Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2014 - V ZR 262/13

bei uns veröffentlicht am06.02.2014
vorgehend
Landgericht Regensburg, 1 O 2093/09, 19.09.2012
Oberlandesgericht Nürnberg, 12 U 2034/12, 19.04.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 262/13
vom
6. Februar 2014
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2014 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg - 12. Zivilsenat - vom 19. April 2013 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1 Mio. € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der kinderlose Kläger war als Eigentümer verschiedener Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Am 26. Juli 2006 und am 8. August 2006 erlitt er jeweils einen Schlaganfall. Er ist seitdem halbseitig gelähmt und halbseitig erblindet.
2
Am 10. Mai 2007 unterzeichnete er einen notariellen Vertrag, worin er der Beklagten sein gesamtes (unbelastetes) landwirtschaftliches Anwesen gegen Einräumung eines Nießbrauchs bzw. Bruchteilsnießbrauchs an der Hofstelle übertrug. Die Beklagte wurde im Mai 2007 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Am 30. November 2007 ordnete das Amtsgericht für den Kläger eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern an.
3
Mit der Behauptung, im Zeitpunkt der Grundstücksübertragung geschäftsunfähig gewesen zu sein, verlangt der Kläger von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahingehend, dass er Eigentümer der Grundstücke ist. Die Klage ist vor dem Landgericht erfolgreich gewesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen die damit verbundene Nichtzulassung der Revision richtet sich ihre Nichtzulassungsbeschwerde. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

II.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht aufgrund des von dem Landgericht eingeholten Gutachtens fest, dass der Kläger bei Abschluss des notariellen Übertragungsvertrages geschäftsunfähig gewesen ist. Eine Verneh- mung der von der Beklagten gegenbeweislich angebotenen Zeugen sei wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit ihres unter Beweis gestellten Vorbringens nicht erforderlich gewesen. Zwar komme hinsichtlich der für das Gutachten erforderlichen Anknüpfungstatsachen grundsätzlich ein Zeugenbeweis in Betracht. Der Sachverständige habe aber ausgeführt, dass er auch im Falle einer Bestätigung des Sachvortrags der Beklagten durch die Zeugen von einer Geschäftsunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Beurkundung ausgehen würde. Damit könnten die durch die Beklagte unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden, ohne dass sich das Ergebnis der Begutachtung ändere.

III.

5
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Zwar hat die Beklagte die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt sowie die Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf ihren zulässigen, insbesondere fristgerecht gestellten Antrag ist ihr jedoch gemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
6
a) Zur Begründung für die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Beklagte in ihrem Wiedereinsetzungsantrag vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass im Büro ihres Prozessbevollmächtigten die Anweisung bestehe, mit dem Eingang des Mandates zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den Bundesgerichtshof sowohl eine Zwei-Wochen-Frist für die Einlegung als auch eine Monatsfrist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ab Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses jeweils verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag zu notieren. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen sei die Zwei-Wochen-Frist von der Rechtsanwaltsfachangestellten , die in dem Büro seit 13 Jahren tätig sei, ohne dass es Grund zu Beanstandungen bei den Fristeintragungen gegeben habe, nicht eingetragen worden. Damit hat die Beklagte glaubhaft gemacht, ohne ihr Verschulden oder das ihres Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verhindert gewesen zu sein, die zweiwöchige Frist des § 234 Abs. 1 ZPO zur Beantragung der Wiedereinsetzung einzuhalten.
7
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Rechtsanwalt die Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft überlassen, soweit nicht besondere Gründe gegen deren Zuverlässigkeit sprechen. Er hat jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden (vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. Januar 2013 - XII ZB 167/11, NJW-RR 2013, 1010 Rn. 10). Unverzichtbar sind insoweit eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die zumindest stichprobenartige Kontrolle des Angestellten (BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - X ZR 57/10, GRUR 2011, 357 mwN).
8
bb) Nach diesen Maßstäben durfte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten seine Rechtsanwaltsfachangestellte mit der Eintragung der hier maßgeblichen Fristen beauftragen. Fälle, in denen - wie hier - nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den Bundesgerichtshof die entsprechenden Fristen für die erforderlichen Wiedereinsetzungsanträge wegen der Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu notieren sind, sind in der Praxis eines als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten nicht ungewöhnlich. Auch ist die mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beginnende Zwei-Wochen-Frist für die Einlegung der mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbundenen Nichtzulassungsbeschwerde einfach zu berechnen. Zudem bestanden im Büro des Prozessbevollmächtigten der Beklagten organisatorische Anweisungen, die eine korrekte Eintragung dieser Fristen gewährleisteten. Umstände, die eine besondere Kontrolle der mit der Eintragung betrauten Rechtsanwaltsfachangestellten, die die Fristen bisher stets zuverlässig vermerkt hatte, erforderlich machten, sind nicht ersichtlich.
9
b) Der Beklagten ist auch gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie infolge ihrer Mittellosigkeit unverschuldet an deren Einhaltung gehindert war.
10
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts durch die Zurückweisung des Beweisangebots der Beklagten, R. und M. H. , T. N. , G. W. , B. B. , A. He. , H. F. , Dr. P. A. und Dr. W. als Zeugen dafür zu vernehmen, dass der Kläger im Zeitpunkt der Grundstücksübertragung keine Einschränkungen in seiner kognitiven Leistungsfähigkeit gehabt, sondern ein gutes Erinnerungs -, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsvermögen gezeigt habe und geistig völlig klar gewesen sei.
11
a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (BGH, Be- schluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010,1217 Rn. 10 mwN - std. Rspr.). Das gilt insbesondere dann, wenn die Nichterhebung des Beweises auf vorweggenommener tatrichterlicher Beweiswürdigung beruht (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2008 - IV ZR 341/07, RuS 2010, 64; BVerfG, NJW 2009, 1585 Rn. 34; NJW-RR 2001, 1006, 1007 - jeweils mwN - std. Rspr.). Eine unzulässige Beweisantizipation liegt vor, wenn ein angebotener Zeugenbeweis deshalb nicht erhoben wird, weil das Gericht dessen Bekundungen wegen seiner bereits gewonnenen Überzeugung kein Gewicht mehr beimisst (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007). Die Nichterhebung eines angebotenen Beweises mit der Begründung, es sei bereits das Gegenteil erwiesen, ist grundsätzlich unzulässig (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 11, mwN).
12
b) So ist es hier. Das Berufungsgericht hat von der Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugen abgesehen, weil die Geschäftsunfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits aufgrund des gerichtlichen Sachverständigengutachtens erwiesen und dem Beweisantrag der Beklagten daher wegen fehlender Beweiserheblichkeit nicht nachzugehen sei. Dabei verkennt das Berufungsgericht, dass der Beweisantrag der Beklagten darauf abzielt, die Grundlage des Sachverständigengutachtens zu widerlegen, wonach der Kläger unmittelbar nach dem Schlaganfallgeschehen in einem noch viel höherem Ausmaß kognitiv beeinträchtigt gewesen sei als anlässlich der Begutachtung. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Beweisantrag der Beklagten nicht deshalb unerheblich, weil der gerichtliche Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten ausgeführt hat, dass er auch im Falle einer Bestätigung des Sachvortrags der Beklagten durch die von ihr benannten Zeugen von der Geschäftsunfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgehen würde. Der Sachverständige unterstellt die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten nicht als wahr, sondern spricht den Aussa- gen der Zeugen jeden Beweiswert ab. Dem ist das Berufungsgericht zu Unrecht gefolgt. Zwar kann ein Beweisantritt ausnahmsweise wegen Ungeeignetheit des Beweismittels für die zu beweisende Tatsache zurückgewiesen werden. Das ist etwa dann zu bejahen, wenn der Unwert des Beweismittels feststeht, weil nach dem Ergebnis einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben und die von dem Gericht bereits gewonnene Überzeugung erschüttern kann (Senat Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 13). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Der gerichtliche Sachverständige konnte zu der geistigen Verfassung des Klägers im Mai 2007 aus eigener Anschauung keine Feststellungen treffen; vielmehr zog er aus dessen Zustand bei der Begutachtung im Jahr 2009 lediglich Rückschlüsse auf den - zwei Jahre zurückliegenden - Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Es ist nicht ausgeschlossen , dass sich aufgrund der Aussagen der Zeugen, die im Jahr 2007 mit dem Kläger tatsächlich in Kontakt standen, ein anderes Bild hinsichtlich der kognitiven Beeinträchtigungen des Klägers ergibt. Das Berufungsgericht wird daher eine Vernehmung der Zeugen - zweckmäßigerweise in Anwesenheit des Sachverständigen - nachzuholen haben.

13
3. Die weiteren mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Stresemann Czub Brückner Weinland Kazele

Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 19.09.2012 - 1 O 2093/09 (2) -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 19.04.2013 - 12 U 2034/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2014 - V ZR 262/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2014 - V ZR 262/13

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2014 - V ZR 262/13 zitiert 8 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 57/10
vom
28. September 2010
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Geänderte Berufungsbegründungsfrist
PatG (1.11.1998) § 111 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 233 Fa, Fd
Kommen aufgrund einer Gesetzesänderung für die Berechnung einer wichtigen,
mit einem drohenden Rechtsverlust verbundenen Frist (hier: der Frist zur Begründung
der Berufung in einer Patentnichtigkeitssache) je nachdem, ob es sich
um einen Fall handelt, der altem oder neuem Recht unterliegt, unterschiedliche
gesetzliche Regelungen in Betracht, darf der Rechtsanwalt oder Patentanwalt die
Fristberechnung nur dann seinem Büropersonal übertragen, wenn er geeignete
organisatorische Vorkehrungen trifft, um sicherzustellen, dass jeweils vor der
Fristberechung ermittelt wird, welche gesetzliche Regelung in diesem Fall für
Beginn und Ablauf der Frist maßgeblich ist.
BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - X ZR 57/10 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September
2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter
Gröning, Dr. Berger, Dr. Grabinski und Hoffmann

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 8. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten verworfen.

Gründe:


1
I. Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 549 705 (Streitpatents). Mit Urteil vom 8. Dezember 2009 hat das Patentgericht das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 5 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Das Urteil ist den prozessbevollmächtigten Patent- und Rechtsanwälten der Beklagten am 24. März 2010 zugestellt worden. Dagegen hat die Beklagte am 22. April 2010 Berufung eingelegt.
2
Mit bei den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 4. Juni 2010 eingegangener gerichtlicher Mitteilung sind diese darauf aufmerksam gemacht worden, dass eine Begründung der Berufung innerhalb der gesetzlichen Frist nicht eingegangen und daher beabsichtigt sei, das Rechtsmittel durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen. Am 18. Juni 2010 hat die Beklagte Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung begehrt und zugleich die Berufung begründet.
3
Die Klägerin tritt dem Wiedereinsetzungsantrag entgegen und bittet , die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
4
II. Die Berufung ist zu verwerfen, da die Berufungsbegründungsschrift nicht innerhalb der Monatsfrist ab Einlegung der Berufung am 22. April 2010 und daher nicht fristgemäß eingegangen ist (§ 111 Abs. 2 Satz 2 PatG in der Fassung vom 1. November 1998 [im Folgenden: 1.11.1998]). Der Beklagten kann auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist gewährt werden.
5
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zwar statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die für die Antragstellung auch im Patentnichtigkeitsverfahren zugrunde zu legende (vgl. Senatsbeschluss vom 13. November 2007 - X ZR 100/07, GRUR 2008, 280 - Mykoplasmennachweis) Frist von einem Monat nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO eingehalten worden. Denn zwischen dem Eingang des Hinweises des Bundesgerichtshofs auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bei den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 4. Juni 2010 und dem Eingang des Antrags der Beklagten auf Wiedereinsetzung beim Bundesgerichtshof am 18. Juni 2010 liegt ein kürzerer Zeitraum. Die Frist ist zudem auch dann gewahrt, wenn die Versäumung der Frist bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte erkannt werden müssen.
6
2. Die Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist darf jedoch nicht gewährt werden. Denn die Beklagte war nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Es liegt ein der Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten vor. Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beruht auf einer fehlerhaften Organisation der Fristberechnung und -überwachung durch die Prozessbevollmächtigten der Beklagten , welche zur Folge hatte, dass die fehlerhafte Berechung der Berufungsbegründungsfrist durch die damit beauftragte Bürokraft weder verhindert noch rechtzeitig bemerkt worden ist.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der prozessbevollmächtigte Rechts- oder Patentanwalt die Berechnung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einem gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen. Er hat jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen , dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Unverzichtbar sind insoweit eindeutige Anweisungen an das Büropersonal , die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die zumindest stichprobenartige Kontrolle des Angestellten (s. etwa BGH, Beschluss vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02, NJW 2003, 1815, 1816 und Beschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10 Rn. 9).
8
Kommen aufgrund einer Gesetzesänderung für die Berechnung einer wichtigen, mit einem drohenden Rechtsverlust verbundenen Frist - wie der Berufungsbegründungsfrist - je nachdem, ob es sich um einen Fall handelt, der altem oder neuem Recht unterliegt, unterschiedliche gesetzliche Regelungen in Betracht, bedarf es, sofern der Rechtsanwalt oder Patentanwalt nicht jeweils eine Einzelweisung erteilt, zudem geeigneter Vorkehrungen , die sicherstellen, dass vor der Fristberechung festgestellt wird, welche gesetzliche Regelung für Beginn und Ablauf der Frist maßgeblich ist.
9
b) Durch das am 1. Oktober 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2521) ist die Frist zur Begründung der Berufung in Patentnichtigkeitssachen neu geregelt worden. Während nach § 111 Abs. 2 Satz 2 PatG in der Fassung vom 1. November 1998 (im Folgenden: 1.11.1998) die Frist für die Berufungsbegründung einen Monat beträgt und mit der Einlegung der Berufung beginnt, beträgt die Frist nach § 112 Abs. 2 Satz 2 PatG in der seit dem 1. Oktober 2009 geltenden Fassung des Gesetzes drei Monate. Die Frist beginnt nach § 112 Abs. 2 Satz 3 PatG - entsprechend der Regelung in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO - nunmehr mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Nach § 147 Abs. 2 PatG sind auf Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz, die vor dem 1. Oktober 2009 durch Klage beim Bundespatentgericht eingeleitet wurden, jedoch weiterhin die Vorschriften des Patentgesetzes in der bis zum 30. September 2009 geltenden Fassung anzuwenden.
10
Die Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist ist somit mit der Gefahr verbunden, dass die Frist versäumt wird, wenn in einer nach § 147 Abs. 2 PatG dem alten Recht unterliegenden Patentnichtigkeitssache die Berufungsbegründungsfrist versehentlich nach neuem Recht berechnet wird. Denn schon wegen der Verlängerung der Frist auf drei Monate ab Zustellung des patentgerichtlichen Urteils besteht selbst bei Notierung einer längeren Vorfrist die Gefahr, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen ist, wenn die Akte dem sachbearbeitenden Rechts- oder Patentanwalt vorgelegt wird und dieser die zutreffende Fristberechnung prüft. Da es außerdem von dem Tag, an dem die Klage beim Patentgericht eingereicht worden ist, abhängt, ob das geltende oder altes Verfahrensrecht anzuwenden ist, bedarf es zudem der Feststellung des Zeitpunkts der Klageeinreichung und damit der Ermittlung eines Zeitpunkts, der regelmäßig für die Berechnung der Berufungsbegründungsfrist ohne jede Bedeutung ist. Aufgrund dieser Besonderheiten handelt es sich bei der Berufungsbegründungsfrist in Patentnichtigkeitssachen seit dem Inkrafttreten des Patentrechtsmodernisierungsgesetzes um eine Frist, deren Berechung besondere Aufmerksamkeit erfordert. Überlässt sie der Rechts- oder Patentanwalt seinem geschulten Personal, muss er dieses nicht nur eingehend über die unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen belehren. Er muss auch durch geeignete Vorkehrungen sicherstellen, dass vor der Fristberechnung zuverlässig geprüft wird, ob altes oder neues Recht anzuwenden ist.
11
c) An solchen Vorkehrungen haben es die Prozessbevollmächtigten der Beklagten fehlen lassen. Dieser Organisationsmangel war mitursächlich dafür, dass weder vermieden wurde noch auffiel, dass die in der zentralen Fristenabteilung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten beschäftigte Mitarbeiterin S. als Frist für die Berufungsbegründung nicht wie zutreffend, weil es sich um die Berufung in einem vor dem 1. Oktober 2009 eingeleiteten Nichtigkeitsverfahren handelte, nach § 111 Abs. 2 Satz 2 PatG (1.11.1998) den 24. Mai 2010 (der 22. Mai war ein Samstag), sondern den 24. Juni 2010 errechnete, welches Datum sie dann zusammen mit einer Vorfrist für den 24. Mai 2010 in das elektronische Fristenüberwachungssystem "WINPAT" eintrug und der Assistentin des sachbearbeitenden Patentanwalts Dr. H. , Frau D. , mitteilte , damit diese es zusätzlich auf der Handakte vermerkte. Die fehlerhafte Handhabung der Fristermittlung hatte wiederum zur Folge, dass die am 24. Mai 2010 ablaufende Berufungsbegründungsfrist durch die Beklagte nicht eingehalten worden ist.
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Nach dem durch eidesstattliche Versicherungen vom 18. Juni 2010 von Patentanwältin Dr. B. , Frau K. und Frau S. glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten erläuterte zwar Patentanwältin Dr. B. bei einer Besprechung am 23. September 2009 Frau S. und Frau K. , die neben Frau S. ebenfalls als Angestellte in der zentralen Fristenabteilung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten arbeitet, die neuen Regelungen zur Fristenberechnung nach dem Patentrechtsmodernisierungsgesetz und wies darauf hin, wie die Berufungsbegründungsfrist im Nichtigkeitsverfahren zu berechnen sei. Danach sollte in Verfahren, bei denen die Nichtigkeitsklage nach dem 30. September 2009 beim Bundespatentgericht eingereicht worden war, eine Hauptfrist von drei Monaten ab Zustellung des Urteils des Bundespatentgerichts mit einer Vorfrist von einem Monat vor der Hauptfrist notiert werden und in Verfahren , bei denen die Einreichung der Nichtigkeitsklage vor dem 1. Oktober 2009 erfolgt war, die Berufungsbegründungsfrist wie bisher erst dann notiert werden, wenn der Fristenabteilung das Datum der Einlegung der Berufung von dem sachbearbeitenden Patentanwalt oder dessen Assistenten mitgeteilt worden war.
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Damit mag den Angestellten zwar zum einen hinreichend deutlich vermittelt worden sein, dass sie im Kanzleibetrieb künftig - und zwar während einer nicht unbeträchtlichen Übergangszeit - mit zwei unterschiedlich zu berechnenden Berufungsbegründungsfristen konfrontiert sein würden, und zum anderen mag damit auch in einer für die Kanzleikräfte hinreichend deutlichen Weise festgelegt worden sein, wie die Neuregelung im Kanzleiablauf in fristenrechtlicher Hinsicht überhaupt so gehandhabt werden sollte, dass eine richtige Notierung der im Einzelfall einschlägigen Berufungsbegründungsfrist sichergestellt war. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten hätten jedoch zusätzlich zu bedenken gehabt, dass mit der Neuregelung die Gefahr einherging, dass versehentlich in nach altem Recht zu berechnenden Fällen die Berufungsbegründungsfrist nach neuem Recht berechnet würde oder umgekehrt, wobei aus in der Natur der Änderungsregelung liegenden Gründen der erstere Fall die besonders große Gefahr eines Rechtsmittelverlusts infolge von Fristversäumung barg. Dieser Gefahr hätten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten durch geeignete organisatorische Anweisungen vorbeugen müssen. Die den Kanzleikräften erteilten Erläuterungen schlossen jedoch nichts ein, was dieser Gefahr angemessen vorzubeugen geeignet gewesen wäre. Es war nicht durch entsprechende organisatorische Anordnungen dafür Sorge getragen worden, dass eine Fristberechnung nach neuem Recht nur und erst dann erfolgte, wenn sich die damit befasste Person zuvor vergewissert hatte, dass die Klage in dem betreffenden Verfahren nach dem 30. September 2010 eingereicht worden war.
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d) Das Fehlen solcher Vorkehrungen ist im Streitfall auch nicht deshalb unschädlich, weil der sachbearbeitende Patentanwalt eine Einzelanweisung zur Fristberechnung erteilt hätte, deren Beachtung die Wahrung der Berufungsbegründungsfrist zur Folge gehabt hätte. Nach den durch eidesstattliche Versicherungen vom 18. Juni 2010 von Frau D. und Frau S. glaubhaft gemachten weiteren Darlegungen der Beklagten unterschrieb Patentanwalt Dr. H. am 22. April 2010 die Berufungsschrift gegen das Urteil des Bundespatentgerichts und wies Frau D. mündlich an, diese vorab per Telefax und anschließend als Original an den Bundesgerichtshof zu senden, den Eingang der Berufungsschrift beim Bundesgerichtshof anhand des Telefax-Sendeberichts festzustellen und dieses Datum anschließend direkt der zentralen Fristenabteilung zu übermitteln sowie diese anzuweisen, aufgrund des Datums der Berufungseinlegung die Berufungsbegründungsfrist zu errechnen, in das Fristenüberwachungssystem der Kanzlei einzugeben und ihr, Frau D. , zur Notierung in der Handakte mitzuteilen. Diese Anweisung war jedoch nicht hinreichend, um mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen , dass Frau S. die Berufungsbegründungsfrist nach neuem Recht berechnen würde. Da Frau S. mit der Anweisung zur Berechnung der Berufungsbegründungsfrist nicht zugleich auch die Handakte vorgelegt wurde, hatte sie keine Gelegenheit, dieser zu entnehmen, ob es sich bei dem Verfahren um einen Fall handelte, der nach altem oder neuem Recht zu beurteilen ist. Zwar ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung von Frau S. vom 18. Juni 2010, dass nicht nur aus der Handakte, sondern auch aus dem elektronischen Fristenüberwachungssystem "WINPAT" ersichtlich war, dass das Nichtigkeitsverfahren bereits im September 2008 beim Bundespatentgericht eingeleitet worden war, mit der Folge, dass die Fristberechnung nach altem Recht zu erfolgen hatte. Frau S. war jedoch weder von Patentanwältin Dr. B. bei der allgemeinen Belehrung über die Fristenberechnungen nach Inkrafttreten des Patentrechtsmodernisierungsgesetzes noch von Patentanwalt Dr. H. angewiesen worden, diese Informationsmöglichkeit zu nutzen. Der bloße Umstand, dass Frau D. die Mitarbeiterin der Fristen- abteilung anweisen sollte, die Berufungsbegründungsfrist aufgrund des Datums der Berufungseinlegung zu ermitteln, und die darin liegende mittelbare Information über das in diesem Fall maßgebliche Recht konnten nicht gewährleisten, dass Frau S. auch tatsächlich die Frist nach § 111 Abs. 2 Satz 2 PatG (1.11.1998) berechnete, zumal nichts dafür geltend gemacht ist, dass Frau D. , die diese Information übermitteln sollte , überhaupt über die Bedeutung dieses Details (Berechnung aufgrund des Datums der Berufung) unterrichtet war.
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e) Dem Erfordernis einer Anweisung oder organisatorischen Vorkehrung der genannten Art steht schließlich auch nicht entgegen, dass nach dem durch einen Auszug aus dem "WINPAT"-Hauptfristenbuch vom 15. November 2009 und der Ablichtung eines Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 13. Januar 2010 glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten bereits in zwei von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten seit Inkrafttreten der Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist am 1. Oktober 2009 eingeleiteten Nichtigkeitsberufungsverfahren die Frist zutreffend nach § 111 Abs. 2 Satz 2 PatG (1.11.1998) berechnet wurde. Denn das Erfordernis, Vorkehrungen gegen eine fehlerhafte Fristberechung zu treffen, entstand mit Inkrafttreten der Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist und der sich daraus ergebenden Gefahr einer fehlerhaften Berechnung dieser Frist bei "Altfällen", und es bestand auch nach der zutreffenden Berechnung der Berufungsbegründungsfrist in zwei Fällen noch kein Grund, die Erwartung als hinreichend gesichert anzusehen , dass die Berufungsbegründungsfrist bei weiteren "Altfällen" durch die Angestellten der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausnahmslos fehlerfrei berechnet werde.
Meier-Beck Gröning Berger
Hoffmann Grabinski
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.12.2009 - 1 Ni 32/08 (EU) -

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

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aa) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, WM 2009, 671, 672; BGH, Beschluss vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, juris, Tz. 5; Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 16/07, TranspR 2009, 410, Tz. 23; jeweils m.w.N.). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Gericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missachtet, wonach ein Beweisantritt für erhebliche, nicht willkürlich ins Blaue hinein aufgestellte Tatsachen nur dann unberücksichtigt bleiben darf, wenn das angebotene Beweismittel ungeeignet ist, weil es im Einzelfall zur Beweisbehauptung erkennbar keine sachdienlichen Ergebnisse erbringen kann, oder wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann (BVerfG, aaO; BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710, unter II 2 a; vom 12. Juni 2008, aaO; jeweils m.w.N.). Da die Handhabung der Substantiierungsanforderungen durch das Gericht dieselben einschneidenden Folgen hat wie die Anwendung von Präklusionsvorschriften, verletzt die Nichterhebung eines Beweises wegen mangelnder Substantiierung der unter Beweis gestellten Tatsache Art. 103 Abs. 1 GG bereits dann, wenn dies - wie hier - in offenkundig unrichtiger Weise geschieht (BVerfG, NJW 2001, 1565; BGH, Beschluss vom 12. Juni 2008, aaO).