Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2011 - 4 StR 42/11

bei uns veröffentlicht am30.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 42/11
vom
30. März 2011
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässiger Tötung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. März 2011 gemäß §§ 206a,
349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 16. September 2010 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis 25 der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 19 Fällen - Fahrten mit dem Pkw Mercedes Vito, amtl. Kennzeichen - - verurteilt wurde,
b) das Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der fahrlässigen Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sechs Fällen schuldig ist,
c) der Angeklagte im Übrigen freigesprochen, wobei die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten die Staatskasse zu tragen hat, soweit der Angeklagte freigesprochen und das Verfahren eingestellt wurde,
d) das Urteil im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass über diese eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung nach den §§ 460, 462 StPO sowie die weiteren Kosten des Rechtsmittels zu treffen ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Maßregel nach § 69a StGB angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Beanstandung der Anwendung des sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt wegen eines Prozesshindernisses zu einer teilweisen Verfahrenseinstellung; ferner ist der Angeklagte wegen 19 Fällen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis freizusprechen. Dies hat die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe zur Folge. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
2
1. Das Verfahren ist in 19 der abgeurteilten 25 Fälle des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen; insofern fehlt es an einer Anklage.
3
a) In den Fällen 1 bis 25 der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage legte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last, zwischen dem 26. September 2009 und dem 13. November 2009 mit dem Pkw BMW, amtl. Kennzeichen - [in der Anklage versehentlich mit - an- gegeben], "nahezu täglich und regelmäßig öffentliche Straßen" befahren zu haben , ohne im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis gewesen zu sein. Eine weitere Konkretisierung - etwa im Hinblick auf die vom Angeklagten befahrenen Straßen oder die Tatzeiten - enthält die Anklage nicht.
4
Abgeurteilt wurde der Angeklagte wegen 25 Fällen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wobei die Strafkammer jedoch nur sechs Fahrten mit dem Pkw BMW als sicher erwiesen erachtet, weitere (mindestens) 19 Fahrten hat der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen mit einem ebenfalls auf ihn zugegelassenen Pkw Mercedes Benz Vito, amtl. Kennzeichen - , unternommen.
5
b) Soweit der Angeklagte wegen der Fahrten mit dem Pkw Mercedes verurteilt wurde, ist das Verfahren wegen eines Prozesshindernisses einzustellen ; sie werden von der zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift nicht erfasst.
6
Der Tatbegriff des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO entspricht demjenigen des § 264 Abs. 1 StPO. Er umfasst daher alle individualisierenden Merkmale der vorgeworfenen Tat, die erforderlich sind, um diese zur Erfüllung der Umgrenzungsfunktion der Anklage von anderen Lebenssachverhalten abzugrenzen. Dabei lässt die Rechtsprechung zwar eine Herabsetzung der Anforderungen an die Individualisierung zu, wenn anders die Verfolgung und Aburteilung strafwürdiger Taten nicht möglich wäre. Dies ist jedoch als Ausnahme auf Fälle beschränkt worden, in denen typischerweise bei einer Serie gleichartiger Handlungen einzelne Taten etwa wegen Zeitablaufs oder wegen Besonderheiten in der Beweislage nicht mehr genau voneinander unterschieden werden können (vgl. BGH, Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10).
7
Auf dieser Grundlage waren vorliegend die dem Angeklagten zur Last gelegten Taten durch die Angabe des Zeitraums, in dem er die Fahrten unternommen haben soll, und das dabei von ihm benutzte Fahrzeug (noch) ausreichend konkretisiert. Jedoch war - da weitere die Taten kennzeichnende Merkmale nicht angegeben wurden - die Bezeichnung des Fahrzeugs unerlässlich, um die Taten ausreichend zu individualisieren. Nur Fahrten mit dem Pkw BMW waren dem Angeklagten zur Last gelegt, zumal sonstige die Tatvorwürfe kennzeichnende Merkmale auch im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen nicht erwähnt sind. Die 19 Fahrten mit dem Pkw Mercedes, auf den das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen ebenfalls keine Hinweise enthält, waren dagegen von der Anklage nicht erfasst. Sie durften daher von der Strafkammer nicht abgeurteilt werden.
8
c) Soweit die Anklage dem Angeklagten zur Last gelegt hat, weitere 19 Fahrten mit dem Pkw BMW unternommen zu haben, ist der Angeklagte freizusprechen.
9
Diesen Freispruch kann der Senat selbst vornehmen (§ 354 Abs. 1 StPO). Denn das Landgericht hat aufgrund einer vollständigen Beweisaufnahme und sorgfältigen Beweiswürdigung festgestellt, dass neben der Unfallfahrt vom 14. November 2009 lediglich sechs Fahrten des Angeklagten mit dem Pkw BMW sicher erwiesen sind (UA 8). Der Senat kann daher ausschließen, dass im Fall einer Zurückverweisung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer Verurteilung wegen weiterer Fahrten mit dem Pkw BMW führen würden.
10
d) Die teilweise Verfahrenseinstellung und der Teilfreispruch führen zu einer Korrektur und einer Ergänzung des Schuldspruchs des angefochtenen Urteils. Dies hat die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe zur Folge. Insofern macht der Senat von der Regelung des § 354 Abs. 1b StPO Gebrauch; über die neue Gesamtstrafe sowie die (weiteren) Kosten des Revisionsverfahrens kann im Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO entschieden werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2011 - 2 StR 556/10; zur Kostenentscheidung: BGH, Beschluss vom 9. November 2004 - 4 StR 426/04, NJW 2005, 1205, 1206).
11
2. Im Übrigen hat die Revision des Angeklagten keinen Erfolg.
12
a) Die Bedenken des Revisionsführers gegen die Wirksamkeit der Anklage in den Fällen 1 bis 25, also soweit dem Angeklagten Fahrten mit dem Pkw BMW zur Last gelegt wurden, teilt der Senat - wie sich aus obigen Ausführungen ergibt - nicht.
13
b) Die Verfahrensrügen, mit denen die Rechtsfehlerhaftigkeit der Beschlüsse der Strafkammer vom 13. und 16. September 2010 beanstandet wird (Seite 236 der Revisionsbegründung von Rechtsanwalt Dr. T. ), sind jedenfalls unbegründet.
14
aa) Die dem Angeklagten als Fall 26 zur Last gelegte und abgeurteilte Tat betrifft einen vom Angeklagten verursachten Verkehrsunfall, bei dem dieser alkoholisiert (BAK von mindestens 1,87 Promille) mit dem Pkw BMW - ohne äußere Einflüsse - bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von mindestens 140 km/h gegen die Mittelleitplanke einer dreispurigen Bundesautobahn geprallt ist, diese mit seinem Fahrzeug überwunden hat und auf der mittleren Gegenfahr- bahn frontal mit einem Kleinwagen kollidiert ist, dessen Fahrerin an den dabei erlittenen Verletzungen verstarb.
15
Die von der Revision angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts betreffen sich im Kern wiederholende Beweisermittlungsanträge, Beweisanträge und Gegenvorstellungen durch Verteidiger des Angeklagten, mit denen Mängel der Mittelschutzleitplanke geltend gemacht wurden und durch Sachverständigen - und Zeugenbeweis nachgewiesen werden sollte, dass der tödliche Verkehrsunfall auch auf diese Mängel zurückzuführen gewesen sei. Die Strafkammer hat zum Unfallhergang zwar ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten erholt und mehrere Polizeibeamte vernommen, sie ist den oben genannten Anträgen und Anregungen der Verteidiger des Angeklagten über die Befragung des unfallanalytischen Sachverständigen hinaus jedoch nicht gefolgt, weil - wie sie schon in ihrer ersten Entscheidung deutlich gemacht hat - die Beweiserhebung das Urteil nicht beeinflussen würde. Dies stützte sie unter anderem darauf, dass "die etwaige Mitverantwortlichkeit Dritter nicht den Zurechnungszusammenhang zwischen einem pflichtwidrigen Verhalten des Angeklagten und dem eingetretenen Erfolg entfallen" ließe; in einer anderen angegriffenen Entscheidung führte die Strafkammer zudem aus, dass "eine mögliche 'fehlerhafte' Beschaffenheit der Mittelschutzleitplanke … auch für die Strafzumessung ohne Bedeutung" sei.
16
bb) Die von der Revision angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
17
Dies gilt auch und insbesondere, soweit das Landgericht Beweisanträge wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt hat. Denn die Strafkammer hat in ihren Entscheidungen deutlich gemacht, dass die Beweisbehauptung weder den Schuld- noch den Rechtsfolgenausspruch zu beeinflussen vermag und dies zum Schuldspruch auch nachvollziehbar dargelegt. Darüber hinaus war es - zumal hierzu Ausführungen nur "regelmäßig" geboten sind (vgl. Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 mwN) - vor dem Hintergrund insbesondere der rechtlich zutreffenden Ausführungen der Strafkammer zur Frage des "Zurechnungszusammenhangs" auch zur Wahrung berechtigter Verteidigungsinteressen nicht erforderlich, ausdrücklich zu erklären, ob die Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen besteht. Nähere Darlegungen der Strafkammer zu den Auswirkungen der Beweisbehauptungen auf die Strafzumessung waren ebenfalls nicht geboten; vielmehr genügte insofern, dass die Strafkammer zu erkennen gab, dass sie ein "Mitverschulden" Dritter im Falle einer Verurteilung nicht als wesentlichen Strafmilderungsgrund ansieht. Auch zur Frage der (Un-)Vorhersehbarkeit des tödlichen Ausgangs des Unfalls musste sich die Strafkammer nicht weiter verhalten. Diese war Ziel und Gegenstand mehrerer anderer - teilweise schon zuvor oder zugleich abgegebener und abgelehnter - Erklärungen und Anträge zur Häufigkeit von "Durchbruchunfällen" mit tödlichem Ausgang und zudem Gegenstand der Ausführungen des unfallanalytischen Sachverständigen. Es unterlag daher jedenfalls in Verbindung mit der von der Strafkammer ausdrücklich angesprochenen "Mitverantwortlichkeit Dritter" keinem Zweifel, dass das Landgericht die beantragte Beweiserhebung auch in Bezug auf dieses Beweisziel als bedeutungslos ansah.
18
c) Die weiteren Verfahrensrügen haben ebenfalls keinen Erfolg.
19
aa) Die Strafkammer hat ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte "sein Bedauern" darüber bekundet hat, einen Menschen getötet zu haben, dass er dies aber "zunächst nicht ausdrücklich und unmittelbar gegenüber den Nebenklägern getan" habe, sondern im Rahmen einer durch seine Verteidigerin abgegebenen Erklärung und des le tzten Wortes. Diese ersichtlich das Verhalten des Angeklagten in der öffentlichen Hauptverhandlung betreffenden Ausführungen der Strafkammer sind nach dem Revisionsvorbringen - bezogen auf das Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung - zutreffend.
20
Soweit der Revisionsführer darüber hinaus eine Erörterung des am ersten Verhandlungstag nach der Erklärung der Verteidigerin vom Nebenklägervertreter übergebenen und anschließend verlesenen "Entschuldigungsschreibens" des Angeklagten in dem Urteil vermisst, hätte es, weil das Landgericht - wie die Revision zutreffend ausführt - maßgeblich auf Form, Adressaten und Zeitpunkt des Bekenntnisses des Angeklagten abgestellt hat, näherer Darlegungen insbesondere dazu bedurft (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), wann der Angeklagte dieses nicht datierte "Entschuldigungsschreiben" den "Hinterbliebenen des Unfallopfers … zugesandt" hat. Denn nur dann ist dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglicht, ob diesem Schreiben im Rahmen des ohnehin strafmildernd berücksichtigten Bedauerns des Angeklagten eine weitere wesentliche Bedeutung zukommen kann.
21
bb) Dem Unterlassen eines Widerspruchs gegen die Verwertung des Ergebnisses der Blutprobenentnahme beim Angeklagten hat die Strafkammer - auch im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Februar 2011 (2 BvR 1596/10) - zu Recht keine wesentliche Bedeutung für die Strafhöhe beigemessen.
22
cc) Auch die weiteren Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.
23
Den Antrag, die Offenkundigkeit bestimmter Presseartikel festzustellen, hat die Strafkammer zu Recht abgelehnt. Wäre Offenkundigkeit gegeben, wäre eine solche Feststellung weder geboten noch erforderlich. Um einen Beweisantrag handelte es sich bei dem Ansinnen schon deshalb nicht, weil der Antragsteller ausdrücklich nicht die Verlesung dieser Artikel wünschte; sein Begehren war daher ersichtlich auch nicht darauf gerichtet, wenigstens den Inhalt der Artikel in der Hauptverhandlung zur Sprache zu bringen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 244 Rn. 3, 50).
24
Den später gestellten Beweisantrag auf Verlesung dieser und weiterer Presseartikel hat das Landgericht rechtsfehlerfrei wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt. Dabei ist es zu Recht davon ausgegangen, dass allein eine "aggressive und vorverurteilende" Berichterstattung für die Strafbemessung regelmäßig keine wesentliche Bedeutung hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 1999 - 3 StR 324/99; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 46 Rn. 63 mwN). Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn - was indes weder in dem Beweisantrag noch in der Verfahrensrüge behauptet wird - der Angeklagte unter der Berichterstattung in besonderer Weise gelitten hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 23. Oktober 2007 - 5 StR 270/07). Im Übrigen belegen die vorgelegten Presseartikel auch nicht, dass der Druck der medialen Berichterstattung weit über das hinausging, was jeder Straftäter über sich ergehen lassen muss, dessen Fall in das Licht der Öffentlichkeit gerät (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 1 StR 164/07, NStZ-RR 2008, 343, 344). Dass das Landgericht in seinem den Beweisantrag ablehnenden Beschluss nicht ausdrücklich mitgeteilt hat, ob es die Bedeutungslosigkeit aus rechtlichen oder aus tatsächlichen Gründen als gegeben erachtet, stellt auch hier - auf der Grundlage obiger Erwägungen zu dieser Frage - keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar.
25
d) Die Sachrüge ist - soweit sie sich zur statistischen Häufigkeit von tödlichen "Durchbruchunfällen" nicht ohnehin auf urteilsfremde Ausführungen stützt - aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 31. Januar 2011 dargelegten Gründen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Verteidiger in ihren Gegenerklärungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Mutzbauer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2011 - 4 StR 42/11

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(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2011 - 4 StR 42/11 zitiert 10 §§.

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(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 556/10
vom
19. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Januar 2011 gemäß
§§ 206a Abs. 1, 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 20. April 2010 werden
a) das Verfahren im Fall 1 der Urteilsgründe wegen Bestehen eines Prozesshindernisses eingestellt; insoweit werden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt;
b) der Schuldspruch im Fall 3 der Urteilsgründe dahingehend klargestellt, dass der Angeklagte der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig ist;
c) das Urteil im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen Vergewaltigung sowie Körperverletzung in zwei Fällen" unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus ei- nem Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und festgestellt, dass ein Teil der Strafe von sechs Monaten als vollstreckt gilt. Hinsichtlich zweier weiterer Taten hat es das Verfahren wegen eines Prozesshindernisses eingestellt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gerichtete Rüge des Angeklagten führt zu einer Teileinstellung des Verfahrens und zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen ist das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet.
2
1. Das Verfahren war im Fall 1 wegen eines Prozesshindernisses einzustellen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Tat bereits verjährt ist. Auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift wird insoweit Bezug genommen.
3
2. Der Schuldspruch im Fall 3 war nach Maßgabe des Tenors klarzustellen. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten zutreffend als Vergewaltigung und Körperverletzung gewürdigt (UA S. 99 i.V.m. UA S. 10 f.), dies aber offenbar bei der Fassung des Tenors übersehen.
4
3. Der Wegfall der Einzelstrafe im Fall 1 entzieht der aus der Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, zwei weiteren Einzelstrafen von je sechs Monaten sowie der einbezogenen Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15 € gebildeten Gesamtstrafe die Grundlage. Über die neue Gesamtstrafe kann im Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO entschieden werden. Fischer Appl Schmitt Krehl Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 275/10
vom
14. Dezember 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Eine Strafbarkeit wegen vollendeter Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1
Nr. 1 AO aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Angaben entfällt nicht deshalb
, weil den zuständigen Finanzbehörden alle für die Steuerfestsetzung bedeutsamen
Tatsachen bekannt waren und zudem sämtliche Beweismittel (§ 90
AO) bekannt und verfügbar waren.
BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 - Landgericht München
I
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Dezember 2010 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 26. Januar 2010 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte hat als im Einkauf tätiger Angestellter der Firma P. für diese Elektronikbauteile aus dem europäischen Ausland über eine Gruppe von Personen eingekauft , deren in Deutschland ansässige Firmen nur zum Zweck der Erlangung unberechtigter Vorsteuerabzüge zwischengeschaltet waren. In Kenntnis dieser Umstände und im Wissen, dass eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht bestand, gab der Angeklagte Eingangsrechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer an die Buchhaltung der Firma P. zum Zwecke der Verbuchung und Vornahme des Vorsteuerabzugs weiter. Für Rechnungen datierend zwischen 1. August 2003 und 30. September 2004 wurden so für die P. vierzehn falsche Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben, die erste davon ging am 16. Oktober 2003 beim zuständigen Finanzamt ein. Insgesamt wurde so Umsatzsteuer in Höhe von rund 5,18 Mio. Euro hinterzogen.
2
Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung in vierzehn Fällen zu vier Jahren und neun Monaten Ge- samtfreiheitsstrafe verurteilt. Seine auf mehrere Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der näheren Ausführung bedarf lediglich Folgendes:
4
I. Die Revision rügt eine Verletzung von § 244 Abs. 3 StPO wegen der Ablehnung des Beweisantrags Nr. 2 (nachfolgend 1.). Dies bleibt im Ergebnis erfolglos. Zwar zeigt die Revision insoweit Rechtsfehler auf (nachfolgend 2.), der Senat kann jedoch ausschließen, dass das Urteil hierauf beruht (nachfolgend 3.).
5
1. Folgendes liegt zugrunde:
6
a) Mit länger begründetem Beweisantrag vom 5. Januar 2010 macht die Verteidigung im Kern zweierlei geltend:
7
(1) Ein zunächst in anderer Sache in den Räumen der Firma P. ermittelnder Steuerfahnder aus München habe entgegen seiner Zeugenaussage vor der Strafkammer nicht erst im April 2005, sondern bereits am 19. September 2003 (also bevor die in Rede stehenden Vorsteueranmeldungen beim Finanzamt eingegangen waren) Kenntnis von „der steuerstrafrechtlichen Verdachtslage“ erlangt. Dies ergebe sich aus einem Vermerk über ein Telefonat dieses Steuerfahnders mit einem Steuerfahnder aus Hamburg, dessen Einvernahme nunmehr beantragt wird, sowie aus weiteren Schreiben und Vermerken, deren Verfasser ebenfalls als Zeugen gehört werden sollen. Es werde sich erweisen , dass die zuständigen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden so frühzeitig Kenntnis „von dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt“ hatten, dass sie hätten verhindern können, dass größerer Schaden entsteht.
8
(2) Der Steuerfahnder aus München habe keine Maßnahmen ergriffen, Mitarbeiter der Firma P. zu informieren, sondern habe diese im Gegenteil, obgleich er ihnen gegenüber aufgetreten sei, „im guten Glauben … gelassen und darin bestärkt“. Hierzu solle eine Mitarbeiterin der Firma P. vernommen werden, die der Steuerfahnder trotz seines Wissens im Frühjahr 2004 um Auskunft „in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Sachverhalte“ gebeten habe, ohne den Hintergrund der Anfrage darzulegen.
9
b) Hinsichtlich der ersten Beweisbehauptung - Wissen des Steuerfahnders - lehnte die Strafkammer den Beweisantrag durch Beschluss vom 11. Januar 2010 mit der Begründung ab, die Kenntnis des Steuerfahnders - selbst wenn er nicht lediglich einen Anfangsverdacht gehabt hätte - sei für das Verfahren ohne Bedeutung. Der Fahnder hätte einWissen nicht offenbaren dürfen, um einen Ermittlungserfolg nicht zu gefährden. Es könne sein, dass Verfahrensverzögerungen entstanden seien, dies spiele aber für die Frage, ob eine betrügerische Umsatzsteuerkette vorliege und inwieweit der Angeklagte hierin involviert war, keine Rolle. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich der von der Verteidigung gezogene Schluss auf die behauptete Kenntnis des Steuerfahnders weder aus dem ein Telefonat dokumentierenden noch aus dem weiteren Vermerk nachvollziehen lasse, dieser vielmehr „abwegig“ sei.
10
Zu den weiteren Beweisbehauptungen - „Schweigen“ des Steuerfahnders - hörte die Strafkammer den zuvor bereits vernommenen Steuerfahnder aus München erneut und lehnte sodann den Beweisantrag durch Beschluss vom 26. Januar 2010 mit der Begründung ab, der Steuerfahnder sei „zu der Tatsachenbehauptung“ gehört worden, „so dass der Beweis erhoben“ sei. In den Gründen wird ausgeführt, der Beweisantrag sei insoweit schon „unzulässig, als er keine konkrete, auf die Tat- und Schuldfrage bezogene Beweisbehauptung“ enthalte.
11
2. Die Ablehnungsbeschlüsse sind nicht frei von Rechtsfehlern.
12
a) Der Ablehnungsbeschluss vom 11. Januar 2010 verletzt § 244 Abs. 3 StPO, weil er eine Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptung nicht belegt.
13
Eine Beweisbehauptung ist nur dann bedeutungslos, wenn sie weder den Schuld- noch den Rechtsfolgenausspruch zu beeinflussen vermag. Das Gericht muss daher - will es eine Beweisbehauptung (in deren vollen Tragweite, vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1982 - 1 StR 698/82, StV 1983, 90, 91) wegen Bedeutungslosigkeit ablehnen - beides in den Blick nehmen. Das Ergebnis dieser Prüfung ist im Ablehnungsbeschluss nachvollziehbar darzulegen, soweit es nicht für alle Beteiligten auf der Hand liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98, NStZ 2000, 46; BGH, Urteil vom 5. Januar 1982 - 5 StR 567/81, NStZ 1982, 170, 171; BGH, Beschluss vom 12. Juli 1979 - 3 StR 229/79).
14
(1) Es ist bereits nicht erkennbar, ob die angenommene Bedeutungslosigkeit auf tatsächlichen oder rechtlichen Gründen beruht. Entsprechende Darlegungen sind jedoch regelmäßig geboten (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2000 - 3 StR 410/99, NStZ 2000, 267, 268; BGH, Beschluss vom 12. August 1986 - 5 StR 204/86, StV 1987, 45 f.; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 244 Rn. 43a).
15
(2) Die von der Strafkammer zur Begründung der Bedeutungslosigkeit weiter herangezogene Annahme, der benannte Steuerfahnder hätte sein Wissen nicht offenbaren dürfen, um einen Ermittlungserfolg (offenbar im Gesamt- komplex) nicht zu gefährden, vermag zu belegen, dass die abgeurteilte Tat nicht verhindert worden wäre. Welche Schlüsse die Strafkammer hieraus auf die Bedeutung der explizit unter Beweis gestellten Behauptung, die Tat hätte verhindert werden können, gezogen hat, legt sie nicht dar. Solcher Darlegungen hätte es hier aber - wie regelmäßig (vgl. BGH, Beschluss vom 11. April 2007 - 3 StR 114/07, StraFo 2007, 331) - bedurft. Denn aus dem Umstand, dass eine Tat nicht verhindert worden wäre, drängt sich der Schluss, dass eine bestehende , aber nicht wahrgenommene Möglichkeit zur Tatverhinderung im konkreten Fall für den Schuld- oder den Strafausspruch bedeutungslos sein kann, nicht ohne weiteres auf.
16
Die weiteren Erwägungen der Kammer, etwaige Verfahrensverzögerungen seien für die Frage nach dem Vorliegen einer betrügerischen Umsatzsteuerkette oder der Beteiligung des Angeklagten hieran bedeutungslos, lassen die Frage nach der Bedeutung von Verzögerungen für den Strafausspruch unerörtert.
17
(3) Die Ausführungen der Strafkammer, es sei „abwegig“, aus dem das Stattfinden eines verfahrensbezogenen Telefonats dokumentierenden Vermerk auf einen bestimmten Gesprächsinhalt zu schließen, geben zur Frage der Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptung keine Auskunft. Sie könnten überdies besorgen lassen, die Strafkammer habe die Beweisbehauptung in Zweifel gezogen. Bei der Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ist jedoch die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie voll erwiesen, der Entscheidung zugrunde zu legen (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2010 - 3 StR 519/09, NStZ-RR 2010, 212; BGH, Beschluss vom 6. März 2008 - 3 StR 9/08, StV 2008, 288). Die Ausführungen der Strafkammer geben dem Senat ferner Anlass zu der Anmerkung, dass einem Beweisantrag zwar abverlangt werden kann, dass darin ein verbindender Zusammenhang zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung dargelegt ist (vgl. Fischer in KK, StPO, 6. Aufl., § 244 Rn. 82 mwN), dies jedoch nicht die Darlegung erfordert, ein benannter Zeuge werde die Beweisbehauptung mit Sicherheit bekunden. Erforderlich - aber auch ausreichend - ist die Darlegung der Umstände, warum es dem Zeugen möglich sein kann, die Beweistatsache zu bekunden. Ist der Zeuge Teilnehmer eines Telefonats, dessen Verlauf, dessen Inhalt oder - wie hier - dessen Ergebnis unter Beweis gestellt werden soll, handelt es sich um einen unmittelbaren Zeugen, zu dem es regelmäßig nicht der Darlegung noch weiter ins Detail gehender Umstände bedarf, damit das Gericht den Antrag anhand der gesetzlichen Ablehnungsgründe sinnvoll prüfen kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f.).
18
b) Soweit der Antrag die weiteren Beweisbehauptungen - betreffend das „Schweigen“ des Steuerfahnders - betrifft, lässt sich dem entgegen der Auffassung der Strafkammer im Beschluss vom 26. Januar 2010 eine hinreichend konkrete Beweisbehauptung entnehmen (1). Über diese wurde entgegen dem Ablehnungsbeschluss nicht Beweis erhoben (2).
19
(1) Soweit die Strafkammer im Beschluss vom 26. Januar 2010 ausführt, der Antrag sei „unzulässig“, will sie damit offenbar zum Ausdruck bringen, es handle sich um einen Beweisermittlungsantrag. Auch ein solcher wäre indes nicht schon im Ansatz unzulässig oder unstatthaft, sondern statt nach § 244 Abs. 3 bis Abs. 5 StPO nach Maßgabe des § 244 Abs. 2 StPO zu bescheiden (zu unzulässigen Beweisanträgen vgl. Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 198; Fischer in KK-StPO, 6. Aufl., § 244 Rn. 107 f.).
20
Zwar vermengt der Antrag hinsichtlich des behaupteten Tätig- oder Nichttätigwerdens des Steuerfahnders Beweisziel und Beweistatsachen, bei der gebotenen interessengerechten Auslegung (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 244 Rn. 39; Fischer in KK-StPO, 6. Aufl., § 244 Rn. 77 f.) lässt sich ihm aber die Behauptung entnehmen, der benannte Steuerfahnder habe bei einer zu vernehmenden Zeugin bereits im Frühjahr 2004 Unterlagen betreffend den nunmehr abgeurteilten Sachverhalt erbeten, und hierbei nicht über eine Verdachtslage gesprochen. Dies ist eine hinreichend konkrete Beweisbehauptung.
21
Fehlte es - wie die Strafkammer ausführt - an einer hinreichend konkreten Beweisbehauptung, könnte nicht - wie die Kammer im selben Beschluss ausführt - „zu der Tatsachenbehauptung … Beweis erhoben“ sein. Die Nennung verschiedener, sich widersprechender Ablehnungsgründe könnte je nach Lage des Falles sogar besorgen lassen, dass es der Tatrichter dem Revisionsgericht überlassen wollte, sich einen passenden Ablehnungsgrund „herauszusuchen“ (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2002 - 3 StR 216/02, NStZ 2004, 51). Eine in dieser Weise widersprüchliche Begründung wird aber insbesondere der Informationsfunktion des Ablehnungsbeschlusses nicht gerecht (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2009 - 1 StR 520/09, StV 2010, 287, 288).
22
(2) Der beantragte Beweis wurde nicht erhoben.
23
Die zum Verhalten des Steuerfahnders gegenüber Mitarbeitern der Firma P. benannte Zeugin wurde nicht vernommen. Die Strafkammer konnte den Beweis auch nicht dadurch erheben, dass sie an deren Stelle den bereits zuvor gehörten Steuerfahnder erneut befragt. Im Rahmen des Beweisantragsrechts ist es Sache des Antragstellers, nicht nur das Beweisthema, sondern auch das zu benutzende Beweismittel selbst zu bestimmen. Zwar kommt ein Austausch der Beweismittel ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das herangezogene Beweismittel zweifelsfrei gleichwertig ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1982 - 2 StR 139/82, NJW 1983, 126, 127). An dieser Gleichwertigkeit fehlt es jedoch regelmäßig, wenn nur der Zeuge, dessen bisherige Aussage widerlegt werden soll, erneut vernommen wird, nicht aber die anderen zur Widerlegung benannten Zeugen. Dieser Mangel wäre im Ergebnis nur dann unschädlich , wenn der Zeuge seine bisherigen Aussagen im Sinne der Beweisbehauptung korrigiert und die Beweisbehauptung deshalb als erwiesen behandelt wird. Dass dies hier der Fall wäre, die Strafkammer also angenommen hat, der Steuerfahnder habe trotz seines Wissens geschwiegen, ist nicht ersichtlich.
24
3. Der Senat kann ausschließen, dass das Urteil auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruht.
25
Das Landgericht durfte hier nämlich aus Rechtsgründen weder das behauptete „Wissen“ des ermittelnden Steuerfahnders, noch dessen „Schweigen“ für den Schuld- oder den Strafausspruch berücksichtigen. Es ist überdies auszuschließen , dass sich der Angeklagte bei rechtsfehlerfreier Ablehnung des Beweisantrags anders als geschehen gegen den Tatvorwurf hätte verteidigen können. Insofern wurde der Angeklagte durch die rechtsfehlerhafte Verbescheidung des Antrags nicht in seiner Prozessführung beeinträchtigt oder benachteiligt.
26
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt der Tatbestand der Steuerhinterziehung in der hier einschlägigen Variante des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (Abgabe unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen) keine gelungene Täuschung des zuständigen Finanzbeamten voraus. Dies folgt bereits aus dem vom Betrugstatbestand des § 263 StGB abweichenden Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Es genügt daher, dass die unrichtigen oder un- http://www.juris.de/jportal/portal/t/1c6v/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006130976BJNE046407301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 11 - vollständigen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen in anderer Weise als durch eine Täuschung für die Steuerverkürzung oder das Erlangen nicht gerechtfertigter Steuervorteile ursächlich werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 - 5 StR 127/07, NStZ 2007, 596, 597; BGH, Beschluss vom 19. Oktober 1999 - 5 StR 178/99, wistra 2000, 63, 64; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1990 - 3 StR 90/90, BGHSt 37, 266, 285; so auch BFH, BStBl II 2006, 356, 357). Deshalb kommt es auch auf den Kenntnisstand der Finanzbehörden von der Unrichtigkeit der gemachten Angaben nicht an. Dementsprechend würde der hier unter Beweis gestellte Verdacht des Münchner Steuerfahnders die Erfüllung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung auch dann nicht ausschließen, wenn der Beweis gelungen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 1999 - 5 StR 178/99, wistra 2000, 63, 64).
27
Darüber hinaus greift § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO selbst dann ein, wenn der zuständige Veranlagungsbeamte von allen für die Veranlagung bedeutsamen Tatsachen Kenntnis hat und zudem sämtliche Beweismittel (§ 90 AO) bekannt und verfügbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 1999 - 5 StR 178/99, wistra 2000, 63, 64, wo die aufgezeigte Fragestellung nicht entscheidungserheblich war). Im Gegensatz zu § 370 Abs.1 Nr. 2 AO ist bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO - schon nach seinem Wortlaut - nicht auf eine Kenntnis oder Unkenntnis der Finanzbehörden abzustellen (so aber Schmitz/Wulf in MüKo-StGB, § 370 AO Rn. 241) oder das ungeschriebene Merkmal der "Unkenntnis" der Finanzbehörde vom wahren Sachverhalt in den Tatbestand hineinzulesen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 AO Rn. 198 f.). Dies stünde im Widerspruch zu der Wertung des Gesetzgebers in den Regelbeispielen des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 und 3 AO, die die Mitwirkung eines Amtsträgers unabhängig von dessen Zuständigkeit als besonders strafwürdig einstufen. Anders als in der Unterlassungsvariante setzt der Täter bei Begehung durch aktives Tun mit Abgabe der dann der Veranlagung zugrunde gelegten - aber unrichtigen - Erklärung eine Ursache, die im tatbestandsmäßigen Erfolg (i.S.d. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO) stets wesentlich fortwirkt. Der Erfolg wäre auch bei Kenntnis der Finanzbehörden vom zutreffenden Besteuerungssachverhalt - anders als in der Unterlassungsvariante - weder ganz noch zum Teil ohne den vom Steuerpflichtigen in Gang gesetzten Geschehensablauf eingetreten. Insofern realisiert sich gerade auch in dem Machen der falschen Angaben (neben einem möglicherweise strafrechtlich relevanten Verhalten des die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen kennenden Veranlagungsbeamten) die durch § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO rechtlich missbilligte Gefahr einer Steuerverkürzung (so jetzt auch Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 42. Lfg. März 2010, § 370 Rn. 581 ff.).
28
Die Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung kann auch nicht durch die mit dem Beweisantrag implizit aufgestellte Behauptung einer verzögerten Verfahrenseinleitung in Frage gestellt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 - 5 StR 191/04, wistra 2005, 148, 149).
29
b) Das Verhalten der Finanzbehörden konnte vorliegend auch keinen Einfluss auf den Strafausspruch haben.
30
Zwar kann ein Verhalten des Steuerfiskus (gleich einem Mitverschulden oder einer Mitverursachung des Verletzten) strafmildernd zu berücksichtigen sein. Es kann daher Fälle geben, in denen strafschärfend berücksichtigtes Verhalten eines Angeklagten (etwa Skrupellosigkeit, Raffinesse oder Hartnäckigkeit ) ins Verhältnis zum Verhalten der zum Schutze der staatlichen Vermögensinteressen berufenen Beamten zu setzen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 1983 - 1 StR 25/83, wistra 1983, 145). Dies gilt jedoch allenfalls dann, wenn das staatlichen Stellen vorwerfbare Verhalten unmittelbar auf das Handeln des Angeklagten Einfluss genommen hat (etwa weil er bislang nicht tatgeneigt war oder ihm wenigstens die Tat erleichtert wurde) und den staatlichen Entscheidungsträgern die Tatgenese vorgeworfen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - 3 StR 474/08, NStZ-RR 2009, 167). Derartiges hätte weder durch den in Rede stehenden Beweisantrag bewiesen werden können, noch ist es sonst vorgetragen oder ersichtlich.
31
Ein Anspruch eines Straftäters darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern, besteht nicht. Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 Abs. 1 EMRK (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 StR 506/02, NStZ-RR 2003, 172 f.; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 1 StR 312/07, NStZ 2007, 635). Es wäre daher rechtsfehlerhaft gewesen, dies hier zugunsten des Angeklagten zu werten.
32
Das Landgericht hat nicht nur im Beschluss, mit dem der Beweisantrag abgelehnt wurde, sondern im hier maßgeblichen Urteil Verfahrensverzögerungen angesprochen und die bedeutsamen Daten des Verfahrens beginnend mit einer Selbstanzeige am 18. September 2003 genannt. Der Senat kann daher ausschließen, dass die Kammer dies bei der Strafzumessung nicht auch im Blick hatte. Dass darüber hinaus Besonderheiten des Einzelfalles eine Strafmilderung ermöglicht hätten, weil sie ein Einschreiten der Finanz- und Ermittlungsbehörden unabweisbar geboten oder dazu geführt hätten, dass deren Verhalten mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens unvereinbar gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 - 5 StR 191/04, wistra 2005, 148, 149), ist auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens nicht ersichtlich.
33
II. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht zugunsten des Angeklagten einen Härteausgleich wegen einer einbeziehungsfähigen, aber bereits durch Be- zahlung vollstreckten Geldstrafe vorgenommen (UA S. 65). Eine ausgleichspflichtige Härte kann für den Angeklagten hier – anders als bei Vollstreckung einer Geldstrafe durch Ersatzfreiheitsstrafe – nicht entstehen (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 55 Rn. 21 f. mwN). Durch den gleichwohl vorgenommenen Härteausgleich ist der Angeklagte indes nicht beschwert.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

5 StR 270/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 23. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Computerbetruges u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Oktober
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
alsbeisitzendeRichter,
Staatsanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
alsVerteidigerin,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 2. Februar 2007 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Computerbetruges in 251 Fällen sowie wegen Betruges in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt; die Vollstreckung dieser Strafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zum Nachteil der Angeklagten eingelegte Revision, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt, auf den Strafausspruch beschränkt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts durchlebte die Angeklagte eine durch die Alkoholkrankheit der Mutter äußerst belastete Kindheit. Häufig war es ihr aus Geldmangel nicht möglich, sich und ihre Geschwister, für die sie die Mutterrolle übernommen hatte, ausreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen, so dass die Familie Hunger litt. Daher war die Angeklagte, die sehr bescheiden und sparsam lebte, von einem Bedürfnis nach finanzieller Absicherung geprägt. Sie war durchgehend in untergeordneter Stellung berufstätig und seit 1978 bei den Leipziger Wasserwerken angestellt. Eine ihrer Aufgaben dort bestand darin, die Daten zu aufgelaufenen Kundenguthaben zu pflegen, indem sie die von den Forderungsberechtigten mitgeteilten Kontoverbindungen im Computerprogramm aktualisierte. Die Rückzahlung wurde anschließend von übergeordneten Mitarbeitern ohne weitere sachliche Prüfung veranlasst. Die Tätigkeit der Angeklagten zählte im Verwaltungsapparat ihres Arbeitgebers zur „untersten Stufe“; sie war weder verfügungsberechtigt , noch konnte sie eigenständig Buchungen veranlassen.
3
Spätestens 1995 entschloss sich die Angeklagte, ihre Tätigkeit zu nutzen , um sich in erheblichem Umfang zu bereichern. Hierzu wählte sie solche Guthaben aus, für die bisher noch keine Rückzahlungsforderungen geltend gemacht worden waren, und gab in die Computermaske unter der Rubrik „Bankverbindung Geschäftspartner“ die Daten ihres Girokontos an. Durch einen Mitarbeiter der Buchhaltung wurde der Betrag in einem Sammelverfahren durch Betätigung der Freigabetaste ohne weitere Kontrolle zur Überweisung angewiesen.
4
Zwischen Mai 2000 und Februar 2005 veranlasste die Angeklagte in 242 Fällen unberechtigte Auszahlungen zwischen 200 Euro und 11.400 Euro auf ihr Konto. Nach der Überweisung entfernte sie ihre Kontodaten aus der Datei; forderten betroffene Kunden in vereinzelten Fällen ihr Guthaben zurück , überwies die Angeklagte den entsprechenden Betrag von ihrem Girokonto an die Wasserwerke und veranlasste von dort die Auszahlung an die Gläubiger. Von Juni 2003 bis Juli 2004 gab sie in sechs Fällen statt ihres Kontos die Bankverbindung ihres Sohnes an und erreichte so Überweisungen in Höhe von insgesamt 23.700 Euro auf dessen Konto. Entsprechend verfuhr sie in drei Fällen im Juli und August 2003, bei denen sie die Kontonummer ihrer Tochter angab, wodurch diese insgesamt 18.000 Euro erhielt.
5
In weiteren 16 Fällen wandelte die Angeklagte ihre Vorgehensweise etwas ab. So spiegelte sie zwischen November 2004 und April 2005 ihrer Kollegin S. , die zur manuellen Buchung berechtigt war, wahrheitswidrig vor, dass Guthaben an Kunden auszuzahlen seien. Frau S. überwies im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben der Angeklagten die von der Angeklagten vorgegebenen Beträge zwischen 2.000 Euro und 10.000 Euro auf das angegebene Konto, wobei es sich um das Girokonto der Angeklagten handelte.
6
Die auf Veranlassung der Angeklagten im Tatzeitraum herbeigeführten rechtsgrundlosen Überweisungen beliefen sich auf insgesamt etwa 630.000 Euro. Den weitaus überwiegenden Teil dieses Geldes legte die Angeklagte , die in sehr bescheidenen Verhältnissen lebte, langfristig an. Umgehend nach Entdeckung der Taten im Frühjahr 2005 bemühte sie sich um eine Schadensregulierung, erkannte im Rahmen einer Vereinbarung ihre Schadensersatzpflicht an und unterwarf sich insoweit der Zwangsvollstreckung. Die anerkannte Summe erfasste auch den durch Taten aus rechtsverjährter Zeit entstandenen Schaden. Ihre Ansprüche aus den Geldanlagen übertrug sie an die Wasserwerke, der – wegen der langjährigen Anlageform – relativ geringe Rückkaufwert betrug rund 475.000 Euro.
7
Das Landgericht ist von einer gewerbsmäßigen Begehungsweise der Angeklagten ausgegangen und hat die Strafen für jede Tat dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen. Innerhalb dessen hat es zu ihren Gunsten vor allem das frühe und von ernsthafter Reue getragene Geständnis, ihre Bemühungen um die Schadensregulierung, die Belastung durch die ausführliche Presseberichterstattung, die im privaten Bereich für die Angeklagte eingetretenen Erschwernisse – gesundheitliche Beeinträchtigungen und die Abwendung der Familie – sowie ihre Unbestraftheit gewertet. Als straferschwerende Gesichtspunkte haben insbesondere die sich aus der Vielzahl der Taten ergebenden negativen Schlüsse auf ihre Einstellung gegenüber den verletzten Rechtsgütern, die eine hohe kriminelle Energie offenbarende umsichtige Planung, die Gefährdung der beruflichen Entwicklung ihrer damaligen Kollegin S. und der Gesamtschaden der Wasserwerke Berücksichtigung gefunden.
8
Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat die Strafkammer nach der jeweiligen Schadenshöhe differenziert und in den 16 Fällen des Betruges jeweils eine Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten, im Übrigen in drei Fällen jeweils eine solche von sieben Monaten und in den übrigen Fällen jeweils die Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe verhängt. Ausgehend von einem „engen funktionellen Zusammenhang“ der Taten hat sie trotz Berücksichtigung des langen Zeitraums der Delinquenz einen straffen Zusammenzug der Strafen für angemessen erachtet. Weiterhin hat sie der Angeklagten eine günstige Kriminalprognose gestellt und im Hinblick auf ihre Reue, die Bemühungen zur Schadenswiedergutmachung und die außergerichtlich erlittenen Nachteile besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB angenommen.
9
2. Die vom Landgericht vorgenommene Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe sowie die Entscheidung zur Aussetzung der Vollstreckung sind nach Maßgabe der insoweit eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungskompetenz (vgl. BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 – 5 StR 86/05) nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die nach § 267 Abs. 3 Sätze 1 und 4 StPO bestimmenden Erwägungen bezeichnet und rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen.
10
a) Es ist auszuschließen, dass es einseitig nur mildernde Faktoren bedacht hätte, da es ausdrücklich auch die strafschärfenden Gesichtspunkte in den Blick genommen hat. Die Berücksichtigung der mildernden Strafzumessungsfaktoren lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
11
Die Beanstandung der mildernden Berücksichtigung des Geständnisses der Angeklagten geht fehl. Nach dem festgestellten Nachtatgeschehen trägt die Annahme eines nicht allein prozesstaktischen Erwägungen geschuldeten Geständnisses, welches ungemindert zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt werden durfte, ohne weiteres. Auch die strafmildernde Bewertung der Bemühungen um Schadenswiedergutmachung ist rechtsfehler- frei, insbesondere zeigen die zugrundeliegenden Erwägungen keine Lücken auf. Vielmehr erläutert das Landgericht die Differenz zwischen dem Rückkaufwert der Geldanlagen und der Schadenssumme vor allem als Folge der langfristigen Bindung der Geldanlagen. Dabei ist auch in den Blick genommen worden, dass nur der Teil des Schadens überwiegend ausgeglichen werden konnte, der durch die ausgeurteilten Taten entstanden ist, und dieser Ausgleich nicht durch persönlichen Verzicht, sondern durch die angelegte Beutesumme erfolgte. Schließlich lässt auch die mildernde Berücksichtigung einer besonderen Belastung der Angeklagten durch ein hohes Interesse der Medien an dem Verfahren keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertung 5). Es versteht sich von selbst, dass dieser vom Landgericht festgestellte Umstand eine Angeklagte belastend einschüchtert und beeindruckt, die aus einfachsten Verhältnissen stammt, die infolge der Aufdeckung der von ihr nicht für besonderen Luxus missbrauchten Taten in vielfältiger Weise – gesundheitlich, familiär, wirtschaftlich – empfindliche Störungen ihres bislang als geordnet empfundenen Lebens erfahren hat und die auch deshalb in besonderem Maße Reue und Scham über ihr Tatverhalten empfindet.
12
Ob der Einwand der Revisionsführerin zur angeblichen Nichtberücksichtigung verjährter Taten überhaupt prinzipiell berechtigt ist, kann dahinstehen. Denn das Landgericht hat entgegen diesem Einwand erkennbar Taten aus rechtsverjährter Zeit in die Bewertung des Gesamtverhaltens der Angeklagten einbezogen, soweit diese Schlüsse auf die Tatschuld zulassen, und hat die zu verhängende Strafe dem so ermittelten Unrechtsgehalt angepasst (vgl. hierzu BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 11, 19, 20). Es hat der Angeklagten auch den – im Rahmen der Urteilsfeststellungen (UA S. 8, 30, 44) berücksichtigten, wenngleich nicht bezifferten – Schaden aus rechtsverjährter Zeit angelastet. Dies wird belegt durch den Verweis auf den „erwirkten Gesamtschaden“ (UA S. 52), während die Urteilsgründe in anderem Zusammenhang ausdrücklich erkennen lassen, wenn allein der durch die „verfahrensgegenständlichen“ Taten (UA S. 49, 51) verursachte Vermögensnachteil in Bezug genommen werden soll. Die Strafkammer hat die verjährten Taten auch unter ausdrücklicher Würdigung der hierdurch erzielten „nicht unerheblichen“ (UA S. 44) Bereicherung für den Schluss herangezogen, die ausgeurteilten Taten seien nicht mehr maßgeblich durch ein Nachsicht verdienendes Absicherungsbedürfnis motiviert gewesen. Eine noch stärkere Gewichtung der verjährten Taten war von Rechts wegen nicht geboten, wäre vielmehr sogar bedenklich gewesen, zumal das durch die Verjährung belegte, durch Zeitablauf geschwundene Strafbedürfnis bei der Strafzumessung ganz maßgeblich zu beachten ist (vgl. BGH NJW 1985, 1719, 1720; G. Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 372).
13
b) Auch die Gesamtstrafenbildung ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat innerhalb des durch § 54 StGB vorgegebenen Rahmens bei der erforderlichen Gesamtschau (BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 7, 10, 11) die bestimmenden Gesichtspunkte rechtsfehlerfrei erkennbar gemacht (BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 5). Soweit die Revisionsführerin in diesem Zusammenhang beanstandet, die Strafkammer habe die Abwandlung der Begehungsweise nicht beachtet, zeigt dies keinen Rechtsfehler auf. Die Einbeziehung der Kollegin S. ist bei der Einzelstrafbildung strafschärfend berücksichtigt worden; dass die Strafkammer diesen Umstand bei der Bildung der Gesamtstrafe nicht mehr ausdrücklich benannt hat, gibt keinen Anlass zur Besorgnis, sie habe ihn überhaupt nicht mehr gewertet (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 17). Der Senat verkennt nicht, dass die erkannte Gesamtstrafe bei dem Gesamtgewicht der Taten außerordentlich maßvoll ist. Sie ist aber noch nicht unvertretbar milde und daher nicht allein ihrer Bemessung wegen vom Revisionsgericht zu beanstanden.
14
c) Schließlich ist die Strafaussetzung zur Bewährung rechtsfehlerfrei, insbesondere auch die Auffassung der Strafkammer, die Verteidigung der Rechtsordnung gebiete die Vollstreckung der Strafe nicht. Mit Rücksicht auf die angeführten Milderungsgründe und den Umstand, dass es sich bei der Angeklagten um eine „ganz unten stehende Angestellte ohne eigene Befug- nisse“ gehandelt habe, durfte das Landgericht davon ausgehen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts durch die Strafaussetzung nicht erschüttert werden würde (vgl. hierzu BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 19).
15
3. Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten (§ 301 StPO) sind nicht ersichtlich.
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 164/07
vom
7. November 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. November
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 21. November 2006 wird verworfen. 2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision und die dem Angeklagten durch das Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Betruges in zwölf Fällen und Verstößen gegen das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz bzw. das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Den Straftaten lagen folgende Tatbestände zugrunde:
2
Der Angeklagte hatte u.a. statt Elchfleisch billigeres Hirschfleisch, statt Gamsfleisch billigeres Mufflonfleisch, statt Frischfleisch Fleisch mit Konservierungsmitteln bzw. Tiefkühlware geliefert. In einem Fall erfolgte eine unhygienische Schlachtung von Fasanen, die jedoch nicht zu einer Substanzbeeinträch- tigung des verarbeiteten Fleisches führte, wenngleich der Normalverbraucher in Kenntnis der Schlachtumstände den Verzehr abgelehnt hätte.
3
Von den weiteren Vorwürfen des Inverkehrbringens von Lebensmitteln unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung durch unbefugte Veränderung des Mindesthaltbarkeitsdatums hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Es hat von der Verhängung eines Berufsverbotes gegen ihn abgesehen. Die Kammer hat es als ausreichend erachtet, im Rahmen des Bewährungsbeschlusses dem Angeklagten die Weisung zu erteilen, für die Dauer von drei Jahren sich jeglicher Tätigkeit im Bereich der Herstellung und Verarbeitung sowie Bearbeitung von Fleisch- und Wurstwaren zu enthalten. Der Angeklagte ist nunmehr als Handelsvertreter/Makler im Lebensmittelbereich tätig.
4
Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision die Verletzung sachlichen Rechts und erstrebt insbesondere eine Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde. Weiterhin beanstandet sie den Strafausspruch sowohl im Hinblick auf die Höhe der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe als auch in Bezug auf die Bewilligung der Strafaussetzung zur Bewährung. Sie wendet sich ferner gegen die unterbliebene Anordnung eines Berufsverbots. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

I.

5
Der Schuldspruch ist frei von Rechtsfehlern. Die Staatsanwaltschaft beanstandet ohne Erfolg, das Landgericht habe den Angeklagten in den Fällen III. der Urteilsgründe von den weiteren Vorwürfen des Inverkehrbringens von Lebensmitteln unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung durch unbefugte Veränderung des Mindesthaltbarkeitsdatums zu Unrecht freigespro- chen. Das Landgericht konnte schon nicht feststellen, dass der Angeklagte in den konkreten, der Anklage zu Grunde liegenden Fällen das Mindesthaltbarkeitsdatum tatsächlich verändert hat (UA S. 36, 37). Hierzu hat die Beweisaufnahme - so die Urteilsfeststellungen - keinen sicheren Nachweis erbracht, was auch die Beschwerdeführerin nicht beanstandet. Der Angeklagte war daher - wie geschehen - aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Auf die Rechtsfrage , ob der Angeklagte überhaupt zur Veränderung berechtigt gewesen wäre, kommt es somit nicht an.

II.

6
Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler auf:
7
1. Die Staatsanwaltschaft greift die Strafzumessung insgesamt an. Sie rügt, die ausgeworfenen Einzelstrafen beruhten auf rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägungen und verließen ebenso wie die gefundene Gesamtstrafe den Bereich tatrichterlichen Ermessens, weil sie nicht mehr als angemessener Schuldausgleich angesehen werden könnten. Die Strafkammer habe wesentliche strafzumessungsrelevante Gesichtspunkte unerörtert gelassen.
8
Die Strafzumessung unterliegt nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters , auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Person des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr., vgl. BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; BGH NJW 1995, 340; BGH, Urt. vom 20. Januar 2004 - 1 StR 319/03; BGH, Beschl. vom 29. Juni 2005 - 1 StR 149/05). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe und für die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung (BGHR § 54 Abs. 1 StGB Bemessung 5 und 11; BGH, Urt. vom 24. März 1999 - 3 StR 556/98).
9
a) An diesen revisionsrechtlichen Maßstäben gemessen hält die Strafzumessung - wie vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt - rechtlicher Überprüfung "noch stand". Das Landgericht hat dem Angeklagten mehrere, als erheblich bewertete Milderungsgründe zugute gehalten. Das dagegen gerichtete Vorbringen der Staatsanwaltschaft läuft im Wesentlichen darauf hinaus, diese Umstände abweichend zu werten. Dies ist im Revisionsverfahren unzulässig. Rechtsfehler, die ein Eingreifen des Revisionsgerichts rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Kammer hat zwar in acht Fällen als Einzelstrafe jeweils die Mindeststrafe des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB verhängt und ist dementsprechend auch zu einer milden Gesamtstrafe gekommen. Dies überschreitet jedoch noch nicht die Grenzen dessen, was im Hinblick auf die Gesamtumstände bei dem nicht vorbestraften Angeklagten als gerechter Schuldausgleich anzusehen ist.
10
b) Rechtsfehlerhaft wäre es allerdings, wenn der Tatrichter die erkannten Strafen nur deshalb in der Höhe ausgesprochen hätte, damit die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe nach § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden konnte - wie die Staatsanwaltschaft vorträgt - (vgl. BGHSt 29, 319, 321; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 29; BGH, Urt. vom 13. Dezember 2001 - 4 StR 363/01). Dies ist dem angefochtenen Urteil indes nicht zu entnehmen. Dass das Landgericht - wie nahe liegend anzunehmen ist - die Frage der Aussetzbarkeit der Strafvollstreckung bei der Findung schuldangemessener Sanktionen mitberücksichtigt hat, begründet für sich noch keinen durchgreifenden Rechtsfehler (BGH, Urt. vom 13. Dezember 2001 - 4 StR 363/01).
11
c) Die Strafzumessungserwägungen sind auch nicht lückenhaft. Der Tatrichter braucht im Urteil nur diejenigen Umstände anzuführen, die für die Bemessung der Strafe bestimmend sind, § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO; eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich (st. Rspr., vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 2; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 18; BGH, Beschl. vom 23. Oktober 1992 - 2 StR 483/92; BGH, Beschl. vom 19. Juli 2002 - 2 StR 255/02). Wenn vom Tatrichter nicht jeder zu Gunsten oder zu Lasten eines Angeklagten sprechende Umstand ausdrücklich angesprochen wird, so lässt das noch nicht ohne weiteres annehmen, er habe ihn übersehen. Ein Rechtsfehler liegt erst vor, wenn ein wesentlicher, die Tat prägender Gesichtspunkt erkennbar nicht berücksichtigt wurde (BGH StV 1994, 17; BGH, Beschl. vom 19. Juli 2002 - 2 StR 255/02). Das ist hier nicht zu besorgen. Entgegen dem Vorbringen der Revision hat der Tatrichter in seine Überlegungen auch einbezogen, dass die Straftaten das Vertrauen der Verbraucher in den ordnungsgemäßen Ablauf des Fleischhandels und der Fleischgewinnung erschüttert und Verunsicherung ausgelöst haben (UA S. 91). Der Tatrichter hat die für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände umfassend gewürdigt.
12
d) Soweit die Revision rügt, den von der Kammer wesentlich strafmildernd berücksichtigten Umständen des Unternehmensverlustes und des öffentlichen Drucks komme vorliegend wegen des "lediglich losen Zusammenhangs" mit dem Ermittlungs- und Gerichtsverfahren keine wesentliche Bedeutung zu, bleibt ihr der Erfolg ebenfalls versagt. Die Kammer wertete den Verlust des Unternehmens infolge der Beschlagnahme des Warenbestandes, der Kontosperrung durch die Banken und der Insolvenzanmeldung sowie die persönliche Haftung des Angeklagten und den Druck durch die mediale Berichterstattung, dem der Angeklagte ausgesetzt war, als "vorweggenommene Bestrafung" erkennbar strafmildernd (UA S. 84, 85 f.).
13
Der zentrale Vorwurf in der öffentlichen Diskussion war geprägt durch die Begriffe "Gammelfleisch" und "Ekelfleisch". Dadurch wurde nach den Urteilsfeststellungen der Eindruck vermittelt, der Angeklagte habe gesundheitsgefährdendes Fleisch in den Verkehr gebracht und bedenkenlos die Gesundheit des Verbrauchers seinen finanziellen Zielen untergeordnet.
14
Diese Umstände durfte das Landgericht grundsätzlich auch als Strafmilderungsgründe heranziehen. Zwar sind nachteilige, typische und vorhersehbare Folgen für den Täter nicht schlechthin strafmildernd. Wer bei seiner Tat bestimmte Nachteile für sich selbst (zwar nicht gewollt, aber) bewusst auf sich genommen hat, verdient in der Regel keine strafmildernde Berücksichtigung solcher Folgen (BGH wistra 2005, 458; Stree in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 46 Rdn. 55). Gehen jedoch die Tatfolgen - wie vorliegend - für den Angeklagten durch Insolvenz und persönliche Inanspruchnahme für Kreditverbindlichkeiten in ihrer wirtschaftlichen Dimension über den bloßen Betrugsschaden hinaus, so dürfen sie zugunsten des Angeklagten in die Abwägung eingestellt werden (vgl. BGH, Urt. vom 22. März 2006 - 5 StR 475/05). Dies gilt auch für den besonderen Druck der medialen Berichterstattung, der weit über das hinausging , was jeder Straftäter über sich ergehen lassen muss, dessen Fall in das Licht der Öffentlichkeit gerät - so das Landgericht -. Die Tendenz zur Emotionalisierung des Sachverhalts und Vorverurteilung war mit einer erheblichen seelischen Belastung für den Angeklagten verbunden.
15
e) Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen beanstandet, die Strafkammer sei "im Wesentlichen von einem zu geringen Schuldumfang" des Angeklagten ausgegangen, setzt sie nur die eigene Bewertung an die Stelle der des Tatrichters, ohne Rechtsfehler aufzuzeigen. Der Tatrichter hat das Gesamtgewicht der Taten berücksichtigt und dabei unter anderem zutreffend auf die Schadenshöhe, die Anzahl der Taten und die vom Angeklagten aufgebrachte kriminelle Energie abgehoben. Er hat sehr wohl unterschieden zwischen juristischem Schaden - der vollen Kaufpreiszahlung - und dem wirtschaftlichen Vermögensvorteil des Angeklagten - der Preisdifferenz zwischen den Fleischarten - (UA S. 69, 72, 76, 78).
16
2. Gegen die Bewilligung der Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 Abs. 2 StGB wendet die Beschwerdeführerin ein, besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB lägen nicht vor. Mit diesem Vorbringen setzt die Beschwerdeführerin wiederum in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle der Auffassung des Landgerichts. Auch mit dieser Rüge kann die Beschwerdeführerin deshalb nicht durchdringen. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 StGB, die es "als gerade noch gegeben" ansieht, wenngleich es sich "um einen Grenzfall handelt" (UA S. 95), eingehend und mit vertretbaren Erwägungen begründet. Es hat auf das Zusammentreffen - schon erwähnter - mehrerer durchschnittlicher Milderungsgründe abgestellt, welche die Bedeutung besonderer Umstände erlangen können. Auch diese Entschei- dung hält sich im Rahmen des dem Tatrichter insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums.
17
3. Die Darlegungen der Strafkammer, mit denen sie verneint, dass die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Strafe gebietet, halten rechtlicher Prüfung ebenfalls stand. Eine Strafaussetzung zur Bewährung kann nach § 56 Abs. 3 StGB nur versagt werden, wenn sie im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte (vgl. BGHSt 24, 40, 46; BGH StV 1998, 260; BGH NStZ 2001, 319; BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 13). Das Landgericht hat die Verneinung des § 56 Abs. 3 StGB eingehend und mit vertretbaren Erwägungen begründet. Es hat bei der Prüfung dieser Frage nochmals die gesamten Tatumstände und die Persönlichkeit des Angeklagten gewürdigt. Mit Rücksicht auf die vom Landgericht angeführten Milderungsgründe , insbesondere bei Beachtung der persönlichen Folgen der Taten für den Angeklagten u.a. durch den Verlust seines Unternehmens, ist die Annahme der Kammer hinzunehmen, die Rechtstreue der Bevölkerung werde nicht ernsthaft beeinträchtigt und es werde von der Allgemeinheit bei Kenntnis der festgestellten Sachlage, die sich wesentlich von der in der öffentlichen Berichterstattung unterscheidet, nicht als ungerechtfertigtes Zurückweichen vor der Kriminalität angesehen, dass die Vollstreckung der Strafe im vorliegenden Fall zur Bewährung ausgesetzt wird (vgl. BGH wistra 2000, 96). Das Landgericht hat sehr wohl unterschieden zwischen den im Rahmen der Ermittlungen aufgedeckten Missständen in anderen Betrieben und der individuellen Tatschuld des Angeklagten, die nicht dazu führen könne, an ihm ein Exempel zu statuieren.

III.

18
Schließlich weist auch die Entscheidung des Landgerichts, von der Anordnung eines Berufsverbots nach § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB abzusehen, keinen Rechtsfehler auf. Die in das Ermessen des Gerichts gestellte Maßregel der Besserung und Sicherung "Berufsverbot" soll die Allgemeinheit vor den Gefahren schützen, die von der Ausübung eines Berufs durch hierfür nicht hinreichend zuverlässige Personen ausgehen. Sie kann unter anderem gegen denjenigen angeordnet werden, der wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wurde, die er unter Missbrauch seines Berufs oder unter grober Verletzung der damit verbundenen Pflichten begangen hat, wenn eine Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen lässt, dass er bei weiterer Ausübung dieses Berufs erhebliche rechtswidrige Straftaten begehen wird (vgl. BGH, Urt. vom 20. Januar 2004 - 1 StR 319/03).
19
Eine solche Gefahr hat die Strafkammer nicht festgestellt. Sie hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verhängung eines Berufsverbots verneint , weil sie bei der von ihr vorgenommenen Gesamtwürdigung des Angeklagten und der Taten zu dem Ergebnis gelangt, es lasse sich keine Gefahr erkennen , dass der Angeklagte bei weiterer Ausübung seines Berufes erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde. Sie sei davon überzeugt, dass es zur Einwirkung auf den Angeklagten ausreiche, im Rahmen "einer Auflage bzw. Weisung im Bewährungsbeschluss anzuordnen, dass der Angeklagte sich während der Dauer von drei Jahren jeglicher Tätigkeit im Bereich der Herstellung und Verarbeitung sowie Bearbeitung von Fleisch- und Wurstwaren zu enthalten hat" (UA S. 38). Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Der Senat vermag keinen Ermessensfehler in der von der Strafkammer angestellten Ge- samtwürdigung zu erkennen. Der Gesetzgeber hat dem Tatrichter bewusst einen weiten Ermessensspielraum zur Verfügung gestellt, um unbillige Ergebnisse bei dieser schwerwiegenden Rechtsfolge zu vermeiden (vgl. BGH, Urt. vom 20. Januar 2004 - 1 StR 319/03; Urt. vom 24. April 2007 - 1 StR 439/06). Die Kammer ist unter Würdigung der Person des Angeklagten und seiner Taten zu der - revisionsrechtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbaren - Prognose gelangt, dass dieser in Verbindung mit seinem bisher ausgeübten Beruf im Bereich des (Wild-)Fleischhandels künftig keine erheblichen Rechtsverletzungen begehen werde. Die Strafkammer ist jedenfalls davon überzeugt, dass die im Bewährungsbeschluss angeordnete Weisung zur Einwirkung auf den Angeklagten ausreicht. Diese Erwägungen der Kammer sind nachvollziehbar und lassen einen Ermessensfehler nicht erkennen.
20
Es kann dahinstehen, ob die Weisung, zeitweise im Bereich der Herstellung , Ver- und Bearbeitung von Fleisch- und Wurstwaren nicht tätig zu sein, zulässig ist (so BGHSt 9, 258, 260; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 56c Rdn. 24; Groß in MK-StGB § 56c Rdn. 12, 23) oder ob dies nur unter den in § 70 StGB angegebenen Voraussetzungen angeordnet werden darf (so Ostendorf in NK 2. Aufl. § 56c Rdn. 4; Stree in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 56c Rdn. 1; Horn in SK-StGB 41. Lfg. § 56c Rdn. 7; OLG Hamm NJW 1955, 34), weil es einem zeitigen Berufsverbot gleichkomme. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB verneint. Die Frage, ob die im Bewährungsbeschluss nach § 268a Abs. 1 StPO angeordnete Weisung zulässig ist, unterliegt nicht der revisionsrechtlichen Kontrolle (Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 268a Rdn. 10).
Nack Boetticher Hebenstreit Elf Graf

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.