Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2018 - III ZR 222/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:291118BIIIZR222.18.0
bei uns veröffentlicht am29.11.2018
vorgehend
Amtsgericht Pankow, 101 C 275/16, 13.12.2016
Landgericht Berlin, 29 S 5/17, 13.12.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 222/18
vom
29. November 2018
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Bemessung des Streitwerts richtet sich nach §§ 8, 9 ZPO (Rechtsmittelbeschwer
) beziehungsweise § 41 Abs. 1 GKG (Gebührenstreitwert), wenn sich
der auf Räumung und Herausgabe verklagte Besitzer gegenüber dem klageführenden
Eigentümer darauf beruft, dass ihm aus einem zwischen dem Kläger
und einem Dritten geschlossenen Pachtvertrag ein Recht auf Übertragung eines
darin vereinbarten - objektbezogenen - Dauerwohnrechts und somit ein
Besitzrecht zustehe.
BGH, Beschluss vom 29. November 2018 - III ZR 222/18 - LG Berlin
AG Pankow/Weißensee
ECLI:DE:BGH:2018:291118BIIIZR222.18.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2018 durch die Richter Seiters, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter und die Richterin Pohl

beschlossen:
Der Wert der Beschwer der Klägerin wird auf 2.063,46 € und der Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 589,56 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Herausgabe und Räumung einer Gartenparzelle, die mit einem als Dauerwohnung genutzten Bungalow bebaut ist. Die Klägerin hatte mit der 2015 verstorbenen Großmutter der Beklagten am 19. Juni 2001 eine Nutzungsvereinbarung geschlossen (Anlage B 4), wonach jede Weitergabe des Dauerwohnrechts "als Einzelfallprüfung durch den Gemeindekirchenrat [der Klägerin] entschieden [wird]" (§ 2 Abs. 3 Buchst. c). Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf § 985 BGB. Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, die Klägerin sei aus dem Vertrag vom 19. Juni 2001 dazu verpflichtet, der Übertragung des - objektbezogenen - Dauerwohnrechts an sie, die Beklagte, zuzustimmen. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Ersturteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.


2
1. Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Be- schwer der Klägerin (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO) beträgt 2.063,46 €.
3
a) Maßgeblich für die Wertbemessung (§ 2 ZPO) ist insoweit entgegen der Auffassung des Kammergerichts (Beschluss vom 1. Februar 2018 - 8 W 11/18) nicht § 6 ZPO, sondern die Regelung in den §§ 8, 9 ZPO.
4
aa) Die Parteien streiten über das Bestehen eines Pachtverhältnisses mit der Folge der Anwendbarkeit von § 8 ZPO. Die Beklagte stützt sich für ihr vermeintliches Besitzrecht nämlich auf den Nutzungsvertrag vom 19. Juni 2001. Ob dieser als gewöhnlicher Pachtvertrag oder als Kleingartenpachtvertrag einzuordnen ist, kann offen bleiben, weil die Vorschriften der §§ 8, 9 ZPO auch auf Kleingartenpachtverträge anwendbar sind (s. z.B. Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 2009 - III ZR 66/09, BeckRS 2010, 1705 Rn. 9; vom 26. November 2015 - III ZB 84/15, NJW-RR 2016, 506 Rn. 6 und vom 18. Mai 2017 - III ZR 525/16, NZM 2017, 525, 526 Rn. 7, jeweils mwN). Zwar ist die Beklagte nicht Partei des Nutzungsvertrags vom 19. Juni 2001 gewesen und findet § 8 ZPO grundsätzlich keine Anwendung, wenn der Rechtsstreit gegen einen außerhalb des Miet- oder Pachtverhältnisses stehenden Dritten geführt wird (s. Zöller/ Herget, ZPO, 32. Aufl., § 8 Rn. 4; MüKoZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 8 Rn. 8; BeckOK/Wendtland, ZPO, § 8 Rn. 3 [Stand: 15. September 2018]). Die Beklagte beruft sich jedoch darauf, dass ihr aus dem Nutzungsvertrag vom 19. Juni 2001 ein Recht auf Übertragung des - objektbezogenen - Dauerwohnrechts und somit ein Besitzrecht zustehe. Es geht dementsprechend darum, ob die Beklag- te aus dem (Kleingarten-)Pachtvertrag vom 19. Juni 2001 als nunmehr (bzw. künftig) Nutzungsberechtigte ein Besitzrecht für sich in Anspruch nehmen kann oder nicht. Dies reicht für die Anwendung von § 8 ZPO aus. Der vom Kammergericht zitierte Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 25. August 2016 (V ZR 9/16, BeckRS 2016, 16090) betrifft den Fall der Herausgabe eines vom Kläger an den Beklagten verkauften Grundstücks und ist für die vorliegende Sache nicht einschlägig.
5
bb) Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses - wie hier - weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden (s. etwa Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 2009 aaO; vom 26. November 2015 aaO und vom 18. Mai 2017 aaO, jeweils mwN).
6
b) Demzufolge richtet sich der Wert der Beschwer der Klägerin nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag des für streitige Gartenparzelle zu entrichten- den Pachtzinses. Dieser beläuft sich auf monatlich 49,13 €, so dass sich ein Beschwerdewert von 2.063,46 € ergibt.
7
2. Der Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens richtet sich gemäß § 41 Abs. 1 GKG nach dem einfachen Betrag des Jahrespachtzinses für die von der Beklagten genutzte Gartenparzelle (= 589,56 €). Wie oben (zu 1 a aa) ausgeführt, ist die Beklagte nicht als außerhalb des Nutzungsverhältnisses stehende Dritte anzusehen. Beruft sich die auf Räumung und Herausgabe verklagte Partei - wie hier die Beklagte - auf ein Besitzrecht aus einem (Kleingarten-) Pachtvertrag, so genügt dies gerade auch im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck dieser Streitwertregelung für die Anwendung von § 41 GKG.
Seiters Tombrink Remmert
Reiter Pohl
Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 13.12.2016 - 101 C 275/16 -
LG Berlin, Entscheidung vom 13.12.2017 - 29 S 5/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2018 - III ZR 222/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2018 - III ZR 222/18

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

Zivilprozessordnung - ZPO | § 2 Bedeutung des Wertes


Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2018 - III ZR 222/18 zitiert 8 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

Zivilprozessordnung - ZPO | § 2 Bedeutung des Wertes


Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 41 Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse


(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 6 Besitz; Sicherstellung; Pfandrecht


Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 8 Pacht- oder Mietverhältnis


Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2018 - III ZR 222/18 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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bei uns veröffentlicht am 18.05.2017

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Referenzen

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

9
Gemäß § 8 ZPO, der auch auf Kleingartenpachtverhältnisse im Sinne des Bundeskleingartengesetzes Anwendung findet (Senat, Urteil vom 17. März 2005 - III ZR 342/04 - NJW-RR 2005, 867, 868 sowie Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 - III ZB 47/07 - NZM 2008, 461, 462 Rn. 6 und vom 11. Dezember 2008 - III ZB 53/08 - NJW-RR 2009, 775 Rn. 8), ist der Wert eines Rechtsstreits über den Bestand eines Miet- oder Pachtverhältnisses nach dem bisher zu entrichtenden Nutzungsentgelt zu bemessen und nicht nach dem Betrag, der nach Ansicht einer Partei als (ortsübliches) Nutzungsentgelt angemessen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1995 - XII ZR 244/94 - WM 1996, 1064, 1065 und Beschluss vom 27. Oktober 2004 - XII ZB 106/04 - NZM 2005, 157, 158). Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entspre- chend anzuwenden (Senat, Urteil vom 17. März 2005 aaO S. 868 f sowie Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 aaO Rn. 7 und vom 11. Dezember 2008 aaO; BGH, Beschluss vom 13. März 2007 - VIII ZR 189/06 - NZM 2007, 355, 356 Rn. 2 m.w.N.; s. auch BVerfG, NZM 2006, 578; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 8 Rn. 5 m.w.N.).
6
a) § 8 ZPO findet auch auf Kleingartenpachtverhältnisse im Sinne des Bundeskleingartengesetzes Anwendung (Senatsurteil vom 17. März 2005 - III ZR 342/04, NJW-RR 2005, 867, 868; Senatsbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - III ZB 47/07, NZM 2008, 461, 462 Rn. 6; vom 11. Dezember 2008 - III ZB 53/08, NJW-RR 2009, 775 Rn. 8 und vom 17. Dezember 2009 - III ZR 66/09, NJOZ 2010, 1723 Rn. 9). Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses - wie hier - weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO S. 868 f; Senatsbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 aaO Rn. 7; vom 11. Dezember 2008 aaO und vom 17. Dezember 2009 aaO mwN).
7
aa) § 8 ZPO findet - neben sonstigen Pachtverhältnissen - auch auf Kleingartenpachtverhältnisse im Sinne des Bundeskleingartengesetzes Anwendung (Senatsurteil vom 17. März 2005 - III ZR 342/04, NJW-RR 2005, 867, 868; Senatsbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - III ZB 47/07, NZM 2008, 461, 462 Rn. 6; vom 11. Dezember 2008 - III ZB 53/08, NJW-RR 2009, 775 Rn. 8; vom 17. Dezember 2009 - III ZR 66/09, NJOZ 2010, 1723 Rn. 9 und vom 26. November 2015 - III ZB 84/15, NJW-RR 2016, 506 Rn. 6). Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses - wie hier - weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO S. 868 f; Senatsbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 aaO Rn. 7; vom 11. Dezember 2008 aaO; vom 17. Dezember 2009 aaO und vom 26. November 2015 aaO). § 8 ZPO erfasst neben Räumungsklagen auch Feststellungsklagen, wobei für diese kein Bewertungsabschlag vorzunehmen ist (s. dazu Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 2009 aaO Rn. 12 und vom 26. November 2015 aaO Rn. 7 sowie BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - XII ZB 75/08, NJW-RR 2009, 156 f Rn. 7 ff mwN).

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 9/16
vom
25. August 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:250816BVZR9.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. August 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Weinland, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Senats vom 30. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.


1
Der Kläger, der an die Beklagten ein bebautes Grundstück für 45.000 € veräußert hatte, klagte auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks sowie auf Zahlung von 1.002,79 €. Die Klage hatte im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht nur in Höhe von 752,89 € Erfolg.
2
Den von dem Landgericht mit 46.002,79 € bezifferten Streitwert hat das Oberlandesgericht auf die Beschwerde des Klägervertreters auf 151.002,79 € festgesetzt.
3
Der Senat hat den Gegenstandswert des Verfahrens der von dem Kläger gegen das Berufungsurteil erfolglos eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde auf 45.249,90 € festgesetzt. Dagegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit seiner Gegenvorstellung und beantragt, den Gegenstandswert auf 150.249,90 € festzusetzen.

II.


4
Die Gegenvorstellung gibt keine Veranlassung, den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf einen Betrag von 150.249,90 € zu ändern. Der gemäß § 47 Abs. 3 GKG für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert bestimmt sich hinsichtlich der verlangten Grundstücksherausgabe nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 6 ZPO) und hinsichtlich des geltend gemachten Zahlungsbetrages nach dem Betrag, mit dem der Klä- ger in dem Berufungsverfahren unterlegen war (249,90 €).
5
Da bei einem synallagmatischen Austauschverhältnis die Vermutung besteht , dass Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind (Senat, Urteil vom 31. März 2006 - V ZR 51/05, BGHZ 167, 108, 116 Rn. 24), hat der Senat den Verkehrswert des Grundstücks entsprechend dem gezahlten Kaufpreis mit 45.000 € bemessen. Das - von dem Kläger bestrittene - erstinstanzliche Vor- bringen der Beklagten, sie hätten „ca. 60.000 € Materialaufwendungen in dem Objekt verbaut“, wodurch „Wertsteigerungen und -Aufwendungen in einer Höhe von 105.000 €“ erfolgt sein dürften, stelltkeine hinreichende Grundlage für die Annahme eines 45.000 € überschreitenden Verkehrswertes des Grundstücks dar. Die Beklagten haben nicht näher präzisiert, worin die behaupteten „Materialaufwendungen“ bestehen. Daein Materialeinbau nicht zwangsläufig mit einer Erhöhung des Verkehrswertes eines Hausgrundstücks verbunden sind, lässt das Vorbringen der Beklagten keine Rückschlüsse darauf zu, ob und inwieweit sich ihre Maßnahmen tatsächlich werterhöhend ausgewirkt haben.
Stresemann Schmidt-Räntsch Weinland
Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 19.06.2015 - 5 O 2853/11 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 17.12.2015 - 9 U 1121/15 -

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.