Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2019 - 4 StR 317/19

bei uns veröffentlicht am28.08.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 317/19
vom
28. August 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:280819B4STR317.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag – und mit Zustimmung – des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357, § 154a Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle (Saale) vom 6. Februar 2019 wird
a) die Strafverfolgung auf den Vorwurf des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Schlagrings und unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe beschränkt;
b) das vorbezeichnete Urteil aa) im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass der Angeklagte des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Schlagrings und unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe schuldig ist; bb) im Ausspruch über die Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel, Betäubungsmittelutensilien und Waffen, auch soweit es die Mitangeklagte S. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge „in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollstrecken ist. Außerdem hat es die Einziehung eines sichergestellten Geldbetrages in Höhe von 2.395 Euro und der „in diesem Verfahren ausweislich der Sicherstellungsprotokolle vom 24. Mai 2018 (…) sichergestellten Betäubungsmittel , Betäubungsmittelutensilien und Waffen (vgl. laufende Nr. IV 4. bis 21. der Anklageschrift)“ angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Verfolgungsbeschränkung und – insoweit auch zugunsten der nicht revidierenden Mitangeklagten S. – zur Aufhebung der Entscheidung über die Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel, Betäubungsmittelutensilien und Waffen. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Senat hat die Strafverfolgung aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen mit Zustimmung des Generalbundesanwalts auf den Vorwurf des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Schlagrings und unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe nach § 154a Abs. 2 StPO beschränkt.
3
2. Im Übrigen weisen der Schuld- und Strafausspruch, die Maßregelanordnung und die auf § 73a Abs. 1 StGB gestützte Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 2.395 Euro keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
4
a) Anhaltspunkte für eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation, die ausnahmsweise ein Verfahrenshindernis nach sich ziehen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2015 – 1 StR 128/15, BGHSt 60, 238, Rn. 5 ff. mwN), haben sich weder aus den Urteilsgründen noch aus den Ermittlungsakten ergeben. Eine hierauf bezogene Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
5
b) Auch vermag der Senat auszuschließen, dass die Strafkammer ohne den durch die Verfolgungsbeschränkung ausgeschiedenen waffenrechtlichen Verstoß (unerlaubter Besitz eines als Taschenlampe getarnten Elektroimpulsgerätes ) auf eine mildere Strafe erkannt hätte. Denn dieser Umstand hat bei der Strafzumessung keine Erwähnung gefunden.
6
c) Die Verfolgungsbeschränkung zieht die aus der Beschlussformel ersichtliche Änderung des Schuldspruchs nach sich. Der Tenor ist entsprechend den Erfordernissen der Rechtsprechung zur genauen Bezeichnung der Tatbe- stände nach dem Waffengesetz neu gefasst (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 2016 – 4 StR 116/16).
7
3. Dagegen kann die Anordnung der Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel , Betäubungsmittelutensilien und Waffen nicht bestehen bleiben.
8
a) Grundsätzlich sind die einzuziehenden Gegenstände im Urteilstenor konkret zu bezeichnen, um Klarheit über den Umfang der Einziehung für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde zu schaffen und eine ordnungsgemäße Vollstreckung zu ermöglichen. Eine Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis oder Sicherstellungsprotokolle genügt nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 – 4 StR 216/10, Rn. 5).
9
b) Diesen Anforderungen wird die auf nicht näher bezeichnete Betäubungsmittel , Betäubungsmittelutensilien und Waffen gerichtete Einziehungsanordnung , in der auf Sicherstellungsprotokolle und die Anklage Bezug genommen wird, nicht gerecht. Sie lässt sich auch nicht anhand der Urteilsgründe so konkretisieren, dass sie vom Senat ergänzt werden könnte. So ist bereits unklar , welche in den Urteilsgründen beschriebenen sichergestellten Gegenstände als Betäubungsmittelutensilien gelten sollen und inwieweit etwa auch Transportmittel (Rucksäcke etc.) von der Einziehung betroffen sind.
10
Da die Einziehungsanordnung insoweit auch die nicht revidierende Mitangeklagte S. betrifft, war die Aufhebung auf sie zu erstrecken (§ 357 Satz 1 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Quentin Feilcke Paul

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2019 - 4 StR 317/19

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

5
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet ein aus einer solchen Tatprovokation folgender Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) grundsätzlich kein Verfahrenshindernis (BGH, Urteile vom 23. Mai 1984 – 1 StR 148/84, BGHSt 32, 345, 350 ff.; vom 18. November 1999 – 1 StR 221/99, BGHSt 45, 321, 324 ff.; vom 11. Dezember 2013 – 5 StR 240/13, NStZ 2014, 277, 280 Rn. 37 mwN; vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14 Rn. 7; siehe auch BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 2 BvR 209/14 u.a. Rn. 34).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 116/16
vom
7. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Juni 2016 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen
vom 27. November 2015 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen
, dass der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit
mit unerlaubtem Führen eines Butterflymessers schuldig ist
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die
dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2016:070616B4STR116.16.0

Ergänzend bemerkt der Senat:
Zur gebotenen genauen Bezeichnung des verwirklichten Straftatbestandes nach dem Waffengesetz hat der Senat den Schuldspruch klargestellt. Ein tateinheitlich verwirklichter Besitz des Butterflymessers ist entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts durch die Feststellungen nicht belegt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2009 – 3 StR 226/09, BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 2).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke Mutzbauer Bender
5
2. Zu den Einziehungs- und Verfallanordnungen hat der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 6. Mai 2010 ausgeführt: "1. Die Einziehungsanordnung, die lediglich auf zwei Sicherstellungsprotokolle verweist, bezeichnet die einzuziehenden Betäubungsmittel und Betäubungsmittelutensilien nicht genau genug. Bei einer Einziehungsanordnung müssen die einzuziehenden Gegenstände so genau bezeichnet sein, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis genügt nicht (BGH, Beschluss vom 25. August 2009, 3 StR 291/09 m.w.N.). Bei der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu insbesondere die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts (Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1999, 4 StR 391/99). Diesen Anforderungen wird die Einziehungsanordnung des Urteils nicht gerecht. Da sich die Anordnung auch mit Hilfe der Urteilsgründe nicht so genau konkretisieren lässt, dass sie vom Senat ergänzt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2007, 1 StR 251/07), ist sie aufzuheben. 2. In der Wohnung des Angeklagten wurde Bargeld in Höhe von 8.895,- Euro sichergestellt (UA S. 6), welches nach Ansicht der Kammer aus Drogengeschäften stammt (UA S. 32). Allerdings erschließt sich nicht, wieso ein Teilbetrag in Höhe von 3.290,- Euro "aus den Betäubungsmittelgeschäften" stammen soll und der andere Teilbetrag in Höhe von 5.605,- Euro aus anderen nicht abgeurteilten Drogengeschäften, so dass insoweit der erweiterte Verfall nach § 73d StGB i.V.m. § 33 Abs. 1 BtMG anzuordnen war. Abgesehen davon, dass bei einer Zuordnung des sichergestellten Geldes zu den abgeurteilten Geschäften die Einziehung [richtig: Verfall] nach § 73 StGB zu erfolgen hat - wieso die Kammer einen Wertersatzverfall nach § 73a StGB angenommen hat, ist nicht nachvollziehbar - erfordert der Vorrang des § 73 StGB gegenüber der subsidiären Vorschrift des § 73d StGB, dass vor einer Anwendung des § 73d unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (Senat, Urteil vom 11. Dezember 2008, 4 StR 386/08 m. zahlr. w.N.). Dem werden die lediglich pauschalen Ausführungen der Kammer (UA S. 32) nicht gerecht, sie ermöglichen dem Revisionsgericht nicht die Prüfung , ob das Gericht die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB richtig angewendet hat".

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.