonders schwere räuberische Erpressung verhängte Einzelstrafe mit auf, um dem neuen Tatrichter eine einheitliche Strafbemessung zu ermöglichen.
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2. Die Maßregelanordnung nach § 63 StGB kann nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht seine Annahme, der Angeklagte habe beide Taten im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen , nicht rechtsfehlerfrei begründet hat.
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a) Bei der Frage, ob sich ein medizinisch-psychiatrischer Befund in der Tatsituation „erheblich“ auf das Steuerungsvermögen im Sinne des § 21 StGB ausgewirkt hat, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die das Gericht in eigener Verantwortung und ohne Bindung an die Ausführungen des Sachverständigen zu entscheiden hat. Zu beurteilen ist, ob der Täter defektbedingt motivatorischen und situativen Tatanreizen wesentlich weniger Widerstand entgegensetzen konnte als ein Durchschnittsbürger (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2012 – 1 StR 15/12, NStZ 2013, 53 Rn. 25; Urteil vom 19. Oktober 2011 – 2 StR 172/11 Rn. 4; Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221 Rn. 15 ff. mwN). Hierzu bedarf es einer konkretisierenden und widerspruchsfreien Darlegung, aus der sich ergibt, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 11. April 2018 – 4 StR 446/17 Rn. 7; Beschluss vom 28. Januar 2016 – 3 StR 521/15, NStZ-RR 2016, 135, 136; Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 417/12, NStZ-RR 2013, 145, 146 mwN).
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b) Den sich daraus ergebenden Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
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Die sachverständig beratene Strafkammer hat angenommen, dass der Angeklagte an einer krankhaften seelischen Störung in Form einer „atypischen Schizophrenie gepaart mit einer posttraumatischen Belastungsstörung“ (UA 12) leide. Aufgrund dessen habe er sich „allgemein vor Verfolgern gefürchtet“ (UA 14) und sei davon überzeugt gewesen, dass er fliehen müsse. Seine Flucht habe er sich mit dem erbeuteten Geld und dem Fahrzeug erleichtern wollen. Dabei sei seine Einsichtsfähigkeit voll erhalten und seine Steuerungsfähigkeit zwar beeinträchtigt, aber nicht aufgehoben gewesen. Denn der Angeklagte habe die Situationen jeweils erkannt und adäquat gehandelt. Seine Taten hätten eine rationale Vorplanung und ein überlegtes Verhalten gefordert, wozu er in der Lage gewesen sei. Äußerliche Zeichen einer Verwirrtheit hätten sich nicht ergeben (UA 13/14).
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Damit hat das Landgericht zwar begründet, warum es nicht von einer Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgegangen ist. Dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB sicher erheblich vermindert war, hat es dagegen nicht dargelegt. Hierzu wären aber gerade mit Rücksicht auf das festgestellte „rationale und überlegte Verhalten“ (UA 14) des Angeklagten nähere Ausführungen erforderlich gewesen. Die Feststellung, dass die Tatmotivation des Angeklagten psychotisch beeinflusst war, begründet für sich genommen noch nicht, dass er den sich daraus ergebenden Tatanreizen wesentlich weniger Widerstand entgegensetzen konnte als ein Durchschnittsbürger.
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c) Damit bedarf auch der Maßregelausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird – mit Blick auf das atypische Krankheitsbild gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen – dabei Gelegenheit haben, auch das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung näher darzulegen (zum mehrstufigen Prüfungsaufbau vgl. BGH, Beschluss vom 11. April 2018 – 4 StR 446/17 Rn. 7 mwN).

III.


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Die weitere Überprüfung des Urteils hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Seine Täterschaft bei der Tat zum Nachteil des Geschädigten R. wird – trotz der knappen Darlegung des Ergebnisses der Wahllichtbildvorlagen – durch den Gesamtzusam- menhang der Urteilsgründe noch belegt. Dass der neue Tatrichter insoweit noch zu einer Schuldunfähigkeit des Angeklagten gelangen könnte, schließt der Senat aus.
Sost-Scheible Cierniak Bender
Quentin Bartel

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt kann das Gericht auch selbständig anordnen, wenn das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters undurchführbar ist.

(2) Dasselbe gilt für die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Berufsverbot.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.