Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2017 - I ZR 167/15
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler und Feddersen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Parteien haben keinen Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- 1. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten aufgeworfenen urheberrechtlichen Fragen sind inzwischen durch die Senatsentscheidung "World of Warcraft I" (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15, GRUR 2017, 266 Rn. 53 ff. = WRP 2017, 320) geklärt. Eine Revision der Beklagten hätte auch keine Aussicht auf Erfolg, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis als richtig darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - I ZR 197/03, GRUR 2004, 712 = WRP 2004, 1051 - PEE-WEE). Die auf Computerprogramme zugeschnittene Bestimmung des § 69d Abs. 3 UrhG ist auf die auch audiovisuelle Elemente enthaltenden Spiele "World of Warcraft" und "Diablo III" nicht anwendbar.
- 4
- II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 12.08.2014 - 33 O 26527/13 -
OLG München, Entscheidung vom 02.07.2015 - U 3427/14 Kart -
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Streitwert: 50.000 €
Gründe:
I. Die Klägerin ist seit 1998 Inhaberin der am 18. März 1942 in die Zeichenrolle des Reichspatentamts u. a. für Gewindewalzmaschinen und für Walzen oder Rollen mit Außengewinden eingetragenen Marke 543 428 "Pee-Wee". Inhaber war damals die im Jahr 1939 von W. P. gegründete "PEEWEE -Maschinen- und Apparatebau, Inh. W. P. ". Im Frühjahr 1943 wurde die Produktion der PEE-WEE Maschinen- und Apparatebau von Berlin nach dem im heutigen Bundesland Brandenburg gelegenen Düben (mittlerweile: Bad Düben) verlegt. Dort gründete W. P. zusammen mit anderen
Gesellschaftern die "PEE-WEE Maschinen- und Apparatebau W. P. K.-G.".
Im Jahr 1949 verließ W. P. aufgrund der politischen Entwicklung Bad Düben und gründete in Westdeutschland ein neues Unternehmen. Auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht wurde er enteignet und wurde die PEEWEE Maschinen- und Apparatebau K.-G. in das Eigentum des Volkes überführt, wobei sie in die Rechtsträgerschaft der in C. ansässigen "Vereinigung volkseigener Betriebe, Werkzeugmaschinen und Werkzeuge" überging. Nach einem weiteren Rechtsträgerwechsel im Jahr 1954 lautete die Firma "VEB Werkstattmaschinenfabrik Bad Düben".
Nach der Wende ist die Beklagte in Bad Düben entstanden.
Die Beklagte hat im Internet unter ihrer Internet-Adresse www.profiroll.de mit folgenden Angaben geworben:
"Wir, PROFIROLL TECHNOLOGIES Bad Düben, ein Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern , verfügen über fast 60 Jahre an Erfahrung auf dem Gebiet des Gewinde - und Profilwalzens. Heute, so wie in der Vergangenheit, führen wir mit großem Engagement und Verpflichtung die Philosophie der Firmengründer von PEE-WEE-Maschinen- und Apparatebau fort. Maschine - Werkzeug - Verfahren aus einer Hand."
Nach der Auffassung der Klägerin verletzt der Satz "Heute, so wie in der Vergangenheit, führen wir mit großem Engagement und Verpflichtung die Philosophie der Firmengründer von PEE-WEE-Maschinen- und Apparatebau fort."
u.a. ihre Rechte an der Marke Pee-Wee. Dieser Beurteilung ist das Berufungsgericht gefolgt.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht.
II. Die Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Entgegen der Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde wirft die Entscheidung des Berufungsgerichts weder hinsichtlich der Beurteilung, ob eine markenmäßige Verwendung vorliegt, noch hinsichtlich der Beurteilung der Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Ebensowenig gebietet sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einen Zugriff durch das Revisionsgericht. Von einer Begründung hierzu wird abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).
2. a) Die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob die markenmäßige Benutzung der angegriffenen Bezeichnung der Anwendung der Schrankenbestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG, Art. 6 Abs. 1 lit. b der Markenrechtsrichtlinie entgegensteht, hatte im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung. Diese Frage ist inzwischen durch das auf Vorlage des Senats (Beschl. v. 7.2.2002 - I ZR 258/98, GRUR 2002, 613 = WRP 2002, 547 - GERRI/KERRY Spring) ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Januar 2004 (Rs. C-100/02, GRUR 2004, 234, Tz. 26, 27 - Gerolsteiner Brunnen) geklärt. Die nach § 23 Nr. 2 MarkenG (Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL) gestattete Benutzung der Marke scheitert danach nicht von vornherein daran, daß das Zeichen auch in einer herkunftshinweisenden Weise eingesetzt wird. Ob seine Benutzung den anständigen Gepflogen-
heiten in Gewerbe oder Handel entspricht (Art. 6 MarkenRL) und nicht gegen die guten Sitten verstößt (§ 23 MarkenG), ist unabhängig davon, ob die Benutzung ihrer Art nach markenmäßig erfolgt oder nicht. Die Unlauterkeit des die Schutzschranke des § 23 MarkenG (Art. 6 MarkenRL) ausschließenden Verhaltens ist nach eigenen Kriterien zu beurteilen.
b) Der Senat gründet die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf den inzwischen erfolgten Wegfall der mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung. Der Senat ist in dieser Frage im übrigen der Auffassung, daß die Revision in einem solchen Fall zuzulassen ist, wenn sie Aussicht auf Erfolg hat (vgl. aber BGH, Beschl. v. 20.11.2002 - IV ZR 197/02, NJW-RR 2003, 352; Beschl. v. 12.3.2003 - IV ZR 278/02, NJW 2003, 1609; Beschl. v. 8.4.2003 - XI ZR 193/02, NJW 2003, 2319, 2320; Beschl. v. 23.9.2003 - VI ZA 16/03, NJW 2003, 3781; hierzu kritisch: Seiler, NJW 2003, 2290) . Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Rechtsmittels der Revision, das es der beschwerten Partei ermöglichen soll, unter Überwindung des Filters der Zulassungsgründe eine Korrektur der angefochtenen Entscheidung zu erlangen, ist es geboten, den erstrebten Rechtsschutz nicht schon deshalb zu versagen, weil in dem vom Rechtsmittelführer nicht allein zu beeinflussenden Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde der bei Rechtsmitteleinlegung gegebene Zulassungsgrund weggefallen ist. Über das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde kommt der beschwerten Partei allerdings nicht dieselbe verfahrensrechtliche Position zu, die ihr zustünde, wenn das Berufungsgericht - wie es geboten gewesen wäre - die Revision zugelassen hätte. Um Ungleichheit bei der Rechtsanwendung zu vermeiden, die in der Versagung der Zulassung durch das Berufungsgericht und im mehr oder weniger zufälligen Zeitpunkt der Klärung der Zulassungsfrage liegt, ist das Revisionsgericht aber nach der Auf-
fassung des Senats bei einer solchen Fallgestaltung gehalten, die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angestrebte Revision zuzulassen, wenn sie Aussicht auf Erfolg bietet.
Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht sind vom Revisionsgericht, sofern nicht bereits die Nichtzulassungsbeschwerde eine Begründung der Revision enthält (§ 551 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO), eigenständig Revisionsrügen und deren Erfolgsaussicht zu erwägen. Hierbei gelten die Maßstäbe, wie sie beim Verfahren auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe anzulegen sind. Im Streitfall führt dies nicht zur Zulassung der Revision. Mangels Divergenz im Ergebnis bedarf es zur Entscheidung des vorliegenden Falles nicht der Anrufung des Großen Senats in Zivilsachen.
c) Die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist im Streitfall zu verneinen. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, daß die angegriffene Werbeaussage beim Durchschnittsleser den unzutreffenden Eindruck erweckt, die Beklagte führe auch die Produktion von PEE-WEE-Maschinen fort. Die mit der Klage beanstandete Verhaltensweise der Beklagten ist danach mit den guten Sitten in Handel und Gewerbe nicht vereinbar. Das Berufungsgericht hat deshalb die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG im Ergebnis zu Recht nicht zugunsten der Beklagten gelten lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
(1) Soweit keine besonderen vertraglichen Bestimmungen vorliegen, bedürfen die in § 69c Nr. 1 und 2 genannten Handlungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch jeden zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigten notwendig sind.
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- 1.
Nutzungen sind digital unter Verantwortung einer Bildungseinrichtung in ihren Räumlichkeiten, an anderen Orten oder in einer gesicherten elektronischen Umgebung zulässig. - 2.
Die Computerprogramme dürfen auch gemäß § 69c Nummer 2 genutzt werden. - 3.
Die Computerprogramme dürfen vollständig genutzt werden. - 4.
Die Nutzung muss zum Zweck der Veranschaulichung von Unterricht und Lehre gerechtfertigt sein.
(6) § 60d ist auf Computerprogramme nicht anzuwenden.
(7) Die §§ 61d bis 61f sind auf Computerprogramme mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Computerprogramme auch gemäß § 69c Nummer 2 genutzt werden dürfen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)