Bundesgerichtshof Beschluss, 03. März 2015 - VI ZB 6/14
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin begehrt als Transportversicherer aus übergegangenem Recht Ersatz des durch einen Verkehrsunfall vom 27. September 2010 entstandenen Schadens hinsichtlich der mit dem LKW ihrer Versicherungsnehmerin transportierten Ware. Den Beklagten nimmt sie als Übernehmer der Pflichten des Haftpflichtversicherers (§ 2 Abs. 1 Buchst. b AuslPflVG) eines in der Schweiz zugelassenen LKW, der an dem Unfall beteiligt war, in Anspruch. Hinsichtlich des Schadens hat sie auf zwei Rechnungen der Spediteurin über 18.160,10 € sowie 2.831 € Bezug genommen. Von der ersten Rechnung legt sie nur 17.947,99 € zugrunde, kommt zu einem "Gesamtschaden von 20.779,09 €", von dem sie unter Abzug einer Selbstbeteiligung von 2.077,91 € (10 %) an die Transportversicherungsnehmerin 18.701,18 € zahlte. Von diesem Betrag begehrt sie 80 %, mithin 14.960,94 €.
- 2
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt , es könne nicht festgestellt werden, dass der Klägerin wegen des Verkehrsunfalls gegenüber dem Beklagten Regressansprüche zustünden. Es sei schon fraglich, ob überhaupt und wenn ja, welche Ansprüche auf die Klägerin übergegangen seien. Selbst wenn von einem vollständigen Forderungsübergang auszugehen wäre, wäre die Klage nicht begründet. Der Beklagte sei gemäß § 7 Abs. 1 StVG nur dazu verpflichtet, die Schäden zu ersetzen, die durch den Betrieb des ausländischen LKW entstanden seien. Welche dies seien, habe die Klägerin trotz eines gerichtlichen Hinweises vom 14. Mai 2012 nicht substantiiert dargelegt. Sie habe lediglich ein als "Rechnung" bezeichnetes Schreiben der Firma I. vom 8. November 2010 eingereicht, in welchem diese verschiedene Geldbeträge von der Versicherungsnehmerin der Klägerin fordere. Aus diesem gehe nicht ansatzweise hervor, woraus sich diese Geldbeträge ergäben. Sie seien weder nachvollziehbar noch überprüfbar. Da die Klägerin selbst vorgetragen habe, sie habe die geltend gemachten Ansprüche nur teilweise anerkennen können, seien offenbar auch unbegründete Forderungen erhoben worden.
- 3
- Die von der Klägerin geführte Berufung hat das Berufungsgericht durch den mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen , weil sie nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist formgerecht begründet worden sei (§ 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO). In der Berufungsbegründung werde zu der selbständig tragenden Begründung des Landgerichts, die Klägerin habe die entstandenen Schäden nicht substantiiert dargelegt, nichts ausgeführt.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO). Insbesondere verletzt der angefochtene Beschluss die Klägerin weder in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
- 5
- 1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. März 2014 - VI ZB 22/13, VersR 2014, 895 Rn. 8 f.; vom 27. Januar 2015 - VI ZB 40/14, juris Rn. 7, z.V.b; vom 10. Februar 2015 - VI ZB 26/14, z.V.b.; BGH, Beschlüsse vom 13. September 2012 - III ZB 24/12, NJW 2012, 3581 Rn. 8 f.; vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 10; vom 22. Mai 2014 - IX ZB 46/12, juris Rn. 7, jeweils mwN).
- 6
- Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (Senat, Beschlüsse vom 18. Oktober 2005 - VI ZB 81/04, VersR 2006, 285 Rn. 8 f.; vom 27. Januar 2015 - VI ZB 40/14, Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 10; vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 11; vom 28. Januar 2014 - III ZB 32/13, juris Rn. 13).
- 7
- 2. Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Klägerin nicht gerecht. In ihr hat die Klägerin trotz des gerichtlichen Hinweises vom 14. Mai 2012 und entsprechender Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil nicht substantiiert dargelegt, welche durch den Betrieb des ausländischen LKW entstandenen Schäden zu ersetzen sind. Aus der Berufungsbegründung ist in keiner Weise ersichtlich, welche konkreten Waren in welchem Wert beschädigt wurden, so dass die Berechtigung der geltend gemachten Schadenshöhe nicht ansatzweise nachvollziehbar ist. Der Hinweis darauf, dass die Klägerin unter Beachtung der gerichtlichen Verfügung vom 14. Mai 2012 mit Schriftsatz vom 30. Mai 2012 weiter vorgetragen habe, reicht als eine auf den konkreten Streitfall zugeschnittene, aus sich heraus verständliche Angabe, welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe dem angefochtenen Urteil hinsichtlich der Ausführungen zur Schadenshöhe entgegengesetzt werden, nicht aus. Dies gilt insbesondere , nachdem das Landgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin als nicht substantiiert angesehen hat, weil diese lediglich ein als "Rechnung" bezeichnetes Schreiben der Firma I. vom 8. November 2010 eingereicht hat, in welchem diese verschiedene Geldbeträge von der Versicherungsnehmerin der Klägerin gefordert hat, und aus dem nicht ansatzweise hervorgeht, woraus sich diese Geldbeträge ergeben.
- 8
- Ein tauglicher Berufungsangriff kann auch nicht darin erblickt werden, dass die Berufungsbegründung geltend macht, das erstinstanzliche Gericht habe trotz Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO keinen weiteren ergänzenden Vortrag gefordert. Die Rüge eines Verstoßes gegen § 139 ZPO und/oder Art. 103 Abs. 1 GG ist nämlich nur dann in ausreichender Weise erhoben, wenn dargelegt wird, was auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen worden wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Januar 2015 - VI ZB 40/14, Rn. 12; BGH, Beschluss vom 22. Mai 2014 - IX ZB 46/12, juris Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 139 Rn. 20 mwN). Dies hat die Klägerin in der Berufungsbegründung nicht getan. Galke Diederichsen Stöhr Offenloch Oehler
LG Berlin, Entscheidung vom 30.01.2013 - 42 O 16/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 23.01.2014 - 22 U 76/13 -
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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin hat behauptet, am 10. Februar 2010 gegen 6.20 Uhr auf dem Rückweg von den Gleisen des Bahnhofs W. auf dem völlig vereisten Bahnhofsvorplatz gestürzt zu sein und sich dabei eine Sprunggelenksfraktur zugezogen zu haben. Sie ist der Meinung, die Beklagte zu 1 habe dafür wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht einzustehen. Dasselbe gelte für die Beklagte zu 2 als zuständiges Eisenbahnverkehrsunternehmen, das ihr gegenüber jedenfalls vertraglich unter dem Gesichtspunkt eines Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter hafte.
- 2
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 1 aus § 823 Abs. 1 BGB scheitere bereits daran, dass ihr die Räum- und Streupflicht von der Stadt W. bezogen auf die Sturzstelle nicht wirksam übertragen worden sei. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 schieden aus, weil ein Vertrag zwischen ihnen nicht bestanden habe und der zwischen der Beklagten zu 2 und dem Ehemann der Klägerin zustande gekommene Beförderungsvertrag keine Schutzwirkung zu Gunsten der Klägerin entfalte. Unbeschadet der vorstehenden Erwägungen müsse sich die Klägerin "jedenfalls ein übergroßes und damit eine eventuelle Pflichtverletzung überlagerndes Mitverschulden an dem Sturz zurechnen lassen".
- 3
- Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin dagegen geführte Berufung - nach vorherigem Hinweis - durch Beschluss als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
- 5
- 1. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Berufung der Klägerin sei mangels ausreichender Berufungsbegründung unzulässig. Entgegen § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO enthalte die Berufungsbegründung keinen Berufungsangriff gegen alle Begründungselemente des landgerichtli- chen Urteils. So habe das Landgericht die Abweisung der Klage hinsichtlich beider Beklagter auch auf ein anspruchsausschließendes Mitverschulden der Klägerin gestützt. Dieser eigenständige Grund sei mit der Berufungsbegründung nicht hinreichend angegriffen worden.
- 6
- 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt die Klägerin in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip). Das Berufungsgericht hat die in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO beschriebenen Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung überspannt und hierdurch der Klägerin den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger Weise versagt. Da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung deshalb eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert, ist die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Im Hinblick auf den dargestellten Rechtsfehler ist sie zudem begründet.
- 7
- a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe , welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausfüh- rungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Mai 2014 - IX ZB 46/12, juris Rn. 7 mwN).
- 8
- Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (Senat, Beschluss vom 18. Oktober 2005 - VI ZB 81/04, VersR 2006, 285 Rn. 8 f.; BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2014 - III ZB 32/13, juris Rn. 13; vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 11; vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 10; vgl. auch Hk-ZPO/ Wöstmann, 5. Aufl., § 520 Rn. 23; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 520 Rn. 37a; jeweils mwN).
- 9
- b) Den dargestellten Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Klägerin gerecht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist auch die das landgerichtliche Urteil selbständig tragende Annahme, die Klägerin treffe jedenfalls ein anspruchsausschließendes Mitverschulden, in noch hinreichender Weise angegriffen.
- 10
- Die Klägerin hat in ihrer Berufungsbegründung unter anderem ausgeführt : "Da das Bahnhofsgelände zum Unfallzeitpunkt verschlossen war, führte der einzige Weg von der öffentlichen Straße zu den Bahngleisen über das mit der Unfallstelle belegene Grundstück. Da die Beklagten auf die- sem keinerlei Räumarbeiten vorgenommen hatten, haften sie wegen der ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflicht für die der Klägerin entstandenen Schäden."
- 11
- Damit hat sie in noch hinreichender Weise sowohl zum Ausdruck gebracht , dass sie - anders als das Landgericht - von einer vollen Haftung der Beklagten ausgeht, als sich in der Sache auch mit der vom Landgericht im Rahmen des § 254 BGB vorgenommenen Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge befasst. Denn das Landgericht hatte der Klägerin dabei gerade auch zum Vorwurf gemacht, auf dem Rückweg den Weg über den Vorplatz genommen und sich damit selbst in eine von ihr erkannte Gefahr begeben zu haben. Mit dem Verweis darauf, es habe sich um den einzigen zur Verfügung stehenden Weg gehandelt, hat sie die Haltbarkeit dieses Vorwurfs in Frage gestellt. Darüber hinaus hat sie mit dem Hinweis, die Beklagten hätten "keinerlei" Räumarbeiten vorgenommen, auch das Gewicht der den Beklagten ihrer Ansicht nach vorzuwerfenden Pflichtverletzung, das im Rahmen der Abwägung nach § 254 BGB zweifelsfrei erheblich ist, betont.
- 12
- Unzutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, die dargestellten Ausführungen in der Berufungsbegründung bezögen sich in ihrem Zusammenhang ausschließlich auf die Frage, ob der örtliche Anwendungsbereich der Straßenreinigungssatzung eröffnet sei und diese für den Verpflichteten hinreichend konkret vorschreibe, zumindest einen Zuweg von der öffentlichen Straße zu den Bahngleisen zu räumen. Zwar befasst sich die Berufungsbegründung in der Tat zunächst mit der Frage, ob die genannte Satzung die Räum- und Streupflicht an der Unfallstelle wirksam auf die Beklagte zu 1 überträgt. Die oben dargestellten Ausführungen der Klägerin beziehen sich aber auf beide Beklagten , was sich bereits daraus ergibt, dass die Berufungsbegründung insoweit nicht mehr von der "Beklagten zu 1", sondern von den "Beklagten" spricht. Ob die genannte Satzung die Räum- und Streupflicht wirksam auf die Beklagte zu 1 übertragen hat, ist für die Frage nach dem Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 ersichtlich ohne Bedeutung. Deshalb können sich diese Ausführungen im Gesamtzusammenhang auch nicht mehr auf die die Straßenreinigungssatzung betreffenden Fragen beziehen. Sachgerecht sind sie vielmehr dahingehend zu verstehen, dass sie gegen den Teil der Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils gerichtet sind, die beide Beklagten gleichermaßen betreffen. Dies ist allein die Annahme des Landgerichts, eine Haftung der Beklagten scheide jedenfalls aufgrund des überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin aus. Galke Pauge Stöhr Offenloch Oehler
LG Görlitz, Entscheidung vom 17.07.2013 - 1 O 26/13 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 10.02.2014 - 1 U 1307/13 -
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.