Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2018 - I ZR 139/17

bei uns veröffentlicht am19.04.2018
vorgehend
Landgericht Köln, 33 O 116/14, 10.11.2015
Oberlandesgericht Köln, 6 U 194/15, 14.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 139/17
vom
19. April 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:190418BIZR139.17.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2018 durch die Richter Prof. Dr. Koch, Prof. Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. Juli 2017 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen. Streitwert: 15.000 €

Gründe:

1
I. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der von der Beklagten mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
2
1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des Urteils. Im Regelfall entspricht nicht nur der Streitwert des Verfahrens, sondern auch die Beschwer des zur Unterlassung verurteilten Beklagten dem Interesse des Klägers an dem Unterlassungstitel (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 - I ZR 172/12, juris Rn. 8; Beschluss vom 21. Mai 2015 - I ZR 195/14, juris Rn. 9). Auf eine höhere Beschwer im Fall der Verurteilung hat deshalb auch die beklagte Partei schon in den Vorinstanzen hinzuweisen. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann der Beklagte mit erstmaligem Vorbringen zu seiner Beschwer nicht mehr gehört werden, wenn er den entsprechenden Vor- trag ohne weiteres bereits in den Vorinstanzen hätte halten können (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZR 176/13, juris Rn. 6; Beschluss vom 21. Mai 2015 - I ZR 195/14, juris Rn. 9).
3
2. Die Vorinstanzen haben den Streitwert auf 15.000 € festgesetzt. Dies entspricht der Beschwer der Beklagten durch das Berufungsurteil. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, die Höhe der Beschwer der Beklagten betrage 25.000 €.
4
a) Allerdings hat die Beklagte in den Vorinstanzen bereits geltend gemacht , der Streitwert liege höher als der vom Landgericht und vom Berufungs- gericht festgesetzte Streitwert von 15.000 €.Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass das Interesse des Klägers an einer Verurteilung der Beklagten mit diesem Betrag zutreffend bemessen ist. Der Kläger hat sein Interesse an einer Verurteilung der Beklagten mit 15.000 € beziffert. Die Be- klagte hat ihr Vorbringen, sie sei angesichts des Umfangs der geltend gemachten Unterlassungsansprüche in weitergehendem Umfang beschwert, weder erläutert noch belegt. Es kann zudem mit der Begründung für ihr Verteidigungsvorbingen im Rechtsstreit nicht in Einklang gebracht werden. Die Beklagte hat geltend gemacht, bei ihren vom Kläger unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 PAngV beanstandeten fünf Angeboten habe es sich um Einzelfälle und Ausreißer gehandelt. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen zu Recht bei der Streitwertfestsetzung berücksichtigt und angenommen, dass es der Festsetzung eines über 15.000 € liegenden Streitwerts entgegensteht.
5
b) Zwar hat das Berufungsgericht in einem weiteren gegen die Beklagte gerichteten Verfahren den Streitwert auf 30.000 € festgesetzt (OLG Köln, WRP 2016, 90). Diesen Streitwert hat der Senat auch für das Verfahren der gegen diese Entscheidung gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten festgesetzt. Dies steht einer niedrigeren Streitwertfestsetzung im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht entgegen. In jenem Verfahren hat der dortige Kläger der Beklagten zwei Verstöße gegen § 2 Abs. 1 PAngV und außerdem einen Verstoß gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Textilkennzeichnungsverordnung zur Last gelegt. Zwar hat die Beklagte auch in jenem Verfahren den Einwand erhoben , es habe sich um seltene Einzelfälle in einem Massengeschäft gehandelt. In jenem Verfahren ging es jedoch um die Nichteinhaltung von zwei unterschiedlichen Rechtsnormen. Dies rechtfertigte eine höhere Streitwertfestsetzung. Im Streitfall geht es dagegen allein um Verstöße gegen § 2 PAngV, so dass eine Streitwertfestsetzung auf 15.000 € nicht zu beanstanden ist.
6
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Koch Kirchhoff Schwonke Feddersen Schmaltz
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 10.11.2015 - 33 O 116/14 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.07.2017 - 6 U 194/15 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2018 - I ZR 139/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2018 - I ZR 139/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Preisangabenverordnung - PAngV 2022 | § 2 Begriffsbestimmungen


Im Sinne dieser Verordnung bedeutet 1. „Arbeits- oder Mengenpreis“ den verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller besonderen Verbrauchssteuern für die leitungsgebundene Abgabe von Elektrizität, Gas, Fernwärm
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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bei uns veröffentlicht am 15.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I Z R 1 7 6 / 1 3 vom 15. Mai 2014 in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Mai 2014 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch bes
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2018 - I ZR 139/17.

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Das Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung entspricht allerdings nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem Interesse der klagenden Partei an dieser Verurteilung. Das Interesse des Klägers an einer solchen Unterlassung ist pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers, wie etwa dem Verschuldensgrad, zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 - I ZR 220/10, AfP 2011, 261 Rn. 5; Beschluss vom 9. Februar 2012 - I ZR 142/11 Rn. 7). Der Beklagte hat nicht glaubhaft gemacht, dass diese Gesichtspunkte bei der Wertfestsetzung nicht ausreichend berücksichtigt sind und seiner Beschwer nicht entsprechen.
9
Substantiierten Vortrag zu ihm entstehenden Umstellungskosten und Umsatzausfällen hat der Beklagte in den Vorinstanzen nicht gehalten. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann der Beklagte mit erstmaligem Vorbringen zu seiner Beschwer nicht mehr gehört werden, wenn er den entsprechenden Vortrag ohne weiteres bereits in den Vorinstanzen hätte halten können (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZR 176/13, juris Rn. 6). Im Regelfall entspricht nicht nur der Streitwert des Verfahrens, sondern auch die Beschwer des zur Unterlassung verurteilten Beklagten dem Interesse des Klä- gers an dem Unterlassungstitel (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 – I ZR 172/12, juris Rn. 8).
6
2. Es ist jedoch nicht ersichtlich und insbesondere von der Beschwerde nicht dargelegt worden, dass die Beklagte auf diese mit der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten Umstände auch schon in den Vorinstanzen hingewiesen und daher etwa die Wertfestsetzung durch die Vorinstanzen in Frage gestellt oder geltend gemacht hatte, dass im Hinblick auf die in der Nichtzulassungsbeschwerde nunmehr dargestellten Belastungen der Beklagten im Falle ihres Unterliegens die Revision zuzulassen sei. Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung die Zulassung der Revision beantragt hat, hat sie dies allein mit dem Fehlen einschlägiger höchstrichterlicher Entscheidungen begründet. Nachdem sie insoweit zuvor ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt hat, kann sie daher mit ihrem vorstehend unter II 1 wiedergegebenen Vorbringen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr gehört werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2012 - I ZR 160/11, juris Rn. 4; Beschluss vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3, jeweils mwN).
9
Substantiierten Vortrag zu ihm entstehenden Umstellungskosten und Umsatzausfällen hat der Beklagte in den Vorinstanzen nicht gehalten. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann der Beklagte mit erstmaligem Vorbringen zu seiner Beschwer nicht mehr gehört werden, wenn er den entsprechenden Vortrag ohne weiteres bereits in den Vorinstanzen hätte halten können (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZR 176/13, juris Rn. 6). Im Regelfall entspricht nicht nur der Streitwert des Verfahrens, sondern auch die Beschwer des zur Unterlassung verurteilten Beklagten dem Interesse des Klä- gers an dem Unterlassungstitel (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 – I ZR 172/12, juris Rn. 8).

Im Sinne dieser Verordnung bedeutet

1.
„Arbeits- oder Mengenpreis“ den verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller besonderen Verbrauchssteuern für die leitungsgebundene Abgabe von Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Wasser;
2.
„Fertigpackung“ eine Verpackung im Sinne des § 42 Absatz 1 des Mess- und Eichgesetzes;
3.
„Gesamtpreis“ den Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist;
4.
„Grundpreis“ den Preis je Mengeneinheit einer Ware einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile;
5.
„lose Ware“ unverpackte Ware, die durch den Unternehmer in Anwesenheit der Verbraucher, durch die Verbraucher selbst oder auf deren Veranlassung abgemessen wird;
6.
„offene Packung“ eine Verkaufseinheit im Sinne des § 42 Absatz 2 Nummer 1 des Mess- und Eichgesetzes;
7.
„Selbstabfüllung“ die Abgabe von flüssiger loser Ware, die durch die Verbraucher selbst in die jeweilige Umverpackung abgefüllt wird;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3504) geändert worden ist, in der am 28. Mai 2022 geltenden Fassung;
9.
„Verbraucher“ jede natürliche Person im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)