Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Apr. 2010 - IX ZB 253/07

bei uns veröffentlicht am22.04.2010
vorgehend
Amtsgericht Hagen, 107 IK 45/02, 22.01.2007
Landgericht Hagen, 3 T 66/07, 25.04.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 253/07
vom
22. April 2010
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel, Vill, Dr. Pape und Grupp
am 22. April 2010

beschlossen:
Der Schuldnerin wird wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 25. April 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 25. April 2007 und der Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom 22. Januar 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstand für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.500 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1
In dem am 30. August 2002 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren, in dem der Schuldnerin die Verfahrenskosten gestundet waren, kündigte das Insolvenzgericht dieser am 7. April 2004 die Restschuldbefreiung an, sofern sie ihre Obliegenheiten während der Laufzeit der Abtretungserklärung erfüllte. Zur Überprüfung der Stundungsvoraussetzungen forderte das Gericht die Schuldnerin im September 2005 auf, auf ihre Bemühungen um Arbeitsaufnahme darzulegen. Die Schuldnerin teilte daraufhin unter Vorlage von Attesten mit, wegen einer psychischen Erkrankung nicht arbeitsfähig zu sein. Nach erneuter Aufforderung im November 2006 legte sie einen Arbeitsvertrag mit einem Gebäudereinigungsunternehmen vom 28. September 2006 vor. Danach hatte sie am 1. Oktober 2006 eine Tätigkeit als Raumpflegerin mit wechselnden Arbeitszeiten , die von dem Arbeitgeber bestimmt werden konnten, begonnen. Der Bruttoarbeitslohn betrug 7,87 Euro pro Stunde.
2
Nach Vorlage dieses Arbeitsvertrags hat das Insolvenzgericht die Stundung der Verfahrenskosten aufgehoben, weil die Schuldnerin keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe und sich auch nicht hinreichend um eine solche Tätigkeit bemüht habe. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts kann die Schuldnerin nicht damit gehört werden, aufgrund ihrer Ausbildung und persönlichen Situation (allein erziehende Mutter von zwei Kindern im Alter von 15 und 18 Jahren mit Hauptschulabschluss ohne weitere Ausbildung) gar nicht in der Lage zu sein, eine Vollzeitstelle zu bekommen, bei der sie ein pfändbares Einkommen erzielen könne. Hierdurch werde sie nicht von ihrer Erwerbsobliegenheit befreit.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Schuldnerin - nach Gewährung von Prozesskostenhilfe - Änderung des Beschlusses über die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung.

II.


3
Der Schuldnerin ist wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 233, 234 Abs. 2, § 575 ZPO).

III.


4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 4d Abs. 1 InsO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.
5
Insolvenz- und Beschwerdegericht hätten die der Schuldnerin gewährte Verfahrenskostenstundung nach dem derzeitigen Stand der Sache nicht aufheben dürfen. Danach sind die Voraussetzungen des einzig in Betracht kommenden Aufhebungsgrunds des § 4c Nr. 4 InsO nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift kann das Insolvenzgericht die zuvor gemäß § 4a InsO gewährte Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens aufheben, wenn der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich nicht um eine solche bemüht oder eine zumutbare Tätigkeit ablehnt. Infolge des gesetzlichen Verweises auf § 296 Abs. 2 Satz 2 und 3 InsO ist die Stundung außerdem aufzuheben, wenn der Schuldner über die Erfüllung dieser Obliegenheit auch nach Fristsetzung keine Auskunft erteilt. Unter beiden Gesichtspunkten war die Aufhebung nicht gerechtfertigt.
6
1. Auf eine Verletzung der Auskunftspflicht hat das Insolvenzgerichts die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung nicht gestützt. Es hat zwar ausgeführt , die von der Schuldnerin vorgelegten Unterlagen reichten nicht aus, um von einer angemessenen Erwerbstätigkeit oder hinreichenden Bemühungen um eine solche Beschäftigung auszugehen. Dass die Schuldnerin auf Verlangen des Gerichts Auskunft erteilt hat, steht aber außer Frage.
7
2. Die Stundung kann der Schuldnerin entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht ohne weiteres entzogen werden, wenn sie nur eine Teilzeittätigkeit ausübt und sich - nach Auffassung des Gerichts - nicht ausreichend darum bemüht, eine Vollzeittätigkeit zu finden (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010 - IX ZB 242/06, WM 2010, 426 Rn. 5).
8
a) Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Stundung der Kosten des Verfahrens nicht schon deshalb aufgehoben werden kann, weil der beschäftigungslose Schuldner sich nicht um eine Beschäftigung bemüht, wenn er nicht in der Lage ist, Einkünfte oberhalb der Pfändungsfreigrenze zu erzielen, und die Befriedigung der Insolvenzgläubiger somit nicht beeinträchtigt ist (BGH, Beschl. v. 22. Oktober 2009 - IX ZB 160/09, NZI 2009, 899). Ebenso wie die Versagung der Restschuldbefreiung wegen Verletzung der in § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO bestimmten Erwerbsobliegenheit setzt auch die Aufhebung der Stundung gemäß § 4c Nr. 4 InsO wegen Verletzung der Erwerbspflicht voraus, dass hierdurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt worden ist (§ 296 Abs. 1 Satz 1 InsO). Ist der Schuldner aufgrund seiner Ausbildung, seiner Fähigkeiten , einer früheren Erwerbstätigkeit, seines Lebensalters oder seines Gesundheitszustands (vgl. § 1574 Abs. 2 BGB) nicht in der Lage, eine Tätigkeit zu finden, mit der er einen Verdienst erzielt, der zu pfändbaren Einkünften führt, darf ihm die Stundung nicht entzogen werden.
9
b) Mit diesen Grundsätzen sind die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht zu vereinbaren. Insolvenz- und Beschwerdegericht haben nicht festgestellt , dass die Befriedigungsaussichten der Gläubiger durch nicht ausreichende Bemühungen der Schuldnerin, eine Vollzeittätigkeit zu finden, beeinträchtigt worden sind. Ob die Schuldnerin unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse und der Verhältnisse am Arbeitsmarkt überhaupt in der Lage ist, eine Arbeitsstelle zu finden, bei der sie pfändbare Einkünfte erzielen kann, ist offen geblieben. Auf bloß theoretische, tatsächlich aber unrealistische Möglichkeiten , einen angemessenen Arbeitsplatz zu erlangen, darf ein Schuldner nicht verwiesen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, NZI 2009, 482, 483; MünchKomm-InsO/Ehricke, aaO § 295 Rn. 38; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 295 Rn. 29; ebenso für den Bereich des Unterhaltsrechts BGH, Urt. v. 4 Juni 1986 - IVb ZR 45/85, NJW 1986, 3080, 3081 f; v. 1. April 1987 - IVb ZR 133/86, NJW 1987, 2739, 2740).

IV.


10
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben, die Sache ist zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Da die weiteren Voraussetzungen für eine Aufhebung der Verfahrenskostenstundung bisher aus Rechtsgründen nicht geprüft sind, erfolgte die Zurückweisung analog § 572 Abs. 3 ZPO an das Insolvenzgericht (vgl. BGHZ 160, 176, 185; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 7 Rn. 106).
Ganter Raebel Vill
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Hagen, Entscheidung vom 22.01.2007 - 107 IK 45/02 -
LG Hagen, Entscheidung vom 25.04.2007 - 3 T 66/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Apr. 2010 - IX ZB 253/07

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

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(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 572 Gang des Beschwerdeverfahrens


(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

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(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Gegen die Ablehnung der Stundung oder deren Aufhebung sowie gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird die Stundung bewilligt, so steht der Staatskasse die sofortige Beschwerde zu. Diese kann nur darauf gestützt werden, dass nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die Stundung hätte abgelehnt werden müssen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Das Gericht kann die Stundung aufheben, wenn

1.
der Schuldner vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben über Umstände gemacht hat, die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Stundung maßgebend sind, oder eine vom Gericht verlangte Erklärung über seine Verhältnisse nicht abgegeben hat;
2.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Stundung nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
3.
der Schuldner länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages schuldhaft in Rückstand ist;
4.
der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich nicht um eine solche bemüht oder eine zumutbare Tätigkeit ablehnt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend;
5.
die Restschuldbefreiung versagt oder widerrufen wird.

(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken. Die Stundung nach Satz 1 umfasst auch die Kosten des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan und des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 1 vorliegt. Liegt ein solcher Grund vor, ist eine Stundung ausgeschlossen.

(2) Werden dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet, so wird ihm auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. § 121 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Stundung bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen den Schuldner geltend machen kann;
2.
der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen den Schuldner nicht geltend machen kann.
Die Stundung erfolgt für jeden Verfahrensabschnitt besonders. Bis zur Entscheidung über die Stundung treten die in Satz 1 genannten Wirkungen einstweilig ein. § 4b Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.

(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.

5
2. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob der Schuldner , der eine nicht angemessene Erwerbstätigkeit ausübt, nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht nur dazu gehalten ist, eine ihm angebotene angemessene Erwerbstätigkeit zu übernehmen, sondern sich auch um eine solche zu bemühen, ist nicht klärungsbedürftig. Der Bundesgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Obliegenheit, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemü- hen, nicht nur für den beschäftigungslosen Schuldner gilt. Auch der Schuldner, der eine nicht auskömmliche selbständige Tätigkeit ausübt, ist gehalten, sich nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen, um den Verschuldensvorwurf zu entkräften (BGH, Beschl. v. 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, WM 2009, 1291 f Rn. 5). Nichts anderes gilt für den Schuldner, der anstelle einer angemessenen Vollzeittätigkeit lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 160/09
vom
22. Oktober 2009
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Stundung der Kosten des Verfahrens kann nicht deshalb aufgehoben werden,
weil der beschäftigungslose Schuldner sich nicht um eine Beschäftigung bemüht,
wenn er nicht in der Lage ist, Einkünfte oberhalb der Pfändungsfreigrenze zu erzielen
, und die Befriedigung der Insolvenzgläubiger somit nicht beeinträchtigt ist.
BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 160/09 - LG Hagen
AG Hagen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und
Grupp
am 22. Oktober 2009

beschlossen:
Der Schuldnerin wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 29. Dezember 2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Auf die Rechtsmittel der Schuldnerin werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 29. Dezember 2008 und der Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom 15. August 2008 aufgehoben. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Schuldnerin ist seit ihrem 18. Lebensjahr mit ihrem - mittlerweile gleichfalls insolventen - Mann verheiratet. Bei beiden handelt es sich um Migranten. Die Schuldnerin hat weder einen Beruf erlernt noch einen solchen jemals ausgeübt. Von ihrem Ehemann erhält sie aus dessen Nettoeinkommen von rund 2.100 € ebenso Unterhalt wie die drei gemeinsamen Kinder im Alter von (mittlerweile) 18, 14 und 12 Jahren. Auf Aufforderung des Insolvenzgerichts zur Auskunft über ihre Bemühungen um eine angemessene Erwerbstätigkeit ließ die Schuldnerin mitteilen, dass sie ihre drei Kinder betreue, daher nicht arbeite und als ungelernte, der deutschen Sprache nur unzureichend mächtige Kraft ohnehin kein pfändbares Einkommen erzielen könne.
2
Das Insolvenzgericht hat die der Schuldnerin zunächst gewährte Verfahrenskostenstundung wegen Verweigerung der Auskunft gemäß § 4c Nr. 4, § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO widerrufen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen, die Schuldnerin könne bei gehöriger Organisation des Alltags zumindest vormittags arbeiten. Auf die Erzielbarkeit pfändbaren Einkommens komme es nicht an; vielmehr müsse ein Schuldner zur Rechtfertigung des Einsatzes öffentlicher Mittel erhebliche Anstrengungen unternehmen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.

II.

3
Der Schuldnerin ist wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 233, 234 Abs. 2, § 575 ZPO).
4
Die Fristversäumung ist unverschuldet (§ 233 ZPO), weil die Schuldnerin wegen ihrer Mittellosigkeit außerstande war, durch die Beauftragung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts die Einlegungs- und Begründungsfrist einzuhalten. Die Wiedereinsetzungsfrist ist gewahrt: Nach Zustellung des Senatsbeschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 6. Juli 2009 hat die Schuldnerin die Rechtsbeschwerde, verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag , innerhalb der gemäß § 236 Abs. 2 S. 2, § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO einmonatigen Frist am 17. Juli 2009 eingelegt und am 3. August 2009 begründet.
5
Der Wiedereinsetzung steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erst einen Tag nach Ablauf der ursprünglichen Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gestellt hatte. Zwar muss ein bedürftiger Verfahrensbeteiligter wenigstens den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist stellen (BGH, Beschl. v. 16. Dezember 1997 - VI ZB 48/97, NJW 1998, 1230, 1231; v. 31. August 2005 - XII ZB 116/05, NJW-RR 2006, 140, 141). Die auf Mittellosigkeit beruhende Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist aber auch dann noch als unverschuldet im Sinne des § 233 ZPO anzusehen, wenn der bedürftige Beteiligte einen zur Ermöglichung des Rechtsmittels gestellten Prozesskostenhilfeantrag schuldlos verspätet und zumindest innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO nachgeholt hat (BGH, Beschl. v. 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180; v. 31. August 2005 aaO; zustimmend Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 234 Rn. 8; Musielak/Grandel, ZPO, 7. Aufl. § 233 Rn. 30; Hk-ZPO/Saenger, 3. Aufl. § 233 Rn. 24).
6
Die Schuldnerin hat glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Frist zur Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags unverschuldet war. Sie selbst hat in der Angelegenheit nicht gehandelt, sondern sich der Hilfe ihrer Instanzanwälte bedient. Ein der Schuldnerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO, § 4 InsO zuzurechnendes Verschulden dieser Rechtsanwälte liegt nicht vor. Die Anwälte haben die Frist von ihrer Büroleiterin zunächst richtig berechnen lassen und sodann noch selbst nachgeprüft. Der Fehler ist erst geschehen, als die - im Übrigen stets sorgfältig arbeitende und erfahrene - Büroleiterin die auf der Abschrift des Landgerichtsbeschlusses noch zutreffend notierte Frist im Fristenbuch der Kanzlei versehentlich auf der für den nachfolgenden Tag bestimmten Doppelseite eintrug. Diesen Geschehensablauf hat die Schuldnerin mit Hilfe einer eidesstattlichen Versicherung der Büroleiterin vom 23. März 2009 und von Ablichtungen sowohl des Kalenderblattes als auch einer Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses, auf dem der zutreffende Fristablauf notiert ist, glaubhaft gemacht. Ein solches Versehen ist einem Rechtsanwalt und folglich auch der von ihm vertretenen Partei nicht zuzurechnen. Ein Rechtsanwalt darf eine bisher sorgfältig arbeitende und geschulte Kanzleikraft mit der Führung des Fristenkalenders betrauen, ohne ihre Eintragungen im Einzelfall überprüfen zu müssen. Kommt es dennoch einmal zu einer Fehleintragung, beruht eine daraus resultierende Fristversäumnis nicht auf einem schuldhaften Handeln des Rechtsanwalts (BGH, Beschl. v. 23. November 2000 - IX ZB 83/00, NJW 2001, 1578, 1579).

III.

7
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 4d Abs. 1 InsO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist begründet.
8
Das Insolvenzgericht hat die der Schuldnerin gewährte Verfahrenskostenstundung zu Unrecht wieder aufgehoben. Der - einzig in Betracht kommende - Aufhebungsgrund gemäß § 4c Nr. 4 InsO liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann das Insolvenzgericht die zuvor nach § 4a InsO gewährte Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens aufheben, wenn der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich nicht um eine solche bemüht oder eine zumutbare Tätigkeit ablehnt. Infolge des gesetzlichen Verweises auf § 296 Abs. 2 Satz 2 und 3 InsO ist die Stundung außerdem aufzuheben, wenn der Schuldner über die Erfüllung dieser Obliegenheit auch nach Fristsetzung keine Auskunft erteilt. Unter beiden Gesichtspunkten ist die Aufhebung nicht gerechtfertigt.
9
1. Der Auskunftspflicht hat die Schuldnerin entgegen der Meinung des Insolvenzgerichts genügt. Sie hat unmißverständlich erklärt, sich nicht zur Aufnahme irgendeiner Erwerbstätigkeit oder auch nur zum Bemühen um eine solche Beschäftigung verpflichtet zu fühlen. Eine weitergehende Erklärung war von ihr nicht zu verlangen.
10
2. Die Stundung kann auch nicht wegen der Weigerung der Schuldnerin aufgehoben werden, eine Erwerbstätigkeit auszuüben bzw. sich darum zu bemühen. Zwar besteht die Erwerbsobliegenheit nach § 4c Nr. 4 InsO - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - bereits ab dem Zeitpunkt der Stundungsbewilligung (BT-Drucks. 14/5680, S. 23; vgl. ferner LG Berlin ZInsO 2002, 680, 681; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 4c Rn. 36; MünchKomm- InsO/Ganter, 2. Aufl. § 4c Rn. 11; Jaeger/Eckardt, InsO § 4c Rn. 57; HKInsO /Kirchhof, 5. Aufl. § 4c Rn. 21). Eine Aufhebung der Stundung wegen einer Verletzung der Obliegenheit zu angemessener Erwerbstätigkeit setzt jedoch voraus, dass der Schuldner die Befriedigung seiner Gläubiger durch die Weigerung beeinträchtigt. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
11
a) Die Versagung der Restschuldbefreiung wegen Verletzung der in § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO bestimmten Erwerbsobliegenheit setzt voraus, dass hierdurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt worden ist (§ 296 Abs. 1 S. 1 InsO). Hierfür genügt nicht eine abstrakte Gefährdung der Befriedigungsinteressen der Gläubiger, sondern nur eine messbare tatsächliche Beeinträchtigung (BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 50/05, NZI 2006, 413). Im Rahmen einer Vergleichsrechnung ist die Differenz zwischen der Tilgung der Verbindlichkeiten mit und ohne Obliegenheitsverletzung zu ermitteln (FKInsO /Ahrens, 5. Aufl. § 296 Rn. 11; Graf-Schlicker/Kexel, InsO § 296 Rn. 2; Wenzel, aaO § 296 Rn. 5; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 296 Rn. 15; Uhlenbruck /Vallender, InsO 12. Aufl. § 296 Rn. 18). Nach Abzug aller vorrangig zu befriedigenden Verbindlichkeiten muss eine pfändbare Summe verblieben und dieser an die Insolvenzgläubiger zu verteilende Betrag durch die Obliegenheitsverletzung verkürzt worden sein (AG Göttingen ZInsO 2006, 384, 385; FKInsO /Ahrens, aaO § 296 Rn. 13). Gibt der Schuldner eine Erwerbstätigkeit auf, die keine pfändbaren Beträge erbracht hat, oder lehnt er eine solche Beschäftigung ab oder zeigt er die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht an, die ihm insgesamt nur unpfändbare Einkünfte verschafft, kann darin zwar eine Obliegenheitsverletzung zu sehen sein, doch führt sie zu keiner Gläubigerbeeinträchtigung (LG Landshut ZinsO 2007, 615, 616; AG Düsseldorf ZVI 2007, 482, 483; FK-InsO/Ahrens, aaO; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO; HK-InsO/Landfermann , aaO § 296 Rn. 3; Bindemann, Handbuch Verbraucherkonkurs 3. Aufl. Rn. 252; Schmerbach ZVI 2003, 256, 264).
12
b) Der Tatbestand des § 4c Nr. 4 InsO enthält für die Aufhebung einer Stundungsbewilligung wegen Verstoßes gegen die auch insoweit geltende Erwerbsobliegenheit weder eine dem § 296 Abs. 1 S. 1 InsO entsprechende Regelung noch einen Verweis darauf. Sie ist jedoch entsprechend anzuwenden (so auch Jaeger/Eckardt, aaO § 4c Rn. 53; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 4c Rn. 21; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 4c Rn. 21).
13
aa) Die Vorschriften über die Stundung der Verfahrenskosten sind mit dem Insolvenzänderungsgesetz vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) eingeführt worden. Sie sollen mittellosen Schuldnern den Zugang zur Restschuldbefreiung erleichtern bzw. überhaupt erst ermöglichen (BT-Drucks. 14/5680, S. 11 f). Deswegen wäre es ein Wertungswiderspruch, würde dieses Mittel zum Zweck an Voraussetzungen geknüpft, die weiter gehen als die Voraussetzungen des Zwecks, nämlich der Restschuldbefreiung. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen der Restschuldbefreiung einerseits und der Stundung andererseits einander angeglichen, um ein Auseinanderfallen der Entscheidungen über beide Belange zu vermeiden. Wegen der im Zeitpunkt des Stundungsantrags , das heißt bei Verfahrensbeginn, zunächst beschränkten Möglichkeiten zur Überprüfung dieser Voraussetzungen hat der Gesetzgeber insofern eine nachgelagerte Überprüfung vorgesehen, indem er die Nichterfüllung der Voraussetzungen in § 4c InsO als Aufhebungsgrund ausgestaltet hat (vgl. BTDrucks. 14/5680, S. 12 re. Sp., S. 22 f). Gerade der im vorliegenden Fall in Frage stehende Aufhebungsgrund des § 4c Nr. 4 InsO ist der Regelung des § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO bewusst nachgebildet. Ein weiterer Wertungswiderspruch ergäbe sich, wenn das Unterlassen der Erzielung unpfändbarer Einkünfte vor dem und während des Insolvenzverfahrens sanktioniert wäre, in der Wohlverhaltensphase , die dem Schuldner doch gewiss nicht weniger an Wohlverhalten abverlangt, aber nicht mehr.
14
bb) Einem weitergehenden selbstständigen Ziel dient der Aufhebungstatbestand des § 4c Nr. 4 InsO nicht (BT-Drucks. 14/5680, S. 12). Zwar fordert die Entwurfsbegründung (BT-Drucks. 14/5680, S. 13 und 23) erhebliche eigene Anstrengungen des Schuldners, um den Einsatz öffentlicher Mittel zu rechtfertigen. Es soll der Kritik entgegengewirkt werden, dem Schuldner werde eine Restschuldbefreiung "zum Nulltarif" eröffnet. Diese Anstrengungen werden dem Schuldner jedoch nicht als gleichsam erzieherischer Selbstzweck abverlangt, sondern ausschließlich im Hinblick auf die erstrebte Restschuldbefreiung. Wenn absehbar ist, dass das Unterlassen eigener Anstrengungen keine Bedeutung für die Erlangung der Restschuldbefreiung haben wird, weil die Erwerbsmöglichkeiten des Schuldners so dürftig sind, dass er ohnehin keinen Beitrag zur Befriedigung seiner Gläubiger erbringen kann, hat das Unterlassen für die Verfahrenskostenstundung gleichfalls keine Bedeutung. Weder aus dem Gesetz selbst noch der Entwurfsbegründung ergibt sich, dass der Schuldner für den Erhalt der einmal gewährten Stundung einen zusätzlichen Einsatz zeigen muss, der über dasjenige Engagement hinaus reicht, dass von ihm zur Rechtfertigung der Restschuldbefreiung erwartet wird. Eine solche Forderung wäre auch sachlich nicht begründbar. Wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, Einkünfte jenseits der Pfändungsfreigrenzen zu erzielen, nützt ein etwaiger Zwang, dennoch einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, keinem Verfahrensbeteiligten. Die bloße Hoffnung, die Aufnahme einer zunächst gering vergüteten Tätigkeit könnte dem Schuldner womöglich als Wiedereinstieg in die Arbeitswelt dienen, ihm langfristig einmal zu einer besser vergüteten Stellung verhelfen und ihn somit in die Lage versetzen, sodann seine Gläubiger mit einem Teil seines Einkommens zu befriedigen (vgl. Uhlenbruck/Vallender, aaO), hat dem Gesetzgeber keine Veranlassung gegeben, von der in § 296 Abs. 1 S. 1 InsO bestimmten Einschränkung abzusehen. Die vom Gesetzgeber zu § 4c Nr. 4 InsO angestellten Erwä- gungen geben keinen Raum für die Annahme, dass dieser Aussicht im Bereich der Verfahrenskostenstundung eine größere Bedeutung zuzumessen ist.
15
c) Im vorliegenden Fall sind die Befriedigungsaussichten der Gläubiger durch die Weigerung der Schuldnerin, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht beeinträchtigt worden. Sie ist - jedenfalls zur Zeit - ersichtlich nicht in der Lage, Einkünfte jenseits der Pfändungsfreigrenze zu erzielen. Sie würde als ungelernte, der deutschen Sprache nur unzureichend mächtige Kraft mittleren Alters bestenfalls eine schlecht bezahlte Aushilfstätigkeit antreten können. Auf bloß theoretische, tatsächlich aber unrealistische Möglichkeiten, einen angemessenen Arbeitsplatz zu erlangen, darf ein Schuldner nicht verwiesen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, NZI 2009, 482, 483; MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 295 Rn. 38; FK-InsO/Ahrens, aaO § 295 Rn. 29; ebenso für den Bereich des Unterhaltsrechts BGH, Urt. v. 4 Juni 1986 - IVb ZR 45/85, NJW 1986, 3080, 3081 f; v. 1. April 1987 - IVb ZR 133/86, NJW 1987, 2739, 2740).

IV.

16
Da die Aufhebung der instanzgerichtlichen Entscheidungen lediglich wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden und die angefochtenen Entscheidungen ersatzlos aufheben (§ 577 Abs. 5 ZPO). Ganter Kayser Gehrlein Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Hagen, Entscheidung vom 11.09.2008 - 101 IK 227/07 -
LG Hagen, Entscheidung vom 29.12.2008 - 3 T 711/08 -

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

Das Gericht kann die Stundung aufheben, wenn

1.
der Schuldner vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben über Umstände gemacht hat, die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Stundung maßgebend sind, oder eine vom Gericht verlangte Erklärung über seine Verhältnisse nicht abgegeben hat;
2.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Stundung nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
3.
der Schuldner länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages schuldhaft in Rückstand ist;
4.
der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich nicht um eine solche bemüht oder eine zumutbare Tätigkeit ablehnt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend;
5.
die Restschuldbefreiung versagt oder widerrufen wird.

(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.

(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.

(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.

(3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 133/07
vom
7. Mai 2009
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 295 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; § 296 Abs. 1; § 300 Abs. 2
Erkennt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten
selbständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet, um seine Gläubiger so zu
stellen, als gehe er einer vergleichbaren abhängigen Tätigkeit nach, braucht er seine
selbständige Tätigkeit nicht sofort aufzugeben; um den Vorwurf zu entkräften schuldhaft
die Befriedigung seiner Gläubiger beeinträchtigt zu haben, muss er sich dann
aber nachweisbar um eine angemessene abhängige Beschäftigung bemühen und
- sobald sich ihm eine entsprechende Gelegenheit bietet - diese wahrnehmen.
BGH, Beschluss vom 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07 - LG Münster
AG Münster
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 7. Mai 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 21. Juni 2007 wird auf Kosten des Gläubigers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
In dem auf Antrag des Schuldners eröffneten Insolvenzverfahren kündigte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 15. Dezember 2000 an, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlange, wenn er für die Zeit von fünf Jahren ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens den Obliegenheiten des § 295 InsO nachkomme. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Februar 2001 aufgehoben.
2
Der Schuldner ist als Bauingenieur selbständig tätig. Während der Wohlverhaltensphase hätte er unter Berücksichtigung seiner Unterhaltsverpflichtungen einen fiktiven pfändbaren Betrag von 26.788,40 € an den Treuhänder ab- führen müssen. Tatsächlich hat er Zahlungen in Höhe von 9.136,60 € erbracht. Mit Beschluss vom 28. Dezember 2006 hat das Insolvenzgericht ihm unter Zurückweisung eines Versagungsantrags des Gläubigers die Restschuldbefreiung nach § 300 InsO erteilt. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Versagungsantrag weiter.

II.


3
Die gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 300 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Sache weist keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts ist nicht erforderlich.
4
Der 1. Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass § 295 Abs. 2 InsO die vom Schuldner abzuführenden Beträge vom tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg seiner selbständigen Tätigkeit ablöst. Zu berechnen ist das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen aus einem angemessenen Dienstverhältnis. Angemessen ist nur eine dem Schuldner mögliche abhängige Tätigkeit. (BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 50/05, NZI 2006, 413, 414 Rn. 13). Im vorliegenden Fall scheidet eine Versagung der Restschuldbefreiung aus, weil die Tatsacheninstanzen festgestellt haben, dass der Schuldner aufgrund seines Alters und der problematischen Verhältnisse am Arbeitsmarkt nicht die Möglichkeit gehabt hätte, in ein angemessenes abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu wechseln, bei dem er ein höheres pfändbares Einkommen hätte erzielen können. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde lassen keinen Zulässigkeitsgrund erkennen.
5
2. Allgemein besteht Veranlassung zu folgenden Hinweisen: Der Gläubiger , der einen Antrag stellt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen , genügt im Fall des § 295 Abs. 2 InsO seiner Pflicht zur Glaubhaftmachung der Obliegenheitspflichtverletzung und der Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 300 Abs. 2, § 296 Abs. 1 InsO), wenn er darlegt, dass der Schuldner an den Treuhänder nicht den Betrag abgeführt hat, den er bei Ausübung einer vergleichbaren abhängigen Tätigkeit - etwa nach BAT - hätte abführen müssen. Der Schuldner muss sich dann von dem Vorwurf entlasten, seine Obliegenheitspflichten schuldhaft verletzt zu haben (§ 296 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. InsO). Erkennt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet , um seine Gläubiger so zu stellen, als übe er eine entsprechende abhängige Tätigkeit aus, braucht er seine selbständige Tätigkeit zunächst nicht aufzugeben. Er muss sich dann aber - ebenso wie ein beschäftigungsloser Schuldner - gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen, um den Verschuldensvorwurf zu entkräften (AG München ZVI 2005, 384, 385; Grote ZInsO 2004, 1105, 1107 f; Uhlenbruck/ Vallender, InsO 12. Aufl. § 295 Rn. 73; vgl. ferner AG Neu-Ulm ZVI 2004, 131, 132; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 295 Rn. 64; HmbKomm-InsO/Streck, 2. Aufl., § 295 Rn. 26; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 295 Rn. 12).
Ganter Raebel Kayser
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Münster, Entscheidung vom 28.12.2006 - 77 K 7/99 -
LG Münster, Entscheidung vom 21.06.2007 - 5 T 26/07 -

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.