Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2013 - III ZA 28/13

bei uns veröffentlicht am21.11.2013
vorgehend
Oberlandesgericht Braunschweig, 6 SchH 6/13, 26.04.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 28/13
vom
21. November 2013
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2013 durch
den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann, Seiters, Dr. Remmert
und Reiter

beschlossen:
Die Verfahren III ZA 28/13 bis III ZA 193/13 und III ZA 195/13 bis III ZA 273/13 werden zum Zwecke gemeinsamer Entscheidung verbunden. Das Verfahren III ZA 28/13 führt.
Die Anträge des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden abgelehnt.

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller begehrt in 265 Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
2
Das Oberlandesgericht hat dem Antragsteller in einem Fall (Az.: 6 SchH 1/13) Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Rechtsstreits (§ 198 GVG) bewilligt. In 265 weiteren beim Oberlandesgericht anhängigen Verfahren hat der Antragsteller ebenfalls die Gewährung von Prozesskostenhilfe für Entschädigungsklagen nach § 198 GVG beantragt (Az.: 6 SchH 2/13 bis 6 SchH 266/13). Er beabsichtigt, Prozesskos- tenhilfeanträge für insgesamt 2.441 Entschädigungsklagen sukzessive anzubringen.
3
Die den beabsichtigten Entschädigungsklagen zugrunde liegenden Ausgangsverfahren betreffen jeweils Schadensersatzansprüche, die von Kapitalanlegern gegen den Antragsteller geltend gemacht werden. Dieser wird als Verantwortlicher ("Konzeptant") des Unternehmensverbundes der sogenannten "G. G. " persönlich in Anspruch genommen. In den Jahren 2007 und 2008 sind beim Landgericht insgesamt 2.441 Klagen gegen den Antragsteller eingereicht worden, die von zwei Zivilkammern bearbeitet werden.
4
Die seit 2007 beziehungsweise 2008 anhängigen Ausgangsverfahren zu den Entschädigungsklagen 6 SchH 1/13 bis 6 SchH 266/13 sind dadurch gekennzeichnet , dass erstmals im Jahr 2012 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und anschließend ein Auflagen- und Beweisbeschluss ergangen ist.
5
In den Verfahren 6 SchH 2/13 bis 6 SchH 266/13 hat das Oberlandesgericht die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die gesonderte klageweise Geltendmachung der Entschädigungsansprüche sei mutwillig im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO, da die Verfolgung der Ansprüche in einer Klage im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) bedeutend kostengünstiger sei und sachliche Gründe für eine getrennte Geltendmachung nicht vorlägen. Die Verfahrensweise des Antragstellers sei auch deshalb mutwillig , weil eine wirtschaftlich leistungsfähige Partei die Verfahren nicht gleichzeitig betreiben würde. Sie würde vielmehr ein "unechtes Musterverfahren" auswählen und die Folgeverfahren erst nach Ergehen der Musterentscheidung weiterführen.
6
Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen. Es ist der Auffassung, dass bisher nicht höchstrichterlich geklärt sei, unter welchen Voraussetzungen Mutwilligkeit bei der gesonderten Geltendmachung einer Vielzahl von Entschädigungsansprüchen im Sinne von § 198 GVG bei Massenverfahren anzunehmen sei.
7
Der erkennende Senat hat die streitgegenständlichen Prozesskostenhilfeverfahren (Entschädigungsverfahren 6 SchH 2/13 bis 6 SchH 266/13) zum Zwecke gleichzeitiger Entscheidung verbunden.

II.


8
Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigten Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben (§ 114 Satz 1 ZPO). Das Oberlandesgericht hat die Anträge des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für 265 Entschädigungsklagen im Ergebnis zu Recht als mutwillig zurückgewiesen.
9
1. Von der Frage der Mutwilligkeit im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO wird in erster Linie die verfahrensmäßige Geltendmachung des Anspruchs betroffen (vgl. BAG, NJW 2011, 1161 Rn. 8). Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine wirtschaftlich leistungsfähige, also nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage von ihr Abstand nehmen oder ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigerer Weg offensteht und dieser Weg genauso Erfolg versprechend ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 10. März 2005 - XII ZB 20/04, NJW 2005, 1497 f und vom 6. Dezember 2010 - II ZB 13/09, NZI 2011, 104 Rn. 8; siehe auch BAG aaO Rn. 9; Hk-ZPO/Pukall, 5. Aufl., § 114 Rn. 19; Musielak /Fischer, ZPO, 10. Aufl., § 114 Rn. 30; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rn. 30, 34 f). Mutwilligkeit im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO liegt deshalb regelmäßig vor, wenn eine Partei keine nachvollziehbaren Sachgründe dafür vorbringt , warum sie eine Mehrzahl von Ansprüchen nicht in einer Klage geltend macht, oder nicht plausibel erklärt, aus welchen Gründen sie einen neuen Prozess anstrengt, obwohl sie das gleiche Klageziel kostengünstiger im Wege der Erweiterung einer bereits anhängigen Klage hätte erreichen können (BAG aaO Rn. 9; OLG Nürnberg, BeckRS 2010, 30507 jeweils mwN). Ein sein Kostenrisiko vernünftig abwägender Kläger, der die Prozesskosten aus eigenen Mitteln finanzieren muss, wird ein Verfahren nicht (weiter) betreiben, solange dieselben (Rechts-)Fragen bereits in anderen Verfahren anhängig sind (sog. unechte Musterverfahren). Er kann auf diesem Wege im Falle einer in seinem Sinne positiven Entscheidung - die gegebenenfalls erst durch das Revisionsgericht getroffen wird - vom Ausgang dieser Verfahren profitieren, ohne selbst einem (weiteren) Kostenrisiko zu unterliegen. Bei einem aus seiner Sicht negativen Ausgang des Musterverfahrens ist er nicht gehindert, sein Rechtsschutzziel im eigenen Verfahren weiter zu verfolgen (vgl. BVerfG, NJW 2010, 988 Rn. 10 f; Zöller/Geimer aaO Rn. 12a). Dieses Verständnis des Begriffs der Mutwilligkeit entspricht auch der ratio legis des § 114 Satz 1 ZPO. Prozesskostenhilfe kann nur für zweckentsprechende Rechtsverfolgung beziehungsweise Rechtsverteidigung verlangt werden. Einer Partei, die auf Kosten der Allgemeinheit prozessiert , muss zugemutet werden, zulässige Maßnahmen erst dann vorzunehmen, wenn dies wirklich notwendig ist (Zöller/Geimer aaO § 114 Rn. 30).
10
2. Daran gemessen ist die Rechtsverfolgung des Antragstellers jedenfalls insoweit mutwillig im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO, als er beabsichtigt, sämtliche Entschädigungsprozesse getrennt und gleichzeitig zu betreiben. Da die Verfahren in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen, denselben Beklagten betreffen und die Ausgangsverfahren vom Landgericht nach "demselben Schema" bearbeitet wurden, kann der Antragsteller durch Betreiben (und gegebenenfalls Erweiterung) des Verfahrens 6 SchH 1/13, in dem ihm Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, die zwischen den Parteien streitigen Fragen abschließend klären lassen. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG und der Bemessung des Entschädigungsbetrags nach § 198 Abs. 2 Satz 3 und 4 GVG eine Einzelfallbetrachtung oder eine Gesamtbetrachtung (über das jeweilige Verfahren hinaus) geboten ist. Geht das Musterverfahren im Sinne des Antragstellers aus und wird ihm - gegebenenfalls nach Entscheidung des Revisionsgerichts - ein Entschädigungsbetrag zugesprochen, bietet diese Verfahrensweise den Vorteil, dass nach (höchstrichterlicher) Klärung der für das Zusprechen der Entschädigung maßgeblichen Kriterien es möglicherweise nicht mehr notwendig sein wird, zur Durchsetzung der jeweiligen Entschädigungsansprüche den Rechtsweg zu beschreiten. Durch das kostensparende Führen eines Musterverfahrens in dem dargelegten Sinn erleidet der Antragsteller keinen Nachteil. Ihm steht ein dauerhaft solventer Antragsgegner gegenüber. Es droht keine Verjährung. Im Hinblick darauf, dass die sechsmonatige Klagefrist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG erst mit der Rechtskraft der Entscheidung im Ausgangsverfahren oder mit einer anderen Erledigung dieses Verfahrens beginnt , verbleibt in jedem Fall noch ausreichend Zeit, Entschädigungsansprüche gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen.
11
Nach allem ist es dem Antragsteller zuzumuten, die Entschädigungsverfahren 6 SchH 2/13 bis 6 SchH 266/13 ruhend zu stellen, bis die relevanten (Rechts-)Fragen in dem Parallelverfahren 6 SchH 1/13 geklärt sind. Dabei kann dahinstehen, ob der Antragsteller - wie das Oberlandesgericht meint - von Anfang an gehalten war, sämtliche Entschädigungsansprüche in einer Klage gemäß § 260 ZPO zusammenzufassen, oder ob nachvollziehbare Gründe dafür sprechen, die getrennte Klageerhebung ausnahmsweise nicht als mutwillig im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO anzusehen (dazu OLG Nürnberg aaO unter II.2.d).
12
3. Der Versagung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren steht nicht entgegen, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Grundsatzbedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat eine Rechtssache nach der herkömmlichen Definition, wenn sie eine entscheidungserhebliche , klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft , die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. nur BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 71/02, NJW 2003, 65, 68 mwN; Hk-ZPO/Kayser/Koch aaO § 543 Rn. 6). Daran fehlt es hier. Entscheidungserheblich ist allein die Frage, ob der Antragsteller darauf verwiesen werden kann, diejenigen Entschädigungsverfahren, in denen ihm Prozesskostenhilfe versagt wurde, vorübergehend ruhend zu stellen und den Ausgang des "Pilotverfahrens" abzuwarten. Insoweit ergeben sich keine zweifelhaften oder noch offenen Rechtsfragen, die einer Klärung durch höchstrichterliche Entscheidung bedürften. Vielmehr kann diese Frage anhand der gesetzlichen Regelung und der vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden, so dass auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsschutzgleichheit (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht geboten ist (vgl. BVerfG, NJW 1991, 413, 414; NJW 2010, 1657 Rn. 17). Es kommt daher für die Prozesskostenhilfegewährung allein auf die Erfolgsaussichten der Rechtsbeschwerde in der Sache selbst an, die bereits im Prozesskostenhilfeverfahren beurteilt werden können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. September 2002 - VIII ZR 235/02, NJW-RR 2003, 130 f und vom 16. Juli 2003 - IV ZR 73/03, ZEV 2003, 416, 417). Solche Erfolgsaussichten bestehen - wie dargelegt - nicht.
Schlick Reiter
Vorinstanz:
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 26.04.2013 - 6 SchH 6/13 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2013 - III ZA 28/13 zitiert 7 §§.

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(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 260 Anspruchshäufung


Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

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(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 20/04
vom
10. März 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgensache außerhalb
des Verbundverfahrens ist grundsätzlich nicht mutwillig im Sinne des § 114
BGH, Beschluß vom 10. März 2005 - XII ZB 20/04 - OLG Celle
AG Soltau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des 12. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 15. Januar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Ehe der Parteien ist auf den Scheidungsantrag der Antragstellerin durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - geschieden worden. Die Rechtskraft hinsichtlich der Ehescheidung ist am 2. Juli 2002 eingetreten. Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin Prozeßkostenhilfe für eine Klage auf Zugewinnausgleich in Höhe von 3.596,96 € nebst Zinsen. Der Antragsgegner ist dem Anspruch entgegengetreten. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Prozeßführung sei unnütz teuer und daher mutwillig. Die hiergegen gerichtete so-
fortige Beschwerde der Antragstellerin blieb erfolglos. Mit ihrer - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr bisheriges Begehren weiter.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634; BGH Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671). Das ist hier indessen der Fall, da die Antragstellerin geltend macht, die personenbezogene Beurteilung ihrer Rechtsverfolgung als mutwillig sei nicht gerechtfertigt. 2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
a) Das Oberlandsgericht hat die Auffassung vertreten, die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe sei wegen Mutwilligkeit der beabsichtigten Klage auf Zugewinnausgleich zu versagen. Hierzu hat es im wesentlichen ausgeführt: Eine bedürftige Partei handele mutwillig, wenn sie ohne triftige Gründe davon abse-
he, das Unterhalts- oder Zugewinnausgleichsverfahren im Verbund geltend zu machen. Nur auf diese Weise könne der Verpflichtung zur kostengünstigen Rechtsverfolgung Genüge getan werden. Die Ansicht, die demgegenüber im wesentlichen darauf abstelle, daß bei einem Obsiegen mit einer günstigen Kostenentscheidung zu rechnen sei, übersehe, daß häufig die Kostenerstattungsansprüche nicht zu realisieren seien und daher tatsächlich eine Entlastung der Staatskasse nicht eintrete. Soweit die nicht bedürftige Partei es unterlasse, eine Folgesache im Verbund geltend zu machen, um alsbald geschieden zu werden, trage sie das Kostenrisiko selbst. Sie könne dieses Risiko nicht der Landeskasse überbürden, zumal ihrem Anliegen bei einer außergewöhnlichen Verzögerung gemäß § 628 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Rechnung getragen werden könne. Die Antragstellerin habe indessen keine triftigen Gründe vorgetragen, die es rechtfertigen könnten, von einer Geltendmachung ihres Zugewinnausgleichsanspruchs im Verbundverfahren abzusehen. Aus dem vorgerichtlichen Schriftverkehr ergäben sich keine konkreten Vergleichsverhandlungen, insbesondere sei den vorgelegten Schreiben der Gegenseite, die vor dem 2. Juli 2002 verfaßt worden seien, nicht zu entnehmen, daß sich der Gegner vor Ausspruch der Ehescheidung bereit erklärt habe, Verhandlungen über den Zugewinnausgleich aufzunehmen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
b) Die Frage, ob die isolierte Geltendmachung von Scheidungsfolgesachen mutwillig im Sinne des § 114 ZPO ist und damit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe entgegensteht, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Die wohl noch überwiegende Auffassung geht davon aus, mutwilliges Verhalten liege vor, wenn nicht im Einzelfall vernünftige, nachvollziehbare
Gründe für die isolierte Geltendmachung der Folgesache sprächen. Eine bedürftige Partei sei grundsätzlich gehalten, von zwei gleichwertigen prozessualen Möglichkeiten der Rechtsverfolgung die kostengünstigere zu wählen. Die Geltendmachung von Folgesachen im Verbundverfahren verursache aber insgesamt geringere Kosten, weil die Gebühren gemäß §§ 46 Abs. 1 Satz 1 GKG, 16 Nr. 4 RVG nach den zusammengerechneten Werten der Scheidungssache und der Folgesachen berechnet würden (OLG Brandenburg - 1. Familiensenat - FamRZ 1998, 245; FamRZ 2001, 1083, 1084; FamRZ 2003, 458, 459; OLG Celle - 15. Zivilsenat - OLG-Report 1999, 43; einschränkend: OLG Celle - 21. Zivilsenat - OLG-Report 2005, 58, 59; OLG Dresden FamRZ 2001, 230, 231; OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1217; OLG München OLG-Report 1995, 212, 213; OLG Oldenburg - 12. Zivilsenat - FamRZ 2001, 630; OLG Schleswig - 13. Zivilsenat - FamRZ 2000, 430, 431; OLG Thüringen FamRZ 1998, 1179; FamRZ 2000, 100, 101; OLG Zweibrücken FamRZ 2003, 1759, 1760; Kalthoener /Büttner/Wrobel-Sachs Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe 3. Aufl. Rdn. 473 f.; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 114 Rdn. 51). Dabei wird allerdings teilweise angenommen, von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe seien nur die Mehrkosten auszunehmen, die sich bei vergleichender Gegenüberstellung isolierter Rechtsverfolgung zur Geltendmachung im Verbundverfahren ergäben , wobei wiederum unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob diese Einschränkung schon im Bewilligungsbeschluß zum Ausdruck kommen muß oder erst im Rahmen des Festsetzungsverfahrens Abzüge vorzunehmen sind (OLG Dresden FamRZ 1999, 601, 602; OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 635, 636; OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 1167; OLG-Report 1997, 187; OLG Karlsruhe - 18. Zivilsenat - FamRZ 2004, 1880, 1881; OLG Köln - 14. Zivilsenat - NJW-FER 2000, 189; FamRZ 2003, 237; OLG Rostock FamRZ 1999, 597, 598; Musielak/Fischer ZPO 3. Aufl. § 114 Rdn. 36; Thomas/Putzo/Reichold
ZPO 26. Aufl. § 114 Rdn. 8 a; Schwab/Maurer/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. Kap. I Rdn. 170 f.). Nach der Gegenmeinung ist die isolierte Geltendmachung einer Folgesache grundsätzlich nicht als mutwillig zu bewerten (OLG Bremen FamRZ 1998, 245, 246; OLG Hamburg FamRZ 1998, 1178; OLG Hamm FamRZ 2001, 231, 232; OLG-Report 2001, 48, 49; OLG Karlsruhe, Beschluß vom 21. April 2004 - 20 WF 43/03 - veröffentlicht bei JURIS; OLG Koblenz FamRZ 2004, 1880; OLG-Report 2004, 664, 665; OLG Köln - 4. Zivilsenat - FamRZ 2003, 102 (Leitsatz), Gründe veröffentlicht bei JURIS; OLG Naumburg FamRZ 2001, 1082, 1083; FamRZ 2001, 1468, 1469; OLG Oldenburg - 4. Zivilsenat - FamRZ 2003, 1757, 1758; OLG Schleswig - 8. Zivilsenat - MDR 2004, 398, 399; in diese Richtung auch: OLG Nürnberg FamRZ 2003, 772, 773; vgl. auch OLG Brandenburg - 10. Zivilsenat - FamRZ 2002, 1411; Zöller/Philippi ZPO 25. Aufl. § 623 Rdn. 24, 24 a; Philippi FPR 2002, 479, 484 f.; MünchKomm-ZPO/Wax 2. Aufl. § 114 Rdn. 144; Wax FPR 2002, 471, 472; vgl. auch Vogel FPR 2002, 505, 507 und Johannsen/Henrich/Thalmann Eherecht 4. Aufl. § 114 Rdn. 25 b und 25 d).
c) Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muß, daß er für ihn der kostspieligere ist (vgl. Zöller/Philippi aaO § 114 Rdn. 30, 34 m.N.). Nach diesen Maßstäben ist jedenfalls die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgensache außerhalb des Scheidungsverbunds grundsätzlich nicht als mutwillig anzusehen. Es trifft zwar zu, daß aufgrund der Streitwertaddition
(§§ 46 Abs. 1 Satz 1 GKG, 16 Nr. 4 RVG) und des degressiven Anstiegs der Gebühren im Verbundverfahren insgesamt geringere Kosten entstehen als bei isolierter Geltendmachung einer Folgesache. Für die Beurteilung der Mutwilligkeit kommt es aber nicht auf die insgesamt anfallenden Kosten, sondern darauf an, ob eine nicht bedürftige Partei aus Kostengesichtspunkten von einer isolierten Geltendmachung der Folgesache in der Regel absehen würde. Eine kostenbewußte vermögende Partei wäre aber in erster Linie auf die allein sie treffenden Kosten bedacht. Deshalb ist auch für die Frage, ob eine Rechtsverfolgung aus Kostengründen mutwillig ist, hierauf abzustellen (ebenso etwa OLG Hamm FamRZ 2001 aaO 232; OLG Karlsruhe Beschluß vom 21. April 2004 aaO). Dann kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß im Rahmen des Scheidungsverbunds geringere Kosten entstehen würden. Während nämlich die obsiegende Partei der isoliert geltend gemachten Folgesache einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner erlangt (§ 91 Abs. 1 ZPO), werden die Kosten der Folgesachen im Regelfall gegeneinander aufgehoben (§ 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für die Partei besteht jedenfalls keine Gewißheit, daß das Gericht im Verbundverfahren eine von § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abweichende Kostenverteilung vornimmt (vgl. OLG Koblenz OLG-Report 2004 aaO S. 665). Erstattet aber der unterlegene Gegner die Kosten, so wird der klagende Ehegatte durch den Zivilprozeß mit geringeren Kosten als in dem Fall belastet, daß er eine Entscheidung im Verbundverfahren begehrt hätte. Gegen diese Beurteilung wird zwar eingewandt, die Argumentation überzeuge nicht, weil über die Prozeßkostenhilfe vorab zu entscheiden und der Ausgang des Rechtsstreits noch offen sei (vgl. etwa OLG Köln FamRZ 2001 aaO 232). Dem ist entgegenzuhalten, daß für die rechtliche Prüfung, ob Prozeßkostenhilfe zu gewähren ist, der Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Beschlußfassung maßgebend ist (Johannsen/Henrich/Thalmann aaO § 114 Rdn. 26 m.N.). Da Prozeßkostenhilfe nur bei erfolgversprechender Rechtsverfolgung bewilligt
wird, ist mit einem Sieg der klagenden Partei und mit einer Verurteilung des Gegners in die Kosten zu rechnen. Gelingt die Realisierung des Kostenerstattungsanspruches , so ist der selbständige Zivilprozeß für sie günstiger als eine Entscheidung im Verbund. Das kommt auch der Staatskasse zugute, denn sie kann die Gerichtskosten und die für den Prozeßbevollmächtigten des Klägers gezahlten Anwaltskosten beim Gegner einziehen (§§ 29 Nr. 1 GKG, 59 Abs. 1 RVG). Zwar hat die unterliegende Partei nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Selbst wenn insofern davon ausgegangen würde, daß die für die Geltendmachung einer Folgesache außerhalb des Verbunds anfallenden Mehrkosten dann nicht notwendig sind, wenn für das isolierte Verfahren kein sachlicher Grund vorhanden ist (so OLG Düsseldorf FamRZ 2003, 938, 939) und deshalb nur die Kosten zu erstatten sind, die im Verbundverfahren entstanden wären, ist die Annahme gerechtfertigt, daß der selbständige Zivilprozeß - auch für die Staatskasse - günstiger ist. Denn die im Verbundverfahren nach dem entsprechend höheren Streitwert dann anfallenden höheren Kosten hätte sie - angesichts der in der Regel nach § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO getroffenen Kostenentscheidung - mitzutragen, während ihr die im isolierten Verfahren an den Prozeßbevollmächtigten des Klägers gezahlten Anwaltskosten jedenfalls im wesentlichen von dem Gegner zu erstatten sind und sie nur mit den (dann erheblich geringeren) Kosten aus dem Verbund belastet bleibt. Daß der Kostenerstattungsanspruch, wie das Oberlandesgericht angenommen hat, häufig nicht zu realisieren sei, kann nicht allgemein angenommen werden. Jedenfalls in Fällen, in denen eine Zugewinnausgleichsforderung geltend gemacht wird, erscheint das nicht naheliegend. Wenn aber die finanzielle Lage des Anspruchsgegners besorgen läßt, daß er einen Kostenerstattungsan-
spruch nicht erfüllen kann, dürfte der Antragsteller andererseits auch einen anerkennenswerten Grund für eine möglichst schnelle Scheidung und damit ein berechtigtes Interesse daran haben, eine Belastung des Scheidungsverfahrens mit zusätzlichen Streitpunkten zu vermeiden, so daß ihm jedenfalls nicht vorgeworfen werden kann, die Folgesache ohne triftigen Grund isoliert geltend zu machen. Denn die Ausgleichsforderung entsteht gemäß § 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB erst mit Beendigung des Güterstandes und wird durch den dann noch vorhandenen Wert des Vermögens begrenzt (§ 1378 Abs. 2 BGB).
d) Außerdem ist zu berücksichtigen, daß Art. 3 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebietet (BVerfGE 81, 347, 356). In der Praxis bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, daß eine verständige, nicht bedürftige Partei grundsätzlich alle Folgesachen, in denen zwischen den Parteien (noch) keine Einigkeit besteht, im Verbund geltend macht. Vielmehr wird sie häufig darauf bedacht sein, das Scheidungsverfahren ohne zusätzliche, vermeidbare Belastung mit Folgesachen zügig zum Abschluß zu bringen und erst danach eine Regelung der Scheidungsfolgen zu betreiben (vgl. Wax, FPR aaO S. 472). Mit Rücksicht darauf bedarf die Einschränkung des nach § 623 Abs. 1 ZPO bestehenden Wahlrechts der Partei, eine Folgesache im Verbund oder isoliert geltend zu machen, einer besonderen Rechtfertigung, die indessen - auch aus Kostengründen - nicht besteht. 3. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben, da nach den getroffenen Feststellungen von einer mutwilligen Rechtsverfolgung der Antragstellerin nicht ausgegangen werden kann. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das zu prüfen haben wird, ob die Antragstellerin die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßko-
stenhilfe erfüllt und die beabsichtigte Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 114 ZPO).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
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aa) Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage von ihr Abstand nehmen würde (vgl. nur BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 - VII ZR 187/08, BGHZ 179, 315 Rn. 12; Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZB 31/08, NJW 2010, 3522 Rn. 6 mwN). Beurteilungsmaßstab für die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung durch den Insolvenzverwalter ist das fiktive Vorgehen eines nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesenen, verständigen, sich an den wohlverstandenen Interessen der Gläubigergemeinschaft orientierenden Verwalters. Hätte ein solcher Verwalter lediglich eine Teilklage erhoben, weil die Geltendmachung der Gesamtforderung aus bestimmten Gründen nicht sachgerecht erscheint, stellt sich die Teilklage nicht als mutwillig dar. Dies gilt unabhängig davon, ob bei einer auf Zahlung der Gesamtforderung gerichteten Klage die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen der in diesem Fall bestehenden Vorschusspflicht wirtschaftlich beteiligter Gläubiger nach § 116 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO entfiele.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 73/03
vom
16. Juli 2003
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 16. Juli 2003

beschlossen:
Der Beklagten wird die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Revisionsverfahrens versagt.
Streitwert: 8.553,57

Gründe:


I. Die Parteien streiten über Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrer 1998 verstorbenen Mutter, die keinen werthaltigen Nachlaß hinterlassen hat.
Die Vorinstanzen haben die 1997 unter Vorbehalt eines Wohnungsrechts erfolgte Übertragung eines Hausgrundstücks auf die Beklagte als ergänzungspflichtige Schenkung angesehen. Bei der für die Wertberechnung nach dem Niederstwertprinzip gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlichen Festlegung des Bewertungsstichtages haben sie den Grundstückswert zur Zeit des Erbfalls mit dem zur Zeit des Schenkungsvollzuges unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes

verglichen. Auf der Grundlage des danach maßgeblichen niedrigeren Grundstückswertes zur Zeit des Erbfalls haben sie ohne Berücksichtigung des zu diesem Zeitpunkt erloschenen Wohnungsrechts dem Ergänzungsbegehren stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.
II. Die für die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens beantragte Prozeßkostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil die Rechtsverfolgung der Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu der Frage erfordere, ob sich eine Berücksichtigung von mit dem Tode entfallenden Nutzungsvorbehalten stets verbiete, wenn gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den Erbfallzeitpunkt abzustellen ist. An diese Zulassung ist der Senat gebunden. Allerdings ist der Zulassungsgrund, der sich weitgehend mit dem der Grundsatzbedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO deckt (vgl. Ullmann, WRP 2002, 597) nicht gegeben. Er setzt voraus, daß der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung und Anwendung des materiellen und formellen Rechts aufzustellen oder Lücken auszufüllen , weil es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - VersR 2003, 222 unter 2, demnächst in BGHZ 151, 221 und vom 25. März 2003 - VI ZR 335/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, an der festzuhalten ist und an die sich auch die Vorinstanzen gehalten haben, sind bei dem Wertvergleich zur Feststellung des Bewertungsstichtages vom Erblasser vorbehaltene Nutzungen außer acht zu lassen (BGHZ 118, 49 ff.; 125, 395 ff.; siehe ferner BGH, Urteile vom 17. Januar 1996 - IV ZR 214/94 - WM 1996, 684 unter 2 c und 30. Mai 1990 - IV ZR 254/88 - WM 1990, 1637 unter I 1). Für ihre spätere Berücksichtigung ist kein Raum mehr, wenn nach dem Vergleich der Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde zu legen ist; sie sind dann erloschen.
2. Prozeßkostenhilfe ist aber - unbeschadet der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht - nur dann zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Fortbildung des Rechts in dem dargelegten Sinn dient, woran es indes fehlt. Die Entscheidung des Berufungsgerichts läßt keine Notwendigkeit erkennen für weitere über die bisher durch den Senat herausgearbeiteten Grundsätze hinausgehende sachverhaltsbezogene Leitlinien. Es ergeben sich insbesondere keine zweifelhaften oder noch offenen Rechtsfragen, die einer Klärung durch höchstrichterliche Entscheidung und einer Erörterung in der mündlichen Verhandlung bedürften (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. September 2002 - VIII ZR 235/02 - NJW-RR 2003, 130 unter 2; vom 6. November 2002 - XII ZR 259/01 - NJW-RR 2003, 505 f. und vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - NJW 2003, 1126 unter II 1). Die der Zulassungsfrage zugrunde liegende Fallkonstellation ist auch bereits Gegenstand revisionsrechtlicher Beurteilung durch den Senat gewesen (vgl. Nichtannahmebeschluß vom 26. September 2001 - IV ZR 290/00 - zum Urteil des OLG München vom 29. September 2000 - 23 U 3045/00). Es kommt daher für

die Prozeßkostenhilfegewährung allein auf die Erfolgsaussichten in der Sache selbst an, die bereits im Prozeßkostenhilfeverfahren beurteilt werden können. Solche Erfolgsaussichten bestehen nicht.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch