Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2008 - IX ZB 182/04

bei uns veröffentlicht am09.10.2008
vorgehend
Amtsgericht Chemnitz, 1106 IN 1512/01, 04.12.2003
Landgericht Chemnitz, 3 T 1771/04, 07.07.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 182/04
vom
9. Oktober 2008
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und
Grupp
am 9. Oktober 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Chemnitz, 3. Zivilkammer, vom 7. Juli 2004 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde wird auf 14.175,04 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der kraft Gesetzes - hier § 7 InsO - statthaften Rechtsbeschwerde beurteilen sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über dieses Rechtsmittel (BGH, Beschl. v. 23. September 2003 - VI ZA 16/03, NJW 2003, 3781, 3782 unter 3. am Ende). Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sind inzwischen geklärt, ohne dass die Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Blick auf die Beschwerdeentscheidung zum Nachteil des Rechtsbeschwerdeführers berührt wäre.
2
Die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld rechtfertigt bei Betrieben mit 20 Arbeitnehmern oder weniger - hier 12 Arbeitnehmer - entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts keinen Vergütungszuschlag (BGH, Beschl. v. 22. Februar 2007 - IX ZB 120/06, ZIP 2007, 826, 827 Rn. 8, 9).
3
Die Betriebsfortführung während des Eröffnungsverfahrens führt dagegen grundsätzlich zu einem Vergütungszuschlag, auch wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt daran mitgewirkt hat (BGH, Beschl. v. 13. April 2006 - IX ZB 158/05, ZIP 2006, 1008, 1009 Rn. 7; v. 26. April 2007 - IX ZB 160/06, ZIP 2007, 1330, 1332 Rn. 18), ebenso die Vorbereitung einer übertragenden Sanierung (BGH, Beschl. v. 1. Februar 2007 - IX ZB 279/05, bei juris Rn. 3, 9). Von der Zuschlagswürdigkeit dieser genannten Tätigkeiten des vorläufigen Insolvenzverwalters ist jedoch auch das Beschwerdegericht ausgegangen.
4
Eine Einzelbewertung mehrerer Zuschlagsgründe, wie sie die Rechtsbeschwerde verlangt, ist nicht erforderlich (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757, 1758 f; v. 12. Januar 2006 - IX ZB 127/04, ZIP 2006, 672, 673 f; v. 1. März 2007 - IX ZB 280/05, ZIP 2007, 639, 640 unter II. 2.); allerdings bedarf es einer nachvollziehbaren Darlegung der für das Endergebnis maßgebenden Umstände (BGH, Beschl. v. 26. April 2007 - IX ZB 160/06, aaO Rn. 16). Diese ist durch den Tatrichter erfolgt.
5
Die Rechtsbeschwerde vertritt zwar mit Recht, dass die beantragten Zuschläge für den vorläufigen Insolvenzverwalter grundsätzlich ebenso hoch anzusetzen seien wie bei einem endgültigen Verwalter, wenn sie damit meint, dass der Hundertsatz des Zuschlages bei einem vorläufigen Insolvenzverwalter ebenso zu bemessen ist wie bei einem endgültigen Insolvenzverwalter, voraus- gesetzt, dass die Umstände sich nicht von denen unterscheiden, die bei einem endgültigen Insolvenzverwalter zu einem Zuschlag führen würden (BGH, Beschl. v. 4. November 2004 - IX ZB 52/04, ZIP 2004, 2448, 2449 f unter II. 4.). Jedoch ist nicht eindeutig, dass das Beschwerdegericht hierzu einen anderen Rechtssatz aufgestellt hat, wenn es auf die möglichen tatsächlichen Belastungsunterschiede bei Zuschlagsgründen - etwa unterschiedlich langer Dauer der Betriebsfortführung oder Verringerung des Fortführungsaufwandes durch Stilllegungen oder Entlassungen - abstellen wollte. Es ist ferner nicht erkennbar, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf einer von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes insoweit abweichenden Rechtssatzbildung beruht.
6
Die Frage, inwieweit auch eine überhöhte Berechnungsgrundlage den Vergütungsanspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters beeinflussen würde, wenn dem nicht das Verschlechterungsverbot entgegenstünde, bedarf keiner Erörterung.
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp
Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 04.12.2003 - 1106 IN 1512/01 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 07.07.2004 - 3 T 1771/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2008 - IX ZB 182/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2008 - IX ZB 182/04

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2008 - IX ZB 182/04 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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Referenzen

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

7
Nach Ansicht des Senats kann die Fortführung des Schuldner-Betriebs für die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters auch dann, wenn die Verwaltungs - und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht allgemein auf ihn übergangen ist, eine Erschwernis bedeuten, die einen Zuschlag entsprechend § 3 InsVV rechtfertigt. Zwar ist einem derartigen "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter vom Insolvenzgericht nicht die Aufgabe übertragen worden, den Betrieb fortzuführen. Diese Anordnung und die Bestellung eines bloß "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters schließen sich im Allgemeinen sogar aus (vgl. HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 22 Rn. 47). Auch dem vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis, aber mit Zustimmungsvorbehalt , obliegt jedoch die Sicherung des vorhandenen Vermögens. Dies hat das Insolvenzgericht im vorliegenden Fall sogar ausdrücklich ausgesprochen. Führt der Schuldner seinen Betrieb im Eröffnungsverfahren fort, kommt es laufend zu betrieblich bedingten Rechtsgeschäften und somit zu Verfügungen. Diese muss der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt darauf überprüfen, ob sie für die künftige Masse nicht nachteilig und somit zustimmungsfähig sind. Damit ist eine weitgehende Kontrolle der Geschäftsführung des Schuldners erforderlich. Hat der vorläufige Insolvenzverwalter im Einzelfall seine Zustimmung zu einer masseschädlichen Verfügung erteilt, muss er sich dafür verantworten. Arbeitsaufwand und Verantwortung gehen über die "finanzielle Begleitung", die das Beschwerdegericht honoriert hat, deutlich hinaus. In der Praxis erfordert die Betriebsfortführung eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Schuldner und dem mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestatteten vorläufigen Insolvenzverwalter. Für diesen kann die Zusammenarbeit ähn- lich aufwändig werden, wie wenn er die Betriebsfortführung selbst übernimmt und sich dabei der Hilfe des Schuldners bedient.
18
bb) Dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt kann zwar ein Zuschlag auf die Vergütung gewährt werden, wenn in der Eröffnungsphase der Betrieb des Schuldners fortgeführt worden ist und sich dadurch für die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters erhebliche Erschwernisse ergeben haben (BGH, Beschl. v. 13. April 2006 - IX ZB 158/05, NZI 2006, 401 f; v. 16. November 2006 - IX ZB 302/05, NZI 2007, 168, 169). Die Dauer des Eröffnungsverfahrens - und damit der Betriebsfortführung - beeinflusst jedoch unmittelbar die Höhe des Zuschlags. Die Betriebsfortführung über eine längere Zeit rechtfertigt einen höheren Zuschlag als die Fortführung von lediglich kurzer Dauer. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Beteiligte habe die Dauer der Betriebsfortführung bei der Bemessung des Zuschlags mit lediglich 10 v.H. bereits berücksichtigt gehabt. Ob das Beschwerdegericht diese Möglichkeit bedacht hat, lässt der angefochtene Beschluss nicht erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 127/04
vom
12. Januar 2006
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wirkt der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt an einer zum
Zweck der Sanierung schon im Eröffnungsverfahren durchgeführten Unternehmensübertragung
mit, kann dies einen Zuschlag zum Regelbruchteil der fiktiven Insolvenzverwaltervergütung
rechtfertigen, wenn das Insolvenzgericht oder die Gläubiger
seiner Mitwirkung zugestimmt haben.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 - IX ZB 127/04 - LG Lüneburg
AG Celle
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 12. Januar 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten und die sofortige Beschwerde der Schuldnerin werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 10. Mai 2004 und der Beschluss des Amtsgerichts Celle vom 8. August 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 160.951,61 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Rechtsbeschwerdeführer Der (i.F.: Beschwerdeführer) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - vom 21. März 2001 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Fall 2 InsO). Mit Beschluss vom 15. Juni 2001 hob das Amtsgericht die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung auf, nachdem die Schuldnerin ihren Insolvenzantrag zurückgenommen hatte.
2
Beschwerdeführer Der hat beantragt, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 350.210 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 406.243,60 DM, festzusetzen. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht die Nettovergütung auf 39.558,14 € zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer, insgesamt 46.757,44 €, herabgesetzt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Beschwerdeführer seinen Vergütungsfestsetzungsantrag in der diesen Betrag übersteigenden Höhe weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel ist begründet; es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Auch die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist begründet.
4
Die 1. von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen sind allerdings weitgehend unbegründet.
5
a) Ohne Erfolg wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass das Landgericht den Wert des Immobilienvermögens, an dem Aus- und Absonderungsrechte bestanden, nicht in vollem Umfang in die Berechnungsgrundlage einbezogen hat. Er trägt hierzu vor, er habe auch im Blick auf die vom Landgericht nicht berücksichtigten Grundstücke eine "nicht gänzlich unbedeutende verwaltende Tätigkeit" entfaltet. Darauf kommt es jedoch nicht an: Mit Beschluss vom 14. Dezember 2005 (IX ZB 256/04, z.V.b. in BGHZ) hat der Senat in Abweichung von seinem in BGHZ 146, 265 abgedruckten Beschluss entschieden , dass einer bloß nennenswerten Befassung mit Gegenständen, die nach Insolvenzeröffnung der Aus- und Absonderung unterliegen, noch keine Bedeutung für die Vergütung zukommt. Erforderlich ist vielmehr, dass die Befassung mit Aus- oder Absonderungsrechten den vorläufigen Verwalter in erheblichem Maße in Anspruch genommen hat. Dann kann ein Zuschlag gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV gewährt werden. Eine Aufnahme des Werts der betroffenen Gegenstände in die Berechnungsgrundlage kommt aber auch in diesem Fall nicht in Betracht.
6
Das b) Landgericht hat rechtsfehlerfrei einen Betrag von 4.617.000,00 DM zum 15. Juni 2001 für die Fahrzeugwerte in die Berechnungsgrundlage eingestellt. Grundlage für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 11 Abs. 1 InsVV a.F. ist der Wert des einem künftigen Insolvenzbeschlag unterliegenden Vermögens des Schuldners bei der Beendigung der vorläufigen Insolvenzverwaltung (BGH, Beschl. v. 8. Juli 2004 - IX ZB 589/02, WM 2004, 1783, 1784). Das gilt auch in dem hier gegebenen Fall, dass es nicht zu einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. Juni 2005 - IX ZB 230/03, ZIP 2005, 1324 f). Davon ist selbst dann nicht abzuweichen, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter - wie hier - geltend macht, der Wert der bei Beginn seiner Verwaltung vorhandenen Gegenstände sei in anderer Form - hier als Veräußerungserlös - noch bei Beendigung der vorläufigen Verwaltung im Vermögen des Schuldners vorhanden gewesen. Forderungen des Schuldners sind mit ihrem Verkehrswert im Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung in die Berechnungs- grundlage aufzunehmen (BGH, Beschl. v. 9. Juni 2005, aaO S. 1325). Entsprechendes gilt für einen hinreichend belegten Barbestand.
7
c) Vergeblich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Landgerichts, der getroffenen Festsetzung als Ausgangssatz 25 % der Vergütung des endgültigen Verwalters zugrunde zu legen. Dies ist auch nach Ansicht des Senats der angemessene Prozentsatz, von dem je nach Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit Zu- oder Abschläge in Betracht kommen (BGH, Beschl. v. 24. Juni 2003 - IX ZB 453/02, WM 2003, 1869, 1870). Das gilt auch dann, wenn das Insolvenzgericht einen allgemeinen Zustimmungsvorbehalt angeordnet hat (BGH, Beschl. v. 17. Juli 2003 - IX ZB 10/03, ZIP 2003, 1612). Es ist im Rahmen der konkret gegebenen rechtserheblichen Umstände grundsätzlich allein Aufgabe des Tatrichters, die Vergütungszuschläge oder -abschläge unter Berücksichtigung von Art, Dauer und Umfang der jeweils entfalteten Tätigkeit zu bemessen (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460; v. 8. Mai 2003 - IX ZB 445/02, ZIP 2003, 1260; v. 8. Juli 2004 - IX ZB 589/02, WM 2004, 1783, 1785). Einer Erhöhung des Ausgangssatzes auf 35 % wegen der Fortführung des aus mehreren Betriebsstätten bestehenden Unternehmens und der Abwendung einer Insolvenzeröffnung steht zudem entgegen, dass der Beschwerdeführer hierfür einen Zuschlag beansprucht und - wenn auch nicht in der von ihm begehrten Höhe - erhalten hat. Dafür, dass der Beschwerdeführer "erfolgreiche Gespräche im Hinblick auf das Grundeigentum durchgeführt hat und die Veräußerungen stark vorangetrieben hat", hat er ebenfalls einen Zuschlag erhalten.
8
Für d) die "Betriebsfortführung mit Sanierungsbemühungen" hat das Landgericht einen Erhöhungssatz von 5 % zugrunde gelegt. Anhaltspunkte dafür , dass das Beschwerdegericht den von der Rechtsbeschwerde in Bezug ge- nommenen Vortrag des Beschwerdeführers unzureichend in seine Würdigung des Leistungsbildes im Einzelfall einbezogen hat, bestehen nicht. Mit dem Einwand , ein Zuschlag in Höhe von 5 % stelle keine angemessene Vergütung dar, vermag der Beschwerdeführer keinen Rechtsfehler aufzuzeigen.
9
e) Der Beschwerdeführer hat ferner einen Zuschlag von 25 % für die Befriedigung von Aus- und Absonderungsrechten über deren Berücksichtigung bei der Berechnungsgrundlage hinaus beantragt. Dies hat das Landgericht abgelehnt ; seine Entscheidung ist auch insoweit rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keinen entscheidungserheblichen Vortrag übergangen. Nach dem Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2005 (IX ZB 256/04, z.V.b. in BGHZ) kommt ein Zuschlag nur bei erheblicher Beschäftigung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Ausoder Absonderungsrechten in Betracht. Aus dem Hinweis der Rechtsbeschwerde auf die Differenz der Fahrzeugwerte zu Beginn der vorläufigen Insolvenzverwaltung und an deren Ende ergibt sich schon nicht, dass diese Erheblichkeitsschwelle überschritten ist. Jedenfalls kann der Beschwerdeführer nicht die im Rahmen der Betriebsfortführung gesondert vergütete Tätigkeit zusätzlich unter dem Gesichtspunkt einer erheblichen Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten geltend machen.
10
f) Das Landgericht hat es abgelehnt, dem Beschwerdeführer den begehrten Zuschlag von 25 % für die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld zu bewilligen, weil er insoweit nicht substantiiert vorgetragen habe, über den Rahmen der vorläufigen Insolvenzverwaltung hinaus tätig geworden zu sein. Damit hat es nicht in Abrede genommen, dass ein solcher Zuschlag gewährt werden kann (vgl. § 3 Abs. 1 Buchst. d InsVV). Es ist daher nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Landgericht im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens geprüft hat, ob nach den Darlegungen des Beschwerdeführers eine mit dem Ausgangssatz von 25 % auf die Regelvergütung noch nicht abgegoltene Tätigkeit vorliegt. Das Insolvenzgericht braucht nicht für jeden in Frage kommenden Zuschlags- oder Abschlagstatbestand zunächst isoliert zu entscheiden, ob er eine Erhöhung oder eine Ermäßigung des Regelsatzes rechtfertigt; es darf den Zuschlag für einen an sich erfüllten Erhöhungstatbestand auch dann versagen, wenn die für ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz sprechenden Gründe bei einer Gesamtbetrachtung gleichwertig erscheinen (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757, 1758 f). Vom Beschwerdegericht übergangenen konkreten Vortrag zur Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Der von ihr angemahnte Schluss, wenn der weitere Beteiligte eine Vergütung begehrt habe, so werde er auch eine entsprechende Tätigkeit entfaltet haben, genügt nicht.
11
g) Auch soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Auffassung des Landgerichts wendet, der Erhalt von Arbeitsplätzen sei bereits mit den vergüteten Sanierungsbemühungen des Beschwerdeführers abgegolten, vermag er keinen Rechtsfehler aufzuzeigen.
12
2. Im Übrigen beruht der angefochtene Beschluss jedoch auf durchgreifenden Rechtsfehlern.
13
a) Im Ergebnis zu Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde, dass das Landgericht dem Beschwerdeführer einen Zuschlag wegen der Unternehmensübertragung mit der Begründung versagt hat, hierzu sei er nicht befugt gewesen. Hierbei kommt es nicht auf die Frage an, ob ein vorläufiger "starker" Insolvenzverwalter das Unternehmen des Schuldners veräußern darf (zum Diskussionsstand vgl. die Nachw. bei HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 22 Rn. 13 ff). Der vorläufige Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt könnte eine solche Befugnis allenfalls durch eine besondere Bestimmung des Insolvenzgerichts erhalten (BGHZ 151, 353, 366 f; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 22 Rn. 45, 47). Der Beschluss vom 21. März 2001, mit dem der weitere Beteiligte zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden war, ermächtigte ihn zu einer solchen Tätigkeit nicht. Das Rechtsbeschwerdegericht kann diesen Beschluss als Hoheitsakt selbst auslegen (vgl. MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl. Aktualisierungsband § 546 Rn. 6 m.w.N.). Die Anordnung , das Unternehmen der Schuldnerin "bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Antragsteller" fortzuführen, sollte ersichtlich das Vermögen der Schuldnerin und die Entscheidungskompetenz der Gläubigerversammlung sichern (§ 157 Satz 1 InsO), nicht aber den weiteren Beteiligten zur Mitwirkung an einer Unternehmensübertragung ermächtigen. Dementsprechend verblieb die Verfügungsbefugnis über die bestehenden Arbeitsverhältnisse bei der Schuldnerin. In dem ebenfalls die Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt betreffenden Beschluss vom 8. Juli 2004 (IX ZB 589/02, WM 2004, 1783, 1785) hat der Senat daher betont, dass die übertragende Sanierung selbst "naturgemäß" erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden hat.
14
Anders verhielte es sich jedoch, wenn das Insolvenzgericht der Unternehmensübertragung zum Zwecke der Sanierung im weiteren Verlauf des Eröffnungsverfahrens zugestimmt hätte. Mit Blick auf den vorbeschriebenen Zweck, die Gläubigerautonomie zu wahren, muss das Gleiche gelten, wenn die Gläubiger der Übertragung des Unternehmens der Schuldnerin bereits im Eröffnungsverfahren zugestimmt hätten. Eine daraus folgende formelle Legitimation des Beschwerdeführers zur Übertragung des Unternehmens der Schuldnerin wäre jedenfalls vergütungsrechtlich ausreichend (vgl. BGHZ 146, 165, 178 f; BGH, Beschl. v. 16. Juni 2005 - IX ZB 264/03, ZIP 2005, 1372 f). In diesem Rahmen entfaltete Tätigkeiten des vorläufigen Verwalters können im Einzelfall einen gesonderten Zuschlag rechtfertigen. Dies wird das Insolvenzgericht zu überprüfen haben.
15
b) Damit kann auch die Entscheidung der Vorinstanzen, dem Beschwerdeführer für Verwertungsmaßnahmen lediglich einen Zuschlag von 10 % anstelle der begehrten 25 %igen Erhöhung zu gewähren, nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass es dem vorläufigen Insolvenzverwalter regelmäßig nicht obliegt, Schuldnervermögen im Sinne der §§ 159, 165 ff InsO zu verwerten (BGHZ 146, 165, 172 f). Ein Zuschlag kommt nur in Betracht, wenn die Verwertung schon im Insolvenzeröffnungsverfahren notwendig war. Keinesfalls darf dies allgemein zur Masseanreicherung geschehen (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 28/03, NZI 2004, 381, 382). Soweit der Beschwerdeführer sich darauf beruft, die vom Insolvenzgericht angeordnete Betriebsfortführung habe "zwangsläufig" auch Verwertungshandlungen erfordert, handelt es sich um den von der Vorinstanz gewürdigten Zuschlagstatbestand der Betriebsfortführung.
16
Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn im Zusammenhang mit einer dem vorläufigen Verwalter vom Insolvenzgericht oder von den Gläubigern gestatteten übertragenden Sanierung weitere Verwertungshandlungen notwendig werden, um den Vorgang zum Abschluss zu bringen. In diesem Fall ist die Verwertung schon im Insolvenzeröffnungsverfahren erforderlich; diese kann dann - je nach Lage des Einzelfalls - gesondert zu vergüten sein. Da dies auch in dem hier zu entscheidenden Fall in Betracht kommt, wird das Insolvenzgericht hierüber erneut zu befinden haben. Hierbei steht es dem Amtsgericht frei, sanierungsbedingte Verwertungshandlungen im Zusammenhang mit dem zuvor unter a) erörterten Gesichtspunkt zu würdigen (vgl. BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003, aaO).
17
c) Das Landgericht hat die Vergütung des Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs. 1 InsVV a.F. nicht nach der gesetzmäßigen Berechnungsmethode bestimmt. Es hat nämlich die von ihm zuerkannten Zuschläge von insgesamt 25% auf den Regelbruchteil der fiktiven Vergütung des (endgültigen) Verwalters bezogen. Der Senat hat jedoch entschieden, dass der für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters maßgebliche Prozentsatz (Ausgangssatz; hier: 25%) entsprechend den Verhältnissen des konkreten Einzelfalls verändert wird (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03, WM 2004, 585, 586).
18
d) Der angefochtene Beschluss leidet an einem weiteren Rechtsfehler zu Lasten des Beschwerdeführers: Nach der Sachdarstellung des Landgerichts hat die Schuldnerin mit ihrer Erstbeschwerde lediglich eine Herabsetzung auf 94.089,92 DM (= 48.107,41 €) begehrt; an diesen Beschwerdeantrag war das Landgericht gebunden (vgl. BGHZ 159, 122, 124; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 572 Rn. 15) und durfte den zuerkannten Betrag nicht noch geringer festsetzen.
19
3. Der Senat hält es für sachgerecht, das Verfahren an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (BGHZ 160, 176, 185 f).

III.


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Für die erneute Sachbehandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Das Insolvenzgericht wird den Wert der beiden von ihm berücksichtigten Grundstücke nach der Entscheidung des Senats vom 14. Dezember 2005 (aaO) nur insoweit in die Berechnungsgrundlage einstellen können, als diese im Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Insolvenzverwaltung weder mit Ausnoch wertausschöpfend mit Absonderungsrechten belastet waren. Andernfalls kommt lediglich ein Zuschlag in Betracht, und auch ein solcher nur, wenn der Beschwerdeführer insoweit in erheblichem Maße tätig geworden ist.
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2. Das Verschlechterungsverbot hindert das Amtsgericht nicht, bei der Feststellung der angemessenen Vergütung Zu- und Abschläge zum Nachteil des Beschwerdeführers anders zu bemessen als dies bisher geschehen ist, soweit es den Vergütungssatz insgesamt - gemessen an der Entscheidung des Landgerichts - nicht zu seinem Nachteil ändert (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Juni 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371).
Fischer Raebel Vill Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Celle, Entscheidung vom 08.08.2001 - 29 IN 52/01 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 10.05.2004 - 3 T 77/03 -
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bb) Dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt kann zwar ein Zuschlag auf die Vergütung gewährt werden, wenn in der Eröffnungsphase der Betrieb des Schuldners fortgeführt worden ist und sich dadurch für die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters erhebliche Erschwernisse ergeben haben (BGH, Beschl. v. 13. April 2006 - IX ZB 158/05, NZI 2006, 401 f; v. 16. November 2006 - IX ZB 302/05, NZI 2007, 168, 169). Die Dauer des Eröffnungsverfahrens - und damit der Betriebsfortführung - beeinflusst jedoch unmittelbar die Höhe des Zuschlags. Die Betriebsfortführung über eine längere Zeit rechtfertigt einen höheren Zuschlag als die Fortführung von lediglich kurzer Dauer. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Beteiligte habe die Dauer der Betriebsfortführung bei der Bemessung des Zuschlags mit lediglich 10 v.H. bereits berücksichtigt gehabt. Ob das Beschwerdegericht diese Möglichkeit bedacht hat, lässt der angefochtene Beschluss nicht erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 52/04
vom
4. November 2004
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Belasten erschwerende Umstände den vorläufigen Insolvenzverwalter in gleicher
Weise wie den endgültigen Insolvenzverwalter, sind die deswegen zu gewährenden
Zuschläge zum Regelsatz der Vergütung grundsätzlich für beide mit dem gleichen
Hundertsatz zu bemessen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2004 - IX ZB 52/04 - LG Chemnitz
AG Chemnitz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 4. November 2004

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 295.285,87 € festgesetzt.

Gründe:


I.


Der Antragsteller wurde mit Beschluß des Amtsgerichts - I nsolvenzgerichts - vom 3. April 2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO) bestellt. Die Bestellung endete am 2. Juni 2002 mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Bestellung des Antragstellers zum endgültigen Insolvenzverwalter.

Der Antragsteller hat beantragt, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 501.282,10 € festzusetzen. Er hat hierbei einen 25 %-igen Regelsatz und Zuschläge von insgesamt 170 % - unter anderem 75 % für die Betriebsfortführung und 50 % für die Vermietung und Verwaltung von Immobilien - zugrunde gelegt. Mit Beschluß vom 1. April 2003 hat das Amtsgericht die Vergütung auf 205.996,23 € festgesetzt. Es hat - unter anderem wegen der Betriebsfortführung und des Vorhandenseins von teils fertigzustellenden, teils vermieteten Objekten - lediglich Zuschläge von insgesamt 55 % anerkannt, ohne diesen Prozentsatz aufzuschlüsseln. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen, allerdings den Prozentsatz der gewährten Zuschläge nunmehr auf einzelne Zuschlagsfaktoren verteilt. Hierbei sind jeweils 15 % auf die Betriebsfortführung und die Vermietung /Verwaltung von Immobilien entfallen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.


Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO); es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Der Antragsteller macht geltend, das Landgericht ha be zwar die in dem Vergütungsantrag dargelegten Erhöhungstatbestände einzeln bewertet, jedoch weit weniger als beantragt zugebilligt, weil es zu Unrecht angenommen habe, die Zuschläge auf die Regelvergütung des vorläufigen Insolvenzverwal-
ters seien regelmäßig nur mit einem Bruchteil der für den endgültigen Verwalter in vergleichbaren Fällen anerkannten Zuschläge zu bemessen.
2. In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob f ür die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters, die Zuschläge nach § 3 Abs. 1 InsVV rechtfertigt, regelmäßig nur ein Bruchteil der für den endgültigen Verwalter anerkannten Zuschläge anzusetzen ist (so LG Braunschweig ZInsO 2001, 552, 553; LG Berlin ZInsO 2001, 608, 611; LG Neubrandenburg ZInsO 2003, 26, 27; Haarmeyer / Wutzke/Förster, InsVV 3. Aufl. § 3 Rn. 72 und § 11 Rn. 74; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren 2000 Rn. 189; ebenso zur Konkursordnung LG Göttingen ZInsO 1998, 189, 190) oder ob die Zuschläge - unter der Voraussetzung , daß sich die Tätigkeiten qualitativ und quantitativ nicht unterscheiden - ebenso hoch wie bei dem endgültigen Verwalter zu bemessen sind (OLG Frankfurt/Main ZIP 2001, 1016, 1018; MünchKomm-InsO/Nowak, § 11 InsVV Rn. 16; Eickmann, Vergütungsrecht 2. Aufl. § 11 InsVV Rn. 22; Graeber, Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gem. § 11 InsVV 2003 S. 74 f).
3. Im vorliegenden Fall wird diese Frage erheblich, w eil das Landgericht sich wegen des Zuschlags für die Betriebsfortführung unter Berufung auf Haarmeyer/Wutzke/Förster (aaO) an der von diesen Autoren für den vorläufigen Insolvenzverwalter genannten "Untergrenze" von 15 % orientiert hat. Da die genannten Autoren unter sonst gleichen Voraussetzungen für den endgültigen Insolvenzverwalter einen Zuschlag von 0,5 auf den Regelsatz befürworten, ist davon auszugehen, daß das Landgericht die Betriebsfortführung unterschiedlich bewertet hat je nachdem, ob sie durch den vorläufigen oder den endgültigen Insolvenzverwalter vorgenommen wird.

4. Der Senat schließt sich im Grundsatz der Auffassung an, daß die Zuschläge für Umstände, welche die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters erschweren, mit dem gleichen Hundertsatz wie bei dem endgültigen Insolvenzverwalter zu bemessen sind, falls diese Umstände sich nicht von denen unterscheiden, die bei dem endgültigen Insolvenzverwalter zu einem Zuschlag führen würden.

a) Zwar ist die Gesamttätigkeit des vorläufigen Insolvenzve rwalters regelmäßig geringer zu vergüten als die des endgültigen Insolvenzverwalters, weil ihre Aufgaben unterschiedlich sind. Dementsprechend sieht § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV vor, daß die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters in der Regel einen angemessenen Bruchteil der Vergütung des Insolvenzverwalters nicht überschreiten soll (zur Berechnung vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03, NZI 2004, 251, 252). Dies gilt insbesondere für den einen Normalfall abgeltenden Regelsatz, der bei dem vorläufigen Insolvenzverwalter regelmäßig 25 % der Vergütung des Insolvenzverwalters beträgt (BGH, Beschl. v. 24. Juni 2003 - IX ZB 453/02, NZI 2003, 547, 548; vgl. nunmehr auch Art. 1 Ziff. 4 der Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtli chen Vergütungsverordnung vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2569) und den das Landgericht antragsgemäß auch in dieser Höhe festgesetzt hat.

b) Anders kann es sich indessen mit den erschwerenden Umstän den im Sinne von § 3 Abs. 1 InsVV verhalten, die nach den §§ 10, 11 Abs. 1 Satz 3 InsVV für den vorläufigen Insolvenzverwalter entsprechend zu berücksichtigen sind und denen durch Veränderung des Regelsatzes Rechnung zu tragen ist (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03, NZI 2004, 251, 253). Der-
artige Umstände können sowohl vor als auch nach Insolvenzeröffnung vorliegen. Je nach Lage des Einzelfalles können sie sich für den vorläufigen Insolvenzverwalter in gleicher Weise belastend auswirken wie für den endgültigen Insolvenzverwalter. Gegebenenfalls wäre es nicht zu rechtfertigen, sie bei der Vergütung unterschiedlich zu berücksichtigen.

c) Führt der vorläufige Insolvenzverwalter den Geschäftsbet rieb des Schuldners fort und wird hierdurch nicht die Masse entsprechend größer, rechtfertigen die durch die Fortführung verursachten Erschwernisse in analoger Anwendung des § 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 1 InsVV eine den Regelsatz übersteigende Vergütung (vgl. BGHZ 146, 165, 178; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO). In diesem Stadium sind die auf die Betriebsfortführung zurückgehenden Erschwernisse häufig nicht weniger belastend als nach Insolvenzeröffnung für den Insolvenzverwalter, weil der vorläufige Insolvenzverwalter es oft mit einer wirtschaftlich noch ungeklärten Situation zu tun bekommt und erst die Grundlagen für die Fortführung des Geschäftsbetriebes schaffen muß. Beispielsweise muß er mit den Lieferanten wegen einer Wiederaufnahme oder Fortführung der Lieferungen und mit den Banken wegen neuer Kredite verhandeln, um die Liquidität wiederherzustellen. Hier werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Das dabei zu Leistende kann - was den Arbeitsaufwand sowie die Bereitstellung der erforderlichen sachlichen und persönlichen Mittel angeht - nicht weniger bedeutsam sein als die Betriebsfortführung durch den späteren Insolvenzverwalter. Auch ist, solange die wirtschaftliche Situation, insbesondere der Bestand der Masse, nicht geklärt ist, das Haftungsrisiko für den vorläufigen Insolvenzverwalter eher höher als für den Insolvenzverwalter.
Das Argument, Betriebsfortführungen durch den vorläufi gen Insolvenzverwalter seien von kürzerer Dauer, trifft nicht in jedem Einzelfall zu. Der Zuschlag ist - unabhängig davon, ob er einen vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalter betrifft - stets nach der konkreten Dauer zu bemessen. Bei gleicher Dauer ist, falls auch sonst keine wesentlichen Unterschiede bestehen, der gleiche Zuschlag veranlaßt.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller, wie vom L andgericht festgestellt , das Unternehmen der Schuldnerin für ca. acht Wochen mit 19 Arbeitnehmern fortgeführt. Nach Ansicht des Landgerichts ist er dabei "wie ein endgültiger Verwalter tätig geworden". Es ging um die Bauleitung für die Fertigstellung von sieben Wohn- und Geschäftshäusern mit Tiefgaragenstellplätzen. Die noch ausstehende Bauleistung hatte einen Wert von etwa 2,5 Mio. €. Dabei war in Abstimmung mit der Gläubigerbank der Generalunternehmer zur Aufholung einer Bauverzögerung anzuhalten. Da das Landgericht möglicherweise auf Grund der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung einem endgültigen Verwalter für eine entsprechende achtwöchige Betriebsfortführung einen höheren Zuschlag als 15 % zugebilligt hätte, kann die angefochtene Entscheidung insofern keinen Bestand haben.

d) Dasselbe gilt hinsichtlich des Zuschlags für die Vermiet ung und Verwaltung von Immobilienvermögen der Schuldnerin (§ 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 2; §§ 10, 11 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Die Schuldnerin verfügte über 103 Objekte im Inland und ein Objekt in Italien. Auch insoweit sind die Erschwernisse, die den Zuschlag rechtfertigen, für den Antragsteller als vorläufigen Insolvenzverwalter nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht von vornherein geringer als für den endgültigen. Es hat auf die von dem Antragsteller ange-
führten "zahlreichen Verhandlungen mit Mietern und insbesondere Versorgungsunternehmen" abgestellt sowie darauf, daß "die Zuordnung der einzelnen Dauerschuldverhältnisse überaus schwierig" gewesen sei. Auch seien zunächst "umfangreiche Nachforschungen" erforderlich gewesen. Nach den Angaben in der Antragsschrift hat der Antragsteller überdies persönliche Zahlungszusagen erteilt, um die Weiterbelieferung mit elektrischer Energie, Gas, Wärme und Wasser sicherzustellen.
Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann nicht ausschließen , daß das Landgericht hierfür einen Zuschlag von mehr als 15 % gewährt hätte, wenn es von der vorstehend unter b) dargelegten Rechtsauffassung ausgegangen wäre.

III.


Hinsichtlich der übrigen Zuschlagsfaktoren - jeweils 5 % f ür die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes, die Prüfung des Vertrages mit dem Generalunternehmer, die Prüfung und Abwicklung von Kaufverträgen, Verhandlungen mit Gläubigerbanken über die Verwertung des Immobilienvermögens, insgesamt also (4 x 5 =) 20 % - zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler auf; ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Dennoch ist der angefochtene Beschluß insgesamt aufzuheben, weil die Festsetzung der Vergütung nur einheitlich erfolgen kann (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 aaO). Daran ändert auch der dem Landgericht unterlaufene Additionsfehler nichts. Die von ihm ermittelten Zuschläge hätten insgesamt nur 50 % und nicht, wie dem Antragsteller zugebilligt, 55 % ergeben. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß dem Antragsteller wegen
Antragsteller wegen der Betriebsfortführung und der Verwaltung des Immobilienvermögens Zuschläge von insgesamt mehr als (55 ./. 20 =) 35 % gebühren.
Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Landgerich t zurückzuverweisen. Die Bemessung der Zuschläge unter Berücksichtigung der Art und
des Umfangs der jeweils entfalteten Tätigkeit ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 aaO).
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann