Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2016 - VI ZB 21/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:130916BVIZB21.15.0
bei uns veröffentlicht am13.09.2016
vorgehend
Landgericht Stuttgart, 18 O 220/12, 27.07.2013
Oberlandesgericht Stuttgart, 5 W 48/13, 30.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 21/15
vom
13. September 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Brüssel-I-VO Art. 27, 30

a) Art. 30 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die
gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen
in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO aF) definiert einheitlich und autonom den
Zeitpunkt, zu dem ein Gericht für die Zwecke der Anwendung der Art. 27 bis 29 EuGVVO
aF als angerufen gilt.

b) Art. 30 EuGVVO aF lässt für die Anrufung im Sinne des Art. 27 EuGVVO aF die Vornahme
eines von zwei Verfahrensschritten - Einreichung des verfahrenseinleitenden
Schriftstücks bei Gericht oder Zustellung des Schriftstücks beim Beklagten - genügen
, sofern der Kläger alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen
, dass auch der zweite Verfahrensschritt bewirkt und die endgültige Rechtshängigkeit
herbeigeführt wird.

c) Zu den Maßnahmen, die der in Deutschland Klagende gemäß Art. 30 Nr. 1 EuGVVO
aF zu treffen hat, um die Zustellung der Klage zu bewirken, gehört die Angabe einer
zutreffenden und vollständigen Anschrift des Beklagten.

d) Ersucht der Kläger, der dem Gericht eine ladungsfähige Anschrift des Beklagten nicht
mitgeteilt hat, das Gericht um Zustellung der Klage an den rechtsgeschäftlich bestellten
Vertreter des Beklagten, so erfüllt er seine prozessualen Obliegenheiten im Sinne
des Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF nur dann, wenn er den richtigen Vertreter, d.h. eine
Person mit Empfangsvollmacht, benennt oder jedenfalls ohne Nachlässigkeit darauf
vertrauen darf, dass der von ihm als Vertreter Benannte tatsächlich Empfangsvollmacht
hat.
BGH, Beschluss vom 13. September 2016 - VI ZB 21/15 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
ECLI:DE:BGH:2016:130916BVIZB21.15.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen von Pentz und Müller und den Richter Dr. Klein
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 1 wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass mit Schreiben der Beklagten vom 10. und 28. Februar 2012 geltend gemachte Schadensersatzansprüche in Höhe von 194.900.000 USD nicht bestehen.
2
Die Klägerin ist eine Holdinggesellschaft mit Sitz in Deutschland und hält Beteiligungen an zwei bekannten deutschen Automobilunternehmen. Die Beklagte zu 1 ist eine Investmentgesellschaft mit Sitz auf den Cayman-Inseln. Sie hat ihren Firmensitz ("registered office") bei der Maples Corporate Services Limited. Deren vollständige Adresse lautet: Maples Corporate Services Limited PO Box 309, Ugland House South Church Street George Town Grand Cayman KY 1-1104 Cayman Islands.
3
Die Beklagte zu 2 ist eine Personengesellschaft nach britischem Recht, die ihren Sitz in London hat. Mit Schreiben vom 10. Februar 2012 zeigten die Rechtsanwälte A. LLP, London, an, dass sie von den Beklagten mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beauftragt worden seien. In dem Schreiben heißt es unter anderem: "Wir vertreten P. ("P. ") und P. (Master) Fund Ltd. (der "Fonds"). Wir sind von unseren Mandanten zu Rate gezogen worden im Zusammenhang mit äußerst erheblichen Verlusten, die diesen infolge des Eingangs von ShortPositionen in Aktien der Volkswagen AG ("VW") in den Jahren 2007 und 2008 entstanden sind … Mit diesem Schreiben möchten wir Sie davon in Kenntnis setzen, dass P. - und/oder der Fonds beabsichtigen, vor dem High Court of England and Wales Ansprüche auf Schadensersatz gegen Sie … geltend zu machen…, und zwar im Hinblick auf Verluste, die aufgrund unrichtiger Angaben hinsichtlich des Umfangs Ihrer Handelsaktivitäten mit VW-Aktien und Ihrer diesbezüglichen Absichten entstanden sind, die im Zeitraum vom 16. November 2006 bis zum 25. Oktober 2008 durch Sie und durch von Ihnen angewiesene oder beauftragte Personen gegenüber unseren Mandanten gemacht wurden."
4
Mit Schreiben vom 28. Februar 2012 teilten die Rechtsanwälte A. der Klägerin u.a. mit: "Wir sind nunmehr von P. (Master) Fund Ltd. ("P. Fund") mandatiert worden, vor dem Handelsgericht des High Court of England and Wales ein Verfahren gegen Porsche Automobil Holding SE ("Porsche") einzuleiten. Bei diesem Schreiben handelt es sich um ein Schreiben vor Geltendmachung eines Anspruchs (letter before claim) nach Maßgabe der Practice Direction on Pre-Action Conduct … Zusammengefasst stellt sich der Fall unseres Mandanten wie folgt dar: Herr G. gab zwischen Dezember 2007 und Oktober 2008 dreimal gegenüber P. Capital (im Namen des von dieser verwalteten Fonds P. Fund) an, dass Porsche nicht beabsichtige, wesentlich mehr als 51 % der Stammaktien ("VW-Stammaktien") der Volkswagen AG ("VW") zu erwerben … Tatsächlich aber baute Porsche heimlich eine Beteiligung von ca. 75 % der VWStammaktien auf … Die unrichtigen Angaben waren aus folgenden Gründen arglistig … Infolge der unrichtigen Angaben durch Porsche und der daraufhin erfolgten Transaktionen entstand P. Fund bei der Glattstellung seiner ShortPositionen ein Verlust von 194,9 Mio. US-Dollar …"
5
Die Klage ging am 7. Juni 2012 beim Landgericht Stuttgart ein. In der Klageschrift ist die Beklagte zu 1 wie folgt bezeichnet: P. (Master) Fund Limited vertreten durch ihre Geschäftsführung c/o Maples Corporate Services Limited PO Box 309, Ugland House South Church Street Cayman Islands.
6
Am 11. Juni 2012 zahlte ein Mitarbeiter der Klägerin den Gerichtskostenvorschuss bei Gericht ein. Am 2. Juli 2012 ordnete das Landgericht das schriftliche Vorverfahren an. Am 21. August 2012 wurde diese Verfügung samt Ab- schrift der Klage nebst Anlagen in Übersetzung und Original der Post mit der in der Klageschrift genannten Adresse der Beklagten zu 1 und des vom Landgericht beigefügten Zusatzes "USA" zum Zwecke der Zustellung per Einschreiben mit Rückschein übergeben. Die Klage gegen die Beklagte zu 2 wurde der Post am selben Tag zum Zwecke der Zustellung per Einschreiben mit Rückschein mit zutreffender Adressangabe ausgehändigt. Auf die in der Klageschrift enthaltene Anregung der Klägerin wurde die Klage außerdem der Post zum Zwecke der Zustellung an die Rechtsanwälte A. mittels internationalen Rückscheins übergeben.
7
Mit am 4. September 2012 beim Landgericht Stuttgart eingegangenem Schreiben teilten die Rechtsanwälte A. mit, dass die Klageschrift am 29. August 2012 bei ihnen eingegangen sei, sie jedoch nicht zustellungsbevollmächtigt seien. Die Zustellung an die Beklagte zu 1 selbst schlug fehl. Der Verbleib der Sendung konnte nicht ermittelt werden. Mit Verfügung vom 13. November 2012 wies das Landgericht die Klägerin darauf hin, dass sie den gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu 1 nicht angegeben habe. Mit Schriftsatz vom 19. November 2012 beantragte die Klägerin, die Klage an die Beklagte zu 1 unter folgender Anschrift zuzustellen: P. (Master) Fund Limited c/o Maples Corporate Services Limited PO Box 309, Ugland House South Church Street Georgetown Grand Cayman Cayman Islands.
8
Am 26. November 2012 übergab die Geschäftsstelle die Klageschrift der Post zum Zwecke der Zustellung. Die Empfängeranschrift auf dem vom Land- gericht vorbereiteten Rückschein enthielt allerdings versehentlich nicht die Angabe "Georgetown, Grand Cayman". Die Sendung wurde am 3. Dezember 2012 von dem Postamt Flughafen der Cayman-Inseln mit dem Hinweis "incomplete address" zurückgesandt und ging am 14. Januar 2013 wieder beim Landgericht Stuttgart ein. Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2013 regte die Klägerin die Zustellung der Klage an die Beklagte zu 1 unter nachfolgender Anschrift an: P. (Master) Fund Limited c/o Maples Fiduciary Services Ugland House South Church Street Georgetown Grand Cayman KY1-1104 Cayman Islands.
9
Noch bevor eine erneute Zustellung veranlasst worden war, beantragten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1 Akteneinsicht. Mit Empfangsbekenntnis vom 25. Januar 2013 bestätigten sie die Zustellung der Klage nebst Anlagen sowie der Verfügung vom 2. Juli 2012 über die Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens. Die Beklagte zu 2 bestätigte durch ihren Prozessbevollmächtigten , dass ihr die Klage am 29. August 2012 zugestellt worden sei.
10
Am 18. Juni 2012 reichte die Beklagte zu 1 beim High Court of Justice in London eine Klage gegen die Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 194.900.000 US-Dollar ein. Gegenstand der Klage sind die mit Schreiben vom 28. Februar 2012 geltend gemachten Schadensersatzansprüche. Im Klageformblatt sind die Rechtsanwälte A. als "claimant´s solicitor´s firm" benannt. Die Klage wurde der Klägerin am 26. November 2012 zugestellt.
11
Die Parteien streiten über die Frage, welches Gericht das zuerst angerufene Gericht im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: EuGVVO aF) ist und das Verfahren auszusetzen hat.
12
Das Landgericht hat den Aussetzungsantrag der Beklagten zu 1 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 hatte keinen Erfolg. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte zu 1 ihren Aussetzungsantrag weiter.

II.

13
Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in IPRax 2015, 430, veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, das Landgericht Stuttgart gelte nach Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF als das zuerst angerufene Gericht im Sinne von Art. 27 Abs. 1 EuGVVO aF. Durch die Einreichung ihrer negativen Feststellungsklage habe die Klägerin die Voraussetzungen für das "Angerufensein" erfüllt. Die ihr damit zukommende Priorität habe sie nicht dadurch verloren, dass sie in der Folge ihren Obliegenheiten nicht nachgekommen wäre. Weder habe die Klägerin den Gerichtskostenvorschuss verspätet eingezahlt noch habe die fehlende Angabe der gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu 1 in der Klageschrift der Zustellung der Klage entgegengestanden. Die Klägerin habe es nicht zu vertreten, dass die Klage der Beklagten zu 1 auf den Cayman-Inseln nicht zugestellt worden sei. Wegen der örtlichen Gegebenheiten auf den Cayman-Inseln sei die Angabe einer Postbox ("P.O. Box") nicht zu beanstanden. Gleiches gelte für die Wahl der Zustellung durch Aufgabe zur Post mit internationalem Rückschein. Außerdem könne eine Obliegenheits- verletzung nicht darin gesehen werden, dass es die Klägerin im Zeitpunkt der Klageeinreichung unterlassen habe, vollständige Angaben zur ladungsfähigen Anschrift der Beklagten zu 1 im Hinblick auf den Zustellungsort - die Stadt "George Town" sowie die Insel "Grand Cayman" - und die Postleitzahl zu machen. Denn für die kaimanesische Postverwaltung seien eine Identifizierung der Empfängerin und eine Zustellung der Klage bereits beim ersten Zustellungsversuch möglich gewesen. Hiervon habe die Klägerin auch ausgehen dürfen. Angesichts der Adressierungsempfehlung von DHL und der erst am 8. August 2006 beschlossenen Einführung von Postleitzahlen auf den Cayman-Inseln sei der Klägerin insoweit keine Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen. Der Klägerin könne schließlich auch kein Versäumnis bei der Ermittlung der Anschrift der Beklagten zu 1 zur Last gelegt werden, da sie sich aus einer seriösen Quelle über die Anschrift der Beklagten zu 1 informiert habe.
14
Unabhängig hiervon sei die auf Anregung der Klägerin erfolgte Zustellung der Klageschrift an die Beklagte zu 1 durch Übermittlung an die Rechtsanwälte A. mittels internationalen Rückscheins nach § 1068 Abs. 1 ZPO zulässig und wirksam gewesen. Einer wirksamen Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken ) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. EU L 324 S. 74; nachfolgend: EuZustVO) stehe es nicht entgegen, dass die Zustellung nicht an die Partei persönlich, sondern an deren Zustellbevollmächtigten im EU-Ausland erfolgt sei. Im Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift am 29. August 2012 sei die Rechtsanwaltsgesellschaft A. nach dem insoweit maßgeblichen englischen Recht empfangsbevollmächtigt gewesen. Zumindest aber müsse sich die Beklagte zu 1 in entsprechender Anwendung der Grundsätze der Duldungsvollmacht das Handeln der Rechtsanwaltsgesellschaft A.
zurechnen lassen, da diese mit Kenntnis der Beklagten zu 1 vorprozessual Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin geltend gemacht habe. Diese Frage sei nach deutschem Recht zu beurteilen.
15
Die Priorität der negativen Feststellungsklage der Klägerin sei schließlich deshalb zu bejahen, weil die Zustellung der Klage an die Beklagte zu 2 Wirkung auch gegenüber der Beklagten zu 1 entfalte. Zwar müsse sich die Beklagte zu 1 die Kenntnis der Beklagten zu 2 nicht nach § 189 ZPO zurechnen lassen. Dies folge schon daraus, dass eine Personenidentität des geschäftsführenden Organs der Beklagten zu 1 und 2 nicht bewiesen sei. Da die Art. 27 ff. EuGVVO aF jedoch das Ziel verfolgten, einander widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, löse die rechtzeitige Zustellung an einen von zwei Beklagten die Prioritätswirkung auch für eine schuldhaft verspätete Zustellung an den anderen Beklagten aus. Dies gelte nicht nur für den Fall, dass zwei Beklagte, bei denen gegenüber einem der Beklagten aufgrund von Versäumnissen des Klägers eine verspätete Zustellung erfolgt sei, im Gegenzug gemeinsam den Kläger des Ausgangsverfahrens verklagten. Gleiches müsse auch dann gelten, wenn nur einer der Beklagten - und sei es derjenige, an den aufgrund von Versäumnissen verspätet zugestellt worden sei - Klage erhebe.

III.

16
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und gemäß § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Mit der Begründung des Beschwerdegerichts kann von einer Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 27 Abs. 1 EuGVVO aF nicht abgesehen werden.
17
1. Art. 27 Abs. 1 EuGVVO aF bestimmt, dass dann, wenn bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht werden, das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aussetzt, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Sobald dies der Fall ist, erklärt sich das später angerufene Gericht gemäß Art. 27 Abs. 2 EuGVVO aF zugunsten dieses Gerichts für unzuständig. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, begründen diese Bestimmungen eine allgemeine Rechtshängigkeitssperre zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts, die grundsätzlich auch durch eine negative Feststellungsklage ausgelöst werden kann mit der Folge, dass dieser der Vorrang gegenüber einer nachfolgenden, auf derselben Grundlage beruhenden Leistungsklage zukommt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 1994, C-406/92, Slg 1994, I-5439 Rn. 40 ff. - Tatry sowie BGH, Urteil vom 8. Februar 1995 - VIII ZR 14/94, NJW 1995, 1758, 1759, jeweils zur Vorgängerbestimmung in Art. 21 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: EuGVÜ); Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 27 EuGVVO Rn. 12, 23 ff.; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht , 3. Aufl., Art. 27 EuGVVO Rn. 33; Thole, IPRax 2015, 406).
18
2. Das Beschwerdegericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Anwendungsbereich des Art. 27 Abs. 1 EuGVVO aF im Streitfall sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher und räumlicher Hinsicht eröffnet ist. Art. 29 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO nF, ABl. EU L 351 S. 1) ist noch nicht anwendbar; er gilt gemäß Art. 81 Satz 2, Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nF erst für Klagen, die ab dem 10. Januar 2015 erhoben worden sind.
19
Der Anwendbarkeit des Art. 27 Abs. 1 EuGVVO aF steht auch nicht entgegen , dass die Beklagte zu 1 ihren Sitz auf den Cayman-Inseln hat. Zwar gehören die Cayman-Inseln zu den im Anhang II des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aufgeführten überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten, für die gemäß Art. 355 Abs. 2 Satz 1 AEUV das im Vierten Teil des Vertrags (Artikel 198 bis 204 AEUV) festgelegte besondere Assoziierungssystem gilt. Sie fallen damit grundsätzlich aus dem territorialen Anwendungsbereich der Verträge über die Europäische Union (EUV) und über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) heraus. Die allgemeinen Vertragsbestimmungen und das sonstige Primär- und Sekundärrecht der Union sind auf sie nur dann anwendbar, wenn die entsprechenden Regelungen ausdrücklich auf sie verweisen (vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2006 - C-300/04, Slg. 2006, I-8055 Rn. 46 - Eman und Sevinger; vom 21. September 1999 - C-106/97, Slg. 1999, I-5983 Rn. 42 - DADI und Douane-Agenten; Schmalenbach in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl., Art. 198 Rn. 5, Art. 355 Rn. 6; Streinz/Kokott, EUV/AEUV, 2. Aufl., Art. 355 Rn. 5 f.). Eine solche Verweisung enthält die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen nicht. Sie erstreckt ihre Geltung für die Mitgliedstaaten nicht auf die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete.
20
Anders als andere Bestimmungen der Verordnung erwähnt Art. 27 EuGVVO aF den (Wohn-)Sitz der Parteien des Rechtsstreits aber nicht. Er verlangt lediglich - was im Streitfall zu bejahen ist - eine Identität der Parteien und des Verfahrensgegenstands der bei den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängigen Rechtsstreitigkeiten; weitere Voraussetzungen stellt die Bestimmung nicht auf (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 - C-523/14, CelexNr. 62014CJ0523 Rn. 40 - Aannemingsbedrijf Aertssen und Aertssen Terrassements ). In Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel, Parallelverfahren vor Gerich- ten verschiedener Mitgliedstaaten und daraus möglicherweise resultierende miteinander unvereinbare Entscheidungen zu verhindern, ist die Bestimmung weit auszulegen (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 - C-523/14, aaO Rn. 39 - Aannemingsbedrijf Aertssen und Aertssen Terrassements). Sie erfasst deshalb grundsätzlich alle Fälle der Rechtshängigkeit vor den Gerichten der Mitgliedstaaten unabhängig vom Wohnsitz der Parteien (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Juni 1991 - C-351/89, Slg. 1991, I-3317 Rn. 16 - Overseas Union Insurance Limited u.a. zur Vorgängerbestimmung in Art. 21 EuGVÜ; Geimer in Geimer/ Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 27 EuGVVO Rn. 14 mwN; Thole, IPRax 2015, 406).
21
3. Die Rechtsbeschwerde wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Beschwerdegerichts, das Landgericht Stuttgart gelte gemäß Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF als das zuerst angerufene Gericht i.S.d. Art. 27 Abs. 1 EuGVVO aF.
22
a) Art. 30 EuGVVO definiert einheitlich und autonom den Zeitpunkt, zu dem ein Gericht für die Zwecke der Anwendung der Art. 27 bis 29 EuGVVO aF als angerufen gilt (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 - C-523/14, CelexNr. 62014CJ0523 Rn. 57 - Aannemingsbedrijf Aertssen und Aertssen Terrassements ; Beschluss vom 16. Juli 2015 - C-507/14, Celex-Nr. 62014CB0507 Rn. 30, 32). Dies ist entweder der Zeitpunkt, zu dem das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei Gericht eingereicht worden ist, vorausgesetzt der Kläger hat es in der Folge nicht versäumt, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um die Zustellung des Schriftstücks an den Beklagten zu bewirken (Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF), oder - wenn die Zustellung wie in den romanischen Rechtsordnungen an den Beklagten vor Einreichung des Schriftstücks bei Gericht zu bewirken ist - der Zeitpunkt, zu dem die für die Zustellung verantwortliche Stelle das Schriftstück erhalten hat, vorausgesetzt der Kläger hat es in der Folge nicht versäumt, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um das Schriftstück bei Gericht einzureichen (Art. 30 Nr. 2 EuGVVO aF). Die Vorschrift bringt damit die divergierenden mitgliedstaatlichen Regelungen zur Prozesseinleitung in Einklang. Sie lässt für die Anrufung im Sinne des Art. 27 EuGVVO aF die Vornahme eines von zwei Verfahrensschritten - Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei Gericht oder Zustellung des Schriftstücks beim Beklagten - genügen, sofern der Kläger alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass auch der zweite Verfahrensschritt bewirkt und die endgültige Rechtshängigkeit ("saisine définitive") herbeigeführt wird (vgl. EuGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 - C-507/14, aaO Rn. 31: "… deux étapes procédurales que sont la notification ou la signification et l’inscription de l’affaire auprès de la juridiction compétente …", Rn. 32: "… de la saisine d’une juridiction qui est déterminée, selon le système procédural considéré , par la réalisation d’un seul acte, à savoir le dépôt de l’acte introductif d’instance ou la notification …", Rn. 37: "… la saisine de la juridiction nécessite non pas la réalisation de deux conditions, à savoir le dépôt de l’acte introductif d’instance ou d’un acte équivalent ainsi que la notification ou la signification au défendeur de cet acte, mais d’une seule …"; Urteil vom 22. Oktober 2015 - C-523/14, aaO Rn. 59: "… provided however that the Aertssen companies did not omit to take the measures which they were, again under the applicable national law, obliged to take to ensure that the document lodged should thereafter be served on the defendants"; Begründung des Kommissionsentwurfs, KOM (1999) 348 endg., S. 22 = BR-Drucks. 534/99, S. 21; Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 30 EuGVVO Rn. 1 ff.; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 30 EuGVVO Rn. 4 ff., 12). Ob das Schriftstück in der Folge auch zugestellt (Nr. 1) bzw. bei Gericht eingereicht wird (Nr. 2), ist dagegen unerheblich. Die Anrufung im Sinne des Art. 27 EuGVVO aF setzt nicht voraus, dass beide Maßnahmen kumulativ bewirkt wor- den sind (vgl. EuGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 - C-507/14, aaO Rn. 32, 37; Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 30 EuGVVO Rn. 4; Geimer in Geimer /Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 30 EuGVVO Rn. 17; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Art. 32 EuGVVO Rn. 4; Art. 16 EuEheVO Rn. 7 f.; Rauscher/Leible, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl., Art. 32 Brüssel Ia-VO Rn. 5; Thole, IPRax 2015, 406, 408).
23
Welche Alternative des Art. 30 EuGVVO aF einschlägig ist, d.h. in welcher Reihenfolge die Einreichung bei Gericht und die Zustellung an den Beklagten zu erfolgen hat, ist nach der lex fori zu beurteilen. Gleiches gilt für die Fragen , welche Maßnahmen hierfür erforderlich sind und ob der Kläger alles Erforderliche getan hat, um die Zustellung an den Beklagten zu bewirken bzw. das Schriftstück bei Gericht einzureichen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 - C-523/14, aaO Rn. 57 ff.; Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 30 EuGVVO Rn. 4; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 30 EuGVVO Rn. 8 ff.; Försterling in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 30 VO (EG) 44/2001 Rn. 4, 6 (Stand: Januar 2005); Rauscher/Leible, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl., Art. 32 Brüssel Ia-VO Rn. 7). Letzteres ist zu verneinen, wenn eine dem Kläger zuzurechnende Nachlässigkeit gegeben ist ("négligence imputable au demandeur", vgl. EuGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 - C-507/14, aaO Rn. 39 zu dem Art. 30 EuGVVO aF im Wesentlichen entsprechenden Art. 16 EuEheVO).
24
b) Gemessen an diesen Grundsätzen begegnet die Beurteilung des Beschwerdegerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken, das Landgericht Stuttgart gelte gemäß Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF als am 11. Juni 2012 angerufen , so dass der im vorliegenden Verfahren erhobenen negativen Feststellungsklage gemäß Art. 27 Abs. 1 EuGVVO aF der Vorrang vor der erst am 18. Juni 2012 bei dem High Court in London eingereichten Leistungsklage der Beklagten zu 1 zukomme. Zwar hat die Klägerin ihre Klage am 7. Juni 2012 bei dem Landgericht Stuttgart eingereicht. Die bisherigen Feststellungen rechtfertigen aber nicht die Beurteilung, die Klägerin habe die ihr nach deutschem Recht obliegenden Maßnahmen vollständig ergriffen, um die Zustellung der Klage an die Beklagte zu 1 zu bewirken.
25
aa) Das Beschwerdegericht hat allerdings zutreffend angenommen, dass die Klägerin den für die Zustellung der Klage gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG erforderlichen Gerichtskostenvorschuss rechtzeitig eingezahlt hat (vgl. BGH, Urteile vom 25. September 2015 - V ZR 203/14, NJW 2016, 568 Rn. 13; vom 3. September 2015 - III ZR 66/14, NJW 2015, 3101 Rn. 19; jeweils mwN). Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde auch nicht.
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bb) Die Klägerin hat es aber jedenfalls bis zum 14. Januar 2013 versäumt , dem Gericht eine zustellungsfähige Anschrift der Beklagten zu 1 mitzuteilen.
27
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Kläger in der Klageschrift eine ladungsfähige Anschrift des Beklagten anzugeben , weil sonst die Zustellung der Klageschrift und damit die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses nicht möglich ist (Senatsurteile vom 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358, 363; vom 20. Januar 2015 - VI ZR 137/14, VersR 2015, 582 Rn. 14; BGH, Urteile vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332; vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 92/87, FamRZ 1988, 1154, 1156; vom 4. März 2011 - V ZR 190/10, NJW 2011, 1738 Rn. 11; Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08, NJW-RR 2009, 1009 Rn. 11; BVerfG, NJW 2012, 2869 Rn. 13). Er muss die Anschrift des Beklagten richtig und vollständig mitteilen (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358, 363; BGH, Urteile vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284 Rn. 16; vom 25. Februar 1971 - VII ZR 181/69, NJW 1971, 891, 892 und vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 92/87 - FamRZ 1988, 1154, 1155 f.). Dies gilt auch für eine im Ausland zuzustellende Klage (vgl. BGH, Urteile vom 8. März 1979 - IX ZR 92/74, BGHZ 73, 388, 390 f.; vom 11. Juli 2003 - V ZR 414/02, NJW 2003, 2830, 2831).
28
(2) Die nach diesen Grundsätzen erforderliche Angabe einer zutreffenden und vollständigen Anschrift des Beklagten gehört zu den Maßnahmen, die dem in Deutschland Klagenden gemäß Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF obliegen, um die Zustellung der Klage zu bewirken (vgl. Rauscher/Leible, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl., Art. 32 Brüssel Ia-VO Rn. 7; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 30 EuGVVO Rn. 14; Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 30 EuGVVO Rn. 8; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., Art. 32 EuGVVO Rn. 4; Nieroba, Die europäische Rechtshängigkeit nach der EuGVVO (Verordnung (EG) Nr. 44/2001) an der Schnittstelle zum nationalen Zivilprozessrecht, 2006, S. 74; ebenso zu dem im Wesentlichen gleichlautenden Art. 16 EuEheVO: Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., Art. 16 EuEheVO Rn. 3; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Art. 16 EuEheVO Rn. 4; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 16 VO (EG) Nr. 2201/2003 Rn. 7; PG/Völker/Dimmler, ZPO, 8. Aufl., Art. 16 Brüssel IIa-VO Rn. 2; Dilger in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 16 VO (EG) 2201/2003 Rn. 6 (Stand: Juli 2013); zu Art. 9 EuUntVO Rauscher/Andrae, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl., Art. 9 EG-UntVO Rn. 4; Reuß in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 9 VO Nr. 4/2009 Rn. 5 (Stand: Oktober 2011); zu Art. 14 EuErbVO Jäger in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 14 Europäische Erbrechtsverordnung 2012 Rn. 15 (Stand: Juni 2015)). Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass der Kläger die erforderlichen Angaben nach deutschem Recht nicht erst "in der Folge" der Einreichung der Klage (vgl. Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF), sondern bereits in der Klageschrift und da- mit bei Einreichung der Klage machen muss (vgl. EuGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 - C-507/14, aaO Rn. 39: "… en ce qu’il aurait omis de prendre les mesures qu’il est tenu de prendre pour que l’acte soit notifié ou signifié au dé- fendeur"; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., Art. 32 EuGVVO nF Rn. 1; Schuster, RIW 2015, 798, 800; Thole, IPRax 2015, 406, 407). Denn erfüllt der Kläger die ihn bereits mit der Klageeinreichung treffenden Obliegenheiten nicht, so obliegt ihm deren Befolgung weiterhin, also auch in der Folge der Klageeinreichung.
29
(3) Die Angaben der Klägerin in der Klageschrift in Bezug auf die Anschrift der Beklagten zu 1 waren unzureichend, weil sie weder den Bestimmungsort noch die konkrete Insel noch die Postleitzahl enthielten (ebenso Schuster, RIW 2015, 798, 802; vgl. auch Thole, IPRax 2015, 406, 408).
30
(a) Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 2 ZPO soll durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden, wenn Schriftstücke aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen unmittelbar durch die Post übersandt werden dürfen. Diese Möglichkeit ist im Verhältnis zu den Cayman-Inseln nach Art. 6 des Deutsch-Britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 20. März 1928 (RGBl. II 623), in dessen Anwendungsbereich die Cayman-Inseln fallen (vgl. die Bekanntmachung vom 21. Januar 1970, BGBl. II 43), gegeben. Dieses Abkommen geht dem Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15. November 1965 (HZÜ 1965, BGBl. 1977 II 1452, 1453; Bekanntmachung vom 23. Juni 1980, BGBl. II 907, 915) nach dessen Art. 25 vor (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 183 Rn. 6, 101; Strasser, RpflStud 2011, 25, 26). Die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (EuZustVO) findet im Verhältnis zu den Cayman-Inseln keine Anwendung (vgl. Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 1 VO (EG) Nr. 1393/2007 Rn. 30 i.V.m. Einl. EuGVVO Rn. 230). Wie bereits ausgeführt gehören die Cayman-Inseln zu den im Anhang II des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aufgeführten überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten, für die gemäß Art. 355 Abs. 2 Satz 1 AEUV das im Vierten Teil des Vertrags (Artikel 198 bis 204 AEUV) festgelegte besondere Assoziierungssystem gilt und die damit grundsätzlich aus dem territorialen Anwendungsbereich der Verträge herausfallen; die allgemeinen Vertragsbestimmungen und das sonstige Primär- und Sekundärrecht der Union sind auf sie nur dann anwendbar, wenn die entsprechenden Regelungen ausdrücklich auf sie verweisen (vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2006 - C-300/04, Slg. 2006, I-8055, Rn. 46 - Eman und Sevinger; vom 21. September 1999 - C-106/97, Slg. 1999, I-5983, Rn. 42 - DADI und Douane-Agenten; Schmalenbach in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl., Art. 198 Rn. 5, 355 Rn. 6; Streinz/Kokott, EUV/AEUV, 2. Aufl., Art. 355 Rn. 5 f.). Die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen enthält keine derartige Verweisung; sie erstreckt ihre Geltung für die Mitgliedstaaten nicht auf die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete.
31
(b) Damit oblag es der Klägerin, dem Gericht - in dessen Ermessen unabhängig von einer etwaigen Anregung der Klägerin die Form der Zustellung stand (Senatsurteil vom 15. Januar 2013 - VI ZR 241/12, NJW-RR 2013, 435 Rn. 13) - eine auch für die Zustellung auf dem Postweg genügende Anschrift mitzuteilen. Auch wenn eine Postsendung für einen Empfänger im Ausland bestimmt ist, bildet die Angabe des regelmäßig durch eine Postleitzahl ("postal code") oder eine Zustellbereichsnummer konkretisierten Bestimmungsortes ei- nen Teil der Adresse, der für den ordnungsgemäßen, störungsfreien Postweg wesentlich ist. Dem tragen die - aufgrund von Art. 3 des Gesetzes zu den Verträgen vom 15. September 1999 des Weltpostvereins vom 18. Juni 2002 (BGBl. II S. 1446) mit Verordnung vom 9. April 2003 (BGBl. II 330) in Kraft gesetzten - Ergänzenden Briefpostbestimmungen vom 1. Dezember 1999 (abgedruckt im Anlageband zum Amtsblatt Nr. 12 der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 18. Juni 2003) in Art. RE 204 Nr. 3.3 mit der Bestimmung Rechnung, dass die Postverwaltungen den Postbenutzern empfehlen müssen, die Anschrift des Empfängers präzise und vollständig abzufassen und den - in Großbuchstaben geschriebenen - Namen des Bestimmungsortes und des Bestimmungslandes gegebenenfalls durch die Postleitzahl oder die entsprechende Zustellbereichsnummer zu ergänzen (vgl. zu Art. 113 Nr. 1d der Vollzugsordnung vom 14. November 1969 zum Weltpostvertrag: BGH, Urteil vom 8. März 1979 - IX ZR 92/74, BGHZ 73, 388, 391). Die Deutsche Post AG, die gemäß Art. 4 des Gesetzes zu den Verträgen vom 15. September 1999 des Weltpostvereins vom 18. Juni 2002 die sich aus dem Weltpostvertrag ergebenden Rechte und Pflichten der Postverwaltung gegenüber den Benutzern und anderen Postverwaltungen wahrnimmt, kommt dieser Verpflichtung auf ihrer Internetseite (https://www.deutschepost.de/de/b/briefe-ins-ausland/laenderinformationen.html ) nach. In der Rubrik "Ausführliche Informationen speziell für Ihr Zielland" erscheint nach Eingabe des Ziellandes (hier: Kaimaninseln) in der Rubrik "Versand" der Hinweis: "Um einen internationalen Versand Ihrer Sendung gewährleisten zu können, gestalten Sie die Adressierung bitte wie im jeweiligen Zielland vorgegeben." Darunter befindet sich ein Link, über den die vom Weltpostverein (Universal Postal Union, UPU) herausgegebene Anweisung zur richtigen Adressierung einer für die Cayman-Inseln bestimmten Postsendung abrufbar ist ("UPU Dokument als PDF öffnen"). Dem Dokument der UPU - so auch dem von der Beklagten zu 1 mit Schriftsatz vom 14. März 2014 vorgelegten Dokument der UPU mit Stand 06/2009 - ist bereits durch einen Blick auf den exemplarisch abgebildeten adressierten Briefumschlag zu entnehmen , dass sowohl die jeweilige Insel (Grand Cayman, Cayman Brac oder Little Cayman) als auch die Postleitzahl anzugeben sind.
32
Diese Anforderungen an die Adressierung stellt die Rechtsbeschwerdeerwiderung auch nicht in Abrede. Sie räumt vielmehr ausdrücklich ein, dass die Angabe der Postleitzahl für eine Postzustellung auf den Cayman Inseln "grundsätzlich notwendig" sei und beruft sich darauf, dass es im Streitfall auch ohne die Angabe der Postleitzahl jedem Postbediensteten klar gewesen sei, wohin die Sendung gehöre. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Maßgeblich ist im Anwendungsbereich des Art. 30 EuGVVO aF allein, ob der Kläger die ihm nach der lex fori obliegenden Maßnahmen getroffen hat, um eine Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks zu bewirken. Dagegen ist es unerheblich, ob die Postverwaltung das Schriftstück trotz unzureichender Adressierung hätte zustellen und den Mangel der Adressierung damit hätte heilen können (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 1998 - IVb ZR 92/87, FamRZ 1988, 1154, 1156; Schuster , RIW 2015, 798, 802).
33
Dass die korrekte Adressierung eines für die Cayman-Inseln bestimmten Schriftstücks sowohl die Angabe der jeweiligen Insel als auch der Postleitzahl erfordert, wird auch durch den Umstand belegt, dass die Postverwaltung der Cayman-Inseln die Sendung im Rahmen des zweiten Zustellversuchs mit dem Vermerk "incomplete address" zurückgesandt hat. Die für diesen Zustellversuch verwendete Adresse des Empfängers war diejenige, die die Klägerin in der Klageschrift angegeben hatte; sie enthielt weder den Bestimmungsort noch die Insel noch die Postleitzahl.
34
(4) Das Versäumnis, dem Gericht eine vollständige Anschrift der Beklagten zu 1 mitzuteilen, ist der Klägerin auch zuzurechnen (vgl. EuGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 - C-507/14, aaO Rn. 39 zu dem Art. 30 EuGVVO aF im Wesentlichen entsprechenden Art. 16 EuEheVO). Denn es hätte bei gewissenhafter Prozessführung vermieden werden können. Die Klägerin hat nicht die ihr möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung der zustellungsfähigen Anschrift der Beklagten zu 1 ergriffen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 - IX ZR 205/00, VersR 2005, 990, 991). Sie durfte sich insbesondere nicht auf die Vollständigkeit des von ihr als Quelle für die Adressangabe in der Klageschrift angeführten "Search Report" verlassen.
35
(a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass es dem Kläger grundsätzlich nicht obliegt, im Rahmen der Ermittlung der Anschrift des Beklagten einen Handelsregisterauszug oder eine öffentliche Urkunde anzufordern. Vielmehr genügt es, wenn er sich aus einer zuverlässigen Quelle über die zustellungsfähige Anschrift des Beklagten informiert.
36
(b) Diesen Anforderungen hat die Klägerin aber nicht entsprochen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts handelt es sich bei dem von der Klägerin auf der Internetseite des General Registry der Cayman Islands über das dortige Angebot "entity search" abgerufenen "Search Report" nicht um eine verlässliche Quelle in diesem Sinne. Der "Search Report" erhebt weder den Anspruch, über die zustellungsfähige Anschrift des betroffenen Unternehmens zu informieren, noch weist er diese tatsächlich aus. Er enthält verschiedene Rubriken wie "Entity Name", "Jurisdiction", "Formation Date", "Registration Date" und "Entity Type", aber keinen Abschnitt, in dem eine zustellungsfähige Anschrift ausgewiesen wird. Soweit in der Rubrik "Registered Office" Adressangaben enthalten sind, sind diese offensichtlich so rudimentär, dass sie Anlass zu ernsthaften Zweifeln gaben, ob eine Postzustellung an diese Adresse mög- lich sein würde. Sie durften deshalb nicht als verlässliche Auskunft über die zustellungsfähige Anschrift angesehen werden. Denn sie weisen entgegen allen nationalen und internationalen Regeln und Gepflogenheiten im Postverkehr weder einen Bestimmungsort noch eine Postleitzahl oder eine Zustellbereichsnummer aus.
37
Die Rechtsbeschwerdeerwiderung verweist auch ohne Erfolg darauf, dass das Abfrageergebnis der "entity search" ausweislich der allgemeinen Beschreibung auf der Internetseite des General Registry die "address" des jeweiligen Unternehmens enthalten soll. Diesem Umstand kann nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, dass es sich dabei um die Postanschrift und damit um die zustellungsfähige Anschrift des Unternehmens handelt. Wie sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Auszug der Internetseite des Cayman Islands Government General Registry ergibt, wird im General Registry zwischen der "address" (Anschrift) und der "mailing address" (Postanschrift) unterschieden. Während die angegebene "address" des Registrar General neben der Bezeichnung "Government Administration Building" lediglich die Angabe der Straße und des Bestimmungsortes "George Town" enthält, werden im Rahmen der "Mailing Address" die maßgebliche Insel (Grand Cayman), die Postleitzahl (KY1-9000) und die Länderbezeichnung angegeben.
38
Abgesehen davon ist es letztlich nicht entscheidend, welchen Inhalt der mit Hilfe der "entity search" abgerufene "search report" nach der allgemeinen Beschreibung haben sollte, sondern welchen Inhalt er tatsächlich hatte. Da die Adressangaben - wie bereits ausgeführt - wesentliche Bestandteile einer üblichen Postanschrift nicht enthielten und deshalb Anlass zu Zweifeln gaben, ob eine Postzustellung an diese Adresse möglich sein würde, hätte die Klägerin diesen Zweifeln nachgehen müssen. Schon bei näherer Befassung mit dem Internetauftritt des General Registry, insbesondere den dort bereitgehaltenen, von ihr selbst im Verfahren vorgelegten Kontaktinformationen des Registrar General und des General Registry, hätte sie unschwer feststellen können, dass es sich bei den rudimentären Adressangaben in der Rubrik "Registered Office" im "search report" nicht um die vollständige Postanschrift der Beklagten zu 1 handeln kann. Dies erschließt sich ohne weiteres nicht nur aus der Differenzierung zwischen "address" und "mailing address", sondern ebenso aus dem Umstand , dass auch die unter "Useful Information, Contact Us" bereitgehaltenen Kontaktdaten des General Registry sich nicht auf die Angabe einer Straße beschränkten , sondern zusätzlich die maßgebliche Insel (Grand Cayman) und die Postleitzahl (KY1-9000) auswiesen. Die Notwendigkeit der Angabe der Insel und der Postleitzahl ließ sich unschwer auch den Internetseiten des Cayman Islands Postal Service (http://www.caymanpost.gov.ky/portal/page/portal/ poshome, Rubrik: "Postcode Finder Chart" (Stand 2008) bzw. "Addressing Mail"), des Weltpostvereins (http://www.upu.int/en/activities/addressing/postaladdressing -systems-in-member-countries.html) oder der Deutschen Post AG (https://www.deutschepost.de/de/b/briefe-ins-ausland/laenderinformationen.html) entnehmen.
39
Da der mit Hilfe der "entity search" abgerufene "Search Report" nicht als verlässliche Quelle zur Ermittlung der zustellungsfähigen Anschrift der Beklagten zu 1 angesehen werden durfte, war die Klägerin gehalten, weitergehende Maßnahmen zur Anschriftenermittlung zu ergreifen, wie beispielsweise eine Internetrecherche zur Beklagten zu 1 bzw. ihres "Registered Office", die Nutzung der weitergehenden Informationsangebote auf der Internetseite des General Registry, insbesondere des Cayman Online Registry Information Service (CORIS), oder eine Anfrage beim Registrar General der Cayman Islands. Dass es ihr gelungen wäre, die zustellungsfähige Anschrift der Beklagten zu 1 zu ermitteln , zeigt der von der Klägerin mit dem Antrag auf erneute Zustellung der Klage am 21. November 2012 vorgelegte Ausdruck der Internetseite der Maples Corporate Services Limited, der im Rahmen der Adresse sowohl die Insel (Grand Cayman) als auch die Postleitzahl (KY1-1104) ausweist.
40
cc) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet auch die Hilfsbegründung des Beschwerdegerichts, das Versäumnis der Klägerin, dem Gericht eine zustellungsfähige Anschrift der Beklagten zu 1 mitzuteilen, sei jedenfalls deshalb bedeutungslos, weil die Klage den von der Klägerin in der Klageschrift als anwaltliche Vertreter der Beklagten zu 1 benannten Rechtsanwälten A. gemäß § 1068 Abs. 1 ZPO wirksam zugestellt worden sei.
41
(1) Unzutreffend ist zunächst der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Abgesehen davon, dass § 1068 Abs. 1 ZPO nur den Nachweis der Zustellung gemäß Art. 14 EuZustVO regelt, kommt es im Rahmen des Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF - wie unter Ziffer 3 a) ausgeführt - nicht auf die Wirksamkeit der Zustellung, sondern darauf an, ob der Kläger alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die Klage dem Beklagten zugestellt wird.
42
(2) Letzteres ist in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden, in der der Kläger es versäumt hat, die für eine unmittelbare Zustellung an den Beklagten erforderliche zustellungsfähige Anschrift mitzuteilen, das Gericht aber zusätzlich um Zustellung der Klage an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter des Beklagten ersucht hat, nur dann zu bejahen, wenn der Kläger den richtigen Vertreter , d.h. eine Person mit Empfangsvollmacht, benannt hat oder jedenfalls ohne Nachlässigkeit darauf vertrauen darf, dass der von ihm als Vertreter Benannte tatsächlich Empfangsvollmacht hat. Denn fehlt es an einer Empfangsvollmacht und damit an der Vertreterstellung der benannten Person, so ist der Zustellungsversuch von vornherein aussichtslos.
43
(a) Die Frage, ob an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter, wie vom Landgericht im Streitfall verfügt, als Adressaten zugestellt werden darf, richtet sich nach nationalem Recht. Die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (EuZustVO), die gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 Satz 1 auf die Übermittlung der Klage zum Zwecke der Zustellung an die in Großbritannien ansässigen Rechtsanwälte A. anwendbar ist, regelt diese Frage nicht. Sie beschränkt sich in ihrem Regelungsbereich weitgehend auf den eigentlichen Vorgang der Übersendung des Schriftstücks, enthält hingegen keine Aussagen dazu, wie der Zustellungsadressat zu bestimmen ist (vgl. Rauscher /Heiderhoff, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl., Einl EG-ZustVO 2007 Rn. 20 f., 27; Art. 14 EG-ZustVO Rn. 10; Schlosser in Schlosser/Hess, EuZPR, 4. Aufl., Art. 1 EuZVO Rn. 7; Art. 14 Rn. 5; Thole, IPRax 2015, 406, 409; Lindacher, ZZP 114 (2001), 179, 188; MünchKommZPO/Rauscher, 4. Aufl., Anh. §§ 1067 ff. Art. 14 VO (EG) 1393/2007 Rn. 8; vgl. auch den Bericht der Kommission über die Anwendung der EuZustVO vom 4. Dezember 2013, KOM (2013) 858 endg., S. 14 f.).
44
(b) Gemäß § 171 Satz 1 ZPO kann an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Die Vorschrift regelt sowohl den Fall, in dem die Vertretung dem Zusteller erstmals bei Ausführung der Zustellung zur Kenntnis gebracht wird (vgl. § 171 Satz 2 ZPO), als auch denjenigen, in dem der gewillkürte Vertreter bereits im Zustellungsauftrag als Adressat der Zustellung bezeichnet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - V ZB 131/11, juris Rn. 8; OLG Düsseldorf, NJW 2010, 3729; OLG Köln, GRUR-RR 2005, 143, 144; MünchKommZPO/Häublein, 5. Aufl., § 171 Rn. 2; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 171 Rn. 2; vgl. zu § 173 ZPO aF: BGH, Beschluss vom 10. Juli 1972 - AnwZ(Brfg) 26/71, MDR 1972, 946). Die Auffassung, die Bestimmung erfasse lediglich die zuerst genannte Fallgestaltung (Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 171 Rn. 2; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 171 Rn. 1; PG/Tombrink, ZPO, 8. Aufl., § 166 Rn. 3), überzeugt nicht. Nach der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz ) sollte der auf die Vertretung durch Generalbevollmächtigte und Prokuristen beschränkte Anwendungsbereich des § 173 ZPO aF mit der Neufassung des § 171 ZPO auf alle Personen erweitert werden, die rechtsgeschäftlich zum Vertreter bestellt worden sind. Damit sollten auch, aber nicht nur die Fälle geregelt werden, in denen die Vertretung erstmals dem die Zustellung Ausführenden angezeigt wird (BT-Drucks. 14/4554, S. 17). Mit dieser Zielsetzung wäre es nicht vereinbar, wenn der Anwendungsbereich der Normauf die zuletzt genannte Fallgestaltung beschränkt würde.
45
Wird an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter als Adressaten zugestellt , hängt die Wirksamkeit der Zustellung nur davon ab, dass im Zeitpunkt der Zustellung eine wirksame Vollmacht vorliegt, die sich auf die Entgegennahme zuzustellender Schriftstücke erstreckt. Es ist nicht erforderlich, dass die Vollmacht auch vorgelegt wird (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - V ZB 131/11, juris Rn. 8; MünchKommZPO/Häublein, 5. Aufl., § 171 Rn. 3 f.; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 171 Rn. 15). Die Zustellung ist aber unwirksam , wenn eine Vollmacht nicht besteht oder ihr Umfang die Entgegennahme des zuzustellenden Schriftstücks nicht abdeckt (vgl. MünchKommZPO /Häublein, aaO Rn. 3 f.; Roth in Stein/Jonas, ZPO, aaO Rn. 4; Rohe in Wieczorek/Schütze, aaO Rn. 15; Zöller/Stöber, aaO Rn. 4; sowie zu § 172 ZPO: BGH, Urteil vom 6. April 2011 - VIII ZR 22/10, NJW-RR 2011, 997 Rn. 13, 15; BVerfG, NJW 2007, 3486, 3488). Benennt der Kläger eine Person - beispielsweise den vorprozessualen Vertreter des Beklagten - als Zustellungsadressaten und erweist sich diese Person als nicht vertretungsbefugt, so trägt der Kläger das damit einhergehende Risiko nicht wirksamer Zustellung. Denn die unzutreffende Benennung des Adressaten darf nicht zu Lasten des Beklagten gehen (vgl. MünchKommZPO/Häublein, aaO Rn. 3; § 172 Rn. 6 sowie zu § 172 ZPO: BGH, Urteil vom 6. April 2011 - VIII ZR 22/10, NJW-RR 2011, 997 Rn. 13, 15; BVerfG, NJW 2007, 3486, 3488).
46
(c) Gemessen an diesen Grundsätzen erfüllt ein Kläger seine prozessualen Obliegenheiten in Hinblick auf die Zustellung an einen rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter des Beklagten nur dann, wenn er eine tatsächlich zum Empfang des zuzustellenden Schriftstücks bevollmächtigte Person als Zustellungsadressaten benennt oder jedenfalls ohne Nachlässigkeit darauf vertrauen darf, dass der von ihm als Vertreter Benannte tatsächlich Empfangsvollmacht hat. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn ihm vor einer entsprechenden Benennung gegenüber dem Gericht von dem Beklagten oder dessen Bevollmächtigtem Kenntnis vom Bestehen einer Empfangsvollmacht gegeben wurde. Denn lediglich in diesen Fällen hat der Zustellungsversuch Aussicht auf Erfolg. Fehlt es dagegen an einer Empfangsvollmacht und damit an der Vertreterstellung der benannten Person, ist der Zustellungsversuch - von dem unwahrscheinlichen und hier nicht gegebenen Fall der Bevollmächtigung des als Vertreter Benannten nach dessen Benennung im Zustellungsauftrag aber vor der Zustellung abgesehen - aussichtslos.
47
(3) Die Feststellungen des Beschwerdegerichts rechtfertigen nicht die Annahme, die Klägerin habe insoweit ihre Obliegenheiten im Sinne des Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF erfüllt.
48
(a) Allerdings folgt eine Obliegenheitsverletzung nicht bereits daraus, dass die Klägerin in der Klageschrift lediglich angeregt und nicht beantragt hatte , die Klage auch an die Rechtsanwälte A. zuzustellen. Da das Gericht über die Zustellung an einen Empfangsbevollmächtigten gemäß § 171 ZPO nach pflichtgemäßem Ermessen von Amts wegen entscheidet (BGH, Beschluss vom 6. November 2013 - I ZB 48/13, GRUR 2014, 705 Rn. 9 - Inländischer Admin- C), konnte mehr als eine solche Anregung von der Klägerin nicht verlangt werden.
49
Die Klägerin hat die Rechtsanwälte A. auch zweifelsfrei als weitere Zustellungsadressaten neben der Beklagten zu 1 benannt. Durch die Bezeichnung der Rechtsanwälte als anwaltliche Vertreter der Beklagten und die Anregung, die Klage an sie zuzustellen, hat sie eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die angegebenen Vertreter für den Empfang der Klage zustellungsbevollmächtigt seien. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es insoweit weder einer ausdrücklichen Erklärung noch einer näheren Erläuterung, woraus die Klägerin die Empfangsvollmacht der Rechtsanwälte A. ableitet.
50
(b) Die Rechtsbeschwerde wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Beschwerdegerichts, die Rechtsanwälte A. seien bevollmächtigt gewesen, die Klageschrift im vorliegenden Verfahren entgegenzunehmen; eine entsprechende Vollmacht sei sowohl ihrer vorprozessualen Bevollmächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen mittels eines "letter before claim" als auch der ihnen erteilten Prozessvollmacht für das Verfahren vor dem High Court zu entnehmen.
51
(aa) Das Beschwerdegericht hat seiner Beurteilung allerdings zu Recht englisches Recht zugrunde gelegt. Für das Bestehen, den Umfang und die Auslegung einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht ist das Recht des Staates maßgeblich, in dem die Vollmacht ihre Wirkung entfalten bzw. von ihr Gebrauch gemacht werden soll (vgl. BGH, Urteile vom 4. März 2013 - NotZ(Brfg) 9/12, BGHZ 196, 271 Rn. 26; vom 3. Februar 2004 - XI ZR 125/03, BGHZ 158, 1, 6; jeweils mwN). Bei der Verweisung auf das Recht des Wirkungslandes handelt es sich gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EGBGB um eine Sachnormverweisung , so dass eine etwaige Rückverweisung nicht beachtlich ist (vgl. Pa- landt/Thorn, BGB, 75. Aufl., Anh zu Art. 10 EGBGB Rn. 1). Da die Rechtsanwälte A. von der Vollmacht am Sitz ihrer Kanzlei in London Gebrauch machen sollten, findet auf die vorprozessual erteilte Vollmacht englisches Recht Anwendung.
52
Gleiches gilt für die den Rechtsanwälten A. für das Verfahren vor dem High Court in London erteilte Prozessvollmacht. Denn Prozessvollmachten unterliegen in vollem Umfang dem am Gerichtsstand des jeweiligen Prozesses - hier England - geltenden Recht (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1990 - VII ZR 218/89, NJW 1990, 3088; MünchKommBGB/Spellenberg, 6. Aufl., Vorbemerkung zu Art. 11 EGBGB Rn. 74 mwN).
53
(bb) Die Rechtsbeschwerde rügt aber mit Erfolg, dass das Beschwerdegericht den Inhalt des maßgeblichen englischen Rechts nur unzureichend ermittelt hat.
54
(α) Ausländisches Recht ist auch nach der Neufassung des § 545 Abs. 1 ZPO durch das FGG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) nicht revisibel; die fehlerhafte Ermittlung ausländischen Rechts kann jedoch mit der Verfahrensrüge angegriffen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 4.Juli 2013 - V ZB 197/12, BGHZ 198, 14 Rn. 13 ff.; Urteil vom 14. Januar 2014 - II ZR 192/13, NJW 2014, 1244 Rn. 14; jeweils mwN).
55
(β) Gemäß § 293 ZPO hat der Tatrichter ausländisches Recht von Amts wegen zu ermitteln. Wie er sich diese Kenntnis verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Jedoch darf er sich bei der Ermittlung des fremden Rechts nicht auf die Heranziehung der Rechtsquellen beschränken, sondern muss auch die konkrete Ausgestaltung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, insbesondere die ausländische Rechtsprechung, berücksichtigen. Der Tatrichter ist gehalten, das Recht als Ganzes zu ermitteln, wie es sich in Lehre und Rechtsprechung entwickelt hat, und dabei die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen auszuschöpfen. Vom Revisionsgericht wird insoweit lediglich überprüft, ob der Tatrichter sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere sich anbietende Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft hat (BGH, Urteil vom 14. Januar 2014 - II ZR 192/13, NJW 2014, 1244 Rn. 15; Beschluss vom 30. April 2013 - VII ZB 22/12, MDR 2013, 866 Rn. 39; Urteile vom 23. Juni 2003 - II ZR 305/01, NJW 2003, 2685, 2686; vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, NJW-RR 2002, 1359, 1360; vom 26. Juni 2001 - XI ZR 241/00, BGH-Report 2001, 894; vom 30. Januar 2001 - XI ZR 357/99, WM 2001, 502, 503; vgl. auch bereits Senatsurteil vom 24. März 1987 - VI ZR 112/86, VersR 1987, 818, 819).
56
(γ) Derartige Rechtsfehler sind vorliegend gegeben. Das Beschwerdegericht hat sich darauf beschränkt, eine allgemeine Stellungnahme des Ansprechpartners des britischen Justizministeriums im justiziellen Netz einzuholen und zwei Entscheidungen britischer Gerichte heranzuziehen, die seine Auslegung des englischen Rechts und der erteilten Vollmachten allerdings bereits nach seiner eigenen Auffassung nicht tragen und auf die es seine Beurteilung deshalb auch nicht stützt. Es hat dagegen weder ein Gutachten eines mit den einschlägigen Fragen zum englischen Recht vertrauten Sachverständigen eingeholt noch aufgezeigt, welche anderweitigen Erkenntnisse zum englischen Recht und zu englischen Auslegungsgrundsätzen seine Beurteilung tragen, die den Rechtsanwälten A. vorprozessual erteilte Vollmacht zur Geltendmachung von Ansprüchen mittels eines "letter before claim" und die ihnen für die Erhebung einer Leistungsklage vor dem High Court erteilte Prozessvollmacht seien nicht auf das konkrete Verfahren beschränkt, sondern erstreckten sich auf die Entgegennahme einer vor einem ausländischen Gericht erhobenen "Torpedoklage" (vgl. insoweit Schuster, RIW 2015, 798, 803 f.). Gleiches gilt für seine Annahme , die in einem anderen Staat erhobene "Torpedoklage" sei in Hinblick auf die Bevollmächtigung der - in Annex A 4.2 der Practice Direction on Pre-Action Conduct sowie in Rule 20.4 (2) a) der Civil Procedure Rules genannten - "counterclaim" (Widerklage) gleichzustellen und die Berufung auf das Fehlen einer Vollmacht zur Entgegennahme der vor einem ausländischen Gericht erhobenen "Torpedoklage" seitens der Rechtsanwälte A. sei nach englischem Recht als unzulässige Rechtsausübung zu qualifizieren.
57
Gibt die angefochtene Entscheidung aber keinen Aufschluss darüber, dass der Tatrichter seiner Pflicht nachgekommen ist, das ausländische Recht zu ermitteln, wie es in Rechtsprechung und Rechtslehre Ausdruck und in der Praxis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass eine ausreichende Erforschung des ausländischen Rechts verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (vgl. BGH, Urteile vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, NJW-RR 2002, 1359, 1360; vom 26. Juni 2001 - XI ZR 241/00, BGHR ZPO § 293 Satz 2 Ermessen 14; vom 8. Mai 1992 - V ZR 95/91, NJW 1992, 3106, 3107; vom 12. Oktober 1993 - X ZR 25/92, IPRax 1995, 38, 39; Beschluss vom 30. April 2013 - VII ZB 22/12, MDR 2013, 866 Rn. 39).
58
Offen bleiben kann daher, ob sich die Ermittlungen des Beschwerdegerichts zum englischen Recht überhaupt auf die im Streitfall allein relevante Frage des Bestehens einer rechtsgeschäftlich erteilten Empfangsvollmacht der Rechtsanwälte A. bezogen oder nicht vielmehr ausschließlich auf die Beantwortung der nicht entscheidungserheblichen Frage abzielten, unter welchen Umständen eine Zustellung an Anwälte einer Partei nach englischem Prozessrecht wirksam ist (vgl. auch Schuster, RIW 2015, 798, 804).
59
(cc) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ergibt sich die erforderliche Empfangsvollmacht der Rechtsanwaltsgesellschaft A. auch nicht aus einer entsprechenden Anwendungder Grundsätze über die Duldungsvollmacht (vgl. zur Duldungsvollmacht: BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01, NJW 2002, 2325 unter II 3 a bb (1)). Dabei kann offen bleiben, ob diese Grundsätze im Rahmen des § 171 ZPO zur Anwendung kommen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. Februar 1978 - IV ZR 180/76, VersR 1978, 626; Beschluss vom 22. Mai 1975 - VII ZB 2/75, VersR 1975, 921). Das Beschwerdegericht hat übersehen, dass sich die Frage, ob sich die Beklagte zu 1 das Handeln der von ihr beauftragten Rechtsanwälte aufgrund eines Rechtsscheins zurechnen lassen muss, nach englischem Recht bestimmt (vgl. auch Schuster, RIW 2015, 798, 805). Denn bei einem Distanzgeschäft, bei dem - wie hier - der Ort der Abgabe der Willenserklärung (England) und der ihres Zugangs (Deutschland) auseinanderfallen, ist maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des anwendbaren Rechts jedenfalls dann der Ort der Abgabe der Erklärung des Vertreters, wenn das an dem Handlungsort des Vertreters geltende Recht - wie im Streitfall - zugleich über dessen Vertretungsbefugnis entscheidet. An dieser Rechtsordnung muss sich die Person ausrichten, die aufgrund eines Rechtsscheins auf die Vertretungsmacht einer im Ausland handelnden Person vertraut (BGH, Urteil vom 20. Juli 2012 - V ZR 142/11, WM 2012, 1631 Rn. 31 f.; vgl. auch Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2016, Anhang II zu Art. 1 Rom I-VO Rn. 21; MünchKommBGB/Spellenberg, 6. Aufl., Vorbemerkung zu Art. 11 EGBGB Rn. 131, 134; jeweils mwN). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts kennt das englische Recht aber keine Vertrauenshaftung.
60
(dd) Feststellungen zum Bestehen einer Empfangsvollmacht der Rechtsanwälte A. sind auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Klägerin eine (etwaige) unrichtige Benennung des rechtsgeschäftlichen Vertreters der Beklagen zu 1 nicht als Versäumnis im Sinne des Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF zuzurechnen wäre. Eine derartige Fallgestaltung ist nicht gegeben. Die Klägerin durfte nicht darauf vertrauen, dass die von ihr als Vertreter benannten Rechtsanwälte A. Emp- fangsvollmacht hatten. Sie hat dem Gericht eine Empfangsvollmacht der Rechtsanwälte angezeigt, ohne sich zuvor diesbezüglich in irgendeinerWeise zu vergewissern. Ihr war auch weder von der Beklagten zu 1 noch von den Rechtsanwälten mitgeteilt worden, dass letztere ermächtigt seien, die vorliegende Klage entgegenzunehmen. Die Rechtsanwälte waren vorprozessual als Vertreter der Beklagten zu 1 mit zwei Schreiben an die Klägerin herangetreten. In diesen Schreiben hatten sie das Bestehen einer Empfangsvollmacht für die vorliegende Klage nicht mitgeteilt. Soweit das Beschwerdegericht an anderer Stelle auf die Angabe einer Faxnummer in beiden Schreiben und die Aufforderung , näher bezeichnete Dokumente vorzulegen, abgestellt hat, mag dies für eine Bevollmächtigung zur Entgegennahme dieser Dokumente - auch per Telefax - genügen. Die Kenntnisgabe einer allgemeinen oder zumindest die Entgegennahme der vorliegenden Klage umfassenden Empfangsvollmacht ist dem jedoch nicht zu entnehmen. Die Klägerin hat insoweit auch keine Rückfrage - sei es bei den Rechtsanwälten A., sei es bei der Beklagten zu 1 - gehalten.
61
(4) Nicht tragfähig sind schließlich die Erwägungen des Beschwerdegerichts , wonach die Zustellung der Klage an die Beklagte zu 2 gemäß Art. 27 Abs. 1, Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF Prioritätswirkung auch gegenüber der Beklagten zu 1 begründe (ebenso Thole, IPRax 2015, 406, 409; Schuster, RIW 2015, 798, 806 f.). Dabei kann offen bleiben, ob es in Hinblick auf das mit den Art. 27 ff. EuGVVO aF verfolgte Ziel, einander widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, für den Eintritt der Prioritätswirkung genügt, dass die Voraussetzungen des Art. 30 EuGVVO aF gegenüber einem von mehreren Beklagten erfüllt sind, wenn sämtliche Beklagte den Kläger des Ausgangsverfahrens wegen desselben Anspruchs vor dem Gericht eines anderen Mitgliedstaates verklagen (für eine separate Prüfung dieser Voraussetzungen für jeden Beklagten : Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., Art. 32 EuGVVO Rn. 7; Thole , IPRax 2015, 406, 409; vgl. auch zu Art.14 EuErbVO: BeckOGK/Schmidt, Art. 14 EuErbVO Rn. 6 (Stand: 1. Juli 2016)). Denn um eine solche Fallgestaltung geht es im Streitfall nicht. Die Parteien beider Verfahren sind nicht identisch. Die Beklagte zu 2 ist an dem Verfahren vor dem High Court nicht beteiligt. Auf sie findet Art. 27 EuGVVO aF keine Anwendung. Denn die durch die Anrufung des Gerichts ausgelöste Rechtshängigkeitssperre des Art. 27 EuGVVO aF beschränkt sich auf Klagen zwischen denselben Parteien. Eine daraus gegebenenfalls resultierende Aufspaltung des Rechtsstreits nimmt die Bestimmung hin (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 1994 - C-406/92, Slg. 1994, I-5439 Rn. 34 f. - Tatry, zu Art. 21 EuGVÜ; ebenso BGH, Beschlüsse vom 13. August 2014 - V ZB 163/12, WM 2014, 1813 Rn. 9; vom 18. September 2013 - V ZB 163/12, WM 2013, 2160 Rn. 9; Thole, IPRax 2015, 406, 409).
62
4. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung gilt das Landgericht Stuttgart nicht deshalb als im Zeitpunkt der Einreichung der Klage angerufen, weil die Zustellung an die Beklagte zu 2 über § 189 ZPO auch Zustellungswirkung in Bezug auf die Beklagte zu 1 entfaltete. Wie unter Ziffer 3 a) ausgeführt, kommt es im Rahmen des Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF nicht auf die Zustellung, sondern darauf an, ob der Kläger alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die Klage dem Beklagten zugestellt wird. Ist dies zu verneinen, ist für die Anwendung des in Art. 27 EuGVVO aF verankerten Prioritätsgrundsatzes nicht der Zeitpunkt der Klageeinreichung, sondern der der endgültigen Rechtshängigkeit maßgeblich (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 - C-523/14, CelexNr. 62014CJ0523 Rn. 55 - Aannemingsbedrijf Aertssen und Aertssen Terrassements ).
63
5. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat der Senat keine Veranlassung, den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Die im Streitfall maßgeblichen unionsrechtlichen Fragen waren bereits Gegenstand verschiedener Entscheidungen des Gerichtshofs (acte éclairé, vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 14 ff. - CILFIT; Senatsurteile vom 25. Februar 2014 - VI ZR 144/13, BGHZ 200, 242 Rn. 23; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 41).

IV.

64
Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Das Beschwerdegericht wird dabei Gelegenheit haben, sich ggf. auch mit den weiteren Einwänden der Parteien - insbesondere zu der Frage, ob bereits die Einleitung des vorgerichtlichen Schlichtungsverfahrens durch Übersendung des letters of claim nach Maßgabe der Practice Direction on Pre-Action Conduct als Anrufung des Gerichts im Sinne des Art. 30 EuGVVO aF zu qualifizieren ist - zu befassen.
65
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig von dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2005 - II ZB 30/04, NJW-RR 2006, 1289; vom 1. Juni 2006 - IX ZB 33/04 - FamRZ 2006, 1268).
66
Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 3 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 1956 - III ZR 4/56, BGHZ 22, 283 ff.). Der Senat schätzt das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Verfahrens auf etwa 20 % des Werts der Hauptsache (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - V ZB 93/06, NJW-RR 2007, 629 Rn. 12). Galke Wellner von Pentz Müller Klein
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 27.07.2013 - 18 O 220/12 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.01.2015 - 5 W 48/13 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a
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Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Wird der Klageantrag erweitert, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden; dies gilt auch in der Rechtsmittelinstanz. Die Anmeldung zum Musterverfahren (§ 10 Absatz 2 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes) soll erst nach Zahlung der Gebühr nach Nummer 1902 des Kostenverzeichnisses zugestellt werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für die Widerklage,
2.
für europäische Verfahren für geringfügige Forderungen,
3.
für Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers, soweit nach § 39 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte ausschließlich zuständig sind, und
4.
für die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 der Zivilprozessordnung.

(3) Der Mahnbescheid soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr erlassen werden. Wird der Mahnbescheid maschinell erstellt, gilt Satz 1 erst für den Erlass des Vollstreckungsbescheids. Im Mahnverfahren soll auf Antrag des Antragstellers nach Erhebung des Widerspruchs die Sache an das für das streitige Verfahren als zuständig bezeichnete Gericht erst abgegeben werden, wenn die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gezahlt ist; dies gilt entsprechend für das Verfahren nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids unter Vorbehalt der Ausführung der Rechte des Beklagten. Satz 3 gilt auch für die nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu zahlende Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen.

(4) Absatz 3 Satz 1 gilt im Europäischen Mahnverfahren entsprechend. Wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen ohne Anwendung der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 fortgeführt, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden.

(5) Über den Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr entschieden werden.

(6) Über Anträge auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733 der Zivilprozessordnung) und über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829 Absatz 1, §§ 835, 839, 846 bis 848, 857, 858, 886 bis 888 oder § 890 der Zivilprozessordnung soll erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren und der Auslagen für die Zustellung entschieden werden. Dies gilt nicht bei elektronischen Anträgen auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829a der Zivilprozessordnung.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, 13. Zivilkammer, vom 16. Juli 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagte zu 1 hält die Mehrheit der Miteigentumsanteile und ist auch Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Teilungserklärung (TE) legt in § 14 Abs. 4 fest, dass die Wohnungseigentümerversammlung beschlussfähig ist, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten ist. In § 14 Abs. 8 TE heißt es wie folgt:

„In Ergänzung des § 23 WEG wird bestimmt, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung außer den dort genannten Bestimmungen die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist. Das Protokoll ist vom Verwalter und von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern zu unterzeichnen.“

2

Am 16. August 2011 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der mehrere Beschlüsse gefasst wurden, u.a. zur Jahresabrechnung für das Jahr 2010. In der Versammlung war allein die Beklagte zu 1 als Mehrheitseigentümerin und Verwalterin anwesend. Sie unterschrieb das Protokoll allein. Mit der am 14. September 2011 bei dem Amtsgericht eingegangenen Beschlussmängelklage haben die Kläger die Ungültigerklärung mehrerer in der Versammlung gefasster Beschlüsse beantragt. Durch Telefaxschreiben vom 10. Oktober 2011 haben sie das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass ihnen bislang noch keine Anforderung für den Gerichtskostenvorschuss vorliege, und um dringende Erledigung gebeten. Am selben Tag hat das Amtsgericht den Streitwert festgesetzt; am 25. Oktober 2011 ist die Vorschussrechnung erstellt und versandt worden. Der Gerichtskostenvorschuss ist am 4. November 2011 eingegangen. Die Zustellung der Klage an die Beklagten ist jeweils am 15. November 2011 erfolgt.

3

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht die mit der Klage angefochtenen Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 16. August 2011 für ungültig erklärt. Mit der zugelassenen Revision möchte die Beklagte zu 1 die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt. Hierfür genüge die fristgemäße Einreichung der Klageschrift, da sie noch demnächst im Sinne des § 167 ZPO zugestellt worden sei. Die Kammer gehe in ständiger Rechtsprechung von einem Zeitraum von drei Wochen aus, in der ein Kläger den Eingang einer gerichtlichen Vorschussanforderung abwarten könne, wobei diese Frist mit Ablauf der einzuhaltenden Anfechtungsfrist beginne. Vorliegend wäre eine mit Ablauf des 16. September 2011 beginnende dreiwöchige Untätigkeitsfrist am 7. Oktober 2011 verstrichen gewesen. Da aber dieser Tag ein Freitag gewesen und das Telefax des Klägervertreters zur Erinnerung an die gerichtliche Vorschussanforderung bereits am Montag, dem 10. Oktober 2011 bei dem Amtsgericht eingegangen sei, hätte eine noch am Nachmittag des 7. Oktober 2011 eingegangene fristgemäße Erinnerung keine spürbare Beschleunigung bewirken können.

5

In der Sache seien die Beschlüsse der Versammlung vom 16. Oktober 2011 nicht gültig, da die hierfür nach der Teilungserklärung erforderliche Protokollierung fehle. Das Protokoll sei nur von der Verwalterin, nicht aber auch von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern unterzeichnet worden. Diese Unterschriften seien nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte zu 1 allein in der Versammlung anwesend gewesen sei und daher keine weiteren Wohnungseigentümer zur Unterschrift hätten bestimmt werden können. Andernfalls werde der Zweck der qualifizierten Protokollierungsklausel, die Richtigkeit des Protokolls zu gewährleisten und Rechtssicherheit durch Schutz vor inhaltlich und formal nicht ordnungsgemäß protokollierten Beschlüssen zu schaffen, verfehlt. Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken der als Protokollunterzeichner in Betracht kommenden Wohnungseigentümer, das eine Berufung der Kläger auf die fehlende Gegenzeichnung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ausschließen könnte, seien nicht ersichtlich.

6

Allerdings weise die Gemeinschaftsordnung eine Lücke auf, weil sie keine Regelung für den Fall vorsehe, dass keine zwei Eigentümer in der Versammlung anwesend seien, die dazu bestimmt werden könnten, das Protokoll zu unterschreiben. Diese Lücke sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in Anlehnung an § 14 Abs. 4 TE zu füllen. Hiernach habe der Verwalter eine zweite Versammlung mit gleichem Gegenstand einzuberufen, wenn die Versammlung nicht beschlussfähig sei. In gleicher Weise könne auch bei der Abwesenheit möglicher Protokollunterzeichner verfahren werden. Für die streitgegenständlichen Beschlüsse müsse es aber bei der Ungültigkeit bleiben, da es hier um die Gültigkeit der Beschlüsse einer Erstversammlung gehe.

II.

7

Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Über die Revision ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Kläger, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82).

8

1. Zutreffend ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten die einmonatige Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG gewahrt. Die am 15. November 2011 erfolgte Zustellung ist noch als „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO anzusehen, so dass die Zustellung auf den Tag der Einreichung der Klage am 14. September 2011 zurückwirkt, an dem die Anfechtungsfrist noch nicht abgelaufen war.

9

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Merkmal „demnächst“ (§ 167 ZPO) nur erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten. Dabei wird eine Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen, um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen (vgl. nur Senat, Urteil vom 12. Januar 1996 - V ZR 246/94, NJW 1996, 1060, 1061; BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8). Dies gilt für sämtliche Fallgruppen, so dass auch für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abgestellt wird, um wie viele Tage sich der ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8). Dieser Rechtsauffassung des VII. Zivilsenats hat sich der Senat aus Gründen der Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und zur Herstellung eines einheitlichen Maßstabs angeschlossen (Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14, NJW 2015, 2666 Rn. 6).

10

b) Gemessen daran überschreitet die den Klägern zuzurechnende Zustellungsverzögerung den Zeitraum von 14 Tagen nicht.

11

aa) Dass sie in der Zeit von der Einreichung der Klage bis zum Ablauf der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG am 16. September 2011 nichts unternommen haben, um die Zustellung der Klage zu erreichen, kann ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Wenn eine Klage - wie hier - bereits vor Ablauf einer durch Zustellung zu wahrenden Frist eingereicht worden ist, die Zustellung der Klage aber erst nach Ablauf der Frist erfolgt ist, sind bis zum Fristablauf eingetretene Versäumnisse in die maßgebliche 14-Tagesfrist nicht miteinzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1987 - VIII ZR 4/87, BGHZ 103, 20, 30; Urteil vom 15. Januar 1992 - IV ZR 13/91, NJW-RR 1992, 470, 471). Die gegenteilige Auffassung der Revision, die generell auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klage abstellen möchte, lässt unberücksichtigt, dass eine Partei die ihr eingeräumte Frist bis zum letzten Tag ausnutzen darf (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1992 - IV ZR 13/91, NJW-RR 1992, 470, 471). Tut sie dies nicht, dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.

12

bb) Dadurch, dass die Kläger mit ihrem Hinweis an das Amtsgericht, ihnen liege bislang noch keine Anforderung für den Gerichtskostenvorschuss vor, bis zum 10. Oktober 2011 gewartet haben, ist eine ihnen zuzurechnende Verzögerung der Zustellung von höchstens drei Tagen eingetreten.

13

(1) Ein dem Kläger anzulastendes Versäumnis kann auch vorliegen, wenn er nach Einreichung der Klage bzw. nach Ablauf der durch die Klage zu wahrenden Frist untätig bleibt. Grundsätzlich kann er zwar die Anforderung des Gerichtskostenvorschusses abwarten. Er muss den Vorschuss nicht von sich aus berechnen und mit der Klage einzahlen. Dies bedeutet aber nicht, dass er unbegrenzt lange völlig untätig bleiben darf (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1977 – IV ZR 149/76, BGHZ 69, 361, 364). Wie lange ein Kläger der gerichtlichen Zahlungsaufforderung längstens entgegensehen kann, ohne dass von einer ihm anzulastenden Verzögerung ausgegangen werden kann, hat der Bundesgerichtshof noch nicht abschließend entschieden. Anerkannt ist jedoch – hiervon geht auch das Berufungsgericht aus - dass ein Tätigwerden jedenfalls vor Ablauf von drei Wochen nach Einreichung der Klage bzw. innerhalb von drei Wochen nach Ablauf der durch die Klage zu wahrenden Frist ausreichend ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1992 - IV ZR 13/91, NJW-RR 1992, 470, 471). Deshalb beginnt auch der dem Kläger im Rahmen der Prüfung des § 167 ZPO zuzurechnende Zeitraum einer Zustellungsverzögerung frühestens drei Wochen nach Einreichung der Klage bzw. drei Wochen nach Ablauf der durch die Klage zu wahrenden Frist.

14

(2) Das Zuwarten der Kläger wäre deshalb für die Frage der Zustellungsverzögerung insgesamt unerheblich gewesen, wenn sie sich innerhalb der ihnen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugebilligten Frist von jedenfalls drei Wochen ab Fristablauf, d. h. bis spätestens 7. Oktober 2011 (Freitag) bei dem Amtsgericht nach dem Verbleib der Gerichtskostenrechnung erkundigt hätten. Dass sie tatsächlich erst am 10. Oktober 2011 (Montag) in diesem Sinne tätig geworden sind, hat zu einer ihnen zuzurechnenden Zustellungsverzögerung von höchstens drei Tagen geführt. Unter Abzug des auf das Wochenende fallenden Zeitraums (8. und 9. Oktober 2011) beträgt die Verzögerung sogar nur einen Tag.

15

cc) Ob den Klägern im Zusammenhang mit der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses möglicherweise eine weitere Zustellungsverzögerung zuzurechnen ist, kann offen bleiben. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass die Gerichtskostenrechnung ihnen unmittelbar nach ihrem Versand am 25. Oktober 2011 zugegangen ist, könnte sich aus der Einzahlung des Vorschusses am 4. November 2011 eine ihnen zuzurechnende Verzögerung von allenfalls wenigen Tagen ergeben. Der maßgebliche 14-Tageszeitraum wäre auch unter Einbeziehung dieses Umstands nicht überschritten.

16

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die in der Eigentümerversammlung vom 16. August 2011 gefassten Beschlüsse nicht bereits deshalb ungültig, weil das Protokoll nur von der Beklagten zu 1 als Verwalterin und Mehrheitseigentümerin, nicht aber auch von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern unterzeichnet worden ist.

17

a) Die Teilungserklärung macht die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer in § 14 Abs. 8 von der Protokollierung und diese von der Unterzeichnung durch den Verwalter und zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern abhängig. Eine solche qualifizierte Protokollierungsklausel ist wegen des berechtigten Interesses der Wohnungseigentümer an einer effektiven Kontrolle und an der sicheren Feststellung der gefassten Beschlüsse wirksam (Senat, Beschluss vom 3. Juli 1997 - V ZB 2/97, BGHZ 136, 187, 190 f.; Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 178/11, NJW 2012, 2512 Rn. 16). Sie beruht auf dem Vier-Augen-Prinzip und bezweckt, dass das Protokoll - zusätzlich zu der Unterschrift des Verwalters - von zwei Personen unabhängig voneinander gelesen und auf seine Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit hin überprüft wird und so Fehler eher auffallen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn bei der Unterzeichnung des Protokolls eine Vertretung von mehreren Wohnungseigentümern durch eine einzige natürliche Person möglich wäre. Das Protokoll muss deshalb von zwei verschiedenen natürlichen Personen unterzeichnet werden, die entweder selbst Wohnungseigentümer sind oder für sich oder andere Wohnungseigentümer handeln (Senat, Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 178/11, NJW 2012, 2512 Rn. 21).

18

b) Dass es hier schon an der Bestimmung zweier Eigentümer zur Unterzeichnung des Protokolls und in der Folge auch an der tatsächlichen Unterschriftsleistung von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern fehlt, führt nicht zur Ungültigkeit der in der Versammlung vom 16. August 2011 gefassten Beschlüsse. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von demjenigen, der dem Urteil des Senats vom 30. März 2012 (V ZR 178/11, NJW 2012, 2512 Rn. 21) zu Grunde lag. Während in dem damaligen Fall neben dem Verwalter eine ausreichende Anzahl von Personen in der Versammlung anwesend waren, die das Protokoll entsprechend den Anforderungen der Protokollierungsklausel hätten unterzeichnen können, hat an der Versammlung am 16. August 2011 ausschließlich die Beklagte zu 1 als Mehrheitseigentümerin und Verwalterin teilgenommen. Dass in einer solchen Situation ihre alleinige Unterschrift den Anforderungen der Protokollierungsklausel genügte, ergibt sich aus einer ergänzenden Auslegung der Teilungserklärung.

19

aa) An den hier in Rede stehenden Fall wurde bei Errichtung der Teilungserklärung offensichtlich nicht gedacht, so dass es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt. § 14 Abs. 8 TE setzt unausgesprochen voraus, dass in der Eigentümerversammlung neben dem Verwalter mindestens zwei Wohnungseigentümer anwesend sind. Diese sollen durch ihre Unterschrift die inhaltliche Richtigkeit des Protokolls bestätigen. Eine solche Bestätigung kann aber nur dann erfolgen, wenn diese Personen in der Versammlung anwesend sind. Welche Rechtsfolge eintreten soll, wenn es an der Anwesenheit von mindestens zwei Wohnungseigentümern fehlt, ist in der Teilungserklärung nicht geregelt. Sie weist insoweit - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht ausführt - eine Regelungslücke auf.

20

bb) Eine Regelungslücke in einer Teilungserklärung kann nach den Grundsätzen der ergänzenden (Vertrags-)Auslegung geschlossen werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass - wie stets bei der Auslegung einer Grundbucheintragung - auf den Wortlaut und Sinn abzustellen ist, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung und der dort in Bezug genommenen Unterlagen dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2014 - V ZB 7/13, NJW-RR 2015, 645 Rn. 8 mwn). Die Ermittlung des im Rahmen der ergänzenden Auslegung entscheidenden hypothetischen Parteiwillens muss deshalb zu einem Ergebnis führen, das sich aus Sicht eines unbefangenen Betrachters als das nächstliegende darstellt. Dieses Erfordernis ist notwendig, aber auch ausreichend, um entsprechend dem Ziel des § 10 Abs. 2 WEG den Erwerber des Wohnungseigentums gegen ihm unbekannte Vereinbarungen oder Ansprüche zu schützen und dem Bestimmtheitserfordernis Rechnung zu tragen (vgl. grundlegend Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, BGHZ 160, 354, 362 f.).

21

cc) Bei der Ermittlung des hypothetischen Willens des teilenden Eigentümers ist darauf abzustellen, welche Regelung er bei einer angemessenen Abwägung der berührten Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise getroffen hätte, wenn er den von ihm nicht geregelten Fall bedacht hätte (Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, BGHZ 160, 354, 365). Die hierzu erforderliche Auslegung kann der Senat als Revisionsgericht uneingeschränkt selbst vornehmen (Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, BGHZ 160, 354, 361). Sie führt zu dem Ergebnis, dass die alleinige Unterschrift eines Verwalters, der - wie hier - zugleich Mehrheitseigentümer ist, dem Protokollierungserfordernis genügt, wenn nur er in der Eigentümerversammlung anwesend ist. Die sonstigen Gültigkeitsvoraussetzungen eines Beschlusses, wozu auch die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung zählt, bleiben hiervon unberührt.

22

(1) Wesentliche Anhaltspunkte für solch einen hypothetischen Willen des teilenden Eigentümers ergeben sich aus der Teilungserklärung selbst. Gemäß § 14 Abs. 4 TE soll eine Eigentümerversammlung beschlussfähig sein, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile in der Versammlung vertreten sind. Vereint ein Eigentümer - so wie hier die Beklagte zu 1 - allein die Mehrheit der Miteigentumsanteile auf sich, ist eine Eigentümerversammlung deshalb auch bei der Anwesenheit nur eines einzigen Eigentümers beschlussfähig. Würde aber auch für diesen Fall die Unterschriftsleistung von zwei von der Eigentümerversammlung zu bestimmenden Wohnungseigentümern verlangt, liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, eine weitere, faktische Voraussetzung für die Beschlussfähigkeit der Versammlung zu schaffen. Dies stünde mit der ausdrücklichen und als abschließend zu verstehenden Regelung zur Beschlussfähigkeit in § 14 Abs. 4 TE nicht im Einklang (vgl. in diesem Sinne auch OLG Hamm, NJW-RR 2008, 1545, 1547 für den Fall, dass nur ein Vertreter der Wohnungseigentümer anwesend ist).

23

(2) Aus dem Zweck der Protokollierungsklausel folgt nichts anderes. Sie soll eine Gewähr dafür schaffen, dass das in dem Protokoll Niedergelegte dem tatsächlichen Ablauf der Versammlung entspricht. Bestätigen mehrere Personen unabhängig voneinander die Richtigkeit des Protokolls, wird die Richtigkeitsgewähr entsprechend erhöht. Dies ist der Hintergrund des bereits oben erwähnten Vier-Augen-Prinzips. Sind jedoch neben dem Verwalter nicht zusätzlich zwei weitere Wohnungseigentümer in einer Versammlung anwesend, wäre es sinnwidrig, neben der Unterschrift des Verwalters die Unterschrift von zwei Wohnungseigentümern zu verlangen. Mangels Anwesenheit in der Versammlung und eigener Anschauung könnten sie deren Ablauf nicht bestätigen. Aus ähnlichen Gründen wird auch im Rahmen des § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG bei alleiniger Teilnahme des - die anderen Eigentümer vertretenden - Verwalters an der Eigentümerversammlung dessen Unterschrift als ausreichend angesehen (vgl. OLG Hamm, ZWE 2013, 215, 216; Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 24 Rn. 22; Schultzky in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 24 Rn. 142).

24

(3) Demgegenüber liegt die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung, die Abwesenheit der Eigentümer so zu behandeln wie eine fehlende Beschlussfähigkeit, so dass (erst) in einer zweiten Versammlung bei erneuter Abwesenheit der Eigentümer die alleinige Unterschrift des Verwalters genügen würde, nicht nahe. Zum einen würde auch bei dieser Lösung die Protokollierungsklausel zu einer weiteren Voraussetzung der Beschlussfähigkeit umqualifiziert, obwohl hierfür entsprechend § 14 Abs. 4 TE bereits die Anwesenheit eines Mehrheitseigentümers genügt. Darüber hinaus würde die auch nach Auffassung des Berufungsgerichts im Ergebnis ohne Unterschrift von zwei Wohnungseigentümern mögliche Beschlussfassung nur verzögert und wäre mit dem zusätzlichen Aufwand einer neuen Eigentümerversammlung verbunden, ohne dass hierdurch die Richtigkeitsgewähr des Protokolls, die mit der Regelung in der Teilungsordnung bezweckt ist, erhöht würde.

25

c) Da die Unterschriftsleistung der Beklagten zu 1 als Verwalterin und Mehrheitseigentümerin unter das Protokoll den in der Teilungserklärung normierten Protokollierungserfordernissen genügt, weil weitere Wohnungseigentümer nicht anwesend waren, stellt sich die von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage nicht, ob unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs bei nachweislich kollusivem Zusammenwirken der als Protokollunterzeichner in Betracht kommenden Wohnungseigentümer eine Berufung auf die fehlende Gegenzeichnung im Anfechtungsverfahren ausgeschlossen wäre. Rechtlich unerheblich ist deshalb auch die von der Revision erhobene Verfahrensrüge, dass das Berufungsgericht die von der Beklagten zu 1 innerhalb der ihr eingeräumten Schriftsatzfrist eingereichte ergänzende Stellungnahme zu der Frage des Rechtsmissbrauchs nicht zur Kenntnis genommen habe.

III.

26

Das Berufungsurteil ist wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Entscheidung des Senats (§ 563 Abs. 3 ZPO) ist nicht möglich, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - sich mit den von den Klägern weiter erhobenen Anfechtungsgründen nicht befasst hat.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn das Rechtsmittel nur teilweise eingelegt werden solle, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann die Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.

Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

Stresemann                     Schmidt-Räntsch                              Brückner

                      Göbel                                    Haberkamp

19
Es ist allgemein anerkannt, dass der Kläger den Gerichtskostenvorschuss nach § 12 Abs. 1 GKG nicht von sich aus mit der Klage einzuzahlen braucht. Er kann vielmehr die Anforderung durch das Gericht abwarten (z.B. BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03, NJW 2005, 291, 292; Beschlüsse vom 13. September 2012 - IX ZB 143/11, NJW-RR 2012, 1397 Rn. 10 und vom 10. Juli 2013 - IV ZR 88/11, VersR 2014, 1457 Rn. 14; MüKoZPO/ Häublein aaO § 167 Rn. 11; Musielak/Voit/Wittschier aaO § 167 Rn. 10; Prütting /Gehrlein/Tombrink, ZPO, 7. Aufl., § 167 Rn. 15; Zöller/Greger aaO § 167 Rn.15, jeweils mwN). Von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei kann auch nicht verlangt werden, an Wochenend- und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Rechnung zu tragen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 aaO Rn. 9). Angesichts der beträchtlichen Höhe des angeforderten Vorschusses (5.718 €) war dem Kläger im Streitfall eine Er- ledigungsfrist von mehreren Tagen zur Bereitstellung und Einzahlung des Betrags zuzubilligen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2006 aaO Rn. 17). Erst für die Zeit danach kann von einer dem Kläger zuzurechnenden Verzögerung gesprochen werden. Denn bei der Berechnung der Zeitdauer der Verzögerung ist auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 aaO Rn. 8 mwN). Dies bedeutet, dass die noch hinnehmbare Verzögerung von 14 Tagen sich nicht nach der Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse beurteilt, sondern danach, um wie viele Tage sich die Zustellung der Klage infolge nachlässigen Verhaltens des Klägers verzögert hat (BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 aaO unter ausdrücklicher Aufgabe abweichender früherer Rechtsprechung, wonach der 14-TageZeitraum ab Eingang der Vorschussanforderung zu berechnen war, vgl. Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 148/11, ZMR 2012, 643 f).
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aa) Zur Führung des bereits rechtshängigen Prozesses bedarf der Kläger der Privatanschrift nicht. Zwar ist die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Beklagten in der Klage notwendig, weil sonst die Zustellung der Klageschrift und damit die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses nicht möglich wäre. Dieses Erfordernis begründet jedoch keine Verpflichtung, zwingend die Wohnanschrift des Beklagten anzugeben, unter der gegebenenfalls eine Ersatzzustellung nach §§ 178 ff. ZPO möglich wäre (Senatsurteil vom 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358, 363 f.). Die durch § 253 Abs. 4 ZPO in Bezug genommene Norm des § 130 Nr. 1 ZPO stellt lediglich eine "Soll-Vorschrift" dar (vgl. zur Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers: BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, 334). Die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Beklagten muss vornehmlich darauf gerichtet sein, eine Übergabe der Klageschrift an den Zustellungsempfänger selbst zu ermöglichen, weil die Zustellung grundsätzlich durch persönliche Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks an den Empfänger zu erfolgen hat (§ 177 ZPO; vgl. dazu auch Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 177 Rn. 1). Hierfür genügt in geeigneten Fällen die Angabe der Arbeitsstelle. Dies gilt im Streitfall umso mehr, als beklagte Krankenhausärzte in Arzthaftungsprozessen erfahrungsgemäß vielfach mit ihrer Klinikanschrift bezeichnet werden, ohne dass ersichtlich wäre, dass dies - etwa im Rahmen von Zustellungen - zu relevanten Schwierigkeiten geführt hätte.
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aa) Dass die Kläger nicht selbst die ladungsfähigen Anschriften der Beklagten beigebracht haben, rechtfertigt nicht die Abweisung der Klage als unzulässig. Allerdings sind nach § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO grundsätzlich die Wohnorte der Parteien anzugeben, worunter nach allgemeiner Auffassung eine ladungsfähige Anschrift zu verstehen ist (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87 - BGHZ 102, 332, 335 f.; Urteil, vom 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358, 363; Zöller/Greger, aaO, § 253 Rn. 8). Hiervon kann nur abgesehen werden, wenn dem Kläger dies in bestimmten Konstellationen nicht möglich (vgl. §§ 185 ff. ZPO) oder unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange nicht zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987, aaO, 336; BFH, NJW 2001, 1158 f.; BVerwG, NJW 1999, 2608, 2609; Zöller/Greger, aaO). Liegen solche Ausnahmetatbestände nicht vor, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG verlängert zwar den Zeitpunkt, bis zu dem die Parteien nach § 253 ZPO unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift zu bezeichnen sind, mildert aber die an die Bezeichnung zu stellenden Anforderungen nicht ab (BT-Drucks. 16/887 S. 36; vgl. auch Timme/Elzer, WEG, § 44 Rn. 2, 10 u. 16 f.; MünchKommBGB /Engelhardt, aaO, § 44 WEG Rn. 1).
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b) Anders ist die Situation dagegen für die Frage zu beurteilen, ob eine ordnungsgemäße Klageerhebung bei fehlenden Angaben zur ladungsfähigen Anschrift des Klägers vorliegt. Die Klageschrift ist Anlass und Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren und soll für dieses eine möglichst sichere Grundlage schaffen. Die Angabe der Anschrift des Klägers ist im reinen Parteiprozess schon deswegen geboten, weil er sonst nicht zu den Gerichtsterminen geladen werden kann, zu denen er, wie § 330 ZPO zeigt, grundsätzlich erscheinen muss. Aber auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, kann auf die Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift nicht verzichtet werden. Da mit dem Betreiben des Prozesses nachteilige Folgen verbunden sein können, wie insbesondere die Kostenpflicht im Falle des Unterliegens, wird dadurch dokumentiert, dass er sich diesen möglichen Folgen stellt. Auch muss er bereit sein, persönlich in Terminen zu erscheinen, falls das Gericht dies an- ordnet (vgl. §§ 141, 279 Abs. 1, 445 ff. ZPO; vgl. Senatsurteil BGHZ 102, 332, 334 f.).
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bb) Allerdings geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 167 ZPO auch davon aus, dass einer Partei solche nicht nur geringfügigen Verzögerungen zuzurechnen sind, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können (BGHZ 145, 358, 362; 168, 306, Tz. 18). Das ist nicht nur in Fällen angenommen worden, in denen Mängel der Klageschrift, etwa die Angabe einer falschen Anschrift der beklagten Partei, das Zustellungsverfahren verzögert haben (vgl. dazu die Nachweise in BGHZ 145, 358, 362 f.), sondern auch dann, wenn nach Einreichung der Klage trotz vollständiger und ordnungsgemäßer Angabe aller maßgeblichen Verfahrensdaten die Anforderung des Gerichtskostenvorschusses ausbleibt. In diesen Fällen hat der Bundesgerichtshof angenommen, der Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter müssten nach angemessener Frist wegen der ausstehenden Vorschussanforderung nachfragen. Zwar sind beide nicht gehalten, von sich aus den Vorschuss zu berechnen und mit der Klage einzuzahlen (BGHZ 69, 361, 363 f. m.w.N.; BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93, NJW 1993, 2811, 2812), doch dürfen sie nicht unbegrenzt lange untätig bleiben, sondern müssen bei ausbleibender Vorschussanforderung beim Gericht nachfragen und so auf eine größtmögliche Beschleunigung der Zustellung hinwirken (BGHZ 168, 306, Tz. 18; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - III ZR 132/08, WM 2009, 566, Tz. 18; jeweils m.w.N.). Dagegen besteht für den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten keine Obliegenheit oder Verpflichtung, durch eine Kontrolle des gerichtlichen Vorgehens auf eine größtmögliche Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken, nachdem sie alle für eine ordnungsgemäße Klagezustellung von ihnen geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht haben; denn dann liegt die weitere Verantwortung für den ordnungsgemäßen Gang des Zustellungsverfahrens ausschließlich in den Händen des Gerichts, dessen Geschäftsgang der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter nicht unmittelbar beeinflussen können (BGHZ 168, 306, Tz. 20 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 414/02 Verkündet am:
11. Juli 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei Einreichung einer im Ausland zuzustellenden Klage obliegt es dem Kläger weder, eine besondere
Art der Zustellung zu beantragen, noch ohne eine Aufforderung durch das Gericht weitere Exemplare
der Klageschrift einzureichen, deren es zur Zustellung im Ausland bedarf.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2003 - V ZR 414/02 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Juli 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Oktober 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um ein Grundstück aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 wies das Grundbuch noch den am 12. Januar 1981 verstorbenen O. S. als Eigentümer des ihm aus dem Bodenfonds zugeteilten Grundstücks aus. Der Bodenreformvermerk war einge-
tragen. O. S. war von den Beklagten, seinen beiden Söhnen, zu gleichen Teilen beerbt worden. Die Beklagten sind nicht zuteilungsfähig.
Mit Notarvertrag vom 29. November 1993 verkauften sie das Grundstück für 202.120 DM an die Amtsgemeinde G. -R. -N. und ließen es der Käuferin auf. Der Kaufpreis wurde vereinbarungsgemäß bezahlt. Die Käuferin wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Das klagende Land (Kläger) behauptet, das Grundstück sei bei Ablauf des 15. März 1990 als Schlag genutzt worden. Mit der am 2. Oktober 2000 eingereichten Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagten zur Zahlung von je 101.060 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 30. August 2000 zu verurteilen. Die Klage ist dem in Italien wohnhaften Beklagten zu 2 am 1. März 2001 zugestellt worden. Dieser hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat der Klage gegenüber beiden Beklagten stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin von dem Beklagten zu 2 Zahlung verlangt. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe


I.


Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch für verjährt. Es meint, die Zustellung der Klage am 1. März 2001 habe die Verjährung nicht unterbrochen, weil die am 2. Oktober 2000 eingereichte Klageschrift nicht dem-
nächst im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. zugestellt worden sei. Der Kläger habe seiner Obliegenheit nicht genügt, auf die größtmögliche Beschleunigung der Zustellung hinzuwirken. Er habe weder bei Einreichung der Klage die förmliche Zustellung an den in Italien wohnhaften Beklagten zu 2 beantragt, noch die hierfür erforderlichen weiteren Abschriften ohne Gesetzesabkürzungen der Klage beigefügt und auch nicht binnen angemessener Frist nachgefragt, was der Zustellung der Klage entgegenstehe.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


Die Vorinstanzen sind ohne Erörterung allerdings zu Recht davon ausgegangen , daß die deutschen Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig sind.
Die auch unter der Geltung von § 545 Abs. 2 ZPO n.F. von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit (BGH, Urt. v. 28. November 2002, III ZR 102/02, NJW 2003, 426 f, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Urt. v. 27. Mai 2003, IX ZR 203/02, zur Veröffentlichung vorgesehen) ist schon deshalb gegeben, weil sich der Beklagte zu 2 ohne Rüge der Zuständigkeit zur Sache eingelassen hat (Art. 18 Satz 1 EuGVÜ, Art. 66 Abs. 1 EuGVVO).

III.


Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht jedoch an, der geltend ge- machte Anspruch sei verjährt.
1. Auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2 wegen des Grundstücks findet deutsches Recht Anwendung. Insoweit kann dahin gestellt bleiben, ob die Ansprüche aus Art. 233 § 11 EGBGB im Sinne des Internationalen Privatrechts als schuldrechtlich (vgl. Art. 233 § 11 Abs. 4 EGBGB) oder im Hinblick auf die mit Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes kraft Gesetzes eingetretene Zuordnung des Eigentums an den Grundstücken aus der Bodenreform (Art. 233 § 11 Abs. 1, 2 EGBGB) als sachenrechtlich zu qualifizieren sind. Bei einer Qualifikation als sachenrechtlich folgt die Anwendbarkeit des deutschen Rechts aus dem Grundsatz der Anwendung des Rechts der Belegenheit der Sache (vgl. Art. 43 EGBGB). Die Qualifikation der Ansprüche als schuldrechtlich führt zu keinem anderen Ergebnis. Art. 233 § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2 EGBGB bewirken den Ausgleich der gesetzlichen Zuordnung des Eigentums durch Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB, soweit die Zuordnung nicht mit den Übertragungsgrundsätzen der Besitzwechselverordnung übereinstimmt. Der Ausgleich unterliegt als gesetzlich begründete Verpflichtung der Rechtsordnung, durch die die Zuordnung erfolgt ist (vgl. Art. 38 Abs. 2, 3 EGBGB).
2. Die Klage ist innerhalb der gemäß Art. 233 § 14 EGBGB mit Ablauf des 2. Oktober 2000 endenden Verjährungsfrist eingereicht worden. Ihre Zustellung an den Beklagten zu 2 am 1. März 2001 ist im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. "demnächst" erfolgt. Die Erhebung der Klage hat die Verjährung da-
her unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.), obwohl die Zustellung erst nach dem Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommen worden ist.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zustellung als "demnächst“ im Sinne der gesetzlichen Regelung erfolgt ist, darf nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abgestellt werden. Vielmehr sollen die Parteien bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebes bewahrt werden, weil sie von ihnen nicht beeinflußt werden können (BGHZ 103, 20, 28 f.; 143, 343, 351; 145, 358, 362). Daher gibt es keine absolute zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als "demnächst“ anzusehen ist. Dies gilt auch im Hinblick auf mehrmonatige Verzögerungen (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 25, 250, 255 f. ; 145, 358, 362; BGH, Urt. v. 27. Mai 1974, II ZR 109/72, NJW 1974, 1557, 1558; Urt. v. 7. April 1983, III ZR 193/81, VersR 1983, 831, 832 = WM 1983, 985, 986; Urt. v. 15. Juni 1987, II ZR 261/86, NJW 1988, 411, 413; Urt. v. 30. September 1998, IV ZR 248/97, VersR 1999, 217 f.).
Einer Partei sind jedoch solche nicht nur ganz geringfügige Verzögerungen der Zustellung zuzurechnen, die ihr Prozeßbevollmächtigter bei sachgerechter Prozeßführung hätte vermeiden können (BGH, Urt. v. 6. April 1972, III ZR 210/69, NJW 1972, 1948; Urt. v. 29. Juni 1993, X ZR 6/93, BB 1993, 1836; Urt. v. 9. November 1994, VIII ZR 327/93, NJW-RR 1995, 254 m. w. N.; BGHZ 69, 361, 363; BGHZ 145, aaO m. w. N.). Nach feststehender Rechtsprechung ist daher eine Klage nur dann im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO a. F. "demnächst“ zugestellt, wenn die Partei und ihr Prozeßbevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtumstände das ihr Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben. Dazu gehört es auch, daß sie im Sinne einer "möglichsten“ Beschleunigung wirken (BGH, Urt. v. 23. Januar 1967, III ZR 3/66, NJW
1967, 779, 780; BGHZ 69, 361, 363; Urt. v. 1. Dezember 1993, XII ZR 177/92, NJW 1994, 1073, 1074; OLG Frankfurt, NVersZ 2000, 429, 430). Daran fehlt es, wenn die Partei oder ihr Prozeßbevollmächtigter vorwerfbar zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen hat. So verhält es sich schon, wenn die Partei oder ihr Prozeßbevollmächtigter erkennen kann, daß die Zustellung einer Klage aussteht, und nach dem Grund hierfür nicht fragt (vgl. BGHZ 69, 361, 364, BGH, Urt. v. 15. Januar 1992, IV ZR 13/91, VersR 1992, 433).

a) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Meinung des Berufungsgerichts , die Verzögerung der Zustellung der Klage an den Beklagten zu 2 beruhe auf Umständen, die dem Kläger anzulasten seien, nicht frei von Rechtsirrtum. Der Kläger hat nach der Einreichung der Klage am 2. Oktober 2000 mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2000 ausdrücklich um unverzügliche Zustellung der Klage gebeten, weil Verjährung drohe. Mit Verfügung vom 17. November 2000 hat das Landgericht den Kläger um Mitteilung gebeten, ob die Klage dem Beklagten zu 2 formlos oder förmlich zugestellt werden solle, ihn auf eine voraussichtliche Dauer eines förmlichen Zustellungsverfahrens von sechs bis acht Monaten hingewiesen und zur Übermittlung zweier weiterer Abschriften der Klage "ohne Abkürzungen, Schreibfehler oder Berichtigungen" und eines weiteren Exemplars der Anlagen zur Klage aufgefordert. Mit am 22. November 2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger um förmliche Zustellung gebeten und die verlangten weiteren Abschriften übermittelt. Am 15. Dezember 2000 hat die Rechtspflegerin die Fertigung der Übersetzung der Klageschrift in Auftrag gegeben. Die Vorsitzende der Kammer des Landgerichts hat am 1.2.2001 den Präsidenten des Landgerichts um die Weiterleitung des Zustellungsantrags gebeten. Am 1. März 2001 ist die Zustellung erfolgt. Schon damit
ist die Auffassung kaum zu vereinbaren, die Verzögerung der Zustellung sei dem Kläger anzulasten.

b) Der Kläger war nicht gehalten, ohne besondere Aufforderung des Landgerichts weitere Exemplare der Klageschrift und der in dieser in Bezug genommenen Anlagen zu fertigen und schon bei der Einreichung der Klage die förmliche Zustellung zu beantragen (Schlosser, EU-Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., Art. 3 HZÜ Rdn. 3; Pfennig, NJW 1989, 2172, 2173; a.M. OLG Schleswig NJW 1988, 3104, 3105; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 167 Rdn. 16; Brand/Reichhelm, IPRax 2001, 173, 176 f.). Mit der Einreichung der Klageschrift und der Angabe der ausländischen Anschrift der beklagten Partei hatte der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG kostenbefreite Kläger alles Erforderliche getan, um die Auslandszustellung einzuleiten, und durfte abwarten, ob und welche Auflagen ihm das Gericht machen würde.
aa) Eine im Ausland zu bewirkende Zustellung erfolgt seit jeher durch das Gericht. Der Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland ist ausschließlich Angelegenheit der Justizverwaltung (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 183 Rdn. 5; Zöller/Geimer, ZPO, 23. Aufl., § 183 Rdn. 48).
bb) Die Zustellung der Klage hatte auf Veranlassung des Vorsitzenden (§ 202 Abs. 1 ZPO a.F.) unter Beachtung der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 19. Oktober 1956 in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1976 (wiedergegeben bei Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Nr. 900) zu erfolgen, ohne daß es eines besonderen Antrags des Klägers bedurfte. Welche von den in § 199 ZPO a. F. genannten Zustellungsarten stattfinden soll, bestimmen das Gericht oder die Prüfungsstelle im Sinne von § 9 ZRHO – das ist der Präsident
des angerufenen Gerichts -, die hierbei vorrangige bundesrechtliche Vorschrif- ten, insbesondere Staatsverträge, zu beachten haben (MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 183 Rdn. 7; Baumbach/Lauterbach /Albers/Hartmann, aaO).
Die Art und Weise der Zustellung richtete sich im vorliegenden Streitfall nach dem Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15. November 1965 (BGBl. 1977 II S. 1452, HZÜ, wiedergegeben bei Bülow /Böckstiegel/Geimer/Schütze, aaO, Nr. 351), das für die Bundesrepublik Deutschland am 26. Juni 1979 (BGBl. 1979 II S. 779) und für Italien am 24. Januar 1982 (BGBl. 1982 II S. 522) in Kraft getreten ist. Es stellt trotz der Möglichkeit einer formlosen Zustellung nach Art. 5 Abs. 2 HZU die förmliche Zustellung in den Vordergrund (Denkschrift, BT-Drucks. 8/217, S. 43 f.; Geimer, Neuordnung des internationalen Zustellungsrechts, 1999, S. 181). Deswegen kann das Gericht von vornherein um förmliche Zustellung ersuchen.
cc) Der Kläger brauchte weder einen Antrag auf Zustellung zu stellen noch oblag es ihm, um die Zustellung der Klage in bestimmter Form zu ersuchen. Die Verantwortung für die korrekte und effiziente Durchführung des Verfahrens bei Zustellungen im Ausland liegt nach der gesetzlichen Regelung allein bei den Justizbehörden. Diese haben dafür Sorge zu tragen, daß eine wirksame Zustellung erreicht und das hierfür notwendige und geeignete Rechtshilfeersuchen gestellt wird (Schlosser, aaO; Pfennig, aaO). Es obliegt den Justizbehörden , die einschlägigen Staatsverträge, die zu diesen ergangenen Ausführungsregelungen zu ermitteln und die dort gestellten Anforderungen (Benutzung von Musterformularen, Veranlassung notwendiger Übersetzungen, Beifügung weiterer Abschriften etc.) zu erfüllen und, soweit hierzu dazu besondere Anfor-
derungen an eine Partei zu stellen sind, die betroffene Partei zu veranlassen, diese Anforderungen zu erfüllen.

c) Die Situation bei der Auslandszustellung kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit derjenigen der Klageeinreichung ohne den erforderlichen Gerichtskostenvorschuß verglichen werden. Denn aufgrund der Sollvorschrift des § 65 Abs. 1 GKG kann der Kläger nicht davon ausgehen, daß die Klageschrift ohne vorherige Einzahlung der Gerichtskosten zugestellt wird, während er bei der Auslandszustellung gemäß § 183 ZPO darauf vertrauen darf, daß das Gericht die Zustellung veranlaßt und ihn, falls erforderlich, zur Mitwirkung auffordern wird.

d) Der Umstand, daß der Kläger beim Wohnort des Beklagten zu 2 eine falsche Postleitzahl angegeben hat, hat zu keiner Verzögerung der Zustellung geführt. Wegen der ausschließlichen Verantwortlichkeit des Gerichts für die Zustellung in Italien und im Hinblick auf die übliche Dauer von Auslandszustellungen in der Europäischen Union, die nach Schack (Internationales Zivilverfahrensrecht , 3. Aufl., Rdn. 600) in der Regel vier bis sechs Monate beträgt, bedurfte es auch keiner Nachfrage des Klägers bei dem Landgericht, ob die Zustellung veranlaßt und ob noch Auflagen zu erfüllen seien.

IV.


Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Die Klage ist zwar nicht schlüssig. Die Parteien haben die Unvollständigkeit des Vortrags des Klägers bisher jedoch nicht gesehen. Durch die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurück-
verweisung der Sache an das Berufungsgericht ist dem Kläger daher Gelegenheit zur Ergänzung seines Vorbringens zu geben.
1. Der Anspruch des Klägers folgt nicht aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 4 EGBGB.
Die Beklagten haben das Eigentum an dem Grundstück mit dem Tod ihres Vaters als Miterben erworben. Mit Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes am 22. Juli 1992 wurde die gesamthänderische Berechtigung der Beklagten an dem Grundstück beendet. Seither waren die Beklagten Miteigentümer des Grundstücks zu jeweils hälftigem Anteil (Senatsurt. v. 17. Dezember 1998, V ZR 341/97, WM 1999, 453, 454). Als Besserberechtigter konnte der Kläger von den Beklagten gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB die Auflassung des Grundstücks oder von jedem der beiden Beklagten die Auflassung seines jeweiligen Miteigentumsanteils an dem Grundstück verlangen (vgl. Senatsurt. v. 3. Juli 1998, V ZR 188/96, ZOV 1999, 113; u. v. 20. Oktober 2000, V ZR 194/99, WM 2001, 212). Entsprechendes gilt für den Zahlungsanspruch aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 4 EGBGB. Dem Besserberechtigten steht es frei, statt von den Miteigentümern gemeinschaftlich die Bezahlung des Verkehrswerts des Grundstücks zu verlangen, von jedem Miteigentümer Zahlung des Verkehrswerts seines Anteils an dem Grundstück zu fordern.
Zahlung kann gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 4 EGBGB jedoch nur anstelle der Auflassung verlangt werden. Kann der Anspruch auf Auflassung nicht erfüllt werden, schuldet der Verpflichtete nach Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 4 EGBGB auch nicht die Bezahlung des Verkehrswerts (Senat, BGHZ 140, 223, 238, Urt. v. 14. Februar 1997, V ZR 32/96, WM 1997, 777, 778). Daran scheitert
ein Anspruch des Klägers aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 4 EGBGB. Mit der Eintragung der Käuferin in das Grundbuch wurde der Beklagte zu 2 unvermögend, den Anspruch des Klägers auf Auflassung seines Miteigentumsanteils an dem Grundstück zu erfüllen. Damit erloschen sowohl der Auflassungsanspruch aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB als auch der Zahlungsanspruch des Klägers aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 4 EGBGB.
2. Einem Anspruch des Klägers aus § 280 Abs. 1 BGB a.F. steht entgegen , daß der Beklagte zu 2 sein Unvermögen zur Erfüllung des Auflassungsanspruchs nicht zu vertreten hat.
Die Beklagten haben das Grundstück an die Gemeinde verkauft, in der es belegen ist. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten haben sowohl der Bürgermeister der Käuferin als auch der beurkundende Notar sie dahin belehrt, sie könnten über das Grundstück frei verfügen. Überdies war das Grundstück nach dem Text des Kaufvertrags und den von den Beklagten vorgelegten Fotografien bebaut. Verhält es sich so, war das Grundstück kein Schlag im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB. Daß die Beklagten im Herbst 1993 nicht erkannt haben, daß sie das Grundstück trotzdem an den Kläger aufzulassen hatten, kann ihnen unter diesen Umständen nicht vorgeworfen werden. Daß Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB einen Anspruch auf Auflassung bebauter Grundstücke begründet, die nicht unter Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB fallen, ist erst seit dem Urteil des Senats vom 16. Februar 1996, BGHZ 132, 71 ff., Stand der Rechtsprechung. Bis dahin war diese Meinung , soweit ersichtlich, nur vom LG Chemnitz – ohne nähere Begründung – vertreten worden (LG Chemnitz VIZ 1995, 475). Stellungnahmen der juristischen Literatur fehlten.
3. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch folgt auch nicht aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB, §§ 275, 281 Abs. 1 BGB a.F.
Das Unvermögen des Beklagten zu 2 zur Auflassung seines Miteigentumsanteils an dem Grundstück führt gemäß § 281 Abs. 1 BGB a.F. dazu, daß der Beklagte zu 2 dem Kläger als stellvertretendes commodum herauszugeben hat, was er wirtschaftlich als Äquivalent wegen des Umstands erhalten hat, der zu seinem Unvermögen zur Erfüllung des Auflassungsanspruchs geführt hat. Stellvertretendes commodum ist jedoch nur das, was dem Schuldner tatsächlich zugeflossen ist (Senat, BGHZ 119, 34, 39; RGZ 120, 297, 299 f.; Erman /Battes, BGB, 10. Aufl. § 281 Rdn. 10; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 281 Rdn. 8; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl. § 281 Rdn. 37). Die Erstattung des anteiligen Kaufpreises schuldet der Beklagte zu 2 dem Kläger daher nur, soweit die von der Käuferin geleistete Zahlung an ihn gelangt ist. Daß es sich so verhält, hat der Kläger nicht behauptet. Der Beklagte zu 2 hat hierzu vielmehr vorgetragen, die Zahlung der Käuferin sei vertragsgemäß auf das Bankkonto seines Bruders erfolgt, zur Auszahlung auch nur eines Teilbetrags an ihn sei es niemals gekommen. War dies zwischen den Beklagten anfänglich
vereinbart, beschränkte sich das von dem Beklagten zu 2 durch den Verkauf des Grundstücks erlangte stellvertretende commodum auf den - erfüllten - Anspruch gegen die Käuferin, Zahlung auf das Konto des Beklagten zu 1 zu leisten.
Wenzel Tropf Klein
Lemke Schmidt-Räntsch

(1) Für die Durchführung

1.
der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (ABl. L 405 vom 2.12.2020, S. 40; L 173 vom 30.6.2022, S. 133) in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie
2.
des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 55; L 120 vom 5.5.2006, S. 23), das durch die Mitteilung Dänemarks vom 22. Dezember 2020 (ABl. L 19 vom 21.1.2021, S. 1) geändert worden ist,
gelten § 1067 Absatz 1, § 1069 Absatz 1 sowie die §§ 1070 und 1071. Soweit nicht für die Zustellung im Ausland die vorgenannten Regelungen maßgeblich sind, gelten für die Zustellung im Ausland die Absätze 2 bis 6.

(2) Eine Zustellung im Ausland ist nach den völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen, die im Verhältnis zu dem jeweiligen Staat gelten. Wenn Schriftstücke aufgrund solcher Vereinbarungen unmittelbar durch die Post zugestellt werden dürfen, dann soll dies durch Einschreiben mit Rückschein oder mittels eines gleichwertigen Nachweises bewirkt werden, anderenfalls soll die Zustellung auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts unmittelbar durch die Behörden des ausländischen Staates erfolgen. Eine Zustellung durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung soll nur in den Fällen des Absatzes 4 erfolgen.

(3) Bestehen keine völkerrechtlichen Vereinbarungen zur Zustellung, so erfolgt die Zustellung vorbehaltlich des Absatzes 4 auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die Behörden des ausländischen Staates.

(4) Folgende Zustellungen in den Fällen der Absätze 2 und 3 erfolgen auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung:

1.
Zustellungen, deren Erledigung durch die Behörden des ausländischen Staates nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit zu erwarten ist oder für die ein sonstiger begründeter Ausnahmefall vorliegt,
2.
Zustellungen an ausländische Staaten sowie
3.
Zustellungen an entsandte Beschäftigte einer deutschen Auslandsvertretung und die in ihrer Privatwohnung lebenden Personen.

(5) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz genügt der Rückschein oder ein gleichwertiger Nachweis. Im Übrigen wird die Zustellung durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen.

(6) Soweit völkerrechtliche Vereinbarungen eine Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke ermöglichen, ist für die Übermittlung solcher Schriftstücke in das Ausland das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person, die die Zustellung betreibt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei notariellen Urkunden ist auch das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der beurkundende Notar seinen Amtssitz hat. Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts der Sitz der juristischen Person.

13
c) Entgegen der Auffassung der Revision vermochte die Anregung der Klägerin, die Klageschrift sowie ein gegebenenfalls noch zu erlassendes Versäumnisurteil gegen die Beklagte im Wege der Rechtshilfe förmlich zuzustellen (Nr. 6 der Klageanträge), nicht einen Ermessensfehler des nicht an eine solche Anregung der Partei gebundenen Richters bei der Anordnung gemäß § 184 Abs. 1 ZPO zu begründen. Auch in Fällen mit Auslandsbezug steht den Prozessparteien ein prozessualer Anspruch auf eine bestimmte Form der Urteilszustellung nicht zu. Es ist allein nach den Regelungen des autonomen deutschen Prozessrechts zu bestimmen, in welchen Fällen die Zustellung im Ausland bewirkt werden muss. Da die förmliche Zustellung zu erheblichen Verzögerungen im Prozessablauf führen kann, wodurch der Justizgewährungsanspruch der betroffenen Partei maßgeblich beeinträchtigt würde, ist der Richter gehalten , vermeidbaren Verzögerungen mit den ihm gegebenen prozessrechtlichen Möglichkeiten entgegenzuwirken.

An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.

8
bb) Das ändert aber nichts daran, dass der Bevollmächtigte rechtsgeschäftlich (auch) zu der Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt war. Von der wirksamen Erteilung der Vollmacht ist das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei ausgegangen. Dass der Schuldner die Generalvollmacht vom 27. April 2004 unterzeichnet und dem Bevollmächtigten damit umfassende Vertretungsmacht unter anderem für die Vertretung vor Gerichten und damit auch für die Entgegennahme von Zustellungen eingeräumt hat, stellt er selbst nicht in Abrede. Eine Heilung konnte daher durch die tatsächliche Kenntnisnahme des Bevollmächtigten eintreten. Denn die Zustellung hätte gemäß § 171 Satz 1 ZPO an ihn als rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter erfolgen können. Dabei ist unerheblich, ob ihm die Vorlage der schriftlichen Vollmacht gemäß § 171 Satz 2 ZPO möglich gewesen wäre. Nach zutreffender Ansicht ist die Vorlage der schriftlichen Vollmacht nämlich kein Wirksamkeitserfordernis für die Zustellung (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 171 Rn. 4 mwN). Der Bevollmächtigte war damit im Sinne von § 189 ZPO eine „Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß (…) gerichtet werden konnte“.

(1) Ein elektronisches Dokument kann elektronisch nur auf einem sicheren Übermittlungsweg zugestellt werden.

(2) Einen sicheren Übermittlungsweg für die elektronische Zustellung eines elektronischen Dokuments haben zu eröffnen:

1.
Rechtsanwälte, Notare, Gerichtsvollzieher, Steuerberater sowie
2.
Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts.
Sonstigein professioneller Eigenschaft am Prozess beteiligte Personen, Vereinigungen und Organisationen, bei denen von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann, sollen einen sicheren Übermittlungsweg für die elektronische Zustellung eröffnen.

(3) Die elektronische Zustellung an die in Absatz 2 Genannten wird durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis nachgewiesen, das an das Gericht zu übermitteln ist. Für die Übermittlung ist der vom Gericht mit der Zustellung zur Verfügung gestellte strukturierte Datensatz zu verwenden. Stellt das Gericht keinen strukturierten Datensatz zur Verfügung, so ist dem Gericht das elektronische Empfangsbekenntnis als elektronisches Dokument (§ 130a) zu übermitteln.

(4) An andere als die in Absatz 2 Genannten kann ein elektronisches Dokument elektronisch nur zugestellt werden, wenn sie der Zustellung elektronischer Dokumente für das jeweilige Verfahren zugestimmt haben. Die Zustimmung gilt mit der Einreichung eines elektronischen Dokuments im jeweiligen Verfahren auf einem sicheren Übermittlungsweg als erteilt. Andere als natürliche Personen können die Zustimmung auch allgemein erteilen. Ein elektronisches Dokument gilt am dritten Tag nach dem auf der automatisierten Eingangsbestätigung ausgewiesenen Tag des Eingangs in dem vom Empfänger eröffneten elektronischen Postfach als zugestellt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Empfänger nachweist, dass das Dokument nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.

8
bb) Das ändert aber nichts daran, dass der Bevollmächtigte rechtsgeschäftlich (auch) zu der Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt war. Von der wirksamen Erteilung der Vollmacht ist das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei ausgegangen. Dass der Schuldner die Generalvollmacht vom 27. April 2004 unterzeichnet und dem Bevollmächtigten damit umfassende Vertretungsmacht unter anderem für die Vertretung vor Gerichten und damit auch für die Entgegennahme von Zustellungen eingeräumt hat, stellt er selbst nicht in Abrede. Eine Heilung konnte daher durch die tatsächliche Kenntnisnahme des Bevollmächtigten eintreten. Denn die Zustellung hätte gemäß § 171 Satz 1 ZPO an ihn als rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter erfolgen können. Dabei ist unerheblich, ob ihm die Vorlage der schriftlichen Vollmacht gemäß § 171 Satz 2 ZPO möglich gewesen wäre. Nach zutreffender Ansicht ist die Vorlage der schriftlichen Vollmacht nämlich kein Wirksamkeitserfordernis für die Zustellung (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 171 Rn. 4 mwN). Der Bevollmächtigte war damit im Sinne von § 189 ZPO eine „Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß (…) gerichtet werden konnte“.

(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.

(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.

13
Die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO geschieht in der Weise, dass die vertretene Partei oder ihr Vertreter dem Gericht oder im Falle einer Parteizustellung dem Gegner Kenntnis von dem Vertretungsverhältnis gibt (BGH, Beschlüsse vom 29. Oktober 1973 - NotZ 4/73, BGHZ 61, 308, 311 - zu § 176 ZPO aF; vom 1. Oktober 1980 - IVb ZR 613/80, LM Nr. 13 zu § 176 ZPO [aF]; Senatsbeschlüsse vom 28. Juli 1999 - VIII ZB 3/99, NJW-RR 2000, 444 unter [II] 1 b; vom 28. November 2006 - VIII ZB 52/06, NJW-RR 2007, 356 Rn. 7; MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 172 Rn. 5; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 172 Rn. 6; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 172 Rn. 2; Prütting/Gehrlein/Kessen, ZPO, 2. Aufl., § 172 Rn. 3). Sie kann auch durch eine Anzeige des Prozessgegners erfolgen, wenn die vertretene Partei oder ihr Vertreter dem Gegner von dem Bestehen einer Prozessvollmacht Kenntnis gegeben haben (Senatsbeschluss vom 28. Juli 1999 - VIII ZB 3/99, aaO; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 1980 - IVb ZR 613/80, aaO; Urteil vom 9. Oktober 1985 - IVb ZR 59/84, NJW-RR 1986, 286 unter 1; BVerfG, NJW 2007, 3486, 3488; BayVerfGH, NJW 1994, 2280, 2281; OLG Zweibrücken, OLGR 2005, 822, 823; OLG Köln, OLGR 1992, 302, 303; MünchKommZPO/Häublein, aaO; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 172 Rn. 9; Zöller/Stöber, aaO Rn. 7; Musielak/Wolst, aaO Rn. 3; Prütting/Gehrlein/ Kessen, aaO Rn. 4). Bei dem Erfordernis der Kenntnisgabe handelt es sich indessen in erster Linie um einen Gesichtspunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit der Zustellung (vgl. Zöller/Stöber, aaO). Aus ihm folgt deshalb nicht, dass der vom Gegner benannte Prozessbevollmächtigte des Beklagten erst dann als gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestellt anzusehen ist, wenn über dessen Benennung im Rubrum der Klageschrift hinaus weiterer Vortrag zum Vorliegen einer Prozessvollmacht erfolgt. Das Gericht hat vielmehr schon dann, wenn im Rubrum der Klageschrift ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter des Beklagten angegeben wird, die Zustellung an diesen und nicht an die Partei vorzunehmen. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen des Senats in dem oben genannten Senatsbeschluss vom 28. Juli 1999 (VIII ZB 3/99, aaO) zu verstehen.

(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.

(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.

13
Die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO geschieht in der Weise, dass die vertretene Partei oder ihr Vertreter dem Gericht oder im Falle einer Parteizustellung dem Gegner Kenntnis von dem Vertretungsverhältnis gibt (BGH, Beschlüsse vom 29. Oktober 1973 - NotZ 4/73, BGHZ 61, 308, 311 - zu § 176 ZPO aF; vom 1. Oktober 1980 - IVb ZR 613/80, LM Nr. 13 zu § 176 ZPO [aF]; Senatsbeschlüsse vom 28. Juli 1999 - VIII ZB 3/99, NJW-RR 2000, 444 unter [II] 1 b; vom 28. November 2006 - VIII ZB 52/06, NJW-RR 2007, 356 Rn. 7; MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 172 Rn. 5; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 172 Rn. 6; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 172 Rn. 2; Prütting/Gehrlein/Kessen, ZPO, 2. Aufl., § 172 Rn. 3). Sie kann auch durch eine Anzeige des Prozessgegners erfolgen, wenn die vertretene Partei oder ihr Vertreter dem Gegner von dem Bestehen einer Prozessvollmacht Kenntnis gegeben haben (Senatsbeschluss vom 28. Juli 1999 - VIII ZB 3/99, aaO; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 1980 - IVb ZR 613/80, aaO; Urteil vom 9. Oktober 1985 - IVb ZR 59/84, NJW-RR 1986, 286 unter 1; BVerfG, NJW 2007, 3486, 3488; BayVerfGH, NJW 1994, 2280, 2281; OLG Zweibrücken, OLGR 2005, 822, 823; OLG Köln, OLGR 1992, 302, 303; MünchKommZPO/Häublein, aaO; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 172 Rn. 9; Zöller/Stöber, aaO Rn. 7; Musielak/Wolst, aaO Rn. 3; Prütting/Gehrlein/ Kessen, aaO Rn. 4). Bei dem Erfordernis der Kenntnisgabe handelt es sich indessen in erster Linie um einen Gesichtspunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit der Zustellung (vgl. Zöller/Stöber, aaO). Aus ihm folgt deshalb nicht, dass der vom Gegner benannte Prozessbevollmächtigte des Beklagten erst dann als gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestellt anzusehen ist, wenn über dessen Benennung im Rubrum der Klageschrift hinaus weiterer Vortrag zum Vorliegen einer Prozessvollmacht erfolgt. Das Gericht hat vielmehr schon dann, wenn im Rubrum der Klageschrift ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter des Beklagten angegeben wird, die Zustellung an diesen und nicht an die Partei vorzunehmen. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen des Senats in dem oben genannten Senatsbeschluss vom 28. Juli 1999 (VIII ZB 3/99, aaO) zu verstehen.

An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.

9
Davon ist auch vorliegend auszugehen. Die Klageschrift wird von Amts wegen zugestellt (§ 253 Abs. 1, §§ 166 ff. ZPO). Auch über die im Streitfall fragliche Zustellung an einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten einer im Ausland ansässigen Partei gemäß § 184 ZPO oder § 171 ZPO entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen von Amts wegen, ohne dass diese Entscheidung isoliert durch eine sofortige Beschwerde angefochten werden kann (vgl. zu § 184 ZPO MünchKomm.ZPO/Häublein aaO § 184 Rn. 7).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 125/03 Verkündet am:
3. Februar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Ein Kreditinstitut hat nach der Einlösung eines Schecks einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch
gegen den Scheckbegünstigten, wenn der Scheck von einem
Mitarbeiter einer juristischen Person ausgestellt worden ist, dessen Kontovollmacht
von einem geschäftsunfähigen Vertreter der juristischen Person erteilt
worden und deshalb nichtig ist. Dies gilt auch dann, wenn die juristische Person
den gezahlten Betrag dem Scheckbegünstigten tatsächlich schuldete und dieser
den Gültigkeitsmangel nicht kannte (Bestätigung von BGHZ 147, 145 ff.;
152, 307 ff.).

b) Ein zivilrechtlicher Bereicherungsanspruch gegen den Steuerfiskus ist grundsätzlich
nicht gemäß § 818 Abs. 1 BGB zu verzinsen.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2004 - XI ZR 125/03 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 3. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. März 2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte lediglich 4% Zinsen seit dem 29. Dezember 2000 zu zahlen hat.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Sparkasse nimmt das beklagte Land als Steuerfiskus auf Rückzahlung eines Betrages in Anspruch, den sie zur Einlösung eines Schecks aufgewandt hat.
Am 21. Dezember 1993 eröffnete ein die deutsche Staatsangehö- rigkeit besitzender, alleinvertretungsberechtigter Direktor der in D. ansässigen P. AG, einer schweizerischen Aktiengesellschaft, für diese ein Girokonto bei der Klägerin und erteilte einem Mitarbeiter Kontovollmacht. Am selben Tag erwarb der Direktor für die P. AG mehrere Grundstücke in Deutschland zum Preis von circa 13 Mio. DM. Der bevollmächtigte Mitarbeiter stellte am 18. Januar 1994 einen Scheck in Höhe von 260.000 DM aus und übergab ihn dem zuständigen Finanzamt zur Bezahlung der Grunderwerbsteuer, die durch Bescheid vom selben Tag festgesetzt worden war. Die Klägerin löste den Scheck zu Lasten des Girokontos der P. AG ein.
Die Klägerin hat behauptet, der Direktor der P. AG sei bei Eröffnung des Kontos, Erteilung der Vollmacht und Erwerb der Grundstücke geschäftsunfähig gewesen. Sie nimmt den Beklagten auf Zahlung von 132.935,89 DM) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 1996 in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat gemäß § 17a GVG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beklagten hat der Senat zurückgewiesen (WM 2002, 2503). Sodann hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 132.935,89 dem 1. Januar 1996 stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin verfolgt mit der Anschlußrevision ihre weitergehende Zinsforderung in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2000 weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist bis auf einen Teil der Zinsforderung unbegründet. Die Anschlußrevision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die mit der Klage verfolgte Hauptforderung sei gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB begründet. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO, wonach nur derjenige die Erstattung einer ohne Rechtsgrund gezahlten Steuer verlangen könne, auf dessen Rechnung die Zahlung erfolgt sei, stehe nicht entgegen. Die Klägerin habe keine eigene Verpflichtung aus einem Steuerrechtsverhältnis, sondern eine Verpflichtung aus einem Girovertrag erfüllen wollen, und mache keinen Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO, sondern einen zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch geltend.
Die Klägerin habe einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Beklagten als Zahlungsempfänger, weil sie aufgrund einer von vornherein unwirksamen Scheckanweisung gezahlt habe. Der Girovertrag vom 21. Dezember 1993 und die Kontovollmacht für den Mitarbeiter
der P. AG, der den Scheck ausgestellt habe, seien unwirksam. Dies folge zwar nicht daraus, daß der die P. AG vertretende Direktor im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Vollmachterteilung noch nicht im Handelsregister eingetragen war. Die Eintragung habe nach schweizerischem Recht keine konstitutive Bedeutung. Der Direktor sei aber infolge einer Geisteskrankheit unfähig gewesen, vernunftgemäß zu handeln. Dies ergebe sich aus zwei in anderen gerichtlichen Verfahren erhobenen und im vorliegenden Rechtsstreit im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Sachverständigengutachten. Die Rechtsfolgen der Handlungs- bzw. Geschäftsunfähigkeit richteten sich nach deutschem Recht. Gemäß § 105 Abs. 1 BGB seien die auf Abschluß des Girovertrages und Erteilung der Kontovollmacht gerichteten Willenserklärungen nichtig.
Die Rückabwicklung unterliege nach Internationalem Privatrecht deutschem Recht. Danach könne die Klägerin den Beklagten unmittelbar in Anspruch nehmen, weil ihre Zahlung der P. AG mangels wirksamer Scheckanweisung nicht zugerechnet werden könne. Daß der Beklagte die Unwirksamkeit der Anweisung nicht gekannt und einen Anspruch gegen die P. AG auf Zahlung gehabt habe, rechtfertige keine andere Beurteilung.
Der Beklagte berufe sich ohne Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB). Sein Vortrag, über die Einnahme sei im Rahmen der haushaltsmäßigen Ausgaben verfügt worden, lasse nicht erkennen, daß Ausgaben getätigt worden seien, die ohne die Zahlung der Klägerin unterblieben wären.
Der Beklagte schulde gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB 6% Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 2000, weil er das empfangene Geld unter Beachtung des Haushaltsrechts anlegen oder zur Kredittilgung und Einsparung von Schuldzinsen habe verwenden können. Die Höhe der Zinsen sei gemäß § 287 Abs. 2 ZPO in Anlehnung an § 238 AO auf 6% zu schätzen. Zur Zahlung höherer Zinsen sei der Beklagte auch aufgrund des am 1. Juli 2000 eingetretenen Verzuges nicht verpflichtet. § 288 Abs. 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 330) sei gemäß Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB nicht anwendbar , weil die Klageforderung vor dem 1. Mai 2000 fällig geworden sei. Einen weitergehenden Schaden im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB a.F. habe die Klägerin nicht schlüssig begründet, weil sie ihren durchschnittlichen Bruttosollzinssatz nicht dargelegt habe.

II.


A. Revision des Beklagten
1. Soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat, halten seine Ausführungen bis auf einen Teil der Begründung der Zinsentscheidung rechtlicher Überprüfung stand.

a) Die Hauptforderung auf Zahlung von 132.935,89 ! § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) begründet.
aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Klägerin einen zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch und keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO, der nur dem zusteht, auf dessen Rechnung eine Steuer gezahlt worden ist, geltend macht. Ein Anspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO kann nur dem Beteiligten eines Steuerrechtsverhältnisses zustehen, der mit seiner Zahlung eine eigene Steuerpflicht erfüllen will (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1983 - III ZR 149/82, ZIP 1984, 312, 314; Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO 10. Aufl. § 37 Rdn. 24). Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht, weil sie mit ihrer Zahlung an den Beklagten - wie dieser wußte - ihre Vertragspflicht gegenüber der P. AG zur Einlösung des Schecks, aber keine eigene Steuerschuld erfüllen wollte. Sie kann deshalb nur einen zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch geltend machen (vgl. BFH, Urteil vom 18. August 1983 - V R 23/78, UStR 1983, 210, 211; vgl. auch FG Dessau EFG 1998, 1023; Seer, in: Tipke/Kruse, AO 16. Aufl. § 33 FGO, Rdn. 17-18).
bb) Der Bereicherungsanspruch unterliegt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, deutschem Recht. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem erst am 1. Juni 1999 in Kraft getretenen Art. 38 Abs. 3 EGBGB. Diese Vorschrift fixiert aber im wesentlichen die zuvor geltenden Anknüpfungsregeln (Heldrich, in: Palandt, BGB 63. Aufl. Vorb. v. Art. 38 EGBGB Rdn. 1). Danach unterliegen Bereicherungsansprüche, die weder Leistungs- noch Eingriffskondiktionen sind, dem Recht des Staates, in dem die Bereicherung eingetreten ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn Bereicherungsgläubiger und -schuldner wie im vorliegenden Fall ihren Sitz im gleichen Staat haben (Lüderitz, in: Soergel, BGB 12. Aufl. EGBGB Art. 38 Anh. I Rdn. 46). Danach ist deutsches Recht
anzuwenden, zumal dieses auch für das Deckungs- und das Valutaverhältnis , d.h. die Rechtsbeziehungen der P. AG sowohl zur Klägerin (Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB) als auch zum Beklagten gilt.
cc) Die Voraussetzungen einer Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
(1) Der Bereicherungsausgleich vollzieht sich zwar in Fällen der Leistung kraft Anweisung grundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses , also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (st. Rspr., siehe BGHZ 147, 269, 273, m.w.Nachw.). Dies gilt aber nicht ausnahmslos. Der Angewiesene hat einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger , wenn eine wirksame Anweisung fehlt. Dies gilt nicht nur, wenn der Anweisungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der Zuwendung kannte (vgl. hierzu BGHZ 66, 362, 364 f.; 66, 372, 374 f.; 67, 75, 78; 147, 269, 274), sondern auch ohne diese Kenntnis (BGHZ 111, 382, 386 f.; Senat BGHZ 147, 145, 151 und 152, 307, 311 f.). Ohne gültige Anweisung kann die Zahlung dem vermeintlich Anweisenden nicht als seine Leistung zugerechnet werden. Da der gutgläubige Vertragsgegner nur geschützt werden kann, wenn der andere Vertragsteil in zurechenbarer Weise einen Rechtsschein hervorgerufen hat, vermag der sogenannte Empfängerhorizont des Zahlungsempfängers die fehlende Tilgungs- und Zweckbestimmung des vermeintlich Anweisenden selbst dann nicht zu ersetzen, wenn dieser den gezahlten
Betrag dem Zahlungsempfänger tatsächlich schuldete (Senat BGHZ 147, 145, 151 und 152, 307, 312).
Daß der Senat einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch unabhängig davon bejaht, ob der Zahlungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung kannte, macht entgegen der Ansicht der Revision eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG nicht erforderlich. Der Senat weicht nicht von der Entscheidung eines anderen Zivilsenats ab (vgl. bereits Senat BGHZ 147, 145, 151). Dies gilt auch für die Urteile des VII. Zivilsenats vom 31. Mai 1976 - VII ZR 218/74, BGHZ 66, 362, 365 und des VI. Zivilsenats vom 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, WM 1994, 1420, 1421, die, anders als die Revision meint, nicht auf der Rechtsansicht beruhen, daß ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch die Kenntnis des Zahlungsempfängers vom Fehlen einer wirksamen Anweisung voraussetzt.
(2) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Beklagten, weil der P. AG die mit dem Scheck erteilte Anweisung nicht zurechenbar ist.
(a) Der Mitarbeiter, der den Scheck namens der P. AG ausgestellt hat, handelte ohne Vertretungsmacht, weil ihn der Direktor der P. AG aufgrund seiner Geschäftsunfähigkeit nicht wirksam bevollmächtigt hat.
(aa) Die Wirksamkeit der Vollmacht, die der Direktor der P. AG als deren Organ dem Mitarbeiter erteilt hat, unterliegt, anders als die Revision meint, nicht dem Personalstatut der Gesellschaft. Dieses
gilt zwar für die Vertretungsbefugnis des Direktors, nicht aber für die von ihm erteilte Vollmacht. Die Vollmacht ist gesondert anzuknüpfen. Für sie gilt das Recht des Staates, in dem sie Wirkung entfalten soll (BGHZ 64, 183, 192; 128, 41, 47; BGH, Urteile vom 13. Mai 1982 - III ZR 1/80, WM 1982, 1132, 1133 und vom 26. April 1990 - VII ZR 218/89, WM 1990, 1847, 1848). Dies ist hier deutsches Recht, weil der Mitarbeiter aufgrund der Kontovollmacht einen auf eine deutsche Sparkasse gezogenen Scheck zur Bezahlung einer deutschen Steuer ausgestellt hat. Nach § 105 Abs. 1, § 165 BGB ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen selbst dann nichtig, wenn er sie als Vertreter abgibt (BGHZ 53, 210, 215). Dies gilt auch für Organe juristischer Personen (BGHZ 115, 78, 80 f.).
(bb) Die Geschäftsfähigkeit des Direktors unterliegt gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB deutschem Recht, weil er deutscher Staatsangehöriger ist. Er war gemäß § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig, weil er sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei Erteilung der Vollmacht aufgrund einer psychischen Erkrankung in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befand und dieser Zustand nicht nur vorübergehender Natur war. Die Verfahrensrügen, die die Revision gegen diese Feststellung erhebt , hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
(b) Die Scheckanweisung ist der P. AG auch nicht unter Rechtsscheingesichtspunkten zurechenbar. Maßgeblich hierfür ist das Recht des Ortes, an dem ein Rechtsschein entstanden sein und sich ausgewirkt haben könnte (BGHZ 43, 21, 27), mithin deutsches Recht.

(aa) Die P. AG muß die dem Scheck ausstellenden Mitar- beiter erteilte Vollmacht nicht gemäß § 171 Abs. 1 BGB gegen sich gelten lassen. Ihr Direktor hat die - unwirksame - Kontovollmacht zwar gegenüber der Klägerin auf einem von ihr zur Verfügung gestellten Formular erteilt. Darin liegt aber bereits deshalb keine besondere Mitteilung im Sinne des § 171 Abs. 1 BGB, weil der Direktor geschäftsunfähig war (vgl. MünchKomm/Schramm, BGB 4. Aufl. § 171 Rdn. 5; Erman/Palm, BGB 10. Aufl. § 171 Rdn. 3).
(bb) Die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht sind den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien nicht zu entnehmen.
(cc) Ob eine Zurechnung kraft schuldhaft verursachten Rechtsscheins in Betracht käme, wenn die P. AG die Handelsregistereintragung des Direktors hätte fortbestehen lassen, obwohl der Eintritt seiner Geschäftsunfähigkeit für sie erkennbar war (vgl. hierzu BGHZ 115, 78, 83), bedarf keiner Entscheidung, weil der Direktor im Zeitpunkt der Erteilung der Kontovollmacht nicht im Handelsregister eingetragen war.
(3) Der Direktkondiktion der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB stehen auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen. Der Beklagte kann sich im Rahmen des Bereicherungsausgleichs nicht auf Vertrauensschutz berufen (vgl. hierzu Senat BGHZ 152, 307, 314).
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Beklagte könne Scheckzahlungen und Überweisungen auf unstreitige Steuerschulden nicht mehr risikolos entgegennehmen, wenn er aufgrund für ihn nicht erkennbarer Mängel der Scheckanweisung oder des Überweisungsauftrags zur Rückzahlung verpflichtet sei. Es sei nicht gerechtfertigt, ihn mit der Gefahr von Störungen des Deckungsverhältnisses zwischen der P. AG als Steuerschuldnerin und der Klägerin zu belasten.
Diese Argumente überzeugen nicht. Das vom Beklagten zu tragende Risiko, daß die vom Steuerschuldner veranlaßte Zahlung diesem infolge Geschäftsunfähigkeit nicht zurechenbar ist, besteht bei einer unmittelbaren Barzahlung in gleicher Weise. Es kann im bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht auf das Kreditinstitut des Steuerschuldners abgewälzt werden. Daß die Unwirksamkeit der Scheckanweisung nicht auf der Geschäftsunfähigkeit des Steuerschuldners selbst, sondern auf der seines Vertreters beruht, ändert nichts, weil durch die Unwirksamkeit des Vertretergeschäfts eines Geschäftsunfähigen (§ 105 Abs. 1, § 165 BGB) auch der Vertretene vor dem Handeln des Geschäftsunfähigen geschützt wird. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Bereicherungsanspruch sich gegen den Steuerfiskus richtet. Dieser unterliegt dem Gebot der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns (vgl. Tipke/Kruse, Steuerrecht 17. Aufl. Rdn. 150 ff., 161 ff.) und ist ebenso wie andere Personen zur Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
(4) Die Direktkondiktion der Klägerin ist nicht durch einen Wegfall der Bereicherung des Beklagten ausgeschlossen. Ob der Beklagte sich gegenüber zivilrechtlichen Bereicherungsansprüchen überhaupt auf
§ 818 Abs. 3 BGB berufen kann (verneinend für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche gegen die öffentliche Hand: BVerwGE 107, 304, 312), bedarf keiner Entscheidung. Das Berufungsgericht hat jedenfalls rechtsfehlerfrei angenommen, daß der Vortrag des Beklagten, über die Zahlung der Klägerin sei im Rahmen der haushaltsmäßigen Ausgaben disponiert worden, zur Darlegung einer Entreicherung nicht ausreicht. Ausgaben, die ohne die Zahlung der Klägerin unterblieben wären, hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Er hat in den Tatsacheninstanzen auch nicht schlüssig vorgetragen, daß er im Vertrauen darauf, die Zahlung behalten zu können, von weiteren Beitreibungsmaßnahmen abgesehen hat und deshalb nunmehr mit seiner Steuerforderung ausfällt.

b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Beklagten gemäß § 818 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Zinsen verurteilt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 107, 304, 308; BVerwG, Urteil vom 30. April 2003 - 6 C 5/02, NVwZ 2003, 1385, 1387) kommt bei einem öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch gegen eine Behörde eine Verzinsung wegen tatsächlich gezogener Nutzungen grundsätzlich nicht in Betracht, weil der Staat öffentlich-rechtlich erlangte Einnahmen in der Regel nicht gewinnbringend anlegt, sondern über die ihm zur Verfügung stehenden Mittel im Interesse der Allgemeinheit verfügt. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sie gilt auch für den vorliegenden zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch gegen den Steuerfiskus, weil die Zahlung der Klägerin wie eine Steuereinnahme im Interesse der Allgemeinheit verwandt werden sollte.
Der Beklagte schuldet auch keine Verzugszinsen gemäß § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB. Er ist zwar seit dem 1. Juli 2000 unstreitig in Verzug. Als Bereicherungsschuldner kann er aber vor Eintritt der Rechtshängigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB wegen Verzuges in Anspruch genommen werden (Staudinger/Werner Lorenz, BGB Neubearbeitung 1999 § 818 Rdn. 51). Hierzu hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen.
Der Beklagte schuldet deshalb nur Prozeßzinsen gemäß § 818 Abs. 4, § 291 BGB seit dem Eintritt der Rechtshängigkeit am 29. Dezember 2000. Da der Bereicherungsanspruch bereits vor dem 1. Mai 2000 fällig war, betragen die Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB in der vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 330) geltenden Fassung 4% (Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3, § 5 Satz 1 EGBGB). Ob der Klägerin tatsächlich ein höherer Schaden entstanden ist, und wie dieser gegebenenfalls zu berechnen wäre (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f.), ist unerheblich, weil der Ersatz eines solchen Schadens unter dem hier allein maßgeblichen Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit nicht gefordert werden kann. § 291 Satz 2 BGB a.F. verweist nur auf § 288 Abs. 1 BGB, nicht dessen Absatz 2.
2. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von mehr als 4% Zinsen seit dem 29. Dezember 2000 verurteilt hat. Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Zinsforderung in diesem Umfang
abweisen. Die weitergehende Revision war als unbegründet zurückzuweisen.
B. Anschlußrevision der Klägerin
1. Die Anschlußrevision ist zulässig.

a) Dies gilt unabhängig davon, ob das Berufungsgericht die Revision nur für den Beklagten oder auch für die Klägerin zugelassen hat. Die Anschlußrevision ist gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch dann statthaft, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist (vgl. auch Begr.RegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 107 f.; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, WM 2003, 2020, 2021, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Senat, Urteil vom 30. September 2003 - XI ZR 232/02, WM 2003, 2286, 2287). Sie muß auch nicht denselben Streitstoff betreffen, auf den sich die Zulassung der Revision des Beklagten bezieht (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, WM 2003, 2020, 2021, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Senat, Urteil vom 30. September 2003 - XI ZR 232/02, WM 2003, 2286, 2287).

b) Ob eine Anschlußrevision nur zulässig ist, wenn zwischen ihrem Streitgegenstand und dem der Hauptrevision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, WM 2003, 2020, 2021, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen), bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Zusammenhang ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Anschlußrevision betrifft
ebenso wie ein Teil der Revision die Zinsentscheidung des Berufungsgerichts.
2. Die Anschlußrevision, mit der die Zinsforderung in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2000 weiterverfolgt wird, ist unbegründet. Die Zinsforderung ist - wie dargelegt - nur in der vom Berufungsgericht bereits zugesprochenen Höhe von 4% seit dem 29. Dezember 2000 begründet.
3. Die Anschlußrevision war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

14
a) Ausländisches Recht ist zwar auch nach der Neufassung des § 545 Abs. 1 ZPO durch das FGG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl I S. 2585) nicht revisibel (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12, ZIP 2013, 2173 Rn. 15 ff.; offen gelassen noch von BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 - V ZB 54/10, BGHZ 188, 177 Rn. 14; Urteil vom 12. November 2009 - Xa ZR 76/07, NJW 2010, 1070 Rn. 21; anders BAG, Urteil vom 10. April 1975, WM 1976, 194, juris Rn. 38 f. für § 73 Satz 1 ArbGG). Im vorliegenden Zusammenhang geht es aber nicht in erster Linie darum, ob die Auslegung von sec. 281 (3) IA 1986 durch das Berufungsgericht zutreffend ist. Das Verfahren des Berufungsgerichts leidet vielmehr an dem Mangel, dass sich das Berufungsgericht keine ausreichenden Informationen über das englische Recht verschafft hat, um dieses Recht auslegen und anwenden zu können.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

14
a) Ausländisches Recht ist zwar auch nach der Neufassung des § 545 Abs. 1 ZPO durch das FGG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl I S. 2585) nicht revisibel (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12, ZIP 2013, 2173 Rn. 15 ff.; offen gelassen noch von BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 - V ZB 54/10, BGHZ 188, 177 Rn. 14; Urteil vom 12. November 2009 - Xa ZR 76/07, NJW 2010, 1070 Rn. 21; anders BAG, Urteil vom 10. April 1975, WM 1976, 194, juris Rn. 38 f. für § 73 Satz 1 ArbGG). Im vorliegenden Zusammenhang geht es aber nicht in erster Linie darum, ob die Auslegung von sec. 281 (3) IA 1986 durch das Berufungsgericht zutreffend ist. Das Verfahren des Berufungsgerichts leidet vielmehr an dem Mangel, dass sich das Berufungsgericht keine ausreichenden Informationen über das englische Recht verschafft hat, um dieses Recht auslegen und anwenden zu können.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 136/01 Verkündet am:
23. April 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Der Tatrichter hat das für seine Entscheidung maßgebliche ausländische
Recht von Amts wegen zu ermitteln. Diese Ermittlungspflicht umfaßt auch die
ausländische Rechtspraxis, wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des
betreffenden Landes zum Ausdruck kommt.
Bei Rechtsgeschäften, die in der Absicht der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen
werden, gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw.
Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln des § 138 Abs. 1 BGB vor. Etwas
anderes gilt nur dann, wenn das Rechtsgeschäft besondere, über die
Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist.
BGH, Urteil vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. Februar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses B. 2.169.649,77 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1. August 1985 zu zahlen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses B. (nachfolgend: B.-Bank) und das des Komplementärs M. H.. Er
nimmt die Beklagte, die Ehefrau des inzwischen verstorbenen M. H., als Gesellschafterin einer US-amerikanischen Personengesellschaft auf Rückzahlung eines dieser Gesellschaft gewährten Darlehens nebst Zinsen sowie auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Eheleute H. gründeten gemeinsam mit ihren vier Söhnen am 1. Januar 1979 eine General Partnership unter dem Namen "H.-Farms" (nachfolgend: HFGP) für den Betrieb von zwei im US-amerikanischen Bundesstaat New York gelegenen Farmen. Zum 1. Januar 1980 wurde die HFGP umgewandelt in eine bis zum 31. Dezember 1989 befristete Limited Partnership (nachfolgend: HFLP) mit der Beklagten und ihrem Ehemann als Limited-Partner und den teilweise noch minderjährigen Söhnen als General-Partner.
Die HFGP und HFLP nahmen bei der B.-Bank Kredit auf, der zum Zeitpunkt der Umwandlung 831.196,41 DM betrug, letztmals bis Mai 1985 verlängert wurde und sich bis zum 31. Juli 1985 auf 2.169.649,77 DM erhöhte. Zur Sicherheit bestellte die Beklagte gemeinsam mit ihrem Ehemann insbesondere zwei Grundschulden (Mortgages) am Farmgrundstück in New York. Das Einverständnis mit den verschiedenen Kreditvereinbarungen unterzeichnete für die HFLP jeweils die Beklagte.
Der Kläger verlangt als Konkursverwalter der B.-Bank von der Beklagten Darlehensrückzahlung in Höhe von 2.169.649,77 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1. August 1985 sowie als Konkursverwalter des M. H.
20.000 DM Schadensersatz wegen der unterbliebenen Rückübertragung eines Anteils an den H.-Farms.
Die Beklagte beruft sich gegenüber dem Rückzahlungsanspruch im wesentlichen auf den gesetzlichen Ausschluû ihrer persönlichen Haftung für Verbindlichkeiten der HFLP sowie auf eine Haftungsfreistellungserklärung , die M. H. am 28. November 1979 für die B.-Bank abgegeben haben soll, und macht die Einrede der Verjährung geltend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben. Der erkennende Senat hat die auf Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils gerichtete Revision der Beklagten nur insoweit angenommen, als die Beklagte zur Darlehensrückzahlung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:


Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung , im wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte hafte trotz ihrer formalen Stellung als Limited-Partner für die Verbindlichkeiten der HFLP persönlich und unbeschränkt nach § 96 des Partnership Law (P.L.) von New York, da sie nach auûen an der Geschäftsführung maûgeblich beteiligt gewesen sei (Control over management ), sowie "als in Deutschland handelnde Kreditnehmerin". Auch nach der Auflösung (Dissolution) der HFLP durch Ablauf der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Zeit habe die Haftung der Beklagten fortbestanden , weil der Betrieb der H.-Farms unter Mitwirkung der Beklagten fortgesetzt worden und das Unternehmen nunmehr wieder als General Partnership anzusehen gewesen sei. Die Verpflichtung der Beklagten sei durch ihr Handeln begründet und könne nicht mit dem Hinweis auf die Grundsätze des Vertrauen begründenden Rechtsscheins verneint werden. Daû der damalige Alleininhaber der B.-Bank, der Ehemann der Beklagten , die rechtlichen Verhältnisse gekannt habe, sei nicht von Bedeutung.
Die Haftungsfreistellungserklärung vom 28. November 1979 sei dahin auszulegen, daû davon nur Haftungsrisiken in direktem Zusammenhang mit der Bestellung von Sicherheiten erfaût werden sollten, nicht jedoch Verbindlichkeiten aus der Darlehensaufnahme oder deren Verlängerungen. Wenn die Erklärung dagegen als Freistellung für die Familienmitglieder auch als Darlehensnehmer zu verstehen sein sollte, sei sie nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
Eine Verjährung sei weder nach dem Recht des Staates New York noch nach deutschem Recht eingetreten.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
1. Für eine unmittelbare Verpflichtung der Beklagten als Darlehensnehmerin fehlt jeder Anhaltspunkt. Insbesondere werden in den Darlehensverträgen die "H. Farms" ausdrücklich als Vertragspartner genannt.
2. Hinsichtlich der vom Berufungsgericht bejahten persönlichen Haftung der Beklagten nach dem Gesellschaftsrecht des Bundesstaates New York beanstandet die Revision mit Recht die unzureichende Ermittlung des ausländischen Rechts.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der HFGP und HFLP sich nach dem Recht des Bundesstaates New York beurteilt.
Das internationale Gesellschaftsrecht ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Nach den von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen entscheidet das Personalstatut einer Gesellschaft über die persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (BGHZ 78, 318, 334; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1953 - IV ZR 114/53, LM § 105 HGB Nr. 7). Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika be-
urteilt sich das Personalstatut nach Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des DeutschAmerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. Oktober 1954 (BGBl. 1956 II 487, 500). Maûgeblich ist danach das Recht, nach dem die Gesellschaft gegründet wurde (OLG Celle WM 1992, 1703, 1706; OLG Düsseldorf WM 1995, 808, 810; Soergel/ Lüderitz, BGB 12. Aufl. EGBGB Art. 10 Anh. Rdn. 13). Zur Gründung hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen. Aufgrund des Sitzes der HFGP und HFLP im US-Bundesstaat New York, der Eintragung der HFLP im dortigen Register sowie der unwidersprochen gebliebenen Erwähnung ihrer Gründung nach dem Recht dieses Staates in einem von der Beklagten vorgelegten Gutachten ist jedoch davon auszugehen , daû sich das Personalstatut der Gesellschaften und damit auch die persönliche Haftung der Beklagten als deren Gesellschafterin nach dem Recht des Bundesstaates New York bestimmt.

b) Das somit maûgebliche ausländische Recht hat der Tatrichter nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Eine Verletzung dieser Ermittlungspflicht kann mit der Verfahrensrüge beanstandet werden (BGHZ 118, 151, 162; Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - XI ZR 357/99, WM 2001, 502, 503 und vom 26. Juni 2001 - XI ZR 241/00, BGHReport 2001, 894). Zu ermitteln und anzuwenden ist dabei nicht nur das ausländische Gesetzesrecht, sondern das Recht, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet. Die Ermittlungspflicht des Tatrichters umfaût daher gerade auch die ausländische Rechtspraxis , wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des betreffenden Landes zum Ausdruck kommt. In welcher Weise er sich die notwendigen Erkenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäûen Ermessen. Die
Anforderungen sind um so gröûer, je detaillierter und kontroverser die Parteien eine ausländische Rechtspraxis vortragen (BGHZ 118, 151, 164). Vom Revisionsgericht überprüft werden darf lediglich, ob der Tatrichter sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (BGHZ 118, 151, 163 f.; Senatsurteile vom 30. Januar 2001 und vom 26. Juni 2001 je aaO). Gibt das Berufungsurteil keinen Aufschluû darüber, daû der Tatrichter seiner Pflicht nachgekommen ist, das ausländische Recht zu ermitteln, wie es in Rechtsprechung und Rechtslehre Ausdruck und in der Praxis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daû eine ausreichende Erforschung des ausländischen Rechts verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (Senatsurteil vom 26. Juni 2001 aaO m.w.Nachw.).

c) Danach ist das Berufungsurteil rechtsfehlerhaft.
aa) Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die persönliche Haftung der Beklagten ergebe sich aus § 96 P.L.. Feststellungen zum Inhalt dieser Regelung enthält weder das Berufungsurteil noch das darin in Bezug genommene Urteil des Landgerichts. Ausführungen zur Auslegung dieser Norm durch die amerikanische Rechtsprechung und Rechtslehre fehlen völlig. Schon deshalb ist von einer unzureichenden Ermittlung des ausländischen Rechts auszugehen.
bb) Auch aus dem übrigen Akteninhalt ergibt sich, daû die von beiden Parteien beantragte Einholung eines rechtswissenschaftlichen Sachverständigengutachtens zu § 96 P.L. ermessensfehlerhaft unterblieben ist.

Dem Berufungsgericht lagen lediglich eine vom Kläger vorgelegte gutachterliche Stellungnahme der Rechtsanwälte R. in New York, ein vom Beklagten vorgelegtes rechtswissenschaftliches Gutachten des Privatdozenten Dr. Ra. sowie eine vom Gericht erbetene kurze Stellungnahme des amerikanischen Rechtsanwalts Bl. vor. Hinreichende Informationen zu dem vom Berufungsgericht im Rahmen des § 96 P.L. für maûgeblich erachteten Gesichtspunkt der Haftung eines Gesellschafters wegen maûgeblicher Beteiligung an der Geschäftsführung nach auûen (Control over management) enthält keine der drei Unterlagen. Die Stellungnahme der Rechtsanwälte R. geht auf diesen Gesichtspunkt überhaupt nicht ein. Das Gutachten des Privatdozenten Dr. Ra. enthält zwar allgemein gefaûte Darlegungen zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 96 P.L., verzichtet aber ausdrücklich auf nähere Ausführungen zu diesem Punkt. Auch die kurze Stellungnahme des Rechtsanwalts Bl., die vom Verfasser einleitend als nicht auf Nachforschungen beruhend, allgemein und mangels Kenntnis aller Fakten zwangsläufig etwas vage bezeichnet wird, enthält nur sehr kurze Ausführungen zur Haftung eines Gesellschafters wegen Beteiligung an der Geschäftsführung und setzt sich dabei weder mit der einschlägigen Rechtsprechung noch mit der Rechtslehre auseinander.
3. Auch die Auslegung der auf den 28. November 1979 datierten Freistellungserklärung des M. H. durch das Berufungsgericht wird von der Revision mit Recht angegriffen.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es allerdings nicht zu beanstanden , daû das Berufungsgericht bei der Auslegung der Freistellungserklärung deutsches Recht und nicht das Recht des Staates New York zugrunde gelegt hat.
Das vor dem 1. September 1986 geltende deutsche Internationale Privatrecht, das nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB für die Auslegung der genannten Freistellungserklärung maûgebend bleibt, kannte, anders als der geltende Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB, keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über das für das Erlöschen von Schuldverhältnissen maûgebende Recht. Es war jedoch anerkannt, daû für die Frage des Erlöschens einer Verbindlichkeit grundsätzlich das Recht maûgebend war, dem das Schuldverhältnis selbst unterstand (BGHZ 9, 34, 37 m.w.Nachw.), daû aber eine gesonderte Rechtswahl für den Erlaû einer Schuld zulässig war (OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 367, 368 m.w. Nachw.; ebenso für das geltende Recht MünchKomm/Spellenberg, BGB 3. Aufl. Art. 32 EGBGB Rdn. 59).
Im vorliegenden Zusammenhang kann offenbleiben, ob das Schuldverhältnis, das durch die Freistellungserklärung zum Erlöschen gebracht werden sollte, die nach New Yorker Recht zu beurteilende gesellschaftsrechtliche Haftung oder die Darlehensverbindlichkeit selbst war. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf die Freistellungserklärung ergibt sich nämlich bereits aus einer gesonderten Rechtswahl der Parteien für diese Erklärung. Diese Rechtswahl wurde zwar nicht ausdrücklich vereinbart. Sie ist jedoch den Umständen des Falles und dem prozessualen Verhalten der Parteien zu entnehmen. Die Haftungsfreistel-
lungserklärung war in deutscher Sprache abgefaût und alle Beteiligten hatten die deutsche Staatsangehörigkeit sowie ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland. Sowohl im vorliegenden Rechtsstreit als auch in dem bereits abgeschlossenen Parallelprozeû des Klägers gegen einen der Söhne der Beklagten sind die Parteien insoweit übereinstimmend von der Anwendung deutschen Rechts ausgegangen. Daû in der Frage der Rechtswahl das prozessuale Verhalten der Beteiligten als wesentliches Indiz für den hypothetischen ursprünglichen Parteiwillen oder auch für eine nachträgliche stillschweigende Einigung gewertet werden kann, hat der Bundesgerichtshof wiederholt anerkannt (BGHZ 40, 320, 323 f.; 103, 84, 86; Senatsurteile vom 28. Januar 1992 - XI ZR 149/91, WM 1992, 567, 568 und vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 200/92, WM 1993, 2119, jeweils m.w.Nachw.).

b) Bei der Anwendung deutscher Auslegungsgrundsätze auf die Haftungsfreistellungserklärung sind dem Berufungsgericht jedoch entscheidende Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Die Auslegung individualvertraglicher Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Für das Revisionsgericht ist sie jedoch nicht bindend, wenn gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (Senatsurteil vom 31. Januar 1995 - XI ZR 56/94, WM 1995, 743, 744 m.w.Nachw.; BGH, Urteil vom 1. Oktober 1999 - V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514). Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es, daû die Auslegung in erster Linie den Wortlaut der Erklärung und den diesem zu entneh-
menden objektiv erklärten Parteiwillen berücksichtigen muû (BGHZ 121, 13, 16; Senatsurteil vom 31. Januar 1995 aaO; BGH, Urteile vom 27. November 1997 - IX ZR 141/96, WM 1998, 776, 777 und vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196) sowie daû vertragliche Willenserklärungen nach dem Willen der Parteien in aller Regel einen rechtserheblichen Inhalt haben sollen und daher im Zweifel nicht so ausgelegt werden dürfen, daû sie sich als sinnlos oder wirkungslos erweisen (BGH, Urteile vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536 und vom 1. Oktober 1999 aaO).
bb) Ein Verstoû gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze liegt darin, daû das Berufungsgericht den Wortlaut der Freistellungserklärung nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gericht hat seine einschränkende Auslegung dieser Erklärung lediglich auf die einleitende Erwähnung einer unmittelbar bevorstehenden Grundschuldbestellung sowie auf die im Schluûabsatz enthaltene Bestimmung über die Unabhängigkeit der Freistellung von etwaigen künftigen Grundschuldbestellungen und Sicherungsübereignungen gestützt. Dagegen hat es die zentralen Bestimmungen der Freistellungserklärung völlig auûer Betracht gelassen, nach denen alle Gesellschafter der H.-Farms "keinesfalls ... dem Bankhaus B. in der persönlichen Haftung" sein sollten und in denen für den Fall, daû "aus irgendwelchen Gründen eine persönliche Haftung jetzt oder auch später bestehen sollte, ... hierauf ein für alle Male verzichtet" wurde.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht auch dadurch gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze verstoûen, daû es die Freistellungser-
klärung im Wege der Auslegung auf eine persönliche Haftung aus der Grundschuldbestellung beschränkte, ohne der nahe liegenden Frage nachzugehen, ob eine solche Beschränkung die Erklärung nicht jeder realen rechtlichen Wirkung beraubte und sie dadurch sinnlos machte. Daû für die Beklagte und die anderen Gesellschafter der H.-Farms aus der Bestellung von Sicherheiten persönliche Haftungsrisiken hätten entstehen können, wurde vom Berufungsgericht nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
4. Für die Revisionsinstanz muû daher zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, daû die auf den 28. November 1979 datierte Freistellungserklärung des M. H. sich auch auf eine etwaige Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms erstreckt. Die Annahme des Berufungsgerichts, in diesem Fall sei die Freistellungserklärung nach § 138 BGB unwirksam, hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.

a) Einen Verstoû gegen § 138 BGB hat das Berufungsgericht darin gesehen, daû M. H. mit der Freistellungserklärung die B.-Bank sittenwidrig geschädigt habe. Das ist, wie die Revision mit Recht rügt, schon deshalb nicht richtig, weil M. H. am 28. November 1979, als er die Freistellungserklärung angeblich abgegeben hat, Alleininhaber der B.-Bank war und daher allenfalls sich selbst, nicht dagegen eine rechtlich von ihm verschiedene Bank geschädigt haben könnte. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Ablichtungen aus dem Handelsregister, deren inhaltliche Richtigkeit von der Gegenseite nicht in Frage gestellt worden ist,
war M. H. von 1974 bis 1983 Alleininhaber der B.-Bank, die erst danach als Kommanditgesellschaft weitergeführt wurde.

b) Auch der vom Berufungsgericht zusätzlich erwähnte Gesichtspunkt der Gläubigerbenachteiligung vermag auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Gerichts einen Verstoû der Freistellungserklärung gegen § 138 BGB nicht zu begründen.
aa) Rechtsgeschäfte, die ein Schuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, verstoûen zwar in der Regel gegen die guten Sitten (BGH, Urteil vom 26. Januar 1973 - V ZR 53/71, WM 1973, 303, 304). Jedoch gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB vor, es sei denn, das Rechtsgeschäft weist besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände auf (BGHZ 53, 174, 180; 56, 339, 355; 130, 314, 331; 138, 291, 299 f.).
bb) Im vorliegenden Fall legen die Begleitumstände der Freistellungserklärung die Annahme nahe, daû M. H. diese Erklärung in der Absicht abgegeben hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und daû dies der Beklagten auch bekannt war. Bereits zu dem Zeitpunkt, als die Freistellungserklärung angeblich abgegeben wurde, waren die H.-Farms gegenüber der B.-Bank in erheblichem Umfang verschuldet und die Notwendigkeit weiterer Kredite war absehbar. Die Grundschulden auf dem Farmgrundstück in New York boten angesichts der bekannten Schwierigkeiten und Kosten einer Rechtsverfolgung in Amerika keine ausreichen-
de Sicherheit. Deshalb war die persönliche Haftung der in Deutschland ansässigen Gesellschafter der damals noch in der Rechtsform der General Partnership betriebenen H.-Farms für die B.-Bank besonders wichtig. Daû M. H. ihnen gegenüber auf die Haftung verzichtete, obwohl sie darauf keinen Anspruch hatten, spricht dafür, daû er sie aus verwandtschaftlicher Rücksichtnahme vor dem Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme bewahren wollte und dabei eine Schädigung seiner Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm. Es liegt auch nahe, daû der Beklagten als Ehefrau des M. H. und leitender Mitarbeiterin der B.-Bank diese Umstände bekannt waren.
cc) Für zusätzliche, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände, die eine Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB rechtfertigen könnten, enthalten die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte.
Dem Berufungsurteil läût sich zwar entnehmen, daû die Haftungsfreistellungserklärung nicht zu den Kreditakten der B.-Bank genommen, sondern auf der Farm in Amerika aufbewahrt wurde mit der Folge, daû eine Überprüfung des Vorgangs durch die Aufsichtsbehörden der Bank verhindert und eine rechtzeitige Anfechtung durch den Kläger erschwert oder unmöglich gemacht wurde. Diese Vorgänge liegen aber zeitlich nach der Abgabe der Freistellungserklärung. Für die Beurteilung eines Rechtsgeschäfts als sittenwidrig kommt es auf den Zeitpunkt seiner Vornahme an, wobei der Sittenwidrigkeitsvorwurf nur auf Umstände gestützt werden kann, die die Beteiligten in ihr Bewuûtsein aufgenommen haben (BGHZ 130, 314, 331 f.; 138, 291, 300; BGH, Urteil vom 5. Oktober 1989
- III ZR 34/88, WM 1990, 54, 56). Im vorliegenden Fall setzt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB daher voraus, daû M. H. und die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Freistellungserklärung die Verheimlichung dieses wichtigen Vorgangs geplant oder zumindest als ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit in ihr Bewuûtsein aufgenommen haben. Zu diesem Punkt enthält das Berufungsurteil keinerlei Feststellungen.
5. Soweit das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Verjährungseinrede als nicht durchgreifend angesehen hat, hält dies zwar hinsichtlich der Hauptforderung auf Darlehensrückzahlung, nicht dagegen in vollem Umfang hinsichtlich der Zinsforderung den Angriffen der Revision stand.

a) Die Verjährung der Hauptforderung hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht verneint. Dabei kommt es auf die von der Revision angegriffenen Ausführungen des Gerichts zu den Verjährungsregeln des Bundesstaates New York nicht an, weil das streitgegenständliche Darlehen einschlieûlich der Frage seiner Verjährung nach deutschem Recht zu beurteilen ist mit der Folge, daû die regelmäûige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von dreiûig Jahren Anwendung findet.
Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus Ziffer 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken in der 1984 unverändert gebliebenen Fassung von 1977 (abgedruckt in: Canaris, Bankvertragsrecht 2. Aufl. S. 1350), die in den Kreditverträgen zwischen der B.-Bank und den H.-Farms jeweils ausdrücklich in Bezug genommen
worden waren. Nach dieser Bestimmung waren für die Rechtsbeziehungen mit auûerhalb der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Kunden die Geschäftsräume der kontoführenden Stelle der Bank für beide Teile der Erfüllungsort (Satz 1), und der Erfüllungsort war zugleich maûgeblicher Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Recht (Satz 2). Diese Regelung kommt hier zur Anwendung, weil die H.-Farms ihren Sitz in Amerika hatten.

b) Die Verjährung der Zinsforderung hat das Berufungsgericht dagegen insoweit zu Unrecht verneint, als es um Zinsen für die Zeit vor dem 1. Januar 1990 geht. Ansprüche auf rückständige Zinsen für diesen Zeitraum waren im Zeitpunkt der Unterbrechung der Verjährung durch Einreichung der vorliegenden Klage (§ 209 Abs. 1 BGB a.F., § 253 Abs. 1 ZPO, § 270 Abs. 3 ZPO a.F.) am 11. Februar 1994 bereits nach den §§ 197, 201 BGB a.F. verjährt.
6. Die Revision rügt ferner mit Recht, daû das Berufungsgericht die Höhe der dem Kläger zuerkannten Zinsforderung nicht hinreichend begründet hat.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Verzinsung von 5% entspreche dem "seinerzeit langfristigen Darlehenszins", reicht zur Begründung der Zinsforderung nicht aus. Der zwischen der B.-Bank und den H.-Farms vertraglich vereinbarte Darlehenszins von 5% galt nur für die Laufzeit des Darlehens, die mit Ablauf der letzten Vertragsverlängerung vom 30. Mai 1984 am 31. Mai 1985 endete. Für die Zeit danach
kommen nur Zinsansprüche auf gesetzlicher Grundlage in Betracht. Dazu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.). Aus den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich weder eine anderweitige Begründung einer Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms noch kann auf der Grundlage dieser Feststellungen ausgeschlossen werden, daû eine etwaige Haftung durch die Freistellungserklärung des M. H. beseitigt worden ist.
1. Eine Haftung der Beklagten für die Verbindlichkeiten der H.Farms könnte nicht nur aufgrund des vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellten Verhaltens der Beklagten während des Zeitraums, als die H.-Farms als Limited Partnership betrieben wurden, sondern auch aufgrund der Stellung der Beklagten als Gesellschafterin der im Jahre 1979 bestehenden General Partnership sowie aufgrund ihrer etwaigen Beteiligung an einer Fortsetzung des Farmbetriebs nach der Auflösung der Limited Partnership Ende 1989 in Betracht kommen.

a) Die Frage, ob die Beklagte aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin der anfänglichen General Partnership für die bis Ende 1979 aufgenommenen Kredite der H.-Farms haftet, hat das Berufungsgericht offengelassen. Der Senat kann diese Frage nicht klären, weil dazu Fest-
stellungen zu den tatsächlichen Vorgängen beim Übergang von der General Partnership zur Limited Partnership sowie auch zum Inhalt des darauf anwendbaren New Yorker Rechts erforderlich sind, die das Berufungsgericht unterlassen hat.

b) Eine selbständige Haftungsanknüpfung an die Vorgänge nach der Auflösung der Limited Partnership Ende 1989 kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls nicht bejaht werden. Dabei mag offenbleiben, ob die Feststellung des Berufungsgerichts , der Betrieb der H.-Farms sei nach dem Ende der Limited Partnership unter Mitwirkung der Beklagten fortgeführt worden, den Angriffen der Revision stand hält. Es fehlt jedenfalls an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob nach dem Recht des Bundesstaats New York die Haftung der an der Fortsetzung einer aufgelösten Limited Partnership Mitwirkenden nur neu begründete Verbindlichkeiten erfaût oder sich auch auf die Altschulden der Limited Partnership erstreckt.
2. Auch die Frage, ob eine etwaige Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms durch die Freistellungserklärung des M. H. beseitigt worden ist, läût sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht klären. Die Unwirksamkeit dieser auf den 28. November 1979 datierten Freistellungserklärung stünde zwar fest, wenn sie, wie der Kläger behauptet, von M. H. erst nach dem Zusammenbruch der B.-Bank und damit zu einer Zeit abgegeben worden wäre, als M. H. die Bank nicht mehr vertreten konnte. Dem steht aber die Behauptung der Beklagten entgegen, die Freistellungserklärung sei am 28. November 1979 abgegeben worden. Dafür hat die
Beklagte, die insoweit die Beweislast trägt, auch Beweis angetreten. Dazu , wann die Erklärung tatsächlich abgegeben worden ist, hat das Berufungsgericht bisher keinerlei Feststellungen getroffen.

IV.


Das Berufungsurteil muûte daher in dem Umfang aufgehoben werden , in dem der erkennende Senat die Revision der Beklagten angenommen hat (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Insoweit war die Sache, die wegen
der in mehreren Punkten noch fehlenden Feststellungen tatsächlicher Art und zum Inhalt ausländischen Rechts nicht entscheidungsreif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Siol Bungeroth
Joeres Wassermann

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 155/01 Verkündet am:
14. Mai 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1; BGB §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1

a) Bei Unwirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags und der dem Geschäftsbesorger
erteilten Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1
Abs. 1 RBerG kommt eine Rechtsscheinhaftung des Vollmachtgebers
nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn dem Vertragspartner
die Vollmacht im Original bzw. bei notarieller Beurkundung in
Ausfertigung vorgelegt wird; die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der
notariellen Vollmachtsurkunde genügt nicht.

b) Eine nicht wirksam erteilte Vollmacht kann über die in §§ 171 ff. BGB
geregelten Fälle hinaus dem Geschäftsgegner gegenüber aus allgemeinen
Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln sein, sofern
das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände
als an die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen
über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint. Hierfür kommen
nur Umstände in Betracht, die bei oder vor Vertragsschluß vorliegen.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. März 2001 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 13. August 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Darlehensverträge zur Finanzierung einer Eigentumswohnung. Dem liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger und seine damalige Lebensgefährtin wurden im Jahre 1993 von einem Anlagevermittler geworben, ohne Einsatz von Eigenkapital eine Eigentumswohnung in einem Modernisierungsobjekt in M. zu kaufen. Die beklagte Sparkasse finanzierte das Gesamtobjekt für die Bauträgerin und übernahm auch bei einem groûen Teil der Erwerber die Finanzierung.
Mit notarieller Urkunde vom 21. Dezember 1993 boten der Kläger und seine damalige Lebensgefährtin der H. GmbH (im folgenden: Geschäftsbesorgerin ) den Abschluû eines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrages zum Erwerb der Eigentumswohnung an. Zugleich erteilten sie ihr zur Ausführung des Geschäftsbesorgungsvertrages eine Vollmacht zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte, Rechtshandlungen und Maûnahmen, die für den Eigentumserwerb und ggf. die Rückabwicklung erforderlich oder zweckdienlich erschienen. Unter anderem wurde die Geschäftsbesorgerin bevollmächtigt, namens und für Rechnung der Erwerber den Kaufvertrag, Darlehensverträge und alle erforderlichen Sicherungsverträge abzuschlieûen. Die Geschäftsbesorgerin nahm das Angebot mit notarieller Erklärung vom 29. Dezember 1993 an. Sie schloû namens der Erwerber mit der Verkäuferin einen notariellen Kaufvertrag über die Eigentumswohnung ab und zur Finanzierung des Kaufpreises von 143.424 DM sowie der Nebenkosten mit Datum vom 27./31. Dezember 1993 mit der Beklagten zwei Darlehensverträge über 143.500 DM und 46.500 DM.
Mit der Klage begehrt der Kläger, der seinen Darlehensverpflichtungen mehrere Jahre lang nachgekommen ist, aus eigenem und aus
abgetretenem Recht seiner früheren Lebensgefährtin Feststellung, daû der Beklagten aus den Darlehensverträgen keine Ansprüche mehr zustehen. Er macht geltend: Der Geschäftsbesorgungsvertrag und die mit ihm verbundene Vollmacht seien wegen Verstoûes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig. Kaufvertrag und Darlehensverträge seien zudem verbundene Geschäfte im Sinne des § 9 VerbrKrG, so daû die Nichtigkeit des Kaufvertrags der Darlehensrückzahlungsforderung entgegen gehalten werden könne. Auûerdem hafte die Beklagte wegen unterlassener Aufklärung und Fehlberatung.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht , dessen Urteil in WM 2001, 1210 veröffentlicht ist, hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Darlehensverträge seien wirksam, auch wenn man zugunsten
des Klägers davon ausgehe, der Geschäftsbesorgungsvertrag sei wegen Verstoûes gegen Art. 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes nichtig und die Nichtigkeit die notarielle Vollmacht erfasse, da sie mit dem Grundgeschäft ein einheitliches Rechtsgeschäft bilde. Die Vollmacht sei nämlich der Beklagten gegenüber aus Rechtsscheingesichtspunkten wirksam, da dieser bei Abschluû der Darlehensverträge eine beglaubigte Abschrift des notariell beurkundeten Geschäftsbesorgungsvertrages nebst Vollmacht vorgelegen habe und das Gesamtverhalten des Klägers eine Reihe von Anhaltspunkten für eine zugunsten der Beklagten eingreifende Duldungsvollmacht erkennen lasse. Die Darlehensverträge seien zudem weder nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig noch seien die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VerbrKrG für ein verbundenes Geschäft erfüllt. Schlieûlich sei auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht nicht gegeben. Es stehe weder fest, daû die Beklagte in bezug auf die speziellen Risiken des Objekts einen konkreten Wissensvorsprung gegenüber dem Kläger gehabt habe, noch hätten sich hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, daû die Beklagte ihre Rolle als Kreditgeberin überschritten habe. Der Beklagten könne insbesondere nicht zur Last gelegt werden, daû sie die Erwerber nicht auf die im Kaufpreis enthaltene Innenprovision hingewiesen habe. Ein etwaiges Fehlverhalten des Kreditvermittlers müsse sich die Beklagte nicht über § 278 BGB zurechnen lassen.

II.


Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt rechtli-
cher Prüfung nicht stand.
Die Revision wendet sich zu Recht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , die der Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht sei der Beklagten gegenüber als gültig zu behandeln, obwohl der Geschäftsbesorgungsvertrag selbst unwirksam sei.
1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, der Geschäftsbesorgungsvertrag sei wegen Verstoûes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG nichtig (§ 134 BGB). Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach bedarf derjenige, der ausschlieûlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträgermodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag ist nichtig (BGHZ 145, 265, 269 ff.; Senatsurteil vom 18. September 2001 - XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2114 f.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261).
Auch der hier in Rede stehende Geschäftsbesorgungsvertrag erweist sich danach als unwirksam. Die Geschäftsbesorgerin hatte eine umfassende Rechtsbetreuung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung zu erbringen. Sie sollte alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vornehmen, die zum Erwerb der Eigentumswohnung notwendig waren oder zweckdienlich erschienen, insbesondere den Kaufvertrag, Darlehens- und Finanzierungsvermittlungsverträge, Mietund Mietgarantieverträge sowie Sicherungsverträge abschlieûen. Bei
den von ihr zu erbringenden Dienstleistungen ging es damit nicht primär um die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange der Käufer. Es handelte sich vielmehr ganz überwiegend um rechtsbesorgende Tätigkeiten von Gewicht. Der Bundesgerichtshof hat denn auch einen mit dem hier in Rede stehenden Geschäftsbesorgungsvertrag übereinstimmenden Vertrag derselben Geschäftsbesorgerin bereits wegen Verstoûes gegen Art. 1 § 1 RBerG als nichtig angesehen (BGHZ 145 aaO).
2. Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags erfaût auch die der Geschäftsbesorgerin zur Ausführung des Vertrags erteilte Vollmacht. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daû Grundgeschäft und Vollmacht hier ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB bilden. Im übrigen erstreckt sich die auf einem Verstoû gegen das Rechtsberatungsgesetz beruhende Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags nach Auffassung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs mit Rücksicht auf die Zweckrichtung des Rechtsberatungsgesetzes , die Rechtssuchenden vor unsachgemäûer Erledigung ihrer rechtlichen Angelegenheiten zu schützen, ohnedies regelmäûig auch auf die dem Geschäftsbesorger erteilte Vollmacht (Urteil vom 11. Oktober 2001 aaO S. 2262).
3. Die Nichtigkeit der Vollmacht hat zur Folge, daû auch die beiden Darlehensverträge, die die Geschäftsbesorgerin für die Erwerber abgeschlossen hat, unwirksam sind.

a) Die Verträge wurden dem Kläger und seiner früheren Lebensgefährtin gegenüber nicht wirksam, weil die Geschäftsbesorgerin bei Ab-
schluû mangels wirksam erteilter Vollmacht als Vertreterin ohne Vertretungsmacht gehandelt hat (§ 177 Abs. 1 BGB). Auch eine Rechtsscheinvollmacht bestand entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht.
aa) Die an die Vorlage der Vollmachtsurkunde anknüpfende Rechtsscheinhaftung aus §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB greift, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, nicht ein. Dabei kann die von der Revision aufgeworfene Frage offenbleiben, ob eine Rechtsscheinhaftung nach §§ 171 ff. BGB hier schon deshalb ausscheidet, weil der Beklagten die Vollmacht nicht bei Unterzeichnung der Darlehensverträge , sondern erst bei der Bonitätsprüfung und Auszahlung der Darlehensvaluta vorlag. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lag der Beklagten auch zu dieser Zeit keine Ausfertigung, sondern nur eine beglaubigte Abschrift der notariellen Vollmachtsurkunde vor. Diese reicht als Anknüpfungspunkt für einen zugunsten der Beklagten eingreifenden Rechtsschein nicht aus. Die Rechtsscheinhaftung aus §§ 171 bis 173 BGB setzt vielmehr voraus, daû die Vollmacht dem Vertragspartner im Original bzw. bei notarieller Beurkundung in Ausfertigung vorgelegt wird (BGHZ 102, 60, 63; Senatsurteil vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 18. September 2001 aaO S. 2115. In jenem Fall war die vorgelegte notariell beglaubigte Vollmachtsurkunde das Original.
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts greifen auch die Grundsätze über die Duldungsvollmacht zugunsten der Beklagten nicht ein.
(1) Allerdings ist dem Berufungsgericht im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, daû eine nicht wirksam erteilte Vollmacht auch über die in §§ 171 bis 173 BGB geregelten Fälle hinaus aus allgemeinen Rechtsscheingesichtspunkten dem Geschäftsgegner gegenüber als wirksam zu behandeln sein kann (BGHZ 102, 62, 64 ff.). Das ist der Fall, wenn das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als an die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint (BGHZ 102, 62, 64; Senatsurteil vom 22. Oktober 1996 aaO). In Betracht kommen dabei nur bei oder vor Vertragsschluû vorliegende Umstände. Denn eine Duldungsvollmacht ist nur gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen läût, daû ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, daû der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH, Urteile vom 10. März 1953 - I ZR 76/52, LM § 167 BGB Nr. 4, vom 15. Dezember 1955 - II ZR 181/54, WM 1956, 154, 155 und vom 13. Mai 1992 - IV ZR 79/91, VersR 1992, 989, 990). Das Verhalten des Vertretenen nach Vertragsschluû kann nur unter dem Gesichtspunkt der Genehmigung des Vertrages rechtlich bedeutsam sein.
(2) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Gegenzeichnung und Rücksendung des Schreibens der Geschäftsbesorgerin vom 4. Januar 1994, mit dem über den Abschluû der Darlehensverträge informiert wurde , durch den Kläger und sein jahrelanges vertragskonformes Verhalten rechtfertigten die Annahme einer Duldungsvollmacht, ist danach verfehlt. Der Kläger hat das Schreiben vom 4. Januar 1994 erst nach Abschluû der Darlehensverträge am 27./31. Dezember 1993 zurückgesandt. Aus
dem gleichen Grunde ist auch die jahrelange Erfüllung der Darlehensverträge durch den Kläger und seine damalige Lebensgefährtin kein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine Haftung aus wissentlich veranlaûtem Rechtsschein.
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf das Urteil des erkennenden Senats vom 22. Oktober 1996 (XI ZR 249/95, NJW 1997, 312 ff. = WM 1996, 2230, 2232) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dort hat der Senat zwar die Rechtsscheinhaftung eines Vertretenen bejaht, der auf eine Mitteilung der Bank, sie werde für ihn Darlehenskonten einrichten , geschwiegen und in der Folge die Begründung der Darlehensverbindlichkeiten hingenommen hatte. Entscheidend war dort aber, daû das maûgebliche Verhalten des Vertretenen - das Schweigen auf die Mitteilung von der bevorstehenden Bereitstellung der Darlehensmittel - bereits vor Abgabe der Willenserklärung durch den Vertreter lag.

b) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist es auch nicht geboten, dem Vertragspartner bei Verstöûen gegen das Rechtsberatungsgesetz einen über die §§ 171, 172 BGB und die allgemeinen Grundsätze der Rechtsscheinhaftung hinausgehenden Schutz zuzubilligen. Mit ihrem Einwand, es belaste den Rechtsverkehr in unzumutbarer Weise, wenn selbst notariell beurkundete Vollmachten auf mögliche Verstöûe gegen das Rechtsberatungsgesetz untersucht werden müûten, übersieht die Revisionserwiderung, daû das Gesetz eine solche Prüfung nicht verlangt. Der Vertragsgegner kann sich vielmehr vor der Unwirksamkeit einer Vollmacht ohne weitere Prüfung schützen, wenn er sich eine notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorlegen läût.


c) Die durch die vollmachtlose Vertreterin abgeschlossenen Darlehensverträge sind auch nicht durch Genehmigung der Erwerber (§§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB) nachträglich wirksam geworden. Weder der Rücksendung des Schreibens vom 4. Januar 1994 noch dem späteren vertragskonformen Verhalten des Klägers und seiner früheren Lebensgefährtin kann Genehmigungscharakter zugemessen werden. Eine Genehmigung schwebend unwirksamer Geschäfte durch schlüssiges Verhalten setzt regelmäûig voraus, daû der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und daû in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen (Senatsurteil vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232 m.w.Nachw.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da alle Beteiligten von der Wirksamkeit der erteilten Vollmacht ausgingen.
Ausnahmsweise kann zwar auch schlüssiges Verhalten ohne Erklärungsbewuûtsein als wirksame Erklärung zu werten sein. Dies setzt aber voraus, daû der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, daû seine Äuûerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefaût werden durfte, und daû der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGHZ 109, 171, 177 m.w.Nachw.). An diesen beiden Voraussetzungen für eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten fehlt es hier. Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, daû die Beteiligten den Verstoû des Geschäftsbesorgungsvertrags und der Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht erkennen konnten.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sogar bei einem Notar, der im Dezember 1993 ein Angebot zum Abschluû eines gegen § 134 BGB, Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG verstoûenden Geschäftsbesorgungsvertrages beurkundet hatte, ein Verschulden verneint (BGHZ 145, 265, 275).

III.


Da die Darlehensverträge danach unwirksam sind, war das landgerichtliche Urteil wieder herzustellen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.

31
(cc) Im Ergebnis führen alle Ansichten zu der Anwendung brasilianischen Rechts, es sei denn, man wollte den Ort des Zugangs der Willenserklärung als maßgeblich ansehen. Diese Auffassung wird nur vereinzelt vertreten (OLG Köln, IPRspr. 1966/67 Nr. 25, S. 80 f.; Staudinger/Magnus, BGB[2010], Anh. II zu Art. 1 Rom I-VO Rn. 39: Ort, an dem der Dritte vertraut). Die überwiegende Meinung sieht - wie das Berufungsgericht - bei Distanzgeschäften stets den Ort der Abgabe der Erklärung des Vertreters als maßgeblich sowohl für die Anknüpfung einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht als auch der Rechtsscheinhaftung an (LG Karlsruhe, RIW 2002, 153, 155; Erman/Hohloch, BGB, 13. Aufl., Anh. I nach Art. 12 EGBGB Rn. 7; Kropholler, IPR, 6. Aufl., S. 306, 308; Hausmann in Reithmann/Martiny, aaO, Rn. 2433, 2480; weitere Nachweise bei Heinz, aaO, S. 18, 162 ff.).
9
b) Unzutreffend ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, die beiden Verfahren seien nicht zwischen identischen Parteien anhängig. Die Identität ist unabhängig von der jeweiligen Parteistellung. Zudem ist es unschädlich , wenn in einem Verfahren zusätzlich Dritte beteiligt sind. Das hat lediglich zur Folge, dass sich die Rechtsfolgen des Art. 27 EuGVVO auf diejenigen Parteien beschränken, zwischen denen mehrere Verfahren anhängig sind (vgl. EuGH, C-406/92 - Tatry, Slg 1994, I-5439 = ZIP 1995, 943 Rn. 31, 33; Senat , Beschluss vom 18. September 2013 - V ZB 163/12, aaO, Rn. 9).
9
3. Beide Verfahren sind zwischen identischen Parteien anhängig. Dabei ist die Identität unabhängig von der jeweiligen Parteistellung. Auch ist unschädlich , wenn in einem Verfahren zusätzlich Dritte beteiligt sind. Das hat lediglich zur Folge, dass sich die Rechtsfolgen des Art. 27 EuGVVO auf diejenigen Parteien beschränken, zwischen denen mehrere Verfahren anhängig sind (vgl. EuGH, C-406/92 - Tatry, Slg 1994, I-5439 = ZIP 1995, 943 Rn. 31, 33).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

23
5. Der erkennende Senat ist nicht gehalten, den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Die Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte der Mitgliedstaaten entfällt, wenn die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 - CILFIT, Slg. 1982, 3415, 3429 f., Rn. 14 ff. und vom 15. September 2005 - C-495/03 - Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191, 8206 Rn. 33 und ständig; BGH, Beschluss vom 22. März 2010 - NotZ 16/09, BGHZ 185, 30 Rn. 33). Angesichts der augenfälligen Herstellereigenschaft des den Strom transformierenden Netzbetreibers und der daraus folgenden Verantwortung für die Stromqualität bei der Übergabe an den Verbraucher ist letzteres der Fall. Galke Wellner Pauge Stöhr Offenloch
41
(7) Der erkennende Senat ist nicht gehalten, den Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV um eine Vorabentscheidung zur Auslegung des Art. 5 Nr. 3 LugÜ zu ersuchen. Für das LugÜ II besteht zwar eine Auslegungszuständigkeit des Gerichtshofs (Präambel zum Protokoll 2 nach Art. 75 LugÜ II über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den ständigen Ausschuss , ABl. EU 2007 L 339 S. 27; vgl. auch Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 14/11, WM 2012, 852 Rn. 28 mwN; vom 23. Oktober 2012 - VI ZR 260/11, BGHZ 195, 166 Rn. 22). Die Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte der Mitgliedstaaten entfällt aber, wenn die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 13 ff. - C.I.L.F.I.T/ Ministero della Sinita und vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8191 Rn. 33 und ständig; Senat, Urteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 14/11, aaO mwN; vom 23. Oktober 2012 - VI ZR 260/11, aaO; vom 25. Februar 2014 - VI ZR 144/13, VersR 2014, 593 Rn. 23; BGH, Beschluss vom 22. März 2010 - NotZ 16/09, BGHZ 185, 30 Rn. 33). Dies ist hier der Fall. Insbesondere ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt, dass die Entscheidung, ob finanzielle Verluste eines Klägers in seinem Heimatstaat eingetreten sind, den nationalen Gerichten obliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - C-18/02, Slg. 2004, I-1417, Rn. 43 - DFDS Torline, zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ; zu Art 5 Nr. 3 LugÜ I Senatsurteil vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07, VersR 2008, 1129 Rn. 22; zu Art. 5 Nr. 3 EuGVVO BGH, Urteil vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, aaO Rn. 36). Eine Auslegungszuständigkeit des EuGH für das LugÜ I besteht bereits nicht (Senat, Urteile vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, aaO Rn. 9; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 10; vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 14/11, aaO; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, BGHZ 190, 28 Rn. 17).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 30/04
vom
12. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Soweit die Aussetzung eines Verfahrens in das Ermessen des Gerichts gestellt
ist, kann die Entscheidung im Beschwerderechtszug nur auf Ermessensfehler
kontrolliert werden. Das Beschwerdegericht hat jedoch uneingeschränkt
zu prüfen, ob ein Aussetzungsgrund gegeben ist.

b) Im Beschwerderechtszug über die Aussetzung eines Verfahrens kann keine
Kostenentscheidung ergehen, weil bereits die Ausgangsentscheidung als
Teil der Hauptsache keine Kostenentscheidung enthalten darf und das Beschwerdeverfahren
daher nur einen Bestandteil des Hauptverfahrens bildet.
BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2005 - II ZB 30/04 - Brandenburgisches OLG
LG Frankfurt/Oder
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Dezember 2005
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Münke, Prof. Dr. Gehrlein und Dr. Reichart

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. Oktober 2004 aufgehoben und der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Juni 2004 abgeändert : Der Rechtsstreit wird ausgesetzt.
Geschäftswert: 10.500,00 €

Gründe:


1
I. Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Eigentümerin des Wohn- und Geschäftshauses B. straße 15 in S. war. Sie nimmt die Beklagte, eine in der Rechtsform einer GmbH geführte Steuerberatungsgesellschaft , mit der im Jahre 2002 zugestellten Klage aus zwei mit Ablauf des Jahres 2001 beendeten Mietverhältnissen auf Zahlung von Miete und Nebenkosten in Höhe von 43.586,99 € in Anspruch. Die Beklagte hat mit Forderungen aus steuerlicher Beratung aufgerechnet und hilfsweise Widerklage auf Zahlung der Vergütung erhoben.
2
Durch eine Vereinbarung vom 8. Januar 2003 übertrugen die Gesellschafter der Klägerin ihre Gesellschaftsanteile mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 auf den Mitgesellschafter H. -J. L. und beschlossen zugleich "die Auflösung der Gesellschaft". Die bis zum 19. Dezember 2002 begründeten Verbindlichkeiten sollten von "allen bisherigen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligungen" getragen werden; andererseits sollten ihnen die bis zu diesem Zeitpunkt begründeten Mietforderungen aus dem Objekt zustehen. Ab dem 19. Dezember 2002 sollten alle Verbindlichkeiten und Einnahmen auf den Erwerber L. übergehen.
3
Mit Schriftsatz vom 14. April 2004 ist L. auf Klägerseite als vermeintlicher Rechtsnachfolger in den Rechtsstreit eingetreten und hat eine entsprechende Rubrumsberichtigung angeregt. Die Beklagte beantragt die Aussetzung des Verfahrens, weil die Klägerin durch Abtretung aller Gesellschaftsanteile auf einen Gesellschafter ohne Liquidation erloschen sei (§§ 239, 246 ZPO). Überdies sei die Aussetzung nach § 148 ZPO gerechtfertigt, weil ein von der Klägerin gegen den Geschäftsführer der Beklagten vor dem LG Neuruppin geführter Rechtsstreit für das vorliegende Verfahren vorgreiflich sei. Das Landgericht hat den Antrag abgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter.
4
II. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, trotz Abtretung sämtlicher Gesellschaftsanteile sei L. nicht Gesamtrechtsnachfolger der Klägerin geworden. Ziel der Abtretung sei es gewesen, L. das Eigentum an dem Anwesen B. straße 15 als einem bedeutenden Teil der Vermögenswerte der Klägerin zu übertragen. Die bis zum Stichtag des 19. Dezember 2002 begründeten Ansprüche, zu denen auch die Klageforderung gehöre, hätten jedoch der Klägerin als Abwicklungsgesellschaft verbleiben sollen. Da die nicht vermögenslose Klägerin als Liquidationsgesellschaft fortbestehe, scheide eine Aussetzung nach §§ 246, 239 ZPO aus. Im Blick auf das vor dem LG Neuruppin anhängige Verfahren komme eine Aussetzung nach § 148 ZPO mangels Identität der Parteien nicht in Betracht.
5
III. Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 575 Abs. 1 und 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
6
1. Die Prüfungsbefugnis des Senats ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde in vorliegender Sache nicht eingeschränkt. Soweit die Aussetzung in das Ermessen des Gerichts gestellt ist (vgl. etwa §§ 148, 149 ZPO), kann zwar die Entscheidung im Beschwerderechtszug nur auf Ermessensfehler kontrolliert werden. Das Beschwerdegericht hat jedoch uneingeschränkt zu prüfen , ob ein Aussetzungsgrund gegeben ist (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 252 Rdn. 8).
7
2. Zutreffend führt das Beschwerdegericht aus, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO nicht gegeben sind.
8
Eine Aussetzung des Verfahrens nach dieser Vorschrift kommt nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in Fällen der Vorgreiflichkeit im Sinne einer präjudiziellen Bedeutung des in dem anderen Prozess festzustellenden Rechtsverhältnisses in Betracht. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde scheidet eine Aussetzung aus, wenn die in dem anderen Prozess zu treffende Entscheidung auf das vorliegende Verfahren lediglich Einfluss ausüben kann (BGH, Beschl. v. 30. März 2005 - X ZB 26/04, BGHReport 2005, 1000 f.). Die danach zu fordernde Vorgreiflichkeit ist nicht gegeben, weil an dem Rechtsstreit vor dem LG Neuruppin sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite andere Parteien beteiligt sind und dem dortigen Verfahren außerdem ein anderer Gesellschaftsvertrag zugrunde liegt.
9
3. Das Verfahren ist jedoch gemäß §§ 246 Abs. 1 Halbs. 2, 239 Abs. 1 ZPO auf Antrag der Beklagten wegen des liquidationslosen Erlöschens der Klägerin auszusetzen.
10
a) Zwar hat das Beschwerdegericht nicht verkannt, dass eine Personengesellschaft bei Abtretung sämtlicher Anteile an einen einzigen Gesellschafter ohne Liquidation untergeht (BGHZ 71, 296, 300; 65, 79, 82 f.) und auf diesen Rechtsübergang während eines Rechtsstreits die §§ 239, 246 ZPO sinngemäß anzuwenden sind (Sen.Urt. v. 15. März 2004 - II ZR 247/01, WM 2004, 1138 f.; Sen.Beschl. v. 18. Februar 2002 - II ZR 331/00, NJW 2002, 1207). Eine solche Sachverhaltskonstellation ist jedoch, anders als das Berufungsgericht meint, im Streitfall gegeben. Mit seiner Würdigung, dass nach dem Inhalt der Vereinbarung der Parteien vom 8. Januar 2003 der Gesellschafter L. nicht Gesamtrechtsnachfolger der Klägerin geworden sei, verletzt das Beschwerdegericht , was im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urt. v. 14. Oktober 1994 - V ZR 196/93, NJW 1995, 45 f.), tragende Grundsätze der Vertragsauslegung.
11
b) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass L. mit Hilfe der Vereinbarung das Eigentum an dem Anwesen verschafft werden sollte, zieht daraus aber nicht die für die Auslegung gebotenen rechtlichen Konsequenzen. Da der Vertragszweck bei einer privatschriftlichen Übertragung allein des Hausgrundstücks mangels Beachtung der notariellen Form (§§ 311 b, 925 BGB) vereitelt würde, ist nach dem Grundsatz der vertragskonformen Auslegung (vgl. BGH, Urt. v. 14. März 1990 - VIII ZR 18/89, NJW-RR 1990, 817 f.; BGH, Urt. v. 3. März 1971 - VIII ZR 55/70, NJW 1971, 1034 f.) einer formlos gültigen Abtretung der Gesellschaftsanteile (BGHZ 86, 367, 369 ff.) der Vorzug zu geben. Das Beschwerdegericht lässt ferner rechtsfehlerhaft den Wortlaut des Vertrages (vgl. BGHZ 124, 39, 44 f.; Sen.Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068 f.) außer Betracht, der von einer "Übertragung" wie auch einer "Abtretung" der Gesellschaftsanteile spricht und in Verbindung mit dem von den Parteien verfolgten Vertragszweck ein liquidationsloses Erlöschen der Gesellschaft nahelegt. Mit seiner weiteren Würdigung, der Gesellschaft seien als Vermögenswerte die bis zum 19. Dezember 2002 begründeten Mietforderungen verblieben, setzt sich das Beschwerdegericht sogar über den Wortlaut der Vereinbarung hinweg, wonach diese Forderungen an "die bisherigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung" abgetreten wurden. Aufgrund dieser Abtretung und der nachfolgenden - erst zum 31. Dezember 2002 wirksamen - Übertragung der Gesellschaftsanteile auf L. ist der Klägerin kein auseinandersetzbares Vermögen verblieben. Folglich hat L. am 31. Dezember 2002 die Gesellschaftsanteile seiner Mitgesellschafter mit allen Rechten und Pflichten, wobei sich die Zuweisung der Altverbindlichkeiten an die Gesellschafter wegen der fortdauernden Haftung der Gesellschaft und ihres Rechtsnachfolgers L. lediglich als Erfüllungsübernahme (§§ 415 Abs. 3, 329 BGB) darstellt, übernommen. Infolge des durch die Übertragung aller Gesellschaftsanteile auf den Gesellschafter L. bedingten Erlöschens der Klägerin ist der Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens (§ 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO) begründet.
12
4. Eine Kostenentscheidung kann nicht ergehen, weil die Ausgangsentscheidung des Landgerichts über die Aussetzung des Verfahrens als Teil der Hauptsache keine Kostenentscheidung enthalten durfte und das Beschwerdeverfahren daher nur einen Bestandteil des Hauptverfahrens darstellt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig von dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat (Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 572 Rdn. 24; MünchKommZPO/Lipp 2. Aufl. (AB) § 575 Rdn. 23 i.V.m. § 572 Rdn. 34).
Goette Kurzwelly Münke
Gehrlein Reichart
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 25.06.2004 - 12 O 264/03 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 27.10.2004 - 3 W 37/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 33/04
vom
1. Juni 2006
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Kayser, Vill, Cierniak und Dr. Fischer
am 1. Juni 2006

beschlossen:
Der Antrag des Klägers, den Beschluss des Senats vom 3. März 2005 um eine Kostenentscheidung zu ergänzen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.


1
Das Berufungsgericht setzte einen zwischen den Parteien schwebenden Rechtsstreit aus. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers hob der Senat die Aussetzungsentscheidung auf. Der Beschluss des Senats enthält keine Kostenentscheidung. Er wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. März 2005 formlos übersandt. Mit Schriftsatz vom 2. März 2006 beantragt der Kläger, den Beschluss des Senats um eine Kostenentscheidung zu ergänzen und die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen.

II.


2
Die Zulässigkeit des Antrags kann dahinstehen; er ist unbegründet. Die Entscheidung über die begründete (Rechts)beschwerde gegen eine Aussetzung nach § 148 ZPO darf keine Kostenentscheidung enthalten (vgl. BGH, Beschl. v. 30. März 2005 - X ZB 26/04, in BGHZ 162, 373 f nicht abgedr.; OLG Köln OLGR 1998, 89, 90; OLG Koblenz FamRZ 1973, 376, 377; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. § 252 Rn. 3; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl. § 575 Rn. 11; MünchKomm-ZPO(Aktualisierungsband)/Lipp, § 572 Rn. 34; HK-ZPO/Wöstmann , ZPO, § 252 Rn. 3.; a.A. MünchKommZPO/Feiber, 2. Aufl. § 252 Rn. 28; Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl. § 252 Rn. 5 f). Die Kostenentscheidung ist in diesem Fall nach §§ 91, 92 ZPO zu treffen. Eine isolierte Kostenentscheidung über die begründete Beschwerde käme demnach nur in Betracht, wenn auch die angegriffene Entscheidung selbst eine Kostenentscheidung enthielte (Gubelt , MDR 1970, 895, 896; Musielak/Ball, aaO § 572 Rn. 24; Thomas/Putzo/ Reichold, ZPO, 27. Aufl. § 572 Rn. 24 sowie die vorstehend Genannten). Das ist aber bei der Entscheidung über die Aussetzung nicht der Fall. Sie ist vielmehr ein verfahrensleitender Beschluss, der sich vom Hauptsacheverfahren nicht trennen lässt und auch keine Gebühren auslöst (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 148 Rn. 12). Darüber hinaus entscheidet das Gericht im Fall des § 148 ZPO von Amts wegen, ein etwaiger Antrag wäre nur als Anregung zu verstehen. Insofern wäre völlig unklar, wem die Kosten der Entscheidung über die Ausset- zung aufzuerlegen wären. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind damit Teil der Kosten des Rechtsstreits, über die im Rahmen des Berufungsurteils zu entscheiden sein wird.
Ganter Kayser Vill
Cierniak Fischer

Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 14.11.1995 - 10 O 313/95 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.01.2004 - 13 U 206/95 -

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

12
Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 3 ZPO (vgl. BGHZ 22, 283, 284 ff.); der Senat schätzt das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Verfahrens auf etwa 20 % des Werts der Hauptsache.