Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX ZB 21/09

bei uns veröffentlicht am16.12.2010
vorgehend
Amtsgericht Bielefeld, 43 IN 1320/03, 10.06.2008
Landgericht Bielefeld, 23 T 582/08, 30.12.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 21/09
vom
16. Dezember 2010
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 16. Dezember 2010

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 30. Dezember 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§§ 7, 6, 231 Abs. 3 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
2
Wird die angefochtene Entscheidung durch mehrere voneinander unabhängige Begründungen getragen, ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn hinsichtlich jeder selbständig tragenden Begründung die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO dargelegt werden (BGH, Beschl. v. 29. Sep- tember 2005 - IX ZB 430/02, WM 2006, 59, 60; v. 30. März 2006 - IX ZB 171/04, WM 2006, 1409; v. 25. September 2008 - IX ZB 160/07, juris Rn. 8).
3
Die Begründung des Beschwerdegerichts, der von der Schuldnerin vorgelegte Insolvenzplan sei zurückzuweisen, weil er offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Gläubiger habe (§ 231 Abs. 1 Nr. 2 InsO), wirft keine klärungsbedürftige Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung auf. Bei der anzustellenden Prognose ist in erster Linie der Inhalt des Planes selbst zu berücksichtigen. In die Beurteilung können aber auch im Verfahren bereits erfolgte Stellungnahmen der Gläubiger einbezogen werden, die freilich mit Vorsicht zu bewerten sind, weil sich die Meinung der Gläubiger bis zur Abstimmung über den Plan noch ändern kann. Die Ansicht der Rechtsbeschwerde, Äußerungen von Gläubigern dürften in keinem Fall berücksichtigt werden, weil sonst dem Erörterungstermin vorgegriffen werde, trifft offensichtlich nicht zu. Sie steht im Widerspruch zur Konzeption des Gesetzes und zu seiner Begründung (BTDrucks. 12/2443 S. 204) und wird in dieser Form auch von den von der Rechtsbeschwerde zitierten Autoren (MünchKomm-InsO/Breuer, 2. Aufl. § 231 InsO Rn. 18; HK-InsO/Flessner, 5. Aufl. § 231 Rn. 7) nicht vertreten.
4
Auf Weiteres kommt es danach nicht an.
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp

Vorinstanzen:
AG Bielefeld, Entscheidung vom 10.06.2008 - 43 IN 1320/03 -
LG Bielefeld, Entscheidung vom 30.12.2008 - 23 T 582/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX ZB 21/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX ZB 21/09

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 231 Zurückweisung des Plans


(1) Das Insolvenzgericht weist den Insolvenzplan von Amts wegen zurück, 1. wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht behebe
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX ZB 21/09 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 231 Zurückweisung des Plans


(1) Das Insolvenzgericht weist den Insolvenzplan von Amts wegen zurück, 1. wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht behebe

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX ZB 21/09 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2005 - IX ZB 430/02

bei uns veröffentlicht am 29.09.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 430/02 vom 29. September 2005 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 574 Abs. 2, § 575 Abs. 3 Nr. 2 Eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2006 - IX ZB 171/04

bei uns veröffentlicht am 30.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 171/04 vom 30. März 2006 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 7; ZPO § 574 Hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde gegen ei

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2008 - IX ZB 160/07

bei uns veröffentlicht am 25.09.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 160/07 vom 25. September 2008 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp am 25. Septembe
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX ZB 21/09.

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2011 - IX ZB 30/10

bei uns veröffentlicht am 30.06.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 30/10 vom 30. Juni 2011 in dem Insolvenzverfahren Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fisc

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2017 - IX ZB 13/16

bei uns veröffentlicht am 20.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 13/16 vom 20. Juli 2017 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 251 Das Insolvenzgericht kann einen vom Schuldner vorgelegten Insolvenzp

Referenzen

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht weist den Insolvenzplan von Amts wegen zurück,

1.
wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer angemessenen, vom Gericht gesetzten Frist nicht behebt,
2.
wenn ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder auf Bestätigung durch das Gericht hat oder
3.
wenn die Ansprüche, die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil eines vom Schuldner vorgelegten Plans zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können.
Die Entscheidung des Gerichts soll innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage des Plans erfolgen.

(2) Hatte der Schuldner in dem Insolvenzverfahren bereits einen Plan vorgelegt, der von den Beteiligten abgelehnt, vom Gericht nicht bestätigt oder vom Schuldner nach der öffentlichen Bekanntmachung des Erörterungstermins zurückgezogen worden ist, so hat das Gericht einen neuen Plan des Schuldners zurückzuweisen, wenn der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, die Zurückweisung beantragt.

(3) Gegen den Beschluß, durch den der Plan zurückgewiesen wird, steht dem Vorlegenden die sofortige Beschwerde zu.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 430/02
vom
29. September 2005
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn mit ihrer Begründung
nur gegen einen von zwei selbständig tragenden Gründen der angefochtenen
Entscheidung die Zulässigkeitsvoraussetzungen dargelegt werden.
BGH, Beschluss vom 29. September 2005 - IX ZB 430/02 - LG Kiel
AG Kiel
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 29. September 2005

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 5. August 2002 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


Der Schuldner war nach einer Tätigkeit als GmbH-Geschäft sführer seit 1998 arbeitslos und bezog Arbeitslosenhilfe. Am 5. November 1999 eröffnete das Amtsgericht auf den Antrag des Schuldners das Insolvenzverfahren über sein Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit. Im April 2000 nahm der Schuldner unter Begründung eines zweiten Wohnsitzes in Berlin eine selbständige Tätigkeit auf. Das Arbeitsamt gewährte hierfür Überbrückungsgeld auf die Dauer von sechs Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 4, § 57 SGB III).
Der eingesetzte Treuhänder beanstandete mit seinem Schl ussbericht vom 2. Februar 2001, dass der Schuldner über seine selbständige Tätigkeit noch nicht die angeforderte Rechnung gelegt habe. Am 23. Februar 2001 übersandte der Schuldner dem Treuhänder eine Aufstellung der Einnahmen und
sandte der Schuldner dem Treuhänder eine Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben für das Geschäftsjahr 2000, die er aufgrund noch ausstehender Prüfung durch seinen Steuerberater als vorläufig bezeichnete. Diese Rechnung enthielt auch die ausgezahlten und vom Schuldner in das neue Unternehmen eingelegten, jedoch anschließend wieder entnommenen Überbrückungsgelder. Der Treuhänder beanstandete nunmehr diese Entnahmen und regte an, dem Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung zu versagen.
Auf Antrag mehrerer Gläubiger hat das Amtsgericht die Versagung der Restschuldbefreiung ausgesprochen, weil durch die Privatentnahmen zum Nachteil der Gläubiger Vermögen verschwendet worden sei (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO) und der Schuldner dem Treuhänder nicht laufend und unaufgefordert Rechnung über die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit gelegt habe (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Schuldner die von dem Steuerberater am 17. September 2001 gefertigte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vorgelegt, die für das Rumpfgeschäftsjahr 2000 einen vorgetragenen Gewinn von 13.824,56 DM auswies. Der Schuldner hat ferner geltend gemacht, seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht durch Vorlage der Kontenblätter und der steuerlichen Überschussermittlung genügt zu haben. Zumindest sei ihm wegen seines Verhaltens keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil der Treuhänder auf das Schreiben vom 13. Januar 2000 nicht reagiert und vor dem Februar 2001 keine Beanstandungen erhoben habe.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Schuldne rs mit der Begründung zurückgewiesen, dieser habe nach den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts jedenfalls seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt. Die Mitteilungen über die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit an
den Treuhänder seien verspätet erfolgt. Sie seien auch inhaltlich unzureichend , weil sich aus den eingereichten Kontenblättern und der Gewinnermittlung nicht ergebe, welche Beträge der Schuldner aus welchen Rechtsgeschäften erworben habe.

II.


Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner kraft Geset zes statthaften (§ 289 Abs. 2 Satz 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde , die gemäß § 575 Abs. 1 und 2 ZPO auch frist- und formgerecht eingelegt worden ist. Das Rechtsmittel ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig.
1. Die Rechtsbeschwerde sieht als grundsätzlich die Frage n ach dem Umfang der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners gemäß §§ 97, 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO an. Sie meint, dies gelte insbesondere für die Frage, ob die Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO auch dann versagt werden müsse, wenn der Schuldner kein Vermögen gegenüber den Insolvenzgläubigern oder dem Treuhänder verheimlicht, sondern es allenfalls unterlassen habe, die Einnahmen und Ausgaben aus einem selbständigen Erwerbsgeschäft im Einzelnen zu erläutern, ohne dass die Gläubiger im Ergebnis beeinträchtigt worden seien.
2. Einen Rechtssatz zum Umfang der Auskunfts- und Mitwirkun gspflichten des Schuldners im vereinfachten Insolvenzverfahren stellt die Beschwerdeentscheidung zwar auf. Es handelt sich hierbei aber nur um eine von zwei selb-
ständig tragenden Begründungen für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Denn die Beschwerdeentscheidung wird allein schon durch den vom Landgericht gebilligten Rechtssatz des Amtsgerichts getragen , der Schuldner müsse dem Treuhänder bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während des Insolvenzverfahrens laufend und unaufgefordert Rechnung über die Ergebnisse dieser Tätigkeit legen.
Dieser Rechtssatz bezieht sich nicht auf den Umfang, sondern auf die Art und die zeitgerechte Erteilung der dem Schuldner gesetzlich abverlangten Auskunft. Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich erachtete Rechtsfrage nach dem Umfang der Auskunftspflicht kann für die Beschwerdeentscheidung hinweggedacht werden. In einem solchen Fall hätte der Berufungsrichter die Revision nur zuzulassen, wenn sowohl für die eine als auch für die andere Begründung seiner Entscheidung ein Zulassungsgrund bestünde (vgl. BVerwG Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 287; § 132 Nr. 2 Ziff. 1 Nr. 4; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte 1971, Rn. 127 m.w.N.; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde 1990 Rn. 101 m.w.N.). Insoweit gelten für die Zulässigkeitsprüfung des Bundesgerichtshofs bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO die gleichen Grundsätze wie bei der Zulassung von Revision oder Rechtsbeschwerde durch den judex a quo. Erforderlich war somit, dass die Rechtsbeschwerde gegenüber beiden selbständig tragenden Begründungen des Landgerichts für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO einen Zulässigkeitsgrund geltend machte. Daran fehlt es.
3. Bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüf t der Bundesgerichtshof nach § 574 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulässigkeitsvoraussetzungen, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (vgl. BGHZ 152, 7, 8 f; 153, 254, 255, sämtlich zur Nichtzulassungsbeschwerde ).
Es kann offen bleiben, ob die Rechtsbeschwerde diesen Anf orderungen genügt, soweit ein Zulassungsgrund im Hinblick auf den Umfang der vom Schuldner zu erteilenden Auskünfte geltend gemacht worden ist. Zur Versäumung einer zeitgerechten Unterrichtung des Treuhänders über die selbständige Tätigkeit des Schuldners und dessen Verpflichtung zu (unaufgefordertem) Bericht, der zweiten Begründung des Landgerichts, rügt die Rechtsbeschwerde nur, der Schuldner habe die Verwaltungsbefugnis des Treuhänders, die sich nach § 292 Abs. 2 InsO beurteilen soll, nicht unterlaufen. Der Schuldner habe seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht schon durch die Vorlage des Jahresabschlusses genügt; der Mitteilung monatlicher, hier sehr unterschiedlicher Betriebsergebnisse, habe es nicht bedurft. Dies gelte umso mehr, als der Treuhänder auf die Nachfrage des Schuldners, wie in der Angelegenheit zu verfahren sei, nicht reagiert habe.
Mit dieser Begründung zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Z ulassungsgrund für den Rechtssatz des Beschwerdegerichts auf, dass der Schuldner bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während des vereinfachten Insolvenzverfahrens dem Treuhänder unaufgefordert und laufend Rechnung über die Ergebnisse dieser Tätigkeit legen müsse und nicht erst - wie geschehen - nach Abschluss des Geschäftsjahres. Die Rechtsbeschwerde beruft sich insoweit
lediglich auf Rechtsfehler, auf die es bei der Prüfung der Zulässigkeit nach § 574 Abs. 2 ZPO hier nicht ankommt.
4. Einer Festsetzung des Wertes für die Rechtsbeschwerde be darf es gemäß GKG-KV Nr. 1823 (Festgebühr) nicht. Die gerichtliche Unterliegensgebühr nach diesem Tatbestand wird durch die entsprechende gerichtliche Entscheidung fällig (§ 6 Abs. 3 GKG n.F., § 61 Abs. 2 GKG a.F.). Die Fortgeltung alten Kostenrechts ist durch § 71 Abs. 3, § 72 Nr. 3 GKG i.d.F. von Artikel 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) nur für solche Kosten bestimmt, die vor dem 1. Juli 2004 fällig geworden sind.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 171/04
vom
30. März 2006
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde gegen einen Eröffnungsbeschluss
als unzulässig verworfen und hilfsweise deren Begründetheit verneint, ist die
Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn hinsichtlich beider Begründungen die Zulässigkeitsvoraussetzungen
des § 574 Abs. 2 ZPO dargelegt werden.
BGH, Beschluss vom 30. März 2006 - IX ZB 171/04 - LG Landshut
AG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Kayser und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer
am 30. März 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 28. Juni 2004 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 320.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Auf Antrag der (weiteren) Beteiligten zu 2 ist am 8. März 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet worden. Dagegen hat der Schuldner, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. K. , sofortige Beschwerde eingelegt. Diese hat das Landgericht als unzulässig verworfen, weil die dem Rechtsanwalt Dr. K. erteilte Verfahrensvollmacht wegen eines Verstoßes gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a Abs. 4 BRAO), nichtig sei; selbst wenn die sofortige Beschwerde jedoch zulässig gewesen wäre, wäre sie als unbegründet zurückzuweisen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner weiterhin die Abweisung des Insol- venzantrags, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6, 34 Abs. 2 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Wenn die angefochtene Entscheidung auf zwei selbstständig tragenden Begründungen beruht, ist die kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde nur dann zulässig, wenn hinsichtlich beider Begründungen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO dargelegt werden (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 – IX ZB 430/02, WM 2006, 59, 60). Der Frage, ob ein Verstoß gegen das Vertretungsverbot des § 43a Abs. 4 BRAO zur Unwirksamkeit der Prozessvollmacht führt, kommt grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. zu § 45 Nr. 4 BRAO a.F. BGH, Urt. v. 19. März 1993 – V ZR 36/92, NJW 1993, 1926; zu § 43a Abs. 4 BRAO einerseits OLG Oldenburg ZMR 2005, 651; OLG Brandenburg OLG-Report 2003, 482; andererseits OLG Saarbrücken OLG-Report 2005, 925, 926 f; zum Fortbestand der Prozessvollmacht eines Anwalts, dessen Zulassung entfallen ist, auch BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 – III ZB 63/05, z.V. in BGHZ bestimmt, S. 9 f des Umdrucks bei Rn. 17). Hinsichtlich der Hilfsbegründung vermag die Rechtsbeschwerde demgegenüber keine Zulässigkeitsgründe aufzuzeigen.
3
1. Der angefochtene Beschluss wird (auch) von der Hilfsbegründung zur fehlenden Begründetheit getragen, obwohl das Landgericht die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen hat.
4
a) Grundsätzlich ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels vor dessen Begründetheit zu prüfen. Im Beschwerdeverfahren gilt dieser Grundsatz (§ 572 Abs. 2 ZPO) jedoch nicht ausnahmslos. Ist eine sofortige Beschwerde jedenfalls unbegründet, hat ihre Zurückweisung keine weitergehenden Folgen als ihre Verwerfung und stehen auch im Übrigen Interessen der Parteien – des Beschwerdeführers oder des Beschwerdegegners – nicht entgegen, kann unabhängig von der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde eine Sachentscheidung über sie ergehen (OLG Köln NJW 1974, 1515 mit zustimmender Anmerkung Gottwald, NJW 1974, 2241; KG NJW 1976, 2353; OLG Hamm MDR 1979, 943; BFH BStBl. 1977 II S. 313, 314 für den Sonderfall der nicht in materielle Rechtskraft erwachsenden Beschwerdeentscheidung im Armenrechtsverfahren; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 64. Aufl. Vor § 567 Rn. 11; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 6 Rn. 16; HK-ZPO/Kayser, Vor § 511 Rn. 2; MünchKomm-ZPO/Lipp, ZPO 2. Aufl. (Erg.) § 572 Rn. 18; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 572 Rn. 11; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 575 Rn. 1; Wieczorek /Schütze/Gerken, ZPO 3. Aufl. Vor § 511 Rn. 69; Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. § 572 Rn. 20; a.A. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 27. Aufl. § 572 Rn. 13).
5
b) Die Verwerfung einer sofortigen Beschwerde gegen einen Eröffnungsbeschluss (§§ 27, 34 Abs. 2 InsO) als unzulässig und ihre Zurückweisung als unbegründet unterscheiden sich im Ergebnis nicht. Die Einlegung der sofortigen Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (§§ 4 InsO, 570 Abs. 1 ZPO). Dabei bleibt es bis zur Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung (§ 6 Abs. 3 Satz 1 InsO), unabhängig davon, wie diese begründet worden ist. Wird die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen , hat dies jeweils zur Folge, dass der Eröffnungsbeschluss weiterhin Bestand hat. Das gilt insbesondere für den Zeitpunkt der Eröffnung (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 InsO). Auch die Möglichkeit, gegen die Beschwerdeentscheidung ein Rechtsmittel einzulegen, hängt nicht von der Entscheidungsformel ab. Wird die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen, ist die Rechtsbeschwerde im Allge- meinen nicht schon von Gesetzes wegen zulässig; die Vorschrift des § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO ist insoweit nicht entsprechend anwendbar (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2005 – XII ZB 189/03, NJW-RR 2005, 1009). In Insolvenzsachen findet die Rechtsbeschwerde sowohl gegen die Verwerfung einer – statthaften – sofortigen Beschwerde als unzulässig als auch gegen deren Zurückweisung als unbegründet statt (§ 7 InsO). Wird der Eröffnungsbeschluss schließlich rechtskräftig , ist er im Rahmen des Insolvenzverfahrens und etwa folgender Prozesse als wirksam anzusehen (BGHZ 113, 216, 218; BGH, Urt. v. 17. Oktober 1985 – III ZR 105/84, ZIP 1986, 319, 322), unabhängig davon, aus welchen Gründen die vom Schuldner eingelegten Rechtsmittel erfolglos geblieben sind. Ein schützenswertes Interesse des Schuldners oder eines anderen Verfahrensbeteiligten daran, dass die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde vorrangig vor der Begründetheit geprüft wird, ist – von Ausnahmefällen wie demjenigen der fehlenden Prozessfähigkeit des Beschwerdeführers einmal abgesehen (vgl. MünchKomm -ZPO/Lipp, aaO) – also nicht anzuerkennen. Eine Rechtsbeschwerde, die nur mit dem Ziel eingelegt wird, eine Zurückweisung der sofortigen Beschwerde als unzulässig statt als unbegründet zu erreichen, wäre jedenfalls wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
6
c) Im vorliegenden Fall hat das Landgericht die Frage der Zulässigkeit nicht offen gelassen. Es hat vielmehr sowohl über die Zulässigkeit als auch über die Begründetheit des Rechtsmittels entschieden. Insoweit besteht kein logischer Vorrang der einen oder der anderen Begründung. Jede der beiden Begründungen trägt folglich die Entscheidung, unabhängig von der jeweils anderen Begründung. Dass das Landgericht auch über die Zulässigkeit entschieden hat, entwertet seine - vollständigen und umfassenden – Ausführungen zur Begründetheit nicht.
7
d) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gelten die Ausführungen des Beschwerdegerichts zur Begründetheit auch nicht als "nicht geschrieben", so dass schon aus diesem Grund eine Zurückverweisung erfolgen müsste.
8
aa) Diese Formulierung geht auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurück, nach der wegen der unterschiedlichen Rechtskraft der jeweiligen Entscheidung nicht offen gelassen werden darf, ob eine Klage als unzulässig oder unbegründet abgewiesen wird (RGZ 105, 196 f). Im seinerzeit entschiedenen Fall hatte das Berufungsgericht die Abweisung der Klage als unzulässig bestätigt , aber auch erläutert, warum die Klage sachlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Darin sah das Reichsgericht keine Alternativbegründung, sondern lediglich zusätzliche Hinweise, die "als unschädlich zu betrachten und ebenso zu behandeln" seien, "wie wenn sie überhaupt nicht vorhanden wären" (RGZ 105, 196 f).
9
bb) In der späteren Rechtsprechung des Reichsgerichts und in derjenigen des Bundesgerichtshofs sind nicht nur Hilfsbegründungen der Instanzgerichte zu als unzulässig angesehenen Klagen (z.B. BGHZ 11, 222, 227), sondern auch zu als unzulässig verworfenen Berufungen als "nicht geschrieben" behandelt worden (z.B. BGH, Urt. v. 23. Oktober 1998 – LwZR 3/98, NJW 1999, 794, 795). Grund dafür war der von der Zivilprozessordnung in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) vorgeschriebene Gang des Revisionsverfahrens. Wenn die Revisionsinstanz alten Rechts nicht von vornherein nur wegen der Frage der Zulässigkeit der Berufung eröffnet war (§ 547 ZPO a.F.; vgl. zu früheren Fassungen des § 547 ZPO auch RGZ 96, 74, 75; 133, 301, 302), hatte das Revisionsgericht sich nach der Feststellung eines entscheidungserheblichen Fehlers mit der Frage zu befassen, ob die Feststellungen des Berufungsgerichts eine ersetzende (Sach-) Entscheidung über die Berufung ermöglichte (§§ 563, 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.; vgl. etwa RGZ 110, 96, 98; BGHZ 4, 58, 60; 46, 281, 284 f; 102, 332, 337; BGH, Urt. v. 7. Juni 1990 – III ZR 216/89, NJW 1990, 2125, 2126; Urt. v. 13. März 1998 – V ZR 190/97, NJW 1998, 2058, 2059; Urt. v. 23. Oktober 1998 – LwZR 3/98, NJW 1999, 794, 795; Urt. v. 19. November 1998 – IX ZR 152/98, NJW 1999, 724, 725). Im Rahmen des § 574 Abs. 2 ZPO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist demgegenüber nur über die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zu entscheiden. Eine ersetzende Entscheidung gemäß § 577 Abs. 5 ZPO kommt erst dann in Betracht, wenn die Rechtsbeschwerde zulässig ist. Jedenfalls im vorliegenden Fall der erfolglosen Anfechtung eines Eröffnungsbeschlusses bestehen keine systematischen Bedenken, die Entscheidung des Beschwerdegerichts vollständig – also einschließlich der Hilfsbegründung – zu verwerten, wie es auch in anderen Fällen von Haupt- und Hilfsbegründungen geschieht.
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2. Hinsichtlich der Hilfsbegründung sind Zulässigkeitsgründe im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO nicht dargetan. Solche sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere hat das Landgericht nicht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG entscheidungserhebliches Vorbringen des Schuldners übergangen (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
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a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist aber erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist dabei nicht verpflichtet , sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen lässt, müssen demnach besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BGHZ 154, 288, 300 f. m.w.N.).
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b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
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aa) Das rechtliche Interesse des Gläubigers an der Durchführung eines Insolvenzverfahrens (§ 14 Abs. 1 InsO) folgt regelmäßig aus der ihm zustehenden Forderung. Die von der Rechtsbeschwerde angeführten Indizien, die das Landgericht nicht verwertet haben soll, lassen den Schluss auf etwa mit dem Insolvenzantrag verfolgte verfahrensfremde Zwecke nicht zu. Die weitere Beteiligte zu 2 hat Forderungen gegen den Schuldner in Höhe von 13.322.191,55 Euro angemeldet, zu deren Befriedigung das Insolvenzverfahren durch die Verwertung des gesamten Vermögens des Schuldners (§ 35 InsO) – einschließlich des Erbbaurechts – beitragen soll. Diese Vorgehensweise widerspricht nicht dem Zweck des auf eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger gerichteten Insolvenzverfahrens (§ 1 Satz 1 InsO).
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bb) Gleiches gilt für die Frage, ob die Kosten des Insolvenzverfahrens voraussichtlich gedeckt sind (§ 26 InsO). Der vom Landgericht angesetzte "Kostenbeitrag entsprechend § 171 InsO" beruht auf einer zwischen dem Verwalter und der weiteren Beteiligten zu 2 getroffenen Vereinbarung, dass die Masse 2 % des Netto-Verkaufserlöses für das "Objekt A. " erhalten soll. Auf die Voraussetzungen des § 171 InsO kommt es daher nicht an. Hinsichtlich des aus dem Erbbaurecht möglicherweise folgenden Entschädigungsanspruchs haben der Verwalter und die weitere Beteiligte zu 2 vereinbart, dass ein Anteil von 9 % der Netto-Heimfallentschädigung an die Masse auskehrt wird. Ist die Abtretung – wie die Rechtsbeschwerde meint – unwirksam, steht der Anspruch in voller Höhe der Masse zu.
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c) Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Kayser Vill Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Landshut, Entscheidung vom 08.03.2004 - 4 IN 594/03 -
LG Landshut, Entscheidung vom 28.06.2004 - 32 T 1034/04 -
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Da 2. diese Erwägung des Berufungsgerichts die angefochtene Entscheidung trägt, kommt es auf die weitere Begründung dieser Entscheidung nicht an. Selbst wenn bezüglich der Ansicht des Berufungsgerichts, zu der gebotenen Ausgangskontrolle gehöre in der Regel auch die Überprüfung des auszudruckenden Sendeberichts anhand eines zuverlässigen (anderen) Verzeichnisses , ein Zulassungsgrund gegeben sein sollte, würde dies nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führen. Denn eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn nur gegen einen von zwei selbständig tragenden Gründen die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 430/02, WM 2006, 59, 60; Beschl. v. 30. März 2006 - IX ZB 171/04, ZIP 2006, 1417).

(1) Das Insolvenzgericht weist den Insolvenzplan von Amts wegen zurück,

1.
wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer angemessenen, vom Gericht gesetzten Frist nicht behebt,
2.
wenn ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder auf Bestätigung durch das Gericht hat oder
3.
wenn die Ansprüche, die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil eines vom Schuldner vorgelegten Plans zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können.
Die Entscheidung des Gerichts soll innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage des Plans erfolgen.

(2) Hatte der Schuldner in dem Insolvenzverfahren bereits einen Plan vorgelegt, der von den Beteiligten abgelehnt, vom Gericht nicht bestätigt oder vom Schuldner nach der öffentlichen Bekanntmachung des Erörterungstermins zurückgezogen worden ist, so hat das Gericht einen neuen Plan des Schuldners zurückzuweisen, wenn der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, die Zurückweisung beantragt.

(3) Gegen den Beschluß, durch den der Plan zurückgewiesen wird, steht dem Vorlegenden die sofortige Beschwerde zu.