Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Sept. 2015 - 5 StR 314/15

bei uns veröffentlicht am02.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 314/15
vom
2. September 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges u.a.
hier: Revision des Angeklagten S.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. September 2015 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil
des Landgerichts Kiel vom 3. Februar 2015 nach § 349
Abs. 4 StPO unter Aufrechterhaltung der Feststellungen aufgehoben

a) hinsichtlich dieses Angeklagten im Schuldspruch im Fall 1
der Urteilsgründe, im Strafausspruch in den Fällen 3, 5
und 8 der Urteilsgründe, im Ausspruch über die Entscheidung
nach § 111i Abs. 2 StPO und im Gesamtstrafausspruch
,

b) gemäß § 357 Satz 1 StPO hinsichtlich des Mitangeklagten
G. im Strafausspruch im Fall 5 der Urteilsgründe, im
Ausspruch über die Entscheidung nach § 111i Abs. 2
StPO und im Gesamtstrafausspruch,

c) gemäß § 357 Satz 1 StPO hinsichtlich des Mitangeklagten
H. im Strafausspruch in den Fällen 5 und 8 der Urteilsgründe
und im Gesamtstrafausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten S. wird
nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. – unter Freispruch im Übrigen – wegen „Betruges in sechs Fällen, wegen versuchten Betruges in zwei Fällen, wegen Unterschlagung, wegen Vortäuschens einer Straftat sowie Anstiftung zum Vortäuschen einer Straftat in zwei Fällen, Anstiftung zur falschen Versicherung an Eides Statt und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt, dass Ansprüche von Verletzten der Anordnung von Wertersatzverfall entgegenstehen, und den Betrag des Erlangten mit 198.780 Euro beziffert.
2
Den nicht revidierenden Mitangeklagten G. hat das Landgericht wegen Betruges in zwei Fällen, wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen sowie wegen Vortäuschens einer Straftat unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass Ansprüche von Verletzten der Anordnung von Wertersatzverfall entgegenstehen; den Betrag des Erlangten hat es mit 48.500 Euro beziffert.
3
Der nicht revidierende Mitangeklagte H. ist wegen Betruges in zwei Fällen, wegen versuchten Betruges in zwei Fällen sowie wegen Anstiftung zur Vortäuschung einer Straftat zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden.
4
Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten S. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Revision des Angeklagten S. führt zudem hinsichtlich der nichtrevidierenden Mitangeklagten zur Aufhebung des Urteils in dem in der Beschlussformel ersichtlichen Umfang (§ 357 Satz 1 StPO).
5
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
6
a) Am 30. März 2011 bestellte der Angeklagte S. beim Autohaus B. einen Mercedes 350 für 61.880 Euro, den er über einen Kredit der M. -B. finanzierte. S. verfügte zwar über erhebliche Geldmittel, deren Herkunft und Umfang nicht festgestellt werden konnte (UA S. 6). Ihm war jedoch bewusst, dass der Kredit nur gewährt werden würde, wenn er ein zuverlässiges regelmäßiges Einkommen nachweisen könnte. Deshalb reichte er bei Kreditantragsstellung eine gefälschte Gehaltsbescheinigung ein, die ein monatliches Einkommen von rund 2.200 Euro auswies. Nach Anzahlung von 16.500 Euro erhielt S. das Fahrzeug. Die vertraglich vereinbarten Kreditraten von monatlich 699,35 Euro bei einer Laufzeit von drei Jahren und einer Schlussrate von 26.000 Euro bediente er bis Dezember 2012 (Fall 1).
7
Spätestens im November 2012 plante S. , den Pkw bei der HU. wahrheitswidrig als gestohlen zu melden, um die Versicherungssumme aus der im April 2011 abgeschlossenen Kaskoversicherung zu erlangen. Zu diesem Zweck meldete er am 25. November 2012 den Diebstahl des Fahrzeugs bei der Polizei (Fall 2 a) und zeigte ihn am 29. November 2012 bei der Versicherung an. Im Vertrauen auf die Richtigkeit seiner Angaben, zahlte der Versicherer 35.168,71 Euro an die M. –B. und 5.101,46 Euro an den Angeklagten (Fall 2 b). Tatsächlich hielt der Angeklagte den Pkw versteckt, um Teile für andere Fahrzeuge zu verwenden.
8
b) Am 15. August 2012 veranlasste S. den anderweitig verfolgten F. , ebenfalls beim Autohaus B. einen von der M. –B. finanzierten Mercedes 350 für 59.900 Euro zu erwerben. Um dessen tatsächlich nicht vorhandene Kreditwürdigkeit nachzuweisen, übergab S. dem F. eine gefälschte Gehaltsbescheinigung, die ein monatliches Nettogehalt von etwa 2.150 Euro auswies. Nach Abschluss des Darlehensvertrages und einer Anzahlung von 14.000 Euro, die S. dem F. aushändigte, erhielt F. den Pkw, den er absprachegemäß S. überließ. Dieser „sorgte da- für“, dass F. die monatlichen Kreditraten von 660,06 Euro bei einer Laufzeit von drei Jahren und einer vorgesehenen Schlussrate von 26.955 Euro bis Mai 2013 bedienen konnte. Die offene Forderung der M. –B. gegen- über F. betrug im Juni 2014 noch 43.668,16 Euro (Fall 3).
9
S. hatte vor, die Kreditraten lediglich für eine „gewisse Zeit“ zu zahlen und das an den Kreditgeber sicherungsübereignete Fahrzeug an einen gutgläubigen Erwerber zu veräußern. Zu diesem Zweck veranlasste er, dass F. am 10. Oktober 2012 bei der Zulassungsbehörde eine „falsche eidesstattliche Versicherung mit dem Inhalt abgab, dass er die Zulassungsbescheinigung für das Fahrzeug verloren habe und es nicht verpfändet oder sicherungsübereignet sei. F. wurde eine neue Zulassungsbescheinigung ausgestellt (Fall 4 a). Am 28. Januar 2013 verkaufte S. das Fahrzeug in Zusammenwirken mit F. für 49.000 Euro an einen gutgläubigen Dritten (Fall 4 b).
10
c) Anfang 2013 beauftragte S. den Mitangeklagten H. , ihm einen weiteren „Käufer“ für einen Mercedes zu vermitteln. H. stellte den Kontakt zu dem Mitangeklagten G. her, der nicht erwerbstätig war und Geld benötigte. Entsprechend dem gemeinsamen Tatplan begab sich G. am 19. Januar 2013 mit einer von S. besorgten gefälschten Gehaltsbescheinigung über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.934,52 Euro zum Autohaus B. und schloss mit der M. –B. einen Darlehensver- trag (Anzahlungsbetrag von 10.000 Euro, dreijährige Laufzeit mit monatlichen Raten zu 538,99 Euro) zum Kauf eines Mercedes 350 für 48.500 Euro ab. S. gab G. den Anzahlungsbetrag und sorgte dafür, dass G. die Kreditraten bis einschließlich Dezember 2013 zahlen konnte. Absprachegemäß überließ G. dem Angeklagten S. das Fahrzeug. Die Restforderung der M. –B. gegenüber G. beläuft sich auf 7.419,44 Euro (Fall 5).
11
Am 9. April 2013 verursachte S. mit weiteren Personen mit dem Pkw einen „gestellten“ Unfall. G. machtebei der Haftpflichtversicherung einen Schaden von 9.920,89 Euro geltend. Der Haftpflichtversicherer zog jedoch den von den Unfallbeteiligten behaupteten Unfallhergang in Zweifel und verweigerte die Zahlung (Fall 6).
12
Am 24. November 2013 meldete G. auf Veranlassung S. s das Fahrzeug bei der Polizei als gestohlen (Fall 7a). Einen Tag später zeigte er den Diebstahl des Pkw bei seiner Kaskoversicherung an, die den Schaden am 15. Januar 2014 regulierte und der M. –B. 28.314,12 Euro erstattete (Fall 7 b).
13
d) Im April 2013 vermittelte H. dem Angeklagten S. seinen Bekannten N. , der lediglich über eine monatliche Rente von 575 Euro verfügte, als möglichen „Erwerber“ eines weiteren Fahrzeuges. N. begab sich am 16. April 2013 mit einer von S. beschafften gefälschten Gehaltsbescheinigung, die ein monatliches Nettogehalt von 3.311,85 Euro auswies, zum Autohaus B. , bestellte einen Mercedes zum Kaufpreis von 77.000 Euro und schloss mit der M. –B. einen Darlehensvertrag über 74.816,40 Euro bei einer Laufzeit von drei Jahren und monatlichen Raten von 933,05 Euro und einer Anzahlung von 12.600 Euro ab. Die Anzahlung leistete S. , dem auch das Fahrzeug übergeben wurde. S. plante die Raten „nicht vollständig“ zu bezahlen, sondern zunächst einen Unfall vorzutäu- schen und das Fahrzeug später – nach einer Diebstahlsanzeige und Geldmachung des Diebstahlsschadens – „verschwinden“ zu lassen (Fall 8).
14
Ende Mai 2013 verursachte S. mit dem Pkw mit Hilfe eingeweihter Beteiligter zwei Kollisionen mit dem Fahrzeug des vorgeblichen Unfallgegners. Dessen Haftpflichtversicherung regulierte den geltend gemachten Schaden am Fahrzeug wegen Zweifeln am Unfallhergang jedoch nicht. Auf Betreiben S. s wurde die Schadensforderung gerichtlich geltend gemacht (Fall 9). Auf Veranlassung S. s zeigte N. am 27. Januar 2014 den angeblichen Diebstahl des Fahrzeugs bei der Polizei an. Anschließend machte er den Diebstahlsschaden auf Veranlassung S. s bei seiner Kaskoversicherung geltend. Diese regulierte den Schaden jedoch nicht, weil N. sich am 31. Januar 2014 selbst anzeigte und zugab, dass der Diebstahl des Pkw vorgetäuscht war (Fall 10).
15
e) Bei der Durchsuchung der vom Angeklagten S. genutzten Wohnung wurden am 19. April 2014 ein Schlagring und eine Gaspistole aufgefunden (Fall 11).
16
2. In den Fällen 1, 3, 5 und 8 hat das Landgericht den Angeklagten S. und die Mitangeklagten – soweit sie beteiligt waren – wegen Betruges verurteilt. Zur Darlegung des Vermögensschadens hat die Strafkammer ausgeführt, dass es bei der Erlangung eines Kredits darauf ankomme, „ob sich zum Zeitpunkt der Verfügung nach Maßgabe der vertraglichen Einigung gleich- wertige Gegenleistungen gegenüberstehen, ob also die Gegenleistung oder der Anspruch auf sie einen Wert hat, der dem vom Verfügenden vorausgesetzten wirtschaftlichen Wert entspricht“. Beim „Kreditbetrug“ sei davon auszugehen, dass die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs des Darlehensgebers durch die Bonität bestimmt sei. Dadurch entstehe (spätestens) mit Auszahlung der Darlehensvaluta ein Schaden in Form einer Vermögensgefährdung, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht bestehe. So „lägen die Dinge auch hier, denn auf Seiten der M. –B. bestandaufgrund der gefälschten Gehaltsbescheinigung die Vorstellung, dass die ratenweise Rückzahlung des Darlehens durch die regelmäßig eingehenden Gehaltszahlungen“ des Darlehensnehmers „gesichert war, was in Wahrheit nicht der Fall war“.
17
3. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 1 sowie jeweils zur Aufhebung des Strafausspruchs in den Fällen 3, 5 und 8.
18
a) Im Fall 1 hält die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges bereits deshalb sachlicher-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil das Landgericht den Betrugsvorsatz beweiswürdigungsrechtlich nicht hinreichend belegt (§ 261 StPO). Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass er im Fall 1 den Pkw zwar nicht in einer Summe habe bezahlen können, jedoch ausreichend Geld zur Verfügung gehabt habe, um die Anzahlung und die nachfolgenden Raten zahlen zu können. Seine Vermögensverhältnisse habe er aber nicht nachweisen können. Deshalb habe er zur Darstellung seiner Kreditwürdigkeit eine gefälschte Gehaltsbescheinigung bei Beantragung des Darlehens vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht vorgehabt, den Darlehensgeber zu betrügen; auf die Idee, das Fahrzeug als gestohlen zu melden, habe ihn erst später der Mitangeklagte H. gebracht.
19
Diese Einlassung hat das Landgericht nicht widerlegt. Es geht selbst da- von aus, dass der Angeklagte bei Vertragsabschluss über „erhebliche“ Geldmit- tel ungeklärter Herkunft verfügte, so dass allein durch die Vorlage einer gefälschten Gehaltsbescheinigung bei erfolgter Tilgung der Raten über einen Zeitraum von 20 Monaten nicht ohne Weiteres auf einen Betrugsvorsatz geschlossen werden kann. Die Feststellung, dass der Angeklagte seit 2010 keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachging, jedoch im Zeitraum 2008 bis Oktober 2013 eine Vielzahl von Bareinzahlungen auf seine Konten vornahm, um Überweisungen zu ermöglichen, ist jedenfalls nicht geeignet, einen Betrugsvorsatz zu belegen. Entsprechendes gilt für die strafzumessungsrechtlich angestellte Erwägung, dass eine „Steigerung des Unrechts von Autokauf zu Auto- kauf (Fälle 1, 3, 5, 8)“ stattgefunden habe. Denn die spätere Begehung ähnlicher Taten lässt keinen hinreichenden Schluss zu, dass das „System“ bereits bei dem zeitlich vorgelagerten Fall 1 vom Angeklagten praktiziert wurde.
20
b) In den Fällen 3, 5 und 8 – ebenso auch im Fall 1 – hält die Darstellung des eingetretenen Vermögensschadens rechtlicher Prüfung nicht stand.
21
Unter Beachtung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2011 (BVerfGE 130, 1) bedarf es im Falle eines Eingehungsbetrugs einer ausreichenden Beschreibung und Bezifferung des täuschungsbedingten Vermögensschadens. Da speziell beim Eingehungsbetrug die Schadenshöhe entscheidend von der Wahrscheinlichkeit und vom Risiko eines zukünftigen Verlustes abhängt, setzt die Bestimmung eines (Mindest-)Schadens voraus, dass die Verlustwahrscheinlichkeit tragfähig eingeschätzt wird (vgl. BVerfGE aaO, S. 48 f.). Denn ist aufgrund der fehlenden Bonität des Schuldners und nicht ausreichender Sicherheiten konkret erkennbar, dass mit einem (teilweisen) Forderungsausfall zu rechnen ist, müssen gegebenenfalls Korrek- turen – etwa entsprechend banküblicher Bewertungsansätze für Wertberichtigungen – vorgenommen werden, die ihrerseits ungeachtet der praktischen Schwierigkeiten ihrer Ermittlung auch im Rahmen der Schadensberechnung zugrunde gelegt werden können, ohne dass es auf den tatsächlichen Verlauf des Darlehensverhältnisses (noch) ankommt (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 13. April 2012 – 5 StR 442/11, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 76; vom 4. Februar 2014 – 3 StR 347/13, StraFo 2014, 166; und vom 20. Mai 2014 – 4 StR 143/14, wistra 2014, 349).
22
Gemessen daran erweist sich bereits die Schadensdarstellung des Landgerichts als unzureichend. Es geht wohl von einer schadensgleichen Vermögensgefährdung in Höhe der jeweiligen, in den Fällen 1, 3 und 5 überdies nicht bezifferten Darlehensbeträge aus. Ob hiervon die für den Autokauf geleisteten Anzahlungsbeträge in Abzug gebracht wurden, wird nicht mitgeteilt. Gleiches gilt für die – naheliegend zu bejahende – Frage, ob in den Fällen 1, 5 und 8 die Fahrzeuge an die M. –B. sicherungsübereignet wurden.
23
Unzutreffend ist auch die Ansicht des Landgerichts, hinsichtlich der Höhe des Vermögensschadens allein auf die bei Beantragung des Darlehens vorgelegte gefälschte Gehaltsbescheinigung des jeweiligen Darlehensnehmers abstellen zu können, um einen Gefährdungsschaden in voller Höhe des Darlehensbetrages anzunehmen, weil der Rückzahlungsanspruch aufgrund des in Wahrheit nicht bestehenden Beschäftigungsverhältnisses nicht der vertraglich vorausgesetzten Werthaltigkeit entspreche. Der betrugsbedingte Vermögensschaden hätte vielmehr durch eine Bewertung des täuschungsbedingten Risikoungleichgewichts ermittelt werden müssen, für dessen Berechnung maßgeblich ist, ob und in welchem Umfang die das Darlehen ausreichende M. – B. ein höheres Ausfallrisiko trifft, als es bestanden hätte, wenn die risikobe- stimmenden Faktoren vom Darlehensnehmer zutreffend angegeben worden wären. In diesem Zusammenhang hätte auch die Werthaltigkeit etwaiger Sicherheiten – wie die Sicherungsübereignung der Fahrzeuge – in den Blick genommen und wirtschaftlich in Ansatz gebracht werden müssen.
24
4. In den Fällen 3, 5 und 8 schließt der Senat aus, dass überhaupt kein Schaden entstanden ist. Da der Rechtsfehler somit allein in der unterbliebenen konkreten Bezifferung des Schadensumfangs liegt, sind insoweit lediglich die Strafaussprüche aufzuheben. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 1 und die Aufhebung der Strafaussprüche in den Fällen 3, 5 und 8 ziehen die Aufhebung der gegen den Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO nach sich. Hinsichtlich letzterer Entscheidung ist zudem mangels Darstellung nicht nachvollziehbar, ob der Betrag des Erlangten im Sinne dieser Vorschrift zutreffend berechnet wurde.
25
5. Die Aufhebung des Urteils zugunsten des Angeklagten S. erstreckt sich im Fall 5 und 8 auf den Mitangeklagten H. und im Fall 5 auf den Mitangeklagten G. . Die insoweit verhängten Einzelfreiheitsstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafen – beim Mitangeklagten G. auch die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO – sind daher aufzuheben (§ 357 Satz 1 StPO).
26
6. Einer Aufhebung der Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) bedarf es nicht, weil sie von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind. Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen sind insbesondere zur Darstellung und Bezifferung des Schadensumfangs zu treffen.
Sander Ri’inBGH Dr. Schneider König ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander
Berger Bellay

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Sept. 2015 - 5 StR 314/15

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(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Schadensberechnung bei täuschungsbedingt gewährtem Darlehen.
BGH, Beschluss vom 13. April 2012 – 5 StR 442/11
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. April 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. April 2012

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten W. , Ü. , B. und G. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Juli 2010 mit den zugehörigen Feststellungen nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit diese Angeklagten verurteilt worden sind; aufrecht erhalten bleiben jedoch die Feststellungen zu den äußeren Umständen der Kreditgewährungen, zu den Beziehungen der Beteiligten untereinander sowie zur inneren Tatseite beim Angeklagten G. ; insoweit werden die Revisionen als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten W. und Ü. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 15 bzw. 14 Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren bzw. zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten B. hat es wegen Betrugs in vier Fällen schuldig gesprochen und mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten belegt, wobei die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen den Angeklagten G. hat das Landgericht wegen Beihilfe zum Betrug in elf Fällen eine – gleichfalls zur Bewährung ausgesetzte – Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Daneben hat es als Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung bei den Angeklagten zwei bis sechs Monate auf die ausgeurteilten Freiheitsstrafen als vollstreckt angerechnet. Die Revisionen der Angeklagten haben in dem sich aus dem Beschlusstenor ergebenden Umfang mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrüge , mit der die ordnungsgemäße Durchführung des Selbstleseverfahrens III beanstandet wird, kommt es mithin nicht mehr an. Im Übrigen sind die Verfahrensrügen im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO erfolglos.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Die Angeklagten W. und Ü. entwickelten zusammen mit dem bereits verstorbenen O. den Plan, bei Immobilienverkäufen einen wesentlich höheren Betrag als tatsächlich vereinbart als Kaufpreis auszuweisen , der dann von der LBS als der kreditgewährenden Bank – gegebenenfalls mit Abschlägen bis zu 30 % – finanziert wurde, wobei Ausfallbürgschaften der Bremer Landesbank beigebracht wurden, soweit die Kreditsumme die Beleihungsgrenze überstieg. Den Plan setzten sie in den 15 Verurteilungsfällen auch um. Auf diese Art sollten auf dem stagnierenden Berliner Wohnungsmarkt Immobilien auch an Personen ohne Eigenkapital oder an Bezieher geringerer Einkommen veräußert werden. Zum Teil wurden aus der im Vergleich zum tatsächlich vereinbarten Kaufpreis überschießenden Kreditsumme auch Altschulden der Kunden abgelöst.
4
Der Angeklagte B. warb in vier Fällen als freiberuflich tätiger Kreditvermittler die Kunden. Der Angeklagte G. nahm als Notar in elf Fällen die Beurkundungen vor. Er teilte der finanzierenden LBS dann mit, dass ihm gegenüber das (tatsächlich nicht vorhandene) Eigenkapital nachgewiesen sei. Tatsächlich lag ihm zu diesem Zeitpunkt lediglich ein von der Verkäuferseite ausgestellter (gedeckter) Scheck vor, den er bei Auszahlungsreife des Kaufpreises an den Aussteller zurückgab. Die Darlehen zum Kauf der Immo- bilien, für die Grundschulden zugunsten der LBS eingetragen wurden, konnten von den Erwerbern teilweise nicht zurückgeführt werden.
5
2. Das Landgericht geht ersichtlich von einem Eingehungsbetrug aus, den Ü. , W. und O. als Bande begangen hätten. Täuschungsbedingt sei die LBS bei der Kreditgewährung ein höheres Wagnis eingegangen. Den Schaden berechnet das Landgericht aus der Differenz der Kreditsumme zum tatsächlichen Verkehrswert der Grundstücke, wobei es – zugunsten der Angeklagten – den Verkehrswert mit dem tatsächlich be- zahlten Kaufpreis gleichsetzt. Gestellte Bürgschaften hat es hiervon in Abzug gebracht. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht einen Gesamtschaden in Höhe von über 170.000 Euro festgestellt.

II.


6
Die Schadensberechnung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Schuldsprüche.
7
1. Unter Beachtung des – nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangenen – Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2011 (NJW 2012, 907 ff.) bedarf es im Falle der Annahme eines Eingehungsbetrugs einer ausreichenden Beschreibung und Bezifferung der täuschungsbedingten Vermögensschäden. Da speziell beim Eingehungsbetrug die Schadenshöhe entscheidend von der Wahrscheinlichkeit und vom Risiko eines zukünftigen Verlusts abhängt, setzt die Bestimmung eines Mindestschadens voraus, dass die Verlustwahrscheinlichkeit tragfähig eingeschätzt wird (BVerfG aaO, 915 ff.). Hierbei können die banküblichen Bewertungsansätze für Wertberichtigungen Anwendung finden (vgl. § 253 Abs. 4; § 340f HGB). Denn ist aufgrund der fehlenden Bonität des Schuldners und nicht ausreichender Sicherheiten konkret erkennbar, dass mit einem teilweisen Forderungsausfall zu rechnen ist, müssen entsprechende bilanzielle Korrekturen vorgenommen werden, die ihrerseits – ungeachtet der praktischen Schwierigkeiten ihrer Ermittlung – auch im Rahmen der Schadensberechnung zugrunde gelegt werden können (vgl. auch BVerfGE 126, 170, 226 ff.).
8
2. Diesen Maßstäben wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht, wenn es die Schadensbezifferung allein auf die Differenz zwischen Kredithöhe und tatsächlichem Kaufpreis (als von ihm angenommenen maximalen Verkehrswert) stützt. Wie die Strafkammer im Ansatz richtig erkannt hat, ist die Darlehensgewährung ein Risikogeschäft. Der im Sinne des § 263 StGB relevante Vermögensschaden liegt deshalb bei diesen Fallgestaltungen immer in der Bewertung des täuschungsbedingten Risikoungleichgewichts (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 – 5 StR 508/02, StV 2003, 446; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165, 174 f.). Für dessen Berechnung ist maßgeblich, ob und in welchem Umfang die das Darlehen ausreichende Bank ein höheres Ausfallrisiko trifft, als es bestanden hätte, wenn die risikobestimmenden Faktoren zutreffend gewesen wären. Dann verschiebt sich zu ihren Lasten der synallagmatische Zusammenhang. So hätte die kreditgewährende Bank in Kenntnis dieser Umstände die von ihr verlangte Gegenleistung, die Zinshöhe des Darlehens, entsprechend angepasst oder weitergehende Sicherheiten verlangt. Nur in diesem Zusammenhang sind die bestellten Sicherheiten hier von Bedeutung. Deshalb hat die Rechtsprechung schon immer einen Vermögensschaden dann verneint, wenn der Rückzahlungsanspruch aufgrund der Vermögenslage des Darlehensnehmers oder sonstiger Umstände, die den Gläubiger vor einem Verlust seines Geldes schützen, wirtschaftlich gesichert ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Mai 2009 – 3 StR 475/08, wistra 2009, 350; vom 12. Juni 2001 – 4 StR 402/00, StV 2002, 133).
9
Die Schadensfeststellung hätte deshalb – naheliegend mit sachverständiger Beratung – bei einem solchen Sachverhalt in einem Vergleich und einer bilanziellen Bewertung der von der Bank zugrunde gelegten Vertragsgestaltung – im Gegensatz zu der tatsächlich durchgeführten – bestehen müssen. Die Verlustwahrscheinlichkeiten dürfen allerdings nicht so diffus sein oder sich in so geringen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich ungewiss bleibt (vgl. BVerfGE 126, 170, 229; BVerfG NJW 2012, 907, 916). Im Rahmen der wirtschaftlichen Bewertung des täuschungsbedingt veränderten Kreditrisikos kann auch dem Umstand Gewicht zukommen, dass die LBS als kreditgewährende Bank der Ermittlung der Verkehrswerte der einzelnen Grundstücke wohl keinen wesentlichen Stellenwert beigemessen hat, weil sie die Beleihungsgrenze nur im Wege von prozentualen Abschlägen bestimmt hat, deren Höhe ersichtlich im Belieben des jeweiligen Kreditsachbearbeiters gestanden hat.

III.


10
Dieser Mangel führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in sämtlichen Fällen, weil der Senat in keinem Fall mit letzter Sicherheit auszuschließen vermag, dass sich gar kein ansatzfähiger Vermögensschaden ergibt. Bestehen bleiben können jedoch – wobei insoweit ergänzende, den bisher getroffenen nicht widersprechende Feststellungen zulässig sind – die Feststellungen zu den äußeren Umständen der Kreditgewährungen wie auch zu den Beziehungen der Beteiligten untereinander, weil sie von dem zur Aufhebung führenden Rechtsfehler nicht berührt sind. Gleichfalls aufrechterhalten werden die Feststellungen zur subjektiven Tatseite beim Angeklagten G. . Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht aus dem Umstand, dass er von Verkäuferseite eingereichte Schecks entgegengenommen hat – dieer später zurückgeschickt hat –, rechtsfehlerfrei auf den Gehilfenvorsatz dieses Angeklagten geschlossen. Die hierzu vorgebrachten Einwände der Revision sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
11
Für das neue tatrichterliche Verfahren weist der Senat – sollte es erneut zu Schuldsprüchen kommen – im Hinblick auf die vom Landgericht festgestellte Verfahrensverzögerung auf Folgendes hin:
12
Bei der Bemessung der Höhe der im Wege der Anrechnung auf die vollstreckte Strafe vorzunehmenden Kompensation sind in einer einzelfallbezogenen Abwägung der Umfang der staatlicherseits zu verantwortenden Verzögerung, das Maß des Fehlverhaltens der Strafverfolgungsorgane sowie die konkreten Auswirkungen auf die Angeklagten zu würdigen. Auf die Höhe der verwirkten Strafe kommt es dabei grundsätzlich nicht an (BGH, Beschluss vom 30. September 2010 – 5 StR 259/10, wistra 2011, 22; Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 138). Es ist deshalb grundsätzlich bedenklich, die Kompensation mit einem Sechstel der verhängten Strafe zu begründen. Im neuen tatgerichtlichen Verfahren wird in diesem Zusammenhang zudem weiter aufzuklären sein, warum die Verfahrensakten erst knapp 15 Monate nach Urteilsverkündung beim Generalbundesanwalt eingegangen sind.
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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 S t R 1 4 3 / 1 4
vom
20. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Mai 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 28. November 2013 im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in 13 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des gesamten Straf- ausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht den Schuldumfang der 13 Haupttaten, zu denen der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat.
3
a) Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639). Ob und in welchem Umfang die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht nur insoweit, als die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 576/08, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 69) und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. August 2005 - 2 StR 6/05, NStZ-RR 2005, 374, 375, und vom 5. März 2009 - 3 StR 559/08, NStZ-RR 2009, 206). Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach insoweit kein Schaden, als der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die - ohne dass der Schuldner dies vereiteln könnte - mit nur unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 3 StR 420/08, NStZ 2009, 150). Ein Minderwert des Rückzahlungsanspruchs kann mithin durch den Wert hinreichend werthaltiger und liquider Sicherheiten kompensiert werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. August 2005 und 5. März 2009, jeweils aaO; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 133).
4
Dieser Minderwert des im Synallagma Erlangten ist dabei nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen (BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2012 - 5 StR 307/12, wistra 2013, 20, vom 13. April 2012 - 5 StR 442/11, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 76, vom 14. April 2011 und 18. Februar 2009, jeweils aaO). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 170, 229; 130, 1, 47) ist er konkret festzustellen und zu beziffern. Die banküblichen Bewertungsansätze für Wertberichtigung können hierbei Anwendung finden; denn ist aufgrund fehlender Bonität des Schuldners und nicht ausreichender Sicherheiten mit einem teilweisen Forderungsausfall zu rechnen, so müssen entsprechende bilanzielle Korrekturen vorgenommen werden (BGH, Beschluss vom 14. April 2011, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 114 f.). Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung des Ausfallrisikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen, um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelssatzes zu schätzen.
5
b) Diesen Maßstäben wird das landgerichtliche Urteil nicht in vollem Umfang gerecht, wenn es zur Bezifferung der Schäden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB allein auf den Vermögensverlust abstellt, der den geschädigten Finanzinstituten durch die Ausreichung der Immobilienkredite entstanden ist und den es mit insgesamt 1.642.100 € beziffert. Die Strafkammer hätte vielmehr den Wert der Rückzahlungsansprüche unter Berücksichtigung der Werthaltigkeit der als Sicherheiten bestellten Grundschulden zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung ermitteln müssen (UA 12). Nur soweit jeweils ein täuschungsbedingter Minderwert des gesicherten Darlehensrückzahlungsanspruchs vorliegt, ist die Annahme eines Schadens - ohne dass es auf den tatsächlichen Verlauf des Darlehensverhältnisses (noch) ankommt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711, und vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, StraFo 2014, 166) - gerechtfertigt.
6
c) Dieser Mangel führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Angesichts der mit erheblichem Aufwand durchgeführten Vortäuschung der Personalien nichtexistenter Personen auf Seiten der Darlehnsnehmer sowie der Vortäuschung überhöhter Verkehrswerte und Kaufpreise schließt der Senat aus, dass in den zur Aburteilung gelangten Fällen überhaupt kein Schaden entstanden ist. Da somit der Rechtsfehler allein in der unterbliebenen Bezifferung des Schadensumfangs liegt, sind lediglich die Strafaussprüche aufzuheben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013, NStZ 2013, 711, 713, und vom 4. Februar 2014, aaO, Rn. 4). Der Senat kann letztlich nicht ausschließen, dass die - milden - Strafen auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruhen.
7
2. Die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe müssen daher neu zugemessen werden. Einer Aufhebung der Feststellungen zur Strafzumessung bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen bleiben zulässig und sind zur Frage des Schuldumfangs notwendig.
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(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.