Bundesgerichtshof Beschluss, 01. März 2016 - VIII ZR 129/15
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Kosziol
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 321a Abs. 1 und 2 ZPO statthafte und fristgerecht erhobene Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat keine Veranlassung bestanden, sich mit seinem Instanzvorbringen zu befassen , es habe sich bei der mit der Klägerin vereinbarten Miete nicht um eine Kaltmiete nebst Betriebskostenvorauszahlung, sondern um eine einheitliche Warmmiete gehandelt, deren Ansatz zu einem Überschreiten der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO geführt hätte. Insoweit gilt vielmehr:
- 2
- Entscheidend für die Bewertung der Beschwer einer Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht , und zwar nach Maßgabe der dem Parteivorbringen zu diesem Zeitpunkt zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zum Wert (BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3; vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, juris Rn. 2; jeweils mwN). Hieran anknüpfend ist es dem Beklagten verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfah- ren auf hiervon abweichende Angaben zu berufen, um darüber die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, aaO; vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, aaO; vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5). Auf die Berücksichtigung einer solchen unzulässigen Korrektur der tatsächlichen Angaben zum Wert zielt die Anhörungsrüge indes ab.
- 3
- Das Berufungsgericht hat im angefochtenen Urteil sowohl unter Bezugnahme auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils als auch anschließend noch einmal eigenständig festgestellt, dass sich die zwischen den Partei- en vereinbarte Miete aus einer Grundmiete in Höhe von 405,71 € und einer Ne- benkostenvorauszahlung von 112,48 € zusammensetzt. Dieses aus dem Berufungsurteil ersichtliche unstreitige beiderseitige Parteivorbringen im Sinne von § 559 Abs. 1 ZPO zum Inhalt der zwischen den Parteien bestehenden Mietzahlungsvereinbarungen erbringt nach § 314 ZPO den Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz, hier also die Vereinbarung nicht einer Warmmiete, sondern einer Kaltmiete zuzüglich abzurechnender Betriebskostenvorauszahlungen.
- 4
- Der Einwand des Beklagten, dies stehe zu seinem aus den Akten ersichtlichen abweichenden Vorbringen im Widerspruch, ist unbeachtlich. Denn er hat es unterlassen, die insoweit auch sein Vorbringen betreffenden und mit der Beweiswirkung des § 314 ZPO ausgestatteten Feststellungen im Berufungsurteil in der erforderlichen Weise durch ein Tatbestandsberichtigungsverfahren nach § 320 ZPO zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 559 Rn. 16; jeweils mwN). Ohne Erfolg macht der Beklagte darüber hinaus geltend, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts im angefochtenen Urteil im Widerspruch zu den Ausführungen im vorausgegangenen, durch das Senatsurteil vom 20. Juni 2012 (VIII ZR 268/11, NJW-RR 2012, 977) aufgehobenen Berufungsurteil vom 11. November 2010 stünden; daraus werde zugleich deutlich, dass das Berufungsgericht in Wirklichkeit Feststellungen zur Art der zu zahlenden Miete nicht habe treffen wollen und auch nicht getroffen habe. Das geht schon deshalb fehl, weil durch die kassatorische Wirkung, die der vom Senat erkannten Aufhebung und Zurückverweisung zukommt, das Urteil vom 11. November 2010 rechtlich nicht mehr existent ist. An seine Stelle ist vielmehr das vorliegend mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffene Berufungsurteil vom 21. Mai 2015, und zwar unter Einschluss der darin zweifelsfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen zur unstreitig vereinbarten Art der Mietzahlung , getreten. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Kosziol
AG Köln, Entscheidung vom 20.09.2009 - 217 C 160/09 -
LG Köln, Entscheidung vom 21.05.2015 - 1 S 308/09 -
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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.
(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.
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für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte ist seit dem 1. Januar 1986 Mieter einer Wohnung in Köln, die Klägerin ist die Vermieterin. Die Bruttomiete beträgt 518,19 € monatlich.
- 2
- Zwischen den Parteien kam es zu einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten, unter anderem über eine Mietminderung wegen Lärmbelästigung durch das Gebell von Hunden der im selben Haus wohnenden Tochter der Klägerin. Insoweit entschied das Amtsgericht Köln mit Urteil vom 24. April 2007 (205 C 369/06), dass die Miete für einen zurückliegenden Zeitraum in Höhe von monatlich 81,14 € gemindert war.
- 3
- Mit Schreiben vom 20. Februar 2009 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis , soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, fristlos wegen Zahlungsverzugs. Sie begehrt mit ihrer Klage die Räumung und Herausgabe der Wohnung, die Räumung des Dachbodens von den Sachen des Beklagten sowie die Entfernung eines im Treppenhaus abgestellten Schuhregals. Der Beklagte ist der Auffassung, dass zur Kündigung berechtigende Mietrückstände nicht bestünden, weil die Miete wegen fortdauernden Hundegebells weiterhin gemindert sei.
- 4
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 11. November 2010 zurückgewiesen; mit Beschluss vom 24. Mai 2011 hat es das Urteil hinsichtlich der Vollstreckbarkeit und der Räumungsfrist ergänzt. Auf die Anhörungsrüge des Beklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 28. Juli 2011 - berichtigt mit Beschluss vom 29. September 2011 - das vorangegangene Urteil vom 11. November 2010 mit den Ergänzungen aus dem Beschluss vom 24. Mai 2011 aufrechterhalten. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der vom Berufungsgericht im Urteil vom 28. Juli 2011 zugelassenen Revision, mit der er sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils vom 28. Juli 2011, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt :
- 7
- Die Anhörungsrüge des Beklagten sei zulässig und begründet, führe jedoch im Fortsetzungsverfahren nicht zu einer Abänderung des Urteils vom 11. November 2010. Im Rahmen der gebotenen Verfahrensfortsetzung sei erneut zu prüfen, ob zur Zeit der Kündigung der Klägerin vom 20. Februar 2009 ein Rückstand von mehr als zwei Monatsmieten bei dem Beklagten bestanden habe. Insoweit sei das Gericht in seiner Entscheidung frei; ein Verbot der reformatio in peius gebe es hier nicht. Gegenstand der Überprüfung im Fortsetzungsverfahren sei die gesamte Abrechnung von Ansprüchen der Klägerin und Gegenansprüchen des Beklagten. Danach verbleibe es in der Sache bei der Entscheidung aus dem Urteil vom 11. November 2010. Auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten als übergangen gerügten Positionen habe bei Ausspruch der Kündigung vom 20. Februar 2009 ein Mietrückstand von 1.340,48 € und damit von mehr als zwei Monatsmieten bestanden. Das reiche als Kündigungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB aus.
- 8
- In dem in Bezug genommenen Urteil vom 11. November 2010 hat das Berufungsgericht, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Eine Mietminderung wegen andauernden Hundegebells stehe dem Beklagten nicht zu. Zu Recht habe das Amtsgericht den betreffenden Vortrag des Beklagten in den Schriftsätzen bis zum 30. Juli 2009 als unsubstantiiert angesehen. Zwar sei dem Beklagten mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 24. April 2007 eine Mietminderung in Höhe von monatlich 81,14 € wegen Hundegebells für einen vor April 2007 liegenden Zeitraum zugebilligt worden. Da es sich aber bei einer Lärmbelästigung durch Hundegebell um ein immer wieder neu auftretendes Problem in unterschiedlicher Stärke handele, habe der Beklagte sich nicht auf den Vortrag beschränken dürfen, die Situation sei seit Erlass des genannten Urteils unverändert.
- 10
- Zwar bestünden Bedenken, den Sachvortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Juli 2009, wie es das Amtsgericht getan habe, als verspätet zurückzuweisen. Auch dieser Schriftsatz reiche aber zur Substantiierung nicht aus. Konkrete Angaben zu dem Hundelärm - wie etwa Dauer des Bellens, Verteilung über den Tag bzw. die Nacht, Lautstärke - würden auch hier nicht gemacht. Da aber der Beklagte, der sich auf eine Minderung der Miete berufe, darlegen und beweisen müsse, welche Beeinträchtigungen im Einzelnen zu einer Minderung führten, sei ihm auch hier ein konkreter Vortrag bezogen auf die hier streitigen Zeiträume abzuverlangen. Daran fehle es in der ersten Instanz. Dass der Beklagte zudem den Mangel in der hier streitigen Zeit der Klägerin erneut angezeigt hätte, sei ebenfalls nicht vorgetragen.
- 11
- Soweit der Beklagte erstmals im Berufungsverfahren ein Lärmprotokoll betreffend den Zeitraum vom 2. April 2008 bis 14. Juni 2008 vorgelegt habe, sei dies gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr zulässig. Dass die von dem Beklagten behauptete Lärmbelästigung durch die Hunde einer der Kernpunkte dieses Rechtsstreits gewesen sei, habe auf der Hand gelegen. Dass bei der Geltendmachung eines derartigen Anspruchs ein konkreter Vortrag zu Art und Dauer der Beeinträchtigung notwendig sei, hätte dem Beklagten von Anfang an klar sein müssen. Die Zurückhaltung des Lärmprotokolls - wenn es denn schon vorher erstellt worden sei - beruhe damit auf der Nachlässigkeit des Beklagten. Zudem erscheine auch fraglich, ob die Vorlage eines Lärmprotokolls über einen Zeitraum von sechs Wochen ohne konkreten Vortrag im Übrigen ausreiche, um eine Minderung über mehr als vier Jahre zu begründen.
II.
- 12
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 20. Februar 2009 nicht bejaht werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag des Beklagten sind die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht erfüllt.
- 13
- 1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe in seinem Urteil vom 28. Juli 2011 den Prüfungsumfang bei der Fortführung des Verfahrens gemäß § 321a Abs. 5 ZPO nach erfolgreicher Anhörungsrüge überschritten. Die Revision meint, das Berufungsgericht hätte nur über die vom Beklagten mit Recht als übergangen gerügte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 455,80 € befinden, nicht aber unter Berücksichtigung aller Ansprüche und Gegenansprüche noch einmal insgesamt prüfen dürfen, ob ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Zahlungsrückstand bestanden habe. Das trifft nicht zu.
- 14
- Das Berufungsgericht war bei der Fortführung des Verfahrens nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Kündigungsvoraussetzungen unter Berücksichtigung des übergangenen Vortrags des Beklagten erneut zu prüfen und die Abrechnung der gegenseitigen Ansprüche nicht nur zu Gunsten, sondern gegebenenfalls auch zu Lasten des Beklagten zu korrigieren. Es war nicht an eine etwa fehlerhafte Berechnung in seinem Urteil vom 11. November 2010 gebunden. Das Verbot der reformatio in peius gilt im Fortsetzungsverfahren nach erfolgreicher Anhörungsrüge nicht (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 321a Rn. 18 mwN). Denn die Rüge nach § 321a ZPO ist kein Rechtsmittel. Das Verfahren wird lediglich in den Zustand vor der Ausgangsentscheidung zurückversetzt. Alsdann ist das Gericht in seiner Entscheidung frei (OLG Frankfurt , NJW 2004, 165, 168; Zöller/Vollkommer, aaO).
- 15
- 2. Es trifft auch nicht zu, dass das Urteil vom 28. Juli 2011, wie die Revision meint, unvollständig und nicht mit Gründen im Sinne des § 547 Nr. 6 ZPO versehen wäre, weil es keine Ausführungen zu der vom Beklagten beanspruchten Mietminderung wegen Hundegebells enthalte. Denn das angefochtene Urteil nimmt auf das vorangegangene Urteil vom 11. November 2010 Bezug und stellt fest, dass es in der Sache bei der Entscheidung aus dem Urteil vom 11. November 2010 verbleibt. Darin liegt eine hinreichend deutliche Bezugnahme auch auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 11. November 2010, soweit im Urteil vom 28. Juli 2011 keine abweichenden Feststellungen getroffen worden sind.
- 16
- 3. Die Revision rügt aber mit Recht, dass das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen § 286 ZPO dem Sachvortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Juli 2009 zur streitigen Mietminderung wegen Hundegebells nicht nachgegangen ist. Die Annahme des Berufungsgerichts im Urteil vom 11. November 2010, der Beklagte habe hierzu nicht hinreichend konkret vorgetragen, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat die Substantiierungsanforderungen in nicht vertretbarer Weise überspannt und es dadurch versäumt, den entscheidungserheblichen Sachvortrag des Beklagten in der nach § 286 ZPO gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben.
- 17
- a) Allerdings hat das Berufungsgericht das Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Juli 2009, das vom Amtsgericht als verspätet zurückgewiesen worden war, mit Recht nicht schon aus prozessualen Gründen (§ 531 Abs. 1 ZPO) unberücksichtigt gelassen. Die in der Revisionserwiderung erhobene Verfahrensrüge, das Berufungsgericht hätte dieses Vorbringen gemäß § 531 Abs. 1 ZPO als ausgeschlossen ansehen müssen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO). Es kommt deshalb nicht auf die überwiegend verneinte Frage an, ob die Berücksichtigung von Vorbringen entgegen § 531 Abs. 1 ZPO überhaupt revisibel ist (dazu Zöller/ Vollkommer, aaO, § 531 Rn. 39 mwN).
- 18
- b) Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen (st. Rspr.; Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, WuM 2012, 269 Rn. 17; Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 16 mwN). Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schmutz ist die Vorlage eines detaillierten "Protokolls" nicht erforderlich. Vielmehr genügt grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht und zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. Dies gilt erst recht, wenn die Umstände das Auftreten derartiger Beeinträchtigungen ohnehin nahelegen (Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, aaO).
- 19
- c) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es den erstinstanzlichen Sachvortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Juli 2009 als unsubstantiiert angesehen hat. Wie die Revision mit Recht geltend macht, hat der Beklagte auf den Seiten 24 bis 30 dieses Schriftsatzes seine Behauptung, dass die Lärmbelästigung durch das Gebell der von der Tochter der Klägerin weiterhin gehaltenen drei bis vier Hunde auch nach dem Urteil des Amtsgerichts Köln vom 24. April 2007 unvermindert fortgedauert habe, im Einzelnen dargelegt und durch Zeugen unter Beweis gestellt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedurfte es unter diesen Umständen keiner weitergehenden Angaben zur Dauer des Bellens, zu dessen Verteilung über den Tag sowie zur Lautstärke des Hundelärms und damit auch nicht des vom Beklagten im zweiten Rechtszug vorgelegten - vom Berufungsgericht nicht zugelassenen - "Bellprotokolls".
- 20
- d) Dem Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Juli 2009 hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen, weil es entscheidungserheblich war. Denn wenn die Behauptung des Klägers zutraf und weiterhin eine Mietminderung in Höhe von 81,14 € rechtfertigte, die das Amtsgericht Köln wegen des Hundegebells in seinem Urteil vom 24. April 2007 im Vorprozess für gerechtfertigt gehalten hatte, bestand im Zeitpunkt der Kündigung vom 20. Februar 2009 kein Mietrückstand und damit auch kein Recht der Klägerin zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB.
- 21
- e) Einer Mietminderung wegen des fortdauernden Hundegebells steht auch nicht die Annahme des Berufungsgerichts entgegen, der Beklagte habe nicht vorgetragen, dass er den Mangel in der hier streitigen Zeit der Klägerin erneut angezeigt habe (vgl. § 536c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB). Die Revision verweist mit Recht auf das im Schriftsatz vom 31. Juli 2009 (Seite 39) angeführte, als Anlage B 19 vorgelegte Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 27. September 2007, in dem auch für die Zeit nach dem Urteil des Amtsgerichts Köln eine Mietminderung "wegen des im gleichen Umfang nach wie vor vorhandenen, unerträglichen Hundegebells" beansprucht wird. Nach dieser erneuten Mängelanzeige musste der Beklagte eine entsprechende Mitteilung nicht ständig wiederholen. Für die Klägerin konnte aufgrund des Schreibens vom 27. September 2007 nicht zweifelhaft sein, weshalb der Beklagte die Miete weiterhin minderte.
III.
- 22
- Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 561 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zur geltend gemachten Mietminderung getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dr. Frellesen Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
AG Köln, Entscheidung vom 22.09.2009 - 217 C 160/09 -
LG Köln, Entscheidung vom 28.07.2011 - 1 S 308/09 -