Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2011 - IX ZB 47/10

bei uns veröffentlicht am09.06.2011
vorgehend
Amtsgericht Dortmund, 253 IN 171/03, 05.09.2005
Landgericht Dortmund, 9 T 660/05, 26.02.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 47/10
vom
9. Juni 2011
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann
und den Richter Dr. Fischer
am 9. Juni 2011

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 26. Februar 2010 und der Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 5. September 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Wert der Rechtsmittelverfahren wird auf jeweils 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 20. August 2004 wurde der weitere Beteiligte zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 26. April 2005 eröffnet und der weitere Betei- ligte zum Insolvenzverwalter bestellt. In der Zeit der vorläufigen Verwaltung wurde der nervenärztliche Praxisbetrieb des Schuldners fortgeführt.
2
Der weitere Beteiligte hat am 8. Juli 2005 beantragt, die Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 9.909,59 €, die Auslagen auf 1.486,43 €, und jeweils 16 v.H. Umsatzsteuer von insgesamt 1.823,36 € festzusetzen, zusammen 13.219,38 €.
3
Das Amtsgericht hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner eine Neufestsetzung der Vergütung auf der Grundlage einer Berechnungsgrundlage, die hinsichtlich der Betriebsfortführung lediglich den Überschuss berücksichtigt.

II.


4
Die gemäß §§ 6, 7, 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, § 575 ZPO).
5
Sie ist begründet. Die vom Amtsgericht und vom Beschwerdegericht zugrunde gelegte Berechnungsgrundlage von 75.249,45 € weicht von der Rechtsprechung des Senats zu § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b, § 10 InsVV ab.
6
1. Auf die Festsetzung der Vergütung des weiteren Beteiligten ist die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2569) anzuwenden. Die Änderungen der Zweiten Änderungsverordnung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3389) sind nicht anwendbar, weil die vorläufige Insolvenzverwaltung vor dem 29. Dezember 2006 begonnen und geendet hat (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - IX ZB 35/05, ZIP 2008, 2323 Rn. 5 f).
7
2. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV in der hier maßgeblichen Fassung erhält der vorläufige Insolvenzverwalter in der Regel 25 v.H. der Vergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV bezogen auf das Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Wird das Unternehmen vom vorläufigen Insolvenzverwalter fortgeführt, kann insoweit in die Berechnungsgrundlage gemäß § 10 InsVV in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV nur der Überschuss einstellt werden (BGH, Beschluss vom 26. April 2007 - IX ZB 160/06, ZIP 2007, 1330 Rn. 12, 13).
8
a) Zur Ermittlung des Überschusses hat der vorläufige Verwalter hinsichtlich der Praxisfortführung eine gesonderte Einnahmen-/Ausgabenrechnung vorzulegen. Diese ist auf den Zeitpunkt zu beziehen, in dem die vorläufige Insolvenzverwaltung geendet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2007 - IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784 Rn. 15).
9
In diese Rechnung sind sämtliche Einnahmen und Forderungen, aber auch sämtliche Ausgaben und Verbindlichkeiten aufzunehmen, die durch die Betriebsfortführung entstanden sind. Das Einstellen kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass Forderungen oder Verbindlichkeiten bereits erfüllt worden sind. Auch Geschäftsvorfälle, die noch nicht zu einer Fakturierung geführt haben, müssen im Rahmen der Einnahmen-/Ausgabenrechnung erfasst werden. Gegebenenfalls muss die Höhe der Forderungen oder Verbindlichkeiten geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2007 aaO, Rn. 15).

10
b) Eine solche Einnahmen-/Ausgabenrechnung hat der weitere Beteiligte nicht vorgelegt. Er hat vielmehr seinem Vergütungsantrag - in Verbindung mit seinem Bericht gemäß § 156 InsO vom 29. Juni 2005 - das Bankguthaben von 65.349,45 € und Praxisforderungen in Höhe von 9.900 € zugrunde gelegt. Bei dem Bankguthaben wird zutreffend auf den Tag der Beendigung der vorläufigen Verwaltung, bei den offenen Forderungen dagegen auf den 28. Juni 2005 abgestellt. Ob ein Teil dieser (geschätzten) offenen Forderungen erst nach der Eröffnung vom 26. April 2005 erwirtschaftet wurde, ist nicht ersichtlich.
11
Jedenfalls ist nicht erkennbar, inwieweit die in dem genannten Bericht des Verwalters angeführten offenen Verbindlichkeiten des Schuldners als Ausgaben der Betriebsfortführung anzusehen und deshalb bei der Überschussrechnung zu berücksichtigen sind. Der Verwalter führt zwar in seinem Bericht aus, er habe in der Zeit der Praxisfortführung sämtliche Kosten beglichen. Ausdrücklich ausgenommen hiervon hat er jedoch Steuern und andere Beträge, die aufgelaufen seien, weil das Insolvenzverfahren verspätet eröffnet worden sei. Hierauf kommt es indessen nicht an. Aus Gründen der Praxisfortführung entstandene Verbindlichkeiten sind in die bislang fehlende Einnahmen-/Ausgabenrechnung einzustellen (vgl. näher hierzu BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - IX ZB 179/07, ZIP 2008, 2222 Rn. 15 ff).
12
4. Da die Sache nicht zur Endendscheidung reif ist, ist sie zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen, weil erstmals die Einnahmen -/Ausgabenrechnung vorgelegt und geprüft werden muss (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - IX ZB 161/03, BGHZ 160, 176, 185 f).
13
5. Bei der Festsetzung des Zuschlags wegen der Praxisfortführung wird sodann die erforderliche Vergleichsrechnung nach § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV vorzunehmen sein (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - IX ZB 115/08, ZInsO 2010, 2409; vom 12. Mai 2011 - IX ZB 143/08, zVb je mit weiteren Nachweisen).
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Dortmund, Entscheidung vom 05.09.2005 - 253 IN 171/03 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 26.02.2010 - 9 T 660/05 -

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Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung - InsVV | § 2 Regelsätze


(1) Der Insolvenzverwalter erhält in der Regel 1. von den ersten 35 000 Euro der Insolvenzmasse 40 Prozent,2. von dem Mehrbetrag bis zu 70 000 Euro 26 Prozent,3. von dem Mehrbetrag bis zu 350 000 Euro 7,5 Prozent,4. von dem Mehrbetrag bis zu 700 000

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(1) Für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist das Vermögen zugrunde zu legen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Abs

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Für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Sachwalters, des vorläufigen Sachwalters und des Insolvenzverwalters im Verbraucherinsolvenzverfahren gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts entsprechend, soweit in den §§ 11 bis 13 ni

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(1) Im Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen zu berichten. Er hat darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Mögli

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Referenzen

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Das Gericht kann insbesondere

1.
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten;
1a.
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden;
2.
dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind;
3.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind;
4.
eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten;
5.
anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend.
Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen berührt nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes und die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren, die in Systeme nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden. Dies gilt auch dann, wenn ein solches Rechtsgeschäft des Schuldners am Tag der Anordnung getätigt und verrechnet oder eine Finanzsicherheit bestellt wird und der andere Teil nachweist, dass er die Anordnung weder kannte noch hätte kennen müssen; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Anordnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(3) Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend.

(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.

(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.

(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

Für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Sachwalters, des vorläufigen Sachwalters und des Insolvenzverwalters im Verbraucherinsolvenzverfahren gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts entsprechend, soweit in den §§ 11 bis 13 nichts anderes bestimmt ist.

5
2. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg, soweit sie die Einbeziehung der abgetretenen Lebensversicherungen des Schuldners in die Berechnungsgrundlage der Vergütung erstrebt. Denn tatsächliche und rechtliche Umstände dafür, dass sich insoweit ein nach den §§ 10, 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV vergütungserheblicher Überschuss ergeben könnte, sind nicht dargelegt worden. Insoweit bewendet es im Beschwerdefall bei den Grundsätzen der Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2005 (BGHZ 165, 266) und vom 13. Juli 2006 (BGHZ 168, 321). Diese sind unbeschadet der mit § 19 Abs. 2 InsVV getroffenen Übergangsregelung jedenfalls auf Vergütungen aus vorläufigen Insolvenzverwaltungen , die vor dem 29. Dezember 2006 begonnen und geendet haben, weiterhin anzuwenden.

(1) Für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist das Vermögen zugrunde zu legen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, werden dem Vermögen nach Satz 1 hinzugerechnet, sofern sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst. Sie bleiben unberücksichtigt, sofern der Schuldner die Gegenstände lediglich auf Grund eines Besitzüberlassungsvertrages in Besitz hat.

(2) Wird die Festsetzung der Vergütung beantragt, bevor die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Gegenstände veräußert wurden, ist das Insolvenzgericht spätestens mit Vorlage der Schlussrechnung auf eine Abweichung des tatsächlichen Werts von dem der Vergütung zugrunde liegenden Wert hinzuweisen, sofern die Wertdifferenz 20 vom Hundert bezogen auf die Gesamtheit dieser Gegenstände übersteigt.

(3) Art, Dauer und der Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters sind bei der Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen.

(4) Hat das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen beauftragt zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, so erhält er gesondert eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.

(1) Der Insolvenzverwalter erhält in der Regel

1.
von den ersten 35 000 Euro der Insolvenzmasse 40 Prozent,
2.
von dem Mehrbetrag bis zu 70 000 Euro 26 Prozent,
3.
von dem Mehrbetrag bis zu 350 000 Euro 7,5 Prozent,
4.
von dem Mehrbetrag bis zu 700 000 Euro 3,3 Prozent,
5.
von dem Mehrbetrag bis zu 35 000 000 Euro 2,2 Prozent,
6.
von dem Mehrbetrag bis zu 70 000 000 Euro 1,1 Prozent,
7.
von dem Mehrbetrag bis zu 350 000 000 Euro 0,5 Prozent,
8.
von dem Mehrbetrag bis zu 700 000 000 Euro 0,4 Prozent,
9.
von dem darüber hinausgehenden Betrag 0,2 Prozent.

(2) Haben in dem Verfahren nicht mehr als 10 Gläubiger ihre Forderungen angemeldet, so soll die Vergütung in der Regel mindestens 1 400 Euro betragen. Von 11 bis zu 30 Gläubigern erhöht sich die Vergütung für je angefangene 5 Gläubiger um 210 Euro. Ab 31 Gläubiger erhöht sich die Vergütung je angefangene 5 Gläubiger um 140 Euro.

Für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Sachwalters, des vorläufigen Sachwalters und des Insolvenzverwalters im Verbraucherinsolvenzverfahren gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts entsprechend, soweit in den §§ 11 bis 13 nichts anderes bestimmt ist.

12
d) Damit ist jedoch noch nicht gesagt, dass die Rechtsbeschwerde insoweit Erfolg haben muss. Wenn der Beteiligte als endgültiger Insolvenzverwalter tätig geworden wäre, müssten die Einnahmen aus der Fortführung des Schuldner -Unternehmens in eine Einnahmen-/Ausgabenrechnung eingestellt werden (BGH, Beschl. v. 22. Februar 2007 - IX ZB 106/06, z.V.b.). Nur der um die Betriebsausgaben bereinigte Saldo gäbe die Berechnungsgrundlage für die Ver- waltervergütung ab (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV). Es ist zwar nicht festgestellt und nicht einmal vorgetragen, dass der Schuldner auch Betriebsausgaben gehabt hat. Indes liegt es auf der Hand, dass es solche gegeben haben muss, weil er die Transportfahrzeuge vorzuhalten und seine Angestellten zu entlohnen hatte.

(1) Im Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen zu berichten. Er hat darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen und welche Auswirkungen jeweils für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden.

(2) Dem Schuldner, dem Gläubigerausschuß, dem Betriebsrat und dem Sprecherausschuß der leitenden Angestellten ist im Berichtstermin Gelegenheit zu geben, zu dem Bericht des Verwalters Stellung zu nehmen. Ist der Schuldner Handels- oder Gewerbetreibender oder Landwirt, so kann auch der zuständigen amtlichen Berufsvertretung der Industrie, des Handels, des Handwerks oder der Landwirtschaft im Termin Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden.

15
b) Aus § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass nur ein Teil der Betriebsausgaben berücksichtigt werden soll. Maßgebend ist hiernach vielmehr allein, ob tatsächlich Ausgaben während und für die Betriebsfortführung angefallen sind.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 115/08
vom
7. Oktober 2010
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 7. Oktober 2010

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten werden der Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 19. November 2007 und der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Memmingen vom 29. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 43.607,04 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller (nachfolgend auch: Beteiligter) ist Verwalter in dem am 16. August 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der V. GmbH (fortan: Schuldnerin), einer Bauträgergesellschaft, für die er schon im Eröffnungsverfahren mit Beschluss vom 4. Mai 2001 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden war.
2
Mit seinem Schlussbericht vom 28. August 2007 hat der Beteiligte die Festsetzung seiner Vergütung und Auslagen beantragt. Die Teilungsmasse besteht zu einem erheblichen Teil aus Feststellungsbeiträgen absonderungsberechtigter Gläubiger, die Rechte an den vom Beteiligten fertig gestellten Bauprojekten hatten. Der Beteiligte hat beantragt, einen Zuschlag von insgesamt 30 v.H. auf den Regelsatz festzusetzen. Dieser soll sich aus einem Zuschlag von 35 v.H. für Betriebsfortführung und einem Abschlag von 5 v.H. für die Tätigkeit als vorläufiger Verwalter zusammensetzen.
3
Mit Beschluss vom 19. November 2007 hat das Insolvenzgericht die Vergütung abweichend vom Antrag des Beteiligten auf 75 v.H. der Regelvergütung festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten hat das Landgericht durch Beschluss vom 29. April 2008 zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte seinen ursprünglichen Vergütungsantrag weiter.

II.


4
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, das Insolvenzgericht sei nicht gezwungen, Zu- und Abschlagstatbestände im Einzelnen zu bewerten; ausreichend sei eine im Ergebnis angemessene Gesamtwürdigung. Die vom Beteiligten als "Betriebsfortführung" angesehene Veräußerung der schuldnerischen Immobilien sei durch die Sondervergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV angemessen berücksichtigt. Die Dauer des Verfahrens stelle für sich allein noch kein Zuschlagskriterium dar. Die Tätigkeit als vorläufiger Verwalter führe regelmäßig zu einem Abschlag auf die Vergütung des endgültigen.

III.


5
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 575 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
6
1. Mit Recht rügt die Rechtsbeschwerde, dass die Ausführungen des Beschwerdegerichts nicht mit den Grundsätzen vereinbar sind, die der Senat zur Erhöhung der Regelvergütung nach § 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 1 InsVV aufgestellt hat. Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist festzusetzen, wenn der Verwalter das Unternehmen des Schuldners fortgeführt hat und die Masse dadurch nicht entsprechend größer geworden ist. Beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ gegeben sein. Von einer "entsprechend" größeren Masse ist auszugehen, wenn die Erhöhung der Vergütung, die sich aus der Massemehrung ergibt, ungefähr den Betrag erreicht, der dem Verwalter bei unveränderter Masse über einen Zuschlag (§ 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 1 InsVV) zustände. Denn der Insolvenzverwalter, der durch die Betriebsfortführung eine Anreicherung der Masse bewirkt, darf vergütungsmäßig nicht schlechter stehen, als wenn die Masse nicht angereichert worden wäre. Ist die aus der Massemehrung sich ergebende Erhöhung der Vergütung niedriger als der Betrag, der über den Zuschlag ohne Massemehrung verdient wäre, hat das Insolvenzgericht einen Zuschlag zu gewähren, der die bestehende Differenz in etwa ausgleicht. Höher darf er nicht sein. Andernfalls würde der Insolvenzverwalter für seine Bemü- hungen um die Betriebsfortführung doppelt honoriert. Dies ist zu vermeiden (BGH, Beschl. v. 22. Februar 2007 - IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784, 786; v. 22. Februar 2007 - IX ZB 120/06, ZIP 2007, 826; v. 24. Januar 2008 - IX ZB 120/07, ZInsO 2008, 266 Rn. 7).
7
dieser Nach Rechtsprechung hätte das Beschwerdegericht eine Vergleichsrechnung durchführen müssen, bei der es den Wert, um den sich die Masse durch die Unternehmensfortführung vergrößert hat, und die dadurch bedingte Zunahme der Regelvergütung mit der Höhe der Vergütung zu vergleichen hatte, die ohne die Massemehrung über den dann zu gewährenden Zuschlag erreicht würde. Dies ist nicht geschehen. Die Entscheidung lässt nicht einmal eindeutig erkennen, ob das Beschwerdegericht überhaupt von einer Betriebsfortführung , die hier in einer Form vorliegen dürfte, die einer Auslaufproduktion entspricht, ausgegangen ist. Erst nach einer solchen Vergleichsberechnung hätte das Beschwerdegericht entsprechend der von ihm mit Recht herangezogenen Entscheidung des Senats vom 11.Mai 2006 (IX ZB 249/04, ZInsO 2006, 642 Rn. 12; vgl. auch BGH, Beschl. v. 6. Mai 2010 - IX ZB 123/09, ZInsO 2010, 1504 Rn. 7) eine Gesamtwürdigung der in Betracht zu ziehenden Zu- und Abschlagstatbestände vornehmen dürfen.
8
2. Nicht zu beanstanden ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdebegründung - die Auffassung des Beschwerdegerichts, eine überlange Verfahrensdauer rechtfertige für sich gesehen als solche keinen Zuschlag. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung. Die Verfahrensdauer kann einen Zuschlag rechtfertigen, wenn der Verwalter stärker als in Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen worden ist (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006, aaO Rn. 42; v. 6. Mai 2010, aaO; v. 16. September 2010 - IX ZB 154/09 Rn. 8 z.V.b.). Ob die Voraussetzungen für einen Zuschlag vorliegen, ist vom Tatrichter unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006, aaO Rn. 44; v. 1. März 2007 - IX ZB 277/05, Rn. 7; v. 22. März 2007 - IX ZB 201/05, ZInsO 2007, 370 Rn. 3; v. 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 10). Dessen Entscheidung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460; v. 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07 Rn. 4; v. 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 8).
9
3. Nach ständiger Rechtsprechung kann die vorbereitende Tätigkeit des Beschwerdeführers als vorläufiger Insolvenzverwalter vergütungsmindernd in Rechnung gestellt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Februar 2010 - IX ZB 96/08 Rn. 2; v. 8. Juli 2010 - IX ZB 222/09, ZInsO 2010, 1503 Rn. 4). Hiervon ist das Beschwerdegericht, in dessen tatrichterliche Verantwortung die Bemessung des Abschlags auch insoweit fällt, zutreffend ausgegangen. Ein im Rechtsbeschwerdeverfahren erheblicher Fehler ist seiner Entscheidung insoweit nicht zu entnehmen.
10
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die vom Beschwerdegericht nachzuholende Vergleichsrechnung nicht zu einer Erhöhung der Vergütung führen muss. Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gilt zwar das Verschlechterungsverbot (BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 124 ff) mit der Folge, dass die Position des (alleinigen) Rechtsmittelführers nicht zu seinem Nachteil verändert werden darf. Das Beschwerdegericht darf deshalb die dem Rechtsmittelführer in erster Instanz zugesprochene Vergütung nicht herabsetzen. Es wird aber durch das Verschlechterungsverbot nicht gehindert, bei Feststellung der angemessenen Vergütung im Einzelfall Vergütungsfaktoren anders zu bemessen als das Insolvenzgericht, soweit es den Vergütungsbetrag insgesamt nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers ändert (BGH, Beschl. v. 16. Juni 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 28. September 2006 - IX ZB 108/05, ZIP 2006, 2186 Rn. 4) Ganter Raebel Kayser Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Memmingen, Entscheidung vom 19.11.2007 - IN 63/01 -
LG Memmingen, Entscheidung vom 29.04.2008 - 4 T 2155/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 143/08
vom
12. Mai 2011
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b, § 3 Abs. 1 Buchst. b

a) Alle nach § 3 Abs. 1 InsVV zu gewährenden Zuschläge berechnen sich nach der
um den Überschuss bei einer Unternehmensfortführung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4
Satz 2 Buchst. b InsVV erhöhten Berechnungsgrundlage.

b) Die nach § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV bei der Zumessung eines Zuschlags wegen
Unternehmensfortführung vorzunehmende Vergleichsrechnung bezieht sich nur
auf diesen Zuschlag; andere Zuschläge werden in die Vergleichsrechnung nicht
einbezogen.

c) Der mit der Vergleichsrechnung ermittelte Ausgleichszuschlag wegen Unternehmensfortführung
ist in die Angemessenheitsbetrachtung zur Festlegung eines Gesamtzuschlags
einzustellen.
BGH, Beschluss vom 12. Mai 2011 - IX ZB 143/08 - LG Bochum
AG Bochum
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape
und die Richterin Möhring
am 12. Mai 2011

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 29. Mai 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Die Gegenstandswerte der Rechtsmittelverfahren werden für die sofortige Beschwerde auf 25.988,91 €, für die Rechtsbeschwerde auf 23.527,89 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der weitere Beteiligte, welcher zuvor bereits als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt worden war, wurde mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M. GmbH (fortan: Schuldne- rin) am 11. September 2003 zu deren Insolvenzverwalter bestellt. Bis zum 29. November 2003 führte er den Betrieb der Schuldnerin fort. Mit seinem Schlussbericht vom 28. Juni 2007 rechnete er seine Vergütung nach einer Berechnungsgrundlage in Höhe von 763.308,78 € ab, wovon 128.270,15 € auf den aus der Betriebsfortführung erwirtschafteten Überschuss entfallen. Er beantragte , seine Vergütung mit dem 2,45-fachen Regelsatz festzusetzen.
2
Das Insolvenzgericht hat die Vergütung mit dem 1,95-fachen Regelsatz aus einer um den Überschuss aus der Betriebsfortführung bereinigten Bemessungsgrundlage (640.038,63 €) berechnet und auf netto 79.074,01 €, einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer auf 94.098,07 € festgesetzt. Ferner hat es dem gesonderten Antrag auf Ersatz von Auslagen in Höhe von netto 12.250 € zuzüglich der hierauf entfallenden Umsatzsteuer in vollem Umfang entsprochen. Mit seiner sofortigen Beschwerde hat der weitere Beteiligte seine Vergütung neu berechnet und nun die Festsetzung des 1,9-fachen Regelsatzes aus der vollen Bemessungsgrundlage (763.308,78 €) sowie eine Zusatzvergütung für die Betriebsfortführung beantragt, insgesamt eine Vergütung in Höhe von netto 100.913,43 €, einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer 120.086,98 €. Das Beschwerdegericht hat die Vergütung mit dem 2,01-fachen Regelsatz aus der um den Fortführungsüberschuss bereinigten Bemessungsgrundlage berechnet und auf netto 81.142,09 €, einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer auf 96.559,09 € festgesetzt. Die Erhöhung des Regelsatzes hat das Beschwerdegericht auf Grund von Zuschlägen für die Ausarbeitung eines Sozialplans, die Betriebsfortführung, die große Anzahl der Gläubiger sowie die Beauftragung des Verwalters mit Zustellungen vorgenommen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen mit der sofortigen Beschwerde geltend gemachten Vergütungsantrag weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 64 Abs. 3 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Insbesondere genügt ihre Begründung den Anforderungen des § 575 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, weil durch Auslegung ermittelt werden kann, inwieweit die Abänderung der Entscheidung des Beschwerdegerichts beantragt wird.
4
1. Mit der Begründung der Rechtsbeschwerde hat der weitere Beteiligte beantragt, nach dem mit der Begründung seiner sofortigen Beschwerde gestellten Vergütungsantrag auch insoweit zu erkennen, als die sofortige Beschwerde keinen Erfolg gehabt hat. In den weiteren Ausführungen legt die Rechtsbeschwerdebegründung sodann dar, Ziel der Rechtsbeschwerde sei die Festsetzung des Differenzbetrags zwischen der Entscheidung des Beschwerdegerichts und dem mit Schriftsatz vom 28. März 2008 im Verfahren der sofortigen Beschwerde gestellten Antrags auf Festsetzung einer Gesamtvergütung von 120.086,98 €, folglich eine Forderung in Höhe von 8.950,39 €. Diese Darlegungen sind nicht eindeutig.
5
Der vom weiteren Beteiligte im Verfahren der sofortigen Beschwerde erhobene Vergütungsanspruch einschließlich Umsatzsteuer in Höhe von 120.086,98 € umfasst nicht den Ersatz seiner Auslagen, welche der weitere Beteiligte bereits in seinem ursprünglichen Vergütungsantrag vom 27. Juni 2007 gesondert beantragt hat (Seite 16 des Schlussberichts vom 28. Juni 2007) und die vom Amtsgericht antragsgemäß festgesetzt worden sind. Demgegenüber beinhaltet die vom Beschwerdegericht festgesetzte Vergütung in Höhe von insgesamt 111.136,59 € (beziehungsweise von weiteren 83.921,04 € unter Berücksichtigung des bereits ausgezahlten Vorschusses) auch den Aus- lagenersatz in Höhe von 12.250 € und die hierauf entfallende Umsatzsteuer (brutto 14.577,50 €). Tatsächlich bleibt daher die Entscheidung des Beschwerdegerichts hinter dem zuletzt gestellten Vergütungsantrag des weiteren Beteiligten in Höhe von 23.527,89 € und nicht lediglich in Höhe von 8.950,39 € zurück.
6
2. Die Unklarheit über den Antrag der Rechtsbeschwerde lässt sich jedoch durch Auslegung der Rechtsbeschwerdebegründung beseitigen. Die Rechtsbeschwerdebegründung macht deutlich, dass der Vergütungsantrag vom 28. März 2008 in vollem Umfang weiter verfolgt werden soll. Die Bezifferung der weitergehenden Forderung auf 8.950,39 € stellt sich demgemäß offenkundig als Versehen dar, welches keinen Anhaltspunkt gibt, dass die Rechtsbeschwerde auf einen Teilbetrag des geltend gemachten Vergütungsanspruchs beschränkt werden sollte. Als Versehen ist diese Berechung auch vor dem Hintergrund zu deuten, dass dem Beschwerdegericht bei der Festlegung des Gegenstandswerts für das Verfahren der sofortigen Beschwerde derselbe Fehler unterlaufen und außer Betracht geblieben ist, dass die Neuberechnung des Vergütungsanspruchs mit dem Schriftsatz vom 28. März 2008 die vom Amtsgericht festgelegten Auslagen und die hierauf entfallende Umsatzsteuer nicht beinhaltet, sondern zusätzlich hierzu geltend gemacht wird.

III.


7
Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
8
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung des Insolvenzgerichts gebilligt , wonach diejenige Vergütung, welche der Verwalter ohne einen Zuschlag für die Betriebsfortführung aufgrund der vollen Bemessungsgrundlage unter Einschluss des Fortführungsgewinns erhielte, mit derjenigen Vergütung zu vergleichen sei, die sich bei fehlendem Fortführungsgewinn aufgrund aller Zuschläge , auch des Zuschlags für die Betriebsfortführung, ergäbe. Da nach dieser Vergleichsrechnung die zuletzt genannte Berechnung zu einer höheren Vergütung führte, hat das Beschwerdegericht diesen Betrag festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde bringt hiergegen vor, das Beschwerdegericht habe damit fehlerhaft die aus anderen Gründen als der Betriebsfortführung verdienten Zuschläge aus einer um den Fortführungsgewinn bereinigten Bemessungsgrundlage gewährt, obwohl sämtliche Zuschläge mit Ausnahme des Zuschlags für die Betriebsfortführung aus der vollen Bemessungsgrundlage unter Einschluss des Fortführungsgewinns zu berechnen seien.
9
2. Die Rüge, das Beschwerdegericht habe fehlerhaft die aus anderen Gründen als der Betriebsfortführung verdienten Zuschläge aus einer um den Fortführungsgewinn bereinigten Bemessungsgrundlage gewährt, obwohl diese Zuschläge aus der vollen Berechnungsgrundlage unter Einschluss des Fortführungsgewinns zu berechnen seien, ist begründet.
10
Hat der Insolvenzverwalter das Unternehmen des Schuldners fortgeführt und hieraus einen Überschuss erwirtschaftet, so erhöht der Fortführungsüberschuss nach der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV die Berechnungsgrundlage und damit die Regelvergütung des Verwalters. Ist die Masse durch die Betriebsfortführung hingegen nicht oder nicht entsprechend größer geworden, so verdient der Verwalter nach der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV einen Zuschlag. Ob der Fortführungsgewinn eine entsprechende Erhöhung der Berechnungsgrundlage in diesem Sinne darstellt, beantwortet sich durch eine Vergleichsrechnung: Die Vergütung, die sich unter Berücksichtigung der Erhöhung der Berechnungsgrundlage durch den erwirtschafteten Überschuss ergibt, ist derjenigen Vergütung gegenüberzustellen, welche der Verwalter ohne Erwirtschaftung eines Überschusses aufgrund eines Zuschlags erhielte; bleibt die Vergütung aufgrund der Massemehrung hinter dieser fiktiven Vergütung zurück, so erhält der Verwalter ergänzend einen Zuschlag , der die Differenz ungefähr ausgleicht (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2007 - IX ZB 106/06, ZInsO 2007, 436 Rn. 19; vom 22. Februar 2007 - IX ZB 120/06, ZInsO 2007, 438 Rn. 5; vom 24. Januar 2008 - IX ZB 120/07, ZInsO 2008, 266 Rn. 7; vom 16. Oktober 2008 - IX ZB 179/07, ZInsO 2008, 1262 Rn. 13; vom 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 5; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 3. Aufl., Rn. 327; Haarmeyer/ Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., § 3 Rn. 17; Stephan/Riedel, InsVV, § 3 Rn. 12).
11
Gemäß dem Ergebnis dieser Vergleichsberechnung hat das Beschwerdegericht dem Schuldner einen Zuschlag von 50 v.H. auf die um den Fortführungsgewinn verminderte Berechnungsgrundlage (40.550,77 € + 20.275,38 €) statt der einfachen Regelvergütung nach der erhöhten Berechnungsgrundlage (43.116,18 €) gewährt. Hieraus folgt jedoch nicht, dass die Vergütung insgesamt nur auf der Grundlage der um den Fortführungsgewinn verminderten Teilungsmasse berechnet werden darf und auch die weiteren Zuschläge auf die Vergütung des Insolvenzverwalters, nämlich 45 v.H. für die Durchführung eines Sozialplanverfahrens, 2,5 v.H. wegen einer erhöhten Gläubigerzahl und 2,6 v.H. aufgrund der vom Verwalter vollzogenen Zustellungen, ebenfalls nur auf die Regelvergütung zu gewähren sind, die sich bei Zugrundelegung der um das Ergebnis der Betriebsfortführung verringerten Berechnungsgrundlage ergibt. Insoweit hätte vielmehr die durch die Betriebsfortführung erhöhte Berechnungsgrundlage in Ansatz gebracht werden müssen.
12
a) Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV schließt zwar nicht von vorneherein aus, in die vorzunehmende Vergleichsberechnung alle anderen Zuschläge einzubeziehen. Das den Zuschlag in § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV beschränkende zweite Tatbestandsmerkmal, dass die Masse nicht entsprechend größer geworden sein darf, würde sich dann aber auf alle anderen Zuschlagstatbestände erstrecken. Wenn ein solches Ergebnis gewollt gewesen wäre, hätte es näher gelegen, diese Einschränkung nicht im Buchst. b, sondern für alle Zuschlagstatbestände zu regeln.
13
Die in § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV vorgesehene Vergleichsrechnung hat nicht die Zielrichtung, die Vergütung des Verwalters, der ein Unternehmen erfolgreich fortgeführt hat, auf die Vergütung zu beschränken, die ein Verwalter erzielt hätte, der keinen Überschuss erwirtschaftet. Dann könnte auf die Vergleichsrechnung in aller Regel verzichtet und insoweit von vorneherein von der um den Überschuss verminderten Berechnungsgrundlage ausgegangen werden.
14
Der Senat hat vielmehr stets betont, dass der Insolvenzverwalter, der durch die Betriebsfortführung eine Anreicherung der Masse bewirkt, vergütungsmäßig nicht schlechter stehen darf, als wenn die Masse nicht angereichert worden wäre. Um zu verhindern, dass im Hinblick auf die erhöhte Berechnungsgrundlage von vorneherein von einem Zuschlag wegen Betriebsfortführung abgesehen wird, ist die Vergleichsrechnung vorzunehmen. Ergibt sich, dass die aus der Massemehrung folgende Erhöhung der Vergütung niedriger ist als der Betrag, der über den Zuschlag ohne Massemehrung verdient wäre, ist ein Zuschlag zu gewähren, der die Differenz in etwa ausgleicht (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2007 - IX ZB 106/06, aaO; vom 22. Februar 2007 - IX ZB 120/06, aaO; vom 24. Januar 2008, aaO; vom 16. Oktober 2008, aaO; vom 13. November 2008, aaO).
15
b) Allerdings hat der Senat in diesem Zusammenhang ausgeführt, der Zuschlag dürfe auch nicht höher sein, als es die bestehende Differenz erfordere (BGH je aaO). Hieran wird jedoch nicht uneingeschränkt festgehalten. Der Verwalter darf zwar für eine Tätigkeit nicht doppelt honoriert werden. Das schließt es aber nicht aus, den Erfolg des Verwalters bei der Fortführung des Unternehmens in angemessenem Umfang auch bei der Festlegung des Zuschlags zu berücksichtigen, vorausgesetzt, der erzielte Überschuss ist gerade auf den besonderen Einsatz des Verwalters zurückzuführen. Auch dann darf die Höhe aber nicht den tätigkeitsbezogenen Zuschlag überschreiten, der ohne eingetretene Erhöhung der Berechnungsgrundlage zuzubilligen wäre.
16
c) Nach den vom Beschwerdegericht zugebilligten Zuschlägen von 100,1 v.H. einschließlich des Zuschlags für Betriebsfortführung in Höhe von 50 v.H. ergibt sich danach:
17
Die Regelvergütung aus einer Berechnungsgrundlage einschließlich des Überschusses von 768.308,78 € errechnet sich mit 43.116,18 €, aus einer Berechnungsgrundlage ohne Überschuss von 640.038,63 € mit 40.550,77 €. Allein durch die Berücksichtigung des Überschusses in der Berechnungsgrundlage erhöht sich die Regelvergütung damit um 2.565,41 €.
18
Der vom Beschwerdegericht für angemessen angesehene Zuschlag für die Betriebsfortführung von 50 v.H. auf Grundlage der nicht erhöhten Berech- nungsgrundlage bewirkt eine Erhöhung der Vergütung um 20.275,39 € (50 v.H. von 40.550,77 €). Die zumindest auszugleichende Differenz beträgt daher 17.709,98 €. Der insoweit anzusetzende Ausgleichszuschlag für die Betriebsfortführung auf Basis der nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV zugrunde zu legenden erhöhten Berechnungsgrundlage beträgt damit 41,8 v.H.. Denn ein Zuschlag in dieser Höhe auf die Regelvergütung nach der erhöhten Berechnungsgrundlage entspricht - jeweils zusammen mit der Regelvergütung selbst - einem Zuschlag von 50 v.H. auf die Regelvergütung auf der Grundlage der verminderten Berechnungsgrundlage.
19
Der Vomhundertsatz von 41,8 ist in die Abwägung zur Festsetzung des Gesamtzuschlags zur Regelvergütung auf Grundlage der erhöhten Berechnungsgrundlage einzustellen. Sofern der Erfolg des Verwalters nicht bereits in anderer Weise angemessen berücksichtigt ist, hier etwa schon durch die erhöhte Berechnungsgrundlage auch bei den anderen Zuschlagstatbeständen, kann dabei in angemessenem Umfang aufgerundet werden. Der Gesamtzuschlag ist aber auch hier als Ergebnis einer aufs Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung festzusetzen, welche die tatbestandlichen Überschneidungen bei der Festsetzung der Berechnungsgrundlage sowie der Zu- und Abschläge berücksichtigt (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204 Rn. 12; vom 20. Mai 2010 - IX ZB 11/07, ZIP 2010, 1403 Rn. 9).
20
3. Soweit die Rechtsbeschwerde einen Zuschlag für die lange Verfahrensdauer verlangt, bleibt dem Rechtsmittel der Erfolg versagt. Da die Vergütung des Insolvenzverwalters an dessen tatsächlichen Arbeitsaufwand anknüpft , rechtfertigt nur ein konkret darzulegender Mehraufwand, nicht jedoch die lange Verfahrensdauer als solche die Gewährung eines Zuschlags (BGH, Beschluss vom 16. September 2010 - IX ZB 154/09, ZInsO 2010, 1949 Rn. 8; vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 - IX ZB 123/09, ZInsO 2010, 1504 Rn. 7). Dabei bedeuten die vermehrte Erledigung von Routinearbeiten wie die Erstellung von Zwischenberichten oder die Aktualisierung der Buchführung noch keinen Mehraufwand, welcher die Gewährung eines Zuschlags rechtfertigte (BGH, Beschluss vom 16. September 2010, aaO). Von diesen Grundsätzen ist das Beschwerdegericht zutreffend ausgegangen. Dessen tatrichterliche Würdigung, wonach die Schwierigkeiten bei der Veräußerung der Betriebsimmobilie der Schuldnerin auf der Grundlage der Tätigkeitsberichte des Insolvenzverwalters keinen ungewöhnlichen Aufwand erkennen ließen, ist frei von Rechtsfehlern.
21
4. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde auch gegen die Festsetzung der Vergütungszuschläge wegen der Zahl der Gläubiger und der Zahl der dem Insolvenzverwalter übertragenen Zustellungen. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 8; vom 16. September 2010 - IX ZB 200/08 Rn. 5 mwN). Eine solche Gefahr hat die Rechtsbeschwerde nicht darzulegen vermocht. Eine Bindung an bestimmte "Faustregeltabellen" , wie sie die Rechtsbeschwerde wohl geltend machen will, gibt es nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2007 - IX ZB 201/05, ZInsO 2007, 370; vom 14. Februar 2008 - IX ZB 181/04, ZInsO 2008, 373 Rn. 4; vom 10. Juli 2008 - IX ZB 152/07, ZInsO 2008, 854 Rn. 6; vom 6. Mai 2010, aaO, Rn. 3).

IV.


22
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Die bei der Festsetzung der Verwaltervergütung vorzunehmende Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen der einzelnen Tatbestände und einer aufs Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung obliegt dem Tatrichter. Diese wird danach die Höhe des Gesamtzuschlag neu festzulegen haben (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - IX ZB 11/07, BGHZ 185, 353 Rn. 9; vom 16. September 2010, aaO Rn. 10).
23
Bei der Festsetzung des Gesamtzuschlags ist bisher unberücksichtigt geblieben, dass der weitere Beteiligte schon im Eröffnungsverfahren als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig gewesen und entlohnt worden ist. Dies rechtfertigt nach ständiger Rechtsprechung des Senats in der Regel einen Abschlag von der Vergütung als endgültiger Verwalter (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZInsO 2006, 642 Rn. 22 ff.; vom 16. September 2010 aaO Rn. 3 mwN). Das Beschwerdegericht ist insoweit auch nicht gehindert, die Bemessung der Zu- oder Abschläge anders zu gewichten, als bisher geschehen. Gebunden ist es nur an die Höhe der vom Landgericht bereits festgesetzten Vergütung, die nicht zum Nachteil des Rechtsbeschwerdeführers verschlechtert werden darf (BGH, Beschluss vom 16. Juni 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; vom 28. September 2006 - IX ZB 108/05, ZIP 2006, 2186 Rn. 4; vom 7. Oktober 2010 - IX ZB 115/08, ZInsO 2010, 2409 Rn. 10).

V.


24
Der Gegenstandswert der Rechtsmittelverfahren ist nach der Vorschrift des § 63 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 GKG auch für das Verfahren der sofortigen Beschwerde neu festzusetzen unter Berücksichtigung des Umstands, dass der weitere Beteiligte die geltend gemachte Vergütung zusätzlich zum bereits durch das Amtsgericht festgesetzten Auslagenersatz und der hierauf entfallenden Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 14.577,50 € verlangt hat.
Kayser Vill Lohmann
Pape Möhring
Vorinstanzen:
AG Bochum, Entscheidung vom 11.03.2008 - 80 IN 868/03 -
LG Bochum, Entscheidung vom 29.05.2008 - 10 T 59/08 -