Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Okt. 2014 - 4 StR 363/14

bei uns veröffentlicht am21.10.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR363/14
vom
21. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 21. Oktober 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 13. Mai 2014 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II.5. der Urteilsgründe wegen Raubes verurteilt wurde und
b) im Ausspruch über die verhängte Einheitsjugendstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes, Körperverletzung in zwei Fällen, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit (vorsätzlichem ) Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen Betruges, Diebstahls und Beleidigung unter Einbeziehung zweier früherer Urteile zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich der Verurteilung wegen Raubes und der verhängten Einheitsjugendstrafe Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch wegen Raubes hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
3
a) Nach den dieser Verurteilung zugrunde liegenden Feststellungen drehte sich die Taxifahrerin zu dem auf dem Rücksitz des Pkws sitzenden Angeklagten um und fragte ihn, ob sie ihn zur Volksbank bringen solle, was er verneinte. "In dem Moment, als sich die Zeugin … wieder von dem Angeklagten weg nach vorne drehte, schubste der Angeklagte sie plötzlich mit einem Stoß gegen die rechte Schulter nach vorn, so dass sich ihr rechter Arm, der über dem … Portemonnaie lag, anhob. In diesem Moment nahm er das Portemon- naie schnell an sich, um es für sich zu behalten" (UA S. 17/18).
4
b) Diese Feststellungen belegen einen Raub nicht.
5
Denn nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 - 5 StR 41/14; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 249 Rn. 6 jeweils mwN).
6
Hier lässt sich den Feststellungen - anders als in der vom Generalbundesanwalt angeführten Entscheidung (BGH, Beschluss vom 13. März 2002 - 1 StR 47/02, NStZ 2003, 89) - nicht entnehmen, dass der Angeklagte den Entschluss zur Wegnahme der Geldbörse schon vor der Gewaltanwendung gefasst hat. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor der Wegnahme , die eine auch nur konkludente Drohung mit weiterer Gewalt nach dem Fassen des Wegnahmeentschlusses beinhaltet, ist ebenfalls nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht.
7
2. Dies führt zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen Raubes verurteilt wurde sowie hinsichtlich der gegen ihn verhängten Einheitsjugendstrafe. Einer Aufhebung des auf die rechtsfehlerfrei festgestellte Trunkenheitsfahrt gestützten Maßregelausspruchs bedarf es dagegen nicht.
8
3. Im Übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Schmitt Mutzbauer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Okt. 2014 - 4 StR 363/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Okt. 2014 - 4 StR 363/14

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Okt. 2014 - 4 StR 363/14 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2002 - 1 StR 47/02

bei uns veröffentlicht am 13.03.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 47/02 vom 13. März 2002 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. März 2002 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2014 - 5 StR 41/14

bei uns veröffentlicht am 18.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR41/14 vom 18. Februar 2014 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren Raubes u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2014 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Okt. 2014 - 4 StR 363/14.

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2015 - 2 StR 134/15

bei uns veröffentlicht am 02.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 134/15 vom 2. Juli 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen schweren Raubes u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 2. Jul

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR41/14
vom
18. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2014 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil
des Landgerichts Zwickau vom 30. Oktober 2013 – auch
soweit es die Mitangeklagte B. betrifft – nach § 349
Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt; die nichtrevidierende Mitangeklagte B. hat es wegen Raubes in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen besuchten am 20. April 2013 der Angeklagte W. und die Angeklagte B. , die von ihrer Tochter und deren Freund, dem gesondert Verfolgten S. begleitet wurde, die geschädigten Eheleu- te F. in deren Wohnung. Über ein als unangemessen gewertetes Ansinnen erbost versetzte zunächst die Angeklagte B. , sodann der ebenfalls verärgerte Angeklagte W. dem Geschädigten Schläge in das Gesicht. Im Bewusstsein ihrer körperlichen Überlegenheit und in Ansehung des durch die Schläge deutlich eingeschüchterten Geschädigten kamen der Angeklagte W. und S. spontan überein, aus der Wohnung der Eheleute brauchbare Gegenstände wegzunehmen. Unter dem Eindruck der erhaltenen Schläge ließ es der Geschädigte F. widerstandslos zu, dass der Angeklagte W. und S. Gegenstände im Gesamtwert von ca. 100 € zusammenpackten. Dieses Tun billigte die Angeklagte B. , in deren Wohnung das Stehlgut anschließend verbracht wurde (Fall II.1 der Urteilsgründe).
3
Drei Tage später suchten der Angeklagte W. , die Angeklagte B. , ihre Tochter und S. erneut die Eheleute F. auf. Wiederum erzürnte sich die Angeklagte B. und schlug dem Geschädigten mehrfach in das Gesicht. Der Angeklagte W. und S. schlossen sich diesen Tätlichkeiten an. Weiterhin brachte der Angeklagte W. dem Geschädigten an den Händen mit einer glimmenden Zigarette Brandwunden bei. Nachdem es dem Geschädigten gelungen war, in ein anderes Zimmer der Wohnung zu flüchten, entwendeten der Angeklagte W. und S. aus der Wohnung der Eheleute F. „ungestört in Ausnutzung der fortwirkenden Gewalt“ Gegenstände im Gesamtwert von ca. 100 €. Die Angeklagte B. machte sich die Wegnahme zu eigen, indem sie half, die entwendeten Sachen in ihre Wohnung zu tragen (Fall II.2 der Urteilsgründe).
4
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten W. wegen Raubes und besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) nicht. Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92; Urteil vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Urteil vom 16. Januar 2003 – 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431, 432; Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; MünchKomm/Sander, StGB, 2. Aufl., § 249 Rn. 31 mwN). Hier hatte sich der Angeklagte nach den Feststellungen jeweils erst nach seiner letzten Gewaltanwendung zur Wegnahme entschlossen. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor der Wegnahme, die eine auch nur konkludente Drohung mit weiterer Gewalt beinhaltete, ist nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. März 2006 – 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508; vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; vom 25. September 2012 – 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45). Das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers reicht nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 – 2 StR 558/12, NStZ 2013,

648).


5
3. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung , da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht in neuer Hauptverhandlung Feststellungen zu treffen vermag, die eine Verurteilung wegen Raubdelikten stützen.
6
Da der aufgezeigte materiellrechtliche Fehler des Urteils die nicht revidierende Mitangeklagte B. in gleicher Weise betrifft, ist die Aufhebung auf sie zu erstrecken, nachdem sie – zum Antrag des Generalbundesanwalts auf Entscheidung nach § 357 StPO über ihren Verteidiger angehört – einer solchen Erstreckung nicht widersprochen hat.
Basdorf Sander Schneider
Berger Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 47/02
vom
13. März 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. März 2002 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. September 2001 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen ist. Die weitergehende Revision wird verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Der Angeklagte wurde wegen schweren Raubes (§§ 249, 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision bleibt zum Schuldspruch und zum Strafausspruch erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO), führt jedoch zur Aufhebung des Urteils, soweit von einer Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgesehen wurde (§ 349 Abs. 4 StPO; vgl. BGHSt 37, 5).

I.

1. Die Strafkammer hat festgestellt: Um Geld aus einer Ladenkasse zu entwenden, spritzte der Angeklagte der Kassiererin mit einem zu diesem Zweck mitgeführten Deo-Spray aus etwa 60 cm Entfernung gezielt in das Gesicht. Als diese, wie von ihm beabsichtigt, daraufhin in Folge des "Lidschlußreflexes" die Augen schloß, entnahm er Geldscheine aus der offenen Kasse. Die Kassiererin, die alsbald wieder die Augen öffnete, versuchte letztlich vergeblich, den Angeklagten noch festzuhalten. Er riß sich los und entkam mit einer Beute von 1.380 DM. Wie auch vom Angeklagten erwartet, war das Deo nach der konkreten Art seiner Verwendung ungeeignet, körperliche Beeinträchtigungen herbeizuführen. 2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch:
a) Der Angeklagte hat dadurch Gewalt im Sinne des § 249 StGB ausgeübt , daß er der Kassiererin die Deodorantflüssigkeit in das Gesicht gespritzt hat. Gewalt im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn durch physische Einwirkung auf den Körper eines anderen bei diesem eine physische Reaktion herbeigeführt wird, die dazu geeignet und nach dem Willen des Täters dazu bestimmt ist, den von ihm erwarteten Widerstand gegen die von ihm beabsichtigte Wegnahme zu verhindern. Dabei genügt es auch, wenn der Täter zur Einwirkung auf den Körper des Opfers ein Mittel - sei es fest, flüssig oder gasförmig (zur Beibringung eines Schlaf- oder Beruhigungsmittels vgl. BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 6 m. w. N.) - verwendet, ohne daß es darauf ankäme, welche naturwissenschaftlichen (z.B. mechanische oder chemische) Gesetzmäßigkeiten daraufhin letztlich die körperliche Reaktion des Opfers her-
vorgerufen haben (vgl. zusammenfassend Herdegen in LK 11. Aufl. § 249 Rdn. 6, 7 m. w. N.).
b) All dies liegt hier vor. Der Angeklagte hat Flüssigkeit in die Augen der Kassiererin gespritzt. Das dadurch hervorgerufene Schlieûen ihrer Augen hat ihre Widerstandsmöglichkeiten gegen die Wegnahme des Geldes beeinträchtigt und dem Angeklagten das Ergreifen der Geldscheine erleichtert. 3. Die Revision macht demgegenüber geltend, die Tat sei von List und Schnelligkeit gekennzeichnet. Eine Handlung, die lediglich zu einem kurzen reflexartigen Schlieûen der Augen führe, sei nicht mit Gewalt vorgenommen. Schlieûlich sei auch die Abwehrfähigkeit der Kassiererin nicht nennenswert beeinträchtigt worden. Dies zeige sich daran, daû die Kassiererin alsbald die Augen wieder geöffnet und sie, wenn auch letztlich vergeblich, den Angeklagten jedenfalls vorübergehend festgehalten habe. Keiner dieser Einwände greift durch.
a) Allerdings erfüllt eine allein durch Schnelligkeit und List gekennzeichnete Wegnahme wie z. B. das überraschende, aber nicht mit besonderer Kraftanwendung verbundene Wegreiûen einer Handtasche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht den Raubtatbestand (BGHSt 18, 329 ff., BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 1, 2 und 4). Hier hat der Angeklagte jedoch nicht die Überraschung der Kassiererin ausgenutzt, sondern ihre physische Reaktion, die von einer für sie überraschenden physischen Einwirkung auf ihren Körper ausgelöst wurde. Insoweit gilt nichts anderes als bei der zur Ermöglichung einer Wegnahme erfolgten Beibringung eines Schlaf- oder Beruhigungsmittels , die ebenfalls als Gewalt im Sinne des § 249 StGB zu werten ist,
auch wenn das Opfer ahnungslos ist und der Täter keine besondere Kraft aufwenden muû (BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewaltanwendung 6 m. w. N.).
b) Es führt auch zu keinem anderen Ergebnis, daû die vom Angeklagten herbeigeführte physische Reaktion der Kassiererin erwartungsgemäû nur kurz andauerte und dementsprechend nur ebenso kurz vom Angeklagten genutzt werden konnte. Entscheidend ist auch in diesem Zusammenhang, daû die Wegnahme auf Grund der physischen Reaktion erfolgte und nicht, welcher Zeitraum hierfür zur Verfügung stand. Daher ist auch ohne Bedeutung, daû der Angeklagte in dieser Zeitspanne die Tat zwar durch Ergreifen des Geldes vollenden , sie aber nicht auch beenden konnte, sondern sich losreiûen muûte, nachdem ihn die Kassiererin festhalten wollte.
c) Schlieûlich ist für den Schuldspruch ohne Bedeutung, daû die Folge des Handelns des Angeklagten bei der Kassiererin, ein kurzfristiges Schlieûen der Augen, für sich genommen geringfügig ist. Gewalt gegen eine Person muû keine gegenwärtige Leibes- oder Lebensgefahr bewirken (BGHSt 18, 75, 76). Es genügt, wenn beim Opfer eine von dessen Willen unabhängige physische Reaktion eintritt, die seine Widerstandsmöglichkeiten gegen die Wegnahme beeinträchtigt (vgl. Herdegen aaO). Dies ist hier der Fall. Die Kassiererin konnte nicht verhindern, daû sie die Augen schloû, als ihr der Angeklagte gezielt ins Gesicht spritzte. Dadurch konnte er in die Kasse greifen. 4. Nach alledem hat der Angeklagte Gewalt im Sinne des § 249 StGB angewandt. Da er hierzu das von ihm zu diesem Zwecke mitgeführte DeoSpray verwendete, hat die Strafkammer zutreffend einen schweren Raub gemäû § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB bejaht (vgl. BGH StV 1998, 660; Boetticher/ Sander NStZ 1999, 292, 294 f. m. w. N.).
5. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen im Antrag des Generalbundesanwalts vom 14. Februar 2002.

II.

Die Erwägungen, aus denen heraus die Strafkammer von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat, halten dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand: 1. Der Angeklagte ist heroinabhängig. Er war bereits 1997 wegen schweren Raubs zu Freiheitsstrafe verurteilt und in einer Entziehungsanstalt untergebracht worden, weil er eine Spielhalle überfallen hatte, um sich Geld für Drogen zu beschaffen. Die Reststrafe und der weitere Vollzug der Maûregel wurden dann bis 2004 zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte war von 1997 bis 2000 drogenfrei, wurde dann aber wieder rückfällig. 2. Auch die hier abgeurteilte Tat geht auf die Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten zurück, der sich Geld für Drogen beschaffen wollte. Nach sachverständiger Beratung geht die Strafkammer davon aus, daû die Schuldfähigkeit des Angeklagten bei der Tat im Hinblick auf drohende Entzugserscheinungen erheblich vermindert (§ 21 StGB) war. 3. Gleichwohl ist die Strafkammer der naheliegenden Möglichkeit einer Unterbringungsanordnung gemäû § 64 StGB nicht näher nachgegangen. Sie hält dies im Hinblick auf die frühere Unterbringungsanordnung nicht für erforderlich. Die dem Angeklagten insoweit zugebilligte Aussetzung zur Bewährung könne widerrufen werden. Aus § 67f StGB ergibt sich jedoch, daû von einer an sich gebotenen Unterbringungsanordnung nicht deshalb abgesehen werden kann, weil eine bereits früher angeordnete und noch vollstreckbare Unterbrin-
gungsanordnung besteht. Vielmehr ist mit der Rechtskraft der späteren Anordnung die frühere erledigt (vgl. BGH NStZ 1992, 432; Beschluû vom 17. Juli 1997 - 4 StR 314/97; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 64 Rdn. 15, § 67f Rdn. 1 m. w. N.). Daher muû hier über die Möglichkeit einer Unterbringung neu befunden werden. 4. Im Einzelfall kann auch ein für sich genommen rechtsfehlerfreier Strafausspruch (vgl. oben I. 5.) bei einer zu Unrecht unterbliebenen Unterbringungsanordnung aufzuheben sein, sofern nicht auszuschlieûen ist, daû bei einer Unterbringungsanordnung eine niedrigere Strafe verhängt worden wäre. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Strafkammer von der Möglichkeit der Vollstreckung einer anderweitig erfolgten Unterbringungsanordnung ausgeht. Schäfer Nack Wahl Boetticher Kolz

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.