Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2013 - VIII ZB 13/13

bei uns veröffentlicht am08.10.2013
vorgehend
Amtsgericht Ludwigsburg, 7 C 99/12, 31.10.2012
Landgericht Stuttgart, 4 S 335/12, 25.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 13/13
vom
8. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger
und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 25. Februar 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.900 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen das am 5. November 2012 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2012 Berufung eingelegt, den er ausweislich eines von ihm vorgelegten Sendeberichts am 5. Dezember 2012 um 11.39 Uhr vorab per Telefax zwar nicht an die offizielle, aber an eine andere Telefaxnummer des Berufungsgerichts übermittelt hat.
2
Nachdem die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts den Prozessbevollmächtigten der Parteien im Zusammenhang mit der Zustellung der Berufungsschrift zunächst mitgeteilt hatte, diese sei am 5. Dezember 2012 per Telefax eingegangen, teilte sie dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten wenige Tage später telefonisch mit, entgegen der vorbezeichneten Mitteilung sei am 5. Dezember 2012 kein Berufungsschriftsatz in der vorliegenden Sache eingegangen , sondern erst am 6. Dezember 2012. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten übersandte dem Berufungsgericht daraufhin den oben genannten Sendebericht. Die Vorsitzende des Berufungsgerichts wies ihn sodann telefonisch darauf hin, dass entgegen diesem Sendebericht am 5. Dezember 2012 kein Telefax mit der Berufungseinlegung eingegangen sei; aus dem Journal des im Sendebericht genannten Telefaxgerätes des Berufungsgerichts ergebe sich, dass an diesem Tag zur angegebenen Uhrzeit kein Telefax eingegangen sei. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat daraufhin vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
3
Das vorgenannte Telefaxjournal weist in dem im Sendebericht genannten Zeitraum den Eingang eines Telefaxes um 11.28 Uhr mit einem Umfang von zwei Seiten - dies entspricht dem Umfang der Berufungsschrift - und mit einer unterdrückten Absenderkennung auf. Dieser Empfangsvorgang ist auf dem Telefaxjournal mit einem handschriftlichen Zusatz "anscheinend 11.39 gefaxt" versehen , dessen Urheber nicht ersichtlich ist.
4
In der Gerichtsakte befindet sich neben dem unstreitig erst am 6. Dezember 2012 eingegangenen Original der Berufungsschrift eine - nicht mit einer Faxkennung versehene - Kopie dieses Schriftsatzes, die einen Eingangsstempel der Gemeinsamen Postannahmestelle der Justizbehörden Stuttgart vom 6. Dezember 2012 mit dem handschriftlichen Zusatz "14.30 Uhr" trägt. Außerdem enthält dieses Schriftstück unterhalb des Adressfeldes und des Eingangs- stempels eine handschriftliche Notiz "LG Stgt Registratur" in Rot, deren Urheber ebenfalls nicht ersichtlich ist.
5
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und deren Berufung als unzulässig verworfen. Es ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagten der ihr obliegende Nachweis eines rechtzeitigen Eingangs der Berufungsschrift nicht gelungen sei. Auch sei nicht fristgerecht ein den Anforderungen der §§ 233 ff. ZPO entsprechender Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden. Jedenfalls aber habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt, dass ihren Prozessbevollmächtigten kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist treffe.
6
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten , mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt und hilfsweise ihren Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt.

II.

7
Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
1. Die kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 77, 275, 284; 88, 118, 123; BVerfG, NJW 2005, 814, 815; BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227; vom 25. September 2012 - VIII ZB 22/12, NJW 2013, 237 Rn. 7; vom 19. März 2013 - VIII ZB 45/12, NJW 2013, 2361 Rn. 7; jeweils mwN). Indem das Berufungsgericht ohne eine ausreichende Prüfung der Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsschrift die Berufung als unzulässig verworfen hat, hat es der Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz unzulässig verwehrt.
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft den Nachweis des rechtzeitigen Eingangs der Berufungsschrift als nicht geführt angesehen, ohne zuvor die hier gebotenen Maßnahmen zur Aufklärung der einer Kenntnis der Beklagten nicht zugänglichen gerichtsinternen Vorgänge ergriffen zu haben.
10
a) Im Rahmen der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeit der Berufung hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Berufungsführer den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift zu beweisen hat (vgl. BGH, Urteile vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665 unter II 3; vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872 unter II 1 a; jeweils mwN). Die rechtzeitige Einlegung der Berufung wird im Regelfall durch den Eingangsstempel des angegangenen Gerichts auf dem entsprechenden Schriftsatz nachgewiesen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Der im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis ist zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO). Er erfordert mehr als bloße Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO). Notwendig ist die volle Überzeugung des Gerichts von dem rechtzeitigen Eingang, wobei allerdings die Anforderungen an den Gegenbeweis wegen der Beweisnot des Berufungsführers hinsichtlich gerichtsinterner Vorgänge nicht überspannt wer- den dürfen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603 Rn. 5; vom 17. Februar 2012 - V ZR 254/10, NJW-RR 2012, 701 Rn. 7; BGH, Beschlüsse vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501 unter II; vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501 Rn. 10 f.; jeweils mwN).
11
b) Das Berufungsgericht ist zu der Beurteilung gelangt, dass der Beklagten der nach den obigen Grundsätzen zu führende Gegenbeweis durch die Vorlage des Sendeberichts, wonach die Berufungsschrift am 5. Dezember 2012 um 11.39 Uhr an das Berufungsgericht gefaxt worden sei, nicht gelungen sei.
12
Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass ein Sendebericht nicht den Zugang des Telefaxschreibens beweist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. bereits Senatsurteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, aaO unter II 3 a und b) begründet die durch einen "OK"-Vermerk unterlegte ordnungsgemäße Absendung eines Schreibens per Telefax über ein bloßes Indiz hinaus nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang bei dem Empfänger. Der "OK"-Vermerk belegt nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - IX ZR 148/10, juris Rn. 3; vom 14. Mai 2013 - III ZR 289/12, NJW 2013, 2514 Rn. 11; jeweils mwN).
13
c) Die Rechtsbeschwerde rügt jedoch mit Recht, dass das Berufungsgericht seiner Pflicht zur Aufklärung der mit dem Eingang der Berufungsschrift im Zusammenhang stehenden gerichtsinternen Vorgänge nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist.
14
Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die gerichtsinternen Vorgänge und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Urteil vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, aaO unter II 1 b; BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, aaO Rn. 11 f.; vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, juris Rn. 10; jeweils mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Dezember 1980 - I ZR 51/80, NJW 1981, 1673 unter II). Davon ausgehend hätte sich das Berufungsgericht unter den hier gegebenen Umständen nicht damit begnügen dürfen, lediglich das Telefaxjournal des oben genannten Empfangsgerätes des Berufungsgerichts heranzuziehen. Eine weitergehende Aufklärung der gerichtsinternen Vorgänge lässt sich der Akte nicht entnehmen.
15
aa) Angesichts der zeitlichen Nähe des im Telefaxjournal verzeichneten, vom Umfang her mit der Berufungsschrift übereinstimmenden Eingangs am 5. Dezember 2012 um 11.28 Uhr hätte das Berufungsgericht zusätzlich dienstliche Erklärungen der damals mit der Bedienung dieses Telefaxgeräts befassten Bediensteten des Berufungsgerichts einholen müssen.
16
In diesem Zusammenhang wäre auch zu prüfen gewesen, durch wen und zu welchem Zeitpunkt die Notiz "LG Stgt Registratur" auf der Kopie der Berufungsschrift angebracht wurde und was es mit dem auf dem Empfangsjournal vorhandenen handschriftlichen Zusatz "anscheinend 11.39 gefaxt" auf sich hat.
17
bb) Darüber hinaus hätte der Aufklärung bedurft, aus welchem Grund die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts den Parteivertretern zunächst einen rechtzeitigen Telefaxeingang der Berufungsschrift bestätigt hat. Anlass zur Einholung einer dienstlichen Erklärung der hiermit befassten Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bestand hier schon deshalb, weil es sich bei der zunächst erfolgten Bestätigung des Eingangs eines schließlich nicht bei der Akte befindlichen Telefaxes um einen eher ungewöhnlichen Vorgang handelt.
18
d) Erst nach Ausschöpfung dieser nahe liegenden innerdienstlichen Erkenntnisquellen , denen das Berufungsgericht vor einer erneuten Entscheidung nachzugehen haben wird, kann beurteilt werden, ob der Beklagten der (Gegen-) Beweis eines früheren als des durch den Eingangsstempel bezeugten Eingangs der Berufungsschrift gelungen ist.
19
3. Da nicht in der erforderlichen Weise festgestellt ist, ob die Berufungsschrift rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist, kann die Verwerfung der Berufung keinen Bestand haben. Ist sie rechtzeitig eingegangen, war über den Antrag auf Wiedereinsetzung nicht zu entscheiden. Der angefochtene Beschluss ist deshalb insgesamt aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

III.

20
Sollte das Berufungsgericht nach weiterer Aufklärung erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass der Beklagten der Nachweis eines fristgerechten Eingangs der Berufungsschrift nicht gelungen sei, wird es bei der Prüfung des für diesen Fall gestellten Wiedereinsetzungsantrags der Beklagten zu erwägen haben, ob nicht trotz der in der angefochtenen Entscheidung angenommenen unzureichenden Darlegung einer den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechenden Ausgangskontrolle ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben sein könnte, weil selbst eine unzureichende Ausgangskontrolle hier letztlich nicht zu einer Verzögerung des Eingangs der Rechtsmittelschrift geführt haben dürfte (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07, NJW 2007, 2778 Rn. 10 f.). Denn die Beklagte hat mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts glaubhaft gemacht, dass ihr Prozessbevollmächtigter die Berufungsschrift fristgerecht und vollständig per Telefax an das Berufungsgericht gesandt hat. Hieran ändert entgegen der in der angefochtenen Entscheidung anklingenden Auffassung des Berufungsgerichts der Umstand nichts, dass hierzu nicht die offizielle Telefaxnummer des Berufungsgerichts , sondern offenbar diejenige der dortigen Registratur verwendet worden ist. Denn entscheidend kommt es für die Einreichung einer Berufungsschrift darauf an, dass sie fristgerecht in die Verfügungsgewalt des Berufungsgerichts gelangt ist (BVerfGE 57, 117, 120 mwN; BGH, Beschlüsse vom 12. Februar 1981 - VII ZB 27/80, BGHZ 80, 62, 63; vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 154/82, NJW 1983, 123 unter II 2 a). Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Ludwigsburg, Entscheidung vom 31.10.2012 - 7 C 99/12 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 25.02.2013 - 4 S 335/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2013 - VIII ZB 13/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2013 - VIII ZB 13/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a
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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke
7
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW-RR 2002, 1004 mwN; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775 unter II 1; vom 9. Februar 2010 - VIII ZB 67/09, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086 unter B II 1 d bb; Beschluss vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521 Rn. 5 mwN). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die nach § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift eines Rechtsanwalts in einer mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht mehr vereinbaren Weise überspannt und dadurch der Klägerin den Zugang zur Rechtsmittelinstanz unzulässig verwehrt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 251/99 Verkündet am:
30. März 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Führung des Gegenbeweises gegen die Richtigkeit des Eingangsstempels
bei Einwurf eines Schriftsatzes in den Nachtbriefkasten des Gerichts.
BGH, Urteil vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99 - OLG Zweibrücken
LG Kaiserslautern
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 15. Juni 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die Beklagten mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch, sie hätten als von ihm beauftragte Rechtsanwälte im Jahre 1984 verspätet Widerspruch gegen einen Umlegungsbeschluß eingelegt und es sodann versäumt, einen aussichtsreichen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger - rechtzeitig - Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. März 1999 hat er mit einem Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten von diesem Tage die Berufung begründet. Der Eingangsstempel des
Oberlandesgerichts enthält folgenden Vermerk: "Dem Nachtbriefkasten entnommen am 23. März 99. ... Eingegangen nach 24.00 Uhr des 22. März 1999". Nach einem schriftlichen, beim Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 25. März 1999 eingegangenen Hinweis der Senatsvorsitzenden auf jenes Eingangsdatum hat der Kläger vorgetragen, sein Prozeßbevollmächtigter habe am 22. März 1999 zusammen mit dessen Mitarbeiterin bis etwa 22.30 Uhr an dem Schriftsatz gearbeitet. Die Mitarbeiterin habe in Anwesenheit des Prozeßbevollmächtigten um 22.50 Uhr die Kanzlei verlassen und sei mit dem Schriftsatz zum 300 m entfernten Oberlandesgericht gefahren, wo sie ihn zusammen mit einem weiteren Schriftsatz - dieser enthält einen gleichlautenden Eingangsstempel - in den Nachtbriefkasten eingeworfen habe. Gleichzeitig hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens hat er eidesstattliche Versicherungen seines Prozeßbevollmächtigten und von dessen Mitarbeiterin S. sowie der Buchhalterin C.-K. vorgelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich dessen Revision.

Entscheidungsgründe:


Die nach § 547 ZPO zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat sich vom rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung nicht überzeugen können. Es hat dazu ausgeführt, eine Auskunft des Justizobersekretärs B. habe ergeben, daß dieser am Morgen des 23. März 1999 bei der Entnahme der Post aus dem Nachtbriefkasten keinen Fehler gemacht habe. B. habe sich noch konkret daran erinnert, daß sich an jenem Morgen Post sowohl in dem Fach für den Einwurf vor 24.00 Uhr als auch in demjenigen für die Zeit danach befunden habe. Für die allgemeine Mutmaßung des Klägers, das Personal bei Gericht sei nicht immer das zuverlässigste, gebe es keine konkrete Grundlage. Durch die vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sei der durch den Eingangsstempel begründete Beweis für den Eingangszeitpunkt nicht widerlegt. Die Kanzleimitarbeiterin S. habe nicht näher und nachvollziehbar begründet, warum sie zu der Überzeugung gelangt sein will, daß sie die Post noch lange vor Mitternacht eingeworfen habe. Der Hinweis (der Buchhalterin C.-K.) auf die in den Kanzleiräumen hängende große Wanduhr überzeuge nicht, weil nach der Darstellung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers diese Uhr am nächsten Tag wegen leerer Batterien ausgefallen sei. Der Prozeßbevollmächtigte selbst habe es zunächst für möglich gehalten, daß die Uhr schon am Abend des 22. März 1999 langsamer gelaufen sei. Die Angabe der Frau C.-K., sie habe sich, nachdem sich Frau S. - gegen 22.45 Uhr - entfernt habe, noch eine gute Stunde in den Kanzleiräumen aufgehalten und sodann noch vor Mitternacht an einem Geldautomaten Geld abgehoben, könne nicht richtig sein, wenn man berücksichtige , daß sie noch den Weg zu dem Geldautomaten habe zurücklegen müssen. Sie und der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hätten im übrigen weder mit-
geteilt, wo sich der Geldautomat befinde, noch über die Abhebung irgendwelche Belege vorgelegt.

II.


Diese Beweiswürdigung greift die Revision mit Erfolg als verfahrensfehlerhaft an.
1. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Berufung verspätet begründet worden ist.

a) Die rechtzeitige Begründung einer Berufung ist Voraussetzung für deren Zulässigkeit. Ob die Berufung zulässig ist oder nicht, haben sowohl das Berufungs- wie auch das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH, Beschl. v. 27. November 1996 - XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312). Der gerichtliche Eingangsstempel ist, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO und erbringt den Beweis für den Zeitpunkt des Eingangs und nicht nur, wie die Revision meint, dafür, daß der Schriftsatz der Person, die den Stempel angebracht hat, zu dem darin angegebenen Zeitpunkt vorgelegen hat. Dieser Beweis kann jedoch gemäß § 418 Abs. 2 ZPO durch den Nachweis der Unrichtigkeit des im Eingangsstempel ausgewiesenen Zeitpunkts entkräftet werden. Dabei genügt freilich nicht bloße Glaubhaftmachung im Sinne des § 294 Abs. 1 ZPO; die Rechtzeitigkeit des Eingangs muß zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen wer-
den, wobei der sogenannte Freibeweis gilt (vgl. zu alledem BGH, Beschl. v. 30. Oktober 1997 - VII ZB 19/97, NJW 1998, 461).

b) Die bloße, in aller Regel nicht völlig auszuschließende Möglichkeit, daß ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht richtig funktioniert oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen, reicht zur Führung des Gegenbeweises nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht aus. Auf der anderen Seite dürfen wegen der Beweisnot der betroffenen Partei die Anforderungen an den Gegenbeweis nicht überspannt werden. Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachtbriefkastens sowie das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Urt. v. 31. Mai 1995 - XII ZR 206/94, VersR 1995, 1467, 1468; Zöller/Geimer, ZPO 21. Aufl. § 418 Rdnr. 4). Dem ist das Berufungsgericht insofern nachgekommen, als es eine Stellungnahme des Justizbeamten eingeholt hat, der offenbar am Morgen des 23. März 1999 für die Leerung des Nachtbriefkastens und die Abstempelung der darin befindlichen Schriftstücke zuständig war. Indessen reichte es, wie die Revision zu Recht rügt, nicht aus, sich mit dessen Bestätigung zufrieden zu geben, er habe "einen Fehler nicht gemacht" und könne sich konkret daran erinnern, daß damals in beiden Fächern des Nachtbriefkastens Post gelegen habe. Den Ausführungen des Berufungsgerichts läßt sich nicht entnehmen, ob es Kenntnis von der allgemeinen Funktionsweise des Nachtbriefkastens hatte; es hätte sich darüber informieren müssen, ob und gegebenenfalls welche Fehlerquellen vorhanden sind, ob es schon zu Störungen gekommen war und ob es etwa insbesondere weitere Störfälle in der Nacht vom 22. zum 23. März 1999 gegeben hat (vgl. BGH, Beschl. v. 30. Oktober 1997 aaO S. 461 f). Auch der Frage, wie
die Leerung des Nachtbriefkastens im allgemeinen vor sich zu gehen pflegt und ob es Besonderheiten am Morgen des 23. März 1999 gegeben hat, hätte nachgegangen werden müssen. Dabei wäre - auch darauf weist die Revision mit Recht hin - aufzuklären gewesen, wie es kommt, daß die beiden Datumsstempel auf dem Schriftsatz vom 22. März 1999 ebenso wie auf dem weiteren, gleichzeitig in den Nachtbriefkasten eingeworfenen Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten des Klägers in anderer Sache sich darin unterscheiden, daß jeweils der eine die Jahreszahl nur in der abgekürzten Form "99" ausweist. Schließlich fällt auf, daß die Stempel auf den beiden Schriftsätzen vom 22. März 1999 anders als spätere über den Nachtbriefkasten eingegangene Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 19. Mai, 21. Mai und 11. Juni 1999 (GA 145, 149, 153, 162) offenbar nicht mit der Paraphe des nach den Ermittlungen des Berufungsgerichts für die Leerung am 23. März 1999 zuständigen Justizobersekretärs B. versehen sind.

c) Erst nach Aufklärung dieser Umstände wird es möglich sein, die Ä ußerungen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers und seiner Mitarbeiterinnen abschließend zu würdigen. Dabei hält es der Senat für angezeigt, diese Personen als Zeugen zu vernehmen. Der Kläger hat inzwischen in einem nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nachgereichten Schriftsatz die Vernehmung der Zeuginnen S. und C.-K. auch beantragt.
2. Sollte sich nach der somit erforderlichen weiteren Beweisaufnahme ergeben, daß der Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht geführt ist, so käme auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, für den Fall, daß der Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht gelingt, Wiedereinsetzung mit der Be-
gründung zu beantragen, daß die Partei und ihren Prozeßbevollmächtigen kein Verschulden an der Fristversäumung treffe (BGH, Beschl. v. 27. November 1996 aaO S. 1313). Nach der Darstellung des Klägers hat hier jedoch sein Prozeßbevollmächtigter das Hinausgehen des Schriftsatzes bis zu dem Zeitpunkt , in dem seine Angestellte mit diesem die Kanzleiräume verließ, persönlich überwacht. Daß erst danach der alsbaldige Einwurf des Schriftstücks in den Briefkasten durch irgendein nunmehr eingetretenes Ereignis verzögert worden wäre, hat der Kläger nicht nur nicht behauptet, sondern gerade in Abrede gestellt. Wenn gleichwohl ein verspäteter Einwurf als bewiesen anzusehen sein sollte, könnte das hiernach nur daran liegen, daß der Schriftsatz zu spät aus dem Machtbereich des Prozeßbevollmächtigten herausgelangt ist; das wäre nach dem vom Kläger geschilderten Geschehensablauf nicht ohne ein Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten denkbar.

III.


Der Senat sieht wegen der größeren Orts- und Sachnähe des Berufungsgerichts von eigenen Beweiserhebungen ab und verweist die Sache an
dieses zurück, damit zur Frage der Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

7
1. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, wird die rechtzeitige Vornahme einer Prozesshandlung im Regelfall durch den Eingangsstempel des Gerichts auf dem entsprechenden Schriftsatz nachgewiesen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Der im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis ist zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO); notwendig ist die volle Überzeugung des Gerichts von dem rechtzeitigen Eingang des Schriftsatzes. Wegen der Beweisnot des Berufungsführers hinsichtlich gerichtsinterner Vorgänge dürfen die Anforderungen an den Gegenbeweis allerdings nicht überspannt werden. Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachbriefkastens sowie in das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Beschluss vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501 Rn. 11; Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501 jeweils mwN). Dieser Verpflichtung ist das Berufungsgericht durch die Vernehmung des für die Leerung des Nachbriefkastens zuständigen Wachtmeisters sowie dadurch nachgekommen , dass es sich über die Funktionsweise des Nachtbriefkastens informiert und einen Probelauf durchgeführt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 81/04
vom
15. September 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum im Wege des Freibeweises zu führenden Nachweis, dass die Prozesshandlung
- entgegen dem Eingangsstempel des angegangenen Gerichts - rechtzeitig erfolgt
ist.
BGH, Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04 - LG Essen
AG Essen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 26. November 2004 - 10 S 284/04 - wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerderechtszuges zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 1.197,12 €.

Gründe:


I.


Das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts ist der Kläger in am 15. Juni 2004 zugestellt worden. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Die an sich am 16. August 2004 endende Frist zur Begründung der Berufung ist antragsgemäß bis zum 16. September 2004 verlängert worden. Die Klägerin hat die Berufung mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtig-
ten vom 16. September 2004 begründet; dieser Schriftsatz trägt den Eingangsstempel
"Landgericht Essen <= Berufungsgericht> Eing 17. SEP. 2004 N …"
Das Berufungsgericht hat den Prozessbevollmächtigten der K lägerin am 20. September 2004 darauf hingewiesen, die Berufungsbegründung sei am 17. September 2004, "mithin nach Fristablauf, eingegangen". Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat daraufhin vorgetragen und an Eides Statt versichert , der am 16. September 2004 ausgefertigte Berufungsbegründungsschriftsatz sei von ihm unter dem gleichen Datum auf dem Nachhauseweg in der Zeit zwischen 18.00 und 19.00 Uhr in den Notfristbriefkasten des Berufungsgerichts geworfen worden. Zugleich hat er - aus denselben Gründen - hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung beantragt. Das Berufungsgericht hat eine dienstliche Äußerung der Wachtmeisterei eingeholt. Es hat diese und einen Abdruck der mit dem Eingangsstempel versehenen ersten Seite der Berufungsbegründung dem Vertreter der Klägerin zugeleitet und darauf hingewiesen, der Eingangsstempel weise den Zusatz "N" auf. Die eingehende Post werde dergestalt präsentiert , dass die bis mittags vorgelegte Post einen Eingangsstempel mit dem Zusatz "V" erhalte. Ab Mittag werde der Stempel umgestellt; dann erscheine neben dem Datum der Zusatz "N" als Symbol dafür, dass die Post erst nachmittags eingegangen sei. Der Anwalt der Klägerin hat daraufhin im Wesentlichen wiederholt, er habe den Schriftsatz vom 16. September 2004 noch an diesem Tag in den Fristbriefkasten des Berufungsgerichts eingeworfen.
Das Berufungsgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgew iesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Zwar ist die in förmli cher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsbeschwerde statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist aber nicht im Übrigen zulässig, weil Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 574 Abs. 2 i.V.m. § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO analog; vgl. Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. 2005 § 574 Rn. 11).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert i m Streitfall die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Weder hat das Berufungsgericht Verfahrensgrundrechte der Klägerin verletzt noch grundlegend die Möglichkeit verkannt, den Gegenbeweis im Sinne des § 418 Abs. 2 ZPO und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu führen.
Die rechtzeitige Vornahme einer Prozesshandlung - hier die Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung - wird im Regelfall durch den Eingangsstempel des angegangenen Gerichts auf dem entsprechenden Schriftsatz nachgewiesen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Der im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis ist aber zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO). Er erfordert mehr als bloße Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO). Notwendig ist die volle Überzeugung des Gerichts von dem rechtzeitigen Eingang, wobei allerdings die Anforderungen wegen der Beweisnot des Berufungsführers hinsichtlich gerichtsinterner Vorgänge nicht überspannt werden dürfen (st. Rspr., z.B. Senatsbeschluss vom 14. Juli
1987 - III ZB 20/87 - BGHR ZPO § 418 Abs. 2 Eingangsstempel 1; BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 1992 - XII ZB 100/92 - FamRZ 1993, 313, 314, vom 27. November 2002 - VIII ZB 45/02 - NJOZ 2003, 329, 330 und vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04 - NJW-RR 2005, 75).
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, durch den Eingangsstempel sei nachgewiesen, dass die Berufungsbegründungsschrift am Nachmittag des 17. September 2004, mithin nach Ablauf der am Donnerstag, dem 16. September 2004 endenden Frist zur Berufungsbegründung, eingegangen sei. Dem hat es die eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenübergestellt, wonach er den Schriftsatz in den frühen Abendstunden des 16. September 2004 in den Notfristbriefkasten des Berufungsgerichts eingeworfen habe, dies aber nicht für glaubhaft - geschweige denn für erwiesen - erachtet. Nicht auszuschließen sei zwar, dass bis 24.00 Uhr eingehende Post - hier die nach dem Vortrag der Klägerin am 16. September 2004 zwischen 18.00 und 19.00 Uhr eingeworfene Berufungsbegründung - aus Versehen den "Vormittagsstempel" des folgenden Tages ("17. September 2004 V") erhalte; wenig wahrscheinlich sei aber, dass sie - wie im Streitfall - erst den "Nachmittagsstempel" des folgenden Tages ("17. September 2004 N"), also die übernächste Einstellung des Stempels, erhalten haben könnte.
Gegen die Würdigung des Berufungsgerichts kann nicht ang eführt werden , es habe über die - allerdings karge - dienstliche Ä ußerung der Wachtmeisterei hinaus möglichen Gründen für eine fehlerhafte Stempelung nachgehen müssen. Dafür bot der Sachverhalt - anders als in den von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Entscheidungen (BGH, Beschlüsse vom 14. Okto-
ber 2004 aaO, vom 5. Oktober 2000 - X ZB 13/00 - NJW-RR 2001, 571 und vom 7. Oktober 1992 aaO) - keinen hinreichenden Anhalt. Die Klägerin hat, nachdem ihr die dienstliche Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden war, selbst nicht geltend gemacht, dass der Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht richtig funktioniert habe oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen sein könnten. Ihr Vorbringen erschöpfte sich im Grunde in der (eidesstattlich versicherten) Behauptung, ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründungsschrift am 16. September 2004 in den Notfristbriefkasten des Berufungsgerichts eingeworfen. Trotz gerichtlichen Hinweises auf die Ausgestaltung der Präsentation mittels Vor- und Nachmittagsstempel erhärtete sie ihren Vortrag und die eidesstattliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten nicht, z.B. durch einen Vermerk ihres Prozessbevollmächtigten über die erfolgte "Zustellung" der Berufungsbegründung in dessen Handakten (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2004 aaO) oder durch einen entsprechenden Nachweis in dessen Postausgangsbuch (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2002 aaO S. 330 f).
Aus den vorgenannten Erwägungen ergibt sich, dass das Ber ufungsgericht zu Recht die Berufung als unzulässig verworfen hat. Wiedereinsetzungsgründe sind nicht ersichtlich.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
10
b) Die rechtzeitige Vornahme einer Prozesshandlung - hier der Einreichung der Berufungsbegründung - wird im Regelfall durch den Eingangsstempel des angegangenen Gerichts auf dem entsprechenden Schriftstück nachgewiesen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Der im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis ist aber zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO). Er erfordert mehr als bloße Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO). Notwendig ist vielmehr die volle Überzeugung des Gerichts von dem rechtzeitigen Eingang (BGH, Beschl. v. 27. November 1996 - XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312; Urt. v. 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872, 1873; v. 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75; Beschl. v. 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501; v. 8. Mai 2007 - VI ZB 80/06, NJW 2007, 3069 Rn. 12).
3
Bei einer Telefax-Übermittlung begründet die ordnungsgemäße, durch einen "OK"-Vermerk unterlegte Absendung eines Schreibens nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über ein bloßes Indiz hinaus nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang bei dem Empfänger (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665, 667; Beschluss vom 23. Oktober 1995 - II ZB 6/95, MDR 1996, 99 (LS); Urteil vom 24. Juni 1999 - VII ZR 196/98, NJW 1999, 3554, 3555; Beschluss vom 28. Februar 2002 - VII ZB 28/01, NJW-RR 2002, 999, 1000). Der "OK"-Vermerk gibt dem Absender keine Gewissheit über den Zugang der Sendung, weil er nur das Zustandekommen der Verbindung, aber nicht die erfolgreiche Übermittlung belegt (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1995 - II ZB 6/95, MDR 1996, 99). Im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt dem "OK"-Vermerk bei der Frage der wirksamen Ausgangskontrolle Bedeutung zu. Hinsichtlich des Zugangs ist er jedoch lediglich ein Indiz (BGH, Urteil vom 28. Februar 2002, aaO S. 1000). Dieser Rechtsprechung sind der Bundesfinanzhof (Urteil vom 8. Juli 1998 - I R 17/96, BFHE 186, 491, 493 f) und das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 14. August 2002 - 5 AZR 169/01, BAGE 102, 171, 173) beigetreten. Diese rechtliche Würdigung, der das angefochtene Urteil entspricht, wird durch die von der Beschwerde angeführten abweichenden Entscheidungen einzelner Oberlandesgerichte mangels zuverlässiger neuer technischer Erkenntnisse nicht in Frage gestellt.
11
Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Fernkopie übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGH, Beschlüsse vom 7. Juli 2011 - I ZB 62/10, juris Rn. 3 und vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18). Der Ausdruck durch das Gerät ist nicht maßgeblich (BGH, Beschluss vom 25. April 2005 aaO, Rn. 17). Die durch einen "OK"-Vermerk unterlegte ordnungsgemäße Absendung eines Schreibens per Telefax begründet nach der - auch jüngsten - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über ein bloßes Indiz hinaus aber nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang bei dem Empfänger (z.B. Beschluss vom 21. Juli 2011 - IX ZR 148/10, juris Rn. 3 mwN). Der "OK"-Vermerk belegt nur das Zustandekommen der Verbindung , nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät (aaO). Die Klägerin hat sich jedoch nicht auf die Vorlage des Sendeberichts beschränkt. Vielmehr hat sie, womit sich das Berufungsgericht nicht befasst hat, für die Tatsache, dass die Klageschrift per Fax in lesbarer Form am 29. Dezember 2010 beim Landgericht eingegangen ist, Beweis durch das Angebot der Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten. Bei verständiger Würdigung ist der dem Beweisantritt zugrunde liegende Sachvortrag so zu verstehen , dass die Signale, in die die Klageschrift umgewandelt worden war, an diesem Tag vollständig vom Faxgerät des Landgerichts empfangen wurden. Der Beweisantritt bezog sich ferner auf die von der Klägerin behauptete Indiztatsache , dass die - sowohl durch den Sendebericht als auch das TelefaxEmpfangsjournal des Landgerichts belegte - Übertragungsdauer von etwa drei Minuten mit der Versendung von elf leeren Blättern unvereinbar sei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 251/99 Verkündet am:
30. März 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Führung des Gegenbeweises gegen die Richtigkeit des Eingangsstempels
bei Einwurf eines Schriftsatzes in den Nachtbriefkasten des Gerichts.
BGH, Urteil vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99 - OLG Zweibrücken
LG Kaiserslautern
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 15. Juni 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die Beklagten mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch, sie hätten als von ihm beauftragte Rechtsanwälte im Jahre 1984 verspätet Widerspruch gegen einen Umlegungsbeschluß eingelegt und es sodann versäumt, einen aussichtsreichen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger - rechtzeitig - Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. März 1999 hat er mit einem Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten von diesem Tage die Berufung begründet. Der Eingangsstempel des
Oberlandesgerichts enthält folgenden Vermerk: "Dem Nachtbriefkasten entnommen am 23. März 99. ... Eingegangen nach 24.00 Uhr des 22. März 1999". Nach einem schriftlichen, beim Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 25. März 1999 eingegangenen Hinweis der Senatsvorsitzenden auf jenes Eingangsdatum hat der Kläger vorgetragen, sein Prozeßbevollmächtigter habe am 22. März 1999 zusammen mit dessen Mitarbeiterin bis etwa 22.30 Uhr an dem Schriftsatz gearbeitet. Die Mitarbeiterin habe in Anwesenheit des Prozeßbevollmächtigten um 22.50 Uhr die Kanzlei verlassen und sei mit dem Schriftsatz zum 300 m entfernten Oberlandesgericht gefahren, wo sie ihn zusammen mit einem weiteren Schriftsatz - dieser enthält einen gleichlautenden Eingangsstempel - in den Nachtbriefkasten eingeworfen habe. Gleichzeitig hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens hat er eidesstattliche Versicherungen seines Prozeßbevollmächtigten und von dessen Mitarbeiterin S. sowie der Buchhalterin C.-K. vorgelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich dessen Revision.

Entscheidungsgründe:


Die nach § 547 ZPO zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat sich vom rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung nicht überzeugen können. Es hat dazu ausgeführt, eine Auskunft des Justizobersekretärs B. habe ergeben, daß dieser am Morgen des 23. März 1999 bei der Entnahme der Post aus dem Nachtbriefkasten keinen Fehler gemacht habe. B. habe sich noch konkret daran erinnert, daß sich an jenem Morgen Post sowohl in dem Fach für den Einwurf vor 24.00 Uhr als auch in demjenigen für die Zeit danach befunden habe. Für die allgemeine Mutmaßung des Klägers, das Personal bei Gericht sei nicht immer das zuverlässigste, gebe es keine konkrete Grundlage. Durch die vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sei der durch den Eingangsstempel begründete Beweis für den Eingangszeitpunkt nicht widerlegt. Die Kanzleimitarbeiterin S. habe nicht näher und nachvollziehbar begründet, warum sie zu der Überzeugung gelangt sein will, daß sie die Post noch lange vor Mitternacht eingeworfen habe. Der Hinweis (der Buchhalterin C.-K.) auf die in den Kanzleiräumen hängende große Wanduhr überzeuge nicht, weil nach der Darstellung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers diese Uhr am nächsten Tag wegen leerer Batterien ausgefallen sei. Der Prozeßbevollmächtigte selbst habe es zunächst für möglich gehalten, daß die Uhr schon am Abend des 22. März 1999 langsamer gelaufen sei. Die Angabe der Frau C.-K., sie habe sich, nachdem sich Frau S. - gegen 22.45 Uhr - entfernt habe, noch eine gute Stunde in den Kanzleiräumen aufgehalten und sodann noch vor Mitternacht an einem Geldautomaten Geld abgehoben, könne nicht richtig sein, wenn man berücksichtige , daß sie noch den Weg zu dem Geldautomaten habe zurücklegen müssen. Sie und der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hätten im übrigen weder mit-
geteilt, wo sich der Geldautomat befinde, noch über die Abhebung irgendwelche Belege vorgelegt.

II.


Diese Beweiswürdigung greift die Revision mit Erfolg als verfahrensfehlerhaft an.
1. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Berufung verspätet begründet worden ist.

a) Die rechtzeitige Begründung einer Berufung ist Voraussetzung für deren Zulässigkeit. Ob die Berufung zulässig ist oder nicht, haben sowohl das Berufungs- wie auch das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH, Beschl. v. 27. November 1996 - XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312). Der gerichtliche Eingangsstempel ist, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO und erbringt den Beweis für den Zeitpunkt des Eingangs und nicht nur, wie die Revision meint, dafür, daß der Schriftsatz der Person, die den Stempel angebracht hat, zu dem darin angegebenen Zeitpunkt vorgelegen hat. Dieser Beweis kann jedoch gemäß § 418 Abs. 2 ZPO durch den Nachweis der Unrichtigkeit des im Eingangsstempel ausgewiesenen Zeitpunkts entkräftet werden. Dabei genügt freilich nicht bloße Glaubhaftmachung im Sinne des § 294 Abs. 1 ZPO; die Rechtzeitigkeit des Eingangs muß zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen wer-
den, wobei der sogenannte Freibeweis gilt (vgl. zu alledem BGH, Beschl. v. 30. Oktober 1997 - VII ZB 19/97, NJW 1998, 461).

b) Die bloße, in aller Regel nicht völlig auszuschließende Möglichkeit, daß ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht richtig funktioniert oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen, reicht zur Führung des Gegenbeweises nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht aus. Auf der anderen Seite dürfen wegen der Beweisnot der betroffenen Partei die Anforderungen an den Gegenbeweis nicht überspannt werden. Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachtbriefkastens sowie das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Urt. v. 31. Mai 1995 - XII ZR 206/94, VersR 1995, 1467, 1468; Zöller/Geimer, ZPO 21. Aufl. § 418 Rdnr. 4). Dem ist das Berufungsgericht insofern nachgekommen, als es eine Stellungnahme des Justizbeamten eingeholt hat, der offenbar am Morgen des 23. März 1999 für die Leerung des Nachtbriefkastens und die Abstempelung der darin befindlichen Schriftstücke zuständig war. Indessen reichte es, wie die Revision zu Recht rügt, nicht aus, sich mit dessen Bestätigung zufrieden zu geben, er habe "einen Fehler nicht gemacht" und könne sich konkret daran erinnern, daß damals in beiden Fächern des Nachtbriefkastens Post gelegen habe. Den Ausführungen des Berufungsgerichts läßt sich nicht entnehmen, ob es Kenntnis von der allgemeinen Funktionsweise des Nachtbriefkastens hatte; es hätte sich darüber informieren müssen, ob und gegebenenfalls welche Fehlerquellen vorhanden sind, ob es schon zu Störungen gekommen war und ob es etwa insbesondere weitere Störfälle in der Nacht vom 22. zum 23. März 1999 gegeben hat (vgl. BGH, Beschl. v. 30. Oktober 1997 aaO S. 461 f). Auch der Frage, wie
die Leerung des Nachtbriefkastens im allgemeinen vor sich zu gehen pflegt und ob es Besonderheiten am Morgen des 23. März 1999 gegeben hat, hätte nachgegangen werden müssen. Dabei wäre - auch darauf weist die Revision mit Recht hin - aufzuklären gewesen, wie es kommt, daß die beiden Datumsstempel auf dem Schriftsatz vom 22. März 1999 ebenso wie auf dem weiteren, gleichzeitig in den Nachtbriefkasten eingeworfenen Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten des Klägers in anderer Sache sich darin unterscheiden, daß jeweils der eine die Jahreszahl nur in der abgekürzten Form "99" ausweist. Schließlich fällt auf, daß die Stempel auf den beiden Schriftsätzen vom 22. März 1999 anders als spätere über den Nachtbriefkasten eingegangene Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 19. Mai, 21. Mai und 11. Juni 1999 (GA 145, 149, 153, 162) offenbar nicht mit der Paraphe des nach den Ermittlungen des Berufungsgerichts für die Leerung am 23. März 1999 zuständigen Justizobersekretärs B. versehen sind.

c) Erst nach Aufklärung dieser Umstände wird es möglich sein, die Ä ußerungen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers und seiner Mitarbeiterinnen abschließend zu würdigen. Dabei hält es der Senat für angezeigt, diese Personen als Zeugen zu vernehmen. Der Kläger hat inzwischen in einem nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nachgereichten Schriftsatz die Vernehmung der Zeuginnen S. und C.-K. auch beantragt.
2. Sollte sich nach der somit erforderlichen weiteren Beweisaufnahme ergeben, daß der Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht geführt ist, so käme auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, für den Fall, daß der Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht gelingt, Wiedereinsetzung mit der Be-
gründung zu beantragen, daß die Partei und ihren Prozeßbevollmächtigen kein Verschulden an der Fristversäumung treffe (BGH, Beschl. v. 27. November 1996 aaO S. 1313). Nach der Darstellung des Klägers hat hier jedoch sein Prozeßbevollmächtigter das Hinausgehen des Schriftsatzes bis zu dem Zeitpunkt , in dem seine Angestellte mit diesem die Kanzleiräume verließ, persönlich überwacht. Daß erst danach der alsbaldige Einwurf des Schriftstücks in den Briefkasten durch irgendein nunmehr eingetretenes Ereignis verzögert worden wäre, hat der Kläger nicht nur nicht behauptet, sondern gerade in Abrede gestellt. Wenn gleichwohl ein verspäteter Einwurf als bewiesen anzusehen sein sollte, könnte das hiernach nur daran liegen, daß der Schriftsatz zu spät aus dem Machtbereich des Prozeßbevollmächtigten herausgelangt ist; das wäre nach dem vom Kläger geschilderten Geschehensablauf nicht ohne ein Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten denkbar.

III.


Der Senat sieht wegen der größeren Orts- und Sachnähe des Berufungsgerichts von eigenen Beweiserhebungen ab und verweist die Sache an
dieses zurück, damit zur Frage der Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer
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b) Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus, wenn es der Prozessbevollmächtigten des Klägers als ein diesem gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden anlastet, dass sie ihre Versuche zur fristwahrenden Übermittlung der Berufungsschrift nicht im erforderlichen Maße wiederholt habe. Die Wertung des Berufungsgerichts, angesichts des in den Sendeprotokollen verzeichneten Übermittlungsergebnisses "Besetzt/Keine Antw." sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Übertragung an einer Fehlfunktion der Faxgeräte des Landgerichts gescheitert sei, vielmehr sei ebenso eine Belegung sämtlicher Leitungen zu den jeweiligen Übertragungszeitpunkten denkbar, übergeht jedoch - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist - das an Eides Statt versicherte Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des Klägers, wonach das Empfangsgerät bei den Übermittlungsversuchen Freizeichen ausgesendet habe und gleichwohl nicht empfangsbereit gewesen sei. Unter Berücksichtigung dessen, dass dieser Umstand außerhalb der Wahrnehmungssphäre des Klägers liegt und von ihm deshalb nicht näher aufgeklärt werden kann, hätte das Berufungsgericht über dieses erhebliche Vorbringen nicht hinweggehen dürfen, sondern ihm nachgehen und sich zumindest einen Ausdruck aus dem Journal der auf Empfängerseite im fraglichen Zeitraum für den benutzten Telefaxanschluss ein- gesetzten Telefaxgeräte vorlegen lassen müssen, um daraus weitere Aufschlüsse über die vom Kläger behaupteten Funktionsstörungen zu gewinnen (vgl. etwa BVerfG, NJW 2006, 1505, 1506; BGH, Beschlüsse vom 10. November 1994 - IX ZB 67/94, NJW-RR 1995, 442 unter II 2; vom 18. März 1998 - XII ZB 144/97, juris Rn. 6).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

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2. Dem Beklagten ist allerdings gleichwohl Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, weil das Organisationsverschulden seines Prozessbevollmächtigten für die Fristversäumung nicht ursächlich geworden ist. Denn nach dem an Eides statt versicherten Vortrag des Beklagten erstreckte sich die konkrete Einzelanweisung seines Prozessbevollmächtigten auch darauf, die Berufungsbegründung und den Prozesskostenhilfeantrag nebst den entsprechenden Unterlagen noch am 13. Dezember 2006 auf den Postweg zu bringen. Entsprechend hat die Kanzleiangestellte die Schriftsätze nach dem Inhalt ihrer eidesstattlichen Versicherung noch am Abend des 13. Dezember 2006 kuvertiert , frankiert und in einen Postbriefkasten eingeworfen.