Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - IV ZR 61/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:290317BIVZR61.16.0
bei uns veröffentlicht am29.03.2017
vorgehend
Landgericht Hannover, 2 O 351/14, 01.06.2015
Oberlandesgericht Celle, 8 U 158/15, 01.02.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 61/16
vom
29. März 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:290317BIVZR61.16.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Lehmann und Dr. Götz am 29. März 2017
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 1. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 98 % und die Beklagte 2 % zu tragen.
Streitwert: bis zu 850.000 €; davon entfallen 814.126,98 € auf die Beschwerde der Klägerin und 13.193,56 € (80 % von 16.491,95 €) auf die Beschwerde der Beklagten.

Gründe:


1
I. Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig, weil die Mindestbeschwer gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.
2
1. Dabei ist zugrunde zu legen, dass die Beklagte durch das angefochtene Urteil nur insoweit beschwert ist, als sie nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts für Rechtsanwaltskosten der Klägerin in Höhe von 16.491,95 € in Anspruch genommen werden kann. Von diesem Betrag ist ein Abschlag von 20 % vorzunehmen , weil es sich um eine Feststellungsklage handelt.
3
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten rechtfertigen weder eine Bindungswirkung des Urteils für andere Mitversicherer noch die Gefahr einer weitergehenden Inanspruchnahme der Klägerin auf Schadensersatz die Annahme einer höheren Beschwer.
4
a) Die Beklagte ist durch das Berufungsurteil nur im Umfang der sie selbst treffenden Verurteilung beschwert, weil sich ihre Haftung auf die von ihr übernommene Quote beschränkt. Dass ein gegen die Beklagte erstrittenes Urteil nach den Versicherungsbedingungen auch für die Mitversicherer verbindlich ist, ist insoweit unerheblich.
5
b) Es ist nicht ersichtlich, dass zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 1. März 2016 - VIII ZR 129/15, juris Rn. 2; vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, juris Rn. 2; jeweils m.w.N.) noch Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin im Raum standen, die unter die zu Lasten der Beklagten festgestellte Deckungsverpflichtung fallen könnten. Entsprechende Tatsachen sind von dieser weder ausreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht (s. zu diesem Erfordernis Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - IV ZR 7/13, ZEV 2013, 511 Rn. 2 m.w.N.).
6
Die Auftraggeberin der Klägerin ist nach dem Anspruchsschreiben vom 20. Dezember 2002 nicht mehr auf die Verfolgung des darin erhobenen Anspruchs zurückgekommen, nachdem auch in dem bereits2012 beendeten selbständigen Beweisverfahren Ausführungsfehler der Klägerin nicht festgestellt wurden. Dementsprechend hat die Beklagte selbst schon in ihrer Klageerwiderung ausgeführt, dass nur um das Anwaltshonorar gestritten werde.
7
II. Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
8
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
9
Der Senat hat auch die Rügen der Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und 103 Abs. 1 GG geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Mayen Felsch Harsdorf-Gebhardt
Lehmann Dr. Götz
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 01.06.2015- 2 O 351/14 -
OLG Celle, Entscheidung vom 01.02.2016- 8 U 158/15 -

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - IV ZR 61/16 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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Referenzen

2
Entscheidend für die Bewertung der Beschwer einer Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht , und zwar nach Maßgabe der dem Parteivorbringen zu diesem Zeitpunkt zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zum Wert (BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3; vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, juris Rn. 2; jeweils mwN). Hieran anknüpfend ist es dem Beklagten verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfah- ren auf hiervon abweichende Angaben zu berufen, um darüber die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, aaO; vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, aaO; vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5). Auf die Berücksichtigung einer solchen unzulässigen Korrektur der tatsächlichen Angaben zum Wert zielt die Anhörungsrüge indes ab.
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Der Wert der mit der (beabsichtigten) Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (z.B. BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2012 - I ZR 160/11, juris Rn. 3; vom 10. April 2008 - V ZR 154/07, juris Rn. 5; vom 24. April 1998 - V ZR 225/97, NJW 1998, 2368 und vom 24. November 1971, BGHZ 57, 301, 302). Maßgebend hierfür ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (z.B. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2014 - II ZR 156/13, NZI 2014, 357 Rn. 9; vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3; vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07, VersR 2009, 279 Rn. 3 und vom 8. Februar 2000 - VI ZR 283/99, NJW 2000, 1343). Entscheidend für die Wertermittlung sind hierbei die dem Klageantrag zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben des Klägers zum Wert. Ihm ist es dabei verwehrt, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren diese zu ändern, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (z.B. Senatsbeschluss vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 aaO). Hat der Kläger in den Vorinstanzen keine verlässlichen oder vollständigen Angaben zum Wert gemacht und hat das Berufungsgericht den Streitwert daher unter Zugrundelegung der unvollständigen Angaben geschätzt, so ist der Kläger auch gehindert, die Annahmen, auf denen diese Streitwertfestsetzung beruht, mit neuem oder ergänzendem Vortrag, der in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden hat, in Frage zu stellen , um den Wert der Beschwer zu erhöhen (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 aaO; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2012 aaO Rn. 4 und vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07 aaO).
2
Demgegenüber hat der Beschwerdeführer nicht vermocht - wie geboten -, Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. statt aller BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - III ZR 52/07, juris Rn. 3), die es rechtfertigten, den Wert dieses Erfolges - die Errichtung eines Erbengemeinschaftskontos - höher anzusetzen. Die Bemessung hat sich nicht nach den vom Beklagten angegebenen Wertvorstellungen seiner Nachlassbeteiligung oder den auf diesem Konto eingegangenen und zukünftig eingehenden Beträgen zu richten, wie die Beschwerde meint. Es geht darum, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung die - banktechnische - Abwicklung der laufenden Geschäfte der Erbengemeinschaft zu ermöglichen. Daraus ergibt sich indes keine Grundlage, den Wert des Beschwerdegegenstandes - die Mitwirkung bei der Eröffnung eines dafür notwendigen Abwicklungskontos - nach freiem Ermessen gemäß § 3 ZPO auf einen Wert oberhalb der bisherigen Festsetzung oder gar der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu schätzen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.