Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2015 - V ZR 52/15

bei uns veröffentlicht am15.10.2015
vorgehend
Landgericht Berlin, 84 O 128/11, 12.09.2012
Kammergericht, 22 U 266/12, 29.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 52/15
vom
15. Oktober 2015
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2015:151015BVZR52.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. Januar 2015 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 125.000 €.

Gründe:


I.

1
Mit notariellem Vertrag vom 6. April 2011 verkaufte die Klägerin einen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück an die Beklagte zu einem Preis von 100.000 €. Zu Gunstender Beklagten wurde eine Auflassungsvor- merkung in das Grundbuch eingetragen.
2
Hinsichtlich des weiteren hälftigen Miteigentumsanteils war der am 10. März 2011 verstorbene Ehemann der Klägerin im Grundbuch eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 1. September 2011 verkaufte die Klägerin auch diesen Miteigentumsanteil zu einem Preis von 100.000 € an die Beklagte. Der Kaufvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung eines Erbscheins zu Gunsten der Klägerin.
3
Am 12. September 2011 wurde für die Klägerin wegen einer Demenzerkrankung eine Betreuung angeordnet und eine Betreuerin bestellt. Auf der Grundlage einer einstweiligen Verfügung wurde im Grundbuch ein Widerspruch gegen die Auflassungsvormerkung eingetragen.
4
Das Landgericht hat der Klage auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung und auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrages vom 1. September 2011 stattgegeben. Die auf Löschung des Widerspruchs im Grundbuch gerichtete Widerklage hat es abgewiesen. Das Kammergericht hat die Verurteilung der Beklagten auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung Zug um Zug gegen Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises aufrechterhalten und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Abschlusses der beiden Kaufverträge wegen seniler Demenz geschäftsunfähig gewesen. Dies stehe aufgrund des beigezogenen, im Betreuungsverfahren erstatteten Gutachtens eines Sachverständigen und dessen Anhörung fest. Der Sachverständige komme nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis, dass sich die Klägerin in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung ihrer Geistesfähigkeit befunden habe, der seiner Natur nach nicht nur vorübergehend sei. Dieser Zustand könne nicht erst nach dem Abschluss des Kaufvertrages vom 6. April 2011 eingetreten sein. Auch ein luzides Intervall könne ausgeschlossen werden, weil die gestellte Diagnose einer senilen Demenz eine plötzlich starke Veränderung der mentalen Leistungsfähigkeit ausschließe. Soweit der beurkundende Notar in einem Vermerk festgehalten habe, dass er mit der Klägerin ein ausführliches Gespräch geführt und keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Klägerin gehabt habe, stehe dies der Bewertung des Sachverständigen nicht entgegen. Der Notar verfüge über keine ausreichende Sachkunde, um insoweit eine abschließende Beurteilung vorzunehmen, worauf auch der Sachverständige bei seiner Anhörung nachvollziehbar hingewiesen habe.

III.

6
Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
7
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts durch Übergehen der Beweisanträge der Beklagten auf Vernehmung des beurkundenden Notars und des bei der notariellen Beurkundung anwesenden Zeugen W. zu der Behauptung, die Klägerin habe die wirtschaftlichen Folgen ihrer Erklärungen einzuschätzen vermocht und die Verträge hätten ihrem wahren Willen entsprochen.
8
a) Die Beklagte verweist in ihrer Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auf ihren diesbezüglichen Vortrag nebst Beweisanträgen in der Klageerwiderung. Auch wenn die Beklagte auf diesen Vortrag in der Berufungsinstanz nicht zurückgekommen wäre, könnte daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass sie an diesen nicht habe festhalten wollen. Die Klägerin hat gegen die Wirksamkeit der Kaufverträge sowohl ihre Geschäftsunfähigkeit wie auch den Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit ins Feld geführt. Nachdem das Be- rufungsgericht - anders als das Landgericht - nicht die Sittenwidrigkeit der Kaufverträge , sondern die Frage der Geschäftsfähigkeit der Klägerin in den Mittelpunkt seiner Prüfung gestellt hat, will sie auch an ihren früheren Vortrag zur Geschäftsfähigkeit festhalten. Für eine andere Bewertung fehlt jede Grundlage (vgl. Senat, Urteil vom 17. Mai 2002 - V ZR 123/01, NJW 2002, 3237, 3240).
9
b) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010,1217 Rn. 10 mwN - std. Rspr.). Das gilt insbesondere dann, wenn die Nichterhebung des Beweises auf vorweggenommener tatrichterlicher Beweiswürdigung beruht (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2008 - IV ZR 341/07, RuS 2010, 64; BVerfG, NJW 2009, 1585 Rn. 34; NJW-RR 2001, 1006, 1007 - jeweils mwN - std. Rspr.). Eine unzulässige Beweisantizipation liegt vor, wenn ein angebotener Zeugenbeweis deshalb nicht erhoben wird, weil das Gericht dessen Bekundungen wegen seiner bereits gewonnenen Überzeugung kein Gewicht mehr beimisst (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007). Die Nichterhebung eines angebotenen Beweises mit der Begründung, es sei bereits das Gegenteil erwiesen, ist grundsätzlich unzulässig (Senat, Beschluss vom 6. Februar 2014 - V ZR 262/13, FamRZ 2014, 749 juris Rn. 11; Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 11 jeweils mwN).
10
c) So ist es hier. Das Berufungsgericht ist ersichtlich von einer fehlenden Entscheidungserheblichkeit der Beweisanträge der Beklagten ausgegangen, da es die Geschäftsunfähigkeit der Klägerin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits aufgrund des gerichtlichen Sachverständigengutachtens als erwiesen erachtet hat. Dabei verkennt das Berufungsgericht, dass die Beweisanträge der Beklagten darauf abzielen, die Grundlage des Sachverständigengutachtens zu widerlegen. Bei den notariellen Beurkundungen der Verträge am 6. April 2011 und am 1. September 2011 sollen keine Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten der Klägerin erkennbar gewesen sein.
11
Die Beweisanträge der Beklagten sind nicht deshalb unerheblich, weil der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, dass er auch im Falle einer Bestätigung des Sachvortrags der Beklagten durch die von ihr benannten Zeugen von der Geschäftsunfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgehen würde. Der Sachverständige unterstellt die in das Wissen der Zeugen gestellten Tatsachen nicht als wahr, sondern spricht den Aussagen der Zeugen jeden Beweiswert ab. Dem ist das Berufungsgericht zu Unrecht gefolgt. Zwar kann ein Beweisantritt ausnahmsweise wegen Ungeeignetheit des Beweismittels für die zu beweisende Tatsache zurückgewiesen werden. Das ist etwa dann zu bejahen, wenn der Unwert des Beweismittels feststeht, weil nach dem Ergebnis einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben und die von dem Gericht bereits gewonnene Überzeugung erschüttern kann (Senat, Beschluss vom 6. Februar 2014 - V ZR 262/13, FamRZ 2014, 749 Rn. 12; Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 13). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.
12
Der gerichtliche Sachverständige hat die Klägerin zwar ausweislich seines schriftlichen Gutachtens am 2. August 2011, mithin in kurzen zeitlichen Abstand nach dem Abschluss des ersten und einen knappen Monat vor dem Abschluss des zweiten Kaufvertrages untersucht. Er nimmt aber gleichwohl nur Rückschlüsse aus dem Untersuchungstermin vor, während in das Wissen der beiden Zeugen Wahrnehmungen gestellt werden, die den Zustand der Klägerin im Vorfeld aber auch gerade an den Tagen des Zustandekommens der Kaufverträge betreffen. Bei dem Zeugen W. handelt es sich ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestandes des landgerichtli- chen Urteils um einen langjährigen Bekannten der Klägerin, der auch bei den Notarterminen anwesend gewesen sein soll. Der ferner als Zeuge benannte Notar ist nach §§ 11, 17 BeurkG verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit der Parteien festzustellen und sich darüber zu vergewissern, dass der Vertrag ihrem Willen entspricht. Es ist nicht ausgeschlossen, das sich für das Berufungsgericht bei der gebotenen Gesamtwürdigung (§ 286 ZPO) nach Vernehmung der Zeugen ein anderes oder differenziertes Bild hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit der Klägerin ergibt, das Zweifel an deren Geschäftsunfähigkeit im Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses entstehen lässt. Diese gingen zu Lasten der Klägerin, da das Gesetz die Geschäftsfähigkeit als Normalfall und die Geschäftsunfähigkeit als Ausnahmefall ansieht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2013 - XII ZR 19/11, BGHZ 198, 381 Rn. 24).
13
d) Soweit das Berufungsgericht in Bezug auf den von dem Notar gefertigten Vermerk die Wiedergabe von Einzelheiten vermisst, kommt es für die Erheblichkeit des Vortrages hierauf nicht an. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Ablehnung eines Beweisantrags für eine erhebliche Tatsache nur zulässig, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist. Liegen diese Voraussetzungen - wie hier - nicht vor, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. Mai 2015 - III ZR 318/14, juris Rn. 6; Beschluss vom 23. April 2015 - VII ZR 163/14, BauR 2015, 1325 Rn. 19 jeweils mwN).
14
2. Darüber hinaus rügt die Beklagte mit Erfolg, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) auch deshalb verletzt sei, weil ihr Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen R. wegen der Besorgnis der Befangenheit übergangen worden ist.

15
a) Das Berufungsgericht hat über den im Schriftsatz vom 30. September 2014 enthaltenen Antrag weder - wie nach § 406 Abs. 4 ZPO geboten - durch gesonderten Beschluss entschieden noch hat es sich in den Urteilsgründen zu ihm verhalten.
16
b) Dieser Verfahrensfehler ist entscheidungserheblich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass dem Ablehnungsgesuch zu entsprechen gewesen wäre; in diesem Fall hätte das Berufungsgericht nicht auf das Gutachten R. gestützt werden dürfen.
17
aa) Der Ablehnungsantrag ist rechtzeitig gestellt worden.
18
Ergibt sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im allgemeinen die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei zur Begründung des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muss (BGH, Beschluss vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869, 1870). Dem ist die Beklagte nachgekommen.
19
Nachdem das Berufungsgericht mit Beschluss vom 1. September 2014 die Parteien darauf hingewiesen hat, dass die im Betreuungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten verwertet werden sollen, und ihnen diesbezüglich nach § 411 Abs. 4 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einen Monats eingeräumt hat, hat die Beklagte in dem innerhalb dieser Frist eingegangenen Schriftsatz vom 30. September 2014 sowohl die Sachverständige D. wie auch den Sachverständigen R. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. In Bezug auf den Sachverständigen hat sie dies unter Verweis auf ein von ihr vorgelegtes Privatgutachten mit dessen Vorfestlegung sowie Ausführungen in seinem schriftlichen Gutachten begründet, in denen er einen benachteiligenden Kaufvertrag unterstellt habe und sich die Formulierung finde, dass ein luzides Intervall „immer gern beansprucht“ werde. Soweit die Klägerin in ihrer Erwiderung zu der Nichtzulassungsbeschwerde meint, dass sich in einem nachfolgenden, innerhalb der gerichtlich verlängerten Stellungnahmefrist eingegangenen Schriftsatz vom 17. Oktober 2014 nur eine inhaltliche Kritik an den Feststellungen des Sachverständigen, nicht aber ein Ablehnungsgesuch finde, ist dies nicht zutreffend. Die Beklagte hat eingangs dieses Schriftsatzes ausdrücklich mitgeteilt, dass es bei den Einwendungen im Schriftsatz vom 30. September 2014 bleibe. Wenn die Beklagte im Übrigen - vertieft - das Gutachten des Sachverständigen angreift, kann darin nicht ein Abrücken von dem Ablehnungsantrag gesehen werden.
20
bb) Die Gründe, auf die der Ablehnungsantrag gestützt worden ist, sind nicht von vornherein ungeeignet, dem Antrag zum Erfolg zu verhelfen.
21
3. Das Berufungsurteil erweist sich schließlich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). In Bezug auf die weiterhin von der Klägerin geltend gemachte Sittenwidrigkeit der beiden Kaufverträge sind von dem Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen worden.

IV.

22
Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht - sofern es nicht ohnehin das Ablehnungsgesuch für begründet hält - die Überzeugungskraft der Ausführungen des Sachverständigen einer kritischen Überprüfung unterziehen muss. Die Beklagte rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht Ausführungen des Sachverständigen nicht hinterfragt habe. Die an ihn gerichtete Frage, ob es eine sachgerechte Erwägung der Kläge- rin gewesen sei, das Grundstück zu verkaufen, weil sie dieses nicht mehr halten und bewirtschaften könne und deshalb ins betreute Wohnen ziehen wolle, hat der Sachverständige verneint, aber angefügt, dass es sich um sinnvolle Erwägungen handle. Sinnvolle Erwägungen könnten durchaus vorhanden gewesen sein, aber auch untereinander in Widerspruch geraten. Die Beklagte wirft insoweit zu Recht die Frage auf, ob und inwieweit diese Aussage des Sachverständigen den Schluss auf einen die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Geistesstörung trägt.

V.

23
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO. Stresemann Schmidt-Räntsch Czub Kazele Göbel
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 12.09.2012 - 84 O 128/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.01.2015 - 22 U 266/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2015 - V ZR 52/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2015 - V ZR 52/15

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2015 - V ZR 52/15 zitiert 8 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 406 Ablehnung eines Sachverständigen


(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Der A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 123/01 Verkündet am:
17. Mai 2002
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bringt ein Grundstückseigentümer, der einem anderen die entgeltliche Ablagerung
von Abfall auf seinem Grundstück gestattet hat, die hierfür erforderliche abfallrechtliche
Genehmigung nicht bei, kann das für den anderen Vertragsteil das Recht zur
außerordentlichen Kündigung des auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrags mit
der Folge eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung begründen.
BGH, Urt. v. 17. Mai 2002 - V ZR 123/01 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 22. Februar 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung von mehr als 325.189,14 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Dezember 1999 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist Eigentümer eines rund 12,5 ha großen Ziegeleigrundstücks , auf dem sich aus der Gewinnung von Ton herrührende Tagebaurestlöcher befinden. Die Klägerin, die an der prosperierenden Bautätigkeit in B. teilhaben wollte, ließ sich von dem Beklagten mit notariellem Vertrag vom 27. September 1994 das Recht einräumen, auf diesem Grundstück bis zu
100.000 t Material aus Bodensanierungs- und Rückbaumaûnahmen bis zum Zuordnungswert 2 der Richtlinie für die Entsorgung von Bauabfällen im Land S. abzukippen. Mit dem Abkippen sollte das Material in das Eigentum des Beklagten übergehen und von diesem zum Verfüllen der Tagebaurestlöcher verwendet werden dürfen. Der Beklagte erklärte in dem Vertrag, hierzu berechtigt zu sein. Die Klägerin verpflichtete sich zur Zahlung eines Entgelts in Höhe von 6,50 DM zuzüglich Umsatzsteuer pro Tonne abgekippten Materials sowie eines Vorschusses von 500.000 DM. Weiterhin stellte die Klägerin den Beklagten von Ersatzforderungen Dritter wegen der Einlagerung nicht vertragsgerechten Materials frei und übernahm die Verpflichtung zur Entfernung solchen Materials. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag sollte mit der Einlagerung von 100.000 t Material beendet sein. Vorher war eine Kündigung nur aus wichtigem Grund zulässig.
Die Klägerin zahlte den vereinbarten Vorschuû. Nach der Anlieferung von 5.276,24 t Material untersagte der Landkreis A. dem Beklagten zunächst mündlich und sodann mit schriftlichem Bescheid vom 29. März 1995 die weitere Verfüllung eines Tagebaurestlochs mit verunreinigtem Material bis zum Zuordnungswert 2, weil wegen seitlicher Wasserzuflüsse negative Auswirkungen auf die Umwelt nicht ausgeschlossen werden könnten und die Verfüllung überdies zur Zerstörung eines Röhricht-Biotops führe. Das Verwaltungsgericht hob diesen Bescheid und den ihn bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums D. mit der Begründung auf, daû kein Biotop vorhanden sei. Mit Schreiben vom 22. Januar 1998 und vom 10. Dezember 1999 erklärten der LandkreisA. sowie das Bergamt H. , daû die Verbringung von fremdem Material in bestimmte Restlochbereiche des Ziegelei-
grundstücks bzw. in den von dem Beklagten betriebenen Tontagebau nicht zulässig sei.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung des von ihr geleisteten Vorschusses in Anspruch; sie bringt wegen der bereits erfolgten Materialanlieferungen und wegen der Anmietung eines Radladers einen Betrag von insgesamt 160.730,86 DM (82.180,38 ?) in Abzug, so daß sich ein Anspruch auf Zahlung von 339.269,14 DM (173.465,55 ?) ergibt. Die Klagefo rderung beziffert die Klägerin mit 339.296,14 DM (173.479,36 ?). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 30. November 1999 kündigte die Klägerin den Vertrag vom 27. September 1994.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs erfolgreich gewesen. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht verneint einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus einem Aufhebungsvertrag, weil sie den von ihr behaupteten Vertragsschluû nicht habe nachweisen können. Jedoch stehe ihr ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Klageforderung nach § 326 Abs. 2 BGB a.F. zu. Aufgrund des Vertrags vom 27. September 1994 sei der Beklagte verpflichtet gewesen, die für die Einlagerung des Bodenaushubs in die Tagebaurestlöcher
erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen zu beschaffen. Maûgebend seien insoweit die Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) vom 27. September 1994, weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die kurze Zeit später geltende neue Rechtslage deutlich erkennbar gewesen sei.
Bei dem von der Klägerin anzuliefernden Material handele es sich um Abfall im Sinne des § 3 KrW-/AbfG. Dessen Einlagerung in die Tagebaurestlöcher sei als Errichtung und Betrieb einer Deponie zu qualifizieren, die der vorhergehenden Planfeststellung gemäû § 31 Abs. 2 S. 1 KrW-/AbfG oder Plangenehmigung gemäû § 31 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG bedürfe. Mit der Einholung einer solchen Genehmigung sei der Beklagte in Verzug geraten. Das Interesse der Klägerin an der Vertragserfüllung sei weggefallen, weil sie wegen der nachlassenden Bautätigkeit in B. die Kapazitäten auf dem Grundstück des Beklagten nicht mehr benötige. Durch die im Verhandlungstermin vor dem Landgericht erklärte Kündigung habe die Klägerin die Rechte aus § 326 Abs. 2 BGB a.F. geltend gemacht.

II.


Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings, daû das Berufungsgericht den Abschluû eines Aufhebungsvertrags verneint. Die Revision nimmt das als ihr günstig hin.

2. Zu Unrecht beurteilt das Berufungsgericht jedoch die Zulässigkeit der Verfüllung der Tagebaurestlöcher mit dem von der Klägerin anzuliefernden Material ausschlieûlich anhand der Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. September 1994 (KrW-/AbfG). Dieses Gesetz trat nämlich nach Art. 13 S. 2 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (AbfVVBG) vom 27. September 1994 (BGBl. I, S. 2705) im wesentlichen erst mehr als zwei Jahre nach Abschluû des Vertrags zwischen den Parteien in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt galten die Vorschriften des Abfallgesetzes vom 27. August 1986 (AbfG). Da das Berufungsgericht nicht feststellt , daû die spätere neue Rechtslage den Parteien beim Vertragsschluû bekannt war und es für diese Kenntnis auch keine Anhaltspunkte gibt, können die neuen Regelungen auch nicht entsprechend auf das hier streitige Vertragsverhältnis angewendet werden. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, weil sowohl die früheren als auch die neuen Regelungen hier zu demselben Ergebnis führen.

III.


Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich, abgesehen von der Nichtberücksichtigung der von dem Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung (siehe nachstehend unter IV.), im Ergebnis als richtig dar, so daû die Revision insoweit zurückzuweisen ist (§ 563 ZPO a.F.).
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten nach dem Grundgedanken des § 628 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zu.
Nach dieser Vorschrift des Dienstvertragsrechts ist ein Vertragspartner, der den anderen durch schuldhafte Vertragsverletzungen zur auûerordentlichen Kündigung veranlaût, dem Kündigenden zum Ersatz des durch die Auflösung des Vertragsverhältnisses entstandenen Schadens verpflichtet. Ein entsprechender Schadensersatzanspruch ist auch im Miet-, Leasing- und Darlehensrecht anerkannt (BGHZ 82, 121, 129; 94, 180, 194; 95, 39, 43 f; 104, 337, 341 f; BGH, Urt. v. 4. April 1984, VIII ZR 313/82, NJW 1984, 2687). Entsprechendes muû für den Vertrag vom 27. September 1994 gelten, mit dem ebenfalls ein Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien begründet wurde. Es wäre nicht gerechtfertigt, die Klägerin auf einen im Umfang gegebenenfalls hinter dem Schadensersatzanspruch zurückbleibenden Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BGB) zu verweisen, weil der Beklagte sie durch eine Vertragsverletzung zur Kündigung genötigt hat.
Der Anspruch ist auf die Rückzahlung des von der Klägerin an den Beklagten gezahlten Vorschusses abzüglich des von dem Beklagten zu beanspruchenden Entgelts für die Materialanlieferung und für die Vermietung eines Radladers sowie abzüglich einer eventuellen Nutzungsentschädigung, die dem Beklagten wegen der verspäteten Rückgabe des Radladers zusteht, gerichtet. Da es sich um einen Ersatzanspruch eigener Art handelt, dessen Geltendmachung keiner vorherigen Nachfristsetzung bedarf (BGHZ 95, 39, 44), kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits lediglich darauf an, ob der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten , welches dieser zu vertreten hat, vorausgegangen ist. Das war hier der Fall.
2. Ein Dauerschuldverhältnis kann nach ständiger Rechtsprechung gekündigt werden, wenn die Durchführung des Vertrags durch - in der Regel - auûerhalb der Verantwortung des Verpflichteten liegende Umstände erheblich gefährdet wird und ihm daher ein Festhalten am Vertrag nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist (Senat, Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3024 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat diese Frage wegen seines abweichenden rechtlichen Ausgangspunkts nicht erörtert. Die von ihm getroffenen Feststellungen ergeben jedoch, daû der Klägerin jedenfalls im Zeitpunkt der Kündigungserklärung ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten war, weil der Beklagte die abfallrechtlichen Voraussetzungen für eine zulässige Materialanlieferung seit mehr als fünf Jahren nicht geschaffen hatte, eine weitere Durchführung des Vertrages wegen der Weigerung des Beklagten , eine Genehmigung einzuholen, nicht mehr zu erwarten war und die Klägerin deshalb ein berechtigtes Interesse daran hatte, sich von dem Vertrag zu lösen.

a) Bei dem von der Klägerin vertragsgemäû anzuliefernden Material handelt es sich um Abfall sowohl im Sinne des AbfG als auch des KrW-/AbfG.
aa) § 1 Abs. 1 S. 1 AbfG bestimmt Abfälle als bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will (subjektiver Abfallbegriff) oder deren geordnete Entsorgung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere des Schutzes der Umwelt, geboten ist (objektiver Abfallbegriff). In diesem Zusammenhang weist die Revision zutreffend darauf hin, daû es an einem Entledigungswillen im Sinne des subjektiven Abfallbegriffs fehlt, wenn der Besitzer die Sache einer als wirtschaftlich sinnvoll anzuerkennenden neuen Verwendung oder Verwertung zuführen und sie damit als Wirtschaftsgut behandelt wissen
will. Ob dies auch dann angenommen werden kann, wenn er für die Abnahme der Sache ein Entgelt zahlt, das geringer ist als die für eine Abfallentsorgung sonst anfallenden Gebühren (so Kunig/Schwermer/Versteyl, Abfallgesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 15 m.w.N.), bedarf hier keiner Entscheidung, da jedenfalls die Voraussetzungen des objektiven Abfallbegriffs erfüllt sind. Die geordnete Entsorgung einer Sache als Abfall ist nämlich dann geboten, wenn ihre gegenwärtige Aufbewahrung und ihre zukünftige Verwendung oder Verwertung typischerweise zu einer Gemeinwohlgefährdung, insbesondere zu Umweltgefahren , führt. Ist dies zu bejahen, unterfällt die Sache dem Abfallrecht. Erst bei dessen Anwendung ist von Bedeutung, ob die festgestellte typische Umweltgefahr auch im konkreten Einzelfall besteht (BVerwGE 92, 353, 357 - Bauschutt -; vgl. auch BGHZ 110, 210, 214 m.w.N.).
In dem notariellen Vertrag vom 27. September 1994 haben die Parteien die von der Klägerin auf dem Grundstück des Beklagten abzukippenden Materialien durch Bezugnahme auf die Richtlinie für die Entsorgung von Bauabfällen im Land S. (RdErl. des MU v. 7. Juli 1994, MBl. LSA, S. 2174) und die darin beschriebenen Verwertungs- und Einbauklassen näher bestimmt. Danach weisen Materialien mit dem hier maûgeblichen Zuordnungswert 2 Schadstoffbelastungen auf, die lediglich eine eingeschränkte Verwertung mit definierten technischen Sicherungsmaûnahmen zulassen, wenn durch bestimmte Einbaubedingungen negative Auswirkungen auf die Umwelt (Eindringen von Schadstoffen in das Grundwasser und eine Verfrachtung durch Wind) verhindert werden. Die Richtlinie sieht deshalb in Nr. 4.3. vor, daû der Einbau dieser Materialien unter Versiegelungsflächen ohne seitliche Wasserzuflüsse, in jedem Fall oberhalb des Grundwasserschwankungsbereichs bzw. des höchsten Grundwasserstandes und auûerhalb unterirdisch verlegter Wasser- oder
Abwasserleitungen erfolgen soll. Hieraus ergibt sich, daû von Materialien mit dem Zuordnungswert 2 typischerweise Gefahren für die Umwelt, insbesondere für das Grundwasser, ausgehen, wenn sie in oder auf dem Boden abgelagert werden. Das eröffnet den Anwendungsbereich des Abfallrechts, ohne daû es des Nachweises einer konkreten Gefahr im Einzelfall bedarf.
bb) An der Abfalleigenschaft der von der Klägerin abzukippenden Materialien hat sich durch das Inkrafttreten des KrW-/AbfG nichts geändert. Der eine Gefährdung voraussetzende objektive Abfallbegriff wurde lediglich in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts konkretisiert (Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 9). Abfälle sind danach unter anderem bewegliche Sachen, deren sich ihr Besitzer entledigen muû (§ 3 Abs. 1 S. 1 KrW /AbfG). Dies ist dann der Fall, wenn die Sachen entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustands geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit , insbesondere die Umwelt, zu gefährden, und deren Gefährdungspotential nur durch eine ordnungsgemäûe und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitung nach den Vorschriften des Abfallrechts ausgeschlossen werden kann (§ 3 Abs. 4 KrW-/AbfG). Dies trifft auf Material aus Bodensanierungs - und Rückbaumaûnahmen mit dem Zuordnungswert 2 nach dem vorstehend Gesagten zu.
cc) Da es sich bei den von der Klägerin abzukippenden Materialien nicht um Abfälle handelt, die beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten und Weiterverarbeiten von Bodenschätzen im Zusammenhang mit dem vom Beklagten in einem anderen Bereich des Grundstücks betriebenen Tontagebau angefallen sind (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 AbfG, § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrW-/AbfG), sondern um berg-
baufremde Abfälle, waren und sind sie nicht vom Geltungsbereich des AbfG bzw. des KrW-/AbfG ausgenommen.

b) Die Abfalleigenschaft des hier in Rede stehenden Materials hat zur Folge, daû es sowohl nach § 4 Abs. 1 S. 1 AbfG als auch nach § 27 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG nur in einer dafür zugelassenen Anlage oder Einrichtung abgelagert , d.h. auf Dauer gelagert (Kunig/Schwermer/Versteyl, aaO, § 1 Rdn. 41; Jarass/Ruchay/Weidemann/Spoerr, KrW-/AbfG, B 100, § 27 Rdn. 26; Hösel/v. Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Kz. 0110 Rdn. 11) werden darf (vgl. BVerwGE 92, 353, 354; 111, 136, 139). Allerdings beschränkt § 27 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG den Anlagenzwang ausdrücklich auf solche Entsorgungshandlungen , die eine Beseitigung des Abfalls bezwecken, erstreckt ihn also nicht auf Verwertungsmaûnahmen (Jarass/Ruchay/Weidemann/Spoerr, KrW-/AbfG, Rdn. 31, 37; Hösel/v. Lersner/Wendenburg, aaO, Kz. 0127 Rdn. 7, 15). Das Verfüllen der Tagebaurestlöcher auf dem Grundstück des Beklagten mit den von der Klägerin anzuliefernden Materialien wäre jedoch nur dann als eine Maûnahme der Abfallverwertung zu qualifizieren, wenn sie in einer zulässigen Weise der Erfüllung einer bergrechtlichen Verpflichtung zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche diente (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 Nr. 2 BBergG). In diesem Fall wäre die Maûnahme mit einem über den bloûen Ablagerungsvorgang hinausgehenden konkreten Nutzungseffekt verbunden, der nach § 4 Abs. 3 S. 2 KrW-/AbfG kennzeichnend für einen Verwertungsvorgang ist und der sich daraus ergäbe, daû die Verfüllung der Tagebaurestlöcher der Herstellung eines von der Rechtsordnung geforderten Zustands unter Einsparung des Einsatzes und der Kosten höherwertigen unbelasteten Materials gedient hätte (vgl. BVerwGE 96, 80, 83; OVG Lüneburg, Urt. v. 14. Juli 2000, NVwZ-RR 2001, 19; Beckmann, VEnergR, Bd. 74 [1995],
S. 67, 106 f.). Von einer bergrechtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche kann indessen aufgrund seines eigenen Vorbringens nicht ausgegangen werden. Er hat selbst darauf verwiesen, daû die zur Verfüllung vorgesehenen Tagebaurestlöcher nicht der Bergaufsicht unterlägen und der zwischenzeitlich vom Bergamt H. zugelassene Betriebsplan vom 28. Juni 1999 ausschlieûlich den Abbaubereich des Tontagebaus Hobeck/Klepps II betreffe. Unabhängig hiervon setzt die Verfüllung eines Tagebaus, auch wenn sie zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche an sich bergrechtlich geboten ist, nach §§ 51 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 2 BBergG die vorherige Genehmigung der konkreten Maûnahme durch die Bergaufsicht im Rahmen eines bergrechtlichen Betriebsplanzulassungsverfahrens voraus (vgl. Kremer/Neuhaus, Bergrecht, Rdn. 159 f.), um mögliche Gefährdungen der menschlichen Gesundheit, der Umwelt oder anderer geschützter öffentlicher und privater Belange zu verhindern (vgl. §§ 1 Nr. 3, 48 Abs. 2 BBergG). Eine derartige bergrechtliche Genehmigung hat der Beklagte jedoch bis zum Ausspruch der Kündigung durch die Klägerin nicht eingeholt, so daû die Ablagerung des Materials in den Tagebaurestlöchern bereits deswegen bergrechtlich unzulässig war. Im übrigen ergibt sich aus dem Schreiben des Bergamtes H. vom 10. Dezember 1999, daû die Ablagerung von Erdaushub mit dem Zuordnungswert 2 wegen der damit verbundenen Umweltgefährdung nicht zulässig ist. Aus diesen Gründen diente das Abkippen des Bodenaushubs weder der Herstellung eines von der Rechtsordnung geforderten Zustands noch der Schonung natürlicher Ressourcen, sondern beschränkte sich auf einen bloûen Ablagerungsvorgang, der eine Maûnahme der Abfallbeseitigung darstellte. Sie erfolgte allerdings nicht in einer dafür zugelassenen Anlage. Nach dem weiten abfallrechtlichen Anlagenbegriff kann es sich bei den Tagebaurestlöchern auf dem Grundstück des Beklagten zwar um eine Anlage im Sinne von § 4 Abs. 1
S. 1 AbfG, § 27 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG handeln (vgl. Kunig/Schwermer/ Versteyl, aaO, § 4 Rdn. 12; Jarass/Ruchay/Weidemann/Spoerr, Rdn. 39 m.w.N.; Hösel/v. Lersner/Wendenburg, aaO, Kz. 0127 Rdn. 7). Sie war jedoch nicht zur Ablagerung von Material mit dem Zuordnungswert 2 zugelassen, weil es hierfür nach § 7 Abs. 1 AbfG bzw. § 31 Abs. 2 KrW-/AbfG einer Planfeststellung unter Einschluû einer Umweltverträglichkeitsprüfung, zumindest jedoch nach § 7 Abs. 2 AbfG bzw. § 31 Abs. 3 KrW-/AbfG einer Plangenehmigung bedurft hätte. Unerheblich ist, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen für eine abfallrechtliche Zulassung vorgelegen haben, da nach den genannten Vorschriften die formelle Legalität der Anlage maûgebend ist (Kunig/ Schwermer/Versteyl, aaO, § 4 Rdn. 14, 26; Jarass/Ruchay/Weidemann/Spoerr, aaO, Rdn. 44; Hösel/v. Lersner/Wendenburg, aaO, Kz. 0127 Rdn. 28). Eine formelle Anlagenzulassung erfolgte jedoch nicht. Die Ablagerung des von der Klägerin anzuliefernden Materials in den Tagebaurestlöchern war und ist deshalb unzulässig. Dagegen spricht entgegen der Auffassung der Revision nicht, daû der die weitere Verfüllung eines Tagebaurestlochs untersagende Bescheid des Landkreises A. vom 29. März 1995 durch Urteil des Verwaltungsgerichts D. vom 6. Februar 1997 aufgehoben worden ist. Dies vermochte die erforderliche abfallrechtliche Anlagenzulassung nicht zu ersetzen, zumal der genannte Bescheid des Landkreises A. jedenfalls in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums D. vom 4. Dezember 1995 ausschlieûlich auf naturschutzrechtlicher Grundlage ergangen und auch nur insoweit vom Verwaltungsgericht D. überprüft worden ist.

c) Das Fehlen einer abfallrechtlichen Anlagenzulassung hatte nicht nur zur Folge, daû der Beklagte eine – weitere – Verfüllung der Tagebaurestlöcher
unterlassen muûte. Vielmehr war bereits das der Klägerin durch den notariellen Vertrag vom 27. September 1994 gestattete Abkippen von Material auf dem Grundstück des Beklagten abfallrechtlich unzulässig, da es sich hierbei um einen Teilakt einer abfallrechtlich einheitlich zu beurteilenden, auf die Ablagerung des Materials in den Tagebaurestlöchern gerichteten Entsorgungsmaûnahme handelte (vgl. Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 23). In Erfüllung ihrer Grundpflicht zur ordnungsgemäûen Abfallbeseitigung nach § 2 Abs. 1 AbfG, § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG hatte die Klägerin gemäû § 4 Abs. 1 AbfG, § 27 Abs. 1 S. 1 KrW-/ AbfG sicherzustellen, daû die in ihrem Besitz befindlichen Materialien nur in einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage abgelagert wurden. Das war durch eine Weitergabe der Materialien an den Beklagten gerade nicht gewährleistet , da dieser zu der vertraglich vorgesehenen Ablagerung in den Tagebaurestlöchern mangels Anlagenzulassung nicht befugt war. Mit dem weiteren Abkippen von Materialien auf dem Grundstück des Beklagten hätte sich die Klägerin mithin ihrer abfallrechtlichen Pflichtenstellung unter Verstoû gegen das Abfallrecht entzogen, weshalb ihr durch die zuständige Behörde auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 S. 1 AbfG bzw. §§ 27, 21 KrW-/AbfG die Beseitigung auch der Materialien hätte aufgegeben werden können, die der Beklagte bereits in die Tagebaurestlöcher verfüllt hatte (vgl. Jarass /Ruchay/Weidemann/Spoerr, Rdn. 64). An der abfallrechtlichen Verantwortlichkeit des Abfallbesitzers, die so lange andauert, bis der Abfall endgültig und umweltunschädlich verwertet oder beseitigt worden ist (Versteyl, NJW 1995, 1070, 1071), vermochten nämlich die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen nichts zu ändern. Deswegen ist es unerheblich, daû nach dem notariellen Vertrag vom 27. September 1994 der Beklagte Eigentümer der ab-
gekippten Materialien werden und für deren weitere Verwendung Sorge tragen sollte.
3. Nach alledem war die Klägerin aus rechtlichen Gründen daran gehindert , von ihrem vertraglich begründeten Recht, auf dem Grundstück des Beklagten Material aus Bodensanierungs- und Rückbaumaûnahmen entsprechend dem Zuordnungswert 2 abzukippen, Gebrauch zu machen. Diese Vertragsstörung fällt bereits deshalb in den Verantwortungsbereich des Beklagten, weil er in § 1 des Vertrags erklärt hat, zur Verfüllung der Tagebaurestlöcher mit dem von der Klägerin anzuliefernden Material berechtigt zu sein. Das Berufungsgericht hat diese Erklärung dahin ausgelegt, daû sie nicht nur die materielle , sondern auch die formelle Berechtigung zur Verfüllung umfasse, weshalb der Beklagte verpflichtet gewesen sei, die notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen für die Ablagerung des Bodenaushubs zu beschaffen. Das läût Rechtsfehler nicht erkennen. Da der Beklagte mangels abfallrechtlicher Anlagenzulassung tatsächlich nicht zum Verfüllen der Tagebaurestlöcher mit dem von der Klägerin anzuliefernden Material berechtigt war, wäre es seine Sache gewesen, die Zulassung wenigstens nachträglich einzuholen, um auf diese Weise eine Durchführung des mit der Klägerin geschlossenen Vertrags zu ermöglichen. Dies hat der Beklagte jedoch nicht getan. Vielmehr hat er den unzutreffenden Rechtsstandpunkt vertreten, die Ablagerung des Bodenaushubs sei auch ohne eine formelle Genehmigung zulässig. Anhaltspunkte dafür, daû er seine Ansicht ändern könnte, waren für die Klägerin im Zeitpunkt der Kündigungserklärung nicht ersichtlich. Eine nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) grundsätzlich angezeigte nochmalige Aufforderung an den Beklagten, die erforderliche Genehmigung einzuholen, wäre deshalb von vornherein aussichtslos gewesen, so daû die Klägerin vor Ausspruch der Kün-
digung hiervon absehen konnte. Da auch mehr als fünf Jahre nach dem Vertragsschluû nicht absehbar war, daû der Vertrag noch zur Durchführung kommen und der Beklagte weitere Entgeltansprüche erwerben könnte, hatte die Klägerin ± unabhängig von einer zwischenzeitlich eingetretenen Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen - ein berechtigtes Interesse daran, sich durch den Ausspruch der auûerordentlichen Kündigung von dem Vertrag zu lösen, um auf diese Weise den von ihr geleisteten Vorschuû zurückzuerhalten. Ein anerkennenswertes Interesse des Beklagten an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ist demgegenüber nicht ersichtlich.

IV.


Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daû sich das Berufungsgericht mit der vom Beklagten bereits erstinstanzlich erklärten Hilfsaufrechnung mit einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung von 14.080,00 DM nebst Zinsen nicht befaût hat. Der bloûe Umstand, daû der Beklagte im Berufungsrechtszug auf diese Forderung "nicht mehr zurückgekommen" ist, läût entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf schlieûen, daû er an der Hilfsaufrechnung nicht länger festhalten wollte. Diese Würdigung des prozessualen Verhaltens des Beklagten läût insbesondere unberücksichtigt, daû für ihn kein Anlaû bestand, sein Vorbringen zu dem hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruch in der Berufungsinstanz zu vertiefen. Das Landgericht hatte die Klage nämlich ohne Rücksicht auf die Hilfsaufrechnung abgewiesen; nur damit hat sich die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auseinandergesetzt. Der Beklagte konnte sich deshalb darauf beschränken, sein erstinstanzliches Vorbringen zu dem geltend gemachten Gegenanspruch im Wege der Bezug-
nahme zum Gegenstand des Berufungsverfahrens zu machen. Ein Verzicht auf die Hilfsaufrechnung war hiermit nicht verbunden. Zu dieser abweichenden Bewertung ist das Revisionsgericht befugt, weil sie auf der Auslegung des Erklärungsgehalts eines prozessualen Verhaltens beruht (vgl. BGHZ 115, 286, 290).

V.


Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Gegenanspruch des Beklagten getroffen hat, kann der Senat nicht nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. selbst abschlieûend entscheiden. Vielmehr muû das Berufungsurteil insoweit aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

10
aa) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, WM 2009, 671, 672; BGH, Beschluss vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, juris, Tz. 5; Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 16/07, TranspR 2009, 410, Tz. 23; jeweils m.w.N.). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Gericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missachtet, wonach ein Beweisantritt für erhebliche, nicht willkürlich ins Blaue hinein aufgestellte Tatsachen nur dann unberücksichtigt bleiben darf, wenn das angebotene Beweismittel ungeeignet ist, weil es im Einzelfall zur Beweisbehauptung erkennbar keine sachdienlichen Ergebnisse erbringen kann, oder wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann (BVerfG, aaO; BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710, unter II 2 a; vom 12. Juni 2008, aaO; jeweils m.w.N.). Da die Handhabung der Substantiierungsanforderungen durch das Gericht dieselben einschneidenden Folgen hat wie die Anwendung von Präklusionsvorschriften, verletzt die Nichterhebung eines Beweises wegen mangelnder Substantiierung der unter Beweis gestellten Tatsache Art. 103 Abs. 1 GG bereits dann, wenn dies - wie hier - in offenkundig unrichtiger Weise geschieht (BVerfG, NJW 2001, 1565; BGH, Beschluss vom 12. Juni 2008, aaO).
11
a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (BGH, Be- schluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010,1217 Rn. 10 mwN - std. Rspr.). Das gilt insbesondere dann, wenn die Nichterhebung des Beweises auf vorweggenommener tatrichterlicher Beweiswürdigung beruht (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2008 - IV ZR 341/07, RuS 2010, 64; BVerfG, NJW 2009, 1585 Rn. 34; NJW-RR 2001, 1006, 1007 - jeweils mwN - std. Rspr.). Eine unzulässige Beweisantizipation liegt vor, wenn ein angebotener Zeugenbeweis deshalb nicht erhoben wird, weil das Gericht dessen Bekundungen wegen seiner bereits gewonnenen Überzeugung kein Gewicht mehr beimisst (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007). Die Nichterhebung eines angebotenen Beweises mit der Begründung, es sei bereits das Gegenteil erwiesen, ist grundsätzlich unzulässig (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 11, mwN).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

6
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung nur in die Lage versetzt werden zu beurteilen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (z.B. Senatsurteil vom 11. April 2013 - III ZR 80/12, juris Rn. 41 m. umfangr. w. N.). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (Senat aaO mwN). Die Ablehnung eines für eine beweiserhebliche Tatsache angetretenen Beweises ist danach nur zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann (Senat aaO mwN). Sind hingegen dem Gericht die zur Begründung der geltend gemachten Rechtsfolgen notwendigen Tatsachen vorgetragen worden, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (Senat aaO mwN).
19
a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2013 - VII ZR 37/12, juris Rn. 9; BVerfG, NJW 2009, 1585 Rn. 21). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Gericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missachtet, wonach die Ablehnung eines Beweisantrags für eine erhebliche Tatsache nur zulässig ist, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist (vgl. BVerfG, ZIP 1996, 1761, 1762; BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, NJW 1984, 2888, 2889).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 74/04
vom
15. März 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ergibt sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der
Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im allgemeinen die
Frist zur Ablehnung des Sachverständigen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten
Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei zur Begründung
des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muß.
BGH, Beschluß vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus übergegangenem Recht von den Beklagten die Zahlung des hälftigen Betrages der Schadensersatzleistungen, die sie als Berufshaftpflichtversicherer des Dr. E. an die Witwe des Patienten F. erbracht hat. F., dessen Hausarzt Dr. E. war, ließ sich im Januar 1995 wegen einer erektilen Dysfunktion in der andrologischen Sprechstunde der Urologischen Abteilung der Beklagten zu 1 durch den Beklagten zu 2 beraten. Im Dezember 1995 wurde bei F. ein Darmkarzinom in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert, an dem er inzwischen verstorben ist. Die Klägerin behauptet, unter den gegebenen Umständen hätte der Beklagte zu 2 differentialdiagnostische Erwägungen anstellen und weitere Befunde erheben müssen. Mit hinreichender Sicherheit wäre im Januar 1995 bereits
das Rektumkarzinom erkannt worden. Das Verkennen dieses Befundes oder das Unterlassen einer Reaktion hierauf wäre auf jeden Fall als grober Behandlungsfehler zu werten. Die Beklagten wenden ein, daß in dem fraglichen Zeitraum das Dickdarmkarzinom noch nicht vorgelegen habe. Durch Beweisbeschluß vom 5. Dezember 2003 hat das Landgericht Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines schriftlichen medizinischen Gutachtens beauftragt. Durch Verfügung vom 1. März 2004 hat das Gericht das Gutachten den Parteien zugeleitet und Frist zur Stellungnahme bis 30. März 2004 gesetzt. Die Frist ist auf Antrag der Klägerin bis 15. April 2004 verlängert worden. Mit am 15. April 2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Einwände gegen das Gutachten vorgebracht und unter Bezugnahme darauf den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Landgericht hat den Befangenheitsantrag mit Beschluß vom 17. Mai 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 19. Oktober 2004 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Ablehnungsantrag verspätet und deshalb unzulässig sei, weil die Geltendmachung des Befangenheitsgrundes keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten erfordert habe. Das Oberlandesgericht hat im Hinblick auf den uneinheitlichen Meinungsstand in der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit dem von ihr eingelegten Rechtsmittel die Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit weiter.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist statthaft nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO; sie ist auch im übrigen zulässig, § 575 ZPO. Die Beschwerde hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg. 1. Der Antrag auf Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist allerdings entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht bereits als unzulässig - weil verspätet - zurückzuweisen.
a) Nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag grundsätzlich spätestens binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen anzubringen. Ergeben sich die Gründe, auf die die Ablehnung des Sachverständigen gestützt wird, aus dessen Gutachten, ist die Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgebend. Die Ablehnungsgründe sind in diesem Falle nicht binnen einer kalendermäßigen Frist, sondern grundsätzlich unverzüglich (§ 121 Abs. 1 Nr. 1 BGB) nach Kenntnis des Gutachtens geltend zu machen. Das bedeutet, daß der Ablehnungsantrag zwar nicht sofort, wohl aber ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepaßten Prüfungs- und Überlegungsfrist anzubringen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. § 121 Rn. 3). Zugleich hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, daß er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. In einem einfach gelagerten Fall können bereits wenige Tage ausreichend sein, um die das Ablehnungsgesuch stützenden Tatsachen zu erkennen und vorzutragen. Hingegen kann sich die Frist je nach Sachlage verlängern, wenn der Ablehnungsgrund erst nach sorgfältiger Prüfung des Gutachtens zu erkennen ist. Von diesen Grundsätzen geht auch das Beschwerdegericht aus.

b) Von den Oberlandesgerichten werden zur Länge der Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO unterschiedliche Auffassungen vertreten. aa) Einige Oberlandesgerichte (OLG Koblenz, OLGR Koblenz 1998, 470; OLG Köln, OLGR Köln 1995, 147; OLG Naumburg, 10 W 23/01, juris-Abfrage; OLG München, OLGR München 2004, 117; 2003, 58) sind in Übereinstimmung mit Stimmen im Schrifttum (Musielak/Huber ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 14; Reichold in: Thomas/Putzo ZPO, 26. Aufl., § 406 Rn. 7) der Meinung, die ZweiWochen -Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO gelte grundsätzlich auch für § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Sie bilde im Interesse des Prozessgegners die Obergrenze und gelte auch dann, wenn eine längere Frist zur Stellungnahme zu einem Gutachten nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzt worden sei. Durch letztere solle die sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens ermöglicht werden. Eine solche sei für die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht erforderlich. bb) Teilweise wird in der Rechtsprechung die Auffassung des Beschwerdegerichts vertreten, eine allgemeine Fristbindung sei zwar nicht sachgerecht. Es sei vielmehr ausschließlich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles abzustellen und jeweils zu prüfen, welche Zeit im konkreten Fall erforderlich sei, um den Ablehnungsgrund erkennen und unverzüglich geltend machen zu können. Doch entspreche die Frist auch nicht der vom Gericht gemäß § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist zur Stellungnahme zum Inhalt des Gutachtens, da die Geltendmachung des Ablehnungsgrundes eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens gerade nicht erfordere (vgl. BayObLGZ 1994, 183; KG, KGR Berlin 2001, 183; OLG Nürnberg, VersR 2001, 391; OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 1995, 139; OLG München, OLGR München 1994, 237; OLG München, OLGR München 2000, 211; Thüringer OLG, OLGR Jena 2000, 113, 115 f.; OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2000, 275 und
OLG-NL 2003, 92; Stein-Jonas/Leipold ZPO, 21. Aufl. § 406 Rn. 19; Zöller/Greger ZPO, 25. Aufl., § 406 Rn. 11). cc) Das Oberlandesgericht Düsseldorf vertritt die Auffassung (OLGR Düsseldorf 2001, 469; ebenso [MünchKomm/Damrau ZPO, 2. Aufl., § 406 Rn. 7]), daß ein Befangenheitsantrag, der innerhalb der zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist eingereicht wird, zumindest dann nicht nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO verspätet sei, wenn sich die Besorgnis der Befangenheit erst aus einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten ergebe. Die am Rechtsstreit beteiligten Parteien müßten sich innerhalb der nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist abschließend mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen und mitteilen, ob und gegebenenfalls in welchen Punkten Ergänzungsbedarf gesehen werde. Komme hierbei eine Partei aufgrund der inhaltlichen Prüfung des Gutachtens nicht nur zu dem Ergebnis , daß dieses unrichtig oder ergänzungsbedürftig sei, sondern daß bestimmte Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten auf Voreingenommenheit ihr gegenüber zurück zu führen seien, sei auch diese Besorgnis Ergebnis der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten. Die Länge der Frist, binnen derer die Partei das Ergebnis ihrer Prüfung des Gutachtens in Antragsform anzubringen habe, könne in einem solchen Fall nicht davon abhängig sein, ob lediglich ein Ergänzungsantrag oder auch ein Befangenheitsantrag oder - wie im vorliegenden Fall - eine Kombination aus beiden Anträgen eingereicht werde. Der Antragsteller könne nicht gezwungen sein, binnen kürzerer Frist eine Vorprüfung des Gutachtens vorzunehmen, nur um feststellen zu können, ob das Gutachten Mängel enthalte, die aus seiner Sicht nicht nur einen Ergänzungsantrag nötig machten, sondern sogar die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (aaO) weist darauf hin, daß die Anwendung einer gegenüber der Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 ZPO verkürzten Frist zur Einreichung des Befangen-
heitsantrags auch nicht geboten sei, um zu verhindern, daß Ablehnungsanträge aus prozeßtaktischen Gründen zurückgehalten würden. Zum einen ergebe sich die Möglichkeit des Antragstellers, binnen längerer Frist zulässigerweise einen Ablehnungsantrag stellen zu können, ohnehin nur in den Fällen, in denen die Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 ZPO länger sei als die angemessene Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Zum anderen könne das Gericht prozeßleitende Maßnahmen erst dann treffen, wenn die Stellungnahmefrist des § 411 Abs. 4 ZPO abgelaufen sei. Deshalb verfange nicht der Einwand, die Prozeßförderungspflicht der Parteien gebiete eine schnellere Geltendmachung des entsprechenden Ablehnungsgrundes. dd) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Die Ablehnung eines Sachverständigen findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO. Es muß sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1987 - X ZR 29/86 - NJW-RR 1987, 893). Eine solche Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann berechtigt sein, wenn der Sachverständige seine gutachterlichen Äußerungen in einer Weise gestaltet, daß s ie als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei gedeutet werden können. Ergibt sich der Ablehnungsgrund aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, muß der Partei eine angemessene Zeit zur Überlegung und zur Einholung von rechtlichem Rat zur Verfügung stehen. Auch wenn durch die zeitliche Begrenzung des Ablehnungsrechts gemäß § 406 Abs. 2 ZPO bezweckt werden soll, der Verzögerung von Prozessen durch verspätete Ablehnungsanträge entgegenzuwirken (vgl. Jeßnitzer/Frieling, Der gerichtliche Sachverständige, 10. Aufl., Rn. 223), ist andererseits zu bedenken, daß der Anspruch einer Pro-
zeßpartei auf einen aus ihrer Sicht unparteiischen Sachverständigen unmittelbarer Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips ist und die Durchsetzung dieses Anspruchs nicht durch verfahrensrechtliche Hürden unangemessen erschwert werden darf. Darauf weist die Rechtsbeschwerde mit Recht hin. Vor diesem Hintergrund darf die Frage nach der Rechtzeitigkeit eines Ablehnungsantrags nicht ausschließlich von der Beurteilung der Umstände des Einzelfalles durch das Prozeßgericht abhängig gemacht werden. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit muß die Partei wissen, welcher Zeitraum ihr zur Prüfung des Gutachtens in jedweder Hinsicht zur Verfügung steht. Muß sich die Partei zur Begründung ihres Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen, läuft die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit im allgemeinen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab. ee) Nach den dargestellten Grundsätzen hat die Klägerin den Befangenheitsantrag gegen den gerichtlichen Sachverständigen am letzten Tag der verlängerten Frist zur Stellungnahme, dem 15. April 2004, noch rechtzeitig gestellt. Die Klägerin hat den Antrag damit begründet, daß der Sachverständige eine einseitige Beweiswürdigung zugunsten des Beklagten zu 2 vorgenommen habe. Diesen Vorwurf hat die Klägerin anhand des Gutachtens im einzelnen belegt. Dafür mußte sie sich offensichtlich mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen. 2. Der Antrag ist aber unbegründet. Er wird ausschließlich auf Umstände gestützt, die ihre Ursache in einer Auseinandersetzung mit dem sachlichen Inhalt des schriftlichen Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen haben. Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögen das Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 5. November
2002 - X ZR 178/01 - FF 2003, Sonderheft 1, 101). Die Klägerin rügt, der Sachverständige habe das Gutachten erstellt, ohne daß ihm originale Krankenunterlagen oder ärztliche Dokumentationen vorgelegen hätten; er habe die Tatsachen unzureichend erfasst und sei deshalb von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Damit erhebt sie den Vorwurf einer fehlerhaften Gutachtenserstattung aufgrund mangelnder Sorgfalt. Dieser Vorwurf begründet aber regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil er nicht die Unparteilichkeit des Sachverständigen betrifft. Der mangelnden Sorgfalt eines Sachverständigen sehen sich beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt. Das Prozeßrecht gibt in den §§ 411, 412 ZPO dem Gericht und den Parteien ausreichende Mittel an die Hand, solche Mängel zu beseitigen und auf ein Gutachten hinzuwirken, das als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung geeignet ist. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.