Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2016 - III ZR 417/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:271016BIIIZR417.15.0
bei uns veröffentlicht am27.10.2016
vorgehend
Landgericht Wiesbaden, 2 O 186/11, 26.06.2013
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 10 U 143/13, 27.10.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 417/15
vom
27. Oktober 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:271016BIIIZR417.15.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters und Reiter sowie die Richterinnen Dr. Liebert und Dr. Arend

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Oktober 2015 - 10 U 143/13 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: bis 155.000,00 €

Gründe:


1
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Insbesondere verletzt die Verwerfung der Berufung als unzulässig unter gleichzeitiger Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist nicht den Anspruch der Klägerin auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip). Der Vorwurf der Klägerin, das Berufungsgericht habe ihr den Zugang zum Gericht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise versagt, ist unbegründet.

I.


2
Das Oberlandesgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Frist zur Berufungsbegründung, die nach Verlängerung am 30. September 2013 ablief, von der Klägerin nicht gewahrt worden ist.
3
1. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf das Fax vom 30. September 2013 (GA 256). Ihr Prozessbevollmächtigter hat dieses Fax, nachdem zuvor eine Übermittlung an das Hauptfaxgerät des Oberlandesgerichts (Fax-Nr. 069/13672976 ) wegen einer dortigen Betriebsstörung gescheitert war, an die Fax-Nr. 069/1367-6050 des Landgerichts Frankfurt a.M. gesandt, wo das Fax um 23.56 Uhr einging. Mit dem Eingang der Berufungsbegründung auf einem Faxgerät des Landgerichts konnte die Frist des § 520 Abs. 2 ZPO aber nicht gewahrt werden (§ 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
4
Der Hinweis der Klägerin, die im Übrigen dieses Thema erstmals in der Nichtzulassungsbeschwerde anspricht, auf die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Oktober 2007 (NJW-RR 2008, 446) und des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 23. April 2013 (VI ZB 27/12, VersR 2013, 879) geht fehl.
5
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (aaO S. 447) - bezogen auf einen Fall aus Frankfurt aus dem Jahr 2003 - ausgeführt, dass es gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens und der Gewährleistung effektiven Rechts- schutzes verstößt, wenn ein ordnungsgemäß an das Oberlandesgericht adressierter und per Fax übermittelter Schriftsatz als verspätet angesehen wird, obwohl er fristgerecht am Telefaxanschluss des Landgerichts eingeht und beide Gerichte gemeinsame Faxanschlüsse dergestalt haben, dass die Anschlüsse des einen Gerichts zugleich als Anschlüsse des anderen Gerichts gelten. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit Bezug genommen darauf, dass für die Justizbehörden in Frankfurt a.M. (darunter auch das Land- und das Oberlandesgericht ) damals entsprechend einer von der Hessischen Staatskanzlei im Verfassungsbeschwerdeverfahren vorgelegten und erläuterten Geschäftsordnungsregelung neben einer gemeinsamen Posteingangsstelle auch gemeinsame Telefaxanschlüsse eingerichtet worden waren. Dabei war die Annahme von Faxschreiben so geregelt, dass die besonders bestimmten Faxanschlüsse der beteiligten Behörden und Gerichte zugleich als Anschlüsse der anderen Behörden und Gerichte galten beziehungsweise dass die bei einem dieser Anschlüsse eingehenden Faxschreiben als bei der Geschäftsstelle der jeweils angeschriebenen Behörden- oder Gerichtsstelle eingegangen anzusehen waren. Diese von den Justizbehörden in Frankfurt a.M. getroffene Regelung über die Annahme von Telefaxschreiben habe - so das Bundesverfassungsgericht - zur Folge, dass ein per Fax übermittelter und an das Oberlandesgericht adressierter Schriftsatz auch dann in die Verfügungsgewalt dieses Gerichts gelange, wenn für die Übermittlung versehentlich die Faxnummer einer anderen in den Behörden- und Gerichtsverbund einbezogenen Stelle gewählt worden sei. Dass dem erkennenden Senat des Oberlandesgerichts diese Geschäftsordnungsregelung nicht bekannt gewesen sei, stehe dem Verfassungsverstoß nicht entgegen.
6
An diese Entscheidung anknüpfend hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (aaO Rn. 12 f) einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. stattgegeben und die Sache zurückverwiesen , da nicht überprüft worden war, ob zum Zeitpunkt des Eingangs der dortigen Berufungsbegründung beim Landgericht Frankfurt a.M. am 4. Mai 2011 die dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegende Geschäftsordnungsregelung noch bestand.
7
Im vorliegenden Verfahren ist zwischen den Parteien aber unstreitig, dass entsprechend dem Inhalt des Beschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 9. September 2013 (1 U 96/13, juris Rn. 1) bereits seit April 2008 andere Regeln gelten, d.h. die vormaligen Geschäftsordnungsbestimmungen aufgehoben und bestimmte Faxnummern nunmehr ausschließlich bestimmten Gerichten - d.h. hier die Nummer mit den Endziffern 6050 nur dem Landgericht und die Nummer mit den Endziffern 2976 nur dem Oberlandesgericht - zugewiesen sind. Entsprechend ist auf den Schriftstücken der Gerichte und in deren Internetauftritt die 6050 dem Landgericht, die 2976 dem Oberlandesgericht zugeordnet.
8
Der Einwand der Klägerin, es bestehe weiterhin eine gemeinsame Posteingangsstelle , ist unerheblich. Es steht den Justizbehörden frei, den Eingang von Briefpost und per Telefax unterschiedlich zu regeln. Geht das Fax aber auf dem Faxgerät eines anderen Gerichts - hier des Landgerichts Frankfurt a.M. - ein, ist es nicht in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts - hier des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. - gelangt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 - IV ZB 2/12, NJW-RR 2012, 1461 Rn. 9 ff mwN). Insoweit sind auch die Spekulationen der Klägerin in der Beschwerdeschrift über den örtlichen Standort der beiden Faxgeräte ohne Bedeutung.
9
2. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin für den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung darauf, dass das weitere, von ihrem Prozessbevollmächtigten an einen Nebenanschluss der Zivilsenate des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. (Nr. 069/1367-8815) übermittelte Fax vom 30. September 2013 (GA 253) einen Stempel der Geschäftsstellenbeamtin des 18. Zivilsenats - auf der dortigen Geschäftsstelle befindet sich der Nebenanschluss - mit dem Aufdruck "30. Sept. 2013" enthält. Das Berufungsgericht ist nach Durchführung einer Beweisaufnahme in tatrichterlicher - revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbarer - Würdigung unter Berücksichtigung auch des übrigen Akteninhalts rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Beweiswert dieses Stempelaufdrucks widerlegt und die Berufungsbegründung erst am 1. Oktober 2013 und damit verspätet eingegangen ist.
10
Das Fax (GA 253) trägt unten unter anderem den Aufdruck "01-OKT2013 00:02" und oben den Aufdruck "01-Okt 13 00:05". Das Fax-Journal des Nebenan-schlusses 8815 (GA 322) weist für den 30. September 2013 diverse Faxeingänge (zuletzt um 23.40 Uhr von einem Hamburger Absender) und dann um "01-10 00:02" den Eingang des hier maßgeblichen Faxes auf. Nach einer vom Vorsitzenden des 10. Zivilsenats eingeholten Auskunft der Geschäftsleitung war dieses - inzwischen durch ein neueres Modell ersetzte - Gerät mit einer sog. Echtzeitwiedergabe (Physikalisch-technische Bundesanstalt) ausgerüstet. Wenn das Oberlandesgericht vor diesem Hintergrund auf der Grundlage der Aussage der Geschäftsstellenbeamtin, die im Einklang mit ihrer früheren schriftlichen Darstellung (GA 321) steht, davon ausgegangen ist, dass die Beamtin am Morgen des 1. Oktober 2013 bei der Sortierung und Abstempelung der seit ihrem Dienstschluss am 30. September 2013 eingegangenen Faxe versehentlich auch auf das hier fragliche Fax den Stempel "30. Sept. 2013" aufgedruckt hat, ist dies nicht zu beanstanden.

11
Die Klägerin versucht mit ihrer Beschwerdebegründung nur in untauglicher Weise ihre Beweiswürdigung an die Stelle der des Oberlandesgerichts zu setzen. Insoweit steht der Wertung des Berufungsgerichts auch nicht die im angefochtenen Beschluss erörterte Darstellung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 27. Mai 2015 entgegen. Dort hat dieser unter anderem vorgetragen, sein privates Faxgerät sei so voreingestellt, dass eine erfolgreiche Übermittlung nicht mit einem ausgedruckten Sendebericht angezeigt werde, sondern mit dem Vermerk "gesendet" auf dem Display und einem kurzen Signalton. Nach seiner Erinnerung habe er am 30. September 2013 noch vor Mitternacht auf seinem Display "gesendet" gesehen und den Signalton gehört. Welche konkrete Fax-Nummer diese erfolgreiche Fax-Übertragung ermöglicht habe, könne er nicht mehr sagen.
12
Da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, nachdem eine Übermittlung an den Hauptfaxanschluss des Oberlandesgerichts gescheitert war, kurz vor Mitternacht aber unstreitig erfolgreich die Berufungsbegründung per Fax an die Nr. 6050 des Landgerichts übermittelt hat, würde diese Darstellung nur dann für eine rechtzeitige Übermittlung vor Mitternacht auch an den Nebenanschluss des Oberlandesgerichts (Nr. 8815) sprechen, wenn das Faxgerät des Prozessbevollmächtigten vor Mitternacht zweimal "gesendet" angezeigt und zweimal einen Signalton abgegeben hätte. Dies wird mit dem Wiedereinsetzungsantrag aber nicht behauptet. Insoweit spricht alles dafür, dass sich der geschilderte Vorgang auf die Übermittlung an das Landgericht bezogen hat.

II.


13
Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis auch zu Recht den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen.
14
Nach § 233 ZPO ist einer Partei, die ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hierbei muss sich die Partei das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO).
15
Dass den Prozessbevollmächtigen der Klägerin an der Fristversäumung kein Verschulden trifft, lässt sich aber nicht feststellen. Zwar verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass der Ausfall des Hauptfaxgerätes beim Oberlandesgericht ihr nicht angelastet werden kann. Allerdings hatte ihr Prozessbevollmächtigter danach noch ausreichend Zeit, die Berufungsbegründung vor Mitternacht beim Oberlandesgericht einzureichen. Ihm war der Nebenanschluss der Zivilsenate des Oberlandesgerichts bekannt. In der Beschwerdebegründung wird insoweit darauf hingewiesen, dass der Prozessbevollmächtigte diese Kenntnis anlässlich eines anderen Prozesses erlangt und die Nummer vorsorglich in sein Handy eingespeichert gehabt habe. Hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bei der Übermittlung der um 23.56 Uhr beim Landgericht eingegangenen Berufungsbegründung statt der Nummer des Landgerichts (6050) die des Oberlandesgerichts (8825) eingegeben, wäre die Frist gewahrt worden.
16
Mangels unverschuldeter Fristversäumung kommt es nicht darauf an, ob die Jahresausschlussfrist für den Wiedereinsetzungsantrag (§ 234 Abs. 3 ZPO) gewahrt wurde. Insoweit ist lediglich Folgendes anzumerken: Zwar steht die Versäumung dieser Frist ausnahmsweise der Wiedereinsetzung nicht entgegen , wenn die Versäumung ausschließlich im Verantwortungsbereich des Gerichts liegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Juli 2004 - XII ZB 12/03, NJW-RR 2004, 1651, 1652 f; vom 19. März 2013 - VI ZB 68/12, NJW 2013, 1684 Rn. 10 und vom 21. Januar 2016 - IX ZA 24/15, NJW-RR 2016, 638 Rn. 7 f). Diese Voraussetzung ist hier allerdings bereits deshalb nicht gegeben, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin angesichts der geschilderten Umstände der Übermittlung selbst Anlass gehabt hätte, am Folgetag den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung beim Oberlandesgericht abzuklären; dies zumal vor dem Hintergrund, dass zu einer verlässlichen Ausgangskontrolle bei der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen per Fax der Ausdruck eines Sendeberichts und die anschließende Kontrolle gehört, dass das Fax vollständig und rechtzeitig an die richtige Adresse (Fax-Nummer) übermittelt worden ist (vgl. nur Senat, Beschluss vom 25. Februar 2016 - III ZB 42/15, NJW 2016, 1742 Rn. 10 mwN). Soweit nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten beim Gebrauch seines privaten Faxgeräts eine solche Prüfung anhand eines Sendeberichts nicht möglich ist, hätte er umgehend den Eingang anderweitig verlässlich abklären müssen. Dass ihm bei einer etwaigen Anfrage beim Oberlandesgericht dann unzutreffend mitgeteilt worden wäre, dass die Berufungsbegründung rechtzeitig am 30. September 2013 eingegangen sei, das heißt. er nur über den Stempelaufdruck auf dem Fax (GA 253), nicht aber auf die übri- gen oben genannten Umstände hingewiesen worden wäre, stellt insoweit eine nicht plausible Spekulation der Beschwerde dar.
Herrmann Seiters Reiter
Liebert Arend
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 26.06.2013 - 2 O 186/11 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 27.10.2015 - 10 U 143/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2016 - III ZR 417/15

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2016 - III ZR 417/15 zitiert 7 §§.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 12/03
vom
7. Juli 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 B, Fb, 234 Abs. 3 C, 517 2. Halbs. (= § 516 2. Halbs. ZPO
a.F.)

a) Auch wenn einer Prozeßpartei eine vom verkündeten Originalurteil abweichende
Urteilsausfertigung zugestellt worden ist, läuft die fünfmonatige Berufungsfrist des
§ 517 2. Halbs. ZPO (= § 516 2. Halbs. ZPO a.F.).

b) Eine Prozeßpartei hat die Berufungsfrist schuldlos versäumt, wenn ihr eine fehlerhafte
, für sie günstigere Urteilsausfertigung zugestellt worden ist und sie gegen
das erst später bekannt gewordene, für sie ungünstigere Originalurteil vorgehen
will. Dann steht auch die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO einer Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand nicht entgegen.
BGH, Beschluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 12/03 - OLG Frankfurt/Main
AG Frankfurt am Main /Höchst
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. Dezember 2002 aufgehoben. Das Verfahren wird zur neuen Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.

Die Parteien streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt. Mit Verbundurteil vom 31. Oktober 1996 wurde die Ehe der Parteien geschieden und der Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich insgesamt 5.977 DM (4.500 DM Elementarunterhalt und 1.477 DM Altersvorsorgeunterhalt) zu zahlen. Im Tenor der den Parteien zugestellten Urteilsausfertigungen war der vom Antragsteller geschuldete nacheheliche Ehegattenunterhalt allerdings fehlerhaft mit insgesamt monatlich 4.700 DM (3.700 DM Elementarunterhalt und 1.000 DM Altersvorsorgeunterhalt ) angegeben. Seine gegen die Verpflichtung zum nachehelichen Ehegatten-
unterhalt eingelegte Berufung nahm der Antragsteller - in Unkenntnis der tatsächlich höheren Verurteilung - zurück. Mit Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 20. September 2001 (402 F 2331/99) wurde das Verbundurteil dahingehend abgeändert, daß der Antragsteller der Antragsgegnerin ab dem 1. Juni 1999 lediglich noch nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von insgesamt monatlich 3.834 DM (3.018,25 DM Elementarunterhalt und 815,75 DM Altersvorsorgeunterhalt) zu zahlen hat. Die Berufung gegen dieses Urteil hat die Antragsgegnerin zurückgenommen. Zuvor wurden die Parteien im Verhandlungstermin vom 19. Juni 2002 vor dem Oberlandesgericht darauf hingewiesen, daß der Tenor des verkündeten Verbundurteils zum nachehelichen Ehegattenunterhalt von dem Tenor der im Abänderungsverfahren eingereichten Urteilsausfertigung abweicht. Darauf hat der Antragsteller am 3. Juli 2002 Berufung gegen das Verbundurteil eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Nach Zustellung der Berufungsbegründung hat sich die Antragsgegnerin der Berufung angeschlossen und begehrt einen höheren nachehelichen Ehegattenunterhalt. Das Berufungsgericht hat dem Antragsteller die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und begründet.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts sowohl in Fällen einer Divergenz als auch dann geboten, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Das ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundsätze verletzt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundsätze auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör, den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren. Demgemäß dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaßt haben muß, um Wiedereinsetzung zu erlangen, nicht überspannt werden (BGHZ 151, 221, 226 f.). Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht verstoßen. 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
a) Entgegen der Rechtsbeschwerde erweist sich der angefochtene Beschluß des Oberlandesgerichts allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil er dem Antragsteller nicht wirksam am 8. Januar 2003 zugestellt worden sei. Dabei kommt es nicht auf die Rechtsfrage an, ob ein verkündeter Beschluß zu seiner Wirksamkeit die Unterschriften aller beteiligten Richter enthalten muß
(vgl. insoweit BGH Beschluß vom 10. Mai 1994 - X ZB 7/93 - NJW-RR 1994, 1406). Denn der angefochtene Beschluß ist ausweislich eines Vermerks des Vorsitzenden Richters vom 23. Januar 2003 am 17. Dezember 2002 durch den Senat als Kollegialgericht gefaßt und entsprechend von allen Richtern unterzeichnet worden. Die Zustellung eines allein vom Berichterstatter unterschriebenen Beschlusses „vom 20. Dezember 2002“ ist lediglich auf ein Kanzleiversehen zurückzuführen, das mit der (erneuten) Zustellung des Senatsbeschlusses vom 17. Dezember 2002 geheilt worden ist.
b) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, daß der Antragsteller die Berufungsfrist des § 516 2. Alt. ZPO a.F. versäumt hat, weil das angefochtene Verbundurteil am 31. Oktober 1996 verkündet und die Berufung nicht innerhalb von fünf Monaten eingegangen ist. Nach § 165 Satz 1 ZPO kann die Beachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden. Zu diesen Förmlichkeiten gehört gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO auch die Verkündung des Urteils. Diese erfolgt nach § 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch die Verlesung der Urteilsformel , die - bei der Verkündung in einem besonderen Verkündungstermin in Abwesenheit der Parteien - gemäß § 311 Abs. 2 Satz 2 ZPO durch eine Bezugnahme auf die Urteilsformel ersetzt werden kann. Diesen Anforderungen genügt das Verkündungsprotokoll vom 31. Oktober 1996. Danach wurde in Anwesenheit der persönlich erschienenen Antragsgegnerin das aus der Anlage ersichtliche Urteil durch "Verlesen des entscheidenden Teils" verkündet. Damit ist dem Erfordernis des § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO genügt, auch wenn die Formulierung des Verkündungsprotokolls zu Zweifeln veranlassen könnte, ob der gesamte Urteilstenor verlesen worden ist (BGHZ 10, 327, 329; BGH Urteil vom 16. Oktober 1984 - VI ZR 205/83 - NJW 1985, 1782). Somit ist gemäß § 165 Satz 1 ZPO die Verkündung des in Bezug genommenen Verbundurteils vom 31. Oktober 1996 bewiesen. Da der Bezug zwischen dem Verkündungsproto-
koll und dem verkündeten Urteil eindeutig ist, muss das Verkündungsprotokoll nicht fest mit dem verkündeten Urteil verbunden sein. Aus dem Verkündungsprotokoll vom 31. Oktober 1996 geht hervor, daß an diesem Tag und in dieser Sache das anliegende Urteil, also das Urteil vom 31. Oktober 1996, verkündet worden ist. Entsprechend ist das in den Akten befindliche Verbundurteil ausweislich der darauf angebrachten Vermerke der Geschäftsstelle am 31. Oktober 1996 zur Geschäftsstelle gelangt und auch an diesem Tag verkündet worden. Damit ist eine zweifelsfreie Zuordnung zwischen Verkündungsprotokoll und verkündetem Urteil möglich, ohne daß es auf eine körperliche Verbindung dieser Schriftstücke ankäme.
c) Trotz der späteren Zustellung einer von der Originalfassung abweichenden Urteilsausfertigung hatte die fünfmonatige Ausschlußfrist des § 516 2. Alt. ZPO a.F. schon mit der Verkündung des angefochtenen Urteils begonnen. Die Vorschrift des § 516 2. Alt. ZPO a.F. beruht im wesentlichen auf Gründen der Rechtssicherheit. Nach Ablauf dieser Frist soll sich auch der Prozeßgegner auf die Rechtskraft des Urteils verlassen dürfen. Dabei liegt der Vorschrift der Gedanke zugrunde, daß eine Partei, die vor Gericht streitig verhandelt hat, mit dem Erlaß einer Entscheidung rechnen muß und daß es ihr deshalb zugemutet werden kann, sich danach zu erkundigen, ob und mit welchem Inhalt eine Entscheidung ergangen ist. Nur wenn dieser Grundgedanke im Einzelfall nicht zutrifft, beginnt ausnahmsweise die Fünfmonatsfrist nicht zu laufen, was etwa dann der Fall ist, wenn die Beschwerdepartei im Verhandlungstermin nicht vertreten und zu diesem Termin auch nicht ordnungsgemäß geladen war (BGH Beschluß vom 29. September 1998 - KZB 11/98 - NJW 1999, 143, 144 m.w.N.). Die Zustellung einer fehlerhaften Ausfertigung hat demnach keine Auswirkung auf den Beginn der Frist des § 516 2. Alt. ZPO a.F., sondern ist im Rahmen der Verschuldensprüfung bei einer beantragten Wiedereinsetzung zu berücksichtigen.
Wegen der abgelaufenen Fünfmonatsfrist kommt es letztlich nicht darauf an, ob die Zustellung der fehlerhaften Urteilsausfertigung die Berufungsfrist schon nach § 516 1. Alt. ZPO a.F. in Gang gesetzt hatte (vgl. insoweit Senatsbeschluß vom 30. September 1981 - IVb ZB 805/81 - VersR 1982, 70).
d) Das Berufungsgericht hat dem Antragsteller aber zu Unrecht die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Berufung versagt. Allerdings geht es auch insoweit zu Recht davon aus, daß sich die Partei ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß und es diesem grundsätzlich obliegt, ein zugestelltes Urteil innerhalb der Berufungsfrist inhaltlich zu überprüfen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der Antragsteller nach Überprüfung der ihm zugestellten Urteilsausfertigung allerdings nicht gehalten, eine Diskrepanz zwischen Urteilstenor und Entscheidungsgründen durch Einsicht in das bei den Akten befindliche Originalurteil aufzuklären. Dabei kann dahin stehen, ob den Prozessbevollmächtigten auch dann eine solche Prüfungspflicht trifft, wenn der zugestellte Urteilstenor im Gegensatz zu den Entscheidungsgründen für seinen Mandanten günstiger ist und sich ein Rechtsmittel sogar zu dessen Lasten auswirken würde. Denn aus der Erkenntnis , daß der Tenor und die Gründe der zugestellten Urteilsausfertigung nicht eindeutig aufeinander abgestimmt waren, musste er hier nicht den Schluß auf eine von dem in den Akten befindlichen Originalurteil abweichende, fehlerhafte Urteilsausfertigung ziehen. Positive Kenntnis von dem abweichenden Originalurteil hat der Antragsteller erst im Rahmen des Abänderungsverfahrens in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2002 erhalten. Der Antragsteller hat deswegen die Berufungsfrist in nicht vorwerfbarer Unkenntnis von der tatsäch-
lich höheren Verurteilung und somit schuldlos versäumt. Mit dem am 3. Juli 2002 eingegangen Wiedereinsetzungsantrag hat er auch die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO gewahrt. Eine Wiedereinsetzung ist auch nicht wegen Ablaufs der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen, obwohl diese Vorschrift nach ihrer Entstehungsgeschichte absoluten Charakter hat. Sie verfolgt den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Prozessen zu verhindern und den Eintritt der Rechtskraft zu gewährleisten. Demgemäß hat die Rechtsprechung Ausnahmen davon in Fällen abgelehnt, in denen ein die Prozeßkostenhilfe verweigernder Beschluß vor Ablauf der Frist eingegangen ist, der Partei von ihrem Anwalt jedoch erst nach Ablauf dieser Frist bekannt gegeben werden konnte (BGH Beschluß vom 19. Februar 1976 - VII ZR 16/76 - VersR 1976, 728) oder in denen die Ursache für die Verspätung und die weitere Behandlung durch das Gericht entscheidend in der Sphäre der Partei lag, welche die Frist versäumt hatte (BGH Beschluß vom 18. Mai 1971 - IX ZR 206/68 - RzW 1971, 564; Urteil vom 20. Januar 1983 - IX ZR 19/82 - VersR 1983, 376, 377). Hingegen ist die Anwendung der Vorschrift dann ausgeschlossen worden, wenn bei Ablauf der Ausschlußfrist über ein innerhalb der Rechtsmittelfrist gestelltes Gesuch um Gewährung von Prozeßkostenhilfe noch nicht entschieden war (BGH Beschluß vom 12. Juni 1973 - VI ZR 121/73 - VersR 1973, 851) oder das Gericht sonst aus allein in seiner Sphäre liegenden Gründen nicht innerhalb eines Jahres von dem Ende der versäumten Frist an darüber entschieden hat, ob eine Revision form- und fristgerecht eingelegt worden ist und beide Parteien aufgrund gerichtlicher Verfügung der Auffassung sein konnten, der Rechtsstreit werde demnächst materiell-rechtlich entschieden (BAG NJW 1982, 1664). Entsprechendes muß auch hier gelten, weil es allein der Sphäre des Gerichts zuzurechnen ist, daß der Antragsteller erst Jahre später von einer höheren Verurteilung erfahren hat, als es aus der ihm zugestellten Urteilsausfertigung hervorgeht. Der An-
tragsteller war deswegen ohne eigenes Verschulden gehindert, einen sicheren Weg zu gehen und Wiedereinsetzung innerhalb der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO zu beantragen. 3. Weil das Berufungsgericht dem Antragsteller zu Unrecht die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat, wird es erneut auch über die Zulässigkeit der Berufung zu befinden haben.
Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose
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Die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO hat als Höchstfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand absoluten Charakter und verfolgt den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Prozessen zu verhindern und den Eintritt der Rechtskraft zu gewährleisten. Die Vorschrift ist allerdings dann nicht anwendbar, wenn die Ursache der Fristüberschreitung nicht in der Sphäre der Partei liegt, sondern allein dem Gericht zuzurechnen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juni 1973 - VI ZR 121/73 - ZMR 1978, 152; BGH, Beschlüsse vom 20. Februar 2008 - XII ZB 179/07, NJW-RR 2008, 878 Rn. 15 und vom 7. Juli 2004 - XII ZB 12/03, FamRZ 2004, 1478, 1479; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 234 Rn. 8 f.). So liegt der Streitfall nicht.
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b) Die absolute Ausschlussfrist des § 234 Abs. 3 ZPO soll eine unangemessene Verzögerung des Rechtsstreits verhindern und den Eintritt der Rechtskraft gewährleisten. Sie ist mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 1972 - 2 BvR 756/71, zitiert nach BGH, Beschluss vom 19. Februar 1976 - VII ZR 16/76, MDR 1976, 569; vom 24. September 1986 - VIII ZB 42/86, VersR 1987, 256). Es kann aber geboten sein, sie im Einzelfall ausnahmsweise nicht anzuwenden, wenn nur so die verfassungsmäßigen Rechte des Antragstellers gewahrt werden können.
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a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss er nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmitteleinlegungs- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden, sondern er hat auch eine wirksame Ausgangskontrolle zu schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich hinausgehen (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 31. März 2011 - III ZB 72/10, BeckRS 2011, 08258 Rn. 9; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, BeckRS 2014, 00520 Rn. 8 und vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn.8; jeweils mwN). Bei einer Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (s. nur BGH, Beschlüsse vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60; vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10, NJW 2013, 3183 Rn. 7 und vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, BeckRS 2016, 02708 Rn. 12). Die Überprüfung des Sendeberichts kann lediglich dann entfallen, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellten angewiesen hat, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2001 aaO). Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Anordnung des Rechtsanwalts, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals abschließend selbständig geprüft wird (st. Rspr., s. etwa Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8; vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, NJW-RR 2015, 442 Rn. 8 und vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15, BeckRS 2016, 02765 Rn. 8; jeweils mwN). Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern hat vielmehr auch den Zweck, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO Rn. 18; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 aaO Rn. 10 und vom 15. Dezember 2015 aaO). Deshalb ist dabei, gegebenenfalls anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 aaO).