Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2017 - III ZB 43/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:300317BIIIZB43.16.0
bei uns veröffentlicht am30.03.2017
vorgehend
Oberlandesgericht Dresden, 5 U 511/16, 19.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 43/16
vom
30. März 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:300317BIIIZB43.16.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters und Reiter sowie die Richterinnen Dr. Liebert und Dr. Arend

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 2 wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Mai 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 4.200 €

Gründe:


I.


1
Die Beklagte zu 2 (im Folgenden nur: Beklagte) wendet sich gegen die unter Versagung der Wiedereinsetzung erfolgte Verwerfung ihrer Berufung wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist.
2
Das Teilurteil des Landgerichts vom 29. Januar 2016 ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zusammen mit zwei Urteilen in Parallelverfahren am 8. Februar 2016 zugestellt worden. In dem Verfahren 5 U 225/16 ist die Be- rufungsschrift vom 16. Februar 2016 rechtzeitig beim Oberlandesgericht eingegangen. Im hiesigen Verfahren (5 U 511/16) und im Rechtsstreit 5 U 512/16 (III ZB 44/16) hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 8. April 2016 Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zugleich Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Wiedereinsetzung hat er im Wesentlichen darauf verwiesen, dass er am 16. Februar 2016 insgesamt drei Berufungsschriften in den drei Parallelverfahren verfasst und alle drei Schriftsätze durch eine Mitarbeiterin per Post an das Oberlandesgericht versandt habe. Dort sei aber nur eine Berufung eingegangen. Die Beklagte habe sich auf die Zuverlässigkeit der Post verlassen dürfen.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung - die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.
5
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, nach § 233 Satz 1 ZPO komme eine Wiedereinsetzung nur in Betracht, wenn die Partei ohne ihr Verschulden gehindert gewesen sei, die versäumte Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung liege jedoch nicht vor. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Versäumung auf einem Organisationsverschulden - unzureichende Ausgangskontrolle - des Prozessbevollmächtigten der Beklagten beruhe, das sich die Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Die Kausalität dieses Ver- schuldens könne nicht deswegen verneint werden, weil der Prozessbevollmächtigte vorgetragen habe, alle drei Berufungen seien durch eine Mitarbeiterin in den Briefkasten eingeworfen worden. Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen seien ungeeignet, einen tatsächlichen Einwurf glaubhaft zu machen. Die Mitarbeiterin habe in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 18. April 2016 erklärt, sie habe die drei Berufungsschriften am 16. Februar 2016 nach Unterzeichnung durch den Prozessbevollmächtigten in Kuverts verpackt, ausreichend frankiert und persönlich in den Briefkasten eingeworfen. Hieran könne sie sich noch erinnern, da sie an diesem Tag für den Postdienst eingeteilt gewesen sei. Diese Angaben stünden jedoch in Widerspruch zur eidesstattlichen Versicherung vom 8. April 2016. Denn dort habe die Mitarbeiterin erklärt, nicht mehr genau sagen zu können, ob für den Versand ein einheitlicher großer Briefumschlag oder drei getrennte Briefumschläge verwendet worden seien. Wenn die Mitarbeiterin aber tatsächlich eine so spezifische Erinnerung an den Einwurf der Berufungsschriften in den Briefkasten hätte, müsste sie auch wissen , ob diese in einem einheitlichen, großen Umschlag oder drei getrennten Umschlägen von ihr persönlich in den Briefkasten eingeworfen worden seien.
6
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Kausalität des anwaltlichen Organisationsverschuldens beru- hen auf einem Verfahrensfehler und verletzen die Beklagte in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG). Das Rechtsmittel ist auch begründet.
8
a) Zu Unrecht beanstandet die Beklagte allerdings, dass das Oberlandesgericht von der Versäumung der Berufungsfrist ausgegangen ist und in verfassungswidriger Weise "die naheliegende Möglichkeit, dass die Berufungsschrift abgesandt und beim Berufungsgericht eingegangen ist, nicht ernsthaft erwogen hat, obwohl der unterbreitete Prozessstoff dazu jeden Anlass bot". Insoweit kommt es nicht darauf an, dass - siehe die Ausführungen zu b) - dem Oberlandesgericht, das den Einwurf der Berufungsschrift in den Briefkasten als nicht glaubhaft gemacht angesehen hat, bei der diesbezüglichen Würdigung ein Verfahrensfehler unterlaufen ist. Denn es konnte, selbst wenn man den Vortrag der Beklagten als wahr unterstellen würde, rechtsfehlerfrei davon ausgehen, dass die Berufungsfrist nicht gewahrt worden ist.
9
Die Beklagte hat in ihren Schriftsätzen vom 8. und 19. April 2016 durchgängig vorgetragen, die Berufungsschrift sei nicht beim Oberlandesgericht eingegangen. Sie hat insoweit eine eidesstattliche Versicherung einer anwaltlichen Mitarbeiterin vorgelegt, in der diese erklärt hat, sie habe am 7. April 2016 beim Berufungsgericht angerufen. Sowohl die Geschäftsstelle des 5. Zivilsenats als auch die Registratur des Oberlandesgerichts hätten ihr bestätigt, dass lediglich in einem der drei Verfahren eine Berufungsschrift eingegangen sei. In der Akte 5 U 225/16 befände sich auch nur die Berufungsschrift zu diesem Verfahren, nicht etwa seien versehentlich die fehlenden Berufungen in 5 U 511/16 und 512/16 zu dieser Akte gelangt. Mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat die Be- klagte insoweit geltend gemacht, sie habe sich auf die Zuverlässigkeit der Post verlassen dürfen.
10
Vor diesem Hintergrund hatte das Berufungsgericht, auch wenn die Zulässigkeit einer Berufung von Amts wegen zu prüfen ist und die Parteien insoweit keine Dispositionsbefugnis haben, keine Veranlassung, die Versäumung der Berufungsfrist in Frage zu stellen. Insbesondere musste das Oberlandesgericht nicht weiter prüfen, ob entgegen der Auskunft der Geschäftsstelle und der Registratur der Schriftsatz eventuell doch beim Oberlandesgericht eingegangen und dort verloren gegangen ist. Die Beklagte trägt die Beweislast dafür, dass sie rechtzeitig Berufung eingelegt hat (vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2013 - VIII ZB 13/13, NJW-RR 2014, 179 Rn. 10 mwN). Nach ihrem eigenen Vortrag bleibt aber die Möglichkeit, dass der Schriftsatz auf dem Postweg verloren gegangen ist. Das geht im Rahmen der Prüfung der Rechtzeitigkeit der Berufung zu ihren Lasten.
11
b) Das Oberlandesgericht hat jedoch, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, den Wiedereinsetzungsantrag verfahrensfehlerhaft zurückgewiesen.
12
Der Beklagten wäre Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen , wenn die anwaltliche Mitarbeiterin die drei Berufungsschriften in den Briefkasten eingeworfen hätte. Denn einem Rechtsmittelführer können Fehler bei der Briefbeförderung durch die Post nicht als Verschulden zugerechnet werden (vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Februar 2010 - XII ZB 129/09, FamRZ 2010, 726 Rn. 8 mwN). Im Verantwortungsbereich der Partei liegt es allein, das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß aufzugeben, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Post den Empfänger fristgerecht erreichen kann. Bei rechtzeitigem Einwurf käme es deshalb nicht auf die Organisation der Ausgangskontrolle im Büro des Prozessbevollmächtigten der Beklagten und insoweit darauf an, dass es hierzu nach der - von der Rechtsbeschwerde zu Recht nicht in Frage gestellten - Auffassung des Berufungsgerichts an ausreichendem Vortrag fehlt. Denn etwaige Mängel bei der Ausgangskontrolle wären dann nicht kausal (vgl. dazu auch Senat, Beschluss vom 10. September 2015 - III ZB 56/14, NJW 2015, 3517 Rn. 17).
13
Wenn ein Gericht einer eidesstattlichen Versicherung im Verfahren der Wiedereinsetzung keinen Glauben schenken will, muss es die Partei zuvor darauf hinweisen und ihr Gelegenheit geben, entsprechenden Zeugenbeweis anzutreten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2010 - XII ZB 129/09, FamRZ 2010, 726 Rn. 10; siehe auch Beschluss vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 42/11, WuM 2012, 157 Rn. 8; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 236 Rn. 8). Ein Hinweis auf die für das Oberlandesgericht nach dem angefochtenen Beschluss insoweit maßgeblichen Umstände ist jedoch nicht erfolgt. Unabhängig davon hätte das Berufungsgericht prüfen müssen, ob in der Vorlage der eidesstattlichen Versicherung zugleich ein Beweisangebot auf Vernehmung der Mitarbeiterin als Zeugin liegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Februar 2010 aaO Rn. 11 und vom 17. Januar 2012 aaO; siehe auch Beschluss vom 11. November 2009 - XII ZB 174/08, FamRZ 2010, 122 Rn. 9). Dann liefe die Ablehnung der Wiedereinsetzung ohne vorherige Vernehmung auf eine unzulässige vor- weggenommene Beweiswürdigung hinaus (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2010 aaO).
Herrmann Seiters Reiter
Liebert Arend
Vorinstanzen:
LG Görlitz, Entscheidung vom 29.01.2016 - 5 O 3/15 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 19.05.2016 - 5 U 511/16 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2017 - III ZB 43/16

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

10
a) Im Rahmen der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeit der Berufung hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Berufungsführer den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift zu beweisen hat (vgl. BGH, Urteile vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665 unter II 3; vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872 unter II 1 a; jeweils mwN). Die rechtzeitige Einlegung der Berufung wird im Regelfall durch den Eingangsstempel des angegangenen Gerichts auf dem entsprechenden Schriftsatz nachgewiesen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Der im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis ist zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO). Er erfordert mehr als bloße Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO). Notwendig ist die volle Überzeugung des Gerichts von dem rechtzeitigen Eingang, wobei allerdings die Anforderungen an den Gegenbeweis wegen der Beweisnot des Berufungsführers hinsichtlich gerichtsinterner Vorgänge nicht überspannt wer- den dürfen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603 Rn. 5; vom 17. Februar 2012 - V ZR 254/10, NJW-RR 2012, 701 Rn. 7; BGH, Beschlüsse vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501 unter II; vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501 Rn. 10 f.; jeweils mwN).
8
a) Im Ansatz zu Recht geht das Oberlandesgericht davon aus, dass dem Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen wäre, wenn sein Verfahrensbevollmächtigter bereits am 27. April 2009 die Beschwerdeschrift per Post an das Oberlandesgericht abgeschickt hätte, ohne dass sie dort angekommen ist. Denn dem Rechtsmittelführer dürfen Verzögerungen oder sonstige Fehler bei der Briefbeförderung oder Briefzustellung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden zugerechnet werden. Er darf vielmehr darauf vertrauen, dass die Postlaufzeiten eingehalten werden, die seitens der Deutschen Post AG für den Normalfall festgelegt werden. In seinem Verantwortungsbereich liegt es allein, das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß aufzugeben, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutschen Post AG den Empfänger fristgerecht erreichen kann (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07 - FamRZ 2007, 1722, 1723). Eine am (Montag) 27. April 2009 aufgegebene Postsendung hätte diesen Anforderungen im Hinblick auf die am 30. April 2009 ablaufende Beschwerdefrist genügt.
17
c) Da die Beklagte glaubhaft gemacht hat, dass die Berufungsbegründung am 3. September 2014 auf den Postweg gebracht worden ist, kann dahinstehen , ob in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten gewährleistet war, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wurde (siehe dazu Senatsbeschlüsse vom 27. November 2013 - III ZB 46/13 aaO Rn. 8 und vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8, jeweils mwN). Insoweit bestehende etwaige Mängel bei der Ausgangskontrolle sind jedenfalls nicht kausal geworden.
8
a) Im Ansatz zu Recht geht das Oberlandesgericht davon aus, dass dem Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen wäre, wenn sein Verfahrensbevollmächtigter bereits am 27. April 2009 die Beschwerdeschrift per Post an das Oberlandesgericht abgeschickt hätte, ohne dass sie dort angekommen ist. Denn dem Rechtsmittelführer dürfen Verzögerungen oder sonstige Fehler bei der Briefbeförderung oder Briefzustellung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden zugerechnet werden. Er darf vielmehr darauf vertrauen, dass die Postlaufzeiten eingehalten werden, die seitens der Deutschen Post AG für den Normalfall festgelegt werden. In seinem Verantwortungsbereich liegt es allein, das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß aufzugeben, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutschen Post AG den Empfänger fristgerecht erreichen kann (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07 - FamRZ 2007, 1722, 1723). Eine am (Montag) 27. April 2009 aufgegebene Postsendung hätte diesen Anforderungen im Hinblick auf die am 30. April 2009 ablaufende Beschwerdefrist genügt.
9
An der Form des Beweisantritts hätte das Oberlandesgericht den Nachweis der Unrichtigkeit aber nicht scheitern lassen dürfen. Vielmehr war es nach der Rechtsprechung des Senats gehalten, in der anwaltlichen Versicherung auch ein Angebot zur Vernehmung des Anwalts als Zeugen zu sehen und ihn entsprechend zu vernehmen (Senatsbeschluss vom 7. Oktober 1992 - XII ZB 100/92 - FamRZ 1993, 313, 314; BGH Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 80/06 - NJW 2007, 3069, 3070; vgl. auch BGH Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04 - NJW-RR 2005, 75). Das Oberlandesgericht hätte aufgrund dessen prüfen müssen, ob es aufgrund der Angaben des Verfahrensbevollmächtigten zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufungsschrift abweichend vom Eingangsstempel bereits am Vortag eingegangen ist. Dafür, dass die Berufungsschrift noch am letzten Tag der Frist eingeworfen wurde und erst den Eingangsstempel des Folgetags erhielt, bleibt etwa die nicht ausgeräumte Möglichkeit , dass der Schriftsatz im Zusammenhang mit der übrigen Post aus dem Nachtbriefkasten zunächst versehentlich ungestempelt blieb und erst später den Eingangsstempel für die beim Oberlandesgericht abgegebene Post erhielt.