Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - III ZR 111/11

bei uns veröffentlicht am26.01.2012
vorgehend
Landgericht Essen, 6 O 341/09, 15.07.2010
Oberlandesgericht Hamm, 21 U 134/10, 12.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 111/11
vom
26. Januar 2012
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2012 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke
und Seiters

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Kläger gegen das am 12. April 2011 verkündete Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm (I - 21 U 134/10) gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Die Kläger haben Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe:


1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Das Rechtsmittel der Kläger hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 223 und 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; Senat, Beschluss vom 19. März 2009 - III ZR 106/08, VersR 2010, 834 Rn. 7). Das Berufungsgericht, das die Revision "wegen der Vielzahl möglicher Fälle" zugelassen hat, hat in seinem Urteil jedoch keine diesbezügliche Frage formuliert. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Es handelt sich, soweit entscheidungserheblich, um einen Einzelfall. Auch im Übrigen sind Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht gegeben.
3
2. Der Revision der Kläger fehlt die Aussicht auf Erfolg.
4
a) Die Rüge, das Berufungsgericht habe zu Unrecht dem Vertrag vom 23. November 1998 keine umfassende Garantie der Beklagten bezüglich einer Schuldenfreiheit der Kläger entnommen, geht fehl. Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung danach, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37; Senat, Urteil vom 21. Oktober 2010 - III ZR 17/10, MMR 2011, 69 Rn. 13). Diesbezügliche Fehler zeigt die Revision nicht auf, mit der die Kläger letztlich nur ihre Auslegung an die Stelle der des Berufungsgerichts setzen.
5
b) Die Rüge, das Berufungsgericht hätte den Zeugen K. vernehmen müssen, ist unbegründet. Das Berufungsgericht [S. 6, 12] hat diesen Beweisantritt nicht übersehen, sondern als unerheblich eingestuft ("Soweit die Kläger vortragen , dass die Beklagte in einem Gespräch, das einige Zeit vor Vertragsschluss stattgefunden hat, eine umfassende Schuldenfreiheit garantiert habe, findet sich dies im später abgeschlossenen Vertrag nicht wieder. Soweit die Parteien weitere Verträge in das System im Jahre 2000 einbezogen haben soll- ten, so haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass auch gerade für diese Verträge die Schuldenfreiheit garantiert worden ist. Eine Garantiehaftung der Beklagten scheidet so aus."). Diese Begründung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
6
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Kläger einen Schaden im Zusammenhang mit der Vermittlung der Kredit- und Lebensversicherungsverträge durch die Beklagte im Jahre 2000 nicht hinreichend dargelegt haben.
7
Das Berufungsgericht ist, was die Revision als ihr günstig hinnimmt, davon ausgegangen, dass die Beklagte im Vorfeld des Abschlusses dieser Verträge eine ordnungsgemäße Beratung im Hinblick auf eine Abstimmung der Laufzeiten der Kreditverträge und der Rückkaufswerte der Lebensversicherungen schuldete. Ob die Beklagte bezüglich eines der beiden Kredite - das Darlehen über 175.000 DM hatte eine Laufzeit bis zum 30. Juli 2008; der Rückkaufswert der zur Tilgung abgeschlossenen Lebensversicherung reichte nach Mitteilung der Versicherung zu diesem Zeitpunkt hierfür nicht aus; das Darlehen wurde daraufhin um ein Jahr prolongiert - ihre diesbezüglichen Pflichten schuldhaft verletzt hat, hat das Berufungsgericht letztlich offen gelassen, da ein hierdurch verursachter Schaden nicht feststellbar sei.
8
Insoweit ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Frage, ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff BGB zu ersetzender Schaden vorliegt, sich nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen beurteilt, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, und ersatzfähig nur eine Vermögensminderung ist, die es ohne das haftungsbegründende Ereignis nicht gegeben hätte. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht auch zu Recht angenommen, dass die Kläger dazu im Einzelnen hätten vortragen müssen, wie sie sich im Fall einer ordnungsgemäßen Beratung verhalten hätten, wie sich ihre Vermögenslage dann entwickelt hätte und inwieweit sich diese Entwicklung von der durch die Pflichtverletzung verursachten Situation unterscheidet. Soweit das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung festgestellt hat, dass der Vortrag der Kläger - trotz richterlichen Hinweises - diesen Anforderungen nicht genüge, macht die Revision entscheidungserhebliche Rechtsfehler nicht geltend.
9
Die Darstellung der Revision, die Kläger hätten sich, wobei insoweit zu ihren Gunsten die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gelte, bei ordnungsgemäßer Beratung nicht am Finanzsystem der Beklagten beteiligt und die streitgegenständlichen Verträge in 2000 nicht abgeschlossen, sodass die Beklagte ihnen alle in der Zeit danach entstandenen Nachteile zu erstatten habe, ist nicht nachvollziehbar, abgesehen davon, dass die Revision auf keinen diesbezüglichen - vom Berufungsgericht übergangenen - Vortrag vor den Instanzgerichten verweist. Es geht bei der vom Berufungsgericht für möglich gehaltenen Pflichtverletzung nicht darum, wie sich die Kläger im Jahre 2000 bei Kenntnis der ab 2008 eingetretenen finanziellen Krise verhalten hätten, sondern darum , wie sie sich verhalten hätten, wenn die Beklagte sie im Jahr 2000 im Vorfeld der Vertragsabschlüsse darauf hingewiesen hätte, dass die Laufzeit des Kreditvertrags über 175.000 DM mit dem Rückkaufswert der Lebensversicherung zum Zeitpunkt der Kreditrückzahlung abgestimmt werden muss. Dass die Kläger dann nicht mehr mit der Beklagten zusammengearbeitet und keine weiteren Verträge abgeschlossen hätten, ist nicht ersichtlich. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Verträge dann entsprechend aufeinander abgestimmt worden wären.
10
Eine nachvollziehbare Schadensberechnung haben die Kläger auch nach Auffassung des Senats nicht vorgelegt. Dies gilt auch bezüglich der in der Revisionsbegründung unter Bezugnahme auf den - im Übrigen nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eingereichten - Schriftsatz vom 31. März 2011 in den Raum gestellten Zahlen, einschließlich des von der Revision aus dem Zahlenwerk der Kläger abgeleiteten Mindestschadens von 73.764,25 €.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 15.07.2010 - 6 O 341/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 12.04.2011 - I-21 U 134/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - III ZR 111/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - III ZR 111/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - III ZR 111/11 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke
7
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 154, 288, 291).

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 304/99 Verkündet am:
7. Februar 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk : ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Unikatrahmen

a) Eine Bearbeitung eines geschützten Werkes der bildenden Kunst kann ausnahmsweise
auch dann gegeben sein, wenn dieses unverändert in ein neues
"Gesamtkunstwerk" derart integriert wird, daß es als dessen Teil erscheint.

b) Eine Beeinträchtigung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen
des Urhebers an seinem Werk im Sinne des § 14 UrhG setzt nicht notwendig
voraus, daß das Werk selbst verändert wird. Der Vertrieb von Kunstdrucken
eines Gemäldes in von dritter Hand bemalten Rahmen verletzt das
Urheberpersönlichkeitsrecht, wenn Bild und Rahmen von unbefangenen Betrachtern
ohne weiteres als ein "Gesamtkunstwerk" des Urhebers des Originalwerkes
angesehen werden können.

c) Zur Frage der Bemessung des Schadensersatzanspruchs wegen rechtswidriger
Verwertung der Bearbeitung und wegen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts
in einem solchen Fall.

d) Bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 Satz 2
UrhG auf Herausgabe des Verletzergewinns sind Ersatzzahlungen, die der
Verletzer deshalb an seine Abnehmer geleistet hat, weil diese am Weitervertrieb
der rechtsverletzenden Gegenstände gehindert sind, nicht abzuziehen.
BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - I ZR 304/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. November 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Schluûurteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 3. Zivilkammer - vom 10. Dezember 1998 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 65.746,51 ? (= 128.589,-- DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 1998 zu bezahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der - am 19. Februar 2000 verstorbene - Kläger, ein bekannter Künstler, hat die Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" geschaffen. Die Beklagte vertrieb Kunstdrucke dieser Bilder in Rahmen, die nach den aufgemalten Motiven jeweils in besonderer Weise den Bildern angepaût waren. Die Beklagte war zwar befugt, die Kunstdrucke als solche zu vertreiben, besaû aber nicht die Zustimmung des Klägers für den Vertrieb der Kunstdrucke in den von Dritten gestalteten Rahmen.
Auf die Stufenklage des Klägers hat das Landgericht die Beklagte durch Teilurteil vom 2. Oktober 1997 verurteilt, es zu unterlassen, Reproduktionen der Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in Bildrahmen anzubieten oder zu verbreiten, deren Bemalung sich - wie im damaligen Tenor abgebildet - als Fortsetzung und Vergröûerung der Werke darstelle, sowie dazu, Auskunft darüber zu erteilen, welcher Umsatz und welcher Gewinn mit diesen Werken einschlieûlich der Bildrahmen erzielt worden sei (LG Frankfurt am Main ZUM-RD 1998, 344). Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Nach Vergleichsverhandlungen, die sich an das landgerichtliche Teilurteil anschlossen, unterbreitete der anwaltliche Vertreter des Klägers mit Schreiben vom 9. Februar 1998 ein Vergleichsangebot, das von der Beklagten - vertreten durch ihre Rechtsanwältin - durch Unterzeichnung des Schreibens angenommen wurde. Die Vereinbarung hat in ihren Abschnitten 1 bis 4 folgenden Wortlaut:

"1. Ihre Mandantschaft [Beklagte] verpflichtet sich bei Meidung einer Vertragsstrafe von DM 12.000,00, es zu unterlassen, Reproduktionen der Bilder 'Hundertwasser-Haus in Wien' und 'Die vier Einsamkeiten' des Künstlers Friedensreich Hundertwasser in Bildrahmen anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder anbieten zu lassen und/oder vertreiben zu lassen, so wie sie Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 11 U 51/97) sind. 2. Ihre Mandantschaft erteilt unserer Mandantschaft zu unseren Händen eingehend bis zum 27.2.1998 schriftliche Auskunft,
a) welcher Gewinn mit den in Ziff. 1 bezeichneten Werken inklusive Bildrahmen erzielt worden ist. Bei der Ermittlung des Gewinns werden Schadensersatzzahlungen Ihrer Mandantschaft an ihre Abnehmer wegen der Verbreitung der streitgegenständlichen Bilder nicht berücksichtigt. Diese Auskunft kann von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer überprüft werden, dessen Kosten Ihre Mandantschaft trägt, wenn die Feststellungen des Wirtschaftsprüfers um mehr als 5 % von der erteilten Auskunft abweichen,
b) über Namen und Anschrift der jeweiligen gewerblichen Abnehmer der von Ihrer Mandantschaft vertriebenen Werke inklusive der Bildrahmen gemäû vorstehender Ziff. 1,
c) über die Stückzahl der verkauften in Ziff. 1 bezeichneten Werke inklusive Bildrahmen. 3. Von dem nach Ziff. 2 zu ermittelnden Gewinn bezahlt Ihre Mandantschaft 50 % an unsere Mandantschaft innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zahlungsaufforderung. 4. Ihre Mandantschaft nimmt die Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 11 U 51/97 bis zum 20.2.1998 zurück und erkennt hiermit das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 2.10.1997, Az. 2/3 O 166/97, als verbindliche Regelung an. Ebenso verzichtet Ihre Mandantschaft im Hinblick auf die Einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt vom
6.3.1997, Az. 2-03 O 110/97, auf das Recht des Widerspruchs gemäû § 924 ZPO und der Rechtsbehelfe nach §§ 926, 927 ZPO." Aufgrund dieses Vergleichs hat die Beklagte ihre Berufung gegen das landgerichtliche Teilurteil zurückgenommen. Die Auskunftserteilung der Beklagten ergab, daû sie 1.220 Kunstdrucke in bemalten Rahmen verkauft hatte. Der Gewinn aus dem Verkauf von Bild und Rahmen betrug danach jeweils 232,48 DM, wobei auf den Rahmen als solchen ein Gewinn von 19,-- DM entfiel. Entsprechend ihrer eigenen Auslegung des auûergerichtlichen Vergleichs zahlte die Beklagte an den Kläger einen Betrag von insgesamt 11.590,-- DM.
Der Kläger ist der Ansicht, der auûergerichtliche Vergleich sei dahin zu verstehen, daû die Schadensersatzpflicht der Beklagten nach dem Gewinn zu bemessen sei, der durch die Veräuûerung der Bilder in den Rahmen erzielt worden sei. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlung (einschlieûlich einer Überzahlung von 1.633,80 DM) schulde die Beklagte deshalb noch 128.589,-- DM.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 128.589,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 1998 zu bezahlen.
Die Beklagte legt den Vergleich demgegenüber dahin aus, daû sich ihre Schadensersatzpflicht nur nach dem Gewinn bemesse, der durch die Verwendung der bemalten Rahmen als solcher erzielt worden sei, da die Veräuûerung
der Kunstdrucke selbst nicht rechtswidrig gewesen sei. Den danach geschuldeten Betrag habe sie bereits gezahlt.
Das Landgericht hat durch Schluûurteil vom 10. Dezember 1998 die Zahlungsklage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers hat Erfolg.
A. Der Tod des Klägers hat nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens geführt (§§ 239, 246 Abs. 1 ZPO).
B. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû dem Kläger aufgrund der Vergleichsvereinbarung lediglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 11.590,-- DM zugestanden habe, den die Beklagte jedoch durch Zahlung erfüllt habe.
Nach dem Vergleich habe der zu leistende Schadensersatz nicht nach dem Gesamtgewinn aus dem Verkauf der Bilder in bemalten Rahmen berech-
net werden sollen, sondern nur nach dem Gewinn, der auf die bemalten Rahmen entfallen sei.
Gegen diese Auslegung spreche zwar der Wortlaut der Vereinbarungen über die Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung und Unterlassung in den Nrn. 1 und 2 des Vergleichs, auf die bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzes in der Nr. 3 verwiesen werde. Welche Handlungen Gegenstand dieser Verpflichtungen seien, werde aber dadurch klargestellt, daû in Nr. 1 des Vergleichs auf den Gegenstand des - bei Vertragsschluû noch bei dem Berufungsgericht anhängigen - Berufungsverfahrens über das landgerichtliche Teilurteil Bezug genommen werde.
Die Parteien hätten zudem von Anfang an, wie auch in der Vorkorrespondenz der beteiligten Rechtsanwälte deutlich geworden sei, lediglich über die Rechtmäûigkeit der Verwendung von bemalten Rahmen gestritten. Es könne deshalb nicht angenommen werden, daû sich die Beklagte zu einer Zahlung habe verpflichten wollen, die um mehr als das Zehnfache über dem zusätzlichen Gewinn liege, der mit den bemalten Rahmen erzielt worden sei.
Die Auslegung, daû der Schadensersatz nur nach dem Gewinn aus dem Verkauf der bemalten Rahmen zu berechnen sei, folge auch aus Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarung. Für den Kläger sei erkennbar gewesen, daû sich die Beklagte nur auf eine Zahlungsverpflichtung habe einlassen können und wollen, die der gesetzlichen Regelung des § 97 Abs. 1 UrhG entsprochen habe. In seinem inzwischen rechtskräftigen Teilurteil habe das Landgericht zwar zu Recht angenommen, daû die Bemalung der Rahmen, die jeweils das Bild des Klägers gewissermaûen fortgesetzt habe, eine Bearbeitung im
Sinne des § 23 UrhG gewesen sei, die mangels Zustimmung des Klägers dessen Urheberrecht verletzt habe. Die Verletzungshandlung liege aber nicht in dem Vertrieb der Bilder des Klägers, sondern nur in der Verwendung der besonders gestalteten Rahmen. Deshalb sei auch nur der mit den Rahmen erzielte Gewinn herauszugeben, weil nur dieser auf der eigentlichen Verletzungshandlung beruhe. In dem Schriftwechsel vor und nach Abschluû des Vergleichs habe auch der anwaltschaftliche Vertreter des Klägers die Auffassung vertreten, es sei - entsprechend der Rechtslage - der kausal durch die Urheberrechtsverletzung verursachte Gewinn herauszugeben. Die Beklagte habe deshalb davon ausgehen können, daû der Schadensersatz wie vom Gesetz vorgesehen berechnet werden solle.
Die Nr. 2 des Vergleichs lasse ebenfalls nicht erkennen, daû die Beklagte verpflichtet sein sollte, abweichend vom gesetzlichen Normalfall den Gewinn aus dem Verkauf der Bilder in den bemalten Rahmen hälftig an den Kläger abzuführen. Dafür spreche auch die darin getroffene Regelung, daû Schadensersatzzahlungen der Beklagten an ihre Abnehmer, denen der Weitervertrieb der Bilder untersagt war, den Gewinn nicht mindern sollten, obwohl solche Zahlungen an sich abzugsfähig gewesen wären.
C. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
I. Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung danach, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf
Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoû gegen Verfahrensvorschriften auûer acht gelassen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2000 - I ZR 213/98, WM 2001, 1379, 1381; Urt. v. 29.3.2001 - I ZR 312/98, NJW-RR 2001, 1612, 1614). Leidet die tatrichterliche Auslegung an solchen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern, bindet sie das Revisionsgericht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, 1003 = WM 2000, 1643; Urt. v. 12.12.2000 - XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344 f.; Urt. v. 12.12.2001 - IV ZR 47/01, ZIP 2002, 226, 227). So liegt der Fall hier.
1. Bei der Auslegung ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099; Urt. v. 17.1.2001 - VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370, 371 = WM 2001, 1031 m.w.N.).
Der Wortlaut des von den Parteien durch ihre Rechtsanwälte geschlossenen Vergleichs ist hier - wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat - eindeutig. Nach Nr. 1 der Vereinbarung betrifft die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten Reproduktionen der Bilder "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in Bildrahmen, so wie sie Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main waren. Nach Nr. 2 sollte sich die schriftliche Auskunft auf den Gewinn beziehen, der mit den "in Ziff. 1 bezeichneten Werken inklusive Bildrahmen" erzielt worden ist. Von dem "nach Ziff. 2 zu ermittelnden Gewinn" sollte die Beklagte gemäû Nr. 3 der Vereinbarung die Hälfte an den Kläger bezahlen. Nach dem Vertragswortlaut kann danach kein Zweifel bestehen, daû sich die Höhe des Schadensersatzes nach
dem Gesamtgewinn aus dem Vertrieb der Reproduktionen in den Bildrahmen richten sollte.
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist aber auch eine Auslegung entgegen einem an sich eindeutigen Wortlaut nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 30.9.1987 - IVa ZR 22/86, NJW-RR 1988, 159, 160 = WM 1987, 1501; Urt. v. 19.12.2001 - XII ZR 281/99, Umdruck S. 7, jeweils m.w.N.), wobei allerdings die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daû die Parteien mit der Formulierung ihrer Vereinbarung einen vom klaren Wortlaut abweichenden Sinn verbunden haben, bei dem liegt, der sich darauf beruft (vgl. BGH, Urt. v. 11.9.2000 - II ZR 34/99, NJW 2001, 144, 145; Urt. v. 13.11.2000 - II ZR 115/99, NJW-RR 2001, 421 = WM 2001, 169). Die Feststellung des Berufungsgerichts, daû die Parteien ihrer Vergleichsvereinbarung einen vom Wortlaut abweichenden Sinn beigelegt haben, ist aber nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts kann eine Auslegung entgegen dem Wortlaut des Vergleichs nicht damit begründet werden, daû in seiner Nr. 1 auf den Gegenstand des damals noch vor dem Berufungsgericht anhängigen Berufungsverfahrens verwiesen wird. Dieses Verfahren hatte - wie das Berufungsgericht selbst dargelegt hat - den Vertrieb der Reproduktionen in bemalten Unikatrahmen zum Gegenstand. Der Unterlassungsanspruch bezog sich demnach auf die Verbindung der Bilder mit den von anderer Hand gestalteten Rahmen. Der Kläger hatte in diesem Verfahren - wie im übrigen bereits in der Abmahnung - betont, daû die Rechtsverletzung seiner Ansicht nach in der rechtswidrigen Bearbeitung und Entstellung seiner Werke liege. Der Streit der Parteien ging daher nicht nur um die Verletzung von Rechten
des Klägers durch die Rahmengestaltungen, sondern jedenfalls auch um die Verletzung von Rechten an seinen Werken durch die Verwendung der Rahmen für den Vertrieb von Kunstdrucken dieser Werke. Diese Bestimmung des Verletzungsgegenstandes im damaligen Berufungsverfahren spricht deshalb nicht für, sondern gegen die Ansicht, daû der Schadensersatz nur nach dem auf die bemalten Rahmen entfallenden Gewinn berechnet werden sollte.

b) Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Vergleichsurkunde spricht zwar eine Vermutung (vgl. BGH, Urt. v. 5.2.1999 - V ZR 353/97, NJW 1999, 1702, 1703; Urt. v. 18.1.2001 - I ZR 175/98, GRUR 2001, 1164, 1165 = WRP 2001, 931 - buendgens; Urt. v. 13.12.2001 - IX ZR 306/00, Umdruck S. 17, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht ist aber im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, daû auch Umstände auûerhalb der Urkunde für die Auslegung zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2001 - IX ZR 358/00, NJW 2001, 3327, 3328 m.w.N.). Obwohl für die Auslegung der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maûgebend ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.2000 - I ZR 141/97, GRUR 2000, 866, 868 = WRP 2000, 1306 - Programmfehlerbeseitigung ), können dabei auch Umstände aus Vorverhandlungen herangezogen werden, falls eine vom objektiven Erklärungsinhalt abweichende Willensübereinstimmung noch bei Abschluû des Vertrages bestand (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1997 - V ZR 285/95, NJW 1997, 1231, 1232; Urt. v. 19.12.2001 - XII ZR 281/99, Umdruck S. 8). Solche Umstände, die gegen eine Auslegung des Vergleichs nach seinem Wortlaut sprechen könnten, liegen hier aber - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht vor.
Mit Anwaltsschreiben vom 20. Januar 1998 hat die Beklagte angeboten, die Hälfte des Gewinns aus dem Vertrieb der Rahmen an den Kläger abzufüh-
ren. Für die Ansicht des Berufungsgerichts, der Klägervertreter habe mit seinem Schreiben vom 9. Februar 1998 (so richtig statt 13.2.1998) diesen Vergleichsvorschlag aufgegriffen und auch aus seiner eigenen Sicht lediglich geringfügig abgeändert, fehlt eine tragfähige Grundlage. Das Schreiben vom 9. Februar 1998 nimmt nicht auf den Vergleichsvorschlag vom 20. Januar 1998 Bezug, sondern auf ein im Verfahren nicht vorgelegtes Schreiben vom 6. Februar 1998, über dessen Inhalt nichts vorgetragen worden ist. Das Berufungsgericht hat zudem übergangen, daû der Klägervertreter bereits mit Schreiben vom 26. Januar 1998 auf das Vergleichsangebot geantwortet hatte. In diesem war der Gewinn, der hälftig an den Kläger herausgegeben werden sollte, bereits mit denselben Worten umschrieben wie später im Vergleich. Darin lag jedenfalls eine unübersehbare Absage an die Bestimmung des herauszugebenden Gewinns in dem Angebot der Beklagten. Für die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten sich auf die Gewinndefinition der Beklagten geeinigt, weil sich der Kläger in seinem Vergleichsangebot vom 9. Februar 1998 mit dieser einverstanden erklärt habe, fehlt somit eine Grundlage. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daû in diesem Schreiben davon die Rede ist, es werde eine "gegen Ihren Vorschlag etwas ergänzte" Vereinbarung angeboten. Über Art und Umfang der "Ergänzung" war damit nichts Entscheidendes gesagt; der Klägervertreter konnte vielmehr davon ausgehen , daû sein geändertes Vergleichsangebot von der Gegenseite eingehend geprüft werde. Aus der maûgeblichen Sicht des Klägers hat die Beklagte danach mit der Annahme des Vergleichsangebots ihren noch im Schreiben vom 20. Januar 1998 vertretenen Standpunkt, wie der Verletzergewinn zu berechnen sei, aufgegeben.
Das Berufungsgericht durfte allerdings auch nachvertragliche Äuûerungen der Parteien für die Auslegung der Vergleichsvereinbarung als Indiz heranziehen (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2000 - VIII ZR 329/98, ZIP 2000, 1385, 1389 = WM 2000, 1648 m.w.N.). Es hat jedoch das Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Klägers vom 12. Juni 1998 unzutreffend gewürdigt. In diesem Schreiben wird zwar eingangs dargelegt, es bestehe Einigkeit mit der Gegenseite , daû der kausal durch die Rechtsverletzung erzielte Gewinn hälftig an den Kläger zu zahlen sei. Unmittelbar anschlieûend wird aber dargelegt, daû sich dieser Gewinn "aus dem Verkaufspreis des Bildes in dem bemalten Bildrahmen abzüglich der dafür anfallenden Kosten" errechne.

c) Das Berufungsgericht hat weiterhin im Ansatz zutreffend bei seiner Auslegung berücksichtigt, daû die Parteien darin übereinstimmten, es solle entsprechend der Regelung in § 97 Abs. 1 UrhG der durch die Urheberrechtsverletzung verursachte Gewinn hälftig herausgegeben werden. Das Berufungsgericht hat aber die Rechtslage unzutreffend beurteilt und deshalb bei seiner Entscheidung auch den Auslegungsgrundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 91/99, WRP 2002, 221, 223 - Rücktrittsfrist; Urt. v. 7.11.2001 - VIII ZR 213/00, NJW 2002, 506; Urt. v. 13.12.2001 - IX ZR 306/00, Umdruck S. 14, jeweils m.w.N.) verletzt.
Gegenstand des Vergleichs waren rechtshängige Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Urheberrechtsverletzungen in zweifacher Hinsicht: Zum einen wegen rechtswidriger Verwertung von Bearbeitungen der Werke des Klägers ohne dessen Einwilligung, zum anderen wegen der Beeinträchtigung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte.

(1) Für die Beurteilung der Frage, ob diese Schadensersatzansprüche dem Grunde nach bestanden, war für die Parteien das zuvor ergangene - damals noch nicht rechtskräftige - Teilurteil des Landgerichts vom 2. Oktober 1997 eine maûgebliche Grundlage.
aa) Das Landgericht hat in seinem Teilurteil angenommen, daû der Vertrieb von Kunstdrucken der Werke "Hundertwasser-Haus in Wien" und "Die vier Einsamkeiten" in den von dritter Hand gestalteten Rahmen ohne Einwilligung des Klägers eine rechtswidrige Verwertung von Bearbeitungen war (§ 23 UrhG).
Das Landgericht hat dazu ausgeführt, daû die Wesenszüge der Originale in den Bemalungen in der Weise durchschimmerten, daû sich die Bilder nach dem Eindruck eines unvoreingenommenen Betrachters zumindest teilweise über den Bildrand hinaus in den Rahmen fortsetzten. Bei dem Bild "Die vier Einsamkeiten" befinde sich in der Bildmitte eine wasserartige blaue Fläche mit schwarzen, wellenförmigen Linien, in die baumartige, schwarz-weiû gehaltene Figuren eingesetzt seien. Diese Farben und Figuren fänden sich auch - in gleicher Höhe wie im Bild - auf dem rechten und dem linken Teil des Rahmens. Rechteckige Kästchen im unteren Bildteil, die teils einfarbig, teils mehrfarbig ausgemalt seien, entsprächen ähnlichen Kästchen im unteren Rahmenteil. Auf diesem sei - wie unten im Bild - ein Gelbton vorherrschend.
Für das Bild "Hundertwasser-Haus in Wien" gelte Entsprechendes. Hier setze sich die in einem Weiûton gehaltene Fläche im linken unteren Teil des
Bildes in den Rahmen hinein fort, so daû der Eindruck einer viel gröûeren fre ien Straûenfläche als auf dem Bild selbst entstehe. Zwei Gebäuden mit Zwiebeltürmen , die auf dem Bild zu sehen seien, entspreche auf dem linken Rahmenteil ein weiteres Gebäude mit einem Zwiebelturm.
Ein unvoreingenommener Betrachter könne auf den Gedanken kommen, der Kläger selbst habe auch die Rahmen der beiden Bilder gemalt. Die Bilder seien von der Beklagten ersichtlich in den Zusammenhang von "Gesamtkunstwerken" gestellt worden.
Aus dieser Beurteilung des Landgerichts, der das Berufungsgericht zugestimmt hat, ergibt sich, daû dem Kläger gegen die Beklagte wegen des Vertriebs seiner Bilder in den von dritter Hand bemalten Rahmen Ansprüche aus § 97 Abs. 1, § 23 Satz 1 UrhG zustanden.
Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 UrhG kann auch dann vorliegen, wenn das abhängige Werk das benutzte - wie dies hier der Fall ist - als solches unverändert wiedergibt. Das urheberrechtlich geschützte Werk ist die persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Es ist ein Immaterialgut, das im Werkstück lediglich konkretisiert wird (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 2 Rdn. 10). Es ist deshalb nicht entscheidend, ob für die Bearbeitung das Original oder ein sonstiges Werkstück in seiner Substanz verändert wurde. Bei einer Übernahme eines Werkes ohne jede Änderung wird allerdings regelmäûig eine Umgestaltung des Werkes zu verneinen sein (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 - I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 - Bibelreproduktion; vgl. auch Schricker/Loewenheim aaO § 23 Rdn. 6; Ahlberg in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 23
Rdn. 11). Eine Bearbeitung ist aber dann anzunehmen, wenn ein geschütztes Werk in ein neues "Gesamtkunstwerk" derart integriert wird, daû es als dessen Teil erscheint. Dies ist bei Zugrundelegung der Feststellungen des Landgerichts hier der Fall. Nach diesen sind Bild und Rahmen in den beiden Fällen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, schon deshalb nach dem Gesamteindruck ein einheitliches Ganzes, weil die Ausgestaltung der Rahmen jeweils eine Bearbeitung eigenschöpferischer Elemente der Bilder ist.
bb) Aus den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ging weiter zweifelsfrei hervor, daû die Verwendung von Rahmen, deren Bemalung als Erweiterung der Bilder wirke, die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers an den betroffenen Werken "Die vier Einsamkeiten" und "Hundertwasser-Haus in Wien" verletzt hat (§ 14 UrhG).
Eine Beeinträchtigung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk im Sinne des § 14 UrhG setzt nicht notwendig voraus, daû das Werk selbst verändert wird. Es genügt, wenn die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk - ohne inhaltliche Änderung des Werkes - durch Form und Art der Werkwiedergabe und -nutzung beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.1981 - I ZR 137/79, GRUR 1982, 107, 109 f. - Kirchen-Innenraumgestaltung; vgl. auch BGH, Urt. v. 1.10.1998 - I ZR 104/96, GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung; vgl. weiter v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 14 Rdn. 8; Schricker/Dietz aaO § 14 Rdn. 21, 23 ff.; Hertin in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 14 Rdn. 8 f.; Federle, Der Schutz der Werkintegrität gegenüber dem vertraglich Nutzungsberechtigten im deutschen und USamerikanischen Recht, 1998, S. 41 f.). Eine derartige Beeinträchtigung ist je-
denfalls dann anzunehmen, wenn - wie hier - ein geschütztes Werk mit Zutaten von dritter Hand zu einem "Gesamtkunstwerk" vereinigt wird, das unbefangene Betrachter ohne weiteres insgesamt als Werk des Urhebers des Originalwerkes ansehen können. Durch ein solches Vorgehen wird das wesentliche Interesse des Urhebers verletzt, sich und seinem Werk nicht fremde Gestaltungen zurechnen lassen zu müssen (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1988 - I ZR 15/87, GRUR 1989, 106, 108 - Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung). Unerheblich ist dabei, ob die Umgestaltung der Werke durch ihre Erweiterung zu "Gesamtkunstwerken" aus Bild und Rahmen künstlerisch gelungen ist (vgl. BGH GRUR 1989, 106, 107 - Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 - Treppenhausgestaltung; Schricker/Dietz aaO § 14 Rdn. 21 m.w.N.).
(2) Die Schadensersatzansprüche des Klägers richteten sich gemäû § 97 Abs. 1 UrhG jeweils - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - bei einem Verlangen von Schadensersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns nicht nur auf den Gewinn aus dem Verkauf der von dritter Hand bemalten Rahmen, sondern auf den Gewinn aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen.
aa) Wegen der rechtswidrigen Verwertung einer Bearbeitung kann Schadensersatz durch Herausgabe des Verletzergewinns nur insoweit verlangt werden, als der Gewinn auf der unbefugten Benutzung des geschützten Gutes beruht (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1986 - I ZR 102/84, GRUR 1987, 37, 39 f. - Videolizenzvertrag; Lütje in Möhring/Nicolini aaO § 97 Rdn. 174 m.w.N.). Im Streitfall steht jedoch - wie dargelegt - nicht nur eine rechtswidrige Verwertung von Rahmen, die in Bearbeitung der Werke des Klägers gestaltet sind, in Re-
de. Es geht vielmehr auch um eine rechtswidrige Verwertung der benutzten Werke selbst, die nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung der Vorinstanzen durch ihre Einbeziehung in neue "Gesamtkunstwerke" aus Bild und Rahmen bearbeitet worden sind. Dabei ist es nach der Lebenserfahrung - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - sehr wahrscheinlich, daû der Gewinn der Beklagten dadurch mitverursacht worden ist, daû der Verkauf der Kunstdrucke, der als solcher zulässig gewesen wäre, durch die Einbeziehung der Bilder in neue "Gesamtkunstwerke" aus Bild und Rahmen wesentlich gefördert worden ist. Ein in dieser Weise erzielter Gewinn war im Fall einer Schadensersatzpflicht neben dem Gewinn aus dem Verkauf der Rahmen als solcher herauszugeben (vgl. dazu auch - zum Patentrecht - BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 512 - Dia-Rähmchen II; vgl. weiter Schrikker /Wild aaO § 97 Rdn. 67; Delahaye, GRUR 1986, 217, 218 m.w.N.). Die Höhe des durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinnanteils hätte gegebenenfalls geschätzt werden können (vgl. dazu - zum Wettbewerbsrecht - BGHZ 119, 20, 30 f. - Tchibo/Rolex II).
bb) Ein Schadensersatz wegen der Verletzung der Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers an seinen Werken war bei der Bemessung nach dem Verletzergewinn ebenfalls auf der Grundlage des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen zu ermitteln.
Die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts als eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts (§§ 12 ff. UrhG) verpflichtet gemäû § 97 Abs. 1 UrhG zum Ersatz des dadurch entstandenen materiellen Schadens. Nach § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG kann auch Schadensersatz in der Form der Herausgabe des Verletzergewinns verlangt werden (vgl. v. Gamm aaO
§ 97 Rdn. 4, 36; Schricker/Wild aaO § 97 Rdn. 2; Lütje in Möhring/Nicolini aaO § 97 Rdn. 46; Hertin in Fromm/Nordemann aaO § 97 Rdn. 3). Dabei war hier davon auszugehen, daû die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers nicht nur durch den Verkauf der Rahmen als solcher, sondern durch den Verkauf der Bilder in den Rahmen verletzt worden sind. Dementsprechend ging es im Streitfall bei der vergleichsweisen Regelung des Schadensersatzanspruchs um die Schätzung, welcher Anteil des Gewinns gegebenenfalls aufgrund dieser Rechtsverletzung erzielt worden ist. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie für die rechtswidrige Verwertung der Bilder in den Rahmen als Bearbeitungen der Werke des Klägers.
cc) Die Regelung in Nr. 2 des Vergleichs, daû die Beklagte nicht berechtigt sein sollte, bei der Ermittlung des Gewinns Schadensersatzzahlungen an ihre Abnehmer abzuziehen, spricht - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht dagegen, daû sich die Parteien darauf geeinigt haben, den Schadensersatz anhand des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den Rahmen zu bemessen. Eine solche vertragliche Regelung steht vielmehr auch in Einklang mit der sich aus § 97 Abs. 1 UrhG ergebenden Rechtslage.
Die Leistung von Schadensersatz soll den Verletzer nicht so stellen, als habe er rechtmäûig gehandelt (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1993 - I ZR 148/91, GRUR 1993, 899, 901 - Dia-Duplikate); auch seine Abnehmer werden dadurch nicht in eine Lage versetzt, als hätten sie ihre Vereinbarungen mit einem Berechtigten getroffen. Mit Schadensersatzzahlungen an seine Abnehmer erledigt der Verletzer demgemäû nur eigene Angelegenheiten. Bei der Bemessung des Schadensersatzes anhand des Verletzergewinns wird fingiert, daû der Rechtsinhaber ohne die Rechtsverletzung durch Verwertung seines Schutz-
rechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte (vgl. BGHZ 145, 366, 372 - Gemeinkostenanteil). Dieser Gewinn wäre jedoch nicht durch Schadensersatzzahlungen an die Abnehmer geschmälert worden. Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Gedanken, daû der Verletzer letztlich so zu behandeln ist, als habe er in angemaûter Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB gehandelt mit der Folge, daû er Ersatz seiner Aufwendungen gemäû § 687 Abs. 2 Satz 2, § 684 Satz 1 BGB nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen kann (vgl. BGHZ 145, 366, 371 f., 374 - Gemeinkostenanteil). Für Schadensersatzzahlungen an ihre Abnehmer dafür, daû diese gehindert sind, die erworbenen Kunstdrucke in den bemalten Rahmen weiterzuveräuûern, hätte die Beklagte aber nicht Aufwendungsersatz verlangen können, weil der Kläger durch solche Zahlungen nicht bereichert worden ist.
dd) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann danach keine Rede davon sein, daû sich die Beklagte bei einer Auslegung des Vergleichs im Sinne des Klägervorbringens zur Erstattung eines Betrages verpflichtet hätte, der den nach § 97 Abs. 1 UrhG zu leistenden Schadensersatz um mehr als das Zehnfache überstiegen hätte. Der Vereinbarung, daû nur die Hälfte des Gewinns aus dem Verkauf der Bilder in den bemalten Rahmen herauszugeben sei, liegt vielmehr der Sache nach schon eine Schätzung zugrunde, in welchem Umfang dieser Gewinn auf die Rechtsverletzungen zurückzuführen ist, sowie die Berücksichtigung einer Restunsicherheit hinsichtlich der Feststellung der Rechtsverletzungen selbst, die sich daraus ergab, daû das landgerichtliche Teilurteil bei Abschluû des Vergleichs noch nicht rechtskräftig geworden war. Der Abschluû des Vergleichs war danach auch bei seiner Auslegung entspre-
chend seinem Wortlaut eine für beide Seiten sinnvolle Regelung, um das Verfahren in einer Zeit und Kosten sparenden Weise zu beenden.
3. Die Auslegung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daû der von den Parteien geschlossene Vergleich über die Höhe des Schadensersatzes entsprechend dem Wortlaut der Vereinbarung auszulegen ist. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht mehr in Betracht. Die Verfahrensrüge der Revision des Klägers, das Berufungsgericht habe sein Beweisangebot übergangen, seinen anwaltlichen Vertreter zum Inhalt der Vergleichsverhandlungen als Zeugen zu vernehmen , hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
II. Die Berechnung des Schadensersatzes auf der Grundlage der Auskunft der Beklagten ist unstreitig. Der Zinsanspruch ist gemäû § 288 BGB a.F. begründet. Die Beklagte wurde vom Kläger mit Schreiben vom 19. Mai 1998 unter Fristsetzung bis zum 2. Juni 1998 zur Zahlung aufgefordert und befindet sich demgemäû seit Ablauf dieser Frist in Verzug.
D. Auf die Revision des Klägers war danach das Berufungsurteil aufzuheben und auf seine Berufung das Schluûurteil des Landgerichts abzuändern. Der Zahlungsklage war stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Schaffert
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Die Auslegung individualvertraglicher Erklärungen ist zwar im Grundsatz dem Tatrichter vorbehalten. Sie ist aber für das Revisionsgericht dann nicht bindend, wenn sie gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt (st. Rspr. vgl. z.B. Senatsurteile vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05, NJW 2006, 3777 Rn. 13 und vom 2. Februar 2006 - III ZR 61/05, WM 2006, 871 Rn. 9). Ein solcher Fehler liegt der Auslegung des Berufungsgerichts zugrunde.