Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - IX ZB 157/11

bei uns veröffentlicht am12.01.2012
vorgehend
Amtsgericht Wilhelmshaven, 10 IK 313/05, 21.03.2011
Landgericht Oldenburg (Oldenburg), 6 T 263/11, 27.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 157/11
vom
12. Januar 2012
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den
Richter Dr. Pape
am 12. Januar 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 27. April 2011 wird auf Kosten der Treuhänderin als unzulässig verworfen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 10.000 €

Gründe:


I.


1
Die weitere Beteiligte zu 1 ist vormalige Treuhänderin in dem am 28. September 2005 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, in dem diese die Restschuldbefreiung beantragt. Mit Beschlüssen vom 4. Juni 2009 und 14. Dezember 2009 sind gegen die weitere Beteiligte Zwangsgelder in Höhe von 500 € und 1.000 € festgesetzt worden, weil sie ihrer Pflicht zur Rechnungslegung nicht nachgekommen ist. Der Zwangsgeldbeschluss des Insolvenzgerichts vom 14. Dezember 2009 ist durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. September 2010 (IX ZB 85/10, NZI 2010, 997) rechtskräftig geworden. Die Treuhänderin hat ihre Pflicht zur Rech- nungslegung auch nach Rechtskraft des zweiten Zwangsgeldbeschlusses nicht erfüllt.
2
Mit Beschluss vom 21. März 2011 hat das Insolvenzgericht die Treuhänderin entlassen und den weiteren Beteiligten zu 2 als neuen Treuhänder in dem Verfahren bestellt. Das Rechtsmittel der Treuhänderin gegen diesen Beschluss hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 27. April 2011 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Treuhänderin, mit der sie die Aufhebung des Entlassungsbeschlusses erreichen will.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7 aF, § 59 Abs. 2 Satz 1, § 313 Abs. 1 Satz 3 InsO, Art. 103f Abs. 1 EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist jedoch unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung , und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
1. Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO kann das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus seinem Amt entlassen. Entsprechendes gilt aufgrund der Verweisungsvorschrift des § 313 Abs. 1 Satz 3 InsO für den Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt für die Entlassung des Insolvenzverwalters voraus, dass es in Anbetracht der Erheblichkeit seiner Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, ihn im Amt zu belassen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, ZInsO 2006, 147 Rn. 10). Von einem schwerwiegenden Verstoß gegen die Pflichten des Insolvenzverwalters ist auszugehen, wenn dieser trotz mehrmaliger Festsetzung und Bezahlung eines Zwangsgeldes die ihm abverlangte Handlung nicht vornimmt (vgl. etwa Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2009, § 59 Rn. 4c; Uhlenbruck , InsO, 13. Aufl., § 59 Rn. 10 a.E.). Entsprechend diesen Grundsätzen hat das Insolvenzgericht die Treuhänderin entlassen, nachdem diese trotz zweimaliger Zwangsgeldfestsetzung ihrer längst überfälligen Pflicht zur Rechnungslegung nicht nachgekommen ist. Die von der Begründung der Rechtsbeschwerde vermissten erheblichen Auswirkungen auf das Verfahren folgen schon aus dem Umstand, dass das vereinfachte Verfahren seit mehreren Jahren wegen der fehlenden Rechnungslegung nicht aufgehoben werden kann.
5
2. Auf die Rüge der Rechtsbeschwerde, dem Beschwerdegericht sei eine Gehörsverletzung anzulasten, weil es die Treuhänderin nicht darauf hingewiesen habe, dass es bei seiner Entscheidung die von der Treuhänderin selbst dargestellte Überforderung infolge des Ausfalls ihres Sachbearbeiters berücksichtigen wolle, kommt es nicht an. Allein die seit Jahren ausstehende Rechnungslegung trotz der verhängten Zwangsmaßnahmen rechtfertigt die Entlassung der Treuhänderin.
6
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Wilhelmshaven, Entscheidung vom 21.03.2011 - 10 IK 313/05 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 27.04.2011 - 6 T 263/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - IX ZB 157/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - IX ZB 157/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Insolvenzordnung - InsO | § 4 Anwendbarkeit der Zivilprozeßordnung


Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen

Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung - EGInsO | Art 103f Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung


Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach § 6 der Insolvenzordnung, bei denen die Frist des § 575 der Zivilprozessordnung am 27. Oktober 2011 noch nicht abgelaufen ist, ist die Insolvenzordnung in der bis zum 27. Oktober 2011 geltenden Fa
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - IX ZB 157/11 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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Insolvenzordnung - InsO | § 59 Entlassung des Insolvenzverwalters


(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenz

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BESCHLUSS
IX ZB 85/10
vom
30. September 2010
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer und
Dr. Pape
am 30. September 2010

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 25. März 2010 wird auf Kosten der Treuhänderin als unzulässig verworfen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.000 €.

Gründe:


1
Die gemäß §§ 6, 7, § 58 Abs. 2 Satz 3 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO). Eine Gehörsverletzung liegt nicht vor. Auch hat das Beschwerdegericht die Begründung für die Festsetzung des Zwangsgeldes nicht ausgetauscht.
2
1. Die Auffassung der Treuhänderin, zur Abrechnung im eröffneten Verfahren nicht mehr verpflichtet zu sein, weil sich das Verfahren schon in der Wohlverhaltensphase befinde und eine Rechnungslegung deshalb erst am En- de dieses Verfahrensabschnitts verlangt werden könne, ist verfehlt. Das eröffnete Verfahren dauert noch an. Die Treuhänderin unterliegt gemäß § 313 Abs. 1 Satz 3, § 58 Abs. 1 InsO weiter der Aufsicht des Insolvenzgerichts.
3
a) Die gerichtliche Aufsicht endet grundsätzlich - sofern nicht der Verwalter vorzeitig aus dem Amt ausscheidet oder über die Aufhebung des Verfahrens hinaus weitere Pflichten zu erfüllen hat - erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (Uhlenbruck, InsO 13. Aufl. § 58 Rn. 28). Beendet ist das Insolvenzverfahren erst, wenn die Schlussverteilung vollzogen ist und das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat (§ 200 Abs. 1 InsO). Erst dann erlangt der Schuldner die Verfügungsbefugnis wieder und der Beschlag endet (Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 200 Rn. 5). Die Ankündigung der Restschuldbefreiung erfolgt zeitlich vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (vgl. FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 291 Rn. 17; Uhlenbruck /Vallender, aaO § 291 Rn. 32; MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 291 Rn. 32). Entsprechend regelt § 289 Abs. 2 Satz 2 InsO, dass das Insolvenzverfahren erst nach Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung aufgehoben wird. Solange das Verfahren nicht aufgehoben ist, beginnt die Wohlverhaltensphase nicht zu laufen. Neuerwerb, den der Schuldner bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlangt, fällt nach den §§ 35, 36 InsO auch dann noch in die Masse, wenn bereits die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist (BGH, Beschl. v. 15. Juli 2010 - IX ZB 229/07, ZIP 2010, 1610 Rn. 4).
4
b) Hier ist eine Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 200 Abs. 1 InsO wegen der noch ausstehenden Schlussverteilung bisher nicht erfolgt. Die Treuhänderin unterliegt deshalb weiter der Aufsicht des Insolvenzgerichts gemäß § 58 Abs. 1 InsO. Ihre Weigerung, eine vollständige Abrechnung des Kon- tos bezogen auf den 24. April 2008 vorzulegen, stellt eine schuldhafte Missachtung der Aufsichtsbefugnisse des Insolvenzgerichts dar. Zwar hat das Insolvenzgericht im Anschluss an den Termin am 24. April 2008 der Schuldnerin die Restschuldbefreiung angekündigt und die Treuhänderin für die Wohlverhaltensphase bestimmt. Dies ändert nach obigen Grundsätzen aber nichts an der Tatsache , dass das Insolvenzverfahren noch nicht aufgehoben ist. Alle pfändbaren Einkünfte der Schuldnerin, die die Treuhänderin vereinnahmt hat, sind noch Bestandteil der Insolvenzmasse. Ein Wechsel der Begründung der Zwangsgeldfestsetzung , die einer erneuten vorherigen Androhung bedurft hätte, liegt deshalb - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht vor. Die Treuhänderin muss weiter über die Einnahmen im eröffneten Verfahren Auskunft erteilen.
5
2. Die mit Beschluss vom 26. November 2007 erteilte Zustimmung des Gerichts zur Schlussverteilung steht der am 24. April 2008 erfolgten Anordnung der Rechnungslegung entgegen der Ansicht der Treuhänderin ebenfalls nicht entgegen. Die Zustimmung war auf die Schlussrechnung vom 20. November 2007 bezogen, die für die Gläubiger eine "Nullquote" vorsah. Dieser Schlussrechnung hat die Treuhänderin selbst die Grundlage entzogen, indem sie im Schlusstermin am 24. April 2008 angegeben hat, es sei inzwischen aufgrund monatlicher Zuflüsse ein Massebestand von mindestens 2.700,00 € vorhanden. Per 31. März 2008 wies das für die Schuldnerin geführte Sonderkonto indes lediglich ein Guthaben von 59,70 € aus. Es drängte sich deshalb die Frage nach dem Verbleib der Masse auf.
6
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Wilhelmshaven, Entscheidung vom 14.12.2009 - 10 IK 313/05 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 25.03.2010 - 6 T 14/10 -

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach § 6 der Insolvenzordnung, bei denen die Frist des § 575 der Zivilprozessordnung am 27. Oktober 2011 noch nicht abgelaufen ist, ist die Insolvenzordnung in der bis zum 27. Oktober 2011 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach Artikel 102 § 7 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung gilt Satz 1 entsprechend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

10
Liegt eine Pflichtverletzung vor, die einen wichtigen Grund zur Entlassung des Insolvenzverwalters darstellt, darf das Insolvenzgericht von dieser zwar nicht lediglich deshalb absehen, weil die Gläubiger wegen der Pflichtverletzung den Verwalter nach §§ 60, 61 InsO auf Schadensersatz in Anspruch nehmen können (MünchKomm-InsO/Graeber, § 59 Rn. 24). Umgekehrt ist jedoch nicht jede Pflichtverletzung, die einen Schadensersatzanspruch auslöst, zugleich ein wichtiger Grund zur Entlassung (MünchKomm-InsO/Graeber, § 59 Rn. 23). Diese setzt grundsätzlich voraus, dass es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter im Amt zu belassen. Diese Beurteilung, die auf einer Abwägung aller jeweils bedeutsamen Umstände beruht, obliegt dem Tatrichter.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.