Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - III ZB 84/15

bei uns veröffentlicht am26.11.2015
vorgehend
Amtsgericht Dippoldiswalde, 1 C 557/14, 06.01.2015
Landgericht Dresden, 2 S 9/15, 26.05.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 84/15
vom
26. November 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Bemessung des Beschwerdewerts bei einer Verurteilung zur Räumung und
Herausgabe eines Kleingartens.
BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - III ZB 84/15 - LG Dresden
AG Dippoldiswalde
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2015 durch die
Richter Seiters, Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 26. Mai 2015 - 2 S 9/15 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Der Streitwert für die Rechtsbeschwerde beträgt 119,36 €.

Gründe:


I.


1
Die Parteien streiten um den Fortbestand eines Pachtverhältnisses über einen Kleingarten. Mit ihrer Klage haben die Kläger - als Pächter - beantragt festzustellen, dass die vom beklagten Kleingartenverein unter dem 29. Juli 2014 ausgesprochene Kündigung das Pachtverhältnis nicht beendet habe. Der Beklagte hat hierauf Widerklage erhoben mit den Anträgen, die Kläger gesamtschuldnerisch zur Räumung und Herausgabe des Kleingartens (Widerklageantrag zu 1) sowie "insbesondere" zur Beseitigung von drei Koniferen, zwei Eiben, einer großen Birke, eines Nadelbaums, eines Ahornbaums und einer großen Zwergkiefer zu verurteilen, die sich auf dem Kleingartengrundstück befinden (Widerklageantrag zu 2). Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Kläger auf die Widerklage zur Räumung und Herausgabe des Kleingartens verurteilt ; den Widerklageantrag auf Beseitigung der Bäume (Widerklageantrag zu 2) hat es mit der Begründung abgewiesen, dass dem Beklagten hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil sich die Beseitigungspflicht der Kläger bereits aus der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des Kleingartengrundstücks (in Verbindung mit den Regelungen des Pachtvertrags) ergebe. Die Berufung hat das Amtsgericht ausdrücklich nicht zugelassen.
2
Die gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegte Berufung der Kläger hat das Landgericht als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, dass der Wert des Beschwerdegegenstands gemäß §§ 8, 9 ZPO lediglich 417,76 € (3½-facher Betrag der jährlichen Pacht von 119,36 €) betrage und somit unterhalb der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (600 €) liege.
3
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.


4
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Wert des Beschwerdegegenstands zutreffend mit 417,76 € ermittelt und die Berufung daher zu Recht wegenUn- terschreitung der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig verworfen.
5
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht für die Ermittlung des Beschwerdewerts auf §§ 8, 9 ZPO abgestellt und hiernach den dreieinhalbfachen Jahrespachtzins zugrunde gelegt.
6
a) § 8 ZPO findet auch auf Kleingartenpachtverhältnisse im Sinne des Bundeskleingartengesetzes Anwendung (Senatsurteil vom 17. März 2005 - III ZR 342/04, NJW-RR 2005, 867, 868; Senatsbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - III ZB 47/07, NZM 2008, 461, 462 Rn. 6; vom 11. Dezember 2008 - III ZB 53/08, NJW-RR 2009, 775 Rn. 8 und vom 17. Dezember 2009 - III ZR 66/09, NJOZ 2010, 1723 Rn. 9). Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses - wie hier - weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO S. 868 f; Senatsbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 aaO Rn. 7; vom 11. Dezember 2008 aaO und vom 17. Dezember 2009 aaO mwN).
7
b) § 8 ZPO erfasst neben Räumungsklagen auch Feststellungsklagen, wobei für diese kein Bewertungsabschlag vorzunehmen ist (s. dazu BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - XII ZB 75/08, NJW-RR 2009, 156 f Rn. 7 ff mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 aaO Rn. 12).
8
c) Der Wert der Beschwer der Kläger aus ihrer Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des Kleingartens sowie aus der Abweisung ihrer Feststellungsklage sind nicht zu addieren, weil zwischen der Feststellungsklage und der Räumungswiderklage eine wirtschaftliche Identität besteht; es verbleibt daher insgesamt bei dem Wert des dreieinhalbfachen Jahrespachtzinses (s. dazu BGH, Urteil vom 28. September 1994 - XII ZR 50/94, NJW 1994, 3292 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2004 - XII ZR 110/02, NJW-RR 2005, 224).
9
2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sind die voraussichtlichen Kosten für die Beseitigung der Bäume nicht hinzuzurechnen.
10
a) Der Wert der Beschwer bemisst sich bei einer Verurteilung zur Räumung , die den (Wider-)Beklagten auch dazu verpflichtet, die von ihm angebrachten Einrichtungen und Anpflanzungen auf dem verpachteten Grundstück zu entfernen, allein nach § 8 ZPO. Der Kostenaufwand zur Erfüllung der Räumungspflicht ist nach dem Wortlaut des § 8 ZPO ohne Bedeutung; für die Anwendung von § 3 ZPO neben § 8 ZPO ist insoweit kein Raum (s. Senatsbeschluss vom 29. April 2004 - III ZB 72/03, BeckRS 2004, 04908; BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 2004 aaO und vom 16. März 2012 - LwZB 3/11, NJW-RR 2012, 1103, 1104 Rn. 10, jeweils mwN; s. auch OLG Bremen, Beschluss vom 13. November 2012 - 5 U 18/12 (Lw), BeckRS 2013, 08957).
11
b) Anders verhält es sich, wenn der (Wider-)Beklagte im Rahmen einer objektiven (Wider-)Klagehäufung (§ 260 ZPO) sowohl zur Herausgabe eines Grundstücks als auch zur Beseitigung von Bauwerken oder Einrichtungen ver-
12
urteilt wird. In diesem Fall beruht die Verurteilung auf zwei Klageanträgen mit zwei verschiedenen Streitgegenständen. Hier erfolgt gemäß § 5 ZPO eine Addition des nach § 8 ZPO zu bestimmenden Werts der Beschwer der Verurteilung zur Herausgabe und des nach § 3 ZPO (nach den dafür aufzuwendenden Kosten ) zu bemessenden Werts der Beschwer für die Beseitigung (BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2005 - XII ZR 104/02, WuM 2005, 525 f und vom 16. März 2012 aaO Rn. 11, 14; s. auch OLG Bremen aaO; KG, NJOZ 2013, 1260; OLG Rostock, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 3 W 65/14, BeckRS 2014, 13191).
13
c) Im vorliegenden Fall sind die Kläger indes nicht im Rahmen einer objektiven (Wider-)Klagehäufung neben der Herausgabe und Räumung des Kleingartens zur Beseitigung der Bäume verurteilt worden; vielmehr ist der auf die Beseitigung der Bäume gerichtete Widerklageantrag zu 2 vom Amtsgericht abgewiesen worden. Soweit das Amtsgericht in seinem Urteil die Auffassung vertreten hat, dass die Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des Kleingartens die Verpflichtung zur Beseitigung der Bäume einschließe, rechtfertigt dies keine Wertaddition nach §§ 3, 5 ZPO, weil eine etwaige Beseitigungsverpflichtung der Kläger hiernach nicht neben der Räumung und Herausgabe ausgesprochen worden, sondern Bestandteil der Räumung und Herausgabe wäre.
14
3. Der Gebührenstreitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens bemisst sich gemäß § 41 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nach dem einfachen Betrag des Jahrespachtzinses.
Seiters Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
AG Dippoldiswalde, Entscheidung vom 06.01.2015 - 1 C 557/14 -
LG Dresden, Entscheidung vom 26.05.2015 - 2 S 9/15 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - III ZB 84/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - III ZB 84/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - III ZB 84/15 zitiert 12 §§.

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

Zivilprozessordnung - ZPO | § 5 Mehrere Ansprüche


Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 41 Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse


(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 260 Anspruchshäufung


Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 8 Pacht- oder Mietverhältnis


Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die

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Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 342/04
Verkündet am:
17. März 2003
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Streiten die Parteien im Rahmen einer Räumungsklage über eine Kleingartenparzelle
, die auf unbestimmte Zeit verpachtet worden ist, über die
Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung, ist mangels anderer hinreichend
konkreter Anhaltspunkte die "streitige Zeit" im Sinn des § 8 ZPO
in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO zu bestimmen.
BGH, Urteil vom 17. März 2005 - III ZR 342/04 - LG München I
AG München
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I, 14. Zivilkammer, vom 7. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger verpachtete dem Beklagten am 8. April 2002 auf unbestimmte Zeit eine Gartenparzelle, die den Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes unterliegt. Der vom Beklagten zu entrichtende Pachtzins beträgt jährlich 80 €. Der Kläger kündigte diesen Vertrag mit Schreiben vom 3. Juni 2003 zum 30. November 2003 gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG wegen nicht unerheblicher Pflichtverletzungen und wiederholte diese Kündigung vorsorglich durch anwaltliches Schreiben vom 22. Juli 2003. Mit seiner im August 2003 eingereichten Klage hat er die Räumung und Herausgabe der Gartenparzelle zum 30. November 2003 begehrt. Der Kläger hat vor Klageerhebung nicht versucht, die Streitigkeit vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten Güte-
stelle (vgl. § 15a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO i.V.m. Art. 1 Nr. 1 des Bayerischen Schlichtungsgesetzes) einvernehmlich beizulegen.
Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, w eil der Geldeswert der Streitigkeit 750 € nicht übersteige und deshalb vor Klageerhebung ein Schlichtungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht über 600 € hinausgehe. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Räumungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet. Zutreffend ist das Ber ufungsgericht davon ausgegangen, daß die Berufung nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unzulässig ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes bei 280 € (3,5 x 80 €) liegt und damit 600 € nicht übersteigt.
1. Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, ist für den Zuständigkeitsstreitwert, die Rechtsmittelbeschwer sowie die Beurteilung, ob eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor dem Amtsgericht der obligatorischen Streitschlichtung nach § 15a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO unterliegt, nach § 8 ZPO, der auch auf Räumungsklagen nach vorausgegangener Kündigung eines Kleingartenpachtverhältnisses anzuwenden ist (vgl. Senatsbeschluß vom 4. Juli 1996 - III ZR 34/96 - BGHR ZPO § 8 Räumungsklage 7), der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und,
wenn der 25-fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend. Die Regelung stellt damit - im Ausgangspunkt unabhängig davon, in welchen Klageantrag das Begehren gekleidet ist, wenn es nur darum geht, daß ein Streit über Dauer oder Bestand der Rechtsbeziehung besteht - auf das Entgelt für einen rechtlich umstrittenen Zeitraum ab.

a) Dabei bereitet es im allgemeinen keine Probleme, den Beginn der streitigen Zeit festzulegen. Wird die Räumungsklage nach vorausgegangener Kündigung zu einem Zeitpunkt erhoben, zu dem die Kündigung nach der Behauptung der klagenden Partei bereits wirksam geworden ist, beginnt die streitige Zeit mit der Erhebung der Klage (vgl. BGH, Beschluß vom 21. Juni 1955 - V ZR 99/55 - MDR 1955, 731; Urteil vom 1. April 1992 - XII ZR 200/91 - NJW-RR 1992, 1359; Beschluß vom 2. Juni 1999 - XII ZR 99/99 - NJW-RR 1999, 1385). Wird die Feststellung begehrt, daß ein Mietverhältnis infolge fristloser Kündigung seit einem bestimmten Tag nicht mehr bestehe, beginnt die streitige Zeit nicht erst mit der Klageerhebung, sondern mit dem Zeitpunkt der fristlosen Kündigung (vgl. BGH, Beschluß vom 13. Mai 1958 - VIII ZR 16/58 - NJW 1958, 1291). Wird - wie hier - die Räumungsklage bereits zu einem Zeitpunkt erhoben, der vor dem behaupteten Wirksamwerden der Kündigung liegt, beginnt die streitige Zeit mit dem Zeitpunkt, zu dem die Wirkungen der Kündigung geltend gemacht werden, hier also bei der auf den 30. November 2003 ausgesprochenen Kündigung am 1. Dezember 2003.

b) Hinsichtlich des Endes der streitigen Zeit ist zu unter scheiden.
aa) Handelt es sich um einen Miet- oder Pachtvertrag von bestimmter Dauer, ist dessen Endzeitpunkt maßgebend. Die streitige Zeit kann ihr Ende auch dadurch finden, daß die Parteien den Vertrag später einverständlich beendet haben (vgl. BGH, Beschluß vom 13. Mai 1958 aaO), der Beklagte ausgezogen ist und sich auf den Bestand des Mietverhältnisses nicht länger beruft (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Oktober 1991 - XII ZR 81/91 - NJW-RR 1992, 698) oder selbst zu einem späteren Zeitpunkt kündigt (vgl. BGH, Beschluß vom 30. September 1998 - XII ZR 163/98 - NZM 1999, 21).
bb) Bei Verträgen von unbestimmter Dauer wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die bereits durch das Reichsgericht begründet worden ist, und auch weitgehend im Schrifttum auf den Zeitpunkt abgestellt, auf den derjenige hätte kündigen können, der die längere Bestehenszeit behauptet (vgl. RGZ 164, 325, 329; BGH, Beschluß vom 21. Juni 1955 aaO; Urteil vom 1. April 1992 aaO; Beschluß vom 2. Juni 1999 aaO; aus dem Schrifttum vgl. Jonas/ Pohle, ZPO, 16. Aufl. 1938, § 8 Anm. II; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 8 Rn. 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl. 2005, § 8 Rn. 7; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl. 2004, Anhang I § 48 GKG8 ZPO) Rn. 7; Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 8 Rn. 5; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 8 Rn. 5; vgl. Wieczorek/Schütze/Gamp, ZPO, 3. Aufl. 1994, § 8 Rn. 23; Schwerdtfeger, in: MünchKomm-ZPO, 2. Aufl. 2000, § 8 Rn. 19; Anders/Gehle/Kunze, Streitwert-Lexikon, 4. Aufl. 2002, Miete und Pacht Rn. 17; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen, 9. Aufl. 1995, § 30 C II). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die beklagte Partei, die eine längere Bestehenszeit behauptet, von einer für sie bestehenden Kündigungsmöglichkeit überhaupt Gebrauch machen will und nur ein zeitlich begrenztes Nutzungs-
recht für sich in Anspruch nimmt. Der Umstand, daß die beklagte Partei an dem Vertrag unbestimmter Dauer festhalten will, führt daher nicht, wie die Revision meint, ohne weiteres zu einer Verlängerung der streitigen Zeit und einer damit verbundenen Zugrundelegung eines höheren, lediglich durch das 25-fache des einjährigen Entgelts begrenzten Betrages. Diese Grenze greift vielmehr nur dann ein, wenn die bestimmte Restdauer des Vertrags über 25 Jahre hinausgeht , etwa wenn infolge eines Ausschlusses des Kündigungsrechts erstmals nach 30 Jahren (vgl. § 567 BGB a.F.; § 544 BGB n.F.) gekündigt werden könnte (vgl. BGH, Beschluß vom 10. August 1999 - XII ZR 69/99 - NJW-RR 1999, 1531).
2. a) Die Rechtsprechung hat allerdings bei Miet- und Pachtverträgen unbestimmter Dauer das Ende der streitigen Zeit für bestimmte Fallkonstellationen über die nächste Kündigungsmöglichkeit hinausreichen lassen. Dies betrifft Fälle, in denen sich der Mieter oder Pächter gegenüber einer Kündigung auf eine Mieterschutzregelung beruft, die das Kündigungsrecht des anderen Teils einschränkt und dem Mieter ein Recht zur Fortsetzung des Mietverhältnisses gibt. Dann kann die streitige Zeit nicht von vornherein nach dem vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt als dem maßgebenden Endzeitpunkt bemessen werden, weil der Mieter für sich in Anspruch nimmt, das Vertragsverhältnis darüber hinaus fortsetzen zu dürfen (vgl. BGH, Urteile vom 1. April 1992 aaO für ein Fortsetzungsverlangen nach Art. 232 § 2 Abs. 5 EGBGB in der Fassung des Einigungsvertrages; vom 31. März 1993 - XII ZR 265/91 - DtZ 1993, 243 für die Beendigung eines der Regelung des Art. 232 § 4 EGBGB unterliegenden Nutzungsverhältnisses; RGZ 164, 325, 329 f für eine Aufhebungsklage nach dem Mieterschutzgesetz; verneint für den Anspruch auf Widerruf der Kündigung nach § 8 des Geschäfts-
raummietengesetzes durch BGH, Beschluß vom 21. Juni 1955 aaO). Vielmehr dauert in solchen Fällen die streitige Zeit im Sinn des § 8 ZPO bis zu dem Zeitpunkt , den der Mieter als den für ihn günstigsten Beendigungszeitpunkt des Vertrags in Anspruch nimmt (BGH, Urteile vom 1. April 1992 aaO S. 1360; vom 31. März 1993 aaO; Beschlüsse vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 7/94 - NJW-RR 1996, 316; vom 14. April 2004 - XII ZB 224/02 - NZM 2004, 460).

b) Aus dieser Rechtsprechung kann indes nicht entnommen we rden, daß die Beschwer des Klägers, wie die Revision es anstrebt, mit dem 25fachen der Jahrespacht berechnet werden müßte. Insbesondere ist die streitige Zeit auch nicht deshalb auf einen längeren Zeitraum zu erstrecken, weil der Pächter die Vorstellung haben mag, den Kleingarten grundsätzlich bis zu seinem Lebensende (vgl. § 12 Abs. 1 BKleingG), jedenfalls aber während eines von der Revision nach der Lebenserfahrung für richtig gehaltenen Zeitraums von durchschnittlich 20 Jahren nutzen zu können.
Die Regelung des § 8 ZPO ist auf Fälle zugeschnitten, i n denen die streitige Zeit genau bestimmt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 1992 aaO S. 1359). Insoweit wird der Wert lediglich durch das 25-fache des Jahresentgelts begrenzt. Demgegenüber kommt dieser Begrenzung nach der insoweit seit langem feststehenden Praxis nicht die Aufgabe zu, den Wert bei Verträgen unbestimmter Dauer oder in Fällen, in denen der Nutzungsberechtigte eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verlangen kann, zu bestimmen. Schon das Reichsgericht hat in seinem Urteil RGZ 164, 325, 329 f für die Frage, wie die streitige Zeit bei der Beschränkung des Kündigungsrechts durch die Mieterschutzgesetzgebung zu bestimmen ist, nicht allein nach § 8 ZPO, sondern in Verbindung mit § 3 ZPO beurteilt. Der Bundesgerichtshof hat in Fällen eines
Fortsetzungsverlangens unter dem Gesichtspunkt, der Beklagte nehme ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht für sich in Anspruch, bei dem der Zeitpunkt der Beendigung ungewiß sei, die Regelung des § 9 ZPO entsprechend herangezogen , die in ihrer bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) am 1. März 1993 geltenden Fassung in Fällen, in denen der künftige Wegfall des Bezugsrechts gewiß, die Zeit des Wegfalls aber ungewiß war, auf den 12½-fachen Betrag des einjährigen Bezugs abgestellt hat, während der 25-fache Betrag bei unbeschränkter oder bestimmter Dauer des Bezugsrechts maßgebend war (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1993 aaO; Beschluß vom 25. Oktober 1995 aaO). Die entsprechende Anwendung des § 9 ZPO wird auch weitgehend im Schrifttum vertreten (vgl. bereits Jonas/Pohle aaO § 8 Anm. II; Stein/Jonas/Herbert Roth, ZPO, 22. Aufl. 2003, § 8 Rn. 17; Musielak/Heinrich, aaO § 8 Rn. 2, 5; Zöller/Herget aaO § 8 Rn. 5; s. auch Wieczorek/Schütze/Gamp, aaO § 8 Rn. 22, 23; Lappe, in: MünchKomm-ZPO, 1. Aufl. 1992, § 8 Rn. 20; Anders/Gehle/Kunze aaO). Durch die Neufassung des § 9 ZPO, der in Fällen der beschriebenen Art weiterhin ergänzend zur Bestimmung der streitigen Zeit im Sinn des § 8 ZPO angewendet wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 1998 - IX ZR 253/98 - NZM 1999, 189, 190; vom 14. April 2004 aaO), ist zwar die Differenzierung zwischen einer unbeschränkten oder bestimmten Dauer eines Bezugsrechts einerseits und dem nur zeitlich ungewissen Wegfall eines Bezugsrechts andererseits zugunsten der unterschiedslosen Zugrundelegung des 3½-fachen Werts des einjährigen Bezugs aufgegeben worden. Hintergrund für diese Neuregelung war es, bei einem Streit um relativ geringfügige Monatsbeträge nicht die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte zu begründen und insbesondere die Berufungsfähigkeit gegenüber dem früheren Recht einzuschränken (vgl. BT-Drucks. 12/1217 S. 22). Wenn diese Erwägungen des Gesetzgebers auch unmittelbar nur den Anwendungsbereich des § 9 ZPO
mittelbar nur den Anwendungsbereich des § 9 ZPO betreffen, hat der Senat keine Bedenken, ihnen auch im Rahmen der Anwendung des § 8 ZPO, soweit dieser - wie in der hier angesprochenen Frage - keine ausdrückliche Regelung enthält, Rechnung zu tragen. Danach beträgt hier der Wert des Beschwerdegegenstandes 280 € (= 3,5 x 80 €). Eine Beschränkung des eingerichteten Rechtsmittelzuges ohne gesetzliche Grundlage ist in einer solchen Handhabung nicht zu sehen. Die Berufungsfähigkeit wird auch nicht - wie die Revision meint - durch die Einlassung des Pächters über die streitige Zeit in dessen Hände gelegt. Macht dieser nämlich nicht durch die Fassung seiner Anträge, etwa im Wege der Feststellungs(wider)klage, das Bestehen eines Vertragsverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum geltend, liegt der Wert bei Zugrundelegung sowohl der nächstmöglichen Kündigung (s. oben 1 b bb) als auch der ergänzenden Anwendung des § 9 ZPO für die jeweiligen Fallgestaltungen fest. Im übrigen ist die Berufung in Fällen, in denen der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteigt, zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 2, 4 ZPO).
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
6
Hinsichtlich a) des dem Kläger zuerkannten Räumungsanspruchs bestimmt sich der Wert der Beschwer nach § 8 ZPO, der auch auf Räumungsklagen nach vorausgegangener Kündigung eines Kleingartenpachtverhältnisses anzuwenden ist (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO S. 868 unter 1. m.w.N.). Nach dieser Vorschrift ist bei einem Streit über das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25-fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend. Die "streitige Zeit" im Sinne dieser Vorschrift beginnt mit der Klageerhebung, wenn die Räumungsklage nach vorausgegangener Kündigung zu einem Zeitpunkt erhoben wird, zu dem die Kündigung nach der Behauptung der klagenden Partei bereits wirksam geworden ist (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO S. 868 unter 1. a); BGH, Urteil vom 2. Juni 1999 - XII ZR 99/99 - NJW-RR 1999, 1385 unter I. 1. a); jew. m.w.N.). So liegt der Fall hier; der Kläger hat mit der im Dezember 2005 erhobenen Klage die Beendigung des Pachtverhältnisses aufgrund der dem Beklagten am 5. Januar 2005 zugegangenen fristlosen Kündigung , hilfsweise aufgrund der mit gleicher Post erklärten ordentlichen Kündigung zum 31. Oktober bzw. 30. November 2005, geltend gemacht.
8
Im a) Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 8 ZPO bestimmt, der auch auf Räumungsklagen nach vorausgegangener Kündigung eines Kleingartenpachtverhältnisses anwendbar ist (Senatsurteil vom 17. März 2005 - III ZR 342/04 - NJW-RR 2005, 867, 868 unter 1. m.w.N.; Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 - III ZB 47/07 - NZM 2008, 461, 462 Rn. 6). Nach dieser Vorschrift ist bei einem Streit über das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25-fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend. Die "streitige Zeit" im Sinne dieser Vorschrift beginnt mit der Klageerhebung, wenn - wie hier - die Räumungsklage zu einem Zeitpunkt erhoben wird, zu dem die Kündigung nach der Behauptung der klagenden Partei bereits wirksam geworden ist (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO unter 1. a; Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 aaO; jeweils m.w.N.). Das Ende der streitigen Zeit wird bei Verträgen von unbestimmter Dauer nach dem Zeitpunkt bestimmt, auf den diejenige Partei hätte kündigen können, die die längere Bestehenszeit behauptet (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO unter 1. b bb; Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 aaO Rn. 7; jeweils m.w.N.). Hat sich der Nutzungsberechtigte - wie hier die Beklagten - nicht auf einen konkreten Beendigungszeitpunkt berufen, so ist in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO auf einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren abzustellen (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO S. 869 unter 2. b; Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 aaO Rn. 7; jeweils m.w.N.).
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Gemäß § 8 ZPO, der auch auf Kleingartenpachtverhältnisse im Sinne des Bundeskleingartengesetzes Anwendung findet (Senat, Urteil vom 17. März 2005 - III ZR 342/04 - NJW-RR 2005, 867, 868 sowie Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 - III ZB 47/07 - NZM 2008, 461, 462 Rn. 6 und vom 11. Dezember 2008 - III ZB 53/08 - NJW-RR 2009, 775 Rn. 8), ist der Wert eines Rechtsstreits über den Bestand eines Miet- oder Pachtverhältnisses nach dem bisher zu entrichtenden Nutzungsentgelt zu bemessen und nicht nach dem Betrag, der nach Ansicht einer Partei als (ortsübliches) Nutzungsentgelt angemessen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1995 - XII ZR 244/94 - WM 1996, 1064, 1065 und Beschluss vom 27. Oktober 2004 - XII ZB 106/04 - NZM 2005, 157, 158). Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entspre- chend anzuwenden (Senat, Urteil vom 17. März 2005 aaO S. 868 f sowie Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 aaO Rn. 7 und vom 11. Dezember 2008 aaO; BGH, Beschluss vom 13. März 2007 - VIII ZR 189/06 - NZM 2007, 355, 356 Rn. 2 m.w.N.; s. auch BVerfG, NZM 2006, 578; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 8 Rn. 5 m.w.N.).

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

7
2. Die Beschwer eines Beklagten durch ein Urteil auf Feststellung der Nichtbeendigung eines Mietverhältnisses bestimmt sich gemäß § 8 ZPO nach dem Betrag des auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Mietzinses (Senatsbeschluss vom 30. September 1998 - XII ZR 163/98 - NZM 1999, 21). Zutreffend und unangefochten ist das Berufungsgericht insoweit von einem Betrag von 390 € ausgegangen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 110/02
vom
13. Oktober 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 26 Nr. 8
In einem Berufungsurteil, das auf eine nach dem 31. Dezember 2001 geschlossene
mündliche Verhandlung ergeht, ist eine Beschwer nicht festzusetzen. Geschieht dies
dennoch, ist das Revisionsgericht daran nicht gebunden.
BGH, Beschluß vom 13. Oktober 2004 - XII ZR 110/02 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin
Dr. Vézina

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 8. April 2002 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Streitwert: 614 € (1.200 DM)

Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO. 1. An die - verfehlte - Festsetzung der Beschwer (auf über 20.000 €) durch das Berufungsgericht ist das Gericht der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gebunden, da das seit dem 1. Januar 2002 geltende Zivilprozeßrecht, das hier anzuwenden ist, im Gegensatz zum früheren Revisionsrecht (§ 546 Abs. 2 ZPO a.F.) eine Festsetzung der Beschwer nicht vorsieht. Vielmehr hat das Revisionsgericht über die Höhe der Beschwer selbst zu befinden (vgl. Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. § 26 EGZPO Rdn. 12).
2. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde beschwert die Entscheidung des Berufungsgerichts den Kläger und Widerbeklagten allenfalls in Höhe von 15.388 € (25 x 1.200 DM = 30.000 DM).
a) Das Berufungsgericht hat die Klage auf Gewährung des ungehinderten Zutritts zum Grundstück der Beklagten abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, die von ihm genutzte Teilfläche des Grundstücks unter Abriß des aufstehenden Werkstattgebäudes zu räumen. Wie auch die Beschwerde einräumt, findet eine Zusammenrechnung der Beschwer hinsichtlich der Klage und der Hilfswiderklage nach § 5 ZPO nicht statt, da insoweit teilweise Identität des Streitgegenstandes vorliegt. Das Berufungsgericht hat den Streitwert des Klageantrages und des korrespondierenden Räumungsantrags der Widerklage auf der Grundlage eines Jahrespachtwerts von 1.200 DM nach § 16 GKG a.F. auf diesen Wert festgesetzt. Dies wird von der Beschwerde nicht angegriffen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Es kann dahinstehen, ob die insoweit nach § 8 ZPO festzusetzende Beschwer dem in dieser Vorschrift als Höchstbetrag genannten 25fachen Jahreswert (hier 30.000 DM) entspricht oder die streitige Zeit hier geringer anzusetzen ist. Ein höherer Wert der Beschwer als 30.000 DM (15.388 €) kommt jedenfalls nicht in Betracht.
b) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde erhöht sich die Beschwer des Klägers dadurch, daß er das auf der zu räumenden Teilfläche befindliche Gebäude abzureißen hat, nicht um die Höhe der Abrißkosten oder gar den Verkehrswert des Gebäudes. Das Verlangen, das Gebäude zu entfernen , ist Teil des mit der Widerklage geltend gemachten Rückgabeanspruchs;
der damit verbundene Kostenaufwand erhöht weder den Gebührenstreitwert noch die Beschwer (vgl. Senatsbeschluß vom 8. März 1995 - XII ZR 240/94 - NJW-RR 1995, 781, 782; BGH, Beschluß vom 14. Oktober 1993 - LwZB 6/93 - NJW-RR 1994, 256).
c) Ferner erhöht sich die Beschwer des Klägers entgegen dessen Auffassung auch nicht durch die Abweisung seines Hilfsantrages, dem Räumungsbegehren der Widerklägerin nur Zug um Zug gegen eine angemessene Entschädigung stattzugeben. Der Beschwerdewert für das Rechtsmittel bestimmt sich nur dann nach dem Wert des geltend gemachten Gegenrechts, wenn die zur Räumung verurteilte Partei mit ihrem Rechtsmittel nicht mehr ihre Verurteilung als solche angreift, sondern lediglich erreichen will, daß sie nur Zug um Zug gegen Erfüllung ihres Gegenanspruchs zur Räumung verurteilt bleibt (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Januar 1995 - XII ZR 204/94 - NJW-RR 1995, 706; BGH, Beschluß vom 20. Januar 2004 - X ZR 167/02 - NJW-RR 2004, 714). Hier hat die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch ausdrücklich den Revisionsantrag angekündigt, das Berufungsurteil (insgesamt) aufzuheben, soweit zum Nachteil
des Klägers erkannt wurde. In einem solchen Fall ist allein der Wert des in erster Linie bekämpften Räumungsanspruchs für die Festsetzung der Beschwer maßgeblich (vgl. Zöller/Herget aaO § 3 Stichworte "Gegenleistung" und "Zugum -Zug-Leistungen").
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 72/03
vom
29. April 2004
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. April 2004 durch den Vorsitzenden
Richter Schlick und die Richter Streck, Dörr, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß der Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin vom 23. September 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben (§ 8 Abs. 1 GKG).

Gründe:


I.


Der Kläger pachtete 1990 zusammen mit seiner damaligen Ehefrau von dem Beklagten einen Kleingarten. Auf der Parzelle befinden sich ein Schuppen und eine Garage.
2001 kündigten der Kläger und seine Ehefrau den Pacht vertrag. Die Parteien streiten, ob der Kläger nach der Beendigung des Pachtverhältnisses zum 30. September 2001 verpflichtet ist, die auf der Parzelle befindlichen Aufbauten zu beseitigen. Die Kosten für den Abbruch der Garage wurden auf 3.528,70 DM (1.804,20 €) geschätzt.
Der Kläger hat Klage auf Feststellung erhoben, daß e r nicht verpflichtet ist, die Garage und den Schuppen zu beseitigen.
Das Amtsgericht hat dem Klageantrag durch Urteil vom 22 . Juli 2003 hinsichtlich des Schuppens stattgegeben. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingeleg t. Das Landgericht hat das Rechtsmittel durch den angefochtenen Beschluß verworfen, ohne die Berufungsbegründung abzuwarten. Es hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige nicht 600 €. Der Streitwert für den zweiten Rechtszug betrage 146,54 €. Das Landgericht hat dies wie folgt begründet: Garage und Schuppen nähmen 7,33 v.H. der Gesamtfläche der Parzelle in Anspruch. Ein entsprechender Prozentsatz von 42 Monatsmieten ergebe den Streitwert.
Gegen diesen Beschluß hat der Kläger Rechtsbeschwerde erh oben.
Er hat es zunächst unterlassen, die Berufung zu begründen. Mit am 3. März 2004 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat er hinsichtlich
der versäumten Begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufungsbegründung nachgeholt.

II.


1. Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dies ist unter anderem der Fall, wenn einer Partei der Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (BGH, Beschluß vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 368 m.w.N.; vgl. auch BGHZ 151, 221, 226), da dies den Anspruch der Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt (BGH, Beschluß vom 23. Oktober 2003 aaO). Dies ist hier der Fall. Der Verwerfungsbeschluß beruht darauf, daß das Berufungsgericht die Beschwer des Klägers anhand von Kriterien bewertet hat, für die es im Gesetz keine Grundlage gibt. Aufgrunddessen hat es unzutreffend angenommen, die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Zulässigkeit einer Berufung erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 600 € sei nicht erreicht.
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Sie ist nicht deshalb unbegründet, weil der Kläger die Frist zur Begründung der Berufung versäumt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B .: Beschlüsse vom 13. Januar 1998 - VIII ZB 48/97 - NJW 1998, 1155; vom 7. Juni 1978 - IV ZB 13/78 - VersR 1978, 841; vom 16. März 1977 - IV ZB 5/77 - VersR 1977, 573; vom 18. Dezember 1974 - VIII ZB 35/74 - VersR 1975, 421), die auf
die in RGZ 158, 195, 196 f veröffentlichten eingehenden Ausführungen des Reichsgerichts zurückgeht, wird zwar der Lauf der Berufungsbegründungsfrist nicht durch einen Beschluß auf Verwerfung der Berufung unterbrochen. Hat das Berufungsgericht, wie hier, die Berufung aus anderen Gründen als des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist verworfen und wird diese Entscheidung angefochten, so wirkt sich die zwischenzeitlich eingetretene Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in der Weise aus, daß das Rechtsmittel gegen die Verwerfungsentscheidung grundsätzlich zurückzuweisen ist. In diesen Fällen ergibt die erforderliche Berücksichtigung aller Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegen den Verwerfungsbeschluß, daß er im Ergebnis zu Recht besteht, selbst wenn die Voraussetzungen für seinen Erlaß zunächst nicht vorgelegen haben sollten (BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 1998 und 18. Dezember 1974 jeweils aaO).
Dies gilt jedoch dann nicht, wenn, wie im hier zu beur teilenden Fall, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Berufungsbegründungsfrist gestellt ist (BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 1978 und 16. März 1977, vgl. auch Beschluß vom 13. Januar 1998 jeweils aaO). Die Notwendigkeit für eine Entscheidung des Beschwerdegerichts über die ursprüngliche Rechtmäßigkeit des Verwerfungsbeschlusses bleibt dann bestehen, weil bei dieser Konstellation nicht gewiß ist, daß die Berufung unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für den Verwerfungsbeschluß zum Zeitpunkt seines Erlasses unzulässig ist.
Das Rechtsbeschwerdegericht braucht die Entscheidung des Ber ufungsgerichts über den Wiedereinsetzungsantrag nicht abzuwarten. Sofern die Bemerkung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in den nicht tragenden
Gründen am Ende des Beschlusses vom 7. Juni 1978 (aaO; anders: Beschlüsse vom 13. Januar 1998 und 16. März 1977 jeweils aaO) dahin zu verstehen sein sollte, daß das Berufungsgericht zunächst über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden hat, wäre dem nicht zu folgen. Diese Entscheidung ist nicht vorrangig vor der des Rechtsbeschwerdegerichts über das bei ihm angefallene Rechtsmittel.

b) Die Zulässigkeit der Berufung des Klägers scheitert ni cht an der gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Mindestbeschwer von mehr als 600 €, so daß der angefochtene Beschluß aufzuheben ist.
aa) Da die Berufung noch nicht begründet ist, muß die Beschwer nach dem ungeschmälerten Wert des Antrags bemessen werden, mit dem der Kläger in der ersten Instanz unterlegen war. Dies war der Antrag auf Feststellung, daß er nicht verpflichtet ist, die auf der Parzelle befindliche Garage zu beseitigen.
bb) Der Wert dieses Antrags ist gemäß § 3 ZPO nach den Kosten zu bemessen, die der Kläger aufbringen müßte, um die Garage von der Kleingartenparzelle zu entfernen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92 - NJW 1994, 735 f). Der Aufwand für die Beseitigung der Garage beträgt nach dem Vorbringen beider Parteien rund 1.800 €. Da es sich um einen negativen Feststellungsantrag handelt, ist hiervon kein Abschlag vorzunehmen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort Feststellungsklagen).
Entgegen der anscheinend vom Berufungsgericht vertretene n Auffassung , dessen Wertberechnung auf dreieinhalb Einjahrespachten basiert, ist § 9
ZPO für die Bemessung der Beschwer des Klägers nicht heranzuziehen. Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen, für die diese Vorschrift den Streitwert regelt, sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
Auch § 8 ZPO, auf dessen Grundlage sich unter Berücksichtig ung der Berechnungsmethode des Berufungsgerichts möglicherweise eine geringere Beschwer als 600 € ergeben könnte, ist für die Wertberechnung nicht maßgebend. Diese Bestimmung ist als Sondervorschrift für Räumungsklagen einschlägig. Der Aufwand, der zur Räumung und Herausgabe des Grundstücks in vertragsgemäßem Zustand erforderlich ist, ist bei diesen Klagen grundsätzlich ohne Bedeutung; für eine Anwendung des § 3 ZPO neben § 8 ZPO ist kein Raum. Ob dies nur dann gilt, wenn kein besonderer Klageantrag auf Abbruch oder Beseitigung eines Bauwerks gestellt worden ist (Schneider/Herget, Streitwert -Kommentar für den Zivilprozeß, 11. Aufl., Rn. 2979 ff, insbesondere 2982; anders wohl BGH, Beschluß vom 10. Mai 2000 - XII ZR 335/99 - NJW-RR 2000, 1739 f; offen gelassen im Senatsbeschluß vom 4. Juli 1996 - III ZR 34/96 - BGHR ZPO § 8 Räumungsklage 7), kann hier auf sich beruhen.
Die Parteien streiten nämlich nicht über das Bestehen o der die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses, wie es § 8 ZPO voraussetzt. Vielmehr bestand bei Geltendmachung des Beseitigungsbegehrens unstreitig ein Pachtverhältnis zwischen den Parteien nicht mehr. In diesen Fällen ist für die Bemes -
sung des Streitwerts allein § 3 ZPO maßgebend, weil es an der streitigen Zeit im Sinne des § 8 ZPO fehlt (BGH, Beschluß vom 8. März 1995 - XII ZR 240/94 - NJW-RR 1995, 781 m.w.N.).
Schlick Wurm Streck Dörr Herrmann
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b) Ebenso richtig ist es, dass sich der Wert der Beschwer einer Verurteilung zur Räumung, die die Beklagte auch dazu verpflichtet, die von ihr angebrachten Einrichtungen und Anpflanzungen auf dem vermieteten oder verpachteten Grundstück zu entfernen, allein nach § 8 ZPO bemisst. Der Kostenaufwand der Beklagten zur Erfüllung der Räumungspflicht ist nach dem Wortlaut des § 8 ZPO ohne Bedeutung (Senatsbeschluss vom 14. Oktober 1993 - LwZB 6/93, NJW-RR 1994, 256 und BGH, Beschluss vom 4. Juli 1996- III ZR 34/96, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage 7).

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 104/02
vom
15. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO §§ 3, 8
Die Beschwer eines zur Räumung und daneben zum Abriß bestimmter Gebäude
Verurteilten bemißt sich für den Räumungsausspruch nach § 8 ZPO und für
die gesonderte Verurteilung zum Abriß der Gebäude gemäß § 3 ZPO nach den
Kosten für deren Entfernung.
BGH, Beschluß vom 15. Juni 2005 - XII ZR 104/02 - LG Potsdam
AG Brandenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs und Dr. Ahlt sowie
die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 26. März 2002 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Streitwert: 7.173 €

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat die Beklagten unter Abweisung der Klage im übrigen zur Räumung und Herausgabe eines Grundstücks sowie zum Abriß eines darauf errichteten Anbaus und eines Schuppens verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Das von der Beklagten geschuldete Nutzungsentgelt betrug zuletzt 1.350 DM jährlich.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert von über 20.000 € ist nicht erreicht.
Maßgebend für diese Wertgrenze ist der Wert des Beschwerdegegenstands für das beabsichtigte Revisionsverfahren, wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (Senatsbeschluß vom 20. April 2005 - XII ZR 92/02 - Umbruch S. 3; BGH Beschlüsse vom 27. Juni 2002 - V ZR 148/02 - NJW 2002, 2720, vom 7. November 2002 - LwZR 9/02 - BGH-Report 2003, 757). 1. Für die Räumungsklage berechnet sich der Wert der Beschwer nach § 8 ZPO. Danach ist, wenn das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig ist, der auf die gesamte streitige Zeit entfallende Pacht- oder Mietzins anzusetzen, wenn nicht der 25-fache Betrag des einjährigen Mietzinses geringer ist. Zu den Verfahren, in denen im Sinne dieser Vorschrift der Bestand oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses streitig ist, zählen auch Räumungsklagen nach vorausgegangener Kündigung (Senatsurteile vom 10. Mai 2000 - XII ZR 335/99 - NJW-RR 2000, 1739; vom 1. April 1992 - XII ZR 200/91 - NJW-RR 1992, 1359). Beruft sich ein Nutzungsberechtigter gegenüber einer Kündigung auf Schutzregeln, die das Kündigungsrecht einschränken und ihm ein Recht zur Fortsetzung der Nutzung geben, so dauert die "streitige Zeit" im Sinne des § 8 ZPO vom Tag der Erhebung der Räumungsklage bis zu dem Zeitpunkt an, den derjenige, der sich auf ein Nutzungsrecht beruft, als den für ihn günstigsten Beendigungszeitpunkt des Nutzungsvertrages in Anspruch nimmt (Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 7/94 - NJW-RR 1996, 316; vom 10. August 1999 - XII ZR 69/99 - NJW-RR 1999, 1531; vom 14. April 2004 - XII ZB 224/02 - NZM 2004, 460; vom 16. Februar 2005 - XII ZR 46/03 – WuM 2005, 350). Die Beklagten gehen davon aus, daß der Kläger den Nutzungsvertrag nach § 312 ZGB-DDR wegen der Kündigungsschutzvorschrift des § 23 Abs. 4 SchuldRAnpG erstmals am 4. Oktober 2015, somit gemäß § 580 a BGB zum 31. Dezember 2015, ordentlich kündigen kann. Sie nehmen nicht für sich in Anspruch, den Vertrag darüber
hinaus fortsetzen zu dürfen (Senatsurteil vom 1. April 1992 - XII ZR 200/91 - aaO). Danach dauert die "streitige Zeit" hier vom Tage der Klagerhebung, dem 17. Oktober 1997, bis zum 31. Dezember 2015. Unter Zugrundelegung des unstreitig geschuldeten Nutzungsentgelts von jährlich 1.350 DM errechnet sich der Wert der Beschwer für den Räumungsantrag mit 12.568,19 € (18 Jahre x 1.350 DM = 24.300 DM + 2,5 Monate = 281,50 DM = 24.581,25 DM). 2. Der Wert der Beschwer durch die zusätzliche Verurteilung der Beklagten zum Abriß des Anbaus auf der Fläche der ehemaligen Terrasse und des Schuppens bemißt sich gemäß § 3 ZPO nach den Kosten, die die Beklagten aufbringen müßten, um diese Bauten von dem Grundstück zu entfernen (BGH Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92 - NJW 1994, 735 f.; Beschluß vom 29. April 2004 - III ZB 72/03 - BGH-Report 2004, 1102; vgl. auch Senatsbeschluß vom 20. April 2005 - XII ZR 92/02 aaO). Die Beklagten legen zur Glaubhaftmachung der erforderlichen Kosten Kostenvoranschläge von zwei Baufirmen vor. Danach können die Beklagten die nach dem Urteil des Landgerichts geschuldeten Abriß- und Entsorgungsarbeiten gemäß dem von ihnen vorgelegten Angebot der A. und E. Abriß-Erdbau GmbH vom 24. Juli 2002 für insgesamt 6.482,66 € einschließlich MWSt durchführen lassen. Dabei entfallen auf den Abriß und die Entsorgung des Anbaus 4.358,50 € netto und auf den Abriß und die Entfernung des Schuppens 1.230 € netto. Die weiteren in dem Kostenvoranschlag genannten Positionen sind nicht Gegenstand der Verurteilung und können deshalb nicht berücksichtigt werden.
3. Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt somit nur 19.050,85 € und erlaubt damit keine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigen der Beklagten zu 1. wird der Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 01.04.2014 zu Ziffer 2. abgeändert, soweit der Gegenstandswert des Rechtsstreits im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1. festgesetzt worden ist.

Der Gegenstandswert wird insoweit auf 5.150,00 € festgesetzt; der Wert des Vergleichs beträgt insoweit bis zu 10.000,00 €.

2. Die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. ist zulässig und im Umfang der Beschwerde auch in der Sache begründet.

2

Entgegen der Auffassung des Landgerichts erhöht sich der Gegenstandswert der Räumungsklage um die für die Beseitigung erforderlichen Kosten, wenn - wie hier - neben der Herausgabe und Räumung eines Grundstücks ausdrücklich und zusätzlich auch die Beseitigung der auf dem Grundstück befindlichen Baulichkeiten oder ähnliches verlangt wird. Dies entspricht der Rechtsprechung des KG (vgl. Beschl. v. 19.11.2012, 8 W 80/12, MDR 2013, 430 m.w.N.), des OLG Düsseldorf (vgl. Beschl. v. 22.11.2007, 24 W 82/07, GE 2008, 1255), des OLG Hamburg (vgl. Beschl. v. 15.02.2000, 4 W 6/00, NJW-RR 2001, 576) sowie der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschl. v. 22.01.2014, 3 U 128/11), an der festgehalten wird. Auch die Literatur hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl. etwa Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 41 GKG, Rn. 23 "Beseitigungsanspruch"; Schneider in Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 4. Aufl., § 546 Rn. 79; Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 3789).

3

Soweit das Landgericht - insoweit zutreffend - auf die abweichende Ansicht des BGH (Beschl. v. 08.03.1995, XII ZR 240/94, MDR 1995, 530) verweist, vermag der Senat dieser nicht zu folgen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungen des KG (a.a.O.) und des OLG Hamburg (a.a.O.), die sich mit jener Entscheidung des BGH ausführlich auseinandersetzen, nimmt der Senat zwecks Vermeidung bloßer Wiederholungen Bezug und schließt sich diesen an.

4

Soweit das Landgericht - ebenfalls im Ansatz zutreffend - auf das regelmäßig maßgebliche Interesse des Klägers abstellt, so rechtfertigt dies eine abweichende Beurteilung gerade nicht. Das Interesse des klagenden Vermieters / Verpächters geht vielmehr dahin, dass der Mieter / Pächter die erforderlichen Maßnahmen zu der von ihm zusätzlich begehrten Entfernung und Beseitigung der auf dem Grundstück befindlichen Baulichkeiten auf eigene Kosten vornimmt und die Beseitigungsarbeiten auf dem Grundstück des Vermieters / Verpächters nicht von ihm selbst zu veranlassen sind mit der Folge, dass ihm die Kosten dafür zur Last fallen.

5

Die Beseitigungskosten belaufen sich nach dem nicht widersprochenen Angaben der Beklagten zu 1. auf mindestens 5.000,00 €.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG bzw. § 33 Abs. 9 Satz 2 RVG.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.