Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - V ZB 185/14

bei uns veröffentlicht am12.02.2015
vorgehend
Amtsgericht Frankfurt am Main, 934 XIV 1331/14 B, 21.08.2014
Landgericht Frankfurt am Main, 29 T 230/14, 06.10.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 185/14
vom
12. Februar 2015
in der Freiheitsentziehungssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Februar 2015 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen
Dr. Brückner, Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. Oktober 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.


1
Der Betroffene, ein kongolesischer Staatsangehöriger, traf am 27. Juli 2014 auf dem Flughafen in Frankfurt am Main ein. Er gab an, 16 Jahre alt zu sein. Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 21. August 2014 zur Sicherung seiner Abreise den Aufenthalt in der Asylbewerberunterkunft auf dem Flughafen bis zum 16. Oktober 2014 angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene, der am 13. Oktober 2014 aus der Asylbewerberunterkunft entlassen worden ist, die Feststellung erreichen, durch die Aufenthaltsanordnung und deren Aufrechterhaltung in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

II.


2
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist die Aufenthaltsanordnung zur Sicherung der Abreise rechtmäßig, insbesondere verstößt sie nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Aufgrund der Einschätzungen des Jugendamtes und des Amtsgerichts sei nicht von einer Minderjährigkeit des Betroffenen auszugehen.

III.


3
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht einen Verstoß des Haftrichters und des Beschwerdegerichts gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG), weil sie keine ausreichenden Ermittlungen zur Frage der Minderjährigkeit des Betroffenen und daraus folgend zur Verhältnismäßigkeit der Anordnung nach § 15 Abs. 6 AufenthG angestellt haben.
5
a) Bei der Anordnung von Sicherungshaft gegenüber Minderjährigen kommt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wegen der Schwere des Eingriffs besondere Bedeutung zu (Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320; Beschluss vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224). Nach § 62a Abs. 3 AufenthG sind bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen unter Beachtung der Maßgaben der in Art. 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. De- zember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Nach Art. 17 Abs. 1 und 4 der Rückführungsrichtlinie wird bei unbegleiteten Minderjährigen Haft nur im äußersten Fall und für die kürzestmögliche Dauer eingesetzt; sie müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind (vgl. Senat, Beschluss vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224).
6
Gleiches gilt für eine Anordnung nach § 15 Abs. 6 AufenthG, da das Festhalten auf dem Flughafen trotz der Möglichkeit, auf dem Luftweg abzureisen , nach einer gewissen Dauer und wegen der damit verbundenen Eingriffsintensität einer Freiheitsentziehung gleichsteht. Grundsätzlich ist der Haftrichter daher auch bei einer solchen Anordnung gemäß § 26 FamFG von Amts wegen verpflichtet zu prüfen, ob eine altersgerechte Unterbringung des Minderjährigen gewährleistet und die über 30 Tage hinausgehende Unterbringung auf dem Flughafen auch im Übrigen noch verhältnismäßig ist (Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 154/11, FGPrax 2013, 38 Rn. 13 ff.).
7
b) Bestehen Zweifel an der Volljährigkeit des Betroffenen, hat das Gericht gemäß § 26 FamFG den Sachverhalt aufzuklären. Solche Zweifel werden allerdings nicht bereits dadurch begründet, dass der Betroffene angibt, minderjährig zu sein; ist diese Behauptung schon aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes des Betroffenen offenkundig falsch – was von dem Haftrichter nachvollziehbar darzulegen ist –, sind weitere Ermittlungen zum Alter des Betroffenen nicht erforderlich. Liegt eine Volljährigkeit des Betroffenen hingegen nicht klar zutage, sind weitere Aufklärungen erforderlich, wobei hohe Anforderungen an die Ausfüllung des Amtsermittlungsgrundsatzes zu stellen sind. Eine Einschätzung des Haftrichters, der Betroffene sei volljährig, reicht in der Regel – selbst wenn sie auf ein großes Erfahrungswissen gestützt ist – nicht aus, um ein sicheres Bild zu gewinnen. Vielmehr sind die nach § 49 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 AufenthG vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Im Zweifel ist zugunsten des Betroffenen von einer Minderjährigkeit auszugehen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320 Rn. 11).
8
c) Diesen Anforderungen hat weder der Haftrichter noch das Beschwerdegericht Rechnung getragen. Sie sind der Frage einer altersgerechten Unterbringung des Betroffenen nicht nachgegangen, da sie unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht zu der Feststellung gelangt sind, dass er volljährig ist.
9
aa) Wie sich bereits aus der Schätzung des Alters des Betroffenen auf 18 Jahre ergibt, handelt es sich nicht um einen eindeutigen Fall, der keine Zweifel an der Volljährigkeit aufwirft. Der Haftrichter war daher zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet. Seine Einschätzung von der Volljährigkeit des Betroffenen gründete sich jedoch allein auf die in der Ausländerakte befindliche Niederschrift des Jugendamtes über die Altersangabe eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings vom 1. August 2014, der er sich „aufgrund des in der Anhörung gewonnenen persönlichen Eindrucks“ angeschlossen hat. Dies reicht als Grundlage für die Beurteilung des Lebensalters des Betroffenen nicht aus. In der Niederschrift des Jugendamtes ist lediglich die vorgedruckte Formulie- rung angekreuzt „Nach dem äußeren Erscheinungsbild, dem Verhalten der Per- son und den weiteren Umständen (ggfs. ergänzender Erläuterungen vornehmen ) ist nach Überzeugung der o.a. davon auszugehen, dass die Altersangabe den tatsächlichen Verhältnissen NICHT entspricht“. Ergänzende Erläuterungen enthält die Niederschrift nicht, insbesondere ist nicht erkennbar, anhand welcher konkreten Tatsachen die beiden Mitarbeiter des Jugendamtes die Erkenntnis gewonnen haben, dass der Betroffene volljährig ist. Angesichts dessen waren die weitere Aufklärung und die Vornahme von Ermittlungen durch den Haftrichter zum tatsächlichen Alter des Betroffenen unerlässlich. Hierfür genügte es nicht, dass er, ohne sich auf weitere Umstände zu stützen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. September 2010 – V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320 Rn. 12), allein auf seinen persönlichen Eindruck abstellte.
10
bb) Der Verstoß des Amtsgerichts gegen die Amtsermittlungspflicht ist nicht von dem Beschwerdegericht geheilt worden (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 – V ZB 226/10, FGPrax 2011, 144 Rn. 12). Im Hinblick auf die unzureichende Aufklärung durch den Haftrichter durfte sich dieses nicht mit dem bloßen Hinweis begnügen, dass es aufgrund der Einschätzungen des Jugendamtes und des Haftrichters von einer Volljährigkeit des Betroffenen ausgehe.
11
2. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif und daher nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Wie die Rechtsbeschwerde vorträgt, ist dem Betroffenen im Oktober 2014 die Einreise indie Bundesrepublik Deutschland gestattet worden. Da die gebotene Sachaufklärung somit nachgeholt werden kann, lässt sich nicht ausschließen, dass sich die Anordnung des Aufenthalts des Betroffenen in der Asylbewerberunterkunft als verhältnismäßig erweist.
Stresemann Roth Brückner
Weinland Kazele
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.08.2014 - 934 XIV 1331/14 B -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 06.10.2014 - 2-29 T 230/14 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - V ZB 185/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - V ZB 185/14

Referenzen - Gesetze

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 15 Zurückweisung


(1) Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen. (2) Ein Ausländer kann an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn 1. ein Ausweisungsinteresse besteht,2. der begründete Verdacht besteht, dass der Aufenthalt nicht

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62a Vollzug der Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rech
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - V ZB 185/14 zitiert 5 §§.

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 15 Zurückweisung


(1) Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen. (2) Ein Ausländer kann an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn 1. ein Ausweisungsinteresse besteht,2. der begründete Verdacht besteht, dass der Aufenthalt nicht

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62a Vollzug der Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rech

Referenzen - Urteile

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2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - V ZB 185/14.

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Referenzen

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen.

(2) Ein Ausländer kann an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn

1.
ein Ausweisungsinteresse besteht,
2.
der begründete Verdacht besteht, dass der Aufenthalt nicht dem angegebenen Zweck dient,
2a.
er nur über ein Schengen-Visum verfügt oder für einen kurzfristigen Aufenthalt von der Visumpflicht befreit ist und beabsichtigt, entgegen § 4a Absatz 1 und 2 eine Erwerbstätigkeit auszuüben oder
3.
er die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex nicht erfüllt.

(3) Ein Ausländer, der für einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit ist, kann zurückgewiesen werden, wenn er nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und des § 5 Abs. 1 erfüllt.

(4) § 60 Abs. 1 bis 3, 5 und 7 bis 9 ist entsprechend anzuwenden. Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, darf nicht zurückgewiesen werden, solange ihm der Aufenthalt im Bundesgebiet nach den Vorschriften des Asylgesetzes gestattet ist.

(5) Ein Ausländer soll zur Sicherung der Zurückweisung auf richterliche Anordnung in Haft (Zurückweisungshaft) genommen werden, wenn eine Zurückweisungsentscheidung ergangen ist und diese nicht unmittelbar vollzogen werden kann. Im Übrigen ist § 62 Absatz 4 entsprechend anzuwenden. In den Fällen, in denen der Richter die Anordnung oder die Verlängerung der Haft ablehnt, findet Absatz 1 keine Anwendung.

(6) Ist der Ausländer auf dem Luftweg in das Bundesgebiet gelangt und nicht nach § 13 Abs. 2 eingereist, sondern zurückgewiesen worden, ist er in den Transitbereich eines Flughafens oder in eine Unterkunft zu verbringen, von wo aus seine Abreise aus dem Bundesgebiet möglich ist, wenn Zurückweisungshaft nicht beantragt wird. Der Aufenthalt des Ausländers im Transitbereich eines Flughafens oder in einer Unterkunft nach Satz 1 bedarf spätestens 30 Tage nach Ankunft am Flughafen oder, sollte deren Zeitpunkt nicht feststellbar sein, nach Kenntnis der zuständigen Behörden von der Ankunft, der richterlichen Anordnung. Die Anordnung ergeht zur Sicherung der Abreise. Sie ist nur zulässig, wenn die Abreise innerhalb der Anordnungsdauer zu erwarten ist. Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 41/12
vom
7. März 2012
in der Zurückschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Vollziehung des mit Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 28. Januar 2012 gegen den Betroffenen angeordneten und mit Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 5. März 2012 aufrechterhaltenen Sicherungshaft wird einstweilen ausgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der minderjährige Betroffene ist somalischer Staatsangehöriger. Er reiste ohne Begleitung am 27. Januar 2012 aus Österreich kommend mit dem Zug in das Bundesgebiet ohne Ausweispapiere und Aufenthaltstitel ein und wurde von Beamten der Beteiligten zu 2 festgenommen. Die Beteiligte zu 2 beabsichtigt die Zurückschiebung des Betroffenen nach Ungarn am 8. März 2012.
2
Das Amtsgericht hat auf Antrag der Beteiligten zu 2 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis einschließlich 16. März 2012 angeordnet. Auf die Beschwerde hat das Landgericht die Haftdauer bis zum 8. März 2012 verkürzt und das weitergehende Rechtsmittel zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er zugleich im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Aussetzung der Vollziehung der aufrechterhaltenen Haft erreichen will.

II.


3
Das Beschwerdegericht meint, der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig. Die Haftgründe der unerlaubten Einreise nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und der Entziehungsabsicht nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG seien erfüllt. Die Haft sei verhältnismäßig. Die Minderjährigkeit des Betroffenen stehe der Inhaftierung nicht entgegen. Ihr werde dadurch Rechnung getragen, dass der Betroffene in der Abteilung für Jugendliche in der JVA MünchenStadelheim untergebracht worden sei. Eine andere geeignete Einrichtung für die Aufnahme Minderjähriger gebe es - soweit bekannt - nicht.

III.


4
1. Der Aussetzungsantrag ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamG statthaft (siehe nur Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 261/10, InfAuslR 2011, 26 Rn. 8; Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 211/10, InfAuslR 2010, 440).
5
2. Er ist auch begründet.
6
Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die Aussetzung der Vollziehung einer Freiheitsentziehung, die durch das Beschwerdegericht bestätigt worden ist, kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn das Rechtsmittel Aus- sicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 261/10, InfAuslR 2011, 26 Rn. 10; Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 211/10, InfAuslR 2010, 440). So verhält es sich hier.
7
a) Die Aufrechterhaltung der Sicherungshaft dürfte den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen. Der Senat hat bereits entschieden, dass bei minderjährigen Ausländern dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Anordnung von Sicherungshaft wegen der Schwere des Eingriffs besondere Bedeutung zukommt (Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320 Rn. 9). Nach der Neuregelung des § 62a Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird die Abschiebungshaft in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen in einem Land nicht vorhanden, kann die Abschiebungshaft in diesem Land in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind dann getrennt von den Strafgefangenen unterzubringen (§ 62a Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Zudem sind nach der Regelung des § 62a Abs. 3 AufenthG bei minderjährigen Abschiebungshaftgefangenen unter Beachtung der Maßgaben der in Art. 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. In dieser sogenannten Rückführungsrichtlinie regelt Art. 17 u.a. die Inhaftnahme von Minderjährigen. Danach wird bei unbegleiteten Minderjährigen Haft nur im äußersten Falle und für die kürzestmögliche angemessene Dauer eingesetzt (Art. 17 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie ). In Haft genommene Minderjährige müssen die Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten und, je nach Dauer ihres Aufenthalts, Zugang zur Bildung erhalten (Art. 17 Abs. 3 der Rückführungsrichtlinie). Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind (Art. 17 Abs. 4 der Rückführungsrichtlinie). Insgesamt ist dem Wohl des Kindes im Zusammenhang mit der Abschiebehaft bei Minderjährigen Vorrang einzuräumen (Art. 17 Abs. 5 der Rückführungsrichtlinie). Diese Anforderungen, die für die Zurückschiebung aufgrund der Verweisung auf § 62a AufenthG in § 57 Abs. 3 AufenthG in gleichem Maße gelten, dürften von dem Beschwerdegericht nicht ausreichend beachtet worden sein.
8
b) Es beschränkt sich auf die Feststellung, dass ihm keine andere geeignete Einrichtung für die Aufnahme Minderjähriger als die JVA MünchenStadelheim bekannt und der Betroffene dort in der Abteilung für Jugendliche untergebracht sei. Das besagt nichts darüber, ob dies den Anforderungen genügt , die nach § 62a Abs. 1, Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 17 der Rückführungsrichtlinie an die Unterbringung eines Minderjährigen zu stellen sind. Insbesondere fehlen entgegen der Annahme der Beteiligten zu 2 Feststellungen dazu, ob der Betroffene getrennt von Strafgefangenen untergebracht ist und ob seine weitergehenden Rechte in der Justizvollzugsanstalt gewahrt sind.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Rosenheim, Entscheidung vom 28.01.2012 - XIV 29/12 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 05.03.2012 - 4 T 664/12 -

(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, kann sie in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Werden mehrere Angehörige einer Familie inhaftiert, so sind diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen unterzubringen. Ihnen ist ein angemessenes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

(2) Den Abschiebungsgefangenen wird gestattet, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen, den zuständigen Konsularbehörden und einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen Kontakt aufzunehmen.

(3) Bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen sind unter Beachtung der Maßgaben in Artikel 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Der Situation schutzbedürftiger Personen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

(4) Mitarbeitern von einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen soll auf Antrag gestattet werden, Abschiebungsgefangene zu besuchen.

(5) Abschiebungsgefangene sind über ihre Rechte und Pflichten und über die in der Einrichtung geltenden Regeln zu informieren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 41/12
vom
7. März 2012
in der Zurückschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Vollziehung des mit Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 28. Januar 2012 gegen den Betroffenen angeordneten und mit Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 5. März 2012 aufrechterhaltenen Sicherungshaft wird einstweilen ausgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der minderjährige Betroffene ist somalischer Staatsangehöriger. Er reiste ohne Begleitung am 27. Januar 2012 aus Österreich kommend mit dem Zug in das Bundesgebiet ohne Ausweispapiere und Aufenthaltstitel ein und wurde von Beamten der Beteiligten zu 2 festgenommen. Die Beteiligte zu 2 beabsichtigt die Zurückschiebung des Betroffenen nach Ungarn am 8. März 2012.
2
Das Amtsgericht hat auf Antrag der Beteiligten zu 2 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis einschließlich 16. März 2012 angeordnet. Auf die Beschwerde hat das Landgericht die Haftdauer bis zum 8. März 2012 verkürzt und das weitergehende Rechtsmittel zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er zugleich im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Aussetzung der Vollziehung der aufrechterhaltenen Haft erreichen will.

II.


3
Das Beschwerdegericht meint, der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig. Die Haftgründe der unerlaubten Einreise nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und der Entziehungsabsicht nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG seien erfüllt. Die Haft sei verhältnismäßig. Die Minderjährigkeit des Betroffenen stehe der Inhaftierung nicht entgegen. Ihr werde dadurch Rechnung getragen, dass der Betroffene in der Abteilung für Jugendliche in der JVA MünchenStadelheim untergebracht worden sei. Eine andere geeignete Einrichtung für die Aufnahme Minderjähriger gebe es - soweit bekannt - nicht.

III.


4
1. Der Aussetzungsantrag ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamG statthaft (siehe nur Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 261/10, InfAuslR 2011, 26 Rn. 8; Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 211/10, InfAuslR 2010, 440).
5
2. Er ist auch begründet.
6
Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die Aussetzung der Vollziehung einer Freiheitsentziehung, die durch das Beschwerdegericht bestätigt worden ist, kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn das Rechtsmittel Aus- sicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 261/10, InfAuslR 2011, 26 Rn. 10; Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 211/10, InfAuslR 2010, 440). So verhält es sich hier.
7
a) Die Aufrechterhaltung der Sicherungshaft dürfte den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen. Der Senat hat bereits entschieden, dass bei minderjährigen Ausländern dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Anordnung von Sicherungshaft wegen der Schwere des Eingriffs besondere Bedeutung zukommt (Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320 Rn. 9). Nach der Neuregelung des § 62a Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird die Abschiebungshaft in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen in einem Land nicht vorhanden, kann die Abschiebungshaft in diesem Land in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind dann getrennt von den Strafgefangenen unterzubringen (§ 62a Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Zudem sind nach der Regelung des § 62a Abs. 3 AufenthG bei minderjährigen Abschiebungshaftgefangenen unter Beachtung der Maßgaben der in Art. 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. In dieser sogenannten Rückführungsrichtlinie regelt Art. 17 u.a. die Inhaftnahme von Minderjährigen. Danach wird bei unbegleiteten Minderjährigen Haft nur im äußersten Falle und für die kürzestmögliche angemessene Dauer eingesetzt (Art. 17 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie ). In Haft genommene Minderjährige müssen die Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten und, je nach Dauer ihres Aufenthalts, Zugang zur Bildung erhalten (Art. 17 Abs. 3 der Rückführungsrichtlinie). Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind (Art. 17 Abs. 4 der Rückführungsrichtlinie). Insgesamt ist dem Wohl des Kindes im Zusammenhang mit der Abschiebehaft bei Minderjährigen Vorrang einzuräumen (Art. 17 Abs. 5 der Rückführungsrichtlinie). Diese Anforderungen, die für die Zurückschiebung aufgrund der Verweisung auf § 62a AufenthG in § 57 Abs. 3 AufenthG in gleichem Maße gelten, dürften von dem Beschwerdegericht nicht ausreichend beachtet worden sein.
8
b) Es beschränkt sich auf die Feststellung, dass ihm keine andere geeignete Einrichtung für die Aufnahme Minderjähriger als die JVA MünchenStadelheim bekannt und der Betroffene dort in der Abteilung für Jugendliche untergebracht sei. Das besagt nichts darüber, ob dies den Anforderungen genügt , die nach § 62a Abs. 1, Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 17 der Rückführungsrichtlinie an die Unterbringung eines Minderjährigen zu stellen sind. Insbesondere fehlen entgegen der Annahme der Beteiligten zu 2 Feststellungen dazu, ob der Betroffene getrennt von Strafgefangenen untergebracht ist und ob seine weitergehenden Rechte in der Justizvollzugsanstalt gewahrt sind.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Rosenheim, Entscheidung vom 28.01.2012 - XIV 29/12 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 05.03.2012 - 4 T 664/12 -

(1) Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen.

(2) Ein Ausländer kann an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn

1.
ein Ausweisungsinteresse besteht,
2.
der begründete Verdacht besteht, dass der Aufenthalt nicht dem angegebenen Zweck dient,
2a.
er nur über ein Schengen-Visum verfügt oder für einen kurzfristigen Aufenthalt von der Visumpflicht befreit ist und beabsichtigt, entgegen § 4a Absatz 1 und 2 eine Erwerbstätigkeit auszuüben oder
3.
er die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex nicht erfüllt.

(3) Ein Ausländer, der für einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit ist, kann zurückgewiesen werden, wenn er nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und des § 5 Abs. 1 erfüllt.

(4) § 60 Abs. 1 bis 3, 5 und 7 bis 9 ist entsprechend anzuwenden. Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, darf nicht zurückgewiesen werden, solange ihm der Aufenthalt im Bundesgebiet nach den Vorschriften des Asylgesetzes gestattet ist.

(5) Ein Ausländer soll zur Sicherung der Zurückweisung auf richterliche Anordnung in Haft (Zurückweisungshaft) genommen werden, wenn eine Zurückweisungsentscheidung ergangen ist und diese nicht unmittelbar vollzogen werden kann. Im Übrigen ist § 62 Absatz 4 entsprechend anzuwenden. In den Fällen, in denen der Richter die Anordnung oder die Verlängerung der Haft ablehnt, findet Absatz 1 keine Anwendung.

(6) Ist der Ausländer auf dem Luftweg in das Bundesgebiet gelangt und nicht nach § 13 Abs. 2 eingereist, sondern zurückgewiesen worden, ist er in den Transitbereich eines Flughafens oder in eine Unterkunft zu verbringen, von wo aus seine Abreise aus dem Bundesgebiet möglich ist, wenn Zurückweisungshaft nicht beantragt wird. Der Aufenthalt des Ausländers im Transitbereich eines Flughafens oder in einer Unterkunft nach Satz 1 bedarf spätestens 30 Tage nach Ankunft am Flughafen oder, sollte deren Zeitpunkt nicht feststellbar sein, nach Kenntnis der zuständigen Behörden von der Ankunft, der richterlichen Anordnung. Die Anordnung ergeht zur Sicherung der Abreise. Sie ist nur zulässig, wenn die Abreise innerhalb der Anordnungsdauer zu erwarten ist. Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

13
b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Anordnung im konkreten Fall gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat. Diesem kommt zwar besondere Bedeutung zu, wenn sich Abschiebungshaft (auch) gegen Minderjährige richtet (vgl. Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320; Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 9/10, InfAuslR 2010, 384, 387 Rn. 27). Gleiches gilt - da das Festhalten des Betroffenen auf dem Flughafen trotz der Möglichkeit, auf dem Luftweg abzureisen , nach einer gewissen Dauer und wegen der damit verbundenen Eingriffsintensität einer Freiheitsentziehung gleichsteht (vgl. EGMR, InfAuslR 1997, 49, 51; Senat, Beschluss vom 30. Juni 2011 - V ZB 274/10, FGPrax 2011, 315, 316 Rn. 23) - für eine Anordnung nach § 15 Abs. 6 AufenthG.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

12
bb) Der Hinweis darauf, dass sich das Beschwerdegericht vollständige Kopien der Bescheide des zuständigen Bundesamts über die Zurückweisung des Asylantrags des Betroffenen nebst Verlassensanordnung und Abschiebungsandrohung hat vorlegen lassen, gibt hierfür keinen Anhaltspunkt. Denn die vorgelegten auszugsweisen Kopien enthielten den Tenor der Bescheide und genügten für die Prüfung. Ein in der Vorlage nur auszugsweiser Kopien etwa liegender Verstoß des Amtsgerichts gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) wäre damit zudem geheilt worden (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09, NVwZ 2010, 1172, 1174 Rn. 36; Keidel/Budde, FamFG, 16. Aufl., § 62 Rn. 22).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.